als PDF - Universitätsklinikum Leipzig
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8 KLINIKUM 2010<br />
Ausgabe 6 / 19. März 2010<br />
Gesundheit und mehr...<br />
IMPFTAG<br />
Kleinkinder geben Keime oft an die Großeltern weiter<br />
Rund 500 Ärzte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt,<br />
Thüringen und Brandenburg,<br />
aber auch Krankenschwestern<br />
und Studenten kamen zum<br />
14. Sächsischen Impftag, zu dem die<br />
Universitätskinderklinik <strong>Leipzig</strong> und<br />
die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin<br />
am Klinikum St. Georg eingeladen<br />
hatten. Hauptthemen waren die neuen<br />
Impf-Empfehlungen der Sächsischen<br />
Impfkommission und der Ständigen<br />
Impfkommission am Robert-Koch-<br />
Institut Berlin. „Wir hatten ein sehr<br />
dichtes und informatives Programm“,<br />
sagte Prof. Volker Schuster, Leiter der<br />
Kinderpoliklinik am <strong>Universitätsklinikum</strong><br />
<strong>Leipzig</strong>, der mit Prof. Michael<br />
Borte, Chefarzt am Klinikum St. Georg,<br />
den Vorsitz führte. „Dennoch hatten<br />
die Gäste unseres alljährlichen Symposiums<br />
Gelegenheit, ganz praktische<br />
Fragen an die kompetenten Referenten<br />
zu stellen.“<br />
Prof. Siegwart Bigl, Vorsitzender des<br />
Ausschusses Hygiene und Umweltmedizin<br />
der Sächsischen Landesärztekammer<br />
und Mitglied der Sächsischen<br />
Impfkommission, erläuterte, dass nunmehr<br />
empfohlen wird, schon Kinder ab<br />
dem 7. Lebensmonat gegen Influenza<br />
zu impfen. „Dieser Grippe-Schutz ist<br />
aus unserer Sicht so wichtig, dass auch<br />
eine Schwangerschaft keine Kontraindikation<br />
mehr darstellt“, so Prof. Bigl.<br />
Wie er weiter ausführte, wird Keuchhusten<br />
nicht mehr nur <strong>als</strong> Kinderkrankheit<br />
angesehen, sondern auch <strong>als</strong><br />
Erkrankung des Erwachsenen. Grund<br />
dafür ist, dass zwei Drittel der Erkrankungen<br />
Erwachsene betrifft, darunter<br />
viele Ältere. „Die Kinder geben die<br />
Krankheit vorwiegend an die Großeltern<br />
weiter. Deshalb müssen Ärzte<br />
bei der Pertussis-Herdbekämpfung immer<br />
an die Familienzusammenhänge<br />
denken“, mahnte er. Leider gebe es nur<br />
in den neuen Bundesländern<br />
eine Meldepflicht. Zudem<br />
würden epidemiologische<br />
Analysen und Herdprogramme<br />
fehlen, so dass der Keuchhusten<br />
trotz Schutzimpfung<br />
schwer auszurotten sei.<br />
Mit Blick auf die Wundstarrkrampf-Impfung<br />
sagte Prof.<br />
Bigl, dass zu 53 Prozent die<br />
Ursache bei Bagatellverletzungen<br />
und nur zu 14 Prozent<br />
in größeren Unfällen liege.<br />
Bei Unfällen wird ein Arzt<br />
einbezogen, der auch auf den<br />
Tetanus-Schutz achten könne.<br />
Bei den Bagatellverletzungen<br />
hingegen werde kaum der<br />
Arzt aufgesucht, so dass es<br />
umso wichtiger sei, dass die<br />
Tetanus-Impfung immer wieder<br />
aufgefrischt werde.<br />
Über die Vorteile von Konjugat-Impfstoffen<br />
gegen Meningokokken,<br />
die Hirnhautentzündung<br />
und Blutvergiftung<br />
auslösen können, sprach Prof.<br />
Dietmar Beier, Vorsitzender<br />
der Sächsischen Impfkommission.<br />
Diese ermöglichen,<br />
gleichzeitig gegen verschiedene<br />
Der modernenen Schulmedizin steht eine breite Palette an Wirkstoffen zur Verfügung, um vielen Erregern und den von ihnen<br />
