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ABSOLVENTEN BEGEISTERN - Sparkassenzeitung

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Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag<br />

geschlossen werden, denen Vorstand<br />

und Aufsichtsrat der Deutschen<br />

Börse bereits zugestimmt haben. Beherrschungsvertrag<br />

bedeutet, dass das<br />

herrschende Unternehmen, hier also<br />

die Holdco, dem abhängigen Unternehmen,<br />

hier also der Deutschen Börse, auch<br />

für diese schädigende Weisungen im<br />

Konzerninteresse erteilen kann, die die<br />

Deutsche Börse grundsätzlich befolgen<br />

muss. Gewinnabführungsvertrag bedeutet,<br />

dass die Deutsche Börse verpflichtet<br />

wird, ihren gesamten Gewinn an die<br />

Holdco abzuführen. Die Verträge bewirken,<br />

dass das herrschende Unternehmen<br />

die abhängige Gesellschaft vollständig<br />

dominiert und bis zur Grenze der Kapitalerhaltung<br />

ausplündern kann. Deswegen<br />

ist der Abschluss solcher Verträge mit<br />

einem Börsenträger nach herrschender<br />

Meinung in der börsenrechtlichen Literatur<br />

grundsätzlich unzulässig.<br />

Deutsche Börse gerät ins Abseits<br />

Ziel der Vereinbarung ist es, die Deutsche<br />

Börse soweit als möglich dem herrschenden<br />

Einfluss der Holdco zu unterwerfen<br />

und in den neuen Konzern derart<br />

zu integrieren, dass die Eigenständigkeit<br />

der Börsen lediglich als „Marke“ erhalten<br />

bleibt. Dementsprechend enthalten die<br />

Unterlagen auf rund 900 kleingedruckten<br />

Seiten zu der Fortentwicklung der<br />

FWB oder der Eurex kein Wort. Angekündigt<br />

wird vielmehr, ein deutsches Handelssystem<br />

– wahrscheinlich Xetra, sonst<br />

Eurex – zugunsten eines amerikanischen<br />

Handelssystems aufzugeben.<br />

Zudem ist von der Bildung von „Liquiditätspools“<br />

die Rede, womit wohl die<br />

Verlagerung und Zusammenfassung<br />

von Handelsaktivitäten gemeint ist. Ferner<br />

werden die Betriebspflichten der<br />

Deutschen Börse als wirtschaftliche<br />

Risiken der Holdco beschrieben, was<br />

erwarten lässt, dass die Holdco versuchen<br />

wird, diese Risiken zu minimieren.<br />

Und schließlich spricht die geplante<br />

Führungsstruktur des neuen Börsenkonzerns<br />

dafür, dass die Interessen der<br />

Augen zu und durch: Reto Francioni,<br />

Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse<br />

in Frankfurt, hat der zunehmenden Kritik an<br />

der geplanten Fusion seines Hauses mit der<br />

NYSE Euronext wenig entgegenzusetzen.<br />

FOTO: DPA<br />

Frankfurter Börsen (FWB und Eurex)<br />

nicht viel Gehör finden werden.<br />

Erstens wird die konzernleitende Holdco<br />

zu mehr als 75 Prozent von angloamerikanischen<br />

Aktionären beherrscht sein.<br />

Zweitens ist ein Verwaltungsrat vorgesehen,<br />

der bis 2015 aus 17 Direktoren bestehen<br />

soll, nämlich aus zehn von der Deutschen<br />

Börse und sieben von der NYSE<br />

Euronext. Dieses leichte Übergewicht<br />

hat freilich nur geringe Bedeutung, weil<br />

wichtige Beschlüsse einer Zweidrittel-<br />

Mehrheit bedürfen. Außerdem tagt der<br />

Verwaltungsrat normalerweise lediglich<br />

viermal im Jahr. Seine Befugnisse gehen<br />

dementsprechend kaum über die eines<br />

deutschen Aufsichtsrats hinaus. Vielmehr<br />

kann der Verwaltungsrat bis 2016<br />

nicht einmal Duncan L. Niederauer als<br />

Chief Executive Office (CEO) abberufen.<br />

Zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats<br />

(Chairman) soll Reto Francioni, der<br />

derzeitige Vorstandsvorsitzender der<br />

Deutschen Börse, befördert werden. Als<br />

solcher ist er in eigener Verantwortung –<br />

also ohne sich mit Duncan L. Niederauer,<br />

dem derzeitigen Chef der NYSE Euronext<br />

abstimmen zu müssen, der dem Verwaltungsrat<br />

als einziger geschäftsführender<br />

Direktor angehören soll – hauptsächlich<br />

für das Global Relationship Management,<br />

also für die Repräsentation zuständig.<br />

Die Leitung der Holdco-Gruppe wird<br />

hingegen ganz in den Händen des CEO,<br />

also von Niederauer, liegen. Er ist alleinvertretungsberechtigt<br />

und trägt<br />

