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the platz

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Studio 3<br />

Thilo Schmied, Berlin Musictours<br />

„Lange dachten alle, dass es sich bei besagtem Pärchen einfach um<br />

zwei Unbekannte handelte, die Bowie zufällig beobachtete“, sagt Thilo<br />

Schmied, der die Gruppe durch die Studios führt. Inzwischen vermutet<br />

man, dass es wohl der Produzent Tony Visconti und eine Backgroundsängerin<br />

waren, die zu der Zeit eine heimliche Affäre hatten. Bowie lebte<br />

von 1976 bis 1978 in einer Art freiwilligem Exil in Berlin, unter anderem<br />

deshalb, um von seiner Drogensucht wegzukommen. Oft telefonierte er<br />

von der Rezeption im Foyer der Hansa Studios aus mit seiner Familie<br />

und versicherte, wie traurig und ruhig es im ummauerten Berlin zugehe,<br />

nur um danach mit seinem Kumpel Iggy Pop um die Häuser zu ziehen.<br />

Schmied kann noch viele solcher Insider-Storys erzählen. Der gelernte<br />

Toningenieur hat lange für große Plattenfirmen wie BMG gearbeitet, heute<br />

organisiert er mit seinem Unternehmen Berlin Musictours Stadtführungen<br />

durch die Musik- und Clubszene der Hauptstadt. Wer die Hansa Studios<br />

besucht, wandelt nicht nur auf den Spuren berühmter Bands und Musiker,<br />

sondern erfährt auch einiges über die Geschichte Berlins.<br />

Das Gebäude mit den markanten neoklassizistischen Säulen, in dem<br />

sich heute die Hansa Studios befinden, wurde 1910 von einer Handwerkerinnung<br />

als Verbandshaus erbaut; in dem großen Konzertsaal,<br />

dem sogenannten Meistersaal, wurden angehende Handwerksmeister<br />

gekürt. Später, in den Goldenen Zwanzigern, wurde hier ausgiebig<br />

gefeiert. Die großen Vergnügungsetablissements wie Haus Vaterland<br />

am Potsdamer Platz waren nur einen Katzensprung entfernt. In der<br />

Nachkriegszeit fungierte das Haus mit der bombenzerfressenen Fassade<br />

als Theater, doch nach dem Bau der Mauer war Schluss mit Kabarett<br />

und Kleinkunst. Das allein stehende Gebäude lag abgeschieden vom<br />

kulturellen Leben zwischen dem Niemandsland des Potsdamer Platzes<br />

und der streng bewachten innerdeutschen Grenze.<br />

Die isolierte Lage sollte sich indes bald als Vorteil erweisen. Bereits in<br />

den 60er-Jahren nutzen Künstler wie Peter Alexander und Zarah Leander<br />

die ausgezeichnete Akustik des Meistersaals für Schallplattenaufnahmen.<br />

1976 erwarb der alteingesessene Berliner Musikverlag Meisel<br />

das Anwesen und richtete dort die Hansa Studios ein. Es sollte als<br />

„Studio by <strong>the</strong> Wall“ in die Musikgeschichte eingehen.<br />

Wer in Studio 1 in die Hände klatscht, hört nur ein kurzes Echo. Holzverkleidung<br />

und schräg verlaufende Decken und Wände schlucken den<br />

Hall. Das gigantische Mischpult mit den vielen Reglern mutet an wie<br />

die Schaltzentrale eines Raumschiffs – was heute im Zeitalter der Digitalisierung,<br />

wo Sounds am Rechner erzeugt werden, anachronistisch<br />

“For a long time, everyone thought <strong>the</strong> song was about a couple whom<br />

Bowie didn’t know and whom he had observed by chance,” says Thilo<br />

Schmied, who is guiding a tour studio group. It’s been conjectured in<br />

<strong>the</strong> meantime that it was actually producer Tony Visconti and a backup<br />

singer, who at <strong>the</strong> time were having an illicit affair. Bowie lived in a<br />

kind of voluntary exile between 1976 and 1978 in Berlin, amongst o<strong>the</strong>r<br />

reasons to kick his drug habit. He often telephoned his family from <strong>the</strong><br />

reception area in <strong>the</strong> foyer, to proclaim how cheerless and melancholy<br />

it was to be immured in a city surrounded by walls, before going pubcrawling<br />

with his buddy Iggy Pop.<br />

Schmied is full of inside stories like this. After many years working for<br />

big record labels such as BMG, <strong>the</strong> qualified sound engineer now organises<br />

guided tours of <strong>the</strong> city’s music and club scene through his company<br />

Berlin Musictours. Visitors to Hansa Studios aren’t just walking in<br />

<strong>the</strong> footsteps of famous bands and musicians, <strong>the</strong>y’re also learning about<br />

a large part of Berlin’s history.<br />

The building that houses Hansa Studios, with its distinctive neoclassical<br />

pillars, was constructed by a craftsmen’s guild as an assembly house.<br />

In <strong>the</strong> large concert hall, <strong>the</strong> so-called Masters’ Hall, prospective candidates<br />

were nominated to become master craftsmen. Later on, lavish<br />

parties were thrown here during <strong>the</strong> roaring ’20s. The biggest nightclub<br />

entertainment establishments, such as House Fa<strong>the</strong>rland on Potsdamer<br />

Platz, were just a stone’s throw away. After <strong>the</strong> Second World War, <strong>the</strong><br />

place, its façade pockmarked by bomb damage, functioned as a <strong>the</strong>atre,<br />

though <strong>the</strong> building of <strong>the</strong> Berlin Wall brought an end to cabaret and<br />

variety shows. The solitary building stood secluded from <strong>the</strong> cultural life<br />

of <strong>the</strong> city, stranded between <strong>the</strong> no-man’s-land of Potsdamer Platz and<br />

<strong>the</strong> strictly monitored internal German border.<br />

Its isolated position, however, proved advantageous. Artists such as Peter<br />

Alexander and Zarah Leander were already making use of <strong>the</strong> excellent<br />

acoustics of <strong>the</strong> Masters’ Hall for <strong>the</strong>ir vinyl recordings. In 1976,<br />

<strong>the</strong> long-established Berlin music publisher Meisel acquired <strong>the</strong> property<br />

and installed Hansa Studios <strong>the</strong>re and it has since been proclaimed<br />

in music history as <strong>the</strong> “Studio by <strong>the</strong> Wall”.<br />

If you clap your hands in Studio 1, you’ll hear just <strong>the</strong> faintest of echoes.<br />

Wood panelling and slanted ceilings and walls absorb <strong>the</strong> sound. The<br />

massive mixing desk and banks of controls seem like <strong>the</strong> nerve centre<br />

of a spaceship — looking anachronistic in this digital age where sounds<br />

are created by electronic processors. Back <strong>the</strong>n it was state of <strong>the</strong> art.<br />

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