als PDF - Universitätsklinikum Leipzig
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18 IHR GELD, IHR RECHT<br />
Ausgabe 6 / 19. März 2010<br />
Gesundheit und mehr...<br />
PRÄSENTISMUS<br />
Schuften bis zum Umfallen<br />
Wer Husten oder Fieber hat,<br />
sollte im Bett bleiben. Das<br />
tun viele Beschäftigte aber<br />
nicht: Acht von zehn gehen auch<br />
krank zur Arbeit, wie der Deutsche<br />
Gewerkschaftsbund (DGB) ermittelt<br />
hat. Jeder Zweite ist sogar schon<br />
mehrfach zur Arbeit gekommen,<br />
obwohl er sich „richtig krank“<br />
fühlte. Das Schuften auf Kosten der<br />
eigenen Gesundheit ist gerade in<br />
der Krise ein Problem. Denn dieses<br />
Verhalten hänge mit der Angst um<br />
den Arbeitsplatz zusammen, meint<br />
Charlotte Woldt, die den DGB-Index<br />
„Gute Arbeit“ in Berlin mitbetreut.<br />
„Präsentismus“ nennen Experten<br />
das Phänomen, wenn Mitarbeiter<br />
Überstunden schieben<br />
oder krank zur Arbeit kommen,<br />
um einen guten Eindruck beim<br />
Chef zu machen. Damit tun sie<br />
auf lange Sicht aber weder sich<br />
selbst noch dem Betrieb einen<br />
Gefallen: Denn wer sich überlastet,<br />
ist schnell unkonzentriert<br />
und macht mehr Fehler<br />
<strong>als</strong> sonst. Und wenn Mitarbeiter<br />
ausfallen, weil sie bis zum Umfallen<br />
schuften, drückt das letztlich<br />
die Produktivität.<br />
Der beste Schutz gegen chronische<br />
Überlastung seien die<br />
richtigen Vorbilder, sagt Stephan<br />
Kaiser, Professor für Personalmanagement<br />
an der Universität<br />
München. „Der Vorgesetzte<br />
muss das<br />
vorleben und<br />
unterstützen.“<br />
Dass<br />
„Extremjobber“<br />
Probleme<br />
mit<br />
der Work-<br />
Life-Balance<br />
bekommen,<br />
sei mitunter<br />
aber ein<br />
knallhartes<br />
wirtschaftliches<br />
Kalkül:<br />
„Gewisse<br />
Konzernkarrieren<br />
funktionieren<br />
Überstunden sind für viele an der Tagesordnung: Vollzeit-Beschäftigte arbeiten<br />
im Schnitt fünf Stunden pro Woche mehr <strong>als</strong> vereinbart. Foto: dpa<br />
nicht ohne<br />
Überstunden.“<br />
Zwar gibt es Kaiser zufolge<br />
Naturelle, die eine 60- bis<br />
80-Stundenwoche auf Dauer<br />
durchhalten. Die Mehrheit komme<br />
aber nach ein paar Jahren<br />
zu der Erkenntnis: „Das ist nicht<br />
das Leben, das ich führen will.“<br />
Dann sei es Zeit für ein Gespräch<br />
mit dem Vorgesetzten und eine<br />
Beratung. Denn sonst drohen<br />
ein Burnout, Panikattacken vor<br />
dem Bildschirm oder die innere<br />
Kündigung. Und wenn sich an<br />
dem Problem nichts ändert,<br />
wirkt sich das auch auf die Arbeitshaltung<br />
aus: „Trendstudien<br />
besagen, dass sich die Grundeinstellung<br />
zur Arbeit wandelt<br />
und die Loyalität zum Arbeitgeber<br />
abnimmt“, erläutert Kaiser.<br />
Unbezahlte Mehrarbeit<br />
ist zum einen bei Akademikern<br />
und Führungskräften verbreitet,<br />
wie die Daten des DGB verdeutlichen.<br />
Zum anderen bei Mitarbeitern,<br />
die um ihren Arbeitsplatz<br />
bangen:<br />
„Präsentismus und Überstunden<br />
haben durch die Wirtschaftskrise<br />
zugenommen, und ich fürchte,<br />
wir haben den Gipfel noch nicht<br />
erreicht“, sagt Elke Diehl, die <strong>als</strong><br />
Coach in Freudenberg arbeitet.<br />
Um dem entgegenzuwirken,<br />
helfe es im<br />
ersten Schritt,<br />
die Ursachen<br />
zu analysieren<br />
und sich Gegenmaßnahmen<br />
zu<br />
überlegen: Was<br />
belastet mich,<br />
und was gibt<br />
mir neue Energie?<br />
Was meldet<br />
der Körper<br />
in kritischen Situationen,<br />
und<br />
wie lassen sich<br />
ungesunde Verhaltensweisen<br />
steuern?<br />
Aber allen Seminaren<br />
zur Stressbewältigung<br />
zum Trotz: Sind Überstunden<br />
und Überbelastung am Arbeitsplatz<br />
ein Krankmacher, muss das<br />
Gespräch mit dem Vorgesetzten<br />
gesucht werden. In Betrieben<br />
ohne Zeiterfassungssystem dokumentiert<br />
der Arbeitnehmer<br />
am besten einige Wochen lang<br />
seine Aufgabenstellungen und<br />
wie lange er dafür benötigt<br />
hat, rät der Rechtsanwalt Andreas<br />
Reichhardt aus Stuttgart.<br />
Während in großen, gut organisierten<br />
Betrieben die Personalabteilung<br />
auf die Mehrarbeiter<br />
zukommt und nach Lösungen<br />
sucht, würden Überstunden in<br />
kleinen und mittleren Betrieben<br />
oft nicht protokolliert. Das<br />
hat auch finanzielle Nachteile:<br />
Der Grundsatz „Überstunden<br />
müssen vergütet werden“ gelte<br />
nur, wenn der Arbeitgeber diese<br />
angeordnet oder wenigstens geduldet<br />
hat, erklärt Reichhardt.<br />
Daher sei die Initiative des Arbeitnehmers<br />
gefragt: „Am Ende<br />
des Monats sollten Vorgesetzter<br />
und Mitarbeiter gemeinsam<br />
nach den Gründen für die Mehrarbeit<br />
und nach einer Lösung<br />
suchen.“ In einem Rechtsstreit<br />
muss der Angestellte auf jeden<br />
Fall beweisen können, dass er<br />
die Überstunden tatsächlich geleistet<br />
hat, beispielsweise durch<br />
eine Unterschrift des Vorgesetzten<br />
auf seinem Arbeitszeitenprotokoll.<br />
Ein Richtwert sei hierbei die<br />
Zehn-Prozent-Marke: „Wenn<br />
eine Teilzeitkraft etwa wöchentlich<br />
zwei, drei Stunden mehr<br />
arbeitet, muss der Arbeitgeber<br />
die Überstunden ausgleichen<br />
oder den Vertrag ändern“, sagt<br />
Reichhardt. Das deckt sich der<br />
DGB-Studie zufolge mit den<br />
Wünschen von Teilzeitbeschäftigten:<br />
Anders <strong>als</strong> ihre Vollzeit-<br />
Kollegen wollen sie lieber länger<br />
<strong>als</strong> kürzer arbeiten, solange das<br />
bezahlt und vertraglich geregelt<br />
wird. Deike Uhtenwoldt<br />
AKTUELLE URTEILE<br />
§<br />
Eigene Schuld – selbst zahlen<br />
Ein Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss oder<br />
medizinische Komplikationen durch ein Piercing<br />
oder nach einer Schönheits-Operation: Wer<br />
eine Krankheit selbst verschuldet, kann von der<br />
gesetzlichen Krankenkasse an den Behandlungskosten<br />
beteiligt werden. Das bestätigt ein Urteil des<br />
Sozialgerichts Dessau-Roßlau. Ein Autofahrer hatte<br />
betrunken einen Unfall verursacht und sich dabei<br />
verletzt. Die Richter stimmten zu, dass er nun einen Teil der medizinischen<br />
Folgekosten selbst bezahlen muss. Entscheidend war, dass<br />
der Autofahrer wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs<br />
rechtskräftig verurteilt war. Entscheidend war, dass der Autofahrer<br />
wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs rechtskräftig<br />
verurteilt war. (AZ: S 4 KR 38/08)<br />
Kindergeld für Behinderte ohne Job<br />
Erwachsene Behinderte ohne Job können Anspruch auf Kindergeld<br />
haben. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes in München<br />
muss allerdings die Behinderung in erheblichen Umfang „mitursächlich“<br />
für die Arbeitslosigkeit sein. Im Rechtsstreit hatte die erwachsene<br />
schwerbehinderte Klägerin nach ihrer Ausbildung Kindergeld<br />
beantragt. Die Kindergeldkasse lehnte dies ab. Die arbeitslose Klägerin<br />
sei erwerbsfähig und könne mindestens 15 Stunden wöchentlich<br />
arbeiten. Außerdem sei ihr Mann ihr gegenüber unterhaltspflichtig.<br />
Der Bundesfinanzhof stellte nun fest: Kindergeld können auch erwerbsfähige<br />
Behinderte beanspruchen, wenn sie wegen ihrer Beeinträchtigungen<br />
keinen Arbeitsplatz finden. Nach den gesetzlichen Regelungen<br />
können in Ausbildung befindliche Menschen bis zum 25.<br />
Lebensjahr Kindergeld erhalten. Behinderte Kinder können auch<br />
danach und ohne Altersbegrenzung Kindergeld beziehen. Voraussetzung<br />
ist, dass sie ihren Lebensunterhalt wegen ihrer Behinderung<br />
nicht alleine bestreiten können und sie keine jährlichen Einkünfte<br />
von über 8004 Euro haben. (AZ: III R 50/07)<br />
BONITÄT<br />
Schufa ändert Preise<br />
Bonitätsauskünfte bei der<br />
Schufa kosten von April<br />
an deutlich mehr <strong>als</strong> bisher.<br />
Es sei denn, der Verbraucher<br />
lässt sich registrieren. Außerdem<br />
kann er künftig einmal<br />
im Jahr kostenlos zur eigenen<br />
Information eine schriftliche<br />
Übersicht über seine persönlichen<br />
Daten bestellen. Darauf<br />
weist die Schufa in Wiesbaden<br />
hin.<br />
Demnach kostet eine Bonitätsauskunft,<br />
die zum Beispiel Vermieter<br />
vor Vertragsabschluss<br />
<strong>als</strong> Beleg der Vertrauenswürdigkeit<br />
verlangen, von April<br />
an 18,50 statt 7,80 Euro. Wer<br />
sich dagegen online unter<br />
meineschufa.de anmeldet,<br />
zahlt weiterhin 7,80 Euro. Die<br />
Registrierung kostet einmalig<br />
18,50 Euro. Registrierte Nutzer<br />
haben jederzeit Einsicht in<br />
ihre persönlichen Daten - ohne<br />
weitere Kosten.<br />
Für die jährliche schriftliche<br />
Information ist keine Registrierung<br />
nötig. Dass die<br />
Schufa Verbrauchern den Einblick<br />
in ihre Daten künftig in<br />
Schriftform ermöglicht, hängt<br />
Auf dem Weg zum Geld - wie bei einem Kredit - stehen viele Verbraucher<br />
vor einer Prüfung durch die Schufa. Foto: dpa<br />
mit einer Neuregelung des<br />
Bundesdatenschutzgesetzes<br />
(BDSG) zusammen, die zum 1.<br />
April in Kraft tritt. Dieser zufolge<br />
haben Verbraucher das<br />
Recht, von Unternehmen einmal<br />
jährlich eine kostenlose<br />
schriftliche Aufstellung zu bekommen,<br />
welche ihrer Daten<br />
gespeichert sind.<br />
Die Schufa – ausgeschrieben:<br />
Schutzgemeinschaft für allgemeine<br />
Kreditsicherung –<br />
sammelt <strong>als</strong> Einrichtung der<br />
Kreditwirtschaft alle Daten zu<br />
den Kreditgeschäften von Verbrauchern.<br />
Dazu gehören in<br />
der Hauptsache Girokonten,<br />
Kreditkarten und Leasingverträge.<br />
dpa