Moralisches Urteilen und soziale Umwelt - Universität Konstanz
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zweiten Faktors auf das Urteilsverhalten zu analysieren, werden orthogonale<br />
Polynome benutzt, wie sie Bock vorgeschlagen hat (1975, 447-488). 8 Unsere Hypothesen<br />
lenken das Interesse auf die Interaktion zwischen beiden Faktoren, speziell<br />
auf die lineare Komponente dieser Interaktion: um die Hypothese einer differenziellen<br />
Schiefe des Profils der Stufenmedianwerte zu bestätigen, sollte diese lineare<br />
Komponente signifikant <strong>und</strong> zugleich für einen erheblichen Anteil der Varianz verantwortlich<br />
sein. Die Haupteffekte der beiden Faktoren hingegen können, da für unsere<br />
spezifischen Hypothesen irrelevant, unberücksichtigt bleiben.<br />
4. Empirische Bef<strong>und</strong>e<br />
1) Die intraindividuelle Analyse von Komponenten der moralischen Urteilsvarianz<br />
läßt erkennen, dass die Stärke der Orientierung an moralischen Kategorien sehr unterschiedlich<br />
ist, dass aber die einzelnen Individuen sich in ihrem Urteilsverhalten<br />
zu einem hohen Prozentsatz 'überzufällig' (Lind & Wakenhut i.d.B.) an moralischen<br />
Kategorien <strong>und</strong> nicht, wie die Untersuchung von Keasey (1975) nahelegt, an<br />
anderen Kriterien orientiert. Der Anteil der Abiturienten, die beim Beurteilen von<br />
Argumenten andere, nicht-moralische Kriterien heranziehen, z.B. ob die vorgelegten<br />
Argumente der einmal gefaßten Meinung entsprechen oder ihr widersprechen<br />
(Faktor Pro-Contra), ist deutlich geringer. Die Verteilung der Befragten nach dem<br />
Grad, in dem sie moralische Kategorien in ihrer Beurteilung verwenden, ist in Abbildung<br />
4 dargestellt. Die Abszisse repräsentiert den Anteil der individuellen Urteilsvarianz,<br />
der von der Orientierung an moralischen Kriterien herrührt. Dieses<br />
Maß ist das Verhältnis der Summe der Quadrate, die auf den Faktor Stufe entfällt,<br />
zu der gesamten Summe der Quadrate. Ebenfalls eingetragen ist das Ausmaß, in<br />
dem das individuelle Urteilsverhalten durch den Zustimmungs-Ablehnungsfaktor<br />
(Faktor Pro-Kontra) bestimmt ist.<br />
2) Falls die Bevorzugung “hoher” Stufen der moralischen Orientierung ein<br />
Wegbereiter für eine nachfolgende kognitive Organisation ist, dann impliziert dies,<br />
dass die Anerkennung der moralischen Priorität von Argumenten höherer Stufen<br />
einhergehen sollte mit einer höher organisierten Denkstruktur. D.h. der motivationale<br />
Inhalt <strong>und</strong> die kognitive Struktur des moralischen Urteilsverhaltens sollten empirisch<br />
in einer vorhersagbaren Weise korrelieren (Kohlbergs Parallelitätsthese;<br />
vgl. Lind i.d.B. a). Die in Abbildung 5 dargestellten Bef<strong>und</strong>e bestätigen eindeutig<br />
diese für die kognitive Entwicklungstheorie sehr bedeutsame Hypothese: Je mehr<br />
das individuelle Urteilsverhalten auf moralische Maximen hin strukturiert ist, desto<br />
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