Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
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26 |ABSTIMMUNG IN BEWEGUNG<br />
umfassende Erfassung und Theoretisierung der Sozialwelt. Eine solche Vorgehensweise<br />
wird wissenschaftstheoretisch als induktives Vorgehen bezeichnet –<br />
vom besonderen Phänomen zu einer allgemeinen Erkenntnis gelangend. 27 Der<br />
Anspruch dieser Arbeit ist dabei weniger wissenschafts-theoretischer Natur, als<br />
vielmehr fachspezifisch: ein Ziel der Arbeit ist es, zu zeigen, auf welche Weise<br />
ein empirisches Phänomen soziologische Begriffe, Kategorien und Erklärungsmodelle<br />
herausfordert und erweitern kann: „Daraus folgt zum einen eine empirische<br />
Relativierung von Theorien, zum anderen die Kritik eines positivistischen<br />
Methodenbegriffs, denn beides führt zu einer gewissen Gängelung des innovativen<br />
Potentials von empirischer Forschung.“ (Kalthoff 2008: 24)<br />
Dieses Ziel ist gleichzeitig der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Fragen<br />
nach einem Verhältnis von Bewegungen, Körpern und Subjekten geschuldet,<br />
welche <strong>im</strong> Einzelnen in der Soziologie zwar gerade in den letzten Jahrzehnten<br />
vermehrt diskutiert werden (vgl. Kap. I & II), aber in ihrem Wechselverhältnis<br />
nur wenig diskutiert sind (siehe dazu Kap. II). Die Arbeit möchte einen Beitrag<br />
dazu leisten diese Themenkomplexe zusammenzuführen.<br />
In der Auseinandersetzung mit dem soziologischen Handlungsbegriff und<br />
der Frage nach einem Subjekt der Bewegung gilt es, körpersoziologische und<br />
subjekttheoretische Ansätze konstruktiv miteinander zu verbinden. Handlungen,<br />
und dies schließt <strong>im</strong>mer auch körperliche Handlungen und Bewegungen ein, sind<br />
sozial und kulturell bedingt. 28 Wie das Verhältnis von Körpern, Bewegungen<br />
und Subjekten dabei fassbar wird, ist bisher noch nicht ausreichend ausgearbeitet.<br />
Die vorliegende Arbeit nähert sich daran an, wie ein Verhältnis von Subjekten<br />
– genauer Subjektivierungsprozessen –, Körpern und Bewegungen beschreibbar<br />
ist. Ausgangspunkt hierfür ist der sich in und über Praktiken bewegende<br />
Körper als Kulminationspunkt von Subjektivierungsprozessen, und damit<br />
überhaupt erst als Möglichkeit von Subjektivität. In diesem Sinne versteht sich<br />
diese Arbeit als ein Beitrag zu einer „kulturwissenschaftlichen Subjektanalyse“<br />
(Reckwitz 2008a: 135), die in ihrem heuristischen Modell Subjektivierungsprozesse<br />
in einem Konglomerat von Bewegungen, Körpern, Praktiken und Diskursen<br />
untersuchen möchte.<br />
Den theoretischen Diskussionen und Reflexionen dieser Arbeit geht daher in<br />
jedem Kapitel eine Auseinandersetzung mit empirischem Material voraus. Die<br />
Arbeit ist so aufgebaut, dass aus dem empirischen Material Fragestellungen ent-<br />
27 Im Gegensatz zum deduktiven Vorgehen bei welchem vom Allgemeinen auf das Besondere<br />
geschlossen wird.<br />
28 „Ebenso wie die Umwelt besitzt auch das körperliche Handeln eine regelhafte Struktur,<br />
eine Ordnung, die ohne den Umweg über den Kopf wirksam ist“ (Gebauer/Wulf<br />
1998: 27).