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Klima- und Umweltschutz

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<strong>Klima</strong>- <strong>und</strong> <strong>Umweltschutz</strong>eite<br />

Tiddische nutzt Kraft-Wärme Kopplung <strong>und</strong> spart viel Geld<br />

Neue Wege zu wohliger Wärme<br />

Helmar Förster<br />

Ein Haushalt in Tiddische, der<br />

jährlich für 3000 Euro Heizöl<br />

verbraucht, kann künftig 400<br />

Euro Heizkosten pro Jahr sparen.<br />

Diese Aussicht hat viele Bewohner<br />

des 750-Seelen Ortes<br />

überzeugt. R<strong>und</strong> 100 Haushalte<br />

haben sich für den Anschluss an<br />

ein Nahwärmenetz entschlossen,<br />

das die Abwärme aus der<br />

r<strong>und</strong> 400 Meter entfernten<br />

Biogasanlage von Heiko Lehn<br />

in die Ortschaft transportieren<br />

wird. Um die Haushaltungen<br />

zu versorgen, ist der Bau einer<br />

Ringleitung geplant. Eine<br />

Genossenschaft übernimmt<br />

die Trägerschaft, plant Helmar<br />

Förster. Das Gemeinderatsmitglied<br />

hat gemeinsam mit dem<br />

Betreiber der Biogasanlage,<br />

dem Landwirt Heiko Lehn,<br />

das Konzept zur Nutzung der<br />

Abwärme entwickelt. Der Realisierung<br />

zum Nutzen aller<br />

Beteiligten steht nichts mehr<br />

im Weg. Allein die technische<br />

Umsetzung bedarf noch der<br />

Feinabstimmung.<br />

Energieausbeute optimieren<br />

Das Zauberwort heißt Kraft-<br />

Wärme-Kopplung (KWK). R<strong>und</strong><br />

40 Prozent der Energieausbeute<br />

herkömmlicher Biogasanlagen<br />

verpufft weitgehend ungenutzt<br />

als Wärme, nur der Strom<br />

wird eingespeist. So auch in<br />

Tiddische. Die neue Nahwärmeversorgung<br />

wird die Energieausbeute<br />

der Biogasanlage<br />

optimieren. Die Prozesswärme,<br />

Abwärme aus Motorenkühlwasser,<br />

wird per Ringleitung in die<br />

Wohnhäuser transportiert. „Je<br />

näher die Häuser beieinander<br />

liegen, desto günstiger für das<br />

Projekt“, erläutert Förster. Das<br />

Wärmenetz wird ungefähr fünf<br />

Kilometer lang sein. Zu dem<br />

gesamten System gehören weiterhin<br />

Wärmetauscher, Pumpen<br />

sowie eine zusätzliche Gastherme,<br />

die bei Extremtemperaturen<br />

oder Störfällen die Heizleistung<br />

absichert. „Aber die Technik ist<br />

ausgereift <strong>und</strong> robust“, so Förster<br />

zuversichtlich.<br />

Kosten: Eine Million Euro<br />

Die Kosten beziffert Förster auf<br />

etwa eine Million Euro. Die Investitionssumme<br />

wird über die<br />

KFW-Förderbank per Kredit mit<br />

einer Laufzeit von zehn Jahren<br />

finanziert. Die wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen sind<br />

