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Bausteine - Referate - Jana Milosovicova - Urban Design English

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treptow-kopenick<br />

stadtplanung in<br />

Ergebnisse des Bachelorstudienprojektes an der Technischen Universität Berlin 2007 / 2008


Der folgende Bericht stellt die Arbeitsergebnisse des Projekts<br />

stadtplanung in treptow-kÖpenick<br />

vom Wintersemester 2007/2008 bis zum Sommersemester 2008 vor.<br />

Redaktion<br />

Henrike Warning, Janin Dziamski<br />

Layout und grafische Konzeption<br />

Anton Katzer<br />

Umschlagillustration<br />

Anton Katzer<br />

Druck, Bindung<br />

Wer das liest, hat einen Fülltext gefunden<br />

Mit Beiträgen von<br />

Gregor Borg, Marduk Burdinski, Faith Cable, Janin Dziamski, Lex Faber, Claudia Hillmann, Anton<br />

Katzer, Benjamnin Könecke, Malgorzata Krol, <strong>Jana</strong> <strong>Milosovicova</strong>, Susanne Müller, Lukasz Pawlowski,<br />

Philipp Perick, Josephine Schmidt, Henrike Warning, Lenka Vojtová, Anne Wrase<br />

Projektleitung<br />

Bernhard Weyrauch, Christian Kloss,<br />

Fachgebiet Bau- und Planungsrecht


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort 5<br />

Projektteilnehmer 8<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong> 11<br />

Stadtökologie & Nachhaltigkeit 11<br />

Wasser 16<br />

Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung 25<br />

Klimaprognose Berlin Brandenburg 33<br />

Verkehr und Mobilität 40<br />

Stadtklima 47<br />

Ökologisches Bauen 61<br />

Energie 74<br />

Bestandsaufnahme 87<br />

Die Bewertungsmatrix 93<br />

Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison 98<br />

Exkursion nach Freiburg 123<br />

Umweltmaßnahmen im Städtebau 133<br />

Grundlagen für einenökologischen Städtebau 133<br />

Ökologische Festsetzungen im Bebauungsplan 137<br />

Der Biotopflächenfaktor 138<br />

Erste Entwürfe 141<br />

Entwurfsphase 141<br />

Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“ 145<br />

Städtebauliches Konzept 145<br />

Das „Spreequartier am alten Kabelwerk 152<br />

Entwurf in Ecotect 154<br />

Bebauungsplanung 157<br />

Bebauungsplan Spreequartier 162<br />

Empfehlungen für eine BauGB-Novellierung 165<br />

Fazit 171<br />

3


Vorwort<br />

Mit großer Leidenschaft und Konzentration<br />

wurde ein Jahr lang der Kernfrage nach den Anforderungen<br />

an eine umweltgerechte Stadtplanung<br />

nachgegangen. Die Projektgruppe war sehr<br />

interessant besetzt – dazu trug nicht zuletzt die<br />

internationale Mischung bei (neben den deutschen<br />

gab es eine tschechische, eine slowakische,<br />

eine amerikanische, einen luxemburgischen und<br />

zwei polnische Studierende). Hier trafen also<br />

hinsichtlich der Kernfrage durchaus ganz unterschiedlich<br />

sozialisierte Menschen aufeinander.<br />

Als Planerinnen und Planer tragen wir eine besondere<br />

Verantwortung für den Schutz unserer<br />

Umwelt. Diese Verantwortung macht nicht vor<br />

Gemeinde- oder Ländergrenzen halt. Und es<br />

wird immer deutlicher, dass insbesondere der<br />

globale Klimaschutz weit höherer Aufmerksamkeit<br />

und stärkerer gesetzlicher Verankerung<br />

bedarf, als es bislang in der Praxis der Fall ist<br />

– dies hat auch die einjährige Auswertung der<br />

Presse sowie der Besuch mehrerer Kongresse<br />

und Fachtagungen gezeigt. In Umweltberichten<br />

zu formellen Planwerken spielt der globale Klimaschutz<br />

in der Regel noch keine Rolle. Dies<br />

hängt aus unserer Sicht damit zusammen, dass<br />

nach § 2 Abs. 4 Satz 3 des Baugesetzbuches nur<br />

untersucht zu werden braucht, „was nach gegenwärtigem<br />

Wissensstand und allgemein anerkannten<br />

Prüfmethoden … angemessenerweise<br />

verlangt werden kann.“ Bislang fehlte der Praxis<br />

eine anerkannte Prüfmethodik hinsichtlich der<br />

globalen Klimaentwicklung. Im Rahmen des Studienprojektes<br />

wurde nun mit der Bewertungsmatrix<br />

ein solches Prüfmodell entwickelt, das<br />

diese Forschungslücke füllen soll.<br />

Die Aufgabenstellung hat allen Projektmitgliedern<br />

einschließlich –betreuung eine hohe<br />

Leistungsbereitschaft und, z.B. bei der mehrere<br />

Sitzungen dauernden Diskussion um die<br />

Gewichtung und Benotung einzelner Kriterien<br />

der Bewertungsmatrix, viel Geduld abverlangt.<br />

Es musste ein sehr breites Themenspektrum<br />

abgearbeitet werden. Wir sind dabei auch an<br />

Grenzen gestoßen und haben versucht, daraus<br />

weiteren Forschungsbedarf abzuleiten. Dies alles<br />

war nur dank einer wirklich guten Arbeitsatmosphäre<br />

und kluger Teamarbeit möglich.<br />

Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse Anlass zu<br />

weiteren Diskussionen auf unterschiedlichen<br />

Ebenen geben. Ganz sicher werden die Ergebnisse<br />

des Studienprojektes, wie mit der Leiterin<br />

des Stadtplanungsamtes, Frau Löbel, vereinbart,<br />

im Verlaufe der nun anstehenden vorlesungsfreien<br />

Zeit im Bezirksamt vorgestellt werden.<br />

Wie von dort zu erfahren war, gibt es auch von<br />

Eigentümerseite (IVG Immobilien) Interesse an<br />

unseren Lösungsvorschlägen zur Flächenumnutzung.<br />

Weiterhin hat uns der Berliner Landesgeschäftsführer<br />

der Vereinigung für Stadt-, Regional-<br />

und Landesplanung, Rainer Bohne, eine<br />

Diskussion zu der von uns entwickelten Bewertungsmatrix<br />

angeboten. Auch auf dieses Ange-<br />

5


Kleine Überschrift<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

bot möchte die Projektgruppe zurückkommen.<br />

Insgesamt zieht die Bewertungsmatrix schon<br />

jetzt weitere Kreise. Eine Verbindung reicht zu<br />

den gehlarchitects nach Dänemark, die sich –<br />

eingebunden in die Deutsche Gesellschaft für<br />

Nachhaltige Entwicklung (DGNB) – mit den<br />

„Menschenfreundlichen Orten“ beschäftigen.<br />

Schließlich wird unsere Matrix in einer vergleichenden<br />

Studie auch im Rahmen des „Third<br />

International C.E.U. Congress“ in Oslo vom 14.<br />

bis zum 16. September 2008, der sich dem Thema<br />

“Climate Change and <strong>Urban</strong> <strong>Design</strong>” widmet,<br />

