Nyikos-Geschichte
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(der die Grundlage war für den Kult, die Bautätigkeit und den Luxus der herrschenden<br />
Schicht) im Rahmen von hydraulischen Bauten, von Kanälen und Dämmen, beruhte,<br />
zerstörte sich mit der Zeit selbst, da die Irrigation den Boden der südlichen Zone zwischen<br />
Euphrat und Tigris mit der Zeit derart versalzen ließ, daß der Ertrag nach Ablauf der<br />
Anfangsperiode, während der die Produktivität infolge der Bewässerung enorm gestiegen<br />
war, erheblich zurückging. 122 So war man gezwungen, zunächst von der Weizenproduktion<br />
auf die von Gerste (die versalzene Böden besser verträgt) umzusteigen und später dann<br />
weite Landstriche aufgrund der Verwüstungsprozesse überhaupt ganz aufzugeben. Damit<br />
aber schwand die Produktionsgrundlage dieser frühen Zivilisation – und mit ihr ging auch<br />
deren Glanzzeit zu Ende.<br />
29.<br />
Die produktive Basis der Stadtstaaten der Maya – Palenque, Tikal, Copán und viele<br />
andere mehr – im Tiefland des Petén und im Gebiet des Usumacinta, einer subtropischen<br />
Zone, bestand überwiegend im Roza-System, der Brandrodung mit anschließendem<br />
Anbau von Mais und anderen Früchten während zweier oder höchstens dreier Jahre, nach<br />
deren Ablauf man diese Felder zur Regeneration sich wieder selbst überließ und<br />
woanders von neuem begann, auch wenn man intensivere Methoden des Landbaus<br />
durchaus kannte und bis zu einem bestimmten Punkt wohl auch angewandt hat. 123 Dieses<br />
Roza-System ist ernorm produktiv, sofern man dem Boden gestattet, sich danach für<br />
längere Zeit (etliche Jahre) zu regenerieren. 124 Wenn jedoch die Elite die<br />
Dorfgemeinschaften zwingt, die Surplusproduktion für konsumtive Belange zu steigern<br />
(Bau von Pyramiden, Palästen und Tempeln, Luxuskonsum usw.) und so, im Kontext<br />
dieser Produktionsform, die Regenerationsperioden des Bodens mehr und mehr zu<br />
verkürzen, 125 dann wird das System überfordert, der Ertrag geht zurück, so daß, wenn der<br />
Druck der Elite nicht nachläßt, die Subsistenz der Basishaushalte nicht mehr gewährleistet<br />
ist, mit fatalen Folgen, wie man sich sehr leicht ausmalen kann. In der Tat scheint es nun<br />
so gewesen zu sein, daß die Kalamitäten im produktiven Bereich nicht nur zu internen<br />
Rebellionen der subalternen Klassen und zu einem erbitterten Streit zwischen den Städten<br />
um die Hegemonie (die begrenzten Ressourcen) Anlaß gaben, 126 sondern auch zu einer<br />
Schwächung der Verteidigungskraft insgesamt führten und damit (so ist zu vermuten) zu<br />
(sporadischen) Einfällen äußerer Feinde, die das Wirrwarr und die Misere nur noch<br />
verschlimmern konnten. Schließlich kollabierte das gesamte System, die Städte wurden<br />
verlassen und der Urwald überwucherte sie. Was nicht überrascht: Mit ihrer produktiven<br />
122<br />
Vgl. B. Hrouda, Mesopotamien, Beck (2000 2 ), S. 8ff.; S. Pollock, Ancient Mesopotamia, CUP (1999), S.<br />
37; I. Whyte, World Without End?, Tauris (2008), S. 89f.<br />
123<br />
Etwa Terrassen, Bewässerungsanlagen, Gärten, erhöhte Felder usw. Vgl. P. Cunill Grau, La geohistoria,<br />
in: M. Carmagnani u.a. (Hg.), Para una historia de America I: Las estructuras, FCE (1999), S. 109; A.<br />
Palerm/ E. Wolf, Potencial ecológico y desarrollo cultural de Mesoamérica, in: A. Palerm/ E. Wolf,<br />
Agricultura y civilización en Mesoamércia, SEP Diana (1972), S. 192.<br />
124<br />
Im Roza-System (Brandrodung) ist die Anzahl der Hektare, die ein Haushalt zu seiner permanenten<br />
Subsistenz benötigt, 5 bis 12 Mal größer als die bearbeitete Bodenfläche zu einem gegebenen Zeitpunkt.<br />
Abhängig vom Bodentyp und den Bearbeitungsmethoden muß ein Feld, das zwei oder drei Jahre<br />
hintereinander bebaut wird, zehn bis 25 Jahre brachliegen, damit die Vegetation nachwachsen kann und<br />
zwar in dem Ausmaß, das nötig ist, damit die Brandrodung die benötigte Nährstoffmenge liefert. In<br />
diesen beiden Jahren der Nutzung ist die Produktivität jedoch relativ hoch (höher als in anderen<br />
traditionellen Feldbausystemen).<br />
125<br />
"Mientras el campesino tenga acceso a tierras nuevas, puede mantener su producción; pero si le resulta<br />
difícil conseguirlas, puede verse obligado a cultivar a nuevo sus antiguos campos antes de que hayan<br />
vuelto a recobrar la fertilidad, y en este caso, naturalmente, se resentirá su producción. Por<br />
consiguiente, cada hombre necesita de una gran superficie de terreno si quiere alcanzar, año tras año,<br />
un ritmo constante de producción." (E. Wolf, Pueblos y culturas de Mesoamérica, Biblioteca Era (1993),<br />
S. 64)<br />
126<br />
Vgl. A. López Austin/ L. López Luján, El pasado indígena, FCE (1996), S. 160f.