Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
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EINLEITUNG | 25<br />
2010: 180) versteht. Kultursoziologie positioniert sich so grundsätzlich <strong>im</strong> Feld<br />
der Soziologie als eine Praxistheorie (Reckwitz 2006a: 556ff.) 26 , die das Soziale<br />
als von Menschen gemachten, gestalteten Raum – oder theoretischer eingebettet<br />
– als sozial konstruiertes Feld versteht, welches durchdrungen ist von einer Verflechtung<br />
zwischen Strukturen und Handlungen, von Individuen und Gesellschaft.<br />
Diese sich aus der Praxistheorie ableitenden Prämissen sind es auch, die<br />
letztendlich die Perspektive dieser Arbeit dahingehend anleiten, aus der Empirie<br />
die Fragen zu entwickeln. Aus der Perspektive einer praxistheoretischen Kultursoziologie<br />
lassen sich mit den aus der Empirie generierten Fragen die Verbindungen<br />
zwischen „routinisierten körperlichen Verhaltensmustern, übersubjektiven<br />
Wissensschemata und routinisierten subjektiven Sinnzuschreibungen“ (ebd.:<br />
559) aufdecken. Letztendlich liegt diesen Ansätzen der Anspruch einer Überwindung<br />
der Dichotomie zwischen Subjektivismus und Objektivismus zugrunde,<br />
dessen fehlen <strong>im</strong>mer auch die Kritiken an Theorien durchzieht. Im Besonderen<br />
war es auch die an Pierre Bourdieu und Michel Foucault wiederholt gestellte<br />
Kritik, und zugleich deren eigenes Anliegen diesen soziologischen Dualismus zu<br />
überwinden (Bourdieu 1989; Foucault 1987). Was konkret unter einer Überwindung<br />
einer Dichotomie von Subjektivismus und Objektivismus vorstellbar ist,<br />
wird die Diskussionen in den Kapiteln I. (Kommunikation, Handlung, Praktiken),<br />
Kapitel II. (Subjekte, Akteure, Individuen, Körper) und Kapitel III. (<strong>Intersubjektivität</strong>)<br />
sowie Kapitel IV. durchziehen.<br />
In der Tanzwissenschaft scheint die Problemlage genau umgekehrt zu sein:<br />
es gibt eine große Anzahl empirischen, noch nicht untersuchten Materials von<br />
dem vielfältig berichtet wird. Eine tanzwissenschaftliche Theoriebildung steckt<br />
aber noch in ihren Anfängen, bzw. hat kein einheitliches theoretisches Fundament<br />
in einer Wissenschaft. Tanzwissenschaft ist <strong>im</strong>mer interdisziplinär ausgerichtet.<br />
Die vorliegende Arbeit verortet sich sowohl in einem Schnittpunkt von Empirie<br />
und Theorie, als auch in einem Schnittpunkt von Kultursoziologie und<br />
Tanzwissenschaft. Die Blickrichtung geht dabei jedoch von der Soziologie aus:<br />
Sie versteht die Empirie – in diesem Fall des Paartanzes <strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong> und<br />
damit einem Feld der Tanzwissenschaft – als Herausforderung für die Kultursoziologie<br />
und deren Kategorien und Begriffsbildungen. Empirische Herausforderungen<br />
führen die Soziologie vor ihre Grenzen der Erklärbarkeit – empirisch,<br />
theoretisch und methodisch. In den empirischen Herausforderungen liegt jedoch<br />
das ungebrochene Potential für die Soziologie. Die Überprüfbarkeit und Weiterentwicklung<br />
ihrer Kategorien, Methoden und Theorien ist notwendig für eine<br />
26 Andreas Reckwitz bettet diese Entwicklungen zu einer praxistheoretischen Kultursoziologie<br />
in die „Transformationslinien der Kulturtheorien“ (Reckwitz 2006a: 557) ein.