Moralisches Urteilen und soziale Umwelt - Universität Konstanz
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<strong>Moralisches</strong> Urteil Soziale Perspektive<br />
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A. Präkonventionell Individuum versus Andere<br />
B. Konventionell Mitglied der konkreten Gesellschaft<br />
C. Postkonventionell Mitglied einer idealen Gesellschaft<br />
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Kohlberg hat diese Einteilung in Ebenen weiter in zwei Stufen pro Ebene differenziert<br />
(anfänglich repräsentierten die Ebenen den ‘kognitiven’ <strong>und</strong> die Stufen den<br />
‘affektiven’ Aspekt; vgl. Kohlberg 1958, 89). Die resultierenden sechs Stufen sind<br />
in ihrer älteren <strong>und</strong> – wie uns scheint – klarsten Fassung (Kohlberg & Turiel 1971,<br />
zit. n. 1978) in Tabelle 1 wiedergegeben. Trotz zahlreicher Variationen in den Publikationen<br />
der letzten Jahren ist das Stufenschema in seinen wesentlichen Teilen<br />
gleichgeblieben. 13 Zu den Neuerungen gehören die – inzwischen wieder aufgegebene<br />
– Einführung einer Stufe 4 1/2, um unerwartete Regressionen beim Übergang<br />
von Stufe 4 <strong>und</strong> 5 einordnen zu können (dieses Problem wird als Codierfehler angesehen),<br />
die weitere Unterteilung der Stufen in A- <strong>und</strong> B-Substufen (Kohlberg u.a.<br />
1978, 71; Kohlberg & Candee 1981), deren Begründung uns noch beschäftigen<br />
wird, <strong>und</strong> der Versuch einer Erweiterung des Modells um eine siebte Stufe (Kohlberg<br />
1973; Habermas 1976a). Darüber hinaus hat das Problem der eindeutigen Vercodung<br />
von Interviewmaterial <strong>und</strong> die Notwendigkeit einer feineren Abstufung im<br />
Rahmen der Evaluation von Programmen zur Förderung der Moralentwicklung zu<br />
einer Reihe von Mischstufen geführt, deren theoretische Bedeutung jedoch weitgehend<br />
unklar ist. 14<br />
3.2 Piaget vs. Kohlberg? Ein zweidimensionales Entwicklungsmodell<br />
Zweierlei ist an diesem Stufen-Modell Kohlbergs bemerkenswert. Einmal, dass<br />
‘kognitiv-strukturelle’ Stufen inhaltlich (über die affektive Bindung des Individuums<br />
an Verhaltensnormen) <strong>und</strong> nicht nur rein formal, etwa durch ihre ‘Abstraktheit’<br />
oder ‘Komplexität’ definiert sind. Eine Struktur wird formal definiert als ein<br />
“System von inneren Beziehungen” (Kohlberg u.a. 1978, 1). Aber erst moralische<br />
Inhalte – die stufentypischen Inhalte (Gegenstandsbereiche, Normen <strong>und</strong> Elemente;<br />
Kohlberg u.a. 1978) – machen aus einer Verhaltensstruktur<br />
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