Karlheinz Biederbick - Galerie Rose

Linien und Leitbilder
Der Grund von allem ist ein Blatt Papier,
der Bleistift und ein bißchen seelisches
Gleichgewicht. Die Linie hält in ihrem
Enstehen die „auftauchenden“ Gegenstände
und ihre Gruppierungen fest. Sie
bleibt dabei sanft und frei. Wenn das Gegenständliche
Halt und Trost gegen das
Chaos gibt, so wirkt dieses umgekehrt
befreiend hinter der Feststellung und Aufzählung
der Dinge.
Die bei der Umsicht gefühlten Schwerpunkte
werden auf das Viereck des Zeichenblattes
übertragen und vernetzt. Es
entsteht ein Niederschlag der gesehenen
Motive, der allerdings eine Mehrdeutigkeit
und Streuung behält. Der Grund
hierfür ist, daß die Zeichnung drei Aspekte
hat, die in der Empfindung in Wechselwirkung
sind:
Zeichnen ist Linienziehen, Zeichensetzen
und Bezeichnen.
Das Linienziehen ist emotional, das Zeichensetzen
ist abstrakt und magisch, das
Bezeichnen ist sachlich, es erfaßt die Konturen
und Formcharaktere. Allerdings
gewinnt die Zeichnung ihre Brauchbarkeit
als Vorlage nicht aus der Ähnlichmachung,
dem Stricheln und Schattieren,
sondern ganz entscheidend aus der Aktion,
der Geste, der Umschreibung.
Von der damit gegebenen Offenheit lebt
die plastische Interpretation im Relief.
Das Relief zitiert die namenlose Masse,
sucht Ordnung im Format, die Konstellation
und Geometrie und spürt die motivischen
Bindekräfte auf.
Trotzdem meldet sich dabei permanent
ein Widerspruch aus dem lustvollen Streben
nach Ähnlichkeit und Erzählung.
Leitbilder für die Haltung der Reliefs sind
die alten chinesischen Landschaftsdarstellungen,
bei denen mit leichter Hand
gestaffelte Berge in ihrer plastischen Kraft
gezeigt werden, sich schlängelnde Wege
im begehbaren Talraum, zarte Brücken,
Wasserfälle, überhängende Bäume am
Ufer, Felsen, Boote, Häuser und ab und
zu einige kleine Menschen in ihrem alltäglichen
Tun.
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