"Bildung im Stadtteil" (pdf, 2.1 MB) - Lernen vor Ort - Bremen
"Bildung im Stadtteil" (pdf, 2.1 MB) - Lernen vor Ort - Bremen
"Bildung im Stadtteil" (pdf, 2.1 MB) - Lernen vor Ort - Bremen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
› Dokumentation der Tagung<br />
<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil<br />
Wie lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften gelingen<br />
Fachtagung für <strong>Bildung</strong>s- und Stadtteilakteure,<br />
Wissenschaft, Medien und Interessierte<br />
Montag, 28. Februar 2011 / 10.30 – 16 Uhr<br />
Lichthaus, <strong>Bremen</strong> Gröpelingen, Hermann-Prüser-Straße 4<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 1<br />
Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundes ministeriums für <strong>Bildung</strong> und Forschung<br />
und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert.
Referat 14 / Anne Lüking<br />
Rembertiring 8-12, 28195 <strong>Bremen</strong><br />
<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> <strong>Bremen</strong> / Bremerhaven<br />
Lokales <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen<br />
Dr. Lutz Liffers (Projektleitung)<br />
Fischerhuder Straße 20, 28237 <strong>Bremen</strong><br />
lernen<strong>vor</strong>ort@bildung.bremen.de<br />
www.lernen<strong>vor</strong>ort.bremen.de<br />
Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für <strong>Bildung</strong> und Forschung<br />
und aus dem Europäischen Sozialfond der Europäischen Union gefördert<br />
Redaktion<br />
Fatmanur Sakarya-Demirci<br />
Heike Jungherr<br />
Claudia Fortmann<br />
Anja Wichitill<br />
Lutz Liffers<br />
2 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Lutz Liffers [„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ Gröpelingen]<br />
//Das Bundesprogramm “<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ in <strong>Bremen</strong><br />
Mit dem Förderprogramm „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ unterstützt das Bundesministerium<br />
für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft (B<strong>MB</strong>F) 40 Kreise und Kommunen bei der Schaffung<br />
eines kohärenten <strong>Bildung</strong>smanagements. Hintergrund ist der in Deutschland<br />
stark ausgeprägte Zusammenhang von sozialer Herkunft und <strong>Bildung</strong>serfolg, für<br />
den ein ganzes Bündel von Ursachen verantwortlich ist. Dabei sind deutliche Unterschiede<br />
zwischen ländlichen und städtischen Regionen und zwischen der Situation<br />
in den ostdeutschen und den westdeutschen Bundesländern zu beobachten.<br />
Bei aller Unterschiedlichkeit lassen sich allerdings auch gemeinsame Probleme<br />
und Defizite ausmachen, die hier schlaglichtartig beleuchtet werden sollen:<br />
• Deutsche, deren Eltern oder Großeltern als niedrig qualifizierte Arbeitsmigranten<br />
nach Deutschland kamen oder neu eingewanderte Familien aus Armutsoder<br />
Krisengebieten gehören zu den <strong>Bildung</strong>sverlierern. Auch bei hoher <strong>Bildung</strong>saspiration<br />
erreichen sie signifikant seltener hohe <strong>Bildung</strong>sabschlüsse.<br />
• Kinder aus von Exklusion betroffenen Familien haben ebenfalls signifikant geringere<br />
<strong>Bildung</strong>schancen. Dem <strong>Bildung</strong>ssystem gelingt es nicht, die Schülerschaft<br />
unabhängig von Lern<strong>vor</strong>aussetzungen gleichermaßen zu hohen <strong>Bildung</strong>sabschlüssen<br />
zu führen.<br />
• <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf ist <strong>im</strong>mer noch ein Privileg von Menschen mit hohen<br />
<strong>Bildung</strong>sabschlüssen. Weiterbildungsangebote erreichen kaum niedrig qualifizierte<br />
oder die von Exklusion betroffenen gesellschaftlichen Gruppen.<br />
• Die Abhängigkeit des <strong>Bildung</strong>serfolgs von sozialer Herkunft schließt Bevölkerungsgruppen<br />
von gesellschaftlicher Teilhabe aus und führt zu einem Fachkräftemangel<br />
<strong>vor</strong> allem bei Ingenieurs- und Naturwissenschaften.<br />
• Die mangelhafte Berücksichtigung von non-formaler und informeller <strong>Bildung</strong><br />
in der Entwicklung von <strong>Bildung</strong>sstrukturen führt zu defizitären Wissensstrukturen,<br />
die Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung in der komplexen Wissensgesellschaft<br />
erschweren.<br />
Die wesentlichen gesellschaftlichen Veränderungen - Pluralisierung von Familienformen,<br />
zunehmende soziale und kulturelle Heterogenität der Bevölkerung,<br />
demographischer Wandel, zunehmende Mobilität, Prekarisierung und Flexibilisierung<br />
von Arbeitsverhältnissen - führen zu neuen Anforderungen an das <strong>Bildung</strong>ssystem,<br />
die mit herkömmlichen Strukturen nicht zu bewältigen sind. Das<br />
Bundesprogramm „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ spricht deshalb von einem „kommunalen <strong>Bildung</strong>smanagement“,<br />
mit dem neue Strukturen für die komplexen Anforderungen<br />
an <strong>Bildung</strong> geschaffen werden.<br />
Das zunächst auf drei Jahre befristete Programm konzentriert sich auf zentrale<br />
Handlungsfelder und damit verbunden übergreifende Ziele:<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 3
• Erhöhung von <strong>Bildung</strong>sbeteiligung und Verbesserung der Zugänge zu <strong>Bildung</strong>;<br />
• Verbesserung der Übergänge zwischen einzenen <strong>Bildung</strong>sphasen;<br />
• Verbesserung der Transparenz von <strong>Bildung</strong>sangeboten (<strong>Bildung</strong>sberatung);<br />
• Verbesserung der Angebotsstrukturen <strong>im</strong> Sinne einer stärkeren Bedarfsorientierung;<br />
• Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit;<br />
• Stärkung der demokratischen Kultur.<br />
„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ zielt dabei auf die konkreten Strukturen in Kommunen und Kreisen,<br />
weil „<strong>Bildung</strong> (...) <strong>vor</strong> allem <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> vermittelt (wird): In Städten, Kreisen und Regionen<br />
durchlaufen die Menschen ihre <strong>Bildung</strong>sbiographie - von der frühkindlichen <strong>Bildung</strong><br />
bis hin zur Weiterbildung. Damit das <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> gesamten Lebenslauf erfolgreich<br />
sein kann, müssen die <strong>Bildung</strong>sstationen und <strong>Bildung</strong>sangebote <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> wie ein st<strong>im</strong>miges,<br />
integriertes System aufeinander bezogen und abgest<strong>im</strong>mt sein. Oft sind sie<br />
<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> jedoch zersplittert und fragmentarisiert. Ziel ist es daher, bestehende Ansätze<br />
zur Entwicklung ressortübergreifender kommunaler Initiativen zur Umsetzung des<br />
Lebenslangen <strong>Lernen</strong>s <strong>im</strong> Sinne eines kohärenten <strong>Bildung</strong>swesens <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> zu stärken<br />
und beispielhafte Impulse hinsichtlich der Verknüpfung spezifischer kommunaler<br />
Strategien zu setzen.“ (Förderrichtinien für das Programm <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>, Oktober<br />
2008, http://www.lernen-<strong>vor</strong>-ort.info/de/100.php).<br />
Die Kommunen <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven konzentrieren sich in der Umsetzung<br />
des Programms „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ auf die Bedeutung von <strong>Bildung</strong> für den sozialen<br />
Zusammenhalt der Stadt. Vor dem Hintergrund der sozialräumlichen Polarisierung<br />
werden in <strong>Bremen</strong> und in Bremerhaven ressortübergreifend Strategien<br />
entwickelt, um <strong>Bildung</strong> kohärent zu organisieren und in den Aktionsfeldern Übergangsmanagement,<br />
<strong>Bildung</strong>sberatung und <strong>Bildung</strong>smonitoring <strong>vor</strong>handene Struk-<br />
Fachtagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“, Februar 2011, Foto: Nikolai Wolff<br />
4 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Peter Beier, Bürgerstiftung <strong>Bremen</strong> (links) und Mario Tibussek, Deutsche Kinder und Jugendstiftung, <strong>im</strong> Gespräch<br />
Foto: Nikolai Wolff<br />
turen weiter zu entwickeln und neue Elemente hinzuzufügen. Übergeordnetes Ziel<br />
ist dabei die Schaffung von mehr <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit durch mehr <strong>Bildung</strong>sbeteiligung<br />
und <strong>Bildung</strong>serfolg derjenigen gesellschaftlichen Gruppen, die <strong>im</strong> derzeitigen<br />
<strong>Bildung</strong>ssystem kaum Zugänge finden und Erfolge verbuchen können.<br />
Eine besondere Herausforderung besteht darin, ein solches kommunales <strong>Bildung</strong>smanagement<br />
konkret auf den Sozialraum zu beziehen, das heißt, politisches<br />
Handeln, Handeln der Verwaltung und lokales Handeln in den Stadtteilen besser<br />
aufeinander zu beziehen. Dazu bedarf es neuer Steuerungsstrukturen und kooperativer<br />
Verwaltungsphilosophien, um eine Kombination von bottom-up und topdown-Strategien<br />
zu ermöglichen.<br />
Kommunales <strong>Bildung</strong>smanagement muss dafür den strategischen Rahmen schaffen,<br />
da die Überwindung von Arbeitsroutinen für viele Akteure zunächst Überforderung<br />
bedeutet und zu Abwehr und Abgrenzung führt. Hier sind moderierende<br />
Verfahren, Zeit und klare Zielabsprachen erforderlich, um diesen komplexen Prozess<br />
auf den Weg zu bringen. Nicht zuletzt ist dazu auch externe Expertise notwendig.<br />
Das Programm „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ sieht deshalb auch das Engagement von<br />
Stiftungen <strong>vor</strong>. Für das Bremer Vorhaben „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ konnte die Deutsche<br />
Kinder- und Jugendstiftung für eine Grundpatenschaft gewonnen werden, auch<br />
die Bürgerstiftung <strong>Bremen</strong> engagiert sich für das Vorhaben.<br />
Im Zweistädtestaat ist das Vorhaben „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ in den beiden Kommunen<br />
<strong>Bremen</strong> und Bremerhaven angesiedelt. Beide Kommunen haben eigene Schwerpunkte<br />
und Strategien entwickelt und pflegen einen intensiven Austausch auf politischer,<br />
strategischer und auf Arbeitsebene. Der Austausch und die Koordination<br />
des Gesamtprojektes wird von der Senatskanzlei besorgt.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 5
In beiden Kommunen geht es um die Opt<strong>im</strong>ierung <strong>vor</strong>handener Strukturen. In Bremerhaven<br />
ist „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ direkt eingebunden in die Magistratsstrukturen und<br />
wirkt unmittelbar bis hinein in die konkrete <strong>Bildung</strong>swirklichkeit der Stadtteile.<br />
Dadurch entstehen direkte Bezüge zwischen „lokal“ und „kommunal“.<br />
In <strong>Bremen</strong> ist aufgrund der Größe der Kommune die Distanz zwischen Verwaltung<br />
und lokalen Strukturen in den Stadtteilen größer. Deshalb wurde <strong>im</strong> Programm<br />
„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ bei der Senatorin für <strong>Bildung</strong> eine besondere Struktur geschaffen:<br />
In der <strong>Bildung</strong>sverwaltung arbeitet das Projekt in den Themenfeldern Monitoring,<br />
Übergänge und Beratung in Kooperation mit anderen Ressorts intensiv<br />
an integrierten Ansätzen auf kommunaler Verwaltungsebene. Darin eingebunden<br />
wird exemplarisch in <strong>Bremen</strong>-Gröpelingen eine „Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft“ entwickelt.<br />
In diesem Teil<strong>vor</strong>haben geht es um die konkrete Verbesserung der lokalen<br />
<strong>Bildung</strong>sstrukturen, um Abst<strong>im</strong>mungsprozesse zwischen den Akteuren, gemeinsame<br />
Zielsetzungen, Integration von non-formaler, informeller und formaler <strong>Bildung</strong>.<br />
Der exemplarische Aufbau dieser lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft dient darüber hinaus<br />
auch der Entwicklung einer neuen Steuerung, die <strong>im</strong> Gegenstromprinzip zwischen<br />
lokaler und kommunaler Ebene vermittelt, Kommunikation schafft und eine<br />
zeitgemäße Form von Steuerung ermöglicht.<br />
Ziele einer solchen Steuerung sind<br />
• Bündelung finanzieller Mittel und Mitteleinsatz anhand zwischen den Ressorts<br />
und mit der lokalen Struktur abgest<strong>im</strong>mter Ziele;<br />
• Überwindung fachlicher Ressortgrenzen und Erarbeitung gemeinsamer Ziele;<br />
• Regionalisierung der Verwaltung und Schaffung einer integrierten Struktur<br />
<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> (Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft);<br />
• Einbeziehung der Expertise aus den lokalen Strukturen, Etablierung von dialogischen<br />
und partizipativen Verfahren.<br />
Mit der ersten Fachtagung der Arbeitsgruppe „Lokales Bidungsmanagement Gröpelingen“<br />
Ende Februar 2011 wurden die Fragen und Arbeitsfelder für die Schaffung<br />
einer „Lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft“ bearbeitet. Dieser Reader dokumentiert<br />
die Beiträge und soll auf diese Weise als Arbeitsmaterial den Akteuren <strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>sverbund<br />
und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.<br />
6 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Renate Jürgens-Pieper [Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft <strong>Bremen</strong>]<br />
<strong>Bildung</strong> ist Stadt(teil)entwicklung<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
die Landesregierung hat in der nun ablaufenden Legislaturperiode<br />
der sozialen Stadtentwicklung besondere Aufmerksamkeit<br />
geschenkt. Dahinter steht die Überzeugung, dass eine moderne<br />
Stadtgesellschaft auf sozialen Ausgleich gründet und eine moderne<br />
Stadt starke Stadtteile braucht, in denen Arbeit, <strong>Bildung</strong>,<br />
Wohnen, Kultur, Freizeit und Versorgung allen Bewohnern gleichermaßen<br />
zur Verfügung stehen. Stadtentwicklung ist deshalb<br />
eine Aufgabe, die sich allen Ressorts stellt und die ressortübergreifende<br />
Strategien erfordert.<br />
Eine Schlüsselrolle für die Entwicklung der Stadtteile spielt die Schulentwicklung.<br />
Die Schulreform, die 2009 von der Bremischen Bürgerschaft mit dem neuen<br />
Schulgesetz auf den Weg gebracht wurde, soll die Qualität der Schulen stärken,<br />
die soziale Entmischung in den Schulen bremsen und ist durch einen bildungspolitischen<br />
Konsens auf Verlässlichkeit angelegt, um den Schulen die notwendige Zeit<br />
für Entwicklungen zu geben.<br />
Mit dem Aufbau von Ganztagsschulen setzen wir ein weiteres starkes Signal für<br />
die Stadtteilentwicklung: Ganztagsschulen sollen zu lebendigen <strong>Ort</strong>en <strong>im</strong> Quartiersalltag<br />
werden. Ganztagsschulen ermöglichen die Zusammenarbeit von Schule,<br />
Kultur, Sport und weiteren Akteuren <strong>im</strong> Stadtteil. Die Ganztagsschulen sind Vorbilder<br />
für eine Lernkultur der Zukunft und sie sind wichtige Knotenpunkte in den<br />
lokalen <strong>Bildung</strong>sbündnissen.<br />
Der Ausbau zur Ganztagsschule ist deshalb für die beteiligten Kolleginnen und Kollegen,<br />
aber auch für Eltern und Kooperationspartner nicht nur eine große Kraftanstrengung,<br />
sondern ein echter Paradigmenwechsel. Ganztagsschulen brauchen<br />
den Stadtteil, brauchen vielfältige Kontakte in die lokalen Netzwerke und umgekehrt<br />
müssen die Akteure <strong>im</strong> Stadtteil ihre Rollen neu definieren und ihre Kooperationen<br />
weiter entwickeln. Hier unterstützt uns die Serviceagentur Ganztägig<br />
<strong>Lernen</strong>, die mit Workshops, Vorträgen und Coaching die Schulen auf dem Weg zur<br />
Ganztagsschule begleitet.<br />
Nicht zuletzt gestalten wir mit Neubau, Renovierung, Sanierung und Modernisierung<br />
von Gebäuden die Schulreform und werten das <strong>Bildung</strong>sangebot in den<br />
Stadtteilen wesentlich auf: In Gröpelingen entstehen zwei neue Oberschulen, die<br />
Grundschule Halmerweg wird saniert und an der Grundschule Fischerhuderstraße<br />
entsteht ein neues Quartiersbildungszentrum. Seit 2007 hat die Landesregierung<br />
in ganz <strong>Bremen</strong> <strong>im</strong> Rahmen von Bau- und Sanierungsmaßnahmen mehr als<br />
200 Millionen Euro in die Schulstruktur investiert, auf den Stadtteil Gröpelingen<br />
entfielen davon 18,4 Millionen Euro.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 7
Senatorin Renate Jürgens-Pieper mit dem Team von „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“: (von rechts) Jane Meyer, Caudia Fortmann, Anja Wichitill,<br />
Renate Jürgens-Pieper, Heike Jungherr, Fatmanur Sakarya-Demirci, Lutz Liffers. Foto: Pressestelle Senatorin für <strong>Bildung</strong> und<br />
Wissenschaft<br />
Schulentwicklung ist also auf unterschiedlichen Ebenen ein Beitrag zur Entwicklung<br />
der Stadtteile.<br />
Mit dem Bundesprogramm „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ wollen wir in Gröpelingen noch einen<br />
Schritt weiter gehen. Wir wollen nicht nur die Schulentwicklung <strong>vor</strong>antreiben,<br />
sondern mehr als bisher alle für <strong>Bildung</strong> verantwortlichen Akteure zusammenbringen.<br />
Es geht um Schulen und Kitas, um das <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf, berufliche<br />
Ausbildung, Nachqualifizierung, <strong>Bildung</strong>sberatung – aber es geht darüber hinaus<br />
auch um den für die Stadtteile so wichtigen Bereich des nicht-formalen <strong>Lernen</strong>s:<br />
Jugendarbeit in den Jugendfreizeithe<strong>im</strong>en, offene Angebote auf Plätzen und Straßen,<br />
künstlerische Arbeit <strong>im</strong> Atelierhaus Roter Hahn oder <strong>im</strong> Mobilen Atelier, Ökologie<br />
auf der Kinder- und Jugendfarm, Sport in den Vereinen und auf der Straße<br />
und nicht zuletzt die Jugendarbeit in den Moscheen oder den Vereinen der Migranten.<br />
Alle diese Einrichtungen schaffen <strong>Bildung</strong>sgelegenheiten und <strong>Bildung</strong>sstrukturen<br />
