Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
44 |ABSTIMMUNG IN BEWEGUNG<br />
von Videos in der empirischen Sozialforschung – „bislang an einer angemessenen<br />
Methodologie zum Umgang“ (Knoblauch 2004a: 125) mit Videodaten fehlt.<br />
Für Hubert Knoblauch ist die VIA eine Möglichkeit Video-Daten zu analysieren,<br />
die darüber hinaus in einen „umfassenden ethnographischen Erhebungsprozess<br />
eingebunden“ (ebd.: 124) sind. Die Video-Analyse ist also nach Knoblauch<br />
methodisch in das Feld einer „fokussierten Ethnographie“ (Knoblauch<br />
2001) einzuordnen: sie ist eine Videographie. Insofern Beobachtung als ein methodischer<br />
Teil einer empirischen Untersuchung genutzt wird, müssen <strong>im</strong> methodischen<br />
Vorgehen auch die beiden Ebenen der Datenerhebung und der Datenauswertung<br />
kombiniert und reflektiert werden. Der Vorteil von Videodaten<br />
liegt in ihrer – wenn auch ausschnitthaften – Reproduzierbarkeit von Situationen,<br />
Handlungen und Bewegungen <strong>im</strong> Gegensatz zu Feldnotizen und Ethnographien,<br />
welche als solche nicht mehr die Handlungssituation reproduzieren können und<br />
in der Möglichkeit für „Detailanalysen“ (Schindler 2011: 120). Das Ziel der Videographie<br />
nach Knoblauch ist es, „den intrinsischen Zusammenhang der Interaktionen<br />
zu verstehen und diese Verstehen zu rekonstruieren“ (Knoblauch<br />
2004a: 131).<br />
Knoblauch hebt dabei drei Kriterien eines intrinsischen Zusammenhangs<br />
hervor. Erstens zeigt sich ein intrinsischer Zusammenhang in der Methodizität:<br />
In der Interpretation geht es „nicht um das was, sondern auf das Wie von Handlungen“<br />
(ebd.: 132) kommt es an.<br />
Zweitens sind Ordnungen ein Kriterium für intrinsische Zusammenhänge,<br />
welche die Handelnden erst in ihren Handlungen vollziehen, also „eine solche<br />
Geordnetheit [ist] in den aufgezeichneten Vorgängen zu finden“ (ebd.: 132). Eine<br />
Ordnung <strong>im</strong> Paartanz beruht demnach auf erlernten Praktiken, die reproduziert<br />
und neu kombiniert werden. Daraus wird deutlich, dass Handlungen aber<br />
nicht unabhängig von Kontexten stattfinden – Kontextabhängigkeit ist eine zentrale<br />
Kategorie nicht nur für das methodische Vorgehen, sondern auch als Kriterium<br />
von intrinsischen Zusammenhängen. Ein drittes Kriterium der Videographie<br />
liegt in einem Anspruch nach Reflexivität: in der Interaktionsforschung<br />
liegt der Fokus darauf, dass Handlungen <strong>im</strong>mer auch darauf hinweisen, wie die<br />
Handlung verstanden werden soll. In den hier vollzogenen Videographien eröffnen<br />
sich damit neue Forschungsfelder, etwa die Erweiterung der Betrachtung<br />
von Bewegung als kommunikativer Praxis, die als „leibliche D<strong>im</strong>ension sozialen<br />
Handeln[s]“ (Meuser 2000: 20) verstanden werden kann und in aktuellen Diskussionen<br />
<strong>im</strong> Forschungsfeld einer Körper- und Bewegungssoziologie ihren theoretischen<br />
Anschluss findet.