60plus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Jahreszeiten<br />
In Liechtenstein finden wir glücklicherweise immer noch<br />
sehr viele Magerwiesen, da sie bei uns einen besonderen<br />
Schutz geniessen und die Bauern sie speziell pflegen. Die<br />
Feldgrillen der Balzner Allmend heissen umgangssprachlich<br />
„Muhämele“. Man munkelt, dass das daran liegt,<br />
dass sie sich bei den muhenden Kühen heimelig fühlen.<br />
Oft grasen nämlich Kühe auf diesen Wiesen und Weiden.<br />
Aber ob diese Herleitung des Namens auch stimmt, überlassen<br />
wir den Sprachwissenschaftlern. Sicher ist aber,<br />
dass sich die Feldgrillen von den Kühen nicht stören lassen<br />
und auch bei einer nahenden Kuh meistens mit ihrem<br />
Zirpen fortfahren. Spätestens aber, wenn die nasse Zunge<br />
einer Kuh dem Muhämele zu nahe kommt, flüchtet es<br />
schleunigst in seinen sicheren Hort im Boden.<br />
PostDoc/Forschungsarbeit am Zoologischen Museum<br />
Copenhagen, Dänemark. Danach Abteilungsleiter Natur<br />
und Landschaft im Amt für Wald, Natur und Landschaft.<br />
Seit 2013 Kurator/Leiter der Naturkundlichen<br />
Sammlung Liechtensteins im Amt für Umwelt. Nebenbei<br />
Gastwissenschaftler am Naturhistorischen Museum<br />
Bern (Bereich Stammesgeschichte von Spinnen). Als<br />
Kurator in der Naturkundlichen Sammlung (Amt für<br />
Umwelt) kümmert er sich um die Sammlung (Strukturierung,<br />
Inventarisierung, Öffentlichkeitsarbeit) und<br />
um naturkundliche Ausstellungsprojekte, die unter anderem<br />
im Landesmuseum gezeigt werden.<br />
Feldgrillen findet man in ganz Europa ausser im hohen<br />
Norden, aber auch in Nordafrika und im westlichen Teil<br />
Asiens. Bei uns besiedeln sie fast alle sonnigen Wiesen<br />
und Weiden bis auf etwa 1800 Meter über Meer. Feldgrillen<br />
sind eine spezielle Art von Heuschrecken, die bei<br />
uns weit verbreitet sind. Alleine in Liechtenstein konnten<br />
bisher 36 verschiedene Arten von Heuschrecken nachgewiesen<br />
werden, in der Schweiz sogar über 100.<br />
Ach ja, da war doch noch was mit dem Gehörsinn. Feldgrillen<br />
haben nämlich gar keine Ohren. Sie können Schallwellen<br />
in der Luft, sprich Geräusche, mit speziellen Organen<br />
an ihren Vorderbeinen wahrnehmen. Sie haben auch<br />
ein Trommelfell, ähnlich wie wir, das den Schall aufnimmt.<br />
Und bei Feldgrillen kann man das Trommelfell sogar mit<br />
blossem Auge erkennen, da es direkt an der Oberfläche<br />
liegt.<br />
Nun hoffen wir auf immer mehr Magerwiesen. Sie bieten<br />
nämlich nicht nur uns Menschen einen wunderschönen,<br />
bunten Anblick, sondern sind auch die Heimat einer<br />
Vielzahl von Tieren, die man nicht immer zu Gesicht bekommt,<br />
die aber trotzdem da sind, so wie die Feldgrillen.<br />
*Holger Frick studierte an der Universität Bern mit<br />
einem Auslandssemester in Uppsala, Schweden. Anschliessend<br />
Doktorat am Naturhistorischen Museum<br />
Bern (und an der Universität Bern). Anschliessend<br />
Die Feldgrille ist eine<br />
Botschafterin der immer<br />
seltener werdenden trockenen<br />
Magerwiesen in<br />
Mitteleuropa.<br />
34 I <strong>60plus</strong>