Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft
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thema<br />
allem das Zusammenspiel zwischen Alter und Geschlecht, sowie<br />
ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht.<br />
Eine völlig andere Erfahrung wurde bei Mehrfachdiskriminierungen<br />
in Bezug auf Behinderung gemacht. Für die Bekämpfung<br />
der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen wurde<br />
ein eigenes Gesetz 15 beschlossen, das völlig eigenständige Institutionen<br />
vorsieht. Wenn zum Diskriminierungsgrund Behinderung<br />
ein weiterer hinzukommt, entfällt die Zuständigkeit der<br />
Gleichbehandlungskommission 16 zugunsten des Bundesamtes<br />
für Soziales und Behindertenwesen. Es liegt der Gleichbehandlungsanwaltschaft<br />
keine Kenntnis über Mehrfachdiskriminierungsfälle<br />
im Zusammenhang mit Behinderung vor.<br />
Nach den bisherigen Erfahrungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft<br />
liegt daher ein wesentlicher Schlüssel zur Bekämpfung<br />
der verschiedensten Formen von Diskriminierung, die<br />
allen Gründen in ihren Feinheiten aber auch in ihrem Zusammenspiel<br />
ge<strong>recht</strong> werden soll, in einer gemeinsamen Institution,<br />
mit spezialisierten Bereichen.<br />
4. Probleme des GlBG und Lösungsvorschläge<br />
4.1. Ungleiches Schutzniveau<br />
Während frühere Novellen durch europäische Rechtsakte<br />
beflügelt waren– so zB die 3. Novelle des GlBG, BGBl Nr<br />
833/1992 – ist vor allem seit der Novelle aus 2004 zu bemerken,<br />
dass über die Umsetzung von Mindestanforderungen der<br />
Richtlinien nicht hinausgegangen wird. Auch die 7. Novelle<br />
scheint von dieser Grundeinstellung geprägt.<br />
Das bedeutet, dass im neuen Teil IIIa nicht dieselben Bereiche<br />
umfasst sein werden, wie im bereits bestehenden Teil<br />
III, da die „sonstigen Bereiche“ der jüngsten Richtlinie, enger<br />
gefasst sind, als in der alten. In den sonstigen Bereichen,<br />
also außerhalb der Arbeitswelt, wird daher kein einheitlicher<br />
Diskriminierungsschutz garantiert werden. Menschen, die auf<br />
Grund der ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert werden, genießen<br />
damit den breitesten Schutzbereich. Diskriminierungen<br />
auf Grund des Geschlechtes werden in einem engeren Rahmen<br />
verboten sein. Für alle anderen Gründe wird es keinen Diskriminierungsschutz<br />
außerhalb der Arbeitswelt geben.<br />
Ein großes Problem in der Praxis liegt in der Struktur des<br />
GlBG idF 7. Novelle. Die derzeitige Systematik ist uneinheitlich.<br />
Zunächst kommt es in Teil I und Teil II des Gesetzes zu<br />
einer Ordnung nach Diskriminierungsgründen. Im Weiteren<br />
unterscheidet das Gesetz den Teil II nach dem Schutzbereich:<br />
Arbeitswelt bzw sonstige Bereiche. Das führt zu Doppelgleisigkeiten,<br />
sich teilweise widersprechenden Begrifflichkeiten und<br />
unterschiedlichen Schutzniveaus – Stichwort „Hierarchie von<br />
Diskriminierungsgründen“. Durch die Einführung des Teils IIIa<br />
wird die Systematik weiter verkompliziert.<br />
Gerade ein Gesetz, das menschen<strong>recht</strong>srelevante Bereiche regelt,<br />
sollte anwenderInnenfreundlich sein, sich durch ein hohes<br />
Maß an Verständlichkeit auszeichnen, sowie für alle Gründe den<br />
gleichen Diskriminierungsschutz in allen Bereichen gewähren.<br />
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft schlägt daher in ihrer<br />
Stellungnahme zum Entwurf folgende Gesetzesstruktur vor: In<br />
einem ersten Teil sollen allgemeine Bestimmungen und Begriffsbestimmungen<br />
geregelt werden, damit Wiederholungen, die<br />
derzeit auch geringfügige, oft sinnstörende, Abweichungen enthalten,<br />
vermieden werden. In einem zweiten Teil soll die Gleichbehandlung/Antidiskriminierung<br />
in der Arbeitswelt geregelt<br />
werden. Dabei sollen sämtliche Diskriminierungsgründe umfasst<br />
werden, sowie die jeweiligen Ausnahmebestimmungen speziell<br />
zu den einzelnen Gründen enthalten sein. Ein dritter Teil soll<br />
Gleichbehandlung/Antidiskriminierung in sonstigen Bereichen<br />
regeln. Dabei sollten auch alle anderen Diskriminierungsgründe<br />
neben der ethnischen Zugehörigkeit und dem Geschlecht miteinbezogen<br />
werden und ein gleicher Schutzbereich bestehen. Im<br />
vierten Teil soll es Regelungen zur aktiven Gleichstellung von<br />
Frauen und Männern über den individuellen Rechtsschutz hinaus<br />
geben. Die speziellen Institutionen sollten sich ebenfalls wieder<br />
in einem eigenen Teil im selben Gesetz befinden.<br />
4.2. Aktive Gleichstellungsmaßnahmen im GlBG<br />
Zur Frage der Geschlechtergleichbehandlung/-gleichstellung<br />
zeigt die Erfahrung der Gleichbehandlungsanwaltschaft, dass<br />
sich ein gemeinsamer <strong>recht</strong>licher Rahmen mit den anderen Diskriminierungsgründen<br />
für die Betroffenen bewährt hat. Das oft<br />
geforderte „Eigene“ für den Geschlechterbereich ist daher nicht<br />
bei der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes, sondern<br />
in der Einführung ergebnisorientierter verpflichtender Gleichstellungsmaßnahmen<br />
notwendig. Internationale Beispiele, wie<br />
zB Schweden 17 und Kanada 18 sehen eine verpflichtende Offenlegung<br />
der Gehälter in Unternehmen vor und fordern die ArbeitgeberInnen<br />
selbst auf, diese Unterschiede zu erklären, bzw<br />
die Gehälter bei etwaigen Diskriminierungen anzupassen. In<br />
Norwegen wurden auch für private Unternehmen verpflichtende<br />
Quoten in Aufsichtsräten vorgesehen.<br />
In diesem Zusammenhang soll vor allem auf die Konvention<br />
zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CE-<br />
DAW) hingewiesen sein, die auch für den europa<strong>recht</strong>lichen<br />
Kontext relevant ist. 19 Die Gleichbehandlungsanwaltschaft,<br />
der Verein österreichischer Juristinnen, 20 sowie der Österreichische<br />
Frauenring nehmen auf die zuletzt ergangenen Abschließenden<br />
Bemerkungen des Komitees zur Beseitigung der<br />
Diskriminierung von Frauen in Österreich 21 Bezug und fordern<br />
gerade bei Fragen der Lohndiskriminierung oder zur Beseitigung<br />
der „Gläsernen Decke“, eine <strong>recht</strong>lich verbindliche<br />
Einführung von aktiven Gleichstellungsmaßnahmen. Aber CE-<br />
DAW scheint für das Gleichbehandlungsgesetz offenbar (noch)<br />
nicht relevant zu sein.<br />
Mag a . Sandra Konstatzky ist Anwältin für die<br />
Gleichbehandlung von Frauen und Männern in<br />
der Arbeitswelt und Vorsitzende des Vereins<br />
österreichischer Juristinnen;<br />
sandra.konstatzky@bka.gv.at<br />
15) Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz,<br />
BGBl I Nr 82/2005, sowie Behinderteneinstellungsgesetz,<br />
BGBl Nr 22/1970 idF BGBl<br />
Nr 82/2005.<br />
16) § 1 Abs 5 GBK/GAW-Gesetz.<br />
17) Informationen darüber bietet die Website<br />
der schwedischen Gleichbehandlungsanwaltschaft,<br />
der Jämställdhetsombudsmannen:<br />
http://www.jamombud.se/InEnglish<br />
(3.1.2008).<br />
18) Zu Kanada s http://www.ces.gouv.qc.ca/<br />
fr/english/english.asp (3.1.2008).<br />
19) Lengauer/Sporrer in Mayer (Hrsg), EUund<br />
EG-Vertrag (2007) Art 3 Abs 2 Rn 22 ff.<br />
20) S die Website des Vereins österreichischer<br />
Juristinnen, http://www.juristinnen.<br />
at (3.1.2008).<br />
21) http://www.frauen.bka.gv.at/DocView.<br />
axd?CobId=26096 (3.1.2008); siehe den Beitrag<br />
von Tertinegg in diesem Heft.<br />
Seite 32 <strong>juridikum</strong> 2008 / 1