günstig. Die Zinslast beziffert<br />

er auf etwa zwei Prozent, die<br />

jährliche Tilgungsrate liegt bei<br />

sieben Prozent. Die Genossenschaft<br />

trägt etwa 60 Prozent<br />

der Kosten, mindestens 40<br />

Prozent kann die Eigentümerin<br />

aus Fördermitteln einwerben.<br />

Im laufenden Betrieb zahlen<br />

angeschlossene Haushalte<br />

eine jährliche nach Verbrauch<br />

gestaffelte Sockelgebühr von<br />

560 Euro (bei einem durchschnittlichen<br />

Wärmebedarf<br />

vom 30000 KW/h (entspricht<br />

einem Verbrauch von r<strong>und</strong><br />

3000 l Öl oder 3000 qm Gas<br />

pro Jahr), die Kilowattst<strong>und</strong>e<br />

wird mit 3,6 Cent berechnet.<br />

Der individuelle Verbrauch<br />

wird per Wärmemengenzähler<br />

ermittelt <strong>und</strong> abgerechnet. Die<br />

jährlichen Kosten für einen<br />

durchschnittlichen Haushalt beziffert<br />

Förster auf 1500 Euro bei<br />

einer Wohnfläche von r<strong>und</strong> 120<br />

Quadratmetern.<br />

Keine Unwägbarkeiten<br />

Die gesamte Finanzierung ist<br />

über zehn Jahre gerechnet. Für<br />

diesen Zeitraum sichert der<br />

Produzent vertraglich die kostenfreie<br />

Lieferung des warmen<br />

Wassers zu. Anschließend würden<br />

die Karten neu gemischt,<br />

aber Förster bleibt gelassen.<br />

Gravierende Unwägbarkeiten<br />

wegen übermäßiger Abhängigkeit<br />

vom Wärmelieferanten<br />

fürchtet er nicht, denn das Gesamtkonzept<br />

zur Nutzung der<br />

Abwärme, birgt aus heutiger<br />

Sicht langfristig ein ausgewogenes<br />

Verhältnis von Angebot<br />

<strong>und</strong> Nachfrage. Die Genossenschaft<br />

als Eigentümerin der<br />

Nahwärmeleitung bilde ein angemessenes<br />

Gegengewicht im<br />

Kräfteverhältnis von Anbieter<br />

<strong>und</strong> Verbraucher.<br />

Sicherheit für Nutzer<br />

Um für die Nutzer langfristig<br />

Stabilität <strong>und</strong> Sicherheit in der<br />

Nahwärmeversorgung zu gewährleisten,<br />

war die Gründung<br />

der Genossenschaft eine wichtige<br />

Voraussetzung. Andere<br />

Alternativen hatten zur Debatte<br />

gestanden. Zum Beispiel hätte<br />

Lehn als Eigentümer der Biogasanlage<br />

auch das Nahwärmenetz<br />

betreiben können. „Dies hätte<br />

jedoch eine absolute Abhängigkeit<br />

für die Nutzer bedeutet“,<br />

findet Förster gewichtige Gegenargumente.<br />

Anders wäre es<br />

möglich gewesen, dass die Nutzer<br />

das Netz selbst aufbauen.<br />

Dann jedoch hätten die hohen<br />

Investitionskosten den einzelnen<br />

Abnehmer belastet. Letztlich<br />

hätte die Gemeinde noch<br />

als Eigentümerin des Nahwärmenetzes<br />

auftreten können.<br />

Aber Förster weiß, sie darf nicht<br />

als Betreiberin gewinnorientiert<br />

wirtschaften.<br />

Hilfreiches Beispiel<br />

Für die Erarbeitung des Nahwärmekonzepts<br />

fanden Lehn <strong>und</strong><br />

Förster eine hilfreiche Vorlage<br />

im Bioenergiedorf Jühnde bei<br />

Göttingen. Die hiesigen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

sind etwas andere, da in<br />

Jühnde die Betreibergesellschaft<br />

sowohl das Nahwärmenetz als<br />

auch die Biogasanlage betreibt.<br />

Dennoch: „Wir haben dort<br />

einige wichtige Anregungen<br />

gef<strong>und</strong>en, die uns hier bei einer<br />

möglichst optimalen Verwirklichung<br />

unseres Vorhabens<br />

helfen werden“, so Förster um<br />

die Vermeidung typischer Kinderkrankheiten<br />

bemüht.<br />

Tiddische baut ein eigenes Nahwärmenetz Quelle: Google

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