Lokale Verantwortungsgemeinschaften für Bildung - Deutsche ...
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A Inputs<br />
Den Einstieg in den Fachtag gestaltete Karsten Speck<br />
und präsentierte die Perspektive der Wissenschaft zu<br />
Kooperationen in lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
4<br />
<strong>Lokale</strong> <strong>Bildung</strong>slandschaften:<br />
Neue Wege der Kooperation<br />
Dr. Karsten Speck<br />
Universität Potsdam<br />
Ich werde in meinem Referat vier Punkte thematisieren. Zunächst sind<br />
Anlässe und Merkmale von lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften zu benennen,<br />
dann ist der Blick auf das tatsächlich oder vermeintlich Neue von lokalen<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaften zu richten. Aus diesem Blick ergeben sich<br />
kritische Anfragen, die es näher zu beleuchten gilt. Im vierten Punkt<br />
werde ich Konsequenzen für gelingende lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
aufzeigen.<br />
Nach meiner Wahrnehmung haben wir ein Zeitalter, das geprägt ist von<br />
einem „vor und nach PISA“. Interessant sind vor allem die sozialen Implikationen,<br />
die aus der PISA-Studie hervorgehen, und Diskussionen,<br />
die angestoßen wurden und die man für lokale <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
nutzen kann und sollte. Eine Debatte, die seit Längerem geführt wird,<br />
ist die der Öffnung von Schule und Ganztagsschule und die damit verbundenen<br />
schulischen und gesellschaftlichen Herausforderungen.<br />
Im Bereich der Jugendhilfe finden sich Konzepte zur Sozialraumorientierung,<br />
ein Containerbegriff wie der der lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
Ansatzpunkt ist es, stärker auf Sozialräume einzugehen, dort nach Milieus<br />
zu suchen und adäquate Angebote aufzuzeigen. Der Jugendhilfe<br />
geht es insbesondere um eine stärkere Öffnung in Richtung Schule. Es<br />
gibt Regelungen, die den Ausbau von Schulkooperation und Schulsozialarbeit<br />
fördern. Das führt zu einem geschärften Bewusstsein von<br />
Jugendhilfeträgern und der Forderung nach einem erweiterten <strong>Bildung</strong>sverständnis,<br />
welches sich in dem Statement „<strong>Bildung</strong> ist mehr als<br />
Schule“ niederschlägt.<br />
Die Forderung nach einem erweiterten <strong>Bildung</strong>sverständnis betrifft<br />
aber auch Schulen. Für sie heißt es, nicht nur die formale <strong>Bildung</strong> in den<br />
Blick zu nehmen, sondern non-formale und informelle <strong>Bildung</strong>sformen<br />
zu integrieren, die Jugendhilfe als <strong>Bildung</strong>sakteur zu akzeptieren und<br />
entsprechend einzubeziehen. Informelle <strong>Bildung</strong> über Peergroups, Medien<br />
und Ähnliches sind Einflussgrößen auf <strong>Bildung</strong>sprozesse, die inzwischen<br />
anerkannt werden. Es gibt Wissenschaftler, die davon ausgehen,<br />
dass 80 Prozent des Wissens außerhalb von Schule angeeignet<br />
wird. Es existiert allerdings meines Erachtens noch keine Studie, die das<br />
tatsächlich empirisch belegt.<br />
Ansätze und Strategien für eine regionale oder kommunale Jugend- und<br />
Schulpolitik prägen die Auseinandersetzung um <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
auf der lokalen Ebene. Der 12. Kinder- und Jugendbericht hat die Thematik<br />
ausführlich behandelt, er verwendet interessanterweise unterschiedliche<br />
Begrifflichkeiten: lokale, regionale und kommunale <strong>Bildung</strong>slandschaften.<br />
In dem Bericht wird deutlich darauf hingewiesen,<br />
dass die Kommunen eine starke planerische Verantwortung haben. Die<br />
<strong>Deutsche</strong> Kinder- und Jugendstiftung spricht von verbesserter Vernetzung<br />
und Bündelung der unterschiedlichen Ressourcen, die mit <strong>Bildung</strong><br />
zu tun haben. Die Bertelsmann Stiftung konzentriert sich auf Schulentwicklungsprozesse.<br />
Das <strong>Deutsche</strong> Jugendinstitut fokussiert auf neue<br />
Ansätze und operationalisiert anhand von bestimmten Dimensionen,<br />
was Grundmerkmale von lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften sind. Letztendlich<br />
kommt es zu durchaus unterschiedlichen Akzentuierungen, wie der<br />
Begriff inhaltlich zu füllen ist. Das macht es schwierig, ihn zu bestimmen,<br />
abzugrenzen und eine Diskussion über Sinn, Vorteile, Nachteile,<br />
Möglichkeiten und Grenzen zu führen.<br />
Ich komme zum zweiten Punkt. Das Neue an kommunalen <strong>Bildung</strong>slandschaften<br />
ist, dass <strong>Bildung</strong> inzwischen ein Thema ist, das in Wahlkämpfen<br />
beachtet wird. Es entscheidet Wahlkämpfe zwar nicht, aber es<br />
wird für gesellschaftlich relevant gehalten. 76.000 Schüler, die jährlich<br />
ohne Abschluss die Schule verlassen, zeigen, dass es ein <strong>Bildung</strong>sverständnis<br />
geben muss, das nicht nur auf den schulischen Bereich bezogen<br />
ist. Der Blick richtet sich vermehrt auf formale, non-formale und<br />
informelle <strong>Bildung</strong> und führt damit weg von versäulten, vermeintlich<br />
bewährten <strong>Bildung</strong>s- und Sozialstrukturen (Input) hin zur Frage,<br />
wie man gelingende <strong>Bildung</strong>sbiografien sicherstellen kann (Outcome).<br />
Während man es früher für selbstverständlich oder einfach für individuell<br />
verursachtes Verhalten hielt, dass jemand in der Schule nicht mitkam,<br />
gibt es heute so etwas wie eine gesellschaftliche Verantwortung für<br />
die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen. Das impliziert,<br />
die zahlreichen Angebote einzelner <strong>Bildung</strong>sakteure zu bündeln<br />
und zu abgestimmten, lokalen <strong>Bildung</strong>skonzepten zu entwickeln.<br />
Damit bin ich beim dritten Punkt: Anfragen. Was auffällt, ist, dass der<br />
Begriff Kooperation, wie er in lokalen <strong>Bildung</strong>slandschaften verwendet<br />
wird, mit einem hohen normativen Anspruch besetzt ist: Synergieeffekte,<br />
konsistentes Gesamtsystem von <strong>Bildung</strong>, Betreuung und Erziehung<br />
im Interesse der Kinder und Jugendlichen sind Schlüsselbegriffe.<br />
Wenn man das etwas nüchterner betrachtet, geht es erst einmal bloß darum,<br />
zusammenzuarbeiten, und dies bewusst und längerfristig. Wichtig<br />
ist für solch eine Kooperation, dass tatsächlich ein Nutzen entsteht.<br />
In der Regel sollten nicht die Institutionen, sondern die beteiligten Akteure<br />
einen Nutzen erlangen, denn ohne diesen arbeiten sie nicht zusammen.<br />
Kooperation verläuft über Beziehungen und nicht über Insti-