vorgestellt.<br />

Einleitung<br />

In diesem Projekt wird Ö groß geschrieben.<br />

Denn im Vordergrund der Betrachtung stehen<br />

ökologische Fragen der Stadtplanung und des<br />

Städtebaus. Zu diesem Zweck hat sich das Studienprojekt<br />

in den Bezirk Treptow-Köpenick<br />

begeben, um dort vier Standorte an Dahme<br />

und Spree hinsichtlich ihrer umweltverträglichen<br />

Eignung zur städtebaulichen Entwicklung<br />

zu untersuchen.<br />

Umweltprüfungen gehören zum beruflichen<br />

Alltag einer Stadtplanerin bzw. eines Stadtplaners.<br />

Im Rahmen von Bauleitplanverfahren werden<br />

u.a. die Auswirkungen der Planung auf die<br />

Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft,<br />

Klima, Landschaft und biologische Vielfalt untersucht.<br />

In der Praxis lässt sich eine Konzentration<br />

auf die tatsächlich zähl- oder sichtbaren Aspekte<br />

(insbesondere Flora und Fauna sowie Boden)<br />

beobachten. Doch wird diese Gewichtung der<br />

Bedeutung eines jeden einzelnen Schutzgutes<br />

im ökologischen Gesamthaushalt gerecht<br />

Umfassen die Schutzgüter überhaupt alle Kriterien,<br />

die für die ökologische Bewertung einer<br />

städtebaulichen Entwicklung von Belang wären<br />

Müssen vielleicht Aspekte eines von Vielen prognostizierten<br />

Klimawandels stärker in die planerische<br />

Begutachtung und Planung einfließen<br />

Welche neuen Herausforderungen stellen sich<br />

in diesem Zusammenhang an den Städtebau<br />

So lauteten die Ausgangsfragen zu Beginn des<br />

Projektstarts im Oktober 2007.<br />

In dem nun abgelaufenen Jahr haben sich die<br />

Studierenden mit den Grundlagen der ökologischen<br />

Stadtplanung auseinandergesetzt. Zu<br />

diesem Zweck wurden Themenfelder wie<br />

Verkehr, Energie, Wasser, Stadtklima sowie die<br />

Begriffe Stadtökologie und Nachhaltigkeit untersucht,<br />

und zwar immer in Kombination mit<br />

den o.g. und aus dem Bundesnaturschutzgesetz<br />

(BnatSchG) und dem Baugesetzbuch (BauGB)<br />

bekannten Schutzgütern. Gleichzeitig wurde<br />

der aktuelle Weltklimabericht (IPCC-Report)<br />

zum Klimawandel begutachtet und den Aussagen<br />

des Dokumentationsfilms von Friedensnobelpreisträger<br />

Al Gore „Eine unbequeme<br />

Wahrheit“ gegenübergestellt. Auf diesem Wege<br />

konnten kleinere Ungenauigkeiten des Films<br />

entlarvt werden. Diese Arbeit mündete in einer<br />

von den Studierenden organisierten institutsöffentlichen<br />

Veranstaltung, bei der auch Studien<br />

zum prognostizierten Klimawandel bis zum Jahr<br />

2050 im Raum Berlin-Brandenburg vorgestellt<br />

wurden.<br />

Das Bild einer insgesamt ernsten und besorgniserregenden<br />

Lage wurde durch Teilnahme an<br />

der 7. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige<br />

Entwicklung im Berliner Congress Center<br />

komplettiert, auf der u.a. Neuseelands Premierministerin<br />

Helen Clark und Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel die Nachhaltigkeitsstrategien<br />

