Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24 |ABSTIMMUNG IN BEWEGUNG<br />
EIN SCHRITT ZUR SEITE: THEORETISCHE<br />
POSITIONIERUNG UND DISKURSVERORTUNG<br />
„In diesem Sinne ist das theoretisch gerahmte<br />
empirische Datum <strong>im</strong>mer auch eine Herausforderung<br />
und ein Exper<strong>im</strong>ent mit offenem Ausgang.“<br />
(Kalthoff 2008: 23)<br />
Die Soziologie hat sich bereits in Ihren Anfängen als empirisch-theoretische<br />
Wissenschaft definiert, jedoch steht dahinter auch eine historisch gewachsene,<br />
fast klassische Auffassung des Verhältnisses von Theorie und Empirie als getrennte<br />
Sphären (Kalthoff 2008: 8) 24 und der gleichzeitigen Schwerpunktsetzung<br />
auf der Theoriebildung.<br />
Gerade in jüngster Zeit nehmen in der Soziologie Ansätze zu, die das Verhältnis<br />
von Empirie und Theorie dynamisch und stärker in Relation zueinander<br />
denken (Bereswill/Rieker 2008; Hirschauer 2008b; Lindemann 2008; Schindler<br />
2011). In diesen Ansätzen bereichern sich Empirie und Theorie, da sie in ein dynamisches<br />
Wechselverhältnis gesetzt werden. Diese Position ist in der Soziologie<br />
nicht neu – haben doch bereits Klassiker des Fachs wie Georg S<strong>im</strong>mel und<br />
Max Weber <strong>im</strong>mer auch in ihren Theorien auf empirische Beispiele zurückgegriffen.<br />
Neu ist jedoch, dass die Rolle der qualitativen Empirie von einigen Autoren<br />
– spätestens seit Interaktionisten wie Erving Goffman, Ethnographen wie<br />
Clifford Geertz oder Ethnomethodologen wie Harold Garfinkel – als gleichwertige<br />
St<strong>im</strong>me wahrgenommen wird, die ihre eigenen Gesetze entwickelt, bzw. sogar<br />
die Theorien der Soziologie vor ihre Grenzen führt (vgl. Amann/Hirschauer<br />
1997; Hirschauer 2010). Diese Ansätze sind nicht zufällig auch einer Kultursoziologie<br />
zuzuordnen, die sich <strong>im</strong> Anschluss an Arbeiten aus den Cultural Studies<br />
seit den 1980er Jahren auch in Deutschland etabliert haben (vgl. Reckwitz 2010,<br />
2006a; Wohlrab-Sahr 2010). Kultursoziologie versteht sich dabei nicht als Soziologie<br />
von ausschließlich und spezifisch kulturellen Phänomenen (wie etwa<br />
25<br />
Kunst, Theater, Musik oder Tanz) , sondern als Soziologie der Kultur, „die alles<br />
Soziale und Gesellschaftliche als Kulturelles, das heißt, als Sinnhaftes, als abhängig<br />
von kontingenten kulturellen Codes und Sinnhorizonten“ (Reckwitz<br />
24 „Theorie und Empirie bilden ein Begriffspaar und stehen sich seit der Etablierung des<br />
Fachs antithetisch gegenüber.“<br />
25 Vgl. dazu die grundsätzlichen Positionierungen von Reckwitz 2010 und Hirschauer<br />
2010.