<strong>im</strong> Stadtteil – sie sind für den <strong>Bildung</strong>sweg von Kindern eine wichtige<br />
Begleitung und Bereicherung.<br />
Mit „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ haben wir die Chance, die lokalen Akteure zu unterstützen<br />
und die Kooperationen zwischen Schule und nicht-schulischen <strong>Bildung</strong>strägern<br />
zu vertiefen. Gemeinsame Ziele, gemeinsame Qualifikation, gemeinsame Arbeitsschritte<br />
– das sind die Themen von „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“.<br />
Die Stadtgemeinde gibt dafür ein wichtiges Fundament: das Quartiersbildungszentrum,<br />
das bis Sommer 2012 an der Schule Fischerhuderstraße entstehen soll.<br />
Im Dezember vergangenen Jahres haben 30 Einrichtungen aus Ihrem Stadtteil in<br />
einem Workshop eine Konzeptskizze für das Quartiersbildungszentrum erarbeitet.<br />
In den Mittelpunkt haben Sie dabei drei Punkte gerückt:<br />
• Das Quartiersbildungszentrum soll zukünftig Motor für die Weiterentwicklung<br />
der Zusammenarbeit <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> sein und die lokalen Kooperationen zwischen<br />
Schule, Kultur, Weiterbildung, Kita und anderen Akteuren unterstützen – d.h.<br />
Akteure koordinieren, Kommunikation organisieren, Qualitäten sichern.<br />
8 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
• Das Quartiersbildungszentrum soll helfen, den Übergang von den Kitas in die<br />
Grundschulen des Stadtteils zu erleichtern und dabei <strong>vor</strong> allem auch die Eltern<br />
einbeziehen. Hier wollen wir einerseits die Erfahrungen aus TransKIGs<br />
vertiefen und weiterführen und andererseits die Erfahrungen und Kompetenzen<br />
aus der kulturellen <strong>Bildung</strong>, die hier <strong>im</strong> Stadtteil gute Strukturen entwickelt<br />
hat, einbeziehen.<br />
• Schließlich wird das WiN-Management mit seinen Angeboten ins Haus ziehen<br />
und damit auch räumlich an eine zentrale Stelle <strong>im</strong> Stadtteil rücken.<br />
Das Quartiersbildungszentrum, so hoffen wir, wird langfristig und verlässlich helfen,<br />
zeitgemäße <strong>Bildung</strong>sstrukturen <strong>im</strong> Stadtteil aufzubauen.<br />
Wenn <strong>Bremen</strong> die Herausforderungen des Strukturwandels meistern will – ich<br />
nenne hier nur die Stichworte Wandel der Arbeitswelt, demographischer Wandel,<br />
das soziale Auseinanderdriften der Stadtteile, zunehmende soziale und kulturelle<br />
Diversität der Gesellschaft – dann brauchen wir auch die Schulentwicklung als<br />
Stadtteilentwicklung. Ein interessanter Ansatz dafür ist das Projekt <strong>im</strong> Kanton Zürich<br />
in der Schweiz mit dem Titel „QUIMS - Qualität in multikulturellen Schulen“.<br />
Es konzentriert sich auf drei Handlungsfelder: Förderung der Sprache, Förderung<br />
des Schulerfolgs und Förderung der Integration und ist damit sehr erfolgreich. Ich<br />
bin sicher, wir können Anregungen daraus übernehmen.<br />
Ich möchte zum Schluss meinen Dank aussprechen den Gästen aus Berlin und<br />
Hamburg für den fachlichen Input, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, die<br />
als Stiftungspate das Vorhaben <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> in <strong>Bremen</strong> begleitet, der Bürgerstiftung<br />
<strong>Bremen</strong>, die ebenfalls das Vorhaben fachlich unterstützt und Ihnen allen für<br />
Ihr Interesse und für Ihr Engagement. Ich wünsche Ihnen für heute ertragreiche<br />
Diskussionen und viel Erfolg für Ihre gemeinsame Tagung.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 9
Lutz Liffers / Fatmanur Sakarya-Demirci<br />
[„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ Gröpelingen]<br />
// Gröpelingen braucht eine <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
Sozialraum als Handlungsfeld für <strong>Bildung</strong>spolitik<br />
In Großstädten wie <strong>Bremen</strong> lässt sich jenseits der kommunalen Struktur eine weitere<br />
Ebene identifizieren, die für ein kommunales <strong>Bildung</strong>smanagement eine herausragende<br />
Rolle spielt: Die lokale Struktur <strong>im</strong> Stadtteil. Während in kleinen<br />
Städten und Gemeinden kommunale und lokale Strukturen weitgehend identisch<br />
sind, verfügen in Großstädten die lokalen Stadtteilstrukturen über eine relevante<br />
Eigendynamik. In <strong>Bremen</strong> ist es nicht nur die <strong>Ort</strong>spolitik (<strong>Ort</strong>samt/Beirat), sondern<br />
auch eine gewachsene Netzwerkstruktur verschiedener kommunaler und zivilgesellschaftlicher<br />
Akteure, die neben Schulen und KiTas maßgeblich <strong>Bildung</strong>sstrukturen<br />
<strong>im</strong> Stadtteil mit gestaltet. Dazu gehören kommunale Einrichtungen wie beispielsweise<br />
Jugendfreizeithe<strong>im</strong>e, Bürgerhäuser oder Gesundheitsdienste ebenso<br />
wie freie Träger der Kultur und Weiterbildung, die Filialen der Stadtbibliothek und<br />
der Bremer Volkshochschule, die lokale Ökonomie, sozialräumlich orientierte Förderprogramme<br />
wie WiN, LOS und Soziale Stadt, die Organisationen der Migranten,<br />
Sport- und andere Vereine, Kirchen und Moscheen. Sie alle bilden – ob gewollt<br />
oder nicht – eine lokale <strong>Bildung</strong>sstruktur.<br />
Diese lokale <strong>Bildung</strong>sstruktur bildet den Hintergrund für das <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>: Ob<br />
informelles <strong>Lernen</strong> in der Familie, frühes <strong>Lernen</strong> in Nachbarschaft und KiTa, nonformales<br />
<strong>Lernen</strong> in Kultur und Freizeit, formales <strong>Lernen</strong> in Schule und Ausbildung<br />
oder <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf – der Stadtteil und seine Strukturen entscheiden wesentlich<br />
mit über <strong>Bildung</strong>schancen und <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit.<br />
Die soziale Spaltung der Stadt verhindert <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit<br />
Der Bremer Stadtteil Gröpelingen ist als ehemaliges Industrie- und Hafenrevier<br />
seit den 1980er Jahren in einer schweren Strukturkrise. Das Wegbrechen traditioneller<br />
Industriearbeitsplätze und der Exodus junger und qualifizierter Arbeitskräfte<br />
führt seit den 1990er Jahren zu einer sozialen Abkopplung des Stadtteils.<br />
Besonders die in den 1960er-70er Jahren angeworbenen ausländischen ungelernten<br />
Arbeitskräfte und ihre Familien sind die Verlierer dieses Strukturwandels.<br />
Mit der Erosion des Arbeitermilieus, in dem die Arbeitsmigranten systemisch integriert<br />
waren, stellt sich die Frage der Integration bzw. der Fähigkeit des Stadtteils<br />
und seiner Institutionen, mit Diversität umzugehen, neu. Da es <strong>im</strong> Umbruch zur<br />
postfordistischen Gesellschaft keine nationalen Integrationskonzepte gab, wurden<br />
Stadtteile wie Gröpelingen zu sozialen Sackgassen für die Arbeitsmigranten, die<br />
scheinbar nicht mehr gebraucht wurden.<br />
10 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Die soziale Entmischung der Stadtteile ist aber auch Folge einer problematischen<br />
Wohnungspolitik. Während sozial und kulturell marginalisierte Gruppen gezielt <strong>im</strong><br />
ehemals öffentlich geförderten Wohnungsbestand an den Rändern der Stadt untergebracht<br />
wurden (bzw. sich dies über den Markt regulierte), überließ man die<br />
lukrativen Geschäfte der privaten Wohnungswirtschaft. Die in den letzten Jahren<br />
weitgehend vollzogene Globalisierung der ehemals kommunalen oder regionalen<br />
Wohnungswirtschaft ließ jedes Engagement seitens der nun international agierenden<br />
Wohnungskonzerne <strong>im</strong> Stadtteil nahezu zum Erliegen kommen.<br />
Schließlich hat der Strukturwandel auch eine neue Form von Armut her<strong>vor</strong>gebracht,<br />
die unter dem Stichwort „Exklusion“ diskutiert wird und mehr umfasst als<br />
lediglich materielle Armut. Exklusion als Bündel von sozialer und kultureller Isolation,<br />
materiellem Mangel und dauerhaft fehlendem Anschluss an gesellschaftlicher<br />
Teilhabe ist zu einer der wichtigsten Herausforderungen der sozialen Stadtentwickung<br />
geworden.<br />
Die sozialräumliche Konzentration der Problemlagen in best<strong>im</strong>mten Stadtteilen<br />
stellt ein weiteres erhebliches Problem dar, das unter dem Stichwort „soziale<br />
Spaltung der Stadt“ diskutiert wird. Diese Abkopplung ganzer Quartiere oder<br />
sogar Stadtteile von den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen<br />
lässt sich in Gröpelingen auf allen Ebenen beobachten. Die damit einhergehende<br />
Stigmatisierung des Stadtteils beschleunigt und vertieft die soziale Entmischung<br />
und behindert Anstrengungen der Kommune und der lokalen Akteure, die Lebenslagen<br />
<strong>im</strong> Stadtteil zu verbessern.<br />
Regionalisierung als Strategie der sozialen Stadtentwicklung<br />
Die Landesregierung hat <strong>vor</strong> dem oben skizzierten Hintergrund in der ablaufenden<br />
Legislaturperiode den sozialen Zusammenhalt der Stadt zu ihrem Arbeitsschwerpunkt<br />
gemacht. Eine wichtige Strategie ist dabei die Stärkung der Stadtteile, also<br />
eine Strategie der Regionalisierung und damit verbunden eine Stärkung lokaler<br />
Strukturen.<br />
In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Frage der lokalen <strong>Bildung</strong>sstruktur<br />
zunehmend an Bedeutung für die soziale Stabilität in den Stadtteilen bzw. für Strategien<br />
gegen Exklusion, Stigmatisierung und Benachteiligung. Integrierte Ansätze<br />
<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> gewinnen an Gewicht und die Zusammenarbeit verschiedener Ressorts<br />
wird essentiell.<br />
In diesem Sinne haben die Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft, der Senator<br />
für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa und die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit,<br />
Jugend und Soziales mit den Quartiersbildungszentren Blockdiek (Osterholz)<br />
und Robinsbalje (Huchting) einen sozialräumlichen Ansatz geschaffen,<br />
der Schule und Jugendhilfe besser zusammen bringt. In Gröpelingen entsteht bis<br />
2012 ein drittes Quartiersbildungszentrum. Mit Hilfe des Bundesprogramms „<strong>Lernen</strong><br />
<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ will der Senat in Gröpelingen noch einen Schritt weitergehen: Rund<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 11
um das neue Quartiersbildungszentrum soll <strong>im</strong> Laufe der Jahre eine lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
entstehen, in der Jugendhilfe, Schule und Kita miteinander kooperieren.<br />
Darüber hinaus sollen mehr als bisher alle für <strong>Bildung</strong> verantwortlichen<br />
Akteure unterstützt werden, ihre Philosophien, Strategien, Aktivitäten und Programme<br />
besser aufeinander abzust<strong>im</strong>men und diese in Kooperation miteinander<br />
zu entwickeln.<br />
Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft für eine moderne Gesellschaft<br />
Der Aufbau einer lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft, in der die unterschiedlichen für <strong>Bildung</strong><br />
verantwortlichen Akteure kohärentere Strukturen schaffen, ist nicht nur eine<br />
zeitgemäße <strong>Bildung</strong>sstruktur für eine Gesellschaft <strong>im</strong> Strukturwandel, sondern<br />
auch eine Chance, <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit und <strong>Bildung</strong>sbeteiligung in benachteiliegenden<br />
Stadtteilen zu erhöhen.<br />
Der Aufbau solcher kohärenten <strong>Bildung</strong>sstrukturen auf der Stadtteilebene stellt<br />
die Kommune allerdings <strong>vor</strong> große Herausforderungen: Er erfordert einerseits ein<br />
kohärentes <strong>Bildung</strong>smanagement zwischen den unterschiedlichen Ressorts und<br />
andererseits eine neue kommunikative Struktur zwischen Stadtteilakteuren und<br />
den Ressorts.<br />
In <strong>Bremen</strong> Gröpelingen entwickelten <strong>im</strong> Rahmen des Bundesprogramms „<strong>Lernen</strong>de<br />
Regionen“ vier lokale Träger einen <strong>Bildung</strong>sverbund, um einerseits ihre gemeinsame<br />
Zusammenarbeit und andererseits ihre Zusammenarbeit mit Schulen<br />
und KiTas systematisch weiter zu entwickeln: das Bürgerhaus Oslebshausen, Kultur<br />
Vor <strong>Ort</strong> e.V., die Stadtbibliothek West und die Bremer Volkshochschule West.<br />
Die Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft hat aufbauend auf diese vielversprechenden<br />
Strukturen das Teil<strong>vor</strong>haben „Lokales <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen“<br />
in das Vorhaben „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ <strong>Bremen</strong> / Bremerhaven eingebracht. Exemplarisch<br />
soll in Gröpelingen entwickelt werden, wie die Stadtteilebene mit ihren<br />
vielfältigen Verflechtungen und Netzwerken einen positiven Beitrag zu einem kohärenten<br />
<strong>Bildung</strong>ssystem leisten kann. Ziel ist es, eine lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
aufzubauen, die mehr ist als die Summe der Einzelteile: Diese <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
soll Kohärenz zwischen staatlichen, kommunalen, lokalen und zivilgesellschaftlichen<br />
Strukturen schaffen, Qualitäten weiter entwickeln oder aufbauen und die<br />
Kräfte <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> mobilisieren und Doppelstrukturen vermeiden.<br />
Das „Lokale <strong>Bildung</strong>smanagement“ arbeitet mit einer Arbeitsgruppe aus fünf wissenschaftlichen<br />
MitarbeiterInnen <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>, um die lokalen Prozesse in enger Kooperation<br />
mit den Akteuren <strong>im</strong> Stadtteil zu opt<strong>im</strong>ieren. Eingebettet ist das Vorhaben<br />
<strong>im</strong> Referat 14 bei der Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft. Die organisatorische<br />
Einbettung in die Behörde und die gleichzeitige Anwesenheit der Projektgruppe<br />
<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> ermöglicht eine opt<strong>im</strong>ale Arbeitsstruktur zwischen Verwaltung und<br />
lokalen Akteuren. Diese enge Verzahnung lokaler und kommunaler Prozesse hebt<br />
das Vorhaben von ähnlichen <strong>Bildung</strong>slandschaften anderer Kommunen ab: In Bre-<br />
12 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ <strong>im</strong> Lichthaus, Foto: Nikolai Wolff<br />
men soll weder top-down ein <strong>Bildung</strong>sverbund „verordnet“ werden, noch eine losgelöste<br />
lokale Struktur etabliert werden. Vielmehr geht es um die Verzahnung des<br />
kommunalen <strong>Bildung</strong>smanagement mit den Strukturen einer lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft.<br />
Unterstützt wird dieser Prozess durch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe,<br />
in der themenorientiert auch Akteure oder Netzwerkgruppen aus<br />
dem Stadtteil teilnehmen, um eine integrierte Handlungsstrategie zu entwickeln.<br />
Handlungsfeder Lokales <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen<br />
Elternarbeit / Elternbildung<br />
In der Fachdiskussion wird die Rolle der Eltern für den <strong>Bildung</strong>serfolg des Kindes<br />
hoch eingeschätzt. In der Praxis der Einrichtungen schlägt sich dies in Begriffen<br />
wie „Erziehungsgemeinschaft“ oder in der Umwandlung der Kitas zu „Familienzentren“<br />
nieder. Unabhängig von der gewachsenen Einsicht in die Bedeutung der<br />
Elternbildung/Elternarbeit wirft das Thema in der Praxis einer heterogenen Stadtteilgesellschaft<br />
viele Fragen auf.<br />
Mit „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ wird das Ziel verfolgt, Strukturen für Eltern aufzubauen, die<br />
an den Lebenslagen der unterschiedlichen Gruppen ansetzen und zu dauerhaften<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten führen. In den Institutionen wie Schulen und KiTas müssen<br />
deshalb Strukturen geschaffen werden, in denen Eltern über die formalen Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
hinaus (z.B. Mitarbeit in der Elternvertretung) non-formale<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten haben können. Dazu müssen die zeitlichen, sprachlichen<br />
und familiären Möglichkeiten der Eltern ebenso in die Konzepte einbezogen werden,<br />
wie kulturelle und soziale Barrieren zwischen Eltern und Institutionen. Es geht also<br />
weniger um Elternbildung <strong>im</strong> Sinne von Wissensvermittlung oder Training, sondern<br />
um Partizipationsverfahren und Formen.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 13
Übergang Kita – Grundschule<br />
Der Übergang Kita – Grundschule führt in benachteiliegenden Stadtteilen wie<br />
Gröpelingen zu einer äußerst problematischen sozialen Entmischung: Während<br />
Gröpelingen von Familien mit hoher <strong>Bildung</strong>saspiration bis zur Einschulung als<br />
Wohnstandort akzeptiert wird, verlassen diese Familien mit der be<strong>vor</strong>stehenden<br />
Einschulung den Stadtteil. Die Einrichtungen <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> finden deshalb eine hohe Konzentration<br />
von Kindern <strong>vor</strong>, die mit erheblichen sozialen Problemlagen zu kämpfen<br />
haben.<br />
Mit der Einschulung steht die Familie als Ganzes <strong>vor</strong> neuen Aufgaben und braucht,<br />
besonders in schwierigen Lebenslagen, spezifische Unterstützungsstrukturen.<br />
Ziel ist es, die Kinder für die neue Lebensphase zu stärken und die Eltern aktiv<br />
in diesen Prozess des Übergangs einzubeziehen. In <strong>Bremen</strong> existieren eine Reihe<br />
von Unterstützungsprogrammen und <strong>im</strong> Rahmen des Programms TransKigs wurde<br />
der Übergang zwischen Kita und Grundschule neu gestaltet. Aufbauend auf diese<br />
Strukturen sollen zukünftig die Eltern noch intensiver als bisher einbezogen<br />
werden.<br />
Kulturelle <strong>Bildung</strong><br />
Die Bedeutung der kulturellen <strong>Bildung</strong> (und der nicht-formalen <strong>Bildung</strong> allgemein)<br />
für die Persönlichkeitsentwicklung bei Kindern und Jugendlichen ist unumstritten.<br />
Insbesondere Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung ist eine zentrale<br />
Ressource für Kinder und Jugendliche, um auch <strong>vor</strong> dem Hintergrund schwieriger<br />
sozialer Ausgangslagen zu einer gelingenden <strong>Bildung</strong>sbiographie zu kommen.<br />
Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ (2007) forderte deshalb eine intensive<br />
Verzahnung von kultureller und schulischer <strong>Bildung</strong>. Auch <strong>im</strong> Programm<br />
„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ wird eine Kohärenz zwischen kultureller <strong>Bildung</strong> und formalem<br />
<strong>Bildung</strong>ssystem gefordert. <strong>Bildung</strong>sbenachteiligte Gruppen können in besonderem<br />
Maße mit den non-formalen Angeboten der kulturellen <strong>Bildung</strong> erreicht werden,<br />
da keine formalen Hürden wie Sprachkenntnisse oder <strong>Bildung</strong>sabschlüsse<br />
die Zugänge erschweren.<br />
Im Gröpelinger Vorhaben kann „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ auf die Vorarbeit einiger Träger<br />
der kulturellen <strong>Bildung</strong> zurückgreifen. Im Zentrum steht dabei ein aus Stiftungsund<br />
Sponsorengeldern aufgebautes Atelierhaus, in dem für Schulen und Kitas,<br />
integriert in Unterricht oder in das Tagesangebot der Einrichtung, verschiedene<br />
Kunstprojekte unter der Leitung von Künstlern/Künstlerinnen und Kunsttherapeuten/pädagogen<br />
angeboten werden.<br />
„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ unterstützt diese Vorhaben durch eine fachliche Begleitung der<br />
Verzahnung dieses Ansatzes mit schulischer <strong>Bildung</strong>. Die Entwicklung der Grundschule<br />
Fischerhuder Straße zur Ganztagsschule und die anstehende Umwandlung<br />
weiterer Grundschulen <strong>im</strong> Stadtteil zu gebundenen Ganztagsschulen erfordert insgesamt<br />
mehr als bisher eine lokale und kommunale Strategie zur Einbindung kultureller<br />
<strong>Bildung</strong> und nicht-schulischer Angebote in den Schulbetrieb.<br />
14 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
<strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf und <strong>Bildung</strong>sberatung<br />
Die Strategie „<strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf“ erfordert in benachteiligenden Stadtteilen<br />
wie Gröpelingen die Erarbeitung besonderer Module und Instrumente, um bildungsbenachteiligten<br />
Gruppen Möglichkeiten eines (Neu-)Einstiegs in <strong>Bildung</strong> zu<br />
ermöglichen. Dazu muss an die konkreten, sehr unterschiedlichen Lebenslagen<br />
angeschlossen werden. Vor <strong>Ort</strong> wurden zahlreiche Konzepte entwickelt, die auf<br />
bildungsbenachteiligte Erwachsene abzielen. Vermehrt sollen solche Angebote<br />
aufeinander bezogen und aus <strong>Bildung</strong>smöglichkeiten <strong>Bildung</strong>sketten werden.<br />
Für das <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf fällt der <strong>Bildung</strong>sberatung eine zentrale Aufgabe<br />
zu. Besonders bildungsbenachteiligten Gruppen fällt es schwer, in einer unübersichtlichen<br />
(Weiter-)<strong>Bildung</strong>sstruktur Angebote zu finden, die den eigenen Bedürfnissen<br />
entsprechen. „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ entwickelt <strong>im</strong> Rahmen der kommunalen<br />
Konzeptionierung einer trägerunabhängigen <strong>Bildung</strong>sberatung das Konzept für<br />
ein dezentrales, aufsuchendes Angebot. Eine solche „aufsuchende <strong>Bildung</strong>sberatung“<br />
kann an <strong>vor</strong>handene Angebote wie Elternschule, Integrationskurse, Elternprojekte<br />
etc. angedockt werden, um individuelle Perspektiven nach Abschluss der<br />
jeweiligen Maßnahme zu eröffnen.<br />
Quartiersbildungszentrum Gröpelingen<br />
Mit einem Kick-Off Workshop unter Beteiligung von 30 Einrichtungen aus dem<br />
Stadtteil wurden die ersten Grundlagen für ein gemeinsames Leitbild entwickelt<br />
und die Skizze für ein Nutzungskonzept für das künftige Gröpelinger Quartiersbildungszentrum<br />
erarbeitet. Die Ergebnisse des Workshops liegen den Ressorts Soziales,<br />
<strong>Bildung</strong> und Bau zur weiteren Beratung in Abst<strong>im</strong>mung mit <strong>Ort</strong>spolitik und<br />
Akteuren <strong>vor</strong>.<br />
Dem Quartiersbildungszentrum kommt eine hohe strategische Bedeutung <strong>im</strong> Aufbau<br />
der lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft zu, da es nicht nur konkret <strong>Bildung</strong>sangebote<br />
bündelt und eine Plattform für die unterschiedlichen <strong>Bildung</strong>sakteure bietet, sondern<br />
auch symbolisch das Thema <strong>Bildung</strong> als Ressource für die Entwicklung des<br />
Stadtteils auf die Agenda setzt. „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ wird die weitere Konzeptentwicklung<br />
moderieren und begleiten.<br />
• Kontakt zur Arbeitsgruppe Lokales <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen:<br />
Lutz Liffers, lernen<strong>vor</strong>ort@bildung.bremen.de<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 15
Mario Tibussek [Deutsche Kinder- und Jugendstiftung]<br />
// Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften in Großstädten –<br />
Mehr <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit durch Verwaltungsreform?<br />
Im Jahr 2010 sorgte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Neuberechnung<br />
der Hartz-IV-Leistungen für Furore. Eine der zentralen Botschaften,<br />
mit der sich seither die Politik zu beschäftigen hat, lässt sich so zusammenfassen:<br />
Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass Kindern unabhängig vom <strong>Bildung</strong>shintergrund<br />
und der finanziellen Situation ihrer Eltern <strong>Bildung</strong>s- und Teilhabechancen<br />
gewährt werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich das noch <strong>im</strong>mer hochaktuelle<br />
Thema der lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften aus einem neuen Blickwinkel<br />
betrachten.<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaften sind<br />
• auf Dauer angelegte,<br />
• professionell gestaltete,<br />
• auf gemeinsames planvolles Handeln abzielende,<br />
• politisch gewollte,<br />
• lokale/regionale Netzwerke zum Thema <strong>Bildung</strong>, die<br />
• ausgehend von der Perspektive des lernenden Subjekts<br />
• formale <strong>Bildung</strong>sorte und informelle Lebenswelten umfassen.<br />
Das Programm <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>, in dessen Kontext die lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft in<br />
<strong>Bremen</strong> Gröpelingen positioniert ist, hat sich die „Entwicklung eines lokalen <strong>Bildung</strong>smanagements<br />
<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>, das lebenslanges, aufeinander abgest<strong>im</strong>mtes <strong>Lernen</strong><br />
und erfolgreiche <strong>Bildung</strong>sbiografien für alle Bürgerinnen und Bürger ermöglicht“<br />
zum Ziel gesetzt.<br />
Wie muss <strong>Bildung</strong> „gemanagt“ werden, um „erfolgreiche <strong>Bildung</strong>sbiografien“ zu<br />
ermöglichen? <strong>Bildung</strong>smanagement muss sich zwangsläufig an Jenen orientieren,<br />
an die es sich richtet. Demzufolge stehen <strong>im</strong> Fokus des Diskurses zur <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit<br />
die Chancen des einzelnen Kindes, des einzelnen Jugendlichen. Nun<br />
werden Kinder und Jugendliche nicht ihre Bedürfnisse an Managementstrukturen<br />
ausrichten; vielmehr haben die Managementstrukturen sich an den Bedürfnissen<br />
von Kindern und Jugendlichen auszurichten. Was bedeutet in diesem Zusammenhang<br />
<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> – wörtlich und damit auch in der Umsetzung des Programms<br />
gleichen Namens? Wo ist „<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ – aus der Sicht eines Kindes, aus der Sicht der<br />
<strong>Bildung</strong>sinstitutionen, aus der Sicht der Verwaltung?<br />
16 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Sozialraum<br />
Der Raumbegriff der Sozialraumorientierung<br />
setzt auf Georg S<strong>im</strong>mels<br />
These der Wechselwirkung: Danach<br />
ist Raum ein soziales Produkt. Der<br />
Raum ist also nicht einfach ein Behälter,<br />
der soziale Prozesse umschließt;<br />
vielmehr konstituieren sich Raum und<br />
Prozesse wechselseitig. Die Wechselwirkung<br />
aus Territorialität und sozialen<br />
Prozessen lässt Sozialraum erst<br />
entstehen, so dass der Raum folglich<br />
sowohl Produkt der gesellschaftlichen<br />
Praxis als auch Produzent von gesellschaftlicher<br />
Realität ist.<br />
Kommunaler Raum<br />
Kommunale <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
sind räumlich durch kommunalpolitische<br />
Wirkungskreise abgegrenzt.<br />
Der kommunale Raum umschließt somit<br />
das soziale Geschehen mit trennscharfen<br />
Grenzen. Albert Einstein bezeichnete<br />
diesen Raum als Container.<br />
Der kommunale Container umfasst<br />
weitere kleinere Container wie Quartiere<br />
oder Stadtbezirke, ist selbst aber<br />
auch durch weitere größere Container<br />
umschlossen wie Bundesländer oder<br />
den nationalen Raumcontainer, als Gesamtensemble<br />
mit dem ‚Matrijoschka-Prinzip’<br />
vergleichbar. Der kommunale<br />
Raum ist demnach rein territorial<br />
definiert.<br />
Klar ist zumindest schon mal eines: Vom einzelnen Individuum, von seiner Lebenswelt<br />
bzw. seinem Sozialraum, von seinen Chancen, von seinen Zugängen zu<br />
<strong>Bildung</strong>smöglichkeiten aus zu denken, jedoch von der Verwaltung aus <strong>im</strong> Sinne<br />
eines „kohärenten <strong>Bildung</strong>smanagements“ zu handeln, ist eine komplexe Aufgabe.<br />
Deutlich wird das alleine schon durch die lange Liste der Akteure, die Einfluss<br />
auf die <strong>Bildung</strong>sbiografie haben. Da agieren nicht nur Menschen aus der Verwaltung,<br />
auch nicht nur Lehrkräfte. Gelernt wird auch nicht nur in der Schule. Vielmehr<br />
ist eine Vielzahl von Akteuren mit ihren jeweiligen Zuständigkeiten auf verschiedenen<br />
Ebenen mit jeweils unterschiedlichen pädagogischen Leitbildern an<br />
den <strong>Bildung</strong>sbiografien der verschiedenen Kinder beteiligt.<br />
Eine Steuerung aus der Governance-Perspektive, indem die Aktivitäten aller relevanten<br />
Akteure zielgerichtet koordiniert werden, bietet für diese komplexe Aufgabe<br />
gute Optionen. Diese Koordinierung darf nicht nur horizontal vernetzt werden,<br />
d. h. auf derselben Ebene bleiben. Eine lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft, die ihr Quartier<br />
als Containerraum behandelt, vernachlässigt wesentliche Einflussfaktoren<br />
und verkommt zu einer isolierten Projektinsel ohne Anspruch auf Dauerhaftigkeit.<br />
Und eine Kommune, die ihre <strong>Bildung</strong>slandschaft nicht <strong>im</strong> Quartier verankert<br />
hat, steuert ohne Inhalt. Sie ist nicht wirklich „<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“. Ergänzend zur horizontalen<br />
Vernetzung über Zuständigkeits- und Ressortgrenzen hinweg wird also auch<br />
eine vertikale Koordination benötigt, in der top down- und bottom up-Prozesse zusammenfinden.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 17
<strong>Bildung</strong>swelten<br />
(Abb. aus: Deinet, U,/Sturzenhecker, B. (Hrsg.): Handbuch Offene Kinder- und<br />
Jugendarbeit. 4. Auflage, Wiesbaden 2008)<br />
18 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Die DKJS <strong>im</strong> Programm „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“<br />
<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für <strong>Bildung</strong><br />
und Forschung und deutscher Stiftungen. Die Stiftungen übernehmen Patenschaften<br />
für die beteiligten Kommunen. Dabei bringen sie zwei Schätze ein:<br />
Zum einen ihre fachliche Expertise bei der Erarbeitung und Umsetzung von innovativen<br />
<strong>Bildung</strong>sprojekten, und zum anderen ihre Position als Akteure der Zivilgesellschaft,<br />
mit der sie dazu beitragen können, eine öffentlich-private Verantwortungsgemeinschaft<br />
für das Thema <strong>Bildung</strong> aufzubauen.<br />
Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) beteiligt sich auf mehreren Ebenen<br />
am Programm: als Mitglied <strong>im</strong> Nationalen Stiftungsverbund und in dessen<br />
Sprecherrat und als Begleiterin (Patin) mehrerer Kommunen. Bei „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong><br />
<strong>Bremen</strong>/Bremerhaven“ hat die DKJS eine Grundpatenschaft übernommen. Sie<br />
bringt sich dabei insbesondere mit der Expertise ein, die sie aus der Begleitung<br />
von mehr als 15 lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften gewonnen hat, aber auch mit dem<br />
Wissen aus mehr als 30 laufenden Programmen, die sich <strong>im</strong> Wesentlichen in vier<br />
Programmbereiche gliedern: Kita und Schule gestalten, <strong>Bildung</strong>spartner vernetzen,<br />
Verantwortung wagen, Perspektiven schaffen.<br />
Zur Vertiefung des Themas:<br />
• Knoke, Andreas; Durdel, Anja (Hrsg.) (2011): Steuerung <strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>swesen: Zur<br />
Zusammenarbeit von Ministerien, Schulaufsicht und Schulleitung. Wiesbaden:<br />
VS Verlag.<br />
• Bleckmann, Peter; Durdel, Anja (Hrsg.) (2009): Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften:<br />
Perspektiven für Ganztagsschulen und Kommunen. Wiesbaden: VS Verlag.<br />
• www.lokale-bildungslandschaften.de: Ein Portal, auf dem Beispiele aus der<br />
Praxis, Expertise aus dem Fachdiskurs und Veranstaltungstipps zum Thema<br />
zu finden sind.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 19
Claudia Fortmann [„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ Gröpelingen]<br />
// Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften in Deutschland<br />
Ein Überblick<br />
Die Debatte um eine zukunftsfähige <strong>Bildung</strong>sinfrastruktur, die zu einer Entkoppelung<br />
des <strong>Bildung</strong>serfolgs von der sozialen Herkunft beiträgt und mehr Chancengleichheit<br />
und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, wird zunehmend mit dem<br />
Begriff „<strong>Bildung</strong>slandschaften“ in Verbindung gebracht. An die Entwicklung dieses<br />
Konzepts ist u.a. die Erwartung geknüpft, mehr <strong>Bildung</strong>sgerechtigkeit herzustellen<br />
und Strategien <strong>im</strong> Umgang mit Exklusion und Diversität zu entwickeln. Dabei<br />
ist keineswegs eindeutig geklärt, was genau unter einer <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
zu verstehen ist. Eine allgemeingültige Begriffsdefinition steht bislang (noch) aus<br />
(Mack 2009). Auch die gängigen Zusätze wie „lokal“, „kommunal“ oder „regional“<br />
tragen nicht unbedingt zur Präzisierung bei, da der Raumbegriff teils synonym und<br />
teils völlig unterschiedlich verwendet wird. Gerade aber die Offenheit des Begriffs<br />
übt offenbar einen besonderen Reiz aus, da hierdurch Freiräume für die Erprobung<br />
unterschiedlicher Konzepte (analog der lokalen Erfordernisse und Bedürfnisse)<br />
entstehen.<br />
Zahlreiche Kommunen in Deutschland haben diese Chance ergriffen und das Konzept<br />
„<strong>Bildung</strong>slandschaften“ mit unterschiedlichen Ansätzen, Akteurskonstellationen<br />
und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen gefüllt (vgl. Recherchehinweise <strong>im</strong><br />
Tagungsreader). Wesentliche Impulse für dieses Engagement wurden durch den<br />
Ausbau der Ganztagsschulen <strong>im</strong> Rahmen des Investitionsprogramms der Bundes-<br />
20 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
egierung (IZBB), den Forderungen des 12. Kinder- und Jugendberichts (2005) und<br />
der kommunalen Spitzenverbände (vgl. z.B. die Aachener Erklärung) nach einem<br />
kohärenten Gesamtsystem von <strong>Bildung</strong>, Erziehung und Betreuung gesetzt.<br />
Die praktische Ausgestaltung von <strong>Bildung</strong>slandschaften <strong>im</strong> kommunalen Raum<br />
zeigt, dass sozialräumlich orientierte Konzepte keineswegs an Bedeutung verloren<br />
haben (Fortmann/ von Rittern/ Warsewa 2010). Gelebt und gelernt wird <strong>im</strong> wahrsten<br />
Sinne des Wortes „<strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ und somit steht zunächst der Stadtteil als zentraler<br />
<strong>Bildung</strong>sraum <strong>im</strong> Fokus, dessen Strukturen zu einer sinnvoll aufeinander abgest<strong>im</strong>mten,<br />
lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft weiterentwickelt werden können. Wichtig<br />
ist dabei, dass die lokalen Ansätze kommunalpolitisch gewollt und verantwortet<br />
werden, damit keine losgelösten „Inseln“ <strong>im</strong> Stadtteil entstehen, sondern Konzepte<br />
und Strukturen, die sich in eine kommunalpolitische Gesamtstrategie einbetten.<br />
Wie diese Entwicklungsprozesse verlaufen und welche thematischen Schwerpunkte<br />
bei der Entwicklung von <strong>Bildung</strong>slandschaften gesetzt werden ist äußerst<br />
heterogen: Während einige Ansätze in erster Linie darauf abzielen, schulisches<br />
und außerschulisches <strong>Lernen</strong> miteinander zu verbinden und/oder Übergänge in<br />
der <strong>Bildung</strong>sbiographie zu opt<strong>im</strong>ieren, befassen sich andere Ansätze hauptsächlich<br />
mit der Verbesserung der beruflichen <strong>Bildung</strong> und Weiterbildung. Dennoch ist<br />
es möglich, anhand der Praxis und der aktuellen Fachdiskussionen, vier Typen von<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaften zu identifizieren, die Aufschluss darüber geben, in welche<br />
Richtungen sich das Konzept bewegt bzw. bewegen kann.<br />
1. Weiterbildungs- und Qualifizierungslandschaften<br />
Der weiterbildungsorientierte Typ von <strong>Bildung</strong>slandschaften zielt weniger auf die<br />
frühkindliche oder schulische Allgemeinbildung ab, sondern rückt vielmehr Themen<br />