Neuseelands bzw. Deutschlands vortrugen.<br />

Unter dem Eindruck der gewonnenen Erkenntnisse<br />

stellte sich im Verlauf des Wintersemesters<br />

die Frage, welche Verantwortung der Stadtplaner/<br />

die Stadtplanerin gegenüber der Umwelt<br />

einschließlich des Klimawandels trägt. Insbesondere<br />

Standortentscheidungen, z. B. bei der<br />

Ausweisung neuer Baugebiete auf der Ebene<br />

der Flächennutzungsplanung, haben verkehrsbeeinflussende<br />

Wirkung mit Folgen für den<br />

Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) als wichtigstes<br />

Klimagas. Es liegt also nahe, dass der Aspekt<br />

des anthropogenen Klimawandels viel stärker<br />

als bislang üblich in Planungsüberlegungen einbezogen<br />

werden muss. Das Projekt hat deshalb<br />

eine „Bewertungsmatrix zur umweltgerechten<br />

Steuerung von Plangebieten mit Wohnfunktion“<br />

entwickelt. Im Unterschied zu anderen bislang in<br />

6


der Praxis erprobten Matrizes wird hierbei neben<br />

den gängigen Umweltbelangen (Schutzgut<br />

Wasser, Boden, Fauna und Flora …) insbesondere<br />

der Aspekt des CO2-Ausstoßes einbezogen.<br />

Diese Bewertungsmatrix ist mittlerweile unter<br />

www.fnp-bewertungsmatrix.de abruf- und anwendbar.<br />

Die Matrix wurde gegen Ende des<br />

Sommersemesters ausgesuchten Experten zur<br />

Überprüfung vorgelegt, darunter Hochschulprofessorinnen<br />

und Hochschulprofessoren unseres<br />

und anderer Planerinstitute sowie anderer<br />

Forschungseinrichtungen wie dem Institut für<br />

Klimafolgenforschung in Potsdam, Vertretern<br />

der ARL und der SRL sowie Fachleuten aus der<br />

kommunalen Planungspraxis. Auf dem „Third<br />

International C.E.U. Congress“ im September<br />

in Oslo wird unsere Bewertungsmatrix mit der<br />

renommierten LEED ND aus den USA im Rahmen<br />

einer Studie verglichen.<br />

Die Matrix konnte der methodischen Herangehensweise<br />

folgend dazu genutzt werden, die<br />

vier, an Spree und Dahme gelegenen, vom Bezirksamt<br />

vorgeschlagenen potenziellen Plangebiete<br />

in Treptow und Köpenick auf eine etwaige<br />

Eignung zur Nutzung der Flächen zu Wohnzwecken<br />

zu überprüfen. Der Dateneingabe in<br />

die Matrix ging eine intensive Bestandsaufnahme<br />

aller vier Gebiete sowie ihrer Umgebung<br />

(1.000-m-Radius) voran. Auf der Grundlage<br />

der Gesamtergebnisse der vier Gebiete im Vergleich<br />

hat sich das Projekt darauf verständigt, für<br />

das Gebiet an der Friedrichshagener Straße ein<br />

Konzept zur umweltverträglichen städtebaulichen<br />

Umgestaltung und Neuordnung zu erarbeiten.<br />

Bei der Entscheidung wurde bewusst<br />

nicht das Gebiet mit der besten Note gewählt,<br />

sondern das Gebiet, das aus ökologischer Sicht<br />

die höchsten Herausforderungen versprach.<br />

Denn auch in der nächsten Projektphase, in der<br />

sich verstärkt der kleinteiligen Planungsebene<br />

zugewendet wurde, galt es, Antworten auf die<br />

Frage nach einer umwelt- und klimagerechten<br />

Planung zu finden.<br />

Die Suche nach geeigneten und innovativen<br />

Lösungen begann in Freiburg, dem Exkursionsziel<br />

in der Zeit zwischen dem 21. und dem 25.<br />

April 2008. Im Anschluss begaben sich die Studierenden<br />

an die Arbeit, für das Plangebiet, das<br />

im Projektverlauf den Namen „Spreequartier<br />

am alten Kabelwerk“ erhielt, eine Konzeption<br />

für einen umweltgerechten Städtebau zu entwickeln.<br />

Dieser war in der Schlussphase schließlich<br />

Grundlage für einen „Öko-B-Plan“. In dieser<br />

Phase galt es zu prüfen, welche aus ökologischer<br />

Sicht sinnvollen Maßnahmen tatsächlich auch in<br />

Bebauungsplänen festgesetzt werden können<br />

und welche nicht. Dazu gibt es unterschiedliche<br />

Aussagen und Ansichten von Kommentatoren<br />

und Experten der Bauleitplanung, die analysiert<br />

und gegenübergestellt wurden - dabei stieß die<br />

Gruppe an die Grenzen des Baugesetzbuches.<br />

Als abschließenden Akt sah es deshalb das im<br />

Fachgebiet Bau- und Planungsrecht angesiedelte<br />

Projekt als seine Aufgabe an, einen Vorschlag<br />

für eine weitere, den Klimaschutz stärkende<br />

Novellierung des BauGB zu unterbreiten.<br />

Ein Jahr Projektarbeit kann sehr kurz sein. Einige<br />

Forschungsfragen konnten daher nur angestoßen<br />

werden. Weiteren Untersuchungsbedarf<br />

gibt es z.B. hinsichtlich der Stadtgebiete, die über<br />

eine Trennkanalisation entsorgt werden (dazu<br />

gehört auch unser Plangebiet). Im Rahmen des<br />

Studienprojektes wurde die These aufgestellt,<br />

dass insbesondere die ersten Wassermengen<br />

zu Beginn eines Regens Dreck und Staub in die<br />

anliegenden Vorfluter (also auch in die Spree)<br />

befördern. Wenn diese Annahme stimmt, würde<br />

zur Qualitätsverbesserung des Flusswassers<br />

beitragen, wenn genau das anfangs anfallende<br />

Regenwasser durch Rückhaltebecken abgefangen,<br />

darin gesäubert und erst danach in die Flüsse<br />

abgegeben werden würde – der B-Plan des<br />

Studienprojekts sieht die Zulässigkeit einer entsprechenden<br />

terrestrischen Anlage ausdrücklich<br />

vor. Diese Annahme bedarf jedoch tiefer gehender<br />

Untersuchungen.<br />

7


Projektteilnehmer<br />

Projektleiter<br />

Bernhard Weyrauch<br />

38 Jahre<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter im<br />

Fachgebiet Bau- und Planungsrecht seit<br />

2004<br />

Tutor<br />

Christian Kloss<br />

26 Jahre<br />

8. Semster Stadt- und<br />

Regionalplanung<br />

betreut sein 2. Projekt als Tutor<br />

Anne Wrase<br />

22 Jahre<br />

2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Anton Katzer<br />

24 Jahre<br />

4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Benjamin Könecke<br />

26 Jahre<br />

4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Claudia Hillmann<br />

21 Jahre<br />

4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Faith Cable<br />

Vereinigte Staaten von Amerika<br />

27 Jahre<br />

abgeschlossenes Studium: Stadtplanung<br />

Stipendiantin des Austauschprogramms<br />

Fulbright<br />

Malgorzata Krol<br />

Polen<br />

23 Jahre<br />

8. Semester Raumplanung


Gregor Borg<br />

21 Jahre<br />

2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

<strong>Jana</strong> <strong>Milosovicova</strong><br />

Slowakei<br />

26 Jahre<br />

abgeschlossenes Studium:<br />

Landschaftsarchitektur<br />

2. Semester <strong>Urban</strong> <strong>Design</strong> (M.Sc.)<br />

Janin Dziamski<br />

21 Jahre<br />

2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Lenka Vojtová<br />

Tschechien<br />

27 Jahre<br />

abgeschlossenes Studium:<br />

Landschaftsplanung<br />

2. Semster <strong>Urban</strong> <strong>Design</strong> (M.Sc.)<br />

Lex Faber<br />

Luxemburg<br />

20 Jahre<br />

2. Semster Stadt- und Regionalplanung<br />

Lukasz Pawlowski<br />

Polen<br />

24 Jahre<br />

8. Semester Raumplanung<br />

Marduk Burdinski<br />

20 Jahre<br />

2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Philipp Perick<br />

24 Jahre<br />

2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Susanne Müller<br />

21 Jahre<br />

4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Henrike Warning<br />

24 Jahre<br />

2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

Josephine Schmidt<br />

21 Jahre<br />

4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />

9


<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Der Erste Schritt des Projektes war die Annährung<br />

an relevante Themen, die sich mit Klima,<br />

Nachhaltigkeit und Ökologie beschäftigen. Teilweise<br />

bezogen sich die Themen schon konkret<br />

auf stadtplanerische Aspekte, andere wiederum<br />

beschäftigten sich mit dem globalen Klima.<br />

Um sich einen Überblick zu verschaffen wurden<br />

die Themen in <strong>Bausteine</strong> gegliedert, wobei<br />

immer ein Thema von ein bis zwei Projektmitgliedern<br />

bearbeitet und präsentiert wurde. Im<br />

Folgenden Teil finden sich die Ausarbeitungen<br />

zu den <strong>Bausteine</strong>n:<br />

4.1. Nachhaltigkeit und Stadtökologie<br />

4.2. Wasser<br />

4.3 Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />

4.4 Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />

4.5 Verkehr und Mobilität<br />

4.6. Stadtklima<br />

4.7 ökologisches Bauen<br />

Stadtökologie & Nachhaltigkeit<br />

1. Einleitung<br />

Nachhaltigkeit ist mit der Raumplanung und<br />

Raumordnung insgesamt sehr eng verbunden.<br />

Das Prinzip der Nachhaltigen Entwicklung ist<br />

seit 1998 im deutschen Raumordnungsgesetz<br />

festgeschrieben.<br />

Die Stadtökologie steht in engem Zusammenhang<br />

mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit, denn<br />

ohne deren Erkenntnisse lässt sich keine Planung<br />

unter ökologischen Aspekten betreiben.<br />

Daher stellt sich die Frage nach der eigentlichen<br />

Bedeutung dieser beiden Begriffe und darüber<br />

hinaus die der Relevanz für unser Projekt. Inwiefern<br />

können und müssen wir nachhaltige und<br />

stadtökologische Aspekte zum Beispiel für eine<br />

Bewertungsmatrix zur Beurteilung von Standortpräferenzen<br />

für städtebauliche Projekte und<br />

bei unserer Planung beachten<br />

Im Folgenden sollen die beiden Begriffe erklärt<br />

und miteinander verglichen werden.<br />

2. Nachhaltigkeit<br />

2.1 Definition<br />

„Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass<br />

die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse<br />

befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen<br />

Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse<br />

befriedigen zu können.“<br />

11


Stadtökologie & Nachhaltigkeit<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Nachhaltigkeit nach der Definition des so genannten<br />