ausgelösten Erkrankungen Herr zu werden.<br />
Foto: Archiv<br />
Serotypen (Untergruppen) – beispielsweise<br />
gegen die hierzulande vorkommenden<br />
Gruppen A, C, W 135 und Y –<br />
vorzugehen. „Die gute Wirksamkeit bei<br />
Säuglingen und Kleinkindern, die Ausbildung<br />
eines Immungedächtnisses im<br />
Körper, die Möglichkeit der Boosterung,<br />
<strong>als</strong>o der Auffrischung, und das Vermeiden<br />
von Hyporesponsivität, <strong>als</strong>o einer<br />
nachlassenden Reaktionsfähigkeit – all<br />
das spricht für diese Konjugat-Impfstoffe.“<br />
Probleme gebe es allerdings noch<br />
mit Impfungen gegen die Serogruppe<br />
B, weil sie aus einer Vielzahl von unterschiedlichsten<br />
B-Stämmen besteht.<br />
Über Pneumokokken, die Lungen-,<br />
Hirnhaut- und Mittelohrentzündungen<br />
auslösen können, informierte Dr. Mark<br />
van der Linden vom Nationalen Referenzzentrum<br />
für Streptokokken am Institut<br />
für Medizinische Mikrobiologie<br />
des <strong>Universitätsklinikum</strong>s Aachen. Bei<br />
den Pneumokokken habe man es immerhin<br />
mit 91 Serotypen zu tun. Auch<br />
bei diesen Erkrankungen zeige sich,<br />
Pneumokokken-Erkrankungen in Deutschland<br />
geschätzte Fallzahlen<br />
Erkrankung<br />
Meningitis 450 – 1 100 ca. 170<br />
andere schwere<br />
(invasive) Erkrankungen,<br />
z. B. Sepsis<br />
Pneumonie<br />
– ambulant<br />
– stationär<br />
Fälle pro Jahr<br />
insgesamt<br />
10 000 – 15 000 800 – 1 050<br />
100 000 – 200 000<br />
63 000 – 105 000<br />
Darunter bei<br />
Kindern unter 5 Jahre<br />
ca. 40 000<br />
10 000 – 15 000<br />
Otitis media 300 000 – 600 000<br />
Quelle: Studie Pneumokokken-Erkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern, Verlag im Kilian 2001.<br />
Grafik: Enzo Forciniti<br />
dass die Kinder sie an die Großeltern<br />
weitergeben. „Das ist daran zu sehen,<br />
dass Erkrankte vorwiegend in den<br />
Altersgruppen 0 bis 2 Jahre sowie 50<br />
Jahre und darüber anzutreffen sind.“ Er<br />
würdigte das Vorgehen der Sächsischen<br />
Impfkommission, die im Januar 2006<br />
eine Impfempfehlung für alle ab 2 Jahre<br />
ausgab. Ein halbes Jahr später folgte<br />
die Ständige Impfkommission. Die Ergebnisse<br />
belegen eindeutig, wie wichtig<br />
diese Entscheidung war: „Wir haben<br />
heute eine Impfrate von 70 bis 80 Prozent<br />
und deutliche Rückgänge<br />
bei den Erkrankungen. Allerdings<br />
steigen genau jene<br />
Erkrankungen, die auf Serotypen<br />
zurückzuführen sind,<br />
die von den gegenwärtigen<br />
Impfstoffen nicht erreicht<br />
werden. Was wiederum heißt:<br />
Wir brauchen neue Impfstoffe,<br />
die diese mit abdecken.“<br />
Auf dem Symposium wurde<br />
zudem über den derzeitigen<br />
Stand von Impfungen gegen<br />
die H1N1-Grippe („Schweinegrippe“),<br />
gegen Tollwut<br />
sowie gegen Infektionskrankheiten<br />
im Ausland informiert.<br />
„Ich denke, dieser<br />
Sächsische Impftag war wiederum<br />
ein voller Erfolg“, so<br />
Prof. Schuster. „Hier zeigen<br />
Sachsen und <strong>Leipzig</strong> einmal<br />
mehr, wie man im Interesse<br />
der Gesundheit vorangehen<br />
kann. Unser Ziel ist es, diese<br />
Veranstaltung im Auditorium<br />
Maximum der Universität<br />
<strong>Leipzig</strong> durchzuführen, um<br />
dann auch einen Rahmen zu<br />
haben, der dem Stellenwert<br />
des Symposiums entspricht.“<br />
Uwe Niemann