BIKE AND PARTS Das Online-Mag: www.mceonline.de 90 MCE November '14
ABSCHIED Uhlig Fahr-tech Uhlig sagt Adieu Eine Ära geht zu Ende: 49 Jahre nach der Geschäftseröffnung schloss Wolfgang Uhlig die Pforten seines Motorrad-Fachgeschäftes UHLIG fahr-tech in Neumünster. Dieses war fast fünf Jahrzehnte lang immer ganz eng mit dem Motorsport verbunden. Am 2. Januar 1966 öffnete Wolfgang Uhlig zum ersten Mal sein Geschäft. Auslöser dafür war der Motorsport. Die von Rudolf Kiel übernommene Firma handelte mit Nähmaschinen, Kinderwagen, aber auch mit Fahrrädern, Rollern und den ersten Kleinfahrzeugen (Messerschmidt). Wolfgang G. Uhlig hatte seit frühester Jugend die Beziehung zum Motorrad, genauer gesagt zum Motorsport. Schon während der Schulzeit fuhr er mit seinem Cousin regelmäßig zu den regionalen Grasund Sandbahnrennen. Hier dürfte der Bazillus gefangen worden sein. Nach der Schulzeit folgte eine Ausbildung als Kfz-Mechaniker bei der Mercedes- Vertretung in Neumünster, während der anschließenden Bundeswehrzeit lernte er in der Instandsetzung seinen späteren Kumpel Peter Harms kennen. Auch Peter Harms war ein Anhänger des Motorsports und nahm an <strong>Motocross</strong>- und Bahnrennen teil. Aus diesem Gespann wurde dann zusammen mit Ingolf Schimkowski der Name „Har Uh Schi“, auch heute noch ein Begriff in Bahnsportkreisen (siehe im Internet unter www.bahnsporttechnik. de). Unter der Ägide von Ingolf Schimkowski wurden Gang-Getriebe für den Motorsport entwickelt. Es folgten Kupplungen, Weiterentwicklungen der Produktionen und später Kettenräder, verwindungssteife Rahmen aus extrem haltbaren Materialien. An diesem, seinem Hobby hing das Herzblut und als sein Vater dann sagte: „Du, ich hab’ einen Laden für dich, Rudi Kiel will sich zur Ruhe setzen“, griff er zu. Mit wenig Eigenkapital, aber viel Begeisterung stieg er ins Geschäft ein. Die Ausrichtung der Firma änderte sich bald. Es kamen Motorräder hinzu. Im Sortiment waren Honda, Yamaha, Zündapp, DKW, Kreidler, Vespa und – entstanden durch das Motorsport-Engagement – verschiedene Eigenproduktionen unter dem Namen HARUHSCHI (siehe auch www.bahnsporttechnik. de). Unter der Marke Haruhschi starteten im Norden so bekannte Bahnrennfahrer wie z.B. Jürgen Steffen, Joachim und Wilhelm Kall, Egon Müller, Jiri Stancl (CZ) oder Hans-Günter Wilde. WERKSTATT ALS MITTELPUNKT Mittelpunkt der Firma UHLIG fahr-tech wurde die Werkstatt. Alles, was nichts mit zwei Rädern und Motor zu tun hatte, wurde langsam ausverkauft. Und von Anfang an fuhr Wolfgang Uhlig Sonntag für Sonntag, zuerst mit einem alten VW-Bus von MAN Rendsburg, dann mit dem rot-weißen Ford Transit, zu den Rennstrecken. Anfangs nahm er noch selbst an den Rennen teil, dann folgte er dem Drängen seiner Mutter und hörte mit dem aktiven Fahren auf und beschränkte sich auf Werkstattdienste. So ganz nebenbei rief er den Verein TEAM 70 Neumünster ins Leben. Der war beheimatet auf der Aschenbahn des VfR Neumünsters. Fahrer des Vereins waren wiederum Jürgen Steffen, Egon Müller, Joachim Kall, Wilhelm Kall, später Hans-Günter Wilde, Hans- Otto Pingel und Jiri Stancl. Später wurde auf einem Areal in Brokstedt eine Speedwaybahn angelegt. Nach der Insolvenz hieß der Verein MSC Brokstedt und er liefert bis zum heutigen Tag exzellenten Bahnsport ab und erfreut zusätzlich mehrmals im Jahr Oldtimer-Fans und andere Anhänger mit dem Lanz-Bulldog-Treffen und dem Oldtimer-Markt. Die Rennen in Neumünster hatten gleich internationales Format. So kam es, dass Fahrer von Weltruf auf oder mit Haruhschi siegten. Aber auch das Ladengeschäft verlangte mehr Aufmerksamkeit. Es war die Zeit der deutschen Marken wie Zündapp, Hercules, DKW, Kreidler und Maico. Von den Japanern war Honda sehr erfolgreich am Markt. Rezessionen durch die Änderung der Versicherungsklassen wurden überwunden. Ende der 1970er Jahre starb der oben erwähnte Rudolf Kiel. Da der Kauf des Firmengebäudes geplant war, wurde die Firma in eine GmbH umgewandelt. Kiels Witwe entschloss sich dann aber kurzfristig, die Immobilie an einen Investor zu verkaufen und der dann einsetzende Gebäudeverfall beschleunigte den Entschluss, den Betrieb zu verlagern. Seit Februar 1982 war die Uhlig GmbH in den Räumen der Brachenfelder Straße 37 in Neumünster beheimatet. Es gab immer wieder ein Auf und Ab, Strukturschwankungen machten auch die Anpassung des Sortiments an den Markt erforderlich. So kam zum Beispiel durch die Helmpflicht für Mofafahrer das Geschäft fast vollständig zum Erliegen. Es folgte die Einführung der Mofaprüfung und der Klasse mit den 80-ccm-Leichtkrafträdern. Für 2000,- DM bekam man seinerzeit eine Honda CB 50 oder die zu ihrer Zeit sehr beliebten MTs und MBs. Auch mit den Motorradzahlen ging es bergauf. Immer mehr entdeckten den Spaß am Feeling auf zwei Rädern. PARTNERSCHAFT MIT BvZ Ein zusätzliches Interesse am <strong>Motocross</strong> erbrachte Mitte der 1980er Jahre eine Partnerschaft mit dem erfolgreichen <strong>Enduro</strong>fahrer Bert von Zitzewitz (BvZ). Für das Diplom zum Abschluss des Maschinenbaustudiums entwickelten Uhlig und von Zitzewitz gemeinsam Räder mit Scheibenbremsen. Zum Zeitpunkt der Trommelbremsen war dies ein Novum. Mit der Maico testete Bert von Zitzewitz Stabilität und Haltbarkeit aktiv bei den WM-Läufen, was zur Folge hatte, dass ein Jahr später die japanischen Wettbewerbsmotorräder plötzlich auch Scheibenbremsen hatten. Trotzdem brachte diese Entwicklung einige ältere Wettbewerbsmotorräder, die Uhlig auf Scheibenbremse umrüstete. Es kamen die 1990er Jahre; der PC hatte die gute alte Schreibmaschine ersetzt. Wolfgang Uhligs Vater Hugo, der von Beginn überall, wo es ging, mitarbeitete und half, verstarb. Mit ihm fehlte eine wertvolle Hilfe im Laden und somit wurde der aktive Renndienst eingestellt. Nicht vergessen möchten wir in dieser Aufzählung Hasso: Die „Bellmaschine“, wie Tuner Erich Baier sagte, hat die Firma fast 16 Jahre vor Einbrechern bewahrt. Als „Beifahrer“ im Vespa-Dreirad brachte er alle zum Schmunzeln. Spezielle Arbeiten oder Lösungen vor Ort – wie zum Beispiel Fertigung von Alu-Kettenrädern für Sport- Motorräder und Straßenmaschinen wurden ausgeweitet. Dabei waren die größten Herausforderungen immer die spannendsten und reizvollsten. Weil die Sommermonate nie so viel Geld einbrachten, dass man die langen Wintermonate über schließen konnte, brachte das Wolfgang Uhlig auf die Suche nach Alternativen. Die Anfrage eines Ingenieurbüros bescherte dem Unternehmen Aufträge im Bereich des Automobilbaues. Bei der Beschäftigung mit der Materie hatte Uhlig auch hier bahnbrechende Ideen, die später von der Industrie gnadenlos übernommen wurden – Uhlig baute herkömmliche Pkws um zu Cabriolets. Es wurde ein Karosseriebaumeister eingestellt und durch die Uhlig-Werkstatt gingen z.B. Mercedes-Limousinen, Porsche, Saab. Das zum Teil unseriöse Geschäftswesen einiger Geschäftspartner (Uhlig vermarktete die Wagen nicht selbst) ließ die Firma diese Arbeit wieder einstellen. Dagegen führte UHLIG fahr-tech schon immer einige Maschinenbauarbeiten aus und so wurde dies ausgebaut. FORTFÜHRUNG ALS INTERNET-SHOP Im letzten Jahrhundert fertigte Uhlig Magnesium- Zylinderrohlinge für Bahnmotoren, die unmittelbar darauf von der FIM verboten wurden. Heute darf Magnesium im Bahnsport wieder eingesetzt werden und von Inhabern stehender Motoren (Oldiemotorräder) können die 500-ccm-Magnesiumzylinder nach wie vor erworben und eingesetzt werden. Am 23. Juni wurde Wolfgang Uhlig 71 Jahre alt. Und am 30. Juni <strong>2014</strong> wurden die Pforten in der Brachenfelder Straße für immer geschlossen. Eine Woche vorher, am 21. Juni, fand noch eine große Abschiedsparty statt, zu der alle Kunden und Freunde eingeladen waren. Für das Ladengeschäft konnte kein Nachfolger gefunden werden. Aber die treuen Haruhschi-Kunden brauchen nicht verzweifeln. „Wir haben noch Ersatzteile für alle Haruhschi-Produkte, die bis in alle Ewigkeit reichen werden“, erklärt Monika Henning, die Seele der Firma UHLIG fahr-tech, die sich bereits seit 1976 als Teilhaberin des Unternehmens mit großer Fachkompetenz fast um alles außerhalb der Werkstatt kümmert. Der Teileverkauf wird über das Internet weiterlaufen: Einmal über die Homepage www.uhlig-fahrtech.de, über den Ebayshop haruhschi classicparts und einen noch einzurichtenden Uhlig-Ebayshop. So ganz stirbt UHLIG also nicht. Und für die Werkstatt gibt es einige hoffnungsvolle Interessenten, die vielleicht den Stab übernehmen. • Thomas Schiffner/Monika Henning www.uhlig-fahrtech.de 91 MCE November '14