der beruflichen <strong>Bildung</strong> und Qualifizierung in den Vordergrund. Konzepte dieser<br />
Art sind insgesamt stark arbeitsmarktorientiert ausgerichtet und <strong>vor</strong> allem<br />
mit der Zielsetzung verbunden, Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten oder herzustellen.<br />
Einbezogen werden <strong>vor</strong> allem Akteure aus dem Bereich der beruflichen<br />
Aus- und Weiterbildung, wie z.B. <strong>Bildung</strong>sträger, Unternehmen, Kammern, Berufsbildende<br />
Schulen, Arbeitsagenturen usw. Ein bekannter Ansatz, der diese Zielrichtung<br />
repräsentiert, ist das Bundesprogramm „<strong>Lernen</strong>de Regionen – Förderung<br />
von Netzwerken“, an dem sich deutschlandweit über 70 Regionen beteiligt haben.<br />
In diesem Kontext wurden zahlreiche Netzwerke etabliert, die analog regionalspezifischer<br />
Problem- und Bedarfslagen, an unterschiedlichen Themenstellungen<br />
und Konzepten gearbeitet haben (z.B. Weiterbildungskonzepte für Arbeitnehmer/<br />
innen, Erwerbslose oder Berufsrückkehrer/innen, betriebliche Qualifizierungskonzepte,<br />
Konzepte zur personalen und organisationalen <strong>Bildung</strong>sberatung,…).<br />
Auch <strong>Bremen</strong> hat sich mit dem „Lernnetzwerk <strong>Bremen</strong>“ in Trägerschaft der Arbeitnehmerkammer<br />
an dem Programm beteiligt und u.a. ein Netzwerk rund um<br />
das Thema „<strong>Bildung</strong>sberatung“ aufgebaut.<br />
In der Endphase des Bundesprogramms wurde eine Sicherung der Nachhaltigkeit<br />
durch die Entwicklung kommunaler, ressortübergreifender Handlungskonzepte<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 21
angestrebt (Reupold u.a. 2009: 53ff.) – eine Erkenntnis, die in die Konzeption des<br />
Programms „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ eingeflossen ist.<br />
Der Weiterbildung wird bei der Entwicklung von <strong>Bildung</strong>slandschaften insgesamt<br />
eine gewisse Vorreiterrolle zugeschrieben, weil sie weniger reglementiert ist als<br />
der Schulbereich und sich daher eher für einen Strategiewechsel und Netzwerkansätze<br />
eignet (Gnahs 2002). Spätestens seit den Vergleichsuntersuchungen wie<br />
Pisa, Iglu oder T<strong>im</strong>ms wurde die Debatte um die konzeptionelle Ausrichtung von<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaften allerdings stärker in Richtung frühkindliche und schulische<br />
<strong>Bildung</strong> gelenkt. Derzeit wird diese Richtung von zwei Ansätzen geprägt: die schulzentrierte<br />
und die kooperationszentrierte Variante (Stolz 2009).<br />
2. Schulzentrierte <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
Schulzentrierte Entwicklungsvarianten von <strong>Bildung</strong>slandschaften (vgl. hierzu ausführlich<br />
Stolz 2009) sind in der Praxis relativ häufig anzutreffen und finden nach<br />
wie <strong>vor</strong> großen Zuspruch <strong>im</strong> entsprechenden Fachdiskurs. Der Typus geht davon<br />
aus, dass Schulen die zentralen Akteure einer <strong>Bildung</strong>slandschaft sind und sich<br />
Netzwerkstrukturen rund um diese Institutionen zu entwickeln haben. Der besondere<br />
Status der Schule wird zum einen mit der Relevanz formaler Abschlüsse für<br />
die Gestaltung individueller <strong>Bildung</strong>sbiographien begründet; zum anderen aber<br />
auch mit dem verpflichtenden Charakter der Schule, der es am ehesten ermögliche,<br />
alle Kinder einer Region zu erreichen.<br />
22 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Im Zentrum der konzeptionellen Überlegungen zur Gestaltung schulzentrierter<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaften stehen <strong>vor</strong> allem die schulische Qualitäts- und Unterrichtsentwicklung,<br />
zu der außerschulische Partner mit ihren spezifischen Kompetenzprofilen<br />
beitragen sollen. Konzepte dieser Art spiegeln sich in Forderungen zur<br />
Öffnung der Schulen zum Gemeinwesen wider, die spätestens seit den 90er Jahren<br />
populär geworden sind. Auch entsprechende Programme, wie z.B. die nordrheinwestfälische<br />
Initiative „Gestaltung des Schullebens und Öffnung von Schule<br />
(GöS)“ oder die „Regionalen <strong>Bildung</strong>slandschaften“ der Bertelsmann Stiftung<br />
haben zur Verbreitung dieses Ansatzes beigetragen. Letztere hat beispielsweise<br />
zahlreiche Kommunen in NRW, Niedersachen und Baden-Württemberg bei dem<br />
Aufbau entsprechender Netzwerke unterstützt. Die Entwicklung dieser Netzwerke<br />
basiert auf dem Grundgedanken, dass sich Schulen zunächst „von innen heraus“<br />
reformieren müssen, be<strong>vor</strong> die Kooperation mit anderen Akteuren eine Rolle spielen<br />
kann. Im Fokus stehen daher zuerst die Qualifizierung von Lehrkräften und die<br />
Qualitätsentwicklung der jeweiligen Einzelschulen. In einem zweiten Schritt werden<br />
die Einzelschulen einer Region zu einer „regionalen Schullandschaft“ vernetzt,<br />
um sich gegenseitig zu unterstützen und Übergänge zwischen den Schultypen zu<br />
verbessern. Darauf aufbauend kann schließlich eine regionale <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
entstehen, in der außerschulische Partner – insbesondere Kindertagesstätten und<br />
die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit - auf Augenhöhe einbezogen werden<br />
(Lohre 2007). Zentraler <strong>Bildung</strong>sort ist also zunächst die Einzelschule – diese<br />
soll sich jedoch „als Teil ihrer Region verstehen und in der Region wirksam und<br />
nachhaltig unterstützt werden“ (ebd.). Zur Steuerung der <strong>Bildung</strong>slandschaftsentwicklung<br />
ist zunächst das Zusammenspiel von innerer und äußerer Schulauf-<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 23
sicht („Staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaften“) und anschließend<br />
auch von schulischer und außerschulischer <strong>Bildung</strong>sarbeit notwendig. Zentrale<br />
Instanzen sind dabei von Land und Kommune getragene <strong>Bildung</strong>sbüros und regionale<br />
Steuerungsgruppen mit Verteter/innen von Schulaufsicht und Kommune<br />
(Schulverwaltung und öffentliche Jugendhilfe).<br />
Obwohl in der Praxis nach wie <strong>vor</strong> zahlreiche <strong>Bildung</strong>snetzwerke „rund um die<br />
Schule“ entstehen, erntet dieser Ansatz auch zunehmend Kritik. Vor allem aus den<br />
Reihen der Kinder- und Jugendhilfe wird bemängelt, dass Schulen dazu neigten,<br />
Potenziale ihrer Partner zu „verschulen“ und die Kooperationsbeziehungen insgesamt<br />
sehr einseitig verliefen. Viel zu selten werde thematisiert, was Schulen <strong>im</strong><br />
Gegenzug für ihre Partner tun oder welchen Beitrag sie zur nachhaltigen Quartiersentwicklung<br />
leisten können. Insbesondere Vertreter/innen der Kinder- und Jugendhilfe<br />
haben sich daher für ein anderes Verständnis von <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
eingesetzt: die kooperationszentrierte Variante, die Schule und Jugendhilfe als<br />
gleichberechtigte Partner ins Zentrum der <strong>Bildung</strong>slandschaft rückt.<br />
3. Kooperationszentrierte <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
Kooperationszentrierte Entwicklungsvarianten (vgl. hierzu ausführlich Stolz 2009)<br />
gehen von einem stark erweiterten <strong>Bildung</strong>sbegriff aus, der nicht nur auf schulisches<br />
<strong>Lernen</strong> abzielt, sondern auch die Bedeutsamkeit des <strong>Lernen</strong>s und der gesamten<br />
Persönlichkeitsentwicklung außerhalb der Schule betont. Besondere Bedeutung<br />
kommt hierbei dem non-formalen <strong>Lernen</strong> in außerschulischen Settings<br />
der Kinder- und Jugendhilfe zu.<br />
Diese versteht sich zunehmend als gleichwertiger Partner mit einem eigenständigen<br />
<strong>Bildung</strong>sauftrag und nicht nur als „Reparaturbetrieb“ der Schule. Kooperationszentrierte<br />
Ansätze stellen daher Schulen und Einrichtungen der Kinderund<br />
Jugendhilfe als gleichberechtigte Kerninstanzen ins Zentrum der Entwicklung<br />
von <strong>Bildung</strong>slandschaften (Berse 2009). Weitere Einrichtungen fungieren in diesem<br />
Konstrukt <strong>vor</strong> allem als Kooperationspartner und nicht etwa als wesentliche<br />
Impulsgeber für die Entstehung lokaler <strong>Bildung</strong>slandschaften (Eisnach 2011).<br />
Programmatisch wurde dieser Ansatz stark vom Deutschen Jugendinstitut gestützt,<br />
das dafür den Begriff „Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften“ geprägt hat. In diesem<br />
Ansatz sollen die Systeme Schule und Jugendhilfe fachlich und organisatorisch<br />
zwar eigenständig bleiben, sich aber auf eine rechtlich verbindliche Zusammenarbeit<br />
verständigen. Dazu bedarf es einer kooperativen Kultur auf allen Handlungsebenen,<br />
d.h. sowohl auf der Ebene der Einzelschule, des Sozialraums und<br />
der Gesamtstadt. Angesprochen sind damit u.a. Aspekte wie eine abgest<strong>im</strong>mte<br />
Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung, das Arbeiten in multiprofessionellen<br />
Teams, die bewusste Gestaltung anregender Lernumgebung <strong>im</strong> Zusammenspiel<br />
von formaler und non-formaler <strong>Bildung</strong> etc.<br />
24 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
In der Praxis haben sich die Forderungen nach einem kooperationszentrierten Ansatz<br />
zwar noch nicht so stark durchgesetzt wie der schulzentrierte Typ – allerdings<br />
hat der Ansatz großen Aufschwung durch die Ganztagsschulentwicklung erhalten.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 25
In einigen Bundesländern wurde die Ganztagsschule ganz bewusst als verbindliches<br />
Kooperationsmodell zwischen den beiden Systemen Schule und Jugendhilfe<br />
eingeführt (z.B. in Nordrhein-Westfalen). Zahlreiche Kommunen haben in diesem<br />
Zuge versucht, das Verhältnis zwischen Schule und Jugendhilfe neu zu best<strong>im</strong>men<br />
(z.B. durch Kooperationsvereinbarungen oder gemeinsame Dezernatszuschnitte).<br />
Gestärkt durch diese Entwicklungen haben Vertreter/innen der Kinderund<br />
Jugendhilfe zunehmend mehr Mitsprachemöglichkeiten bei der Gestaltung<br />
von ganzheitlichen <strong>Bildung</strong>sprozessen eingefordert. Inwieweit das Kernmodell<br />
„Schule-Jugendhilfe“ allerdings zentrale Impulse für die Weiterentwicklung von<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaften setzen kann, hängt entscheidend von der konkreten Ausgestaltung<br />
der Kooperationsbeziehung ab. Der bloße Einbezug von Trägern der<br />
Jugendhilfe zur Sicherstellung der Betreuungssituation <strong>im</strong> Anschluss an den<br />
Schultag trägt sicherlich nur wenig zur konstruktiven Weiterentwicklung von <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
bei. Wenn es aber tatsächlich darum geht, dass beide Partner<br />
ihre Angebote aufeinander abst<strong>im</strong>men und gemeinsam integrierte Handlungskonzepte<br />
entwickeln, dann bietet das Kooperationsmodell durchaus gute Potenziale<br />
für die konzeptionelle Weiterentwicklung von <strong>Bildung</strong>slandschaften. Ein Beispiel<br />
hierfür sind die Bremer Quartiersbildungszentren, die explizit darauf abzielen,<br />
Schule und Jugendhilfe als Kernakteure näher zusammenzuführen und auf Basis<br />
gemeinsamer Konzeptarbeit weitere Akteure in eine umfassendere Vernetzung zu<br />
integrieren.<br />
4. Multid<strong>im</strong>ensionale <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
Multid<strong>im</strong>ensionale <strong>Bildung</strong>slandschaften (Eisnach 2011) sind Ansätze, die auf<br />
einem sehr umfassenden <strong>Bildung</strong>sbegriff beruhen und <strong>vor</strong> allem in der Diskussion<br />
um kommunale <strong>Bildung</strong>slandschaften eingefordert werden (vgl. z.B. das Diskussionspapier<br />
des Deutschen Vereins). Auch die Konzeptentwicklung des Gröpelinger<br />
<strong>Bildung</strong>sverbundes basiert auf den Leitlinien dieses Ansatzes.<br />
Anders als die ersten drei Typen stellt die multid<strong>im</strong>ensionale Variante keine spezielle<br />
Lebens- und Lernphase (z.B. frühkindliche <strong>Bildung</strong> oder berufliche Weiterbildung)<br />
in den Vordergrund, sondern betrachtet das gesamte <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf.<br />
Analog dieser zeitlichen D<strong>im</strong>ension orientiert sich der Ansatz an folgender handlungsleitender<br />
Grundsatzfragen:<br />
• Was sind <strong>Bildung</strong>s- und Lernstationen, die <strong>im</strong> Lebenslauf eine Rolle spielen?<br />
• Wo finden <strong>Bildung</strong>s- und Entwicklungsprozesse statt (<strong>Bildung</strong>sorte)?<br />
• Welche Akteure üben einen Einfluss auf Lern- und Entwicklungsprozesse aus?<br />
Die systematische Beantwortung dieser Fragestellungen schärft das Bewusstsein<br />
dafür, dass <strong>Bildung</strong> in sehr vielfältigen Zusammenhängen und an unterschiedlichsten<br />
<strong>Ort</strong>en <strong>im</strong> Stadtteil stattfindet und sich keineswegs auf formale und nonformale<br />
<strong>Bildung</strong>seinrichtungen beschränkt. Dementsprechend sind formale, nonformale<br />
und informelle <strong>Bildung</strong>s- und Entwicklungssettings gleichermaßen ins<br />
26 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Blickfeld zu nehmen und <strong>Bildung</strong> stärker als Querschnittsthema sämtlicher Bereiche<br />
(z.B. Stadtentwicklung, Sozialpolitik etc.) zu berücksichtigen. In diesem<br />
Verständnis können alle Akteure auch außerhalb des engeren <strong>Bildung</strong>sbereichs<br />
zum Impulsgeber für die Entwicklung einer <strong>Bildung</strong>slandschaft werden (z.B. Wohnungsbaugesellschaften<br />
… ).<br />
Legt man diese Fragen für die Entwicklung eines <strong>Bildung</strong>sverbundes in Gröpelingen<br />
zugrunde, bedeutet das mit Blick auf die dort <strong>vor</strong>handene Infrastruktur, dass<br />
neben den bestehenden Netzwerken (z.B. a-b-c-Gröpelingen, Stadtteilarbeitskreise)<br />
und Einrichtungen wie Schulen und Kindertagesstätten eine Vielzahl an<br />
Akteuren einzubeziehen ist, die ebenfalls Einfluss auf den <strong>Bildung</strong>sraum Stadtteil<br />
nehmen: Dazu gehören beispielsweise <strong>Ort</strong>e und Einrichtungen der non-formalen<br />
<strong>Bildung</strong> wie z.B. die Einrichtungen der Jugendarbeit, VHS West, Kultur <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>, die<br />
Bibliothek, das Bürgerhaus oder zivilgesellschaftliche Akteure, die sich den kommunalen<br />
Wirkungsmöglichkeiten weitestgehend entziehen (z.B. Moscheen, Vereine,<br />
Kirchen), den Stadtteilbewohner/innen aber dennoch als Begegnungs- und<br />
<strong>Bildung</strong>sstätte dienen. Wichtig sind auch Akteure und Initiativen, die Einfluss auf<br />
die Wohn- und Lebensqualität <strong>im</strong> Stadtteil haben, z.B. das Sozialzentrum West, der<br />
Gesundheitstreffpunkt, das Quartiersmanagement, das Gröpelinger Marketing, die<br />
lokale Politik und Verwaltung (<strong>Ort</strong>samt/Beirat) oder auf den Stadtteil abzielende<br />
Förderprogramme wie „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN), Soziale Stadt, „Lokales<br />
Kapital für soziale Zwecke“ (LOS). Gleichzeitig sind auch Kooperationen außerhalb<br />
des Stadtteils (z.B. zu Universitäten oder weiterführenden Schulen) zu berücksichtigen,<br />
um eine Schließung zum gesamtsstädtischen Raum zu vermeiden.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 27
Für die Realisierung eines solchen Ansatzes sind auf der horizontalen Ebene starke<br />
Entwicklungspartnerschaften zwischen lokalen Akteuren notwendige Grund<strong>vor</strong>aussetzung.<br />
Darüber hinaus bedarf es aber auch neuer Steuerungsansätze, die<br />
bottom-up-Entwicklungen und top-down Ansätze sinnvoll miteinander verknüpfen<br />
und die lokalen Aktivitäten in eine kommunale Gesamtstrategie einbetten. Zum einen<br />
werden dazu ressortübergreifende Gremien benötigt, die neben <strong>Bildung</strong> und<br />
Soziales auch die Ressorts Kultur, Wirtschaft, Arbeit, Bau, Finanzen und die Senatskanzlei<br />
einbeziehen (horizontal-horizontal). Zum anderen wird ein Modell benötigt,<br />
das eine adäquate Kommunikation zwischen Stadtteilebene und ressortübergreifender<br />
Steuerungsrunde ermöglicht (horizontal-vertikal). Diese Prozesse<br />
und strukturellen Rahmenbedingungen sind äußerst <strong>vor</strong>aussetzungsvoll und in<br />
Deutschland bislang wenig entwickelt. Das Projekt „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ <strong>Bremen</strong>/Gröpelingen<br />
bietet daher die Chance, durch den Einsatz eines kommunalen und lokalen<br />
<strong>Bildung</strong>smanagements exemplarisch ein entsprechendes Konzept zu erproben<br />
und durch einen geeigneten Erfahrungs- und Wissenstransfer andere Stadtteile<br />
und Kommunen bei der Durchführung ähnlicher Vorhaben zu unterstützen.<br />
28 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Literatur<br />
Berse, Christoph [2009]: Mehrd<strong>im</strong>ensionale <strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Kontext Kommunaler <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
Bestandsaufnahme und Perspektiven. Opladen/Farmington<br />
Hills.<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [Hrsg.] [2005]:<br />
Zwölfter Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen<br />
und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.<br />
(http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung5/Pdf-Anlagen/zwoelfterkjb,property=<strong>pdf</strong>.)<br />
Deutscher Städtetag [2007]: Aachener Erklärung anlässlich des Kongresses „<strong>Bildung</strong><br />
in der Stadt“ am 22./23.11.2007 (http://ec.europa.eu/education/migration/<br />
germany9_de.<strong>pdf</strong>)<br />
Eisnach, K. [2011]: Ganztagsschulentwicklung in einer kommunalen <strong>Bildung</strong>slandschaft.<br />
Wiesbaden.<br />
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. [2007]: Diskussionspapier<br />
zum Aufbau Kommunaler <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
https://www.deutscher-verein.de/05-empfehlun-gen/empfehlungen_archiv/empfehlungen2007/<strong>pdf</strong>/Diskussionspapier_des_Deutschen_Vereins_zum_Aufbau_<br />
