Karlheinz Biederbick - Galerie Rose
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Momentaufnahme und Zeitgefühl<br />
Die Momentaufnahme, in deren Dienst auch die Polyesterfiguren<br />
stehen, ist ein Hammerschlag gegen<br />
den riesigen, im Dunklen vorbeitreibenden Schiffskörper,<br />
genannt Wirklichkeit –<br />
ein Schuß gegen die Oberfläche, ein Schnappschuß,<br />
der den Zeitpunkt aufschnappt, in welchem die Zeit<br />
gegen Null geht, zwischen der Vergangenheit, wo<br />
sie nicht mehr ist und der Zukunft, wo sie noch<br />
nicht ist. Es ist die Aufhebung der Zeit – die Moment-Aufnahme.<br />
Von dieser machen wir hier und überall ausgiebig<br />
Gebrauch, weil sie die Oberfläche bietet, an welcher<br />
das Hirn, der einsame Rechner in seiner Knochenkapsel<br />
zur Selbstfindung und Kommunikation seine<br />
Projektionen anbringt. Die Momentaufnahme bringt<br />
die Rücknahme der Dimensionen auf Zeitpunkt und<br />
Oberfläche, sie hilft gegen das Unaufhaltsame und<br />
Ortlose. Allerdings ist sie ein mit der Mechanik und<br />
Elektronik verbundenes Protokoll, welches im offenen<br />
Widerspruch zu unserem Zeitgefühl steht.<br />
Wir leben in Erinnerung und Erwartung, haben ein<br />
Gefühl für Verläufe, Takt, Geschwindigkeit.<br />
Aus den Erfahrungen, die wir mit unserem Körper<br />
machen, aus seinen Funktionen und Bewegungen<br />
erschließen sich naturhafte Prozesse in ihrer Bindung<br />
an Raum und Zeit, weshalb wir uns wenn vielleicht<br />
auch nur leichtsinnigerweise naturverbunden<br />
fühlen. Wir fühlen uns dazugehörig und sind ausgerüstet<br />
zu zeichnen, zu tanzen und zu musizieren.<br />
Zeit- und Raumgefühl tragen die Handlung am Material,<br />
das Linienziehen und Kneten.<br />
Die Aktionen gehen ins Offene und Freie und hinterlassen<br />
Spuren, die bleiben und sichtbar sind.<br />
Das haben sie mit der Momentaufnahme gemeinsam.<br />
Die Handlungsspuren als Festgestelltes treten<br />
in der hier verhandelten Frage in Symbiose mit der<br />
Momentaufnahme. Im Verfolgen der Spur erschließt<br />
sich Zeit und Emotion der Aktion. Symbiose bedeutet<br />
hier, daß die Formen in der Momentaufnahme,<br />
im Foto so verfolgt werden, als seien sie Handlungsspuren.<br />
Das Vertiefen in das Foto gibt der gefrorenen<br />
Sekunde Zeit zurück, Betrachtungszeit. Mit dieser<br />
begegnen Motive, passiert Gestaltfindung.<br />
Die Provokation mit der „gefrorenen Sekunde“<br />
knüpft hier an.<br />
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