die Verantwortung für die gesamte Geschäftsführung,<br />

das Jahresbudget, die<br />

Geschäftsstrategie, das Integrationskonzept,<br />

Personalausstattung und Standorte<br />

sowie die Markenbildung. Außerdem<br />

leitet der CEO das Global Executive Committee.<br />

Das achtköpfige Global Executive Committee,<br />

gleichsam der Vorstand der Holdco,<br />

ist zwar paritätisch besetzt und soll<br />

einstimmig entscheiden. Kann Einstimmigkeit<br />

aber nicht erzielt werden, entscheidet<br />

der CEO alleine. In diesem Fall<br />

hat zwar jedes Mitglied des Global Executive<br />

Committee, dessen Zuständigkeit berührt<br />

wird, das Recht, den Verwaltungsrat<br />

anzurufen. Indes ist der CEO auch<br />

zuständig für die Bestellung und Abberufung<br />

der Mitglieder des Global Executive<br />

Committee. Der Widerspruch gegen seine<br />

Entscheidungen dürfte sich daher in engen<br />

Grenzen halten.<br />

Der neue Börsenkonzern wird mithin<br />

eindeutig von Niederauer als CEO dominiert.<br />

Angesichts der Aktionärsstruktur<br />

ist zudem nicht damit zu rechnen, dass<br />

sich dies nach 2016 ändert. Vielmehr ist<br />

SPARKASSE DEZEMBER 2011<br />

PERSPEKTIVEN 35<br />

zu hören, dass die Deutsche Börse schon<br />

jetzt nach seiner Pfeife tanzt. Im Ergebnis<br />

stellt sich die Fusion daher als Übernahme<br />

der Deutsche Börse durch die NYSE<br />

dar. Und was das bedeutet, kann man<br />

an dem Bedeutungsverlust von Paris als<br />

Börsen- und Finanzplatz studieren. Manager<br />

der Euronext Börsen, denen von<br />

der NYSE ja auch einmal eine Fusion unter<br />

Gleichen versprochen wurde, finden<br />

sich in den Leitungsgremien der Holdco<br />

nicht. Zwar wurde der Chef der Pariser<br />

Börse zunächst Chairman der NYSE Euronext.<br />

Die Marginalisierung von Paris<br />

konnte er aber nicht verhindern. Inzwischen<br />

genießt er seinen goldenen Ruhestand.<br />

Gerader Weg in die Abhängigkeit<br />

Verlieren auch die Frankfurter Börsen<br />

ihre Eigenständigkeit, so verfügt die<br />

gesamte Eurozone über keine international<br />

bedeutende eigenständige Börse<br />

mehr. Kann man das – zumal in der gegenwärtigen<br />

Situation – wollen? Überlegt<br />

man nicht gerade, die Abhängigkeit<br />

Europas von US-amerikanischen<br />

Dienstleistungen – Stichworte Rating,<br />

GPS – zu verringern? Auch führt der Zusammenschluss<br />

zu einer noch engeren<br />

Vernetzung der Finanzbranche und zu<br />

dem Entstehen eines weiteren international<br />

systemrelevanten Finanzgiganten.<br />

Haben wir mit dieser Vernetzung und<br />

solchen Finanzgiganten nicht gerade<br />

schlechte Erfahrungen gemacht?<br />

Zudem bestehen gegen die Fusion auch<br />

schwere wettbewerbsrechtliche Bedenken.<br />

Diese rechtfertigen jedoch keine<br />

Untersagung. Vielmehr werden sich die<br />

Brüsseler Wettbewerbshüter mit Auflagen<br />

begnügen, die wahrscheinlich die<br />

ohnehin zweifelhafte Wirtschaftlichkeit<br />

des Vorhabens vollends zunichtemachen.<br />

Reto Francioni ficht das jedoch<br />

nicht an. Er will den Deal ungeachtet aller<br />

Bedenken durchziehen.<br />

Damit kommt alles darauf an, ob die<br />

hessische Börsenaufsichtsbehörde dem<br />

Einhalt gebietet. Zwar müsste sie von<br />

Rechts wegen die Börsenfusion untersagen,<br />

weil sie strukturell schwerwiegende,<br />

unabsehbare und irreversible Risiken für<br />

die Fortentwicklung der Frankfurter Börsen<br />

bedeuten würde. Die Deutsche Börse<br />

wäre nicht mehr Herr im eigenen Haus.<br />

Alle Gewinne müsste sie künftig an die<br />

Holdco abführen und alle maßgeblichen<br />

Entscheidungen würden in New York getroffen,<br />

und zwar nicht im Interesse der<br />

Frankfurter Börsen, sondern im Konzerninteresse<br />

und durch den Chef eines bisherigen<br />

Wettbewerbers.<br />

Die Frage ist aber, ob die hessische Börsenaufsichtsbehörde,<br />

also letztlich die<br />

Landesregierung, den Mut für eine Untersagung<br />

aufbringt. Dafür bedarf es einer<br />

möglichst breiten Unterstützung. Jede<br />

Stimme zählt. Als Ansprechpartner steht<br />

der Verfasser gerne zur Verfügung.<br />

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