Intersubjektivität im Tango Argentino - transcript Verlag
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EINLEITUNG | 43<br />
arbeitung und Diskussion noch aus, wenn auch erste Arbeiten einen Weg dahin<br />
aufweisen (Raab 2009; Knoblauch/Schnettler/Raab/Soeffner 2006; Knoblauch/<br />
Schnettler 2007; Schindler 2011) und inzwischen „verschiedene Software“<br />
(Knoblauch/Schnettler 2007: 593) für qualitative Datenanalysen zur Verfügung<br />
steht, die auch Transkriptionsverfahren extrem vereinfachen oder sogar überflüssig<br />
werden lassen (Hauptmann 2005).<br />
Erste zentrale Arbeiten in Deutschland zur Analyse von Bildern und später<br />
auch Videodaten sind der hermeneutischen Wissenssoziologie zuzuordnen:<br />
Bergmann, Luckmann und Soeffner haben bereits 1993 dazu detaillierte Studien<br />
vorgelegt. In Anschluss war es vor allem Hans-Georg Soeffner und Jürgen Raab,<br />
die dazu elaborierte Arbeiten geleistet haben (Soeffner/Raab 1998). Diese einer<br />
sozialwissenschaftlichen Hermeneutik zuzuordnenden Videoanalysen, schließen<br />
theoretisch bei Alfred Schütz und bei Berger und Luckmann an. Ihre inhaltliche<br />
Ausrichtung liegt darin, einen „subjektiven Handlungssinn der Akteure methodisch<br />
kontrolliert herauszuarbeiten“ (Raab 2002: 473).<br />
Das in dieser Arbeit eingenommene praxistheoretische Theorem, den Paartanz<br />
vielmehr als eine Praktik zu begreifen, schließt aber diesen subjektiven<br />
Sinnzusammenhang aus, da ein subjektiver Handlungssinn von Tanzenden nicht<br />
interessiert, bzw. hier nicht notwendig erfasst werden muss, um <strong>Tango</strong> als Paartanz<br />
und Praktik zu untersuchen.<br />
Ein weiterer Strang der Analyse von Video-Daten kann in erweiterten ethnographischen<br />
Arbeiten ausgemacht werden. Die Methode der Videographie, spezifiziert<br />
noch in der Form der Video-Interaktionsanalyse (VIA) wurde von Hubert<br />
Knoblauch erarbeitet, ausgehend von sogennanten Workplace Studies 52 in<br />
englischsprachigen Raum und in Anlehnung an Konversationsanalyse und Ethnographie.<br />
Knoblauch nennt seine Methode VIA (Video-Interaktions-Analyse).<br />
Den Begriff VIA entwickelte Knoblauch, da es trotz des zunehmenden Einsatzes<br />
52 Bei den Workplace Studies handelt es sich um detaillierte Untersuchungen, die sich<br />
mit Arbeit, Technologie und Interaktion in komplexen Organisationen beschäftigen.<br />
Als Untersuchungsgegenstand steht bei den Vorläufern dieser Methode in den Arbeiten<br />
von Atkinson, Goodwin, Heath und Suchman seit den 1980er Jahren die Untersuchung<br />
von sozialen Interaktionen <strong>im</strong> Umgang mit Technologie <strong>im</strong> Vordergrund. Diese<br />
Studien entstanden aus den konvergierenden Interessen einerseits in den Bereichen<br />
Human-Computer Interaction (HCI), Artificial Intelligence (AI), Computer Supported<br />
Collaborative Work (CSCW), und, andererseits in der Konversationsanalyse, der Ethnographie<br />
und ähnlichen Richtungen in der Soziologie. Da die Workplace Studies<br />
hauptsächlich mit technischen Disziplinen zusammenarbeiten, sind sie in der Soziologie<br />
bislang noch wenig bekannt (Knoblauch/Heath 1999).