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Unabhängiges wissenschaftliches Gutachten zum Flughafenprojekt ...

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H. Bossel – <strong>Gutachten</strong> <strong>zum</strong> <strong>Flughafenprojekt</strong> Kassel-Calden – 18. 01. 2002 20<br />

2. Es müssten besondere Anreize und Förderungsmaßnahmen (z.B. niedrige Landegebühren oder<br />

andere finanzielle Vorteile) gewährt werden 18 . Dies würde die Rentabilität des Flughafens Kassel-<br />

Calden noch weiter gefährden und wird aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht möglich sein.<br />

3. Da die Zielgebiete für Charterflüge überwiegend südlich im Mittelmeerraum und den Kanaren<br />

liegen, macht ein Charterdrehkreuz im nördlichen Mitteleuropa keinen Sinn in Bezug auf<br />

Flugreisezeit, Gesamtflugstrecken und Wirtschaftlichkeit des Charterflugbetreibers. Die<br />

Optimierung dieser drei Faktoren erfordert ein weiter südlich gelegenes Drehkreuz (am Nord- oder<br />

Südrand der Alpen). (Es wäre z.B. ziemlich unsinnig, Fluggäste aus Bayern, Sachsen oder Baden-<br />

Württemberg zuerst nach Kassel zu bringen, um sie von dort nach Mallorca zu fliegen).<br />

4. Ein Charterdrehkreuz birgt für den Flughafen Kassel-Calden ein erhebliches wirtschaftliches Risiko<br />

durch die Abhängigkeit vom Charterflugunternehmen 19 . Einstellung des Drehkreuzbetriebs hätte<br />

erhebliche Umsatzeinbußen zur Folge und würde die wirtschaftlichen Bedingungen wesentlich<br />

verschlechtern.<br />

Die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung zu einem Charterdrehkreuz in Kassel-Calden wird aus<br />

diesen Gründen auf höchstens 10% gesetzt.<br />

Billigfluglinie: Die Ansiedlung eines Low Cost Carriers mit Flughafen Kassel-Calden als<br />

mitteleuropäische Basis ist ebenfalls extrem unwahrscheinlich:<br />

1. Voraussetzung für die Ansiedlung einer Billigfluglinie ist der Verzicht auf Landegebühren für<br />

Passagiere und Flugzeuge. Billigfluglinien zahlen lediglich eine Abfertigungspauschale von etwa<br />

125 bis 250 € pro Flugzeug. Dieser Betrag liegt weit unter den Kosten, die dem Flughafen bei der<br />

Abfertigung von Flugzeug und Passagieren entstehen. Dieses 'Geschäft' lässt sich nur<br />

rechtfertigen, wenn der Billigflugverkehr andere Geschäftssektoren, etwa den Charterverkehr,<br />

fördert und damit Verluste kompensiert, oder wenn bestehende Einrichtungen und vorhandenes<br />

Personal damit besser genutzt werden können (Hahn). Die schwierige finanzielle Situation des<br />

Flughafens Kassel-Calden verbietet den Verzicht auf die Gebühreneinnahmen von bis zu 305'000<br />

Passagieren (wie in den Szenarien 3 und 4).<br />

2. Ansiedlung einer Billigfluglinie setzt ein hohes Flugreisepotential in der Region voraus, d.h.<br />

benachbarte Großstädte oder hohe Siedlungs- und Unternehmensdichten. Dies ist in der Region<br />

Kassel nicht gegeben (s.o.).<br />

3. Billigfluglinien wie Ryan Air, Buzz, EasyJet usw. benötigen hohe Auslastungen (über 80%) und<br />

hohe Passagierzahlen (70'000 bis 100'000 pro Jahr) für jede ihrer planmäßigen Flugstrecken. Um<br />

das Fluggerät optimal auszulasten, wird in Europa <strong>zum</strong>eist mit 40- bis 70-Sitzern geflogen, die aber<br />

die in Kassel-Calden vorgesehene Startbahnlänge von 2500 m nicht benötigen, da sie mit weniger<br />

als 1500 m auskommen. Ein Low-Cost-Carrier könnte sich daher bereits heute – unter wesentlich<br />

günstigeren wirtschaftlichen Bedingungen – auch ohne Landebahnausbau ansiedeln. Ein<br />

entsprechendes Interesse ist aber nicht festzustellen.<br />

4. Die gegenwärtige Konsolidierungsphase in der Luftfahrtindustrie und die Einbrüche in den<br />

Fluggastzahlen erschweren die Etablierung neuer Billigfluglinien. Eine Ansiedlung ausgerechnet in<br />

Kassel-Calden mit seinen (auch nach einem Ausbau) relativ ungünstigen Bedingungen erscheint<br />

extrem unwahrscheinlich.<br />

5. Bei Regionalflughäfen ist die Abhängigkeit von einer einzigen (Billig)Fluglinie ein Risikofaktor.<br />

Sollte die Fluglinie (z.B. aus wirtschaftlichen Gründen) den Betrieb einstellen, so ist der Flugplatz<br />

'tot'.<br />

Die Wahrscheinlichkeit der Ansiedlung einer Billigfluglinie in Kassel-Calden wird aus diesen<br />

Gründen auf höchstens 10% gesetzt.<br />

Wahrscheinlichkeitsbetrachtung für das Passagieraufkommen<br />

Im Wahrscheinlichkeitsbaum der Abbildung 3 sind die aus diesen Überlegungen und unter<br />

Verwendung der Zahlen der Rand/Europe-Untersuchung resultierenden Passagierzahlen und ihre<br />

Wahrscheinlichkeiten für das Jahr 2015 angegeben.

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