Kommunaler_<strong>Bildung</strong>slandschaften.<strong>pdf</strong><br />
Fortmann, Claudia/ von Rittern, Roy/Warsewa, Günter [2010}: Zum Umgang mit<br />
Diversität und Heterogenität in <strong>Bildung</strong>slandschaften. Expertise <strong>im</strong> Auftrag der<br />
Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.<br />
(http://www2.iaw.uni-bremen.de/projekte/IntegrationskonzepteAbschlussbericht.<br />
<strong>pdf</strong>)<br />
Gnahs, Dieter. (2002): Indikatoren- und Messprobleme bei der Best<strong>im</strong>mung der<br />
Lernhaltigkeit von Regionen. Vortrag auf der Forschungstagung „Probleme und<br />
Ansätze wissenschaftlicher Begleitforschung <strong>im</strong> Feld der Weiterbildung und des<br />
<strong>Lernen</strong>s in der Region“ am 6. Juni 2002 in Münster.<br />
http://www.lernende-regio-nen.info/dlr/download/Indikatoren_und_Messprobleme_Muenster.<strong>pdf</strong>?PHPSESSID=5bebd117d261fed6ea7169fbbec5be0f<br />
Lohre, Wilfried. [2007]: Über das Netzwerk hinaus – Entwicklung regionaler <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
http://www.eundc.de/<strong>pdf</strong>/36007.<strong>pdf</strong><br />
Mack, Wolfgang [2009]: <strong>Bildung</strong> in sozialräumlicher Perspektive. Das Konzept <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
In: Bleckmann, Peter/Durdel, Anja [Hrsg.]: Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
Perspektiven für Ganztagsschulen und Kommunen, S. 57-66.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 29
Stolz, Heinz-Jürgen [2009]: Gelingensbedingungen lokaler <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
Die Perspektive der dezentrierten Ganztagsbildung. In: Bleckmann, Peter/Durdel,<br />
Anja [Hrsg.]: Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften. Perspektiven für Ganztagsschulen und<br />
Kommunen. Wiesbaden, S. 105-120.<br />
Reupold, Andrea/Kuwan, Helmut/Tippelt, Rudolf/Lindner, Markus [2009]: Kommunale<br />
Kooperationen mit <strong>Lernen</strong>den Regionen - Lebenslanges <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> gestalten.<br />
In: Christoph Emminghaus/Rudolf Tippelt [Hrsg.]; Lebenslanges <strong>Lernen</strong> in<br />
regionalen Netzwerken verwirklichen: Abschließende Ergebnisse zum Programm<br />
„<strong>Lernen</strong>de Regionen – Förderung von Netzwerken“. Bielefeld.<br />
30 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Jürgen Dege-Rüger [<strong>Bildung</strong>soffensive Elbinseln Hamburg]<br />
// Bessere <strong>Bildung</strong> bauen: <strong>Bildung</strong>soffensive Elbinseln<br />
Ein Schlüsselprojekt der IBA Hamburg (Internationale Bauausstellung) ist die „<strong>Bildung</strong>soffensive<br />
Elbinseln“. Sie n<strong>im</strong>mt damit auf, was schon Jahre <strong>vor</strong>her <strong>im</strong> Rahmen<br />
einer Zukunftskonferenz als Stadtteil-Offensive der BewohnerInnen auf den<br />
Weg gebracht wurde: Rund 100 Einrichtungen arbeiten gemeinsam daran, die <strong>Bildung</strong>sangebote<br />
für alle Bewohnerinnen und Bewohner auf den Elbinseln zu verbessern.<br />
Das ambitionierte Projekt, das mit allen Fachbehörden und dem Bezirk aufgestellt<br />
ist, verfolgt zwei Ziele:<br />
• Der <strong>Bildung</strong>serfolg der Kinder in Kirchdorf, auf der Veddel und <strong>im</strong> Reiherstieg<br />
soll nicht länger zu sehr von der sozialen Herkunft der Eltern abhängen.<br />
• Die Stadtteile sollen lebenswerter werden, um sie als Wohnort für Familien<br />
aus ganz Hamburg attraktiver zu machen.<br />
Auf den Elbinseln entstehen neue Gebäude für die <strong>Bildung</strong>, in denen unterschiedliche<br />
thematische Schwerpunkte gesetzt werden und systematisch an verbesserten<br />
Kooperationen gearbeitet wird – vom Sprach- und Bewegungszentrum über<br />
ein „Haus der Projekte“, für den Übergang von der Schule in den Beruf, einem Medienzentrum<br />
und einem Netzwerk für Produktionsorientierte <strong>Bildung</strong> bis hin zum<br />
„Tor zur Welt“, einem neuartigen <strong>Bildung</strong>szentrum mit Angeboten unter einem<br />
Dach. Damit werden <strong>Ort</strong>e und Profile geschaffen, die die Zusammenarbeit der verschiedenen<br />
Kitas, Schulen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der<br />
Erwachsenenbildung verbessern können.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 31
Wie kann eine Lernlandschaft entstehen?<br />
1. Auf <strong>vor</strong>handenem aufbauen<br />
Lernlandschaften entstehen nicht aus dem Nichts, sondern gründen sich auf <strong>vor</strong>handenen<br />
Strukturen und Kooperationen. Projekte dieser Art und Größenordnung<br />
können überhaupt nur dann Erfolgschancen haben, wenn sie sehr genau und wiederholt<br />
analysieren, was es <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> in welcher Qualität gibt und welche Akteure die<br />
gegenwärtige Situation gestalten.<br />
Hier zeigten sich die Potenziale, Barrieren und Bedarfe zur Gestaltung von Veränderungsprozessen:<br />
• bewährte Kooperationen, ungelöste Konflikte, Vorurteile, „Leichen <strong>im</strong> Keller“<br />
• ungleiche Verteilung von Ressourcen, Verteidigung von „Erbhöfen“, Konkurrenzen<br />
• fehlende Klarheit von Entscheidungen und Regeln <strong>im</strong> Nebeneinander<br />
• unterschiedliche Interessenslagen bei der Formulierung gemeinsamer<br />
• Ziele<br />
• Identifikation eines gemeinsamen „Geistes“, oder von transparenter Unterschiedlichkeit<br />
• reale, begründete und auch unbegründete Machtverhältnisse<br />
• Zugänglichkeit und Verfügbarkeit von Informationen, Erkenntnissen, Respekt<br />
und Finanzmitteln seitens der Akteure.<br />
2. Netzwerk- und Konfliktmanagement entwickeln<br />
Alle Projekte brauchen eine maßgeschneiderte Struktur, sowohl was das Geflecht<br />
aller beteiligten Partner in den unterschiedlichen <strong>Bildung</strong>seinrichtungen angeht,<br />
als auch <strong>im</strong> Hinblick auf die Steuerung des gesamten Prozesses. Projekte der Größenordnung<br />
und Vielschichtigkeit der BOE brauchen einen „Kümmerer“, der die<br />
Fähigkeit besitzt, die vielen Partner be<strong>im</strong> Knüpfen des Netzwerks zu an<strong>im</strong>ieren, zu<br />
fördern und sie dauerhaft als Partner zu behalten. Auch für den Aufbau des Netzwerks<br />
gilt, dass an <strong>vor</strong>handenen Kooperationen angesetzt werden muss. Initiativen<br />
und Kooperationen werden nicht von oben eingesetzt, sondern von unten aufgebaut.<br />
3. Sich über gemeinsame inhaltliche Ziele und Profile verständigen<br />
Projekte brauchen eine gemeinsame inhaltliche Verständigungsebene. Daher ist<br />
die Einigung auf gemeinsame Ziele und beabsichtigte Wirkungen mit den unterschiedlichen<br />
lokalen Akteuren und ein kontinuierlich fortzusetzender Verständigungsprozess<br />
unabdingbar. Ein Rahmenkonzept, das sowohl „top-down“ als auch<br />
„bottom-up“ akzeptiert ist und Handlungsfelder beschreibt, bildet eine notwendige<br />
Grundlage für die Herstellung eines Konsenses. Für die Qualitätsentwicklung<br />
in der Arbeit ist die Einigung auf inhaltliche Profile empfehlenswert.<br />
32 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
4. Profile und <strong>Ort</strong>e schaffen<br />
und gemeinsam als Projekte<br />
umsetzen<br />
<strong>Bildung</strong>sprojekte können nicht<br />
allein abstrakt diskutiert werden,<br />
sondern müssen konkret<br />
erfahrbar sein. Die Ideen zur<br />
Veränderung brauchen reale<br />
<strong>Ort</strong>e, um <strong>vor</strong>stellbar und greifbar<br />
werden zu können; Projektideen<br />
brauchen eine Schärfe,<br />
die es ermöglicht, die Inhalte<br />
des Projektes konkret zu verhandeln,<br />
seine Kompatibilität<br />
mit dem Rahmenkonzept<br />
und die allgemeinen Ziele am<br />
Projekt prüfen zu können. Für<br />
eine Identifikation der Akteure<br />
mit den Veränderungsprozessen<br />
und zur erlebbaren Veränderung<br />
der herrschenden Verhältnisse<br />
sind Projekte, <strong>Ort</strong>e<br />
und Profile zur <strong>Bildung</strong> von<br />
Netzwerkpunkten gleichermaßen<br />
unerlässlich.<br />
Diese <strong>Ort</strong>e der Vernetzung können „neue Räume“ sein, es können aber auch bestehende<br />
<strong>Ort</strong>e als solche definiert bzw. umgebaut werden.<br />
5. Angemessene Kommunikationsformen schaffen<br />
Kommunikation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. In Anbetracht eines oftmals<br />
komplexen Akteursgeflechts und ebenso vielfältiger Interessenlagen und Befindlichkeiten<br />
ist eine Kommunikationsstrategie erforderlich, die behutsam die etablierten<br />
Kommunikationsstrukturen und -formen weiterentwickelt und diese nicht<br />
neu zu erfinden sucht. Es braucht eine zielgruppenorientierte Informationspolitik,<br />
die sich zugleich an Fachleute sowie an die breite Öffentlichkeit richtet.<br />
6. Kooperationen erfordern Arbeiten, die über das bisherige Kerngeschäft hinausgehen<br />
Der politische Auftrag, das Commitment von Entscheidungsträgern und Akteuren<br />
ist die eine Voraussetzung für den Aufbau einer übergreifenden Lernlandschaft –<br />
die andere sind zusätzliche Ressourcen in Verbindung mit Kreativität und der Be-<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 33
eitschaft, <strong>vor</strong>handene Strukturen auf jeder Ebene infrage zu stellen, zu überwinden<br />
und neue Strukturen, wie z.B. <strong>Bildung</strong>skonferenzen mit dazugehörigen Büros<br />
aufzubauen, entsprechend der Diskussionen um „regional governance“.<br />
Jürgen Dege-Rüger (* 1950) ist gelernter Lehrer (Politik und Sport). Seit 1975 in<br />
Hamburg tätig an Handels-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen, 1982-85 Aufbau Beruflicher<br />
<strong>Bildung</strong> an der Volkshochschule in Brunsbüttel. Bis 1988 wieder Lehrer<br />
an der Gesamtschule in Kirchdorf-Wilhelmsburg. Anschließend 15 Jahre lang bis<br />
2006 Leiter der Region Süd der Hamburger Volkshochschule, Umbau der behördlichen<br />
Dienststelle zum eigenständigen Landesbetrieb. Parallel Fortbildungen und<br />
berufsbegleitende Tätigkeiten als Organisationsberater und als Supervisor (DGSv).<br />
Seit 2006 Koordinierungsstelle <strong>Bildung</strong>soffensive Elbinseln bei der Internationalen<br />
Bauausstellung Hamburg GmbH, entsendet von der Behörde für <strong>Bildung</strong> und<br />
Sport, Koordinierung des Aufbaus einer „<strong>Bildung</strong>slandschaft <strong>im</strong> Fluss“.<br />
• www.bildungsoffensive-elbinseln.de<br />
IBA Hamburg GmbH, Koordinierungsstelle <strong>Bildung</strong>soffensive Elbinseln<br />
Jürgen Dege-Rüger, Am Zollhafen 12, 20539 Hamburg<br />
Juergen.dege-rueger@iba-hamburg.de<br />
34 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Mohini Lokhande [<strong>Bildung</strong>swelle Spandau], Josef Kohorst [Reuterkiez]<br />
// Zwischen Entdeckung der Langsamkeit und Wettlauf gegen<br />
die Zeit - Wie man Partner gewinnt<br />
Zum Reuterkiez<br />
Der Reuterkiez liegt zwischen Hermannplatz, Karl-Marx-Straße und Maybachufer<br />
<strong>im</strong> Norden Neuköllns. Das öffentliche Bild Nord-Neuköllns ist geprägt durch die<br />
Schlagworte „Gewalt, Armut und <strong>Bildung</strong>snotstand“.<br />
Die Kinder und Jugendlichen des Kiezes haben mit diesen Vorurteilen schwer zu<br />
kämpfen, sei es, dass sie diese negative Sichtweise in ihr Selbstbild übernehmen<br />
und resignieren: „Wir haben ja sowieso keine Chance“, sei es dass sie mit hohem<br />
Aufwand dagegen ankämpfen: „Wir wollen auf keinen Fall so werden wie unsere<br />
Eltern!“.<br />
<strong>Bildung</strong> erweist sich für den Reuterkiez als wichtigster Standortfaktor. Immer wieder<br />
überlegen sich Eltern, in für die <strong>Bildung</strong> ihrer Kinder entscheidenden Situationen,<br />
ob sie <strong>im</strong> Reuterquartier wohnen bleiben wollen: Gibt es Kindertageseinrichtungen,<br />
in die ich mein Kind mit gutem Gewissen schicken kann und in denen<br />
es die Förderung erhält, die es braucht? Kann ich meinem Kind die <strong>vor</strong>gesehene<br />
Grundschule überhaupt zumuten oder erfährt mein Kind dort eher Respektlosigkeit<br />
und lernt nicht richtig Deutsch, weil fast alle Kinder aus Elternhäusern mit anderen<br />
Herkunftssprachen kommen? Hat mein Kind überhaupt Chancen auf einen<br />
anerkannten Schulabschluss, wenn ich es in die Oberschule <strong>im</strong> Kiez gehen lasse?<br />
Damit nicht <strong>im</strong>mer wieder Eltern mit ihren Kindern den Sozialraum verlassen, weil<br />
sie dem <strong>vor</strong>handenen <strong>Bildung</strong>ssystem nicht trauen, wurde <strong>vor</strong> drei Jahren der „Lokale<br />
<strong>Bildung</strong>sverbund Reuterkiez“ gegründet.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 35
Der Verbund weist einige Besonderheiten auf. Zu den Partnern gehören zwei Quartiersmanagements,<br />
Reuterplatz und seit dem vergangenen Jahr auch „Donaustraße<br />
Nord“. Kernverbund<strong>vor</strong>haben ist das Projekt Campus Rütli CR2 mit den auf<br />
dem Campus entstehenden Modulen (Gemeinschaftsschule, Kindertagesstätten,<br />
Jugendfreizeiteinrichtung, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Jugendamt,<br />
Quartiershalle und Elternzentrum). Darum herum bindet der „Quadratkilometer<br />
<strong>Bildung</strong>“, ein stiftungsfinanziertes Vorhaben, weitere Einrichtungen ein und organisiert<br />
Fortbildungen und die pädagogische Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen.<br />
Der Lokale <strong>Bildung</strong>sverbund Reuterkiez umfasst diese Vorhaben und zählt<br />
weitere drei Grundschulen, 20 Kindertagesstätten, Jugendhilfeträger und Migrantenvereine,<br />
aber auch das Jugendamt, das Schulamt und den zuständigen Polizeiabschnitt<br />
zu seinen Mitgliedern.<br />
Finanziert wird der Verbund aus Mitteln der Sozialen Stadt und des Deutschen Paritätischen<br />
Wohlfahrtsverbandes. Träger ist das Jugendwohnen <strong>im</strong> Kiez – Jugendhilfe<br />
gGmbH.<br />
Kooperationsgewinne<br />
Wir alle kennen viele Beispiele von Einzelnen, die gut und erfolgreich kooperieren:<br />
Lehrerinnen, die mit Erzieherinnen zusammenarbeiten, die Eltern mit einbeziehen,<br />
einen guten Kontakt zum Schulpsychologen oder zum Jugendamt suchen<br />
und sich engagiert für den <strong>Bildung</strong>serfolg der Kinder und Jugendlichen einsetzen.<br />
<strong>Bildung</strong>sverbünde sind dazu da, solche Beispiele gelungener Kooperationen<br />
zum Wohle der Kinder auf die Ebene der Institutionen zu heben und so die <strong>Bildung</strong>schancen<br />
der Kinder und Jugendlichen zu verbessern.<br />
Damit dies gelingen kann, bedarf es einer Mischung aus kurzfristigen Anreizen<br />
und langfristig institutionell abgesicherten Perspektiven. Die Zusammenarbeit<br />
in gelingenden institutionsübergreifenden Projekten kann Kooperationsgewinne<br />
schnell sichtbar machen, wie das Beispiel des <strong>Bildung</strong>sverbundprojekts „Roter<br />
Faden“ zeigt. Durch die neuen gemeinsamen Lernerfahrungen entwickelt sich<br />
dann Mut und Offenheit für die notwendigen, langfristig institutionell abgesicherten<br />
Veränderungen, die oft Geduld und Durchhaltevermögen erfordern.<br />
Vor einiger Zeit gab es <strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>sverbund<br />
eine große Ausstellung „Der Rote Faden“.<br />
Nahezu 300 Schülerinnen und Schüler aller<br />
Klassenstufen haben gemeinsam mit<br />
ihren LehrerInnen ein Konzept entwickelt<br />
und sich kreativ und mit viel Phantasie damit<br />
auseinandergesetzt, was sie miteinander<br />
und mit den Menschen <strong>im</strong> Quartier<br />
verbindet. Dabei haben sie trotz komplizierter<br />
Rahmenbedingungen erfolgreich<br />
36 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
ihre Zusammenarbeit organisiert, gegenseitiges Vertrauen entwickelt, sich neue<br />
Unterstützungsmöglichkeiten erschlossen, ganz neue Arbeitsfelder kennen gelernt<br />
und <strong>vor</strong> allem Durchhaltevermögen bewiesen.<br />
Das Ergebnis hat nicht nur dazu beigetragen, <strong>im</strong> Rahmen<br />
der Projektarbeit neue Fähigkeiten zu entwickeln<br />
und über die eigene Schule hinauszuschauen, sondern<br />
machte auch für die Kiezöffentlichkeit und sogar darüber<br />
hinaus deutlich, welches Potential und welche Vielfalt in<br />
einem sozialen Brennpunkt produktiv entwickelt werden<br />
kann. Die Schulen öffneten sich für den Sozialraum und<br />
machten ihr Engagement für die Region transparent.<br />
Die Kinder und Jugendlichen erfuhren, dass sie mit ihren<br />
Bildern und Objekten die riesigen Ausstellungsräume<br />
der „Alten Post“ eindrucksvoll zu einem Kunstraum<br />
gestalten konnten und wie ihre Anstrengungen durch die<br />
Ausstellungsbesucher gewürdigt wurden. Die Ausstellung<br />
war auch nach der Eröffnung und am Wochenende<br />
gut besucht.<br />
Diese positive Resonanz führte dazu, dass Anfragen nach einer Weiterführung an<br />
anderen <strong>Ort</strong>en erfolgte. Teile der Ausstellung wurden <strong>im</strong> „Haus des Älteren Bürgers“<br />
erneut gezeigt. Damit hat das Projekt über die ursprüngliche Projektidee hinaus<br />
zu einer generationenübergreifenden Verständigung <strong>im</strong> Bezirk beitragen und<br />
zu einem wachsenden sozialen Vertrauen beigetragen.<br />
Soziales Vertrauen ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg eines bildungsbezogenen<br />
Wandels. Prof. Dennis Shirley von der Lynch School of Education hat dies auf einem<br />
Jahresworkshop des Quadratkilometers einmal so ausgedrückt: „Sehr erfolgreiche<br />
Schulen und Kitas haben ein hohes Niveau von sozialem Vertrauen, weniger<br />
erfolgreichen fehlt das. In erfolgreichen Schulen und Kitas werden Probleme,<br />
die entstehen, schnell identifiziert und unter Einbeziehung aller Beteiligten angesprochen.<br />
Informationen fließen schnell zwischen den Schlüsselfiguren – das sind<br />
Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern und Partner aus dem Stadtteil – und spezifische<br />
und zielgerichtete Reaktionen folgen.“<br />
Projekte haben einen Anfang und ein Ende. Es kommt aber auch auf eine langfristige<br />
