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Moralisches Urteilen und soziale Umwelt - Universität Konstanz

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Für dieses zweidimensionalen Entwicklungsmodell spricht, dass sich hierdurch<br />

einige Probleme der bisherigen Forschung lösen lassen. So erlaubt es eine konsistente<br />

Deutung der theoretischen Anomalien, die Kohlberg früher durch die Deutung<br />

der Ebenen als ‘kognitiver Aspekt’ <strong>und</strong> der Stufen als ‘affektiver Aspekt’ (Kohlberg<br />

1958, 89) <strong>und</strong> später durch die Einführung von A- <strong>und</strong> B- Substufen zu lösen versucht<br />

hat. Nach Kohlberg nehmen die B-Substufen dieselben Charakteristika an wie<br />

die Hauptstufen V <strong>und</strong> VI, die Ebene der Prinzipienorientierung <strong>und</strong> der moralischen<br />

Autonomie. Sie ist zudem vereinbar mit verschiedenen Überlegungen Kohlbergs,<br />

in denen er deutlich zwischen zwei Entwicklungsaspekten der Moral unterscheidet.<br />

Ursprünglich sah Kohlberg die kognitiv-strukturelle Dimension der moralischen<br />

Entwicklung in den drei Ebenen abgebildet; die Stufen repräsentierten für<br />

ihn dagegen den inhaltlich-evaluativen Aspekt (Kohlberg 1958, 89). Auch später<br />

noch tritt eine alternative Operationalisierung des kognitiven Aspekts in Form einer<br />

Stabilisierungsphase innerhalb jeder Stufe, eben der “B-Teilstufe” zutage (Kohlberg,<br />

Wasserman & Richardson 1978, 250). 17<br />

3.3 Die empirische Validität der kognitiven Entwicklungstheorie<br />

Die Kohlberg-Theorie des moralischen <strong>Urteilen</strong>s <strong>und</strong> der Moralentwicklung beansprucht<br />

empirische Gültigkeit. Die Theorie impliziert (a) die invariante Abfolge der<br />

Entwicklungsstufen, (b) die strukturelle Ganzheit, d.h. eine Tiefenstruktur oder Organisation<br />

des moralischen <strong>Urteilen</strong>s, (c) die hierarchische Integration der Urteilsstufen<br />

<strong>und</strong> (d) die Parallelität zwischen der Entwicklung der kognitiven <strong>und</strong> der affektiven<br />

Komponente des moralischen Urteilsverhaltens. 18 Wir wollen im folgenden<br />

untersuchen, was diese Hypothesen besagen, ob sie empirisch bestätigt werden können<br />

bzw. inwieweit sie überhaupt eine empirische Bedeutung haben. Natürlich setzt<br />

eine solche Untersuchung voraus, dass die Methoden der Überprüfung der Theorie<br />

angemessen – dass sie theoretisch valide – sind. Dies spielt bei der Auswahl der<br />

empirischen Studien, die wir berücksichtigen werden, keine geringe Rolle, auch<br />

wenn wir hier darauf nicht explizit eingehen können (vgl. hierzu i.d.B.: Lind &<br />

Wakenhut; Döbert & Nunner-Winkler).<br />

(a) Die qualitativ verschiedenen Stufen der moralischen Entwicklung bilden eine<br />

invariante Sequenz. Soziale Faktoren können die Entwicklung beschleunigen oder<br />

verlangsamen, aber nicht ihre Reihenfolge verändern. 19<br />

Diese für die Theorie Kohlbergs ganz zentrale Hypothese kann heute als bestätigt<br />

angesehen werden. In der zwanzig Jahre umfassenden Längsschnittstudie von<br />

18

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