Unabhängiges wissenschaftliches Gutachten zum Flughafenprojekt ...

H. Bossel – Gutachten zum Flughafenprojekt Kassel-Calden – 18. 01. 2002 6
2. Ein sowieso geringes Flugreisepotential der Region kann wegen des hohen Konkurrenzdrucks
benachbarter Flughäfen nur in viel zu geringem Maße von einem Flughafen Kassel-Calden
abgeschöpft werden.
Hieraus folgt:
Der Flughafenneubau Kassel-Calden kann aus diesen Gründen nicht wirtschaftlich betrieben
werden und belastet mit hohem Schuldenabtrag, hohem Defizit und entsprechendem
Subventionsbedarf dauerhaft die Gesellschafter (Gemeinde Calden, Stadt Kassel, Landkreis Kassel,
Land Hessen) und damit die öffentliche Hand.
Allein die als Gesellschafter beteiligte Gemeinde Calden muss mit einem jährlich zu zahlenden Betrag
von bis zu 6.6 Millionen Euro rechnen. Gleiche Beträge ergeben sich für die Stadt Kassel und den
Landkreis Kassel. Die Gemeinden im Landkreis Kassel hätten mit einer erheblichen Erhöhung der
Kreisumlage zu rechnen.
8. Beeinträchtigung der Grundsätze und Ziele des Regionalplans Nordhessen 2000 durch den
Flughafenneubau
Formal ist neben der systemaren Bewertung (s. Abschnitt 7) auch die Verträglichkeit des Vorhabens
mit den Grundsätzen und Zielen des rechtskräftigen und maßgebenden Regionalplans Nordhessen
2000 zu klären, an denen sich das Flughafenprojekt zu orientieren hat. Die offensichtlichen
Unverträglichkeiten werden aufgelistet.
Die Beeinträchtigung bzw. Verletzung einer Vielzahl von Grundsätzen und Zielen des
Regionalplans Nordhessen 2000 durch den Flughafenneubau Kassel-Calden verlangt eine
juristische Klärung.
9. Alternatives Entwicklungskonzept zur effizienten Weiternutzung des Verkehrslandeplatzes
Kassel-Calden
Ein häufiges und regelmäßiges Angebot von Anschlüssen an den weltweiten Linien- und
Charterverkehr ist für die Region und für einen dauerhaften Erfolg des Flughafens Kassel-Calden
entscheidend. Hierzu wird ein integriertes Konzept vorgeschlagen, das sich einerseits auf die gute
Erreichbarkeit naher und etablierter Flughäfen stützt, andererseits eine direkte Fluganbindung an ein
Linien- und Charterdrehkreuz vorsieht. Eckpunkte:
1. Einrichtung einer regelmäßigen, täglich mehrfach mit 40- bis 80-Sitzern beflogenen
Zubringerverbindung zu einem internationalen Linien- und Charterdrehkreuz (wie München oder
Amsterdam). Das Potential liegt vor allem bei Passagieren, die im Rahmen einer Charterflugreise
am Drehkreuz in eine größere Chartermaschine umsteigen.
2. Diese Flugzeuge kommen mit der vorhandenen Startbahnlänge von 1500 m aus.
3. Die Abfertigung von zwei dieser Maschinen täglich, d.h. ein Umlauf (Ankunft + Abflug) morgens
und abends könnte bereits bis zu 100'000 Passagiere pro Jahr bedienen und wäre damit für die
Fluglinie wirtschaftlich attraktiv.
4. Der Verzicht auf Flughafenneubau würde die Entwicklung zu einem
Luftfahrtdienstleistungszentrum und die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in
luftfahrttechnischen Betrieben erheblich begünstigen.
10. Beiträge des alternativen Entwicklungskonzepts zur Zielerfüllung und ihre Bewertung
Die Bewertung der Konsequenzen des alternativen Entwicklungskonzepts für den Verkehrslandeplatz
Kassel-Calden im Hinblick auf den gleichen Kriterienraster wie beim Flughafenneubau (s. Abschnitt 7)
führt zum folgenden Schluss: