13.11.2014 Aufrufe

Kontrastierungen als effektive Lerngelegenheiten zur ... - IFVLL

Kontrastierungen als effektive Lerngelegenheiten zur ... - IFVLL

Kontrastierungen als effektive Lerngelegenheiten zur ... - IFVLL

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 1 - Das Potenzial von Graphen<br />

andererseits nach der Art der Beziehung zwischen Symbol und Bezeichnetem in mono-, poly- und<br />

pansemische Zeichensysteme.<br />

Monosemisch bezeichnet den Umstand, dass im Fall von Graphiken die Beziehung zwischen Zeichen<br />

und Bezeichnetem eindeutig ist und dem Nutzer vor der Betrachtung bekannt sein muss. Bei einem<br />

monosemischen System können verschiedene Benutzer demnach unter Beachtung der Bezeichnungsregeln,<br />

die im Weiteren <strong>als</strong> Mappings bzw. Mappingregeln bezeichnet werden, prinzipiell zu identischen<br />

Informationen gelangen. Bei polysemischen Systemen dagegen ist die Mappingbeziehung<br />

zwischen Zeichen und Bezeichnetem nicht eindeutig definiert, sondern ist Gegenstand der Interpretationsfreiheit<br />

des Betrachtenden. Die menschliche Sprache stellt ein solches polysemisches System dar,<br />

wobei hier die Nutzung von Wörtern oder Lautverbindungen <strong>zur</strong> Bezeichnung von Dingen und nicht<br />

die Nutzung von Buchstaben <strong>zur</strong> Darstellung von konkreten Lauten gemeint ist. Letzteres stellt<br />

wiederum ein monosemisches System dar, da hier feste Regeln des Mappings existieren. Als Steigerungsform<br />

dieser Systeme definiert Bertin pansemische Systeme, bei denen nicht einmal mehr<br />

bestimmte Bedeutungen nahe liegen müssen. Stattdessen kann alles durch alles bezeichnet werden,<br />

wie beispielsweise in der modernen Kunst.<br />

Bezüglich der zweiten Eigenschaft von Repräsentationssystemen, der perzeptuellen Struktur, können<br />

verschiedene fundamentale Eigenschaften von Zeichensystemen aus der Art ihrer angenommenen<br />

kognitiven Verarbeitung abgeleitet werden. Auditive Systeme, zu denen nach Bertin auch die<br />

geschriebene Sprache, mathematische Symbole und Musik zählen, sind linear und sequenziell<br />

organisiert, d. h. es kann jeweils nur ein Symbol, Laut oder Zeichen zu einem konkreten Zeitpunkt<br />

aufgenommen werden. Auch die jeweils verschriftlichte Version von Sprache und Musik werden <strong>als</strong><br />

auditive Systeme bezeichnet, da sie ebenfalls nur linear verarbeitet werden, obgleich wir diese Zeichen<br />

mit Hilfe unseres visuellen Wahrnehmungsapparates wahrnehmen. Die Verarbeitung von Informationen<br />

aus visuellen Zeichensystemen dagegen findet instanziell und gleichzeitig bzw. parallel statt.<br />

Darüber hinaus stehen in visuellen Systemen drei sensorische Variablen <strong>zur</strong> Verfügung, die <strong>zur</strong><br />

Kodierung von Bedeutung genutzt werden können: Die zwei räumlichen Dimensionen und die<br />

mannigfaltige Variation der eingesetzten Zeichen (Dicke, Größe, Farbe, Muster etc.). Dem auditiven<br />

Repräsentationssystem dagegen stehen nur zwei sensorische Variablen <strong>zur</strong> Verfügung: das Symbol<br />

bzw. das Geräusch selbst und der Verlauf dessen über die Zeit. Nach dieser Klassifikation stellen<br />

Graphiken und Diagramme ein visuell-monosemisches Zeichensystem dar, da ihre Informationsverarbeitung<br />

nicht streng sequenziell verläuft und die Mappingbeziehungen zwischen Symbol und<br />

Bezeichnetem per Konvention definiert sind.<br />

Einerseits spezifiziert diese Klassifikation fundamentale Merkmale <strong>zur</strong> Charakterisierung und<br />

Unterscheidung von Zeichensystemen, andererseits ist sie in ihrer Anwendung auf den Umgang mit<br />

diesen Formen in einigen Punkten zu kritisieren. So kann auf der Grundlage von Befunden zum<br />

Verständnis von Graphiken (siehe Kapitel 3) angezweifelt werden, dass alle Betrachter immer zum<br />

selben Ableseergebnis kommen, dass dieses Zeichensystem <strong>als</strong>o tatsächlich monosemisch mit einer<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!