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Sozialisation - Fachsymposium-Empowerment

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Die menschliche Natur, fassbar in ihren Triebimpulsen, wird durch <strong>Sozialisation</strong>sprozesse so<br />

bearbeitet, dass die individuellen Bedürfnisdispositionen im optimalen Fall mit den<br />

gesellschaftlichen, in Rollennormen institutionalisierten Wertvorstellungen zur Deckung kommen.<br />

Dies erst macht zwischenmenschliches Handeln rational, d.h. kalkulierbar.<br />

In Anlehnung an Freud unterscheidet Parsons fünf Phasen der <strong>Sozialisation</strong>. In jeder Phase<br />

internalisiert das Individuum ein bestimmtes, immer komplexer werdendes Verhältnis zur Umwelt,<br />

oder es lernt in jeder Phase, sich in einer spezifischen, immer differenzierter werdenden Weise zur<br />

Umwelt zu verhalten. Voraussetzung für den erfolgreichen <strong>Sozialisation</strong>sprozess sind voll<br />

sozialisierte <strong>Sozialisation</strong>sagenten, zumindest für die ersten drei Phasen. Was das Individuum jeweils<br />

internalisiert, nennt Parsons Objektsysteme: Das Mutter-Kind-Objektsystem und das Vater-<br />

Mutter-Kind-Objektsystem sind dabei die grundlegenden Orientierungsmuster, auf denen die<br />

folgenden aufbauen. Der Internalisierungsprozess ist ebenfalls analog zu Freud zu sehen: Der<br />

<strong>Sozialisation</strong>sagent löst Lernprozesse aus. indem er erwünschtes Verhalten belohnt, bis eine gewisse<br />

Verhaltenssicherheit erreicht ist. Dann wird nicht mehr belohnt, und es setzt eine Phase der<br />

Frustration ein, die dazu führt, sich neuen Bindungen zuzuwenden. Anders ausgedrückt: Bestimmte<br />

Objektsysteme sind so Inge positiv besetzt, bis sie verinnerlicht sind. Dann erfolgt die Frustration.<br />

was zum Abzug der positiven Besetzungen führt, und es werden neue, komplexere Objektsysteme<br />

positiv besetzt. Dies soll an den fünf Phasen der <strong>Sozialisation</strong> nach Parsons verdeutlicht werden.<br />

Die erste Phase<br />

In den ersten Lebenstagen internalisiert das Kind die Mutter. Das Kind ist noch nicht in der Lage, die<br />

Quelle seiner Bedürfnisbefriedigung, die Mutter, als von sich geschieden zu betrachten. Daher nennt<br />

Parsons die erste Phase auch die der Mutter-Kind-Identität. Da es die Mutter von sich nicht<br />

differenzieren kann, ist es auch noch nicht fähig, eine Interaktionsbeziehung zu ihr aufzunehmen. Es<br />

ist in seiner Bedürfnisbefriedigung total von ihr abhängig. Es lernt in dieser Phase das Objektsystem<br />

Abhängigkeit.<br />

Die zweite Phase<br />

Allmählich lernt (las Kind. die verschiedenen Akte seiner Bedürfnisbefriedigung zu verallgemeinern<br />

und mit der Mutter als von ihm getrennten Objekt zu verbinden. Mit dieser Ausdifferenzierung der<br />

Mutter aus dem Selbst wird es zum Interaktionspartner. zum Rollenspieler: Es orientiert seine<br />

Erwartungen am Verhalten der Mutter, wie auch diese sich am Kind orientiert. In dieser Phase der<br />

Mutter- Kind - Dyade (Zweiheit) verstärkt sich einerseits das Objektsystem Abhängigkeit, zum<br />

anderen aber internalisiert das Kind das Objektsystem Autonomie. Es hat nunmehr zwei<br />

Objektsysteme verinnerlicht.<br />

Die dritte Phase<br />

Man könnte diese Phase auch als die Vater- Mutter- Kind- Triade bezeichnen. Es tritt also nunmehr<br />

die Familie als Struktur ins Bewusstsein des Kindes und lässt es die grundlegende Rollenverteilung<br />

in der Kernfamilie erkennen: Vater, Mutter, Sohn, Tochter. Dabei wird die Rolle des Vaters als die<br />

instrumentelle Rolle erkannt: Aufgrund seiner Rolle reguliert er das Verhältnis der Familie zur<br />

Umwelt (Berufsrolle, Lebenssicherung der Familie). Die Rolle der Mutter wird als expressive<br />

erkannt: Sie bewältigt die innerhalb des Familiensystems auftretenden Spannungen und hat eine die<br />

Familie integrierende Funktion. Durch Identifikation mit dem Vater findet der Sohn seine<br />

instrumentell geprägte Geschlechtsrolle und analog die Tochter ihre expressive Rolle durch<br />

Identifikation mit der Mutter. Am Ende der dritten Phase hat damit das Kind die beiden Basisrollen<br />

gelernt: die Generationsrolle, die auf den Objektsystemen Abhängigkeit (der Kinder) und Autonomie<br />

(der Eltern) beruht. sowie die Geschlechtsrolle, die beim Knaben auf dem Objektsystem<br />

Instrumentalität, beim Mädchen auf dem Objektsystem Expressivität beruht. Da auch der Knabe das<br />

Objektsystem Expressivität als das .,andere" lernt, d.h. sich in Aktion und Reaktion gegenüber<br />

Mutter oder Schwester auf dieses einzustellen hat, wie umgekehrt das Mädchen auf diese Weise<br />

Otto Stoik / Skriptum / <strong>Sozialisation</strong> / Akademienverbund Pädagogische Hochschule Diözese Linz / 2006 1 19

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