„Brundtland Berichtes“ von 1987, dem<br />

Abschlussbericht der Kommission der Vereinten<br />

Nationen für Umwelt und Entwicklung, ist ein<br />

gesellschaftliches und politisches Leitbild, dem<br />

zufolge man die heutigen Bedürfnisse aller befriedigen<br />

soll ohne damit die Lebenschancen<br />

und die Möglichkeiten zukünftiger Generationen<br />

zu beeinträchtigen. Das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />

beruht auf „intergenerativer Gerechtigkeit“.<br />

Das heißt die heute vorhandenen<br />

Ressourcen sollen nicht leichtfertig konsumiert<br />

und die daraus entstehenden Probleme nicht<br />

einfach weitervererbt werden. Um es etwas<br />

bildlicher auszudrücken: Die Menschen sollen<br />

von den »Zinsen« der Erde leben und nicht von<br />

dem »Kapital«.<br />

Die Ressourcen der Menschheit dürfen aber<br />

nicht nur auf Materielles reduziert werden Neben<br />

fossilen Brennstoffen gehören auch Bildung<br />

und Kultur zu dem „gesellschaftlichen Erbe“.<br />

Nachhaltigkeit ist als Konzept oder Prozess auf<br />

Entwicklung ausgerichtet und somit kein Zustand<br />

der erreicht werden kann, sondern lediglich<br />

ein Ziel.<br />

Im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung<br />

spricht man von dem „magischen Dreieck der<br />

Nachhaltigkeit“ (siehe Abbildung) oder einfach<br />

von den „drei Säulen“ der Nachhaltigkeit. Dies<br />

beruht auf der Grundidee des Entwicklungsleitbildes,<br />

nach dem die Hauptziele der Entwicklung<br />

das ökologische Gleichgewicht, die soziale<br />

Gerechtigkeit und die ökonomische Sicherheit<br />

sind. Die drei Säulen sind somit Umwelt, Gesellschaft<br />

und Wirtschaft.<br />

Der Begriff der Nachhaltigkeit in seiner aktuellen<br />

Bedeutung wird erst seit den 1980er Jahren<br />

benutzt, der Begriff hat jedoch seinen Ursprung<br />

im 17. Jahrhundert.<br />

2.2 Ursprung und Geschichte<br />

Die Idee der Nachhaltigkeit wurde erstmals<br />

1661 im Kontext des »ewigen Waldes« erwähnt:<br />

In der Forstwirtschaft sollen nicht mehr<br />

Bäume abgeholzt werden als wieder nachwachsen.<br />

Erstmals erwähnt wurde der Begriff 1713<br />

im Zusammenhang mit der »Nachhaltenden<br />

Nutzung von Wäldern«, deren Grundbestand<br />

an Bäumen man „hüten und schützen“ solle.<br />

Die aktuelle Definition des Begriffes stammt, wie<br />

bereits erwähnt, aus dem 1987 veröffentlichtem<br />

Abschlussbericht der »Brundtland-Komission«.<br />

Diese führte zum ersten Mal den Begriff der<br />

Nachhaltigen Entwicklung auch als politisches<br />

Leitbild ein, um die bisher getrennt behandelten<br />

Probleme von Gesellschaft, Wirtschaft und<br />

Natur zusammen zu behandeln. Sie sei „... eine<br />

Entwicklung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart<br />

befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige<br />

Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht<br />

befriedigen können.“<br />

2.3 »Erdgipfel« in Rio de Janeiro<br />

und Agenda 21<br />

4.1.1 Dreieck der Nachhaltigkeit<br />

Nach der Veröffentlichung des »Brundtland-<br />

Berichtes« 1987 fand 1992 in Rio de Janeiro<br />

(Brasilien) die erste Weltkonferenz der Vereinten<br />

Nationen für Umwelt und Entwicklung<br />

(der so genannte »Erdgipfel«) statt. Ziel war<br />

12


es, einen gemeinsamen Aktionsplan für das 21.<br />

Jahrhundert zu verabschieden, der sowohl die<br />

Probleme der Industrienationen und die der<br />

Schwellen- und Entwicklungsländer umfasst.<br />

Dieses war durch das Konzept der Nachhaltigkeit<br />

möglich, da es die drei Aspekte der Entwicklung<br />

gemeinsam behandelt. Probleme der<br />

Umweltverschmutzung, der Armut und der sozialen<br />

Ungerechtigkeit können so von einem gemeinsamen<br />

Standpunkt aus betrachtet werden.<br />

Nur durch die Vereinigung der „drei Säulen“ der<br />

Nachhaltigen Entwicklung war es erst möglich<br />

geworden einen Konsens zwischen den 178<br />

teilnehmenden Staaten zu finden, da zum Beispiel<br />

in Entwicklungsländern Umweltprobleme<br />

keine Priorität haben. Der bereits angesprochene<br />

Aktionsplan wurde unter dem Namen<br />

»Agenda 21« verabschiedet. Diese beinhaltet<br />

auch das Schaffen einer lokalen Agenda 21, um<br />

die Nachhaltige Entwicklung auf der niedrigsten<br />

Stufe, der Kommune, anzutreiben.<br />

„Da viele der in der Agenda 21 angesprochenen<br />

Probleme und Lösungen auf Aktivitäten auf der<br />

örtlichen Ebene zurückzuführen sind, ist die Beteiligung<br />

und Mitwirkung der Kommunen ein entscheidender<br />

Faktor bei der Verwirklichung der in<br />

der Agenda enthaltenen Ziele. (...).“ - Auszug aus<br />

dem Kapitel 28 der Agenda 21.<br />

Nachhaltigkeit an sich ist demnach ein Konzept<br />

ohne direkt ersichtliche konkrete Anwendung.<br />

Um konkrete Maßnahmen darzustellen, bedient<br />

man sich der Kriterien und Indikatoren, auf die<br />

im Folgenden näher eingegangen wird.<br />

2.4 Kriterien und Indikatoren<br />

Nachdem man sich auf das Konzept der Nachhaltigen<br />

Entwicklung geeinigt hatte, bedurfte es<br />

gewisser Indikatoren, anhand derer man Nachhaltigkeit<br />

»messen« kann. Diese Kriterien haben<br />

in diesem Sinne drei Hauptfunktionen:<br />

Anhand der „Kontrollfunktion“ der Kriterien<br />

kann im Laufe der Zeit untersucht werden, ob<br />

man in bestimmten Bereichen Fort- oder Rückschritte<br />

zu verzeichnen hat.<br />

Die Nachhaltigkeitsindikatoren zeigen darüber<br />

hinaus konkrete Beispiele und Vorhaben der<br />

Nachhaltigen Entwicklung auf und können so<br />

dazu genutzt werden, das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />

an Laien zu vermitteln. Sie haben somit<br />

auch eine gewisse „Kommunikationsfunktion“.<br />

Es wurden eine Vielzahl von Kriterien für jeden<br />

der drei Bereiche der Nachhaltigen Entwicklung<br />

ausgearbeitet, hier nur einige Beispiele:<br />

Im Bereich der sozialen Entwicklung, deren Ziel<br />

ja die soziale Gerechtigkeit sein soll, kann man<br />

beispielsweise anhand der Bildungsabschlüsse,<br />

der Zahl der Sozialhilfeempfänger oder dem<br />

ehrenamtlichen Engagement feststellen in welchem<br />

Rahmen sich die gesellschaftliche Entwicklung<br />

abspielt.<br />

Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung ist ökonomische<br />

Sicherheit, als Indikatoren im Bereich<br />

der Wirtschaft können das Bruttoinlandprodukt<br />

pro Kopf, die „Frauen-Männer-Verdienstrelation“<br />

und die öffentliche Verschuldungsquote herangezogen<br />

werden.<br />

Kriterien für die Entwicklung im Bereich der<br />

Umwelt, deren Ziel das ökologische Gleichgewicht<br />

ist, sind zum Beispiel die Entwicklung der<br />

Artenvielfalt, der CO2-Emissionen, des Energieverbrauchs<br />

und die Nutzung von natürlichen<br />

Ressourcen.<br />

Trotz der Vielfältigkeit und der Anwendbarkeit<br />

des Begriffs auf die tägliche Lebensumwelt der<br />

Menschen, scheint der Nachhaltigkeitsbegriff<br />

nur schwer verstanden um klar umrissen werden<br />

zu können. Diese Unsicherheit führt häufig<br />

zu einer Kritik an Konzept der Nachhaltigkeit.<br />

Die „Planungsfunktion“ der Indikatoren dient<br />

dazu aufzuzeigen, in welchen Bereichen Nachholbedarf<br />

besteht und wo in der Entwicklungspolitik<br />

Prioritäten gesetzt werden sollen.<br />

13


Stadtökologie & Nachhaltigkeit<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

