Karlheinz Biederbick - Galerie Rose
Karlheinz Biederbick - Galerie Rose
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Zur Praxis<br />
Der Umgang mit dem Material Brennton<br />
brachte mich zur Kleinheit und zum Relief.<br />
Die Maße der Reliefs variieren um das<br />
Format DIN A 5, etwa zwischen 15 x 18<br />
und 18 x 26 cm. Das kleinteilige Arbeiten<br />
fördert den Rückzug in eine Vorstellungswelt,<br />
in die Imagination. Es entsteht eine<br />
Sogwirkung bis hinunter zur Größenordnung<br />
der Finger. Es öffnet sich für die<br />
Hände über der ausgerollten Tonplatte,<br />
aus welcher das Relief werden soll, ein realer<br />
Handlungsraum, in dem es spannend<br />
wird. Zugleich entsteht in der Fläche ein<br />
imaginärer Raum: Schon durch wenige<br />
formale Mittel, die perspektivisch gelesen<br />
werden können, erscheint Raumtiefe.<br />
Dieser Effekt macht die Tontafel zu einem<br />
Medium, welches die Darstellung räumlicher<br />
Gegebenheiten wie Landschaften,<br />
Architektur und figürliche Szenerien erlaubt.<br />
Damit habe ich auf einmal ein Mittel in<br />
der Hand, die über die Jahre in meinen<br />
Heften gesammelten Bleistiftskizzen von<br />
Landschaften, Figuren und Zeitungsbildern<br />
auszuwerten.<br />
Durch die Verwendung verschiedenfarbiger<br />
Tone weiß, grau, rosa, lederfarben,<br />
rot, ziegelrot, braun… wird die Bildwirkung<br />
unterstützt.<br />
Die Reliefs werden bei 960° C gebrannt<br />
(Schrühbrand). 1 Gelegentlich muß anschließend<br />
mit Aquarellfarben nachgetönt<br />
werden.<br />
1 für technische Hilfe und Beratung danke ich<br />
Angelika Dörbaum, der Keramikerin an der UDK<br />
Berlin<br />
Zur Präsentation wird hinter die Tontafel<br />
mit Montagekleber eine kleine Sperrholzplatte<br />
befestigt,die das Anschrauben an<br />
einen größeren Bildträger erlaubt.<br />
Für die Wirkung der Reliefs ist flach auftreffendes<br />
Licht unerläßlich.<br />
Der praktische Vorgang bei der Herstellung<br />
eines Reliefs ist ein aufbauender.<br />
Dazu ergreife ich vorausschauend eine<br />
bestimmte Menge des Tons. In der Hand<br />
und auf der Tischplatte wird der Ton vorgeformt,<br />
dann werden die Tonelemente<br />
in vorgeplanter Reihenfolge aufgelegt,<br />
verkettelt und überschichtet. Die Form<br />
entsteht durch „elementare“ Handlungen<br />
am Material, wie Rollen, Biegen, Tordieren,<br />
Abflachen, Quetschen, Anschneiden,<br />
wobei das Material auf die einwirkenden<br />
Kräfte antwortet. Das Ergebnis ist eine<br />
Spannung und Strukturierung der Oberfläche,<br />
wie man sie durch modellierendes<br />
Antragen und Abnehmen kleiner Teile<br />
nie erreichen würde.<br />
In der ersten Arbeitsphase geht es darum,<br />
die so erhaltenen Teile möglichst „unverletzt“<br />
in das Bildgefüge einzubringen, wo<br />
sie dann eine Darstellungsfunktion übernehmen<br />
müssen.<br />
Dieser Vorgang ist nach allen Seiten offen,<br />
dem Zufall ausgesetzt. Aber ich habe Vertrauen<br />
und lasse mich überraschen. Danach<br />
kommt die Phase der Korrekturen,<br />
des vorsichtigen Nachmodellierens. Aber<br />
immer ist es eine Folge von Entscheidungen<br />
beim „Knetwerk“, aus denen das Relief<br />
resultiert. Wir haben hier eine Parallele<br />
zu einem malerischen Konzept, mit wel-<br />
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