und institutionell abgesicherte Perspektive an. Auch dafür kann hier ein Beispiel<br />
genannt werden. In der Oberstufe der Gemeinschaftsschule auf dem Campus<br />
Rütli sind ca. 90 % der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunft, die<br />
Mehrheit von ihnen türkischer und arabischer Herkunft. Wenn diese Schülerinnen<br />
den mittleren Schulabschluss erwerben und danach das Abitur absolvieren wollen,<br />
müssen sie in der Regel eine zweite Fremdsprache (z.B. Französisch / Latein<br />
etc.) erlernen, obwohl sie doch oft schon von Haus aus eine solche Zweitsprache,<br />
nämlich ihre Muttersprache, mitbringen. In Kooperation mit der Volkshochschule<br />
ist es nun gelungen, an dieser Gemeinschaftsschule Türkisch- und Arabischkurse<br />
anzubieten, an den übrigens auch die Eltern teilnehmen können. Diese können mit<br />
dem europäischen B1 Zertifikat abgeschlossen werden, das dem Abschluss einer<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 37
zweiten Fremdsprache äquivalent ist. Damit werden <strong>vor</strong>handene Kompetenzen der<br />
Schülerinnen und Schülermit Migrationshintergrund genutzt, der Zugang zum Abitur<br />
wird deutlich erleichtert. Die ersten Kinder haben in diesem Jahr ihr Zertifikat<br />
erhalten. Wer meint, das sei alles so leicht umsetzbar, möge bedenken, dass Arabisch<br />
keine europäische Sprache ist und erst ein eigenes Curriculum mit entsprechender<br />
Anerkennung geschaffen werden musste. Der Erfolg aber zeigt, das solche<br />
Innovationen die Attraktivität der <strong>Bildung</strong>seinrichtungen erhöhen. Die Schüler<br />
und Schülerinnen nehmen freiwillig und zusätzlich zum regulären Unterricht an<br />
den Kursen teil und stellen sich den Prüfungen.<br />
Für eine gute <strong>Bildung</strong> zu sorgen, ist in belasteten Stadtteilen deutlich schwieriger<br />
als in anderen Regionen. Gleichzeitig haben wir mit dem <strong>Bildung</strong>sverbund<br />
nachweislich erfolgreiche Instrumente entwickelt, die zu gelingenden <strong>Bildung</strong>sbiographien<br />
von Kindern und Jugendlichen und zu gelungenen Schulabschlüsses<br />
beitragen. Kooperationen entstehen aber nicht von selbst. Es ist ein erheblicher<br />
Zeitaufwand nötig, um sie zu entwickeln. Es muss „Kümmerer“ geben, die diese<br />
Entwicklung in die Wege leiten und aufrechterhalten. Nachhaltige Veränderungen,<br />
die wirklich eine neue Praxis etablieren, brauchen viel Zeit, um alle Beteiligten in<br />
diesen Prozess einzubinden. Es arbeiten <strong>im</strong>mer Menschen zusammen. Diese haben<br />
sich das gegenseitige Vertrauen Schritt für Schritt erarbeitet und sie können<br />
deshalb so gut in gemeinsamer Verantwortung arbeiten, weil sie dies über einen<br />
längeren Zeitraum kontinuierlich entwickeln konnten. Engagement steckt an.<br />
Leider ist die notwendige Kontinuität an vielen Stellen <strong>im</strong>mer wieder gefährdet,<br />
weil Projektförderungen auslaufen oder Mittel gekürzt werden. Dringend brauchen<br />
deshalb Kooperationen <strong>im</strong> Stadtteil politischen Rückhalt, eine verlässliche<br />
Steuerung und eine langfristige finanzielle Ausstattung.<br />
Der Lokale <strong>Bildung</strong>sverbund wird gefördert durch die Europäische Union, die Bundesrepublik<br />
Deutschland und das Land Berlin <strong>im</strong> Rahmen des Programms »Zukunftsinitiative<br />
Stadtteil« Teilprogramm »Soziale Stadt« - Investition in Ihre Zukunft!<br />
Dr. Mohini Lokhande (Jugendwohnen <strong>im</strong> Kiez – Jugendhilfe gGmbH) ist Diplom-<br />
Psychologin und koordiniert seit 2010 den lokalen <strong>Bildung</strong>sverbund „<strong>Bildung</strong>s-<br />
Welle“ Spandauer Neustadt.<br />
Lynarstraße 35 A. 13585 Berlin, Tel: 030-48 48 07 78, Fax: 030-48 48 07 79<br />
lokhande@jugendwohnen-berlin.de<br />
Dr. Josef Kohorst (Jugendwohnen <strong>im</strong> Kiez - Jugendhilfe gGmbH) ist Pädagoge<br />
und Sozialwissenschaftler. Seit Januar 2008 koordiniert er den Lokalen <strong>Bildung</strong>sverbund<br />
Reuterkiez. Dr. Josef Kohorst<br />
Lokaler <strong>Bildung</strong>sverbund Reuterkiez, Hobrechtstraße 55, 12047 Berlin, Tel:<br />
030-747 56-331, Fax: 030-747 56-101, kohorst@jugendwohnen-berlin.de<br />
38 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Andreas Gebauer [Stadtbibliothek <strong>Bremen</strong> West]<br />
Christiane Gartner [Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V.]<br />
// a_b_c_gröpelingen - Ein Verbund für kulturelle <strong>Bildung</strong><br />
Kooperation von Einrichtungen <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong><br />
a_b_c_gröpelingen ist ein Modulsystem für ästhetische und kulturelle <strong>Bildung</strong> in<br />
Gröpelingen, das von Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V., Stadtbibliothek West, Bremer Volkshochschule<br />
West und Bürgerhaus Oslebshausen gemeinsam entwickelt wird.<br />
a_b_c_ ist am Sozialraum, an Lebensphasen und an der Lebenswirklichkeit von<br />
Jugendlichen, Kindern und Erwachsenen in Gröpelingen orientiert. Die Initiatoren<br />
begreifen den Stadtteil als Raum für <strong>Bildung</strong>sgelegenheiten und <strong>Bildung</strong>sorte, arbeiten<br />
ressourcenorientiert und sehen in der sprachlichen und kulturellen Vielfalt<br />
die Möglichkeit, den Stadtteil zu einem lebendigen Erfahrungsraum für Text- und<br />
Sprachkultur zu entwickeln.<br />
a_b_c_ hat in den vergangenen Jahren verschiedene künstlerische oder kulturelle<br />
Module entwickelt, die enge Kooperationen zwischen kultureller <strong>Bildung</strong> und<br />
schulischer <strong>Bildung</strong> ermöglichen. Seit Herbst 2010 unterstützt die PWC-Stiftung<br />
Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V. bei der Entwicklung von Modulen für eine systematische Verzahnung<br />
von kultureller <strong>Bildung</strong> mit Schule und Kita. Module wie z.B. „Die Verflixte<br />
Dreizehn und die Unendlichkeit“, „Der Zoo von Gerhard Marcks“, „Gröpelinger<br />
Buchwerkstatt“ u.a. setzen sich zusammen aus einer oft mehrwöchigen oder<br />
mehrmonatigen Produktionsphase mit Kindern, einer angemessenen Präsentation,<br />
Fortbildung für Erzieher/innen und Lehrer/innen sowie einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Erfahrungen mit künstlerischen Grundlagen und Materialien stehen <strong>im</strong> Vordergrund.<br />
Arbeiten in den Bereichen Malerei, skulpturales Gestalten, freies Gestalten,<br />
Drucken und Buchbinden sowie Formen der künstlerischen Recherchen sind als<br />
Methoden in verschiedenen Altersgruppen erprobt. Gearbeitet wird ausschließlich<br />
in multinationalen Gruppen mit Kindern unterschiedlicher Erstsprachen. Aus diesem<br />
Grund wird Sprache und das Entwickeln von Sprachanlässen als eine Querschnittsaufgabe<br />
bei allen künstlerischen Produktionen verstanden.<br />
Warum kulturelle <strong>Bildung</strong> für Gröpelingen?<br />
In Gröpelingen mit seinen 35.000 Einwohnern sind <strong>im</strong>mer mehr Kinder und Jugendliche<br />
von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Nicht nur materielle<br />
Armut behindert die jungen Leute (jeder zweite Gröpelinger unter 18 Jahren<br />
lebt von ALG-II-Zuwendungen), sondern die in der sozialen Spaltung der Stadt<br />
sich vollziehende sozialräumliche Exklusion eines gesamten Stadtteils errichtet<br />
schier unüberbrückbare Barrieren zwischen benachteiliegenden und wohlhabenden<br />
Stadtteilen. Im Quartier fehlen nicht nur Ausbildungsplätze und bessere<br />
<strong>Bildung</strong>schancen, sondern auch systematische Angebote der ästhetischen und<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 39
kulturellen <strong>Bildung</strong>, um jungen Menschen Selbstwirksamkeit zu ermöglichen und<br />
Wege zur Selbstbest<strong>im</strong>mung zu eröffnen.<br />
Unsere Erfahrungen in Pilot- und Modellprojekten zeigen, dass die Arbeit mit der<br />
Ästhetik zeitgenössischer bildender Kunst einen Kommunikationsraum bietet,<br />
der gerade Kindern mit Exklusionserfahrungen ermöglicht, zu selbstbewussten,<br />
mutigen und kreativen Bewohnern des Stadtteils zu werden. Diese Erfahrungen<br />
werden mit a_b_c_gröpelingen systematisiert, um mittelfristig den dramatischen<br />
<strong>Bildung</strong>snotstand <strong>im</strong> Quartier und die Perspektivlosigkeit vieler Kinder mit einer<br />
<strong>Bildung</strong>s- und Kulturoffensive zu bekämpfen.<br />
Neue Kulturarbeit <strong>im</strong> heterogenen Stadtteil<br />
Viele Stadtteilbewohner sind die Verlierer des Strukturwandels. Sie erleben die<br />
kulturelle und soziale Vielfalt <strong>im</strong> Stadtteil als Bedrohung. Deshalb dienen die verschiedenen<br />
Milieus oft auch als Distinktionsressource und als kleine He<strong>im</strong>at in einer<br />
unübersichtlich gewordenen Welt.<br />
Dabei leistet der Stadtteil für die Gesamtstadt eine erhebliche Integrationsleistung<br />
in sozialer und kultureller Hinsicht. Anders als viele andere Quartiere bietet er vielen<br />
gesellschaftlich marginalisierten Gruppen (von dauerhaft Erwerbslosen, politischen<br />
Flüchtlingen, psychiatrisierten und gehandicapten Personen bis hin zu<br />
nach Deutschland frisch <strong>im</strong>migrierten Einwanderern) durch seine spezifische Infrastruktur<br />
(Einzelhandel, religiöse und kulturelle Treffpunkte, Sprachenvielfalt,<br />
öffentliches Leben, Unterschiedlichkeit der Kulturen etc.) eine mögliche Behe<strong>im</strong>atung.<br />
<strong>Bildung</strong>s- und Kulturarbeit setzt an den widersprüchlichen und brüchigen kollektiven<br />
Identitäten an. Sie kann und will keine homogenen Leitbilder entwickeln für<br />
eine disparate und widersprüchliche Wirklichkeit in den Quartieren. Aber <strong>Bildung</strong><br />
und Kultur können Plattformen bieten, um den Diskurs über neue Bilder zu stiften,<br />
um so gemeinsame Werte, Spielregeln und Riten für eine postindustrielle und<br />
heterogene Stadtgesellschaft zu entwickeln.<br />
Das Programm art_basic_center_gröpelingen berücksichtigt die kulturellen Differenzen<br />
und die soziale und kulturelle Vielfalt des Stadtteils und n<strong>im</strong>mt diese zum<br />
Ausgangspunkt der Struktur- und Programmentwicklung. Ziel ist es dabei, insbesondere<br />
den Kindern und Jugendlichen, neue Wege zu Kunst und künstlerischer<br />
Arbeit und damit neue <strong>Bildung</strong>sbiographien zu ermöglichen und Passagen aus der<br />
sozialen Einkapselung heraus zu schaffen.<br />
Sprachförderung in der kulturellen <strong>Bildung</strong><br />
Wie sieht konkret die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Einrichtungen aus<br />
und was leistet der kulturelle Ansatz? Dies soll kurz am Beispiel der Schaffung<br />
eines lebendigen Erfahrungsraums für Text und Sprache skizziert werden.<br />
40 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Im Projekt „Gröpelinger Buchwerkstatt“ geht es um eine enge Zusammenarbeit<br />
von Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V., Schule und Stadtbibliothek. In einer engen Kooperation soll<br />
Literalität - also eine umfassende Sprachkompetenz - durch den Aufbau eines aufeinander<br />
aufbauenden Modulsystems gefördert werden. Ziel ist es, den Stadtteil<br />
als einen Raum zu gestalten, in dem die dort aufwachsenden Kinder und Jugendlichen<br />
auch über die Schule hinaus eine Sprach- und Textkultur <strong>vor</strong>finden, die sie<br />
anspornt und ermuntert, ihre sprachlichen Kompetenzen beständig zu erweitern.<br />
Grundlage ist die Respektierung und Förderung der Erstsprache.<br />
Vor diesem Hintergrund hat sich die Stadtbibiothek West in den letzten Jahren<br />
konsequent dem Stadtteil und seinen Einrichtungen geöffnet. Die meisten Kitas<br />
und alle Schulen besuchen regelmäßig die Stadtbibliothek und werden in altersgerechten<br />
Modulen in die Welt der Bücher und Medien eingeführt. Sie erleben die<br />
Bibliothek als einen <strong>Ort</strong>, an dem sich Kinder und Jugendliche wohlfühlen, an dem<br />
man sich nachmittags und am Wochenende gerne aufhält.<br />
Dieser Ansatz wird <strong>im</strong> Projekt „Gröpelinger Buchwerkstatt“ vertieft. Dazu bringt<br />
die Institution Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V. ihre Kompetenzen <strong>im</strong> Bereich der ästhetischen<br />
<strong>Bildung</strong> ein. Kinder aus den Jahrgängen 3 und 4 arbeiten integriert <strong>im</strong> Regelunterricht<br />
über einen mehrmonatigen Zeitraum <strong>im</strong> Atelierhaus Roter Hahn und produzieren<br />
ein Episodenbuch. Dazu entwickeln sie unterstützt von den Kunstpädagoginnen<br />
eigene Geschichten, die notiert, gesetzt und in Kaltnadeltechnik illustriert<br />
werden. Anschließend werden die Bücher gebunden.<br />
Die fertigen Bücher werden in der Schulklasse präsentiert und die Buchmacher<br />
trainieren in der Schule das Lesen und Präsentieren ihres Buches.<br />
z.B. Entwicklung eines Wirkungszusammenhangs<br />
<strong>im</strong> Bereich der Sprachförderung<br />
K I N D E R<br />
Stadtbibliothek West<br />
Vertrautheit mit Büchern und Medien<br />
<strong>Ort</strong> der Buch- und Textkultur<br />
auch außerhalb der Schule<br />
(Nachmittags, Wochenende)<br />
Schule<br />
Lesen, Schreiben, Wortschatz<br />
Förderung Literalität<br />
E L T E R N<br />
E L T E R N & K I N D E R<br />
Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V.<br />
Kreatives Arbeiten mit Text,<br />
Sprache und Bild, Sprechanlässe /<br />
Sprechkultur<br />
Textarbeit / Text und Form<br />
Präsentation / Selbstvertrauen<br />
Sprache erlernen ...<br />
Bremer Volkshochschule West<br />
Integrationskurse<br />
Einbeziehung von Eltern in<br />
den Erfahrungsraum Sprache<br />
Sprache erproben ...<br />
"Mama lernt Deutsch"<br />
oder öffentliche Plattformen<br />
"Erzählfestival Feuerspuren"<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 41
Am Ende des Zyklus werden die Bücher den Lehrer/innen, Klassenkamerad/innen<br />
und Eltern in Form einer besonderen Lesung präsentiert: Die 3. und 4. Klässler lesen<br />
ihre Bücher den neu eingeschulten Erstklässlern <strong>vor</strong>.<br />
Auf diese Weise entsteht ein Wirkungs- und Erfahrungszusammenhang von formaler<br />
und non-formaler <strong>Bildung</strong>, von Schule und nicht-schulischen <strong>Bildung</strong>sorten,<br />
der zu einer vielschichtigen Förderung von Literalität führt.<br />
<strong>Bildung</strong>sbiographien <strong>im</strong> heterogenen Stadtteil<br />
Neben der Fokussierung auf Kinder stehen auch Jugendliche <strong>im</strong> Mittelpunkt verschiedener<br />
Module. Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V. führt alljährlich mit den Jugendlichen der<br />
Sek-I-Schulen <strong>im</strong> Stadtteil ein mehrmonatiges Kunstprojekt zur beruflichen Orientierung<br />
durch. Ein weiterer Kooperationspartner, das Bürgerhaus Oslebshausen,<br />
bringt langjährige Erfahrungen in der Familien- und generationsübergreifenden<br />
Stadtteilarbeit, sowie internationale Erfahrungen in der Jugendkulturarbeit<br />
mit. Mit dem Hip-Hop-Musical EMNI wurde erfolgreich Kulturarbeit mit Existenzgründungsinitiativen<br />
für Jugendliche verbunden. Beide Einrichtungen verfügen<br />
über umfangreiche Kompetenzen <strong>im</strong> Bereich der kulturellen <strong>Bildung</strong>.<br />
Ein weiteres Thema ist das <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Lebenslauf. Hier ist die Bremer Volkshochschule<br />
West ein wichtiger Partner. Sie orientiert sich, wie auch die Stadtbibiothek<br />
West, seit einiger Zeit systematisch auf den Sozialraum Stadtteil und begründet<br />
damit einen neuen Typus von stadtteilorientierter Zweigstelle. Dabei wurden auf-<br />
Projekt zur Sprach- und Schriftkultur - Zusammenarbeit von Stadtbibliothek, Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V. und Grundschulen <strong>im</strong> Stadtteil.<br />
Foto: Alper Cavus / Kultur Vor <strong>Ort</strong><br />
42 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
suchende Arbeit und Kooperationen mit Kitas und Schulen und zahlreichen weiteren<br />
Akteuren zum wesentlichen Bestandteil der Arbeit. Die VHS verfügt als größter<br />
Träger für Integrationskurse über umfangreiche Kompetenzen <strong>im</strong> Bereich der<br />
interkulturellen <strong>Bildung</strong> und damit auch über einen wichtigen Zugang zu vielen Eltern,<br />
die aufgrund sprachlicher Probleme ihre Kinder nur wenig unterstützen können.<br />
Kulturelle und soziale Herkunft und Gegenwart sind für jeden Stadtteilbewohner/<br />
Stadtteibewohnerin, erst recht für jeden Heranwachsenden, essentielle Grundlagen<br />
der Persönlichkeitsentwicklung und der <strong>Bildung</strong>sbiographie. Sie können in<br />
kulturell-künstlerischen Projekten bearbeitet werden, ohne dass Gruppenzugehörigkeiten<br />
konstruiert werden müssen. Gleichzeitig bieten solche Projekte die Möglichkeit,<br />
Unterschiedlichkeit zu erfahren, zu thematisieren und zu bearbeiten.<br />
Kulturelle und ästhetische <strong>Bildung</strong> eröffnen deshalb auch einen Raum von neuen<br />
Möglichkeiten - für Selbstdarstellung, Selbstverständis und den Bezug zur Gruppe,<br />
zum Stadtteil, zur Öffentlichkeit. Deshalb versteht sich das Vorhaben a_b_c_<br />
gröpelingen als kosmopolitischer Ansatz, der die Mitwirkenden <strong>im</strong> Quartier und in<br />
der Welt gleichermaßen behe<strong>im</strong>atet. Es setzt auf gelungene <strong>Bildung</strong>swege, in denen<br />
das Quartier keine Sackgasse ist und die Nachbarschaft nicht die Passagen in<br />
andere soziale und kulturelle Welten ersetzt.<br />
• Weitere Informationen:<br />
www.kultur-<strong>vor</strong>-ort.com<br />
www.stadtbibliothek-bremen.de/Standorte-in-<strong>Bremen</strong>-West.html<br />
www.vhs-bremen.de<br />
www.buergerhaus-oslebshausen.bremer-buergerhaeuser.de<br />
• Die „Gröpelinger Buchwerkstatt“ wird gefördert von der Stiftung Gib <strong>Bildung</strong><br />
eine Chance.<br />
• Der Aufbau der Zusammenarbeit zwischen Schulen, Kitas und Kultur Vor <strong>Ort</strong><br />
e.V. <strong>im</strong> Verbund a_b_c_gröpelingen wird gefördert von der PWC Stiftung.<br />
• Die Kooperation mit dem Gerhard Marcks Haus wird gefördert von der Heinz<br />
und Ilse Bühnen Stiftung.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 43
Claudia Fortmann [„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ Gröpelingen]<br />
// Ein notwendiger Umbau<br />
Diskussion<br />
Im Anschluss an die fachlichen Inputs der Tagung bot eine Abschlussdebatte die<br />
Möglichkeit, Erkenntnisse aus den Beiträgen zusammen zu tragen, zu diskutieren<br />
und weitere Fragen zu entwickeln. Zu diesem Zweck wurde nach der Fishbowl-<br />
Methode eine moderierte Diskussionsrunde durchgeführt, die allen Teilnehmenden<br />
der Veranstaltung die Gelegenheit einräumte, das Wort zu ergreifen. Moderiert<br />
wurde diese Runde durch Dr. Peter Beier von der Bürgerstiftung <strong>Bremen</strong>; als<br />
Hauptdiskutanten waren Mario Tibussek (Deutsche Kinder- und Jugendstiftung),<br />
Elke Heyduk (Arbeitnehmerkammer <strong>Bremen</strong>) und Hans-Peter Mester (Leiter <strong>Ort</strong>samt-West)<br />
vertreten. Teilnehmer/innen aus dem Publikum waren explizit dazu<br />
eingeladen, sich mit eigenen Statements, Anregungen oder Kritik einzubringen.<br />
Im Rahmen der Diskussion kristallisierten sich vier Themenbereiche heraus, die<br />
besonders intensiv diskutiert wurden:<br />
1. <strong>Bildung</strong> als Thema der Stadtteilentwicklung<br />
Aus Sicht der Diskutierenden stellt das Thema <strong>Bildung</strong> ein zentrales Querschnittsthema<br />
sämtlicher Bereiche dar. <strong>Bildung</strong> wird zunehmend als Standortfaktor betrachtet<br />
und kann nachhaltig zur positiven Entwicklung von Stadt- und <strong>Ort</strong>steile<br />
beitragen und den sozialen Zusammenhalt stärken. Betont wird aber die Notwendigkeit,<br />
<strong>Bildung</strong>smaßnahmen <strong>im</strong> Stadtteil<br />
stärker mit Projekten und Initiativen<br />
aus den Bereichen Stadtentwicklung,<br />
Kultur oder Soziales zu verzahnen<br />
(Kombination verschiedener Ansätze).<br />
Dieses Vorgehen in den Stadtteilen benötige<br />
einerseits mehr Entscheidungsfreiheit<br />
auf der lokalen Ebene - die Novellierung<br />
des Beirätegesetzes sei<br />
diesbezüglich ein Schritt in die richtige<br />
Richtung -, dieser Schritt müsse aber<br />
noch mit „Leben gefüllt“ werden. Andererseits<br />
werde auch ein ressortübergreifendes<br />
Vorgehen benötigt, das sich<br />
in den letzten Jahren zwar <strong>im</strong>mer stärker<br />
herausbilde aber weiterhin ausbaufähig<br />
sei.<br />
Elke Heiduck, Arbeitnehmerkammer <strong>Bremen</strong>, in der Abschlussdiskussion,<br />
Foto: Nicolai Wolff<br />
44 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
2. Gelingensbedingungen von Netzwerken<br />
Die Zusammenarbeit in sozialräumlichen Netzwerken ist <strong>vor</strong>aussetzungsvoll und<br />
birgt z.T. auch ambivalente Herausforderungen: So wird als Indikator für erfolgreiche<br />
Netzwerkarbeit oftmals die erzielten Wirkung bei der eigentlichen Zielgruppe<br />
(Kinder, Eltern, Familien, Stadtteilbewohner/innen) benannt, während sich die<br />
Realität der beteiligten Akteure häufig durch Konkurrenzen um knapper werdende<br />
Ressourcen und Fördermittel auszeichnet. Damit steht als Erfolgsfaktor nicht<br />
mehr „nur“ die zielgruppenspezifische Wirkung, sondern auch die existenzielle Sicherung<br />
der eigenen Institution <strong>im</strong> Vordergrund. In diesem Zusammenhang betonen<br />
die Diskutierenden, dass längst nicht alle Fördermittel, die ausgeschrieben<br />
und eingeworben werden, „für die Zielgruppen gemacht“ sind. Auch das „gemeinsame<br />
Tun“ ist als Eckpfeiler der Netzwerkarbeit nur dann tragfähig, wenn auch<br />
jede einzelne Institution einen individuellen Nutzen aus der Arbeit ziehen kann –<br />
die Investition muss „sich lohnen“. Die eigentliche Herausforderung besteht darin,<br />
einen gangbaren Weg zwischen Kooperation und Konkurrenz zu beschreiten.<br />
3. Abgrenzung von Stadtteilen vermeiden<br />
Eine Kernbotschaft der Tagung lautete, dass sich sozialräumlich orientierte Netzwerke<br />
nicht zu abgekoppelten Insellösungen entwickeln dürfen und in eine kommunale<br />
Gesamtsstrategie einzubetten sind. Im Rahmen der Diskussion wurde dieser<br />
Strang wieder aufgegriffen und um den Hinweis ergänzt, dass es zudem eine<br />
entsprechenden Gesprächskultur zwischen den einzelnen Stadtteilen geben muss,<br />
um den Transfer gelungener Konzepte zu erleichtern. Gute Erfahrungen habe es<br />
bereits <strong>im</strong> Rahmen der Initiative „Expedition Stadt“ gegeben, allerdings könne die<br />
Kommunikation zwischen den Stadtteilen nicht verordnet werden. Mit <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong><br />
<strong>Ort</strong> bestünde die Chance, die Entwicklung entsprechender Kommunikationsmodelle<br />
<strong>vor</strong>anbringen.<br />
Betont wird darüber hinaus, dass jeder Stadtteil von sozialräumlich orientierten<br />
Konzepten profitieren kann, so lange diese an die jeweiligen lokalen Bedürfnisse<br />
angepasst sind - ein Stadtteil wie Gröpelingen benötigt andere Strukturen als ein<br />
Stadtteil wie Schwachhausen. Die Diskutanten kommen zu dem Schluss, dass die<br />
Ausstattung mit Ressourcen in Abhängigkeit von den entsprechenden Sozialindikatoren<br />
erfolgen sollte, d.h. <strong>Bildung</strong> in benachteiligenden Stadtteilen „muss teurer<br />
sein“.<br />
4. Das Konzept <strong>Bildung</strong>slandschaften und „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“<br />
Abschließend werden angesichts gravierender Probleme <strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>swesen Rolle<br />
und Wirkungsmöglichkeiten des Konzepts „<strong>Bildung</strong>slandschaften“ und des Programms<br />
„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ diskutiert. Das Konzept „<strong>Bildung</strong>slandschaft“ wird ei-<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 45
Foto: Nicolai Wolff<br />
nerseits als systemischer Ansatz aufgefasst, dessen Aufgabe es ist, tradierte<br />
Handlungsmuster auf allen Ebenen aufzubrechen und neue Steuerungsformen zu<br />
generieren. Es handele sich um eine langfristig angelegte „Methode“, die keine<br />
Ad-hoc-Lösungen für akute Probleme <strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>swesen her<strong>vor</strong>bringt. Andererseits<br />
geben die Beteiligten zu bedenken, dass das Konzept nur auf die entsprechende<br />
Akzeptanz stößt, wenn mittel- bis kurzfristig sichtbare Ergebnisse erzielt<br />
werden. Fa<strong>vor</strong>isiert wird daher eine Kombination aus beiden Vorgehensweisen, indem<br />
sorgfältig geprüft wird, welche Probleme mit den <strong>vor</strong>handenen Strukturen<br />
zum aktuellen Zeitpunkt bearbeitet werden können und an welchen Stellen es längerfristiger<br />
Strategienentwicklung bedarf.<br />
Grundsätzlich besteht Konsens, dass „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ als strukturveränderndes<br />
Programm nicht dazu geeignet ist, <strong>im</strong> Schnellverfahren aktuelle „Brennpunkte“<br />
<strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>swesen zu bearbeiten. Allerdings könnten mit Hilfe des Programms<br />
wichtige Akzente gesetzt und Entwicklungen angestoßen werden, die in mittel- bis<br />
langfristiger Perspektive zu einer nachhaltigen Bearbeitung komplexer Problemlagen<br />
beitragen können.<br />
Dr. Peter Beier moderierte die Abschussrunde „Ein notwendiger Umbau - Wie<br />
müssen Akteure, Politik und Verwaltung <strong>im</strong> <strong>Bildung</strong>sverbund ihre Rollen neu definieren?“<br />
Er ist Mitglied <strong>im</strong> Vorstand der Bürgerstiftung <strong>Bremen</strong> mit dem Schwerpunkt<br />
„Bürgerbeteiligung <strong>im</strong> Rahmen von Stadtentwicklung und <strong>Bildung</strong>spolitik“.<br />
46 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Anja Wichitill / Heike Jungherr [„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ Gröpelingen]<br />
// Wie weiter?<br />
Die Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ hat wichtige Impulse für den Entwicklungsprozess<br />
der lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft Gröpelingen gesetzt. Zusammenfassend können<br />
folgende Ergebnisse genannt werden:<br />
• Wir gehen davon aus, dass eine lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft eine moderne, innovative<br />
<strong>Bildung</strong>sstruktur ist.<br />
• Wir gehen weiter davon aus, dass Gröpelingen eine solche innovative Struktur<br />
braucht. Um es pointiert zu sagen: Eine Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft ist kein<br />
Trostpflaster für vergessene Stadtteile, sondern ein notwendiger qualitativer<br />
Sprung.<br />
• Wir müssen <strong>Bildung</strong> für den Stadtteil neu denken, d.h. den Stadtteil als <strong>Bildung</strong>sstadtteil,<br />
die urbanen Strukturen, die zivilgesellschaftlichen Einrichtungen,<br />
Kultur, Vereine etc. als Partner auf Augenhöhe begreifen – und dann ein<br />
Zusammenspiel zwischen all diesen Akteuren und Schule, Kita und Jugendhilfe<br />
neu organisieren,<br />
• Die lokalen Netzwerke sind eine gute Basis für eine solche lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
und sie können weiter entwickelt werden;<br />
• Die einzelnen Träger und Einrichtungen werden sich in diesem Prozess verändern,<br />
werden ihre Eigenlogik, ihre Philosophie, ihre Arbeitsweisen diskutieren<br />
und verändern – was <strong>im</strong>mer auch erfordert, dass die Kommune diese Prozesse<br />
unterstützt und auch will,<br />
• Wir müssen gemeinsam erarbeiten, wie das lokale <strong>Bildung</strong>smanagement in<br />
die kommunale Verwaltung eingebettet werden kann. Wir müssen die Frage<br />
stellen, wie wir verhindern, dass eine lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft Gröpelingen<br />
eine Insel ist – sie muss politisch unterstützt und mit Ressourcen hinterlegt<br />
werden. Darüber hinaus brauchen wir Gremien, die ressortübergreifend und<br />
in Kontakt mit den lokalen Akteuren Ressourcen bündeln, Ziele formulieren<br />
und fachlich begleiten – kurz eine Steuerung, die „bottom up“ und „top down“<br />
kombiniert. Gemeinsam mit einer ressortübergreifenden Steuerungsrunde,<br />
die den Prozess begleiten wird, werden wir daran in den nächsten Monaten arbeiten.<br />
Die Vision und die Ziele sind bekannt:<br />
• Entkopplung von sozialer Herkunft und <strong>Bildung</strong>serfolg, <strong>vor</strong> allem bei Kindern<br />
und Jugendlichen<br />
• Exklusion, Ausgrenzung und Diskr<strong>im</strong>inierung überwinden durch Erhöhung der<br />
<strong>Bildung</strong>sbeteiligung <strong>vor</strong> allem auch der Erwachsenen<br />
• Die Stigmatisierung des Stadtteils überwinden durch eine innovative <strong>Bildung</strong>soffensive,<br />
die <strong>Bildung</strong>, Kultur, Stadtteilentwicklung zusammenführt.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 47
Klaus-Peter Ifland (Schulleitung Gesamtschule West), Dr. Josef Kohorst (Reuterkiez Berlin), Dr. Mohini Lokhande (<strong>Bildung</strong>swelle<br />
Spandau Berlin); Foto: Nicolai Wolff<br />
Um diese Ziele anzusteuern, arbeitet unser Team in verschiedenen Handlungsfeldern,<br />
die sich teilweise überschneiden und aufeinander beziehen. Darin spiegelt<br />
sich die Notwendigkeit eines integrierten <strong>Bildung</strong>sansatzes ganz deutlich wider.<br />
So wie wir mit dem Aufbau einer lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft einen integrierten<br />
<strong>Bildung</strong>sansatz verfolgen, so arbeiten wir deshalb auch <strong>im</strong> Team daran, die verschiedenen<br />
Handlungsfelder zusammenzuführen und zu denken.<br />
Eines unserer Haupthandlungsfelder ist die Eltern- bzw. Familienbildung. Wir<br />
sprechen in diesem Zusammenhang auch von Elternpartizipation, da dieser Terminus<br />
bereits eines unserer maßgeblichen Ziele für diesen Arbeitsbereich beinhaltet,<br />
nämlich Mitwirkungsmöglichkeiten für Eltern zu schaffen.<br />
Um das zu erreichen, wollen wir innerhalb des <strong>Bildung</strong>sverbundes ein gemeinsames<br />
Verständnis des Themas Erziehungs- und <strong>Bildung</strong>spartnerschaft entwickeln<br />
und Konzepte erarbeiten, die die Eltern dauerhaft und sinnvoll in den Verbund integrieren.<br />
Wird über das Thema Elternbildung diskutiert, so wird häufig beklagt,<br />
dass die Zugänge zu den Eltern – oder auch anders herum die Zugänge der Eltern<br />
zu den Angeboten – schwer zu finden sind.<br />
Das führt zu einem weiteren Handlungsfeld: dem Übergang von der Kita in die<br />
Grundschule. Wir sind der Überzeugung, dass die Verbindung der beiden Bereiche,<br />
Elternarbeit und Übergang Kita – Grundschule, sehr große Chancen für eine erfolgreiche<br />
Arbeit birgt. Alle Eltern – oder zumindest die allermeisten – wünschen<br />
sich eine erfolgreiche <strong>Bildung</strong>sbiografie für ihr Kind und möchten deswegen al-<br />
48 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
les richtig machen, wenn ihr Kind in die Schule kommt. Es liegt aus diesem Grund<br />
nahe, den Eltern gerade in der Zeit des Übergangs sowohl <strong>Bildung</strong>sgelegenheiten<br />
als auch Mitwirkungsmöglichkeiten zu bieten. Das Projekt TransKiGs hat <strong>im</strong> Bereich<br />
Übergang bereits sehr gute Arbeit geleistet. Wir möchten nun darauf hinarbeiten,<br />
die bestehenden Kooperationen weiter auszubauen und zu verstetigen. Ziel<br />
ist, ein flächendeckendes Übergangsmanagement zu etablieren, das alle beteiligten<br />
Parteien, also Erzieher, Lehrer, Eltern und natürlich die Kinder, um die es in<br />
erster Linie geht, einbindet.<br />
Unser Augenmerk liegt noch auf einem weiteren Übergang: dem Übergang von<br />
der Schule in den Beruf. Besonders in benachteiligenden Stadtteilen wie Gröpelingen<br />
gehen an diesem Übergang viele Jugendliche „verloren“. Sei es, weil sie durch<br />
Stigmatisierung in ihren Möglichkeiten beschränkt sind, sei es, weil sie die Fülle<br />
ihrer Möglichkeiten gar nicht erst erkennen. Wir wollen dem begegnen, indem wir<br />
gemeinsam mit Schulen und den Anschlussbereichen wie Wirtschaft und Hochschulen<br />
Konzepte erarbeiten, die die Strukturen am Übergang weiter ausbauen.<br />
Um Anschlüsse geht es auch in unserem Handlungsfeld <strong>Bildung</strong>sberatung. In Gröpelingen<br />
gibt es bereits zahlreiche <strong>Bildung</strong>sangebote, die zwar oft nicht konkret<br />
aufeinander aufbauend angelegt sind, die aber dennoch sinnvoll miteinander verbunden<br />
werden können. Durch die Konzipierung einer lokalen, aufsuchenden <strong>Bildung</strong>sberatung<br />
möchten wir an diesem Punkt ansetzen. Durch gezielte Beratung<br />
sollen Anschlussmöglichkeiten geschaffen und mögliche <strong>Bildung</strong>swege aufgezeigt<br />
werden.<br />
Innerhalb dieser Handlungsfelder spielt ein weiteres Thema eine wichtige Rolle:<br />
Diversitätsfähigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die jeweils mitgedacht werden<br />
muss. Es geht dabei um einen angemessenen Umgang mit Vielfalt und eine Nutzung<br />
der in der Vielfalt bestehenden Ressourcen. Innerhalb des <strong>Bildung</strong>sverbundes<br />
möchten wir ein einheitliches Verständnis von Diversität und Kompetenzen <strong>im</strong><br />
Umgang mit Diversität entwickeln.<br />
Es ist noch ein weiteres Handlungsfeld zu nennen, das für die <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
Gröpelingen von großer Bedeutung ist. In naher Zukunft entsteht in Gröpelingen<br />
ein Quartiersbildungszentrum. Unser Team hat die Aufgabe, gemeinsam mit den<br />
Ressorts Bau, <strong>Bildung</strong> und Soziales sowie mit Akteuren aus dem Stadtteil ein Nutzungskonzept<br />
zu erarbeiten, das die spezifischen Bedarfe der <strong>Bildung</strong>slandschaft<br />
Gröpelingen berücksichtigt. Auf diese Weise soll das Quartiersbildungszentrum<br />
eine sinnvolle Ergänzung und Unterstützung der bereits bestehenden <strong>Bildung</strong>sträger<br />
<strong>im</strong> Stadtteil werden.<br />
In den beschriebenen Handlungsfeldern werden wir bis zum Sommer an einer Bestandsaufnahme<br />
arbeiten. Dazu organisieren wir an Schwerpunktthemen orientiert<br />
Workshops mit den Fachreferenten aus verschiedenen Ressorts und den Einrichtungen<br />
aus dem Stadtteil. Ziel ist es, ein Bündel von Handlungsperspektiven<br />
zu entwickeln, das für die Ressorts die Arbeitsgrundlage sein soll, um ressortübergreifend<br />
Strategien für Gröpelingen zu vereinbaren und auf den Weg zu bringen.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 49
Wir suchen dabei den intensiven Dialog mit den Akteuren <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>. Unabdingbar ist<br />
hierfür die Mitarbeit in schon bestehenden, gewachsenen Diskussionsforen und<br />
Netzwerkstrukturen des Stadtteils, z.B. <strong>im</strong> Arbeitskreis Kinder und Jugend oder<br />
in den WiN-Foren.<br />
Darüber hinaus wollen wir themenorientierte Workshops anbieten, um Problemlagen<br />
<strong>im</strong> Stadtteil aufzugreifen oder auch neue inhaltliche Impulse für die sich entwickelnde<br />
lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft zu setzen. Hier soll eine gemeinsame Haltung<br />
entwickelt werden, um weiteres strategisches Vorgehen zu diskutieren.<br />
Beispiele hierfür sind Workshops zu den Themen:<br />
• Elternbildung<br />
• Mädchenarbeit<br />
• Medienkompetenz <strong>im</strong> Stadtteil<br />
• strukturellere Verzahnung von Sportvereinen und Schulen<br />
• Diversität <strong>im</strong> Stadtteil<br />
• Kulturelle <strong>Bildung</strong> und Schule<br />
• Demokratie und Partizipation in der sozialen Stadtentwicklung<br />
Flankiert wird unser gesamter Arbeitsprozess durch drei weitere Fachtagungen.<br />
Schon am 4. Mai wird Bürgermeister Böhrnsen eine Fachtagung eröffnen, in der<br />
wir der Frage nachgehen, wie sogenannte bildungsferne Schichten erreicht werden<br />
können – und wir tun dies, indem wir uns mit den Möglichkeiten der non-formalen<br />
<strong>Bildung</strong> beschäftigen und nach den Anschlüssen fragen, die non-formale<br />
<strong>Bildung</strong> an formale <strong>Bildung</strong> braucht.<br />
Im Sommer 2012 endet die erste Förderphase des Programms <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>. Im<br />
Moment wird beraten, wie die bis dahin auf den Weg gebrachten Projekte weiter<br />
gefördert werden können und wie ein Transfer der Erfahrungen in andere Stadtteile<br />
und andere Städte organisiert werden kann. Im Herbst 2011 werden wir dazu<br />
konkreteres sagen können, sicher ist aber, dass unsere gemeinsame Arbeit an der<br />
lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaft Gröpelingen bis dahin Kontur gewinnen kann. Fertig<br />
sind wir <strong>im</strong> Sommer 2012 aber noch lange nicht.<br />
50 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Claudia Fortmann [„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ Gröpelingen]<br />
// Linksammlung und Recherchemöglichkeiten<br />
Baden-Württemberg:<br />
• Die Weinhe<strong>im</strong>er <strong>Bildung</strong>skette (Unterstützt durch das Programm „Lebenswelt Schule“ der<br />
Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Jacobs Foundation)<br />
http://www.lebenswelt-schule.net/index.php?id=25<br />
• Kifa – Kinder- und Familienbildung (Ludwigsburg)<br />
http://www.kifa.de/<br />
• MIKELE – Miteinander – interkulturelle – Elternbildung (Ludwigsburg-Egloshe<strong>im</strong>)<br />
http://www.sozialestadt.de/praxisdatenbank/suche/ausgabe.php?id=92<br />
Bayern<br />
Die Gestaltung kohärenter <strong>Bildung</strong>ssysteme und -landschaften ist in Deutschland<br />
längst kein reines Postulat mehr. Ein literarischer Streifzug durch die Bundesländer<br />
zeigt, dass sich viele Kommunen (und Stadtteile) dieser Aufgabe bereits angenommen<br />
haben und entsprechende Strukturen aufbauen. Die praktische Umsetzung<br />
ist dabei genauso vielseitig wie der Begriff „<strong>Bildung</strong>slandschaften“ selbst:<br />
Nicht das eine Konzept, sondern eine Fülle von Ansätzen mit unterschiedlichen<br />
geographischen Bezugspunkten (z.B. Stadtteil, Kommune, Region…), Schwerpunktsetzungen<br />
und Akteurskonstellationen spiegeln die Realität wider. Die Linksammlung<br />
bietet interessierten Teilnehmern und Teilnehmerinnen eine Auswahl<br />
an weiteren Praxisbeispielen, die diese unterschiedlichen Ansätze repräsentieren:<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft der Stadt Coburg<br />
http://www.iso-ev.de/uploads/infomaterialien/WS4_Aufbau_einer_kommunalen_<strong>Bildung</strong>slandschaft_<strong>Bildung</strong>sstandort_Coburg-PPT_09.<strong>pdf</strong><br />
• Spielend lernen in Familie und Stadtteil (Nürnberg – Langwasser u. St. Leonhard/ Schweinau)<br />
http://www.bff-nbg.de/indexj.php3?sei=http://www.bff-nbg.de/fbk_spielend_lernen.html<br />
Berlin<br />
• Lokaler <strong>Bildung</strong>sverbund Reuterkiez<br />
http://www.reuter-quartier.de/Lokaler-<strong>Bildung</strong>sverbund-Reuterkiez.1405.0.html<br />
• Ein Quadratkilometer <strong>Bildung</strong><br />
http://www.reuter-quartier.de/Ein-Quadratkilometer-<strong>Bildung</strong>.1407.0.html<br />
• Campus Rütli<br />
http://www.reuter-quartier.de/Campus-Ruetli-CR<strong>2.1</strong>406.0.html<br />
• <strong>Bildung</strong>sverbund Gropiusstadt<br />
http://www.peb-gropiusstadt.de/index.php?id=5<br />
• <strong>Bildung</strong>soffensive Wrangelkiez<br />
http://www.quartiersmanagement-wrangelkiez.de/bildungsoffensive.html<br />
Brandenburg<br />
• kobra.net. Kooperation in Brandenburg<br />
http://www.kobranet.de/kobranet<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 51
<strong>Bremen</strong><br />
• <strong>Bildung</strong>snetzwerk A-B-C Gröpelingen/ Lokaler <strong>Bildung</strong>sverbund Gröpelingen<br />
www.kultur-<strong>vor</strong>-ort.com<br />
• Quartiersbidungszentrum Gröpelingen<br />
http://www.efre-bremen.de/detail.php?gsid=bremen59.c.7235.de&font=0<br />
• Quartierbildungszentren<br />
http://www.efre-bremen.de/detail.php?gsid=bremen59.c.2727.de<br />
http://www.bildung.bremen.de/fastmedia/13/QBZ%20Blockdiek.<strong>pdf</strong><br />
Hamburg<br />
• <strong>Bildung</strong>soffensive Elbinseln<br />
http://www.iba-hamburg.de/de/01_entwuerfe/6_projekte/projekte_querschnitt_boe_start.php<br />
Hessen<br />
• Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaft Weiterstadt (Unterstützt durch das Programm „Lebenswelt Schule“<br />
der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Jacobs Foundation)<br />
http://www.lebenswelt-schule.net/index.php?id=19<br />
Niedersachsen<br />
• Campus für Lebenslanges <strong>Lernen</strong> (Stadt Osterholz-Scharmbeck)<br />
http://www.osterholz-scharmbeck.de/index.phtml?NavID=422.346&La=1<br />
• Netzwerk Album (Hannover)<br />
http://www.album-hannover.de/album/index.php?de<br />
• <strong>Bildung</strong>sregion Soltau-Fallingbostel<br />
http://www.niedersachsen.ganztaegig-lernen.de/Niedersachsen/Berichte/<strong>Bildung</strong>slandschaften.aspx<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
• Kommunale <strong>Bildung</strong>slandschaft Gladbeck<br />
http://www.gladbeck.de/Familie_<strong>Bildung</strong>/<strong>Bildung</strong>/Kommunale_<strong>Bildung</strong>slandschaft.asp?highma<br />
in=1&highsub=4&highsubsub=0<br />
• <strong>Bildung</strong>sstadt Arnsberg<br />
http://bildungsstadt.arnsberg.de/<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft der Stadt Dortmund<br />
http://www.lebenswelt- schule.net/fileadmin/lebenswelten/dokumente/<strong>pdf</strong>/Steckbrief_Dortmund18_11_08.<strong>pdf</strong><br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Altstadt Nord (Köln)<br />
• http://www.montag-stiftungen.com/ban-projektuebersicht/<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
• Rostock – Nachhaltige Kooperation zwischen Ganztagschulen und Stadtteileinrichtungen<br />
http://www.lokale-bildungslandschaften.de/lokale-beispiele-aus-der-praxis/mecklenburg-<strong>vor</strong>pommern.html<br />
Rheinland-Pfalz<br />
• <strong>Bildung</strong>s- und Erziehungslandschaft Ludwigshafen-Gartenstadt<br />
http://www.kommunale-bildungslandschaften.de/_download/Profil_Ludwigshafen.<strong>pdf</strong><br />
52 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Saarland<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Gemeinde Bou<br />
http://www.lokale-bildungslandschaften.de/lokale-beispiele-aus-der-praxis/saarland.html<br />
Sachsen<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Leipzig<br />
http://www.leipzig.de/de/buerger/stadtentw/konzept/arbeitsstruktur/bildung/<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Sächsische Schweiz-Osterzgebirge<br />
http://www.bildungslandschaft.eu/bildungslandschaft/bildungslandschaft/index.html<br />
Sachsen-Anhalt<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Salzlandkreis (Unterstützt durch das Programm „Lebenswelt Schule“ der<br />
Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Jacobs Foundation)<br />
http://www.lebenswelt-schule.net/index.php?id=28<br />
Schleswig-Holstein<br />
• Stadteilbezogene <strong>Bildung</strong>s- und Erziehungslandschaft der Stadt Itzehoe<br />
http://www.kommunale-bildungslandschaften.de/_download/Profil_Itzehoe.<strong>pdf</strong><br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Bad Bramstedt (Unterstützt durch das Programm „Lebenswelt Schule“ der<br />
Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Jacobs Foundation)<br />
• http://www.lebenswelt-schule.net/index.php?id=27<br />
Thüringen<br />
• Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften in der Stadt Saalfeld<br />
http://www.lebenswelt-schule.net/fileadmin/lebenswelten/dokumente/<strong>pdf</strong>/Steckbrief_Saalfeld.<br />
<strong>pdf</strong><br />
• Kommunale <strong>Bildung</strong>s- und Erziehungslandschaft Saalfeld/ Saale<br />
http://www.kommunale-bildungslandschaften.de/_download/Profil_Saalfeld.<strong>pdf</strong><br />
• Bunte Schule. Interkulturelle <strong>Bildung</strong>sangebote an der Regelschule „Alfred Brehm“ (Jena)<br />
http://www.zuwanderer-in-der-stadt.de/1184.php<br />
• <strong>Bildung</strong>slandschaft Mühlhausen<br />
http://www.bildungslandschaft-muehlhausen.de/index.html<br />
Recherchemöglichkeiten (Auswahl)<br />
• Bertelsmann Stiftung (Stichwort „Regionale <strong>Bildung</strong>slandschaften) http://www.bertelsmannstiftung.de/cps/rde/xchg/SID-6157064D-2CE86834/bst/hs.xsl/35066.htm<br />
• Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (Stichwort: Lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften)<br />
http://www.lokale-bildungslandschaften.de/<br />
• Das Programm „Lebenswelt Schule“ der Deutschen Kinder und Jugendstiftung und Jacobs<br />
Foundation<br />
http://www.lebenswelt-schule.net/<br />
• Das Programm „Ideen für mehr! Ganztägig <strong>Lernen</strong>“<br />
http://www.ganztaegig-lernen.org/www/gtl3.aspx<br />
• Praxisnetzwerk Zuwanderer in der Stadt der Schader Stiftung, des Deutschen Städtetags und<br />
des GdW<br />
http://www.zuwanderer-in-der-stadt.de/<br />
• B<strong>MB</strong>F Ganztagsschulportal<br />
http://www.ganztagsschulen.org<br />
• Soziale Stadt Bundestransferstelle (BMVBS)<br />
http://www.sozialestadt.de/programm<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 53
„<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“ <strong>Bremen</strong> / Bremerhaven<br />
Arbeitsgruppe „Lokales <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen“<br />
Claudia Fortmann<br />
wurde 1979 geboren und studierte an der Universität <strong>Bremen</strong> Erziehungswissenschaften mit<br />
dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Nach ihrem Abschluss 2006 arbeitete<br />
sie als freie Mitarbeiterin bei der Wirtschafts- und Sozialakademie <strong>Bremen</strong> und anschließend in<br />
dem Projekt „<strong>Lernen</strong>de Region Landkreis Osterholz“. Von 2008 bis 2011 war Claudia Fortmann<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität <strong>Bremen</strong> mit<br />
Arbeitsschwerpunkten in den Bereichen Ganztagsschulforschung, <strong>Bildung</strong>slandschaften und<br />
Übergang Schule-Beruf.<br />
Seit Januar 2011 ist Claudia Fortmann <strong>im</strong> Rahmen des Bundesprogramms „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong>“/<br />
Projektgruppe Gröpelingen bei der Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft tätig und <strong>vor</strong>rangig<br />
mit den Themenschwerpunkten „Berufliche Orientierung/ Übergänge in berufliche <strong>Bildung</strong>“<br />
und „<strong>Bildung</strong>sberatung“ befasst. Die Schwerpunkte zielen auf die Opt<strong>im</strong>ierung von <strong>Bildung</strong>süber-<br />
und –zugängen ab und greifen dementsprechend Forderungen nach der Gestaltung von<br />
kohärenten Lernbiographien <strong>im</strong> Lebensverlauf auf.<br />
Heike Jungherr<br />
1982 in Hannover geboren, studierte 2003 bis 2009 Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis<br />
an der Universität Hildeshe<strong>im</strong> und der Bilgi Üniversitesi Istanbul. Während des Studiums<br />
war sie als Kulturpädagogin in verschiedenen Kinder- und Jugendkunstprojekten tätig. Nach<br />
ihrem Abschluss arbeitete sie konzeptionell und koordinatorisch in Projekten wie „Palast der<br />
Vorstadt“, „Archiv der Sprachen“, „Berufseinstieg West“ für Kultur Vor <strong>Ort</strong> e.V., Gröpelinger<br />
Marketing e.V. und neue passagen in <strong>Bremen</strong>.<br />
Seit Dezember 2010 ist Heike Jungherr bei der Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft <strong>im</strong> Programm<br />
<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> / Projektteam Gröpelingen als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig und<br />
befasst sich überwiegend mit den Bereichen kulturelle <strong>Bildung</strong>, Elternarbeit und <strong>Bildung</strong>sübergang<br />
Kita – Grundschule. Gemeinsam mit Kitas, Schulen, Stadtteilakteuren und Ressorts<br />
wird ein Strukturkonzept entwickelt, das einen gestalteten Übergang für Kinder und deren Eltern<br />
gewährleistet.<br />
Ein weiteres Handlungsfeld ist die Verzahnung von kultureller <strong>Bildung</strong> und Schule. Gemeinsam<br />
mit Schulen, Trägern kultureller <strong>Bildung</strong> und Ressorts werden qualitative Standards definiert<br />
und ein Kooperationskonzept entwickelt.<br />
Lutz Liffers<br />
Soziologe mit den Schwerpunkten Stadtentwicklung, <strong>Bildung</strong> und Kultur. 2001-2004 Mitarbeit<br />
<strong>im</strong> Leitungsteam des Forschungs<strong>vor</strong>habens „<strong>Bildung</strong> und Stadt“ der Universität <strong>Bremen</strong>.<br />
2004-2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter <strong>im</strong> Bewerbungsteam <strong>Bremen</strong>s zur Europäischen Kulturhauptstadt<br />
2010. Seit 2007 Lehr- und Vortragstätigkeit, Entwicklung und Durchführung von<br />
verschiedenen Projekten <strong>im</strong> Bereich Wissenschaftsvermittlung, Schulentwicklung, Stadtkultur.<br />
Erstellung von Expertisen und Entwicklung von Projekten u.a. für das Haus der Wissenschaft,<br />
den Landesverband soziokultureller Zentren, die Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft, die<br />
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, Senatskanzlei <strong>Bremen</strong>, <strong>Bremen</strong> Marketing GmbH.<br />
Im Rahmen von „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> <strong>Bremen</strong> / Bremerhaven“ ist Lutz Liffers mit der Leitung der<br />
Projektgruppe Lokales <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen betraut. Arbeitsschwerpunkt ist die<br />
Einbettung der lokalen in die kommunale Struktur.<br />
54 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“
Jane Meyer<br />
1981 geboren, studierte bis 2007 Rechtswissenschaften an der Universität <strong>Bremen</strong> mit dem<br />
Schwerpunkt Umweltrecht. Im Anschluss war sie bei der Beluga Group in <strong>Bremen</strong> u.a. in den<br />
Bereichen Einkauf, Projektarbeit und Assistenz tätig.<br />
Seit Januar 2011 ist Jane Meyer bei der Senatorin für <strong>Bildung</strong> und Wissenschaft <strong>im</strong> Programm<br />
<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> / Projektteam Gröpelingen als Verwaltungsangestellte tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte<br />
sind die Abrechnungen mit dem Projektträger, Budgetüberwachung, Auftragsvergaben<br />
sowie Dokumentation, Reisekostenabrechnungen, Tagungsorganisation und allgemeine Büroarbeiten.<br />
Fatmanur Sakarya-Demirci<br />
geboren 1982 in <strong>Bremen</strong>, studierte nach dem Studium der Sozialpädagogik an der Hochschule<br />
<strong>Bremen</strong> Soziologie mit den Schwerpunkten Soziale Probleme/Sozialpolitik und Lebenslaufforschung<br />
an der Universität <strong>Bremen</strong>. Sie arbeitete wissenschaftlich an der Europäischen<br />
Vergleichsstudie „Kulturelle Diversität <strong>im</strong> Gesundheitssystem“ am Zentrum für Europäische<br />
Rechtspolitik (ZERP) an der Universität <strong>Bremen</strong>. Nach dem Abschluss ihres Studiums war sie<br />
<strong>im</strong> Zentrum für schülerbezogene Beratung (LIS) in den Tätigkeitsfeldern Schullaufbahnberatung,<br />
Schulvermeidung und Schulvermeidungsprävention tätig.<br />
Seit Dezember 2010 wirkt Fatmanur Sakarya-Demirci als wissenschaftliche Mitarbeiterin <strong>im</strong><br />
Bundesprogramm <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> <strong>Bremen</strong>/Bremerhaven <strong>im</strong> Projektteam Gröpelingen mit. In<br />
ihren Arbeitsschwerpunkten „Diversität, Demokratie und Zivilgesellschaft“ beschäftigt sie sich<br />
mit der Frage, wie Diversität als Querschnittsaufgabe in das lokale <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen<br />
systematisch verankert werden kann. Dabei werden <strong>vor</strong>handene Strategien <strong>im</strong> Umgang<br />
mit sozialer und kultureller Vielfalt des Stadtteils ausgewertet und Leitlinien für ein adäquates<br />
Managing Diversity in lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften <strong>im</strong>plementiert.<br />
Anja Wichitill<br />
1984 in Berlin geboren und aufgewachsen. Sie studierte an der Universität <strong>Bremen</strong> Soziologie<br />
mit den Studienschwerpunkten Familiensoziologie und Sozialpolitik und ist seit Januar 2011<br />
<strong>im</strong> Vorhaben „<strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> <strong>Bremen</strong> / Bremerhaven“ <strong>im</strong> Bereich lokales Bidungsmanagement<br />
Gröpelingen als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Schwerpunkthema ist das Handlungsfeld<br />
„Stadtteil als <strong>Bildung</strong>sraum begreifen“. Wichtiger Aspekt dieses sozialräumlichen<br />
Verständnisansatzes von <strong>Bildung</strong> ist die Einbeziehung von Programmen und Einrichtungen aus<br />
den Bereichen Soziales, Jugendhilfe, Gesundheit und freier Träger und Vereine. Ein großer Arbeitsbereich<br />
ist hier die strukturelle Integration dieser bestehenden Ressourcen in die Ganztagsschulentwicklung<br />
und die Moderation eines Diskurses zu daraus entstehenden Problemlagen<br />
zwischen schulischen und außerschulischen Trägern.<br />
In der Praxis gestaltet sich dies durch die Mitarbeit in lokalen Strukturen und durch themenorientierte<br />
Workshops, die Problemlagen <strong>im</strong> Stadtteil aufgreifen oder auch neue inhaltliche Impulse<br />
für den Stadtteil setzen, zu denen dann abgest<strong>im</strong>mte Haltungen und Ziele für ein weiteres<br />
Vorgehen diskutiert werden sollen. Besondere Herzensangelegenheit: Partizipation <strong>im</strong> Stadtteil<br />
fördern.<br />
Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“ 55
Informationen zum Bundesprogramm:<br />
www.lernen-<strong>vor</strong>-ort.com<br />
Informationen zu <strong>Lernen</strong> <strong>vor</strong> <strong>Ort</strong> <strong>Bremen</strong> / Bremerhaven:<br />
www.lernen<strong>vor</strong>ort.bremen.de<br />
Kontakt zum lokalen <strong>Bildung</strong>smanagement Gröpelingen:<br />
lernen<strong>vor</strong>ort@bildung.bremen.de<br />
56 Materialien zur Tagung „<strong>Bildung</strong> <strong>im</strong> Stadtteil“