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„Viele Bands zerbrechen daran...“<br />
Sie waren schon immer die englischste aller amerikanischen<br />
Bands. Und die bestgekleidete: Interpol haben die letzten zwölf<br />
Jahre daran gearbeitet, ihr graues Gespinst aus Post Punk und<br />
Indie zu verfeinern, zu perfektionieren. Stets in Schale geworfen,<br />
stets mit einer ebenfalls typisch britischen Nonchalance gesegnet,<br />
waren es Interpol, die zu Beginn des Jahrtausends dafür sorgten,<br />
dass Post Punk plötzlich wieder der heiße Scheiß ist. Vergleiche<br />
mit Joy Division mögen die Herren zwar bis heute nicht, dennoch<br />
haben sie unter all jenen Retro-Formationen aus New York City<br />
am meisten vom englischen Regenwetter abbekommen, wie es<br />
scheint. Sorry, The Strokes, tut uns leid, Yeah Yeah Yeahs.<br />
Nach vierjähriger Pause melden sich Interpol jetzt mit El Pintor<br />
zurück, schickten vorab bereits All The Rage Back Home in die<br />
Welt... eine temporeiche Schlechtwetterfront voller Melancholie<br />
und fast Placebo-artiger Rhythmen. Sie ließen sich bewusst<br />
Zeit für das Album, orientierten sich nach dem Ausstieg des<br />
Bassisten Carlos Dengler behutsam neu, gingen einander eine<br />
Weile aus dem Weg und kehren nun mit einem selbstbewussten,<br />
starken und stilsicheren Werk zurück. „Dass es letztlich so lang<br />
gedauert hat, war nicht geplant, aber auch nicht unbedingt<br />
überraschend“, verrät Paul Banks. Der Sänger betont, niemand<br />
in der Band habe je ans Aufhören gedacht – Denglers Ausstieg<br />
hin oder her. „Als ich die ersten neuen Stücke hörte, die Daniel<br />
geschrieben hatte, war ich einmal mehr begeistert. Plötzlich war<br />
klar, dass es an der Zeit für ein neues Album ist.“<br />
Eindeutig der eigenen Vergangenheit verpflichtet präsentieren<br />
sich die zehn Titel, geben Banks viel Raum für seine monotone<br />
Stimme. „Um ehrlich zu sein, hasse ich den Gedanken, dass wir<br />
uns mit Interpol diesmal rückwärts gewandt haben, anstatt nach<br />
vorn zu schreiten“, überlegt der Fronter. „Das impliziert nämlich<br />
automatisch, dass wir in letzter Zeit außer Form waren. Doch<br />
was die Energie betrifft, fühlt es sich tatsächlich wie zu unseren<br />
Anfangstagen an. Wir sind praktisch eine neue Band, die sich<br />
jetzt als Trio beweisen muss.“ Geschrieben als Dreiergespann,<br />
befeuert von einem frischen Hunger, es noch mal mit Vollgas zu<br />
versuchen. Denn obwohl Interpol seit vielen Jahren ein großer<br />
Name sind – der Durchbruch auf ganzer Linie blieb ihnen bisher<br />
versagt. Oder erspart. Wie man es nimmt. El Pintor jedenfalls<br />
hat das Zeug zum ganz großen Wurf, besitzt das Potenzial, zum<br />
Klassiker zu werden.<br />
Dass sich Paul den Bass umgehängt hat, war eine ähnlich gute<br />
Entscheidung wie der Auftritt von Gastmusikern à la Bon Iver.<br />
Ein Hauch von Aufbruchsstimmung weht durch die Lieder,<br />
die Veränderungen bewirkten am Ende tatsächlich nur Gutes.<br />
„Es war so einfach, mit Interpol weiterzumachen“, blickt der<br />
Sänger zurück. „Als würde man in einen warmen Pool steigen.<br />
Viele Bands zerbrechen daran, wenn ein langjähriges Mitglied<br />
aussteigt. Auch bei uns war nicht sicher, was passieren würde.<br />
Jetzt wissen wir allerdings, dass es uns stärker gemacht hat.“<br />
www.interpolnyc.com<br />
Björn Springorum<br />
Discographie (Alben):<br />
Turn on the Bright Lights (2002)<br />
Antics (2004)<br />
Our Love to Admire (2007)<br />
Interpol (2010)<br />
El Pintor (2014)<br />
Line-Up:<br />
Paul Banks – Gesang, Gitarre, Bass<br />
Daniel Kessler – Gitarre, Gesang<br />
Sam Fogarino – Schlagzeug, Percussion<br />
74 - <strong>Orkus</strong>!