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Sozialisation - Fachsymposium-Empowerment

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<strong>Sozialisation</strong> umfasst alle Einflüsse von außen,<br />

ob sie nun intentional sind oder zufällig.<br />

Sozialisator: der, von dem die Soz. ausgeht.<br />

Sozialisand: der, auf den die Soz. gerichtet ist.<br />

Im jeweiligen <strong>Sozialisation</strong>sprozess kontrolliert der Sozialisand auf dreierlei Weise den<br />

<strong>Sozialisation</strong>svorgang. Der Sozialisand ist keineswegs nur Objekt!<br />

• er verstärkt oder baut ab die Interaktion mit dem Sozialisator<br />

• er bestimmt die Verhaltenssequenz mit<br />

• die vorher gelernten und in die Situation/Interaktion eingebrachten Wertorientierungen,<br />

Normbindungen, Gefühle und Kenntnisse beeinflussen den Erfolg des Sozialisators.<br />

„Mensch" und „Gesellschaft"<br />

Die folgenden Darlegungen von H. P. Henecka sind der Versuch, den Bezug systematisch<br />

anzusprechen (H.P. Henecka; Grundkurs Soziologie, S 56 - 59)<br />

2.2 Das soziologische Menschenbild oder<br />

„man is not born human "<br />

Peter L. Berger (geb. 1929) verdeutlicht in seiner<br />

spannend geschriebenen „Einladung zur Soziologie"<br />

unsere „soziologische Perspektive" durch einen<br />

Vergleich von zwei für das Tier wie den Menschen<br />

charakteristischen Situationen.<br />

In der ersten Situation trifft eine hungrige Katze auf<br />

eine vorbeihuschende Maus. Da Katzen einen ererbten<br />

„Instinktapparat" haben, muss niemand der Katze erst<br />

beibringen, was zu tun ist, um eine Maus zu fangen.<br />

Vielmehr ist der durch diese Situation ausgelöste<br />

Verhaltensablauf bereits entsprechend<br />

vorprogrammiert. Das Auftauchen der Maus bedeutet<br />

für die Katze einen „Reiz", auf (teil sie eine fix (lull<br />

fertige "Reaktion" als Antwort parat hat.<br />

„Wahrscheinlich", vermutet Berger, „steckt etwas in<br />

der Katze, das, sobald sie eine Maus sieht,<br />

unüberhörbar verlangt: Friss, friss, friss. Die Katze fasst<br />

nicht etwa den Entschluss, auf ihre innere Stimme zu<br />

hören. Sie folgt einfach dem Gesetz ihrer angeborenen<br />

Natur und packt die unselige Maus, deren innere<br />

Stimme übrigens wahrscheinlich nicht minder<br />

unüberhörbar fordert: Lauf, lauf, lauf. Die Katze aber<br />

kann nicht anders." (Berger 1971: 100).<br />

In der zweiten Situation kreuzt ein Mädchen den Weg<br />

eines Jünglings und erweckt in ihm vielleicht zum<br />

ersten Male heftige und leidenschaftliche Gefühle der<br />

Zuwendung und Liebe. Zwar gibt es auch hier für den<br />

jungen Mann einen Imperativ, den er - wie Berger<br />

verschmitzt bemerkt - mit allen jungen Katern,<br />

Schimpansen oder Krokodilen gemeinsam hat. Doch<br />

für diesen hinreichend bekannten Imperativ<br />

interessieren wir uns hier nicht, da er den jungen Mann<br />

in aller Regel eben nicht erfolgssicher leitet, um seine<br />

Angebetete für immer zu besitzen. Im Gegenteil, ein<br />

allzu ungestümer und plumper Annäherungsversuch<br />

würde wohl auf heftige Widerstände stoßen und das<br />

erstrebte Ziel wahrscheinlich endgültig verfehlen<br />

lassen. Berger zeigt, wie an die Stelle eines ererbten<br />

„primitiven" Programms beim Tier in der<br />

Menschenwelt ein „komplexeres" Programm als<br />

Katalog gesellschaftlicher Spielregeln tritt, das im<br />

Sinne einer sozialen „Strategie" und „Taktik" einen<br />

verlässlichen Rahmen absteckt, wie man sich in solchen<br />

Fällen zu verhalten hat. Ein solcher „sozialer<br />

Imperativ" ist wiederum sehr stark kulturell abhängig<br />

und hat die unterschiedlichsten Ausprägungen, wenn<br />

wir etwa an die entsprechenden Gepflogenheiten in der<br />

Türkei, bei den Nuba in Afrika, den Eskimos auf<br />

Grönland oder irgendeiner anderen Kultur denken. Er<br />

formuliert auch die Regeln, die einzuhalten sind, wenn<br />

im Rahmen unserer Gesellschaft ein junger Mann die<br />

Verbindung zu einem Mädchen sucht, wie ein<br />

„anständiges" Mädchen darauf zu reagieren hat und wie<br />

schließlich eine zwischengeschlechtliche Verbindung in<br />

der Institution Ehe als rechtens und dauerhaft<br />

angesehen werden soll. Zugunsten der Regeln, die eine<br />

Gesellschaft vorschreibt, werden alle anderen<br />

denkbaren Optionsmöglichkeiten ausgeschlossen. Der<br />

soziale Imperativ präsentiert in unserer Kultur die<br />

Formel: „Begehren bedeutet lieben und heiraten. Alles,<br />

was unser Mann zu tun hat, ist, die im Programm<br />

vorgeschriebenen Schritte nachzuvollziehen. Nur ganz,<br />

ganz selten einmal werden wir in die Lage versetzt,<br />

neue Typen zu erfinden, uns selbst die Modelle für<br />

unser Verhalten zu schaffen." (Berger 1971: 101).<br />

Kaum eine Verhaltensweise, die der Mensch benötigt,<br />

um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, kaum<br />

eine „Strategie", auf Grund derer er seine Wünsche<br />

verwirklichen kann, werden dem Menschen etwa durch<br />

Otto Stoik / Skriptum / <strong>Sozialisation</strong> / Akademienverbund Pädagogische Hochschule Diözese Linz / 2006 1 5

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