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Lokale Verantwortungsgemeinschaften für Bildung - Deutsche ...

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aussehen muss als auf der Ebene von Ministerialbürokratien, Schulaufsicht,<br />

Schulträgern und verschiedensten Arten von sonstigen Trägern.<br />

In beiden Dimensionen braucht man so etwas wie einen Übersetzungsmechanismus,<br />

der Kooperationen, verschiedene Logiken sowie Interessen<br />

vermittelt und moderiert.<br />

Noch einmal die Frage zu dem Charakter von Kooperation. Sie haben Begriffe<br />

verwendet wie Dienstleister und Kunde. Ist das die richtige Sprache,<br />

wenn wir über integrative Modelle nachdenken und über eine sich<br />

ändernde Haltung<br />

Dr. Günter Warsewa:<br />

Wir finden in unserem <strong>Bildung</strong>ssystem und in den angelagerten und<br />

benachbarten Einrichtungen immer noch so etwas wie ein Behördenverständnis<br />

und wenn man übergehen könnte zu einem Verständnis<br />

von Kunden und von Dienstleistungen, dann wäre das ein Fortschritt.<br />

Dass wir darüber hinaus noch eine weitere Perspektive brauchen, die<br />

dann so etwas wie kooperatives Verständnis abbildet, da sind wir uns<br />

völlig einig. Wenn man tatsächlich ernsthaft Schulen zu Stadtteilangelegenheiten<br />

machen will, dann muss man über Schulangelegenheiten<br />

im Stadtteil diskutieren, entscheiden können. Das bedeutet, dass die<br />

verschiedenen Interessen, Stakeholder auf eine Art und Weise beteiligt<br />

werden, die nicht einem Bild vom Kunden, sondern einem Verständnis<br />

entspricht, sie als Mitglieder eines Netzwerkes gleichberechtigt an<br />

den Entscheidungen und an den Angelegenheiten teilhaben zu lassen.<br />

Wir wissen, wie schwierig es ist, ernsthafte Teilhabe in einer Schule herzustellen.<br />

Wie schwer muss es sein, wenn man ein gesamtes System auf der<br />

Grundlage von Teilhabe sehen möchte. Treffen Begriffe wie „Kunde“ oder<br />

„Dienstleistung“ das Verhältnis von Bürgern und den Institutionen, wenn<br />

es um Teilhabe und Partizipation geht Und wie kann es gelingen, Teilhabe<br />

nicht nur in einem Mikrokosmos Wirklichkeit werden zu lassen, sondern<br />

systematisch in einem größeren Kontext<br />

Prof. Dr. Sturzenhecker, Universität Hamburg<br />

Es geht nicht um Kunden und Dienstleistung, sondern um Bürgerinnen<br />

und Bürger, die gemeinsam entscheiden, wie <strong>Bildung</strong> in einer Kommune<br />

stattfinden soll, und zu denen gehören auch Kinder und Jugendliche.<br />

Der Skandal besteht darin, dass wir eine politische Entscheidungskultur<br />

haben, die viele Gruppierungen von Bürgerinnen und Bürgern<br />

ausgrenzt, die nämlich die Differenz der Bürger, das heißt auch die Differenz<br />

der Kinder und Jugendlichen nicht zur Kenntnis nimmt. Deshalb<br />

ist die erste Forderung aus Sicht von Kindern und Jugendlichen, Partizipation<br />

muss differenzgerecht sein, sie muss unterschiedliche Leute und<br />

„Kulturen“ unterstützen, sich auf ihre Weise beteiligen zu können. Saalfeld<br />

hatte ein super Projekt, wo die Kids die Wände in der Schule gesprayt<br />

haben. Dieses Projekt ist aber nicht in einem für sie greifbaren<br />

kommunikativen Kontakt zu seiner Umwelt: Die Kids, die sprayen, wissen<br />

gar nicht, was der Rat der Stadt damit zu tun hat. Sie bleiben isoliert<br />

und haben vielleicht eine Spaßinsel, aber kein Mitentscheidungsnetzwerk<br />

erfahren. Ich glaube, die Gestaltung von <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />

wird nur funktionieren, wenn Kommunikationskanäle zwischen unterschiedlichen<br />

Betroffenen hergestellt werden. Partizipation muss Entscheidungsbeteiligung<br />

von unterschiedlichen Menschen mit unterschiedlichen<br />

Kommunikationsweisen eröffnen.<br />

Wie kann man in <strong>Bildung</strong>slandschaften den Reflexionsraum für Zielgruppen,<br />

die Sie im Auge haben, größer machen<br />

Prof. Dr. Sturzenhecker:<br />

Für die Kids erscheint doch alles erst einmal wie eine super Animation.<br />

Aber wie die Events in Entscheidungsprozesse eingebunden sind, das<br />

erklärt niemand, das wird nicht greifbar. Es ist ein kommunaler Raum,<br />

im Sinne eines gemeinsamen Raums der Aushandlung herzustellen und<br />

dazu muss man die Leute kennenlernen, die mitentscheiden, die einem<br />

erklären, wer sie sind, wie man mit ihnen in Austausch und Diskussion<br />

kommen kann. Es dürfte kein Projekt geben, das nicht gleichzeitig in<br />

einem Netzwerk stattfindet, unterschiedliche Betroffene einbezieht und<br />

ihnen seine Einbindung in Entscheidungsstrukturen deutlich macht.<br />

Welche Brücken brauchen wir vom engeren <strong>Bildung</strong>skontext hin zur Stadtentwicklung<br />

Brauchen wir eine differenzgerechte Stadtentwicklung<br />

Prof. Dr. Häußermann, Humboldt-Universität zu Berlin:<br />

Die beiden Projekte in unserem Forum, Bernburg im Salzlandkreis und<br />

Hamburg-Harburg, waren Beispiele dafür, wie man Stadtentwicklung<br />

und die Entwicklung einer <strong>Bildung</strong>slandschaft verknüpft. Im Campus<br />

Technicus in Bernburg werden drei Sekundarschulen vereint in eine<br />

Schule. Da wird baulich geplant und ergänzt und das ist die Verknüpfung<br />

von Schul- und Stadtentwicklung. Hinzu kommt - und das finde<br />

ich besonders wichtig -, dass diese Entwicklung mit einem inhaltlichen<br />

Neustart verbunden ist, dass zurzeit eine neue Konzeption entwickelt<br />

oder schon erprobt wird. Ein wesentlicher Aspekt in beiden Fällen ist<br />

die räumliche Konzentration, die inhaltliche Integration, die Entwicklung<br />

von neuen Vorstellungen zur Ganztagsbildung, die Öffnung der<br />

<strong>Bildung</strong>seinrichtung zur Stadt, die Vernetzung mit Bibliotheken und<br />

Musikschulen. In den Praxisbeispielen handelt es sich um Regionen,<br />

in denen der Anteil von Kindern aus bildungsfernen Schichten relativ<br />

hoch ist. Deshalb ist es umso wichtiger, sie nicht nur zu beschulen, sondern<br />

individuell zu fördern.

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