2.5 Kritik am Nachhaltigkeitsbegriff<br />

„Wenn einem nichts anderes mehr einfällt, spricht<br />

man von einer „nachhaltigen Entwicklung‘ ...“ -<br />

Klaus Töpfer.<br />

Dieses Zitat von Klaus Töpfer zeigt das Hauptproblem,<br />

das mit dem Nachhaltigkeitsbegriff<br />

verbunden ist. Die „inflationäre“ Nutzung in<br />

allen möglichen Zusammenhängen hat dazu<br />

geführt, dass der Begriff zu einer Worthülse geworden<br />

ist, die man für alles benutzen kann was<br />

uns „edel, hilfreich und gut“ erscheint.<br />

Eine im Jahr 2004 in Deutschland durchgeführte<br />

Studie hat gezeigt, dass nur etwa 22%<br />

der Leute damals die wirkliche Bedeutung des<br />

Nachhaltigkeitsbegriffes kennen, aber dennoch<br />

90% mit den Zielen der Nachhaltigkeit einverstanden<br />

sind. Dies zeigt, dass bei aller Kritik am<br />

Begriff selbst, konkrete Ziele der Nachhaltigen<br />

Entwicklung (Beispiel: Ziele der Umweltpolitik,<br />

siehe Grafik) eine sehr breite Akzeptanz in der<br />

Bevölkerung haben.<br />

Ähnlich wie das Konzept der Nachhaltigkeit<br />

befasst sich auch Stadtökologie mit einer Vielzahl<br />

an Themen der Umwelt, Wirtschaft und<br />

auch Gesellschaft. Im Folgenden wird versucht<br />

Stadtökologie, auch in Zusammenhang mit der<br />

Nachhaltigkeit, zu definieren.<br />

3. Stadtökologie<br />

3.1 Zwei Definitionen<br />

Den Begriff der Stadtökologie kann man auf<br />

zwei verschiedene Weisen definieren: die Stadtökologie<br />

als Wissenschaft und die Stadtökologie<br />

als Handlungsprogramm. Je nach Definition<br />

ergeben sich verschiedene Herangehensweisen<br />

an das Thema.<br />

Stadtökologie im wissenschaftlichen Sinne ist<br />

eine Teildisziplin der Ökologie, also eine interdisziplinäre<br />

Wissenschaft, die mit vielfältigen<br />

Bereichen der Natur-, Kunst- und Geisteswissenschaften<br />

zusammenarbeitet, so werden zum<br />

Biologische, Klimatologische, Soziologische, Medizinische<br />

und Psychologische Aspekte betrachtet.<br />

Sie analysiert den „Ökosystemkomplex<br />

Stadt“, eine „vom Menschen bestimmte Umgebung“,<br />

und seine einzelnen Bestandteile und untersucht<br />

welche Einflüsse diese aufeinander, auf<br />

die Stadt und ihre Bewohner insgesamt haben.<br />

Eines der wissenschaftlichen Themenfelder der<br />

14<br />

4.1.2 BMU, Umweltbewusstsein in Deutschland 2004, S. 18.


Stadtökologie ist zum Beispiel das Stadtklima: in<br />

der Stadt selbst können erheblich höhere Temperaturen<br />

herrschen als in ihrem Umland und<br />

das wirkt sich auf die Flora und Fauna der Stadt<br />

aus.<br />

Stadtökologie im programmatischen Sinne ist<br />

als angewandte Wissenschaft entstanden, besteht<br />

also nicht aus reiner Analyse der Situation,<br />

sondern agiert eher als „Handlungs- und Stadtgestaltungsprogramm“.<br />

Sie konzentriert sich auf<br />

das Ausarbeiten von Handlungsempfehlungen,<br />

die darauf abzielen, die Entwicklung der Städte<br />

möglichst menschenfreundlich und umweltverträglich<br />

zu gestalten. Ein Teil dieser Gestaltung ist<br />

der nachhaltige Umgang mit der Umwelt und<br />

den natürlichen Ressourcen der Stadt und ihrem<br />

Umland.<br />

In der konkreten Anwendung ist Stadtökologie<br />

das Zusammenspiel dieser beiden Bereiche: Die<br />

Erkenntnisse der Wissenschaft werden dazu genutzt,<br />

Handlungsempfehlungen auszuarbeiten<br />

und so gewisse Leitbilder für die Gestaltung<br />

und Entwicklung von Städten zu schaffen. Die<br />

verschiedenen Bestandteile der Stadt haben<br />

sehr komplexe Wechselbeziehungen zueinander.<br />

So ist es auch wichtig diese zu untersuchen<br />

und bei der Planung und Gestaltung der Stadt<br />

zu beachten.<br />

3.2 Handlungsfelder<br />

Diese komplexen Strukturen in der Stadtökologie<br />

können gut mit Hilfe ihrer verschiedenen<br />

Handlungsfelder aufgezeigt werden. Sie lassen<br />

sich anhand einiger Schlagwörter gliedern und<br />

können so im Kontext mit den verschiedenen<br />

Bereichen des »Systems Stadt« betrachtet werden.<br />

Im Bereich des Bodens analysiert die Stadtökologie<br />

die Qualität des Bodens und gibt Empfehlungen,<br />

welche Bereiche besonders schützenswert<br />

sind. Diese sollte man vor der Bebauung<br />

oder Versiegelung bewahren, um so auch das<br />

ökologische Gleichgewicht der Stadt zu verbessern.<br />

Im Rahmen des Stadtklimas untersucht man<br />

den Einfluss der Bebauung und der Struktur<br />

der Stadt auf die Luftzirkulation und somit auch<br />

auf die Temperatur. Dies hat wiederum einen<br />

Einfluss auf die städtische Flora und Fauna, so<br />

wie auf das Wohlbefinden der menschlichen<br />

Bewohner.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Verkehr<br />

in der Stadt und inwiefern sich dieser auf das<br />

Gesamtsystem auswirkt. So kann zum Beispiel<br />

die Förderung des ÖPNV gegenüber dem Individualverkehr<br />

eine erhebliche Reduktion der<br />

Treibhausgas-Emissionen bewirken.<br />

Da Städte eine hohe Einwohnerdichte haben,<br />

fallen auf kleinstem Raum erhebliche Mengen<br />

an Abfall und Abwasser an. Die Planung von Kanalisationen<br />

und Abfallbeseitigung muss folglich<br />

auch unter stadtökologischen Gesichtspunkten<br />

erfolgen. Wichtig ist aber auch Abfallvermeidung<br />

und Recycling. Im Bereich der Kanalisation muss<br />

auch auf den Schutz des Grund- und Oberflächengewässers<br />

geachtet werden.<br />

Bei der Planung unter stadtökologischen Aspekten<br />

spielt die Bürgerbeteiligung ebenfalls eine<br />

sehr entscheidende Rolle. Die Einwohner der<br />

Stadt sollten möglichst frühzeitig und ausführlich<br />

an Planungs- und Verwirklichungsprozessen<br />

beteiligt werden. Beteiligung fördert die Akzeptanz<br />

unter den Bürgern und Projekte, wie zum<br />

Beispiel im Bereich der Abfallvermeidung, können<br />

nicht ohne den einzelnen Bürger verwirklicht<br />

werden. Da Städte nun mal als Wohnort<br />

für die Menschen dienen, sollen diese auch an<br />

der Gestaltung beteiligt werden.<br />

4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />

Vergleichend kann man sagen, dass die Stadtökologie<br />

und das Konzept der Nachhaltigkeit<br />

beide sowohl ein Leitbild sind als auch ein<br />

Handlungsprogramm. Die drei Grundthemen<br />

Gesellschaft, Wirtschaft und Natur sind in beiden<br />

Konzepten vorhanden, wenn auch in unterschiedlichem<br />

Umfang.<br />

15


Stadtökologie & Nachhaltigkeit - Wasser<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Während Nachhaltigkeit ein eher abstraktes<br />

Konstrukt ist, befasst sich die Stadtökologie konkreter<br />

mit bestimmten Arbeitsfeldern, bedient<br />

sich aber auch der Prinzipien einer nachhaltigen<br />

Entwicklung um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.<br />

So kann man Stadtökologie als konkrete<br />

Verwirklichungsmöglichkeit und Anwendung<br />

des Prinzips der Nachhaltigen Entwicklung betrachten.<br />

5. Relevanz für unser Projekt<br />

(Fazit)<br />

Die Prinzipien der Nachhaltigkeit und auch ihre<br />

Anwendung anhand der Stadtökologie halte ich<br />

für sehr relevant für unser Projekt, sowohl für<br />

die Standortauswahl als auch für die spätere<br />

Planung.<br />

Bei der Bewertung der verschiedenen Standorte<br />

sollte man nicht einseitig oder getrennt nach<br />

ökologischen oder wirtschaftlichen Aspekten<br />

vorgehen, sondern ganz im Sinne der Nachhaltigkeit<br />

die »drei Säulen« beachten. Soziale,<br />

ökologische und wirtschaftliche Punkte sollen<br />

1. Einleitung<br />

Der Sommer 2007 in Berlin war der regenreichste<br />

seit 100 Jahren. In den Monaten Juni,<br />

Juli und August fielen rund 400 Liter pro Quadratmeter<br />

– im langjährigen Mittel liegt der Wert<br />

bei 188 Litern. Allein in der Nacht zum 24. August<br />

gingen im Südwesten Berlins innerhalb von<br />

vier Stunden bis zu 43 Liter Regen nieder. Das<br />

Wasser staute sich aus der überlasteten Berliner<br />

Kanalisation auf die Straßen zurück und<br />

lief in Keller und Tiefgaragen ein, die Stadtautobahn<br />

musste teilweise gesperrt werden, und<br />

am Leipziger Platz im Bezirk Mitte wurden<br />

drei Aufzugsschächte zwei Stockwerke hoch<br />

mit Wasser gefüllt (Berliner Tagesspiegel vom<br />

25.08.2007). Bereits bei kleineren Starkregenereignissen<br />

gerät Berlins innerstädtische Mischwasserkanalisation<br />

– die Außenbezirke sind mit<br />

einem Trennsystem ausgestattet – regelmäßig<br />

Wasser<br />

gleichwertig in die Bewertungsmatrix einfließen,<br />

um so eine möglichst günstige Entscheidung<br />

bezüglich der Standortwahl zu treffen. Die verschiedenen<br />

Themenfelder der Stadtökologie<br />

können benutzt werden, um konkrete Kriterien<br />

für die Bewertung zu erarbeiten.<br />

Beim späteren Entwurf, sollte man genau auf<br />

die verschiedenen Aspekte der Stadtökologie<br />

achten, um so beispielsweise einen negativen<br />

Einfluss der Bebauung auf die bereits vorhandene<br />

Fauna zu verhindern. Weiterhin wichtig<br />

sind auch stadtklimatische Gesichtspunkte, wie<br />

beispielsweise das Verhindern von Wärmeinseln<br />

oder die Erschaffung von Licht- und Frischluftachsen.<br />

Die Planung sollte möglichst unter<br />

nachhaltigen Gesichtspunkten stattfinden, sodass<br />

wir am Ende einen, in den drei Bereichen<br />

ausgefeilten, Entwurf präsentieren können. Im<br />

Bereich des Klimawandels denke ich, dass man<br />

sowohl die Reduktion von Treibhausgasemissionen<br />

erreichen sollte, aber auch auf die möglichen<br />

Folgen des Klimawandels vorbereitet sein<br />

muss und diese beiden Punkte in die Planung<br />

einbeziehen sollte.<br />

an ihre Kapazitätsgrenzen. Das überschüssige<br />

Wasser (also mit Regen verdünn-tes Abwasser)<br />

wird in solchen Situationen über sog. Auslaufbauwerke<br />

bzw. Überläufe in Berliner Gewässer<br />

abgeführt. Gleichzeitig wird auch der Dreck<br />

von den Straßen und Wegen in nahe gelegene<br />

Oberflächengewässer gespült. Dies ist für den<br />

Wasserkreislauf problematisch, da auf diesem<br />

Wege Eutrophierungsprozesse forciert werden.<br />

Am 24. März 2006 trat die EG-Badegewässerrichtlinie<br />

in novellierter Form in Kraft und bereits<br />

seit Dezember 2000 gilt die EG- Wasserrahmenrichtlinie.<br />

Diese nimmt alle Länder der<br />

EU in die Pflicht, bis zum Jahr 2015 für einen guten<br />

Zustand von Gewässern und Grundwasser<br />

zu sorgen. Vielerlei Gewässer sind von diesem<br />

angestrebten guten Zustand weit entfernt. Dies<br />

gilt auch für Berlin. Für eine deutliche Verbesserung<br />

der Wasserqualität in Berlin könnte jedoch<br />

16


gesorgt werden, wenn es gelänge, die Schadstoffeinträge<br />

ins Berliner Ober-flächenwasser<br />

bei Starkregenereignissen zu verhindern.<br />

Worin bestehen mögliche Lösungen für diese<br />

Problematik und wie verhält es sich mit den<br />

rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen<br />

in Bezug auf die Reinhaltung von Gewässern<br />

Dies soll im Folgenden am Beispiel der Berliner<br />

Spree beschrieben werden, um auf diesem<br />

Wege Erfordernisse und Lösungen im Umgang<br />

mit dem „Ökobaustein“ Wasser aufzudecken.<br />

2. Die Spree und ihr Zustand innerhalb<br />

der Berliner Stadtgrenzen<br />

337 Kilometer legt die Spree von ihrem Quellgebiet<br />

nahe der tschechischen Grenze im<br />

Lausitzer Bergland durch Sachsen und Brandenburg<br />

zurück, bevor sie im Südosten Berlins<br />

die Stadtgrenze erreicht. Die Fließgeschwindigkeit<br />

der Spree ist sehr gering – sie wird noch<br />

einmal verlangsamt durch die Zuführung von<br />

Spreewasser in die Südbrandenburgischen<br />

Tagebaurestlöcher zur Entwicklung der Lausitzer<br />

Seenkette im Rahmen der Internationalen<br />

Bauausstellung Fürst-Pückler-Land: Allein für die<br />

Durchquerung der Spree innerhalb Berlins (45<br />

km) braucht ein Wassermolekül derzeit etwa<br />

ein bis zwei Monate.<br />

Eine geringe Fließgeschwindigkeit macht einen<br />

Fluss gegenüber Nährstoffeinträgen besonders<br />

empfindlich, und der Spree sieht man ihr „Problem“<br />

regelrecht an. Eine mancherorts grünliche<br />

Einfärbung und die hohe Trübung als offen zu<br />

Tage tretende Merkmale einer unzureichenden<br />

Wasserqualität deuten auf eine übermäßige Entwicklung<br />

der Phytoplanktonbiomasse hin. Diesen<br />

Prozess bezeichnet man als Eutrophierung.<br />

Er gehört zu den weltweit gravierendsten Umweltproblemen.<br />

Die Sichttiefe der Spree liegt<br />

in den Sommermonaten deutlich unter einem<br />

Meter – gleiches gilt für das gesamte Berliner<br />

Gewässersystem, den Tegeler See inbegriffen.<br />

Über ihn liegen stellvertretend für die Berliner<br />

Wasserlandschaft Daten über die Entwicklung<br />

in den Sommermonaten der letzten 150 Jahre<br />

vor: Mitte des 19. Jahrhunderts lag die Sichttiefe<br />

bei acht bis zehn Metern. Bis zum Sommer 1945<br />

verringerte sie sich auf vier Meter , um bis heute<br />

auf deutlich weniger als einen Meter zu sinken.<br />

Mit Zunahme der Eintrübung und Abnahme der<br />

Eindringtiefe des Lichts in den Wasserkörper<br />

wird der Verlust der photosynthetisch aktiven<br />

Makrophyten am Gewässergrund verursacht,<br />

während die Konzentration des im Wasser gelösten<br />

Sauerstoffs deutlich abnimmt. Ändert sich<br />

das „Lichtklima“, besteht die Gefahr des nahezu<br />

vollständigen Absterbens der Unterwasserwelt.<br />

In der Folge ergeben sich auch Einschränkungen<br />

der Gewässernutzung durch Fischerei oder als<br />

Trinkwasserreservoir. Eutrophierungserscheinungen<br />

ziehen insbesondere Probleme bei der<br />

Trinkwasseraufbereitung nach sich. Dies betrifft<br />

Berlin im Besonderen. Denn die Stadt bedient<br />

sich bei der Förderung des Rohwassers für die<br />

Aufbereitung zur Trinkwasserversorgung nur<br />

eines im kaum über die eigenen Stadtgrenzen<br />

hinausreichenden Planungsraum vorhandenen<br />

Wasserdargebots aus dem Grundwasser. Dabei<br />

übertreffen die Anteile des Uferfiltrats den<br />

Anteil der landbürtigen Grundwasserförderung<br />

zum Teil erheblich. Daher hängt die güte- und<br />

mengenmäßige Stabilität der Trinkwassergewinnung<br />

im großen Maße von der Entwicklung der<br />

Qualität der Oberflächengewässer ab.<br />

Die Wasserqualität des Berliner Flusssystems<br />

sinkt, je weiter die Stadt in Fließrichtung von<br />

Osten nach Westen durchquert wird. Dies lässt<br />

sich beispielsweise an der Zunahme der Belastung<br />

mit Phosphor ablesen. Während die Phosphorbelastung<br />

im Müggelsee im Osten noch bei<br />

24 tP/a (Tonnen Phosphor pro Jahr) liegt, steigt<br />

die Konzentration im Bereich der Mündung in<br />

die Havel auf etwa 160 tP/a. Verlässt schließlich<br />

die Havel das Stadtgebiet im Südwesten, liegt<br />

die Belastung bei 283 tP/a.<br />

Neben den Kläranlagen trägt innerhalb Berlins<br />

das Kanalnetz erheblich zur Belastung der<br />

Spree bei. Das Hauptaugenmerk liegt auf der<br />

innerstädtischen Mischwasserkanalisation, die<br />

für die Entsorgung einer Fläche von 92 km²<br />

verantwortlich ist. Niederschlags-, häusliches<br />

und industrielles Schmutzwasser werden hierin<br />

17


Wasser<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

4.2.1Phosphorbelastung im Berliner Gewässersystem (SenStadt, ebd., Berlin 2001, S. 70)<br />

ohne weitere Trennung gesammelt und zu den<br />

Klärwerken transportiert (Mischsystem) und<br />

bei Starkregen, soweit erforderlich, als unheilvolle<br />

Mischung in die Gewässer abgegeben. Im<br />

Unterschied dazu führt das Trennsystem, das<br />

die äußeren, jüngeren Stadtgebiete abdeckt,<br />

Schmutzabwasser und Regenwasser gesondert<br />

ab. Schmutzwasser wird in einem eigenen Kanalisationsnetz<br />

gesammelt und zu den Klärwerken<br />

geleitet. Das Regenwasser wird dagegen<br />

weitgehend unbehandelt den nahe gelegenen<br />

Gewässern zugeführt. Eine Vermischung von<br />

Regen- und Schmutzwasser ist also ausgeschlossen.<br />

Nichtsdestotrotz stellen die regelmäßigen<br />

Regenwassereinleitungen eine erhebliche Belastung<br />

für Flüsse und Seen dar, aber die bakterielle<br />

Belastung insbesondere mit fäkalcoliformen<br />

Bakterien fällt deutlich geringer aus. Insoweit ergeben<br />

sich durch die Niederschlagseinträge aus<br />

den Bereichen der Trennkanalisation hinsichtlich<br />

der Badewasserqualität keine so erheblichen<br />

Beeinträchtigungen.<br />

Weil Berlin trotz Spree, Dahme und Havel, Müggel-,<br />

Wann- und Tegeler See ein außerordentlich<br />

wasserarmer Standort ist, ist es umso wichtiger,<br />

sich für saubere Oberflächengewässer zu engagieren.<br />

Der rückläufige Trend im Abfluss der<br />

Spree wird mittel- bis langfristig zu einer weiteren<br />

Begrenzung des Oberflächenwasserdargebots<br />

führen, so dass eine weitere Zuspitzung<br />

des ungünstigen Verhältnis’ von Oberflächenzufluss<br />

zu Abwassereinleitungsmengen zu erwarten<br />

ist. Inzwischen wurde festgestellt, dass vom<br />

Niederschlagswasser, das von bebauten oder<br />

befestigten Flächen in die Gewässer abgeleitet<br />

wird, eine z.T. höhere Belastung als von den<br />

Kläranlagen ausgeht. Nach dem Berliner Abwasserbeseitigungsplan<br />

bedarf es daher „vor dem<br />

Hintergrund des enormen Belastungspotenzials<br />

der Regenabflüsse in Berlin… dringend einer<br />

Emissionsregelung … in der Wassergesetzgebung<br />

– nicht nur in wassermengenwirtschaftlicher,<br />

sondern auch in wassergütewirtschaftlicher<br />

Hinsicht“. Etliche Tonnen toter Fische müssen<br />

18


alljährlich nach Starkregenereignissen abgefischt<br />

werden. Dies ist auch ein Hinweis auf die z.T.<br />

toxische Wirkung der Mischwasserentlastungspraxis.<br />

Bleibt man beim Beispiel von Phosphor,<br />

so beträgt der Anteil der Einträge der Mischwasserüberläufe<br />

an den gesamtstädtischen<br />

Emissionen im Mündungsbereich von Spree<br />

und Havel mehr als 30 %. Die Überlaufhäufigkeiten<br />

der Berliner Mischsysteme schwanken<br />

zum Teil erheblich. Starkregenereignisse mit der<br />

Folge einer Entlastung von Mischwasser in nahe<br />

gelegene Gewässer treten in Berlin pro Jahr<br />

zwischen elf und über 30 Mal auf. Die jährliche<br />

Gesamtüberlaufmenge beträgt durchschnittlich<br />

etwa 7 Mio. m³, bei Einzelereignissen können<br />

bis zu 100.000 m³ innerhalb weniger Stunden<br />

in die Spree und in die Kanäle eingetragen<br />

werden und den Spreeabfluss deutlich prägen,<br />

besonders zu Niedrigwasserzeiten. Daher ist<br />

Handlungsbedarf geboten.<br />

Die Berliner leben an und von der Spree –<br />

bereits seit vielen Jahren wird versucht, ihren<br />

Zustand zu verbessern. Die Diskussionen und<br />

Bemühungen darum erfahren nach Inkrafttreten<br />

der europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />

und der damit verbundenen Frist bis Ende 2015<br />

neuen Auftrieb.<br />

3. Die Wasserrahmenrichtlinie<br />

(WRRL) und ihre Bedeutung für<br />

die Spree in Berlin<br />

Am 20.12.2000 trat die Richtlinie 2000/60/<br />

EG des Europäischen Parlaments und des Rates<br />

zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für<br />

Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich<br />

der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie –<br />

WRRL) in Kraft. Sie hat auf Bundesebene im<br />

Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und auf Länderebene<br />

im Berliner Wassergesetz (BWG) sowie<br />

in der Berliner Umsetzungsverordnung für die<br />

Wasserrahmenrichtlinie (WRRL-Umsetzungs-<br />

Verordnung vom 24. Juni 2004) Niederschlag<br />

gefunden. Die Richtlinie hat den Schutz der Binnenoberflächengewässer,<br />

der Übergangsgewässer,<br />

der Küstengewässer und des Grundwassers<br />

zum Ziel. Sie schafft nach Artikel 1 den Ordnungsrahmen<br />

dafür, dass:<br />

•der Zustand der aquatischen Ökosysteme und der<br />

daran gekoppelten Landökosysteme und Feuchtgebiete<br />

soweit erforderlich verbessert,<br />

•eine nachhaltige Wassernutzung gefördert,<br />

•Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung bzw.<br />

Beendigung von Einleitungen, Emissionen und<br />

Verlusten von prioritären/prioritären gefährlichen<br />

Stoffen getroffen,<br />

•die Verschmutzung des Grundwassers schrittweise<br />

reduziert und<br />

•ein Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von<br />

Überschwemmungen und Dürren geleistet werden.<br />

Artikel 4 spezifiziert diese Ziele unter Verweis<br />

auf die Bestimmungen des Anhangs V und befristet<br />

den Zeitraum, in dem die Zielvorgaben<br />

grundsätzlich erreicht werden sollen, auf 15 Jahre<br />

nach Inkrafttreten der Richtlinie, also Ende<br />

2015. Dazu gehört vor allem das Qualitätsziel<br />

der Herstellung eines mindestens guten Zustands<br />

der Oberflächengewässer und bei künstlichen<br />

oder erheblich veränderten Wasserkörpern<br />

– als ein solcher muss die innerstädtische<br />

Spree betrachtet werden – ein mindestens<br />

gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer<br />

Zustand. Die Wasserrahmenrichtlinie<br />

unterscheidet insgesamt fünf Gütestufen:<br />

1. sehr guter Zustand - Referenzzustand,<br />

2. guter Zustand – Zielstellung,<br />

3. mäßiger Zustand,<br />

4. unbefriedigender Zustand,<br />

5. schlechter Zustand.<br />

Ziel ist es, dass die Grenzwerte für chemische<br />

Stoffe eingehalten werden, und sich das Vorkommen<br />

der gewässertypischen Organismen<br />

nur geringfügig vom natürlichen Zustand unterscheidet.<br />

Dies ergibt sich aus Anhang V der<br />

Wasserrahmenrichtlinie, die sich, weitgehend<br />

gleichlautend, mitunter jedoch mit regionalen<br />

Besonderheiten, in den auf Länderebene dazu<br />

erlassenen Umsetzungsverordnungen wieder<br />

finden. Hinsichtlich der biologischen Komponenten<br />

sind die Zusammensetzung von Gewässerflora<br />

und Fischfauna zu prüfen. Außerdem<br />

sind der Wasserhaushalt, die Durchgängigkeit<br />

19


Wasser<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

des Flusses und die morphologischen Bedingungen<br />

Gegenstand der Untersuchung. Zu den<br />

zu prüfenden chemischen und physikalischchemischen<br />

Komponenten gehören die Temperaturverhältnisse,<br />

der Sauerstoffgehalt, der<br />

Salzgehalt, der Versauerungszustand sowie die<br />

Nährstoffverhältnisse. Schließlich ist zu ermitteln,<br />

welche prioritären und sonstigen Stoffe in<br />

den Fluss eingeleitet werden und zu welcher<br />

Verschmutzung sie führen. Da die naturbedingten<br />

Einflussfaktoren auf die Wasserqualität<br />

der Oberflächengewässer europaweit stark<br />

voneinander abweichen, fordert die Richtlinie<br />

für einzelne Gewässertypen die Ermittlung<br />

typspezifischer Referenzbedingungen, d.h. eine<br />

Beschreibung der Gewässereigenschaften für<br />

den vom Menschen weitgehend unbeeinflussten<br />

Zustand. Dieser Zustand ist Ausgangspunkt<br />

zur Qualitätsbemessung eines Gewässers und<br />

Zuordnung zu einer der fünf Stufen.<br />

Nach dem Umweltatlas von Berlin weist die<br />

Spree ab dem Zusammenschluss von Dahme<br />

und Spree im Bereich der Altstadt Köpenick<br />

und bis zur Einmündung in der Havel eine „erhöhte<br />

Belastung“ auf. Nach dem 7-gliedrigen<br />

Bewertungsraster der Länderarbeitsgemeinschaft<br />

Wasser (LAWA) entspricht dies der Stufe<br />

III. Übersetzt man das Raster der LAWA in das<br />

Fünf-Stufen-System der Wasserrahmenrichtlinie,<br />

liegt ein „unbefriedigender Zustand“, also<br />

Stufe 4, vor. Es sind somit enorme Anstrengungen<br />

erforderlich, um bis 2015 den Vorgaben der<br />

Wasserrahmenrichtlinie zu entsprechen. Denn<br />

Berlin wird sich nicht mit der Begründung der<br />

Starkregenereignisse auf den Ausnahmetatbestand<br />

des Art. 4 Abs. 6 WRRL berufen dürfen,<br />

wonach eine vorübergehende Verschlechterung<br />

nur geduldet werden kann, wenn natürliche Ursachen<br />

oder höhere Gewalt dazu führten und<br />

diese Umstände nach vernünftiger Einschätzung<br />

nicht vorhersehbar oder außergewöhnlich waren<br />

und wenn alle praktikablen Vorkehrungen<br />

getroffen wurden, um eine weitere Verschlechterung<br />

des Zustands zu verhindern. Erstens: Die<br />

Häufigkeit der Starkregenereignisse mit der Folge<br />

der Oberflächengewässerbelastung spricht<br />

gegen eine Einstufung als „außergewöhnlich“<br />

und „unvorhersehbar“. Es handelt sich um ein<br />

bekanntermaßen immer wiederkehrendes Ereignis.<br />

Es betrifft in gleicher oder ähnlicher Weise<br />

auch andere Städte. Zweitens: Es wurden<br />

bislang nicht alle praktikablen Vorkehrungen getroffen,<br />

um eine weitere Verschlechterung des<br />

Zustands zu verhindern.<br />

Zu den wirkungsvollsten und oft praktizierten<br />

Methoden zur Gewässerreinhaltung gehört das<br />

Speichern überschüssigen Abwassers in Mischwasserrückhaltebecken.<br />

Dies gilt bundesweit,<br />

denn von den 514.884 km Kanalnetz sind 46,3<br />

% Mischwasserkanäle. Daher sind die Herausforderungen<br />

trotz regional unterschiedlicher<br />

Ausprägung überall ähnlich gelagert. Es werden<br />

vielerorts Speichermöglichkeiten ausgebaut, in<br />

der Regel in Form von unterirdischen Mischwasserrückhaltebecken<br />

in Stahlbetonweise.<br />

Sie werden zumeist mit Pumpen, Wirbeljets,<br />

Lüftungsanlagen sowie Einheiten zur Regelung<br />

und Überwachung des Systems ausgestattet.<br />

Bei Starkregenereignissen wird das Wasser der<br />

Mischkanalisation dort gespeichert und in die<br />

Kanalisation zurückgepumpt, sobald es das Netz<br />

wieder zulässt. Mittlerweile gibt es in Deutschland<br />

knapp über 23.000 Regenüberlaufbecken<br />

mit einer Gesamtspeicherkapazität von fast<br />

15 Mio. m³. Besonders eindrucksvoll hat die<br />

Hansestadt Hamburg mit dem Alster- und mit<br />

dem Elbe-Entlastungs-Programm gezeigt, dass<br />

sich die Gewässerqualität deutlich steigern lässt,<br />

wenn man insbesondere das Eindringen von<br />

Mischwasser in die Flüsse verhindert. Zu diesem<br />

Zwecke wurden terrestrische Regenrückhaltebecken<br />

an strategisch geeigneten Orten<br />

in die Erde gelassen. Die Kosten für das Alster-<br />

Entlastungs-Programm liegen laut Auskunft der<br />

Hamburger Stadtentwässerung (HSE) bei rund<br />

470 Mio. Euro und für das Elbe-Entlastungs-<br />

Programm bei über 130 Mio. Euro. Die durchschnittlichen<br />

Baukosten für terrestrische Anlagen<br />

sind demzufolge sehr hoch, sie liegen bei<br />

rund 1.500 €/m³.<br />

4. Mischwasserrückhaltebecken in<br />

der Spree<br />

Ein solch umfassendes Programm in traditionel-<br />

20


ler Ausführung als terrestrische Rückhaltebecken,<br />

wie es Hamburg umgesetzt hat, ist für Berlin<br />

u.a. wegen der angespannten Finanzsituation<br />

und z.T. fehlender Flächen nicht realisierbar. Ein<br />

Lichtblick könnte daher ein innovatives Modulsystem<br />

zur Rückhaltung von Mischwasser sein.<br />

Kerngedanke der vom Landschaftsarchitekten<br />

Ralf Steeg und seiner Firma LURI.watersystems.<br />

GmbH verfolgten Idee ist die Errichtung von<br />

Speichermodulen vor den Überläufen in die<br />

Spree. Gegenüber den terrestrischen Anlagen<br />

sollen nach der von den Berliner Wasserbetrieben<br />

(BWB) unterstützten Machbarkeitsstudie<br />

„berlinbeach“ Kostenvorteile von rund 40<br />

% entstehen. Die Ergebnisse der Studie sollen<br />

nun überprüft werden. Zu diesem Zweck fördert<br />

das Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung mit knapp zwei Millionen Euro eine<br />

Pilotanlage, die von der LU-RI.watersystems.<br />

GmbH, dem KompentenzZentrum Wasser Berlin,<br />

dem Unternehmen KSB und der Technischen<br />

Universität Berlin gemeinsam entwickelt wird.<br />

Die Anlage soll im Berli-ner Osthafen im Bezirk<br />

Friedrichshain-Kreuzberg installiert werden und<br />

im Herbst 2008 in Betrieb gehen. Das Prinzip<br />

ist das Gleiche wie bei terrestrischen Anlagen:<br />

Die aquatischen Becken fangen verunreinigtes<br />

Mischwasser bei Starkregen auf und speichern<br />

es so lange, bis Kanalisation und Klärwerke wieder<br />

aufnahmefähig sind und das Wasser zurückgepumpt<br />

werden kann.<br />

Für den Abschnitt der Spree zwischen der Elsenund<br />

Schillingbrücke im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />

wurde dieser Lösungsansatz<br />

auf seine Realisierbarkeit im Rahmen der<br />

o.g. Machbarkeitstudie untersucht. Die Spree ist<br />

an dieser Stelle mit bis zu 230 m relativ breit,<br />

so dass sich die Errichtung einer Pilotanlage in<br />

diesem Bereich anbietet. Im Untersuchungsgebiet<br />

wird an sechs Einleitungspunkten jährlich<br />

die Gesamtmenge von durchschnittlich rund<br />

565.000 m³ Mischwasser eingeleitet. Die Größe<br />

des Rückhaltebeckens mit einem Fassungsvermögen<br />

von etwa 1.400 m³ wurde an der<br />

Höchstmenge aufzufangenden Mischwassers<br />

ausgerichtet, die sich aus den langjährigen Einleitungen<br />

an den jeweiligen Entlastungsstellen<br />

ableiten lässt.<br />

Das Modulsystem sieht die Option vor, die<br />

Oberflächen mit Plattformen zu bestücken und<br />

aus dem Wasser ragen zu lassen, so dass diese<br />

anderweitig genutzt werden könnten. Die<br />

Konzeption der Pilotanlage ließe eine über dem<br />

Wasserspiegel liegende Nutzfläche von bis zu<br />

1.100 m² Größe zu. Für die Oberflächen der<br />

Behälter schlagen die Initiatoren im Bedarfsfalle<br />

(und zum Zecke einer Refinanzierung) u.a.<br />

eine Nutzung als Kulturbetrieb, Zeltplatz oder<br />

Freilichtbühne vor. Somit könnten die Anlagen<br />

auch eine städtebauliche Dimension mit Auswirkungen<br />

auf das Ortsbild entfalten. Daher<br />

wurde im Rahmen eines Studienprojekts im<br />

Fachgebiet Bau- und Planungsrecht am Institut<br />

für Stadt- und Regionalplanung, TU Berlin, eine<br />

„Richtlinie zur städtebaulichen Anordnung baulicher<br />

Anlagen in und an der Spree“ erarbeitet,<br />

die zum Schutze des Flussraums auch eine<br />

oberirdische Nutzung auf etwaig ge-planten<br />

„Pontons“ regeln könnte. Die Richtlinie enthält<br />

z.B. Bestimmungen über zulässige Grundflächen,<br />

Baukörperhöhen und Materialien.<br />

Das hier entwickelte Modulsystem soll eine effektive<br />

und zugleich kostengünstige Alternative<br />

zu den terrestrischen Anlagen darstellen. Die<br />

oben genannten Kostenvorteile entstehen insbesondere<br />

durch die Verlagerung der Speicherbehälter<br />

ins Gewässer. Die in Berlin dringend<br />

erforderliche Sanierung der Kanalsysteme, die<br />

momentan durch die teilweise sehr hohen Kosten<br />

von derzeit noch terrestrischen Bauwerken<br />

erschwert wird, könnte durch die kostengünstigeren<br />

Auffangbehälter beschleunigt werden.<br />

Das Pilotprojekt wird zeigen, ob sich das System<br />

bewährt, ein reibungsloser Ablauf funktionieren<br />

kann und die Kostenkalkulation stimmt.<br />

Eine oberirdische Nutzung könnte – je nach<br />

Größe, Art und Maß der Nutzung sowie Lage<br />

– obendrein zur Refinanzierung beitragen. Wie<br />

schon angesprochen, muss sie jedoch auch städtebaulich<br />

vertretbar sein und – neben anderen<br />

– auch den planungsrechtlichen Be-stimmungen<br />

genügen.<br />

21


Wasser<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

5. Wirkungseinschätzung und weitere<br />

externe Maßnahmen für die<br />

Zustandsverbesserung von Oberflächengewässern<br />

Während in Hamburg allein das Auffangen von<br />

Mischwasser zu einer signifikanten Zustandsverbesserung<br />

von Alster und Elbe führten, dürften<br />

in Berlin aufgrund der vielfältigen Gründe für<br />

die Schadstoffbelastung (insbesondere Mischwassereinträge<br />

bei Starkregenereignissen, Klärwerkeinträge,<br />

langsame Fließgeschwindigkeit,<br />

landwirtschaftliche Vorbelastung, Vorbelastung<br />

durch den Braunkohleabbau) Maßnahmen zur<br />

Vermeidung von Mischwassereinträgen in die<br />

Oberflächengewässer jedenfalls nicht für den<br />

nach Wasserrahmenrichtlinie erforderlichen<br />

Qualitätssprung von einem unbefriedigenden<br />

(Stufe 4) zu einem guten Zustand (Stufe 2) ausreichen.<br />

Welchen Erfolg versprechen also die<br />

Rückhaltebecken in Berlin<br />

Die Bedeutung der Mischwasserrückhaltung<br />

lässt sich am oben aufgezeigten Beispiel der<br />

Phosphorbelastung illustrieren: Die Mischwassereinträge<br />

machen diesbezüglich derzeit mehr<br />

als 30% der gesamtstädtischen Emissionen aus.<br />

Gelingt es, all das bei Starkregen überlaufende<br />

Mischwasser abzufangen, würde auf einen Schlag<br />

eine erhebliche Wasserentlastung erreicht werden.<br />

Sie würde jedoch nicht ausreichen, einen<br />

gutes ökologisches Potenzial und einen guten<br />

chemischen Zustand im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie<br />

zu erreichen.<br />

Während andernorts das Rückhalten von<br />

Mischwasser ausreichen mag, die Ziele der<br />

Wasserrahmenrichtlinie bzw. der ländereigenen<br />

Umsetzungsverordnungen zu erreichen, bedarf<br />

es bei der Berliner Spree weiterer Maßnahmen.<br />

Im Gewässermanagement unterscheidet man<br />

zwischen der Sanierung und der Restaurierung.<br />

Unter Sanierung fallen solche Maßnahmen, die<br />

eine Reduzierung der Stoffeinträge zum Ziel<br />

haben (externe Maßnahmen). Dazu gehören<br />

also auch terrestrische oder aquatische Mischwasserrückhaltebecken.<br />

Interne Maßnahmen,<br />

die die Folgen der Eutrophierung im Gewässