Karlheinz Biederbick - Galerie Rose
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Napoli Hafen:<br />
Nach einer Nachtfahrt von Stromboli in<br />
Neapel angekommen, verweile ich mit<br />
meinem Zeichenheft auf der Hafenmole.<br />
Die Stimmung vor Sonnenaufgang läßt<br />
keinen Platz für nüchterne Betrachtungen.<br />
Die Strukturen der Hafenindustrie<br />
erstrecken sich unter der Kontur des<br />
Doppelgipfels des Vesuvs. Gegen das frühe<br />
Tageslicht stehen Kräne und Schlote<br />
im Dunst, aufsteigender weißer Rauch.<br />
Kessel, Hallen, Docks, Kähne, ein einfahrendes<br />
Containerschiff, all dies verbindet<br />
sich zu einer zusammenhängenden unruhigen<br />
Struktur, aus welcher im Hinsehen<br />
wechselnde Gebilde auftauchen.<br />
Die Dinge staffeln sich im Raum über der<br />
Wasserfläche – vor dem Berg, über dessen<br />
rechten Hang, dem Südhang, damals für<br />
Pompeji und Herculaneum die Vernichtung<br />
niederging.<br />
Von dort her liegt ein Nachklang über<br />
dem Golf:<br />
Vor den geretteten Fresken fühle ich die<br />
damalige Kunstdichte. Ich sehe, wie mit<br />
einem Vorrat an Motiven, gekonnt und<br />
zügig das Dekor entstand. Es ist so, als ob<br />
ich den Malern bei der Arbeit zuschaute,<br />
es ist ein unmittelbares Sprechen „jetzt“<br />
mit dem Pinselstrich unter Verwendung<br />
vorgeplanter Farbstufen: Da haben wir<br />
wieder das „Malwerk“.<br />
Es ist nun auch für mich bei der plastischen<br />
Umsetzung der gezeichneten Bilder<br />
– wie hier der Hafenbilder – wichtig,<br />
die Mittel knapp und einfach einzusetzen.<br />
Die Kontur des Vesuvs entsteht z.B.<br />
durch Eindrücken einer zugeschnittenen<br />
Sperrholzschablone in die frische Tonplatte.<br />
Sie wäre durch modellieren nicht<br />
darstellbar. Die Hafenindustrie bildet sich<br />
mit dem Zusammensetzen kleiner vorgeformter<br />
Tonstücke, die beim Andrücken<br />
ihr eigenes Wesen treiben dürfen und<br />
dann im Zeigen von Dingen immer auch<br />
namenlose Gebilde bleiben.<br />
Hinzu kommen leichte Prägungen mit<br />
vorgefertigten Holzstempeln, Ritzungen<br />
und vielleicht ein paar Pinselstriche mit<br />
Tonschlicker (Engobe).<br />
Bei anderen Fernbildern sind die plastischen<br />
Mittel oft weniger knapp eingesetzt,<br />
und zwar dann, wenn es darum<br />
geht, eine gewisse Dramatisierung in die<br />
Erdoberfläche hineinzubekommen.<br />
Der Modellierton steht dabei nicht allein<br />
im Dienste des Visuellen, er hält stofflichen<br />
Kontakt zu dem, was er darstellt, er<br />
steht unmittelbar für „Erde“: Beispiele:<br />
Olevano S. 210, Panarea S. 193-195<br />
Das Verfahren bleibt riskant. Auf jeden<br />
Fall muß zum Vordergrund hin ganz<br />
energisch die Masse weggenommen werden,<br />
sonst entsteht kein Raumeindruck.<br />
Die Raumvorstellung bindet sich an die<br />
Fläche.<br />
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