Download - Arbeitsgemeinschaft für Internationalen Rechtsverkehr
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I. INTERNES<br />
mutung der Unrichtigkeit und der Erleuchtungsbedürftigkeit<br />
unterliegen.<br />
heißen, denn auch ich funktioniere so, und bis jetzt hat<br />
es immer ganz gut geklappt.<br />
Um noch einmal auf die USA als eine der führenden<br />
Kulturnationen zurückzukom-men: aus deutscher Sicht<br />
wundert man sich schon manchmal, dass sich der<br />
Advocat schon auf America The Beautiful und all seine<br />
Segnungen einlässt, wenn es der Sa-che - des Mandanten<br />
- dienlich ist oder sein könnte, während der Rechtsanwalt<br />
erst prüft, welche Voraussetzungen überhaupt<br />
grundsätzlich erfüllt sein müssen, damit irgendetwas dieser<br />
Sache dienlich sein könnte. Wirken vielleicht deshalb<br />
unsere niederländischen Freunde oft weniger angespannt,<br />
auch weniger affektiert als wir, wenn sie sich<br />
anglo-amerikanisch betätigen<br />
VI.<br />
Überhaupt, die Grundsätze. Die Säulen, auf denen das<br />
deutsche anwaltliche Univer-sum fest ruht, umspült,<br />
manchmal spielerisch-leicht, manchmal reißend und<br />
gefährlich, von den Ausnahmen, Ausnahmen von den<br />
Ausnahmen und Gegenausnahmen. Unser Rechtsdenken<br />
ist manchmal überstark geprägt von dem Bedürfnis<br />
nach Grundsätzen, an denen man auch die anspruchsvollsten<br />
Überlegungen festmachen kann. Wenn<br />
wir die Erfolgsaussichten eines Falls prüfen, rekurrieren<br />
wir wie selbst-verständlich zuerst auf die geltenden<br />
Grundsätze, bevor wir uns damit beschäftigen, welche<br />
der zahllosen bösen (aber auch faszinierenden) Ausnahmen<br />
hier gerade verwirklicht sein könnte. Deutschland<br />
verdankt diesem Ansatz viele wunderbare Wor-te.<br />
Schranken-Schranken ist eines davon, eine aus unserem<br />
Verfassungsrecht nicht wegzudenkende Rechtsfigur.<br />
Aber zum Beispiel auch die im internationalen Schiedsverfahren<br />
so prachtvoll blühende Kompetenz-Kompetenz<br />
hat irgendwann als hoffnungsvolles Pflänzchen auf<br />
dem Acker des Grundsätzlichen im Lande Goethes<br />
angefangen. Wenn Sie Ihr deutsches Gegenüber in einer<br />
Verhandlungssituation richtig einschätzen wollen, sind<br />
Sie gut beraten, zu unterstellen, dass große Teile seines<br />
oder ihres Arbeitsspeichers aktuell mit Grundsatzarbeit<br />
belegt sind. Ich werde mich hüten, das schlecht zu<br />
Wer vor dem Grundsatz steht - oder vor einem, der in<br />
Grundsätzen denkt und mit ihnen arbeitet -, hat es nicht<br />
mehr weit bis zum Dogma. Und auch hier gibt es Wissenswertes<br />
über Ihre deutschen Kolleginnen und<br />
Kollegen. In der deutschen Anwaltschaft ist die<br />
Auffassung höchst verbreitet, dass eine schriftliche Arbeit,<br />
zum Beispiel eine Rechtsauskunft an einen Mandanten,<br />
von minderer Qualität ist, wenn sie nicht ausführlich,<br />
gern auch episch, auf Lehrmeinungen und Rechtsprechungsentwicklungen<br />
eingeht, die mit dem konkreten<br />
Fall zwar grundsätzlich - da ist das Wort wieder - in<br />
Zusammenhang stehen, aber zur Beantwortung der entscheidenden<br />
Frage nicht oder nur wenig beitragen. Auf<br />
diese Weise kann die Behandlung der Frage eines<br />
Mandanten, ob eine bestimmte Forderung verjährt ist<br />
oder nicht, nach Umfang und Komplexität durchaus an<br />
den Mittelteil von "Krieg und Frieden" erinnern, ohne<br />
dass wir das wirklich außergewöhnlich fänden. Denn auch<br />
wenn sich die meisten von uns - wie Sie - als moderne<br />
Dienstleister verstehen, sind viele doch gleichzeitig Mitglieder<br />
im Club der Ausführlichen. Sei es, sie verstehen<br />
ihre seitenlangen Elaborate als Ausdruck hochwertiger<br />
Arbeit, sei es, sie wollen Schwächen der eigenen<br />
Rechtskenntnis mehr oder weniger elegant tarnen. Es gibt<br />
freilich auch viele Mandanten, die sich nicht mit weniger<br />
zufrieden geben wollen, und die regelrecht alarmiert<br />
wären, wenn ihre Frage an den Anwalt mit einem Schreiben<br />
beantwortet würde, das kürzer wäre als das Anfangskapitel<br />
des "Zauberbergs" von Thomas Mann, und<br />
das man tatsächlich bei der ersten Lektüre verstünde - wo<br />
ist denn da der Gegenwert für diese enormen Honorare<br />
VII.<br />
Die Honorare allerdings scheinen im internationalen<br />
Vergleich, wohl auch im Ver-gleich mit den<br />
Niederlanden, doch nicht ganz so dramatisch. Gerichtliche<br />
Tätigkeit wird in Deutschland in aller Regel nach<br />
einer festen, am Streitwert orientierten Vergütungsordnung,<br />
dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, abgerech-<br />
16<br />
MittBl. DAV Internationaler <strong>Rechtsverkehr</strong> 1/06