Download - Arbeitsgemeinschaft für Internationalen Rechtsverkehr
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II. EUROPÄISCHE UNION / INTERNATIONALES<br />
7.<br />
WILLEM C. VIS INTERNATIONAL<br />
COMMERCIAL ARBITRATION MOOT<br />
COURT<br />
EIN ERFAHRUNGSBERICHT DES TEAMS<br />
DER UNIVERSITÄT FRANKFURT AM MAIN<br />
von Soo-Hyun Oh, Jakob Sättler und<br />
Nils Christian Wighardt<br />
1. DIE GESCHICHTE UND BEDEUTUNG DES VIS<br />
MOOTS<br />
Unter dem Eindruck, dass dem internationalen<br />
Kaufrecht und der Schiedsgerichtsbarkeit in der juristischen<br />
Ausbildung nicht genügend Beachtung zukommt,<br />
wurde die Idee geboren, einen Moot Court zu veranstalten,<br />
der sich diesen Rechtsgebieten widmet. Im Jahre<br />
1992 wurde die Idee auf einem Kongress der United<br />
Nations Commission on International Trade Law<br />
(UNCITRAL) diskutiert. Die ehemaligen UNCITRAL-<br />
Sekretäre Prof. Willem Vis und Prof. Eric Bergsten, die<br />
zu dem Zeitpunkt als Lehrende am Institute of<br />
International Commercial Law an der Pace Law School<br />
in White Plain, New York, tätig waren, kümmerten sich<br />
fortan um die Organisation des Moots. Bereits zwei<br />
Jahre später wurde der erste Moot Court in Wien, dem<br />
Sitz der UNCITRAL, durchgeführt.<br />
Die stetig gewachsene Bedeutung des Vis Moots läßt<br />
sich gut an der Anzahl der teilnehmenden Teams veranschaulichen:<br />
Am ersten Moot nahmen elf Teams aus<br />
neun verschiedenen Ländern teil - am zwölften Moot<br />
haben 140 Teams aus mehr als 30 verschiedenen<br />
Ländern mitgewirkt. Aufgrund des gewachsenen<br />
Interesses ist mittlerweile ein Schwestern-Wettbewerb in<br />
Hong Kong (Vis Moot East) gegründet worden.<br />
Der Sachverhalt - genannt „The Problem“ - entspricht<br />
nicht dem typischen Sachverhalt, mit dem ein deutscher<br />
Jurastudent während seines Studiums üblicherweise<br />
konfrontiert wird. Im Gegensatz dazu besteht der<br />
Sachverhalt aus etwa 50 Seiten Schriftverkehr zwischen<br />
Kläger und Beklagtem, wichtigen Vertrags- oder<br />
Transportdokumenten sowie schriftlicher Kommunikation<br />
mit der Schiedsgerichtsinstitution und den<br />
Schiedsrichtern, so dass es sich um einen richtigen Fall<br />
aus der Praxis handeln könnte. Eine „Procedural Order“,<br />
die als Leitlinie für die Auseinandersetzung mit dem<br />
Sachverhalt zu verstehen ist, deckt materiellrechtliche<br />
und prozessrechtliche Themen innerhalb der Aufgabenstellung<br />
ab. Dabei ist zu erwähnen, dass stets das<br />
Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge<br />
über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht) auf<br />
den materiellrechtlichen Disput zwischen den Parteien<br />
Anwendung findet, während das die prozessrechtlichen<br />
Fragen betreffende Regelwerk neben dem UNCITRAL<br />
Model Law on International Commercial Arbitration<br />
und der Convention on the Recognition and Enforcement<br />
of Foreign Arbitral Awards aus der Fülle an bestehenden<br />
institutionellen oder ad hoc Schiedsregeln von<br />
Jahr zu Jahr neu ausgewählt wird.<br />
Unter Bezugnahme auf die „Procedural Order“ ist von<br />
den teilnehmenden Teams innerhalb von zwei Monaten<br />
ein 35-seitiger Klägerschriftsatz zu erstellen. Zunächst<br />
müssen die rechtlich relevanten Probleme erkannt werden.<br />
Sodann beginnt die eigentliche Arbeit: als Rechtsanwälte<br />
des Klägers müssen die Studenten fundierte und<br />
überzeugende Argumente finden, die dem Klagebegehren<br />
Nachdruck verleihen. Danach werden die<br />
Seiten gewechselt: Nachdem der Klägerschriftsatz fertiggestellt<br />
wurde, wird jedem Team ein Klägerschriftsatz<br />
einer ebenfalls am Moot teilnehmenden Universität<br />
zugeschickt, auf den es sodann aus Sicht des Beklagten<br />
zu antworten gilt.<br />
2. DER ABLAUF DES MOOTS<br />
Jedes Jahr wird Anfang Oktober der Sachverhalt auf<br />
der Homepage des Moots zum <strong>Download</strong> freigegeben.<br />
Die „Oral Hearings“, die Ende März oder Anfang April<br />
in Wien ausgetragen werden, stellen den Höhepunkt des<br />
Wettbewerbs dar. In letzter Zeit sind verschiedene sogenannte<br />
„Pre Moots“ entstanden, die der Vorbereitung auf<br />
den rhetorischen Part des Wettbewerbs dienen. Zu nen-<br />
34<br />
MittBl. DAV Internationaler <strong>Rechtsverkehr</strong> 1/06