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Motocross Enduro 11/2014 - Free Version

Alles Finale oder was...? Alle Jahre wieder leitet der Herbst in den verschiedenen Rennserien das Ende der Outdoor-Saison ein. Der Oktober ist jedoch noch einmal ein Monat, in dem es in Sachen Motorsport keineswegs langweilig zugeht! Im Gegenteil, hier geht es nur zu oft in die alles entscheidende Schlussphase. In den einzelnen Serien entscheidet sich, wer den Meistertitel in der Tasche hat oder in der alles ausschlaggebenden Situation den Kürzeren zieht...

Alles Finale oder was...?
Alle Jahre wieder leitet der Herbst in den verschiedenen Rennserien das Ende der Outdoor-Saison ein. Der Oktober ist jedoch noch einmal ein Monat, in dem es in Sachen Motorsport keineswegs langweilig zugeht! Im Gegenteil, hier geht es nur zu oft in die alles entscheidende Schlussphase. In den einzelnen Serien entscheidet sich, wer den Meistertitel in der Tasche hat oder in der alles ausschlaggebenden Situation den Kürzeren zieht...

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ABSCHIED Uhlig Fahr-tech<br />

Uhlig sagt Adieu<br />

Eine Ära geht zu Ende: 49 Jahre nach der<br />

Geschäftseröffnung schloss Wolfgang Uhlig<br />

die Pforten seines Motorrad-Fachgeschäftes<br />

UHLIG fahr-tech in Neumünster.<br />

Dieses war fast fünf Jahrzehnte lang immer<br />

ganz eng mit dem Motorsport verbunden.<br />

Am 2. Januar 1966 öffnete Wolfgang Uhlig zum ersten<br />

Mal sein Geschäft. Auslöser dafür war der Motorsport.<br />

Die von Rudolf Kiel übernommene Firma<br />

handelte mit Nähmaschinen, Kinderwagen, aber<br />

auch mit Fahrrädern, Rollern und den ersten Kleinfahrzeugen<br />

(Messerschmidt).<br />

Wolfgang G. Uhlig hatte seit frühester Jugend die<br />

Beziehung zum Motorrad, genauer gesagt zum Motorsport.<br />

Schon während der Schulzeit fuhr er mit<br />

seinem Cousin regelmäßig zu den regionalen Grasund<br />

Sandbahnrennen. Hier dürfte der Bazillus gefangen<br />

worden sein. Nach der Schulzeit folgte eine<br />

Ausbildung als Kfz-Mechaniker bei der Mercedes-<br />

Vertretung in Neumünster, während der anschließenden<br />

Bundeswehrzeit lernte er in der Instandsetzung<br />

seinen späteren Kumpel Peter Harms kennen.<br />

Auch Peter Harms war ein Anhänger des Motorsports<br />

und nahm an <strong>Motocross</strong>- und Bahnrennen<br />

teil. Aus diesem Gespann wurde dann zusammen<br />

mit Ingolf Schimkowski der Name „Har Uh Schi“,<br />

auch heute noch ein Begriff in Bahnsportkreisen<br />

(siehe im Internet unter www.bahnsporttechnik.<br />

de). Unter der Ägide von Ingolf Schimkowski wurden<br />

Gang-Getriebe für den Motorsport entwickelt.<br />

Es folgten Kupplungen, Weiterentwicklungen der<br />

Produktionen und später Kettenräder, verwindungssteife<br />

Rahmen aus extrem haltbaren Materialien.<br />

An diesem, seinem Hobby hing das Herzblut<br />

und als sein Vater dann sagte: „Du, ich hab’ einen<br />

Laden für dich, Rudi Kiel will sich zur Ruhe setzen“,<br />

griff er zu. Mit wenig Eigenkapital, aber viel Begeisterung<br />

stieg er ins Geschäft ein.<br />

Die Ausrichtung der Firma änderte sich bald. Es kamen<br />

Motorräder hinzu. Im Sortiment waren Honda,<br />

Yamaha, Zündapp, DKW, Kreidler, Vespa und – entstanden<br />

durch das Motorsport-Engagement – verschiedene<br />

Eigenproduktionen unter dem Namen<br />

HARUHSCHI (siehe auch www.bahnsporttechnik.<br />

de).<br />

Unter der Marke Haruhschi starteten im Norden so<br />

bekannte Bahnrennfahrer wie z.B. Jürgen Steffen,<br />

Joachim und Wilhelm Kall, Egon Müller, Jiri Stancl<br />

