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3/2011 HERBST 5,00 € - Ubi Bene

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TITELstory<br />

es die Mauer noch gab, war für die jungen<br />

Leute im Osten Free Jazz das, was für uns<br />

Rock’n’Roll war. Die sind auf die Bühne gegangen<br />

und haben zusammen gespielt. Reine<br />

Improvisation!<br />

Nichts anderes machen Sie heute. Wie bereiten<br />

Sie sich auf die Konzerte vor? Wird<br />

gemeinsam geprobt?<br />

Ditzner: Eher nicht. Meist treffen wir uns<br />

am Abend davor, gehen essen und besprechen,<br />

was wir so vorhaben. Der Rest ist instant<br />

composing.<br />

Ihr Konzert im vergangenen Jahr mit der<br />

Pianistin Marilyn Crispell war für viele Zuhörer<br />

etwas ganz Besonderes.<br />

Ditzner: Für uns auch! Wir haben den Auftritt<br />

zum Glück mitgeschnitten und werden, dank<br />

der freundlichen Unterstützung von Rainer<br />

Kern und Enjoy Jazz, eine CD – Freeflight –<br />

veröffentlichen. Sie erscheint zum Festival<br />

bei fixcel Records. Das freut mich sehr. Und<br />

da war die Vorbereitung ganz ähnlich: Marilyn<br />

kam am Vorabend aus Spanien, ich hatte<br />

einen Raum und ein Piano organisiert, doch<br />

der Abend verlief vollkommen anders. Wir<br />

hatten uns so viel zu erzählen und tauschten<br />

Ideen aus, dass es nicht zu einer Jam kam.<br />

Wir gingen also am nächsten Abend quasi<br />

jungfräulich auf die Bühne in der Alten Feuerwache,<br />

das war sehr inspirierend.<br />

Wie verständigen Sie sich untereinander<br />

auf der Bühne?<br />

Ditzner: Die Ohren müssen offen sein. Die<br />

Kommunikation läuft über die Musik. Das<br />

ist, wie wenn man eine Frau kennenlernt,<br />

das hat eine gewisse Spannung. Alles ist<br />

neu, nichts ist bekannt, nur der Moment<br />

zählt. Wenn ich mir dann manchmal nach<br />

Wochen einen Mitschnitt anhöre, ist es, als<br />

würde ich ein fremdes Konzert hören.<br />

Wie sind Sie zum Jazz gekommen?<br />

Ditzner: Ich habe schon immer in Bands getrommelt.<br />

Ich habe auch zwei Jahre Klassik<br />

in Wiesbaden studiert. Aber das war nichts<br />

für mich. Mein Schlagwerkprof meinte dann<br />

bald: Hör auf, du willst immer grooven, das<br />

gibt es hier so nicht. Ich habe seinen Rat<br />

befolgt und habe ab da immer in Bands gespielt<br />

und bin getourt .Dann habe ich mit<br />

Barbara Lahr bei „Sanfte Liebe“ gespielt<br />

und war paar Jährchen mit „Guru Guru“<br />

und Mani Neumeier auf Tour. Mit Laurent<br />

Leroi habe ich bei den „Coleümes“ gespielt,<br />

unter dem Namen „les Primitifs“ werden<br />

wir jetzt am 22. September in der Feuerwache<br />

unsere neue CD präsentieren.<br />

Mit allen spielen Sie bis heute zusammen?<br />

Ditzner: Nein, aber jetzt wieder. Da schließen<br />

sich für mich gerade ein paar Kreise.<br />

Ich war ja 15 Jahre bei der Mardi Gras bb,<br />

das war ein ziemlich exklusives Engagement.<br />

Ende 2<strong>00</strong>7 bin ich da ausgestiegen,<br />

um wieder mehr Drumset spielen und freier<br />

arbeiten zu können. Da habe ich auch ein<br />

paar alte Weggefährten wieder getroffen.<br />

Ganz wichtig ist aber auch, dass ich gerade<br />

in den letzten Jahren so viele junge Musiker<br />

kennenlernen durfte, wie zum Beispiel die<br />

Vanecek-Twins, ganz fantastische Jungs!<br />

Wie hat Afrika Sie inspiriert?<br />

Ditzner: Sehr. Ich hatte in den 90er Jahren<br />

mal eine Sinnkrise, wollte wissen, ob ich das,<br />

was ich tue, auch wirklich will. Da bin ich im<br />

Auto durch Afrika gefahren. Tunesien, Algerien,<br />

dann Ghana, Niger und Togo. Einmal<br />

wurde ein Wal an den Strand getrieben, das<br />

ganze Dorf hat ihn mit Trommeln begrüßt.<br />

Und das waren keine ausgebildeten Schlagzeuger,<br />

einfach Dorfbewohner! Aber ihre Art<br />

zu trommeln und ihre scheinbare Unexaktheit<br />

war so groovig und polyrhythmisch, da<br />

entstand eine richtige Magie. Das hat mich<br />

sehr geprägt und diese Art versuche ich bis<br />

heute, in mein Spiel zu übertragen.<br />

Und das funktioniert?<br />

Ditzner: Es ist doch so: Meine Jazzabende<br />

sind wie Abenteuerreisen. Jeder Musiker<br />

springt auf den Zug auf, fährt mit, und der<br />

Zug fährt irgendwo hin.<br />

Text und Interview: Ute Maag<br />

Fotos: Manfred Rinderspacher •<br />

Trompeter Erik Truffaz widmet sich beim Eröffnungskonzert am 2. Oktober Miles Davis´ epochalem Jazz-Rock-Meisterwerk „Bitches Brew“.<br />

18<br />

UBI BENE

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