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Die Union von Lublin 1569 –<br />
Sonderweg polnischer Geschichte?<br />
von Daniel Legutke<br />
In der Lubliner Union schlossen sich das Königreich Polen und das Großfürstentum<br />
Litauen zu einem förmlichen Staatenbund zusammen. Polen wurde<br />
dadurch zum größten Flächenstaat Mittel- und Osteuropas. Als Adelsrepublik<br />
Der Adel Polens konnte sich im späten<br />
Mittelalter erfolgreich gegen eine zunehmende<br />
Bündelung von Machtbefugnissen<br />
beim Monarchen zur Wehr setzten. Dieser<br />
Kampf zwischen König und Ständen spielte<br />
sich verstärkt seit dem späten Mittelalter<br />
ähnlich in vielen Regionen Europas ab. Fürsten<br />
oder Könige benötigten zunehmend<br />
Geld für die Kriegsführung, reine Ritterheere<br />
erwiesen sich <strong>als</strong> nicht mehr effizient.<br />
Der Adel ließ sich die an den König abgeführten<br />
Steuern in der Regel mit weiträumigen<br />
Mitspracherechten vergelten. Wo es<br />
möglich war, erschloss sich die Krone daher<br />
alternative Finanzquellen. Dabei griffen die<br />
Zentralgewalten oft auf die Ressourcen finanziell<br />
erstarkender Städte zurück, erhöhten<br />
damit die Stadtbürger und umgingen<br />
den Adel.<br />
In Polen gab es keine flächendeckende<br />
städtische Struktur, so dass der Adel im Gegenzug<br />
für seine Beteiligung am Allgemeinen<br />
Aufgebot des Heeres den politischen<br />
Spielraum der Krone immer mehr einzuengen<br />
vermocht. Als im 15. Jahrhundert die<br />
Kriegführung technisiert wurde, musste<br />
das Steueraufkommen wiederum dramatisch<br />
erhöht werden. Damit waren die Anfänge<br />
der polnischen Adelsrepublik gelegt.<br />
Der Rat des Königs und die Versammlung<br />
der Adligen institutionalisierten sich gegen<br />
Ende des 15. Jahrhunderts im Sejm mit seinen<br />
zwei Kammern, der Landbotenkammer<br />
des Kleinadels und dem Senat der Magnaten.<br />
Der Sejm tagte in unregelmäßigen<br />
Abständen, zeitweise jährlich, dann wieder<br />
mit größeren Pausen, je nach der Anzahl<br />
und Dringlichkeit der Vorlagen. Für<br />
die Vorbereitung der Sejm-Voten und die<br />
Wahl der Abordnungen in den Sejm bildeten<br />
sich auf den unteren Ebenen der 21<br />
(im Jahr 1569) Wojewodschaften die Sejmiki,<br />
regionale Versammlungen, bei der hoher<br />
und niederer Adel gemeinsam tagten. Das<br />
Großfürstentum Litauen, in dem sich ähnliche<br />
Prozesse abspielten, kannte aber bis zur<br />
Mitte des 16. Jahrhunderts de facto nur den<br />
Senat, eine Landbotenkammer des Adels<br />
existierte nicht.<br />
Seit 1377 hatte Jogaila die Großfürstenwürde<br />
Litauens inne. Durch seine Heirat<br />
mit der Königstochter Jadwiga, der Erbin<br />
Polens, seine Taufe und anschließende<br />
Krönung <strong>als</strong> König von Polen im Jahr 1386<br />
wurden die Reiche Polen und Litauen erstm<strong>als</strong><br />
unter einem Herrscher vereint. Als<br />
Christ führte er den Namen Władisław II.<br />
Jagiełło. Die Großfürstenwürde der Jagiellonen<br />
war in Litauen erblich. In Polen wurden<br />
in den darauf folgenden zwei Jahrhunderten<br />
ebenfalls immer wieder Jagiellonen auf den<br />
Thron gewählt, ohne dass Polen formal auf-<br />
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