(CZ) oder Hans-Günter Wilde.<br />

WERKSTATT ALS MITTELPUNKT<br />

Mittelpunkt der Firma UHLIG fahr-tech wurde die<br />

Werkstatt. Alles, was nichts mit zwei Rädern und<br />

Motor zu tun hatte, wurde langsam ausverkauft.<br />

Und von Anfang an fuhr Wolfgang Uhlig Sonntag für<br />

Sonntag, zuerst mit einem alten VW-Bus von MAN<br />

Rendsburg, dann mit dem rot-weißen Ford Transit,<br />

zu den Rennstrecken. Anfangs nahm er noch selbst<br />

an den Rennen teil, dann folgte er dem Drängen seiner<br />

Mutter und hörte mit dem aktiven Fahren auf<br />

und beschränkte sich auf Werkstattdienste. So ganz<br />

nebenbei rief er den Verein TEAM 70 Neumünster<br />

ins Leben. Der war beheimatet auf der Aschenbahn<br />

des VfR Neumünsters. Fahrer des Vereins waren<br />

wiederum Jürgen Steffen, Egon Müller, Joachim<br />

Kall, Wilhelm Kall, später Hans-Günter Wilde, Hans-<br />

Otto Pingel und Jiri Stancl. Später wurde auf einem<br />

Areal in Brokstedt eine Speedwaybahn angelegt.<br />

Nach der Insolvenz hieß der Verein MSC Brokstedt<br />

und er liefert bis zum heutigen Tag exzellenten<br />

Bahnsport ab und erfreut zusätzlich mehrmals im<br />

Jahr Oldtimer-Fans und andere Anhänger mit dem<br />

Lanz-Bulldog-Treffen und dem Oldtimer-Markt.<br />

Die Rennen in Neumünster hatten gleich internationales<br />

Format. So kam es, dass Fahrer von Weltruf<br />

auf oder mit Haruhschi siegten. Aber auch das Ladengeschäft<br />

verlangte mehr Aufmerksamkeit. Es<br />

war die Zeit der deutschen Marken wie Zündapp,<br />

Hercules, DKW, Kreidler und Maico. Von den Japanern<br />

war Honda sehr erfolgreich am Markt. Rezessionen<br />

durch die Änderung der Versicherungsklassen<br />

wurden überwunden.<br />

Ende der 1970er Jahre starb der oben erwähnte Rudolf<br />

Kiel. Da der Kauf des Firmengebäudes geplant<br />

war, wurde die Firma in eine GmbH umgewandelt.<br />

Kiels Witwe entschloss sich dann aber kurzfristig,<br />

die Immobilie an einen Investor zu verkaufen und<br />

der dann einsetzende Gebäudeverfall beschleunigte<br />

den Entschluss, den Betrieb zu verlagern. Seit Februar<br />

1982 war die Uhlig GmbH in den Räumen der<br />

Brachenfelder Straße 37 in Neumünster beheimatet.<br />

Es gab immer wieder ein Auf und Ab, Strukturschwankungen<br />

machten auch die Anpassung des<br />

Sortiments an den Markt erforderlich. So kam zum<br />

Beispiel durch die Helmpflicht für Mofafahrer das<br />

Geschäft fast vollständig zum Erliegen. Es folgte die<br />

Einführung der Mofaprüfung und der Klasse mit den<br />

80-ccm-Leichtkrafträdern. Für 2000,- DM bekam<br />

man seinerzeit eine Honda CB 50 oder die zu ihrer<br />

Zeit sehr beliebten MTs und MBs. Auch mit den Motorradzahlen<br />

ging es bergauf. Immer mehr entdeckten<br />

den Spaß am Feeling auf zwei Rädern.<br />

PARTNERSCHAFT MIT BvZ<br />

Ein zusätzliches Interesse am <strong>Motocross</strong> erbrachte<br />

Mitte der 1980er Jahre eine Partnerschaft mit dem<br />

erfolgreichen <strong>Enduro</strong>fahrer Bert von Zitzewitz (BvZ).<br />

Für das Diplom zum Abschluss des Maschinenbaustudiums<br />

entwickelten Uhlig und von Zitzewitz gemeinsam<br />

Räder mit Scheibenbremsen. Zum Zeitpunkt<br />

der Trommelbremsen war dies ein Novum.<br />

Mit der Maico testete Bert von Zitzewitz Stabilität<br />

und Haltbarkeit aktiv bei den WM-Läufen, was zur<br />

Folge hatte, dass ein Jahr später die japanischen<br />

Wettbewerbsmotorräder plötzlich auch Scheibenbremsen<br />

hatten.<br />

Trotzdem brachte diese Entwicklung einige ältere<br />

Wettbewerbsmotorräder, die Uhlig auf Scheibenbremse<br />

umrüstete. Es kamen die 1990er Jahre; der<br />

PC hatte die gute alte Schreibmaschine ersetzt.<br />

Wolfgang Uhligs Vater Hugo, der von Beginn überall,<br />

wo es ging, mitarbeitete und half, verstarb. Mit<br />

ihm fehlte eine wertvolle Hilfe im Laden und somit<br />

wurde der aktive Renndienst eingestellt. Nicht vergessen<br />

möchten wir in dieser Aufzählung Hasso:<br />

Die „Bellmaschine“, wie Tuner Erich Baier sagte, hat<br />

die Firma fast 16 Jahre vor Einbrechern bewahrt. Als<br />

„Beifahrer“ im Vespa-Dreirad brachte er alle zum<br />

Schmunzeln.<br />

Spezielle Arbeiten oder Lösungen vor Ort – wie zum<br />

Beispiel Fertigung von Alu-Kettenrädern für Sport-<br />

Motorräder und Straßenmaschinen wurden ausgeweitet.<br />

Dabei waren die größten Herausforderungen<br />

immer die spannendsten und reizvollsten. Weil<br />

die Sommermonate nie so viel Geld einbrachten,<br />

dass man die langen Wintermonate über schließen<br />

konnte, brachte das Wolfgang Uhlig auf die Suche<br />

nach Alternativen. Die Anfrage eines Ingenieurbüros<br />

bescherte dem Unternehmen Aufträge im Bereich<br />

des Automobilbaues. Bei der Beschäftigung<br />

mit der Materie hatte Uhlig auch hier bahnbrechende<br />

Ideen, die später von der Industrie gnadenlos<br />

übernommen wurden – Uhlig baute herkömmliche<br />

Pkws um zu Cabriolets. Es wurde ein Karosseriebaumeister<br />

eingestellt und durch die Uhlig-Werkstatt<br />

gingen z.B. Mercedes-Limousinen, Porsche, Saab.<br />

Das zum Teil unseriöse Geschäftswesen einiger Geschäftspartner<br />

(Uhlig vermarktete die Wagen nicht<br />

selbst) ließ die Firma diese Arbeit wieder einstellen.<br />

Dagegen führte UHLIG fahr-tech schon immer einige<br />

Maschinenbauarbeiten aus und so wurde dies ausgebaut.<br />

FORTFÜHRUNG ALS INTERNET-SHOP<br />

Im letzten Jahrhundert fertigte Uhlig Magnesium-<br />

Zylinderrohlinge für Bahnmotoren, die unmittelbar<br />

darauf von der FIM verboten wurden. Heute darf<br />

Magnesium im Bahnsport wieder eingesetzt werden<br />

und von Inhabern stehender Motoren (Oldiemotorräder)<br />

können die 500-ccm-Magnesiumzylinder<br />

nach wie vor erworben und eingesetzt werden.<br />

Am 23. Juni wurde Wolfgang Uhlig 71 Jahre alt. Und<br />

am 30. Juni <strong>2014</strong> wurden die Pforten in der Brachenfelder<br />

Straße für immer geschlossen. Eine Woche<br />

vorher, am 21. Juni, fand noch eine große Abschiedsparty<br />

statt, zu der alle Kunden und Freunde<br />

eingeladen waren.<br />

Für das Ladengeschäft konnte kein Nachfolger gefunden<br />

werden. Aber die treuen Haruhschi-Kunden<br />

brauchen nicht verzweifeln. „Wir haben noch Ersatzteile<br />

für alle Haruhschi-Produkte, die bis in alle<br />

Ewigkeit reichen werden“, erklärt Monika Henning,<br />

die Seele der Firma UHLIG fahr-tech, die sich bereits<br />

seit 1976 als Teilhaberin des Unternehmens mit großer<br />

Fachkompetenz fast um alles außerhalb der<br />

Werkstatt kümmert. Der Teileverkauf wird über das<br />

Internet weiterlaufen: Einmal über die Homepage<br />

www.uhlig-fahrtech.de, über den Ebayshop haruhschi<br />

classicparts und einen noch einzurichtenden<br />

Uhlig-Ebayshop. So ganz stirbt UHLIG also nicht.<br />

Und für die Werkstatt gibt es einige hoffnungsvolle<br />

Interessenten, die vielleicht den Stab übernehmen.<br />

• Thomas Schiffner/Monika Henning<br />

www.uhlig-fahrtech.de<br />

91<br />

MCE<br />

November '14

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