Lehrergesundheit - Schule & Gesundheit - Hessen
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vieler Lehrerinnen und Lehrer geworden. Wir mussten<br />
z. B. feststellen, dass im Hauptschulbereich – alleine innerhalb<br />
eines einzigen Jahres – etwa die Hälfte aller Lehrkräfte<br />
im Unterricht zum Adressaten schwerer Beleidigungen,<br />
Verhöhnungen und anderen Formen verbaler Aggressivität<br />
werden. Destruktives Schülerverhalten und zu große Klassen<br />
werden von Lehrkräften, wie wir und Andere zeigen konnten,<br />
als mit Abstand führende berufl iche Belastungsfaktoren<br />
genannt. Fehlende Unterstützung durch Eltern, permanente<br />
Neuerungen im Lehrbetrieb, Probleme in der innerschulischen<br />
Zusammenarbeit und öffentliche Kampagnen gegen<br />
die Lehrerschaft kommen hinzu. Stressoren dieser Art haben<br />
auf die Dauer gesundheitliche Auswirkungen. Zwanzig<br />
Prozent der im Dienst befi ndlichen (nicht krankgeschriebenen!)<br />
Lehrerinnen und Lehrer leiden, wie wir in zwei unabhängig<br />
voneinander durchgeführten Studien zeigen konnten,<br />
an einer medizinisch relevanten, behandlungsbedürftigen<br />
stressbedingten Symptomatik.<br />
Ohne Effekt: Ein „Lob der Disziplin“ und<br />
„Programme alter Art“<br />
Vor dem Hintergrund der geschilderten Lage wird klar, dass<br />
dem Problem der beeinträchtigten <strong>Lehrergesundheit</strong> weder mit<br />
einem „Lob der Disziplin“ noch mit <strong>Gesundheit</strong>sprogrammen<br />
alter Art beizukommen ist. Was immer mehr schulische<br />
Lehrkräfte krank werden lässt, ist ein Aspekt des Lehrerberufs,<br />
der außerhalb der <strong>Schule</strong> – auch von Schulbehörden und<br />
Politikern – gerne unterschätzt oder übersehen wird, nämlich<br />
die anstrengende Aufgabe, Beziehung zu gestalten. Kinder<br />
und Jugendliche haben sich unter dem Einfl uss der gesellschaftlichen<br />
Entwicklung verändert – vor allem die neuen<br />
Medien, die berüchtigten Killerspiele eingeschlossen, spielen<br />
hier ohne Frage eine besondere Rolle. Eine geordnete<br />
Unterrichtssituation ist heute meistens nicht mehr gegeben<br />
und sie ist, anders als früher, auch nicht mehr durch Appelle<br />
oder notfalls Disziplinierung herzustellen. Viele Lehrkräfte<br />
verschleißen daher heute einen Großteil ihrer Kraft damit, im<br />
Unterricht erst einmal eine Situation zu schaffen, in der Lehren<br />
und Lernen überhaupt beginnen kann. Hier liegt eine Quelle<br />
für jene belastenden Faktoren, welche die <strong>Lehrergesundheit</strong><br />
in Gefahr bringen.<br />
12<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
„Coachinggruppen für Lehrer nach dem<br />
Freiburger Modell“<br />
<strong>Lehrergesundheit</strong> vorsorgend zu stärken, heißt unter den derzeitigen<br />
Bedingungen,<br />
� in einem Hochleistungsberuf wie dem des Pädagogen<br />
gesundheitsdienliche persönliche Einstellungen und<br />
Haltungen zu fördern;<br />
� Lehrer in ihrer Kompetenz zu stärken, Beziehung mit einer<br />
zunehmend schwierigen Schüler-Klientel zu gestalten<br />
(Beziehungspsychologie, Körpersprache, Stimme);<br />
� Lehrern Wege aufzuzeigen, wie sich bei (teils in<br />
Erziehungsdingen hilfl osen, teils kooperationsunwilligen)<br />
Eltern Zusammenarbeit und erzieherische Verantwortung<br />
einfordern lassen und<br />
� die Fähigkeit von Lehrkräften (und Schulleitungen)<br />
zu verbessern, Spaltungstendenzen innerhalb des<br />
Kollegiums zu erkennen, Spaltung zu verhindern und<br />
sich untereinander sowohl in professioneller wie auch in<br />
persönlicher Hinsicht zu unterstützen.<br />
Meine Freiburger Arbeitsgruppe hat ein Programm entwickelt,<br />
das – auf der Basis moderner neurobiologischer<br />
und psychosomatischer Erkenntnisse – die genannten vier<br />
Themenbereiche abdeckt und als fünftes Element ein<br />
Entspannungstraining vermittelt. Das Programm wird in Form<br />
von „Lehrer-Coachinggruppen“ angeboten, die aus jeweils<br />
bis zu 12 Lehrkräften und einem medizinischen oder psychologischen<br />
Experten als externen/r Moderator/in bestehen.<br />
Die Gruppenarbeit geht über zehn Doppelstunden (je zwei<br />
Doppelstunden für jedes der fünf thematischen Module).<br />
Das Freiburger Modell der Lehrer-Coachinggruppen sieht<br />
fünf thematische Module vor, denen jeweils zwei der insgesamt<br />
zehn Doppelstunden gewidmet sind. In der jeweils ersten<br />
Doppelstunde soll das Thema des jeweiligen Moduls vom/<br />
von der Moderator/ Moderatorin mit einem Inputreferat oder<br />
im Konversationsstil eröffnet werden (ca. 20-30 Minuten),<br />
gefolgt von einer Dialogrunde, in der der Moderator aktiv<br />
bleibt und die aus einer Diskussion und Erweiterung der<br />
vom Moderator angesprochenen Aspekte besteht. Zweck des<br />
vom Moderator eingebrachten Inputs ist es, die Erinnerung<br />
und Phantasie der Teilnehmer – mit Blick auf ihre konkreten<br />
berufl ichen Erfahrungen – anzuregen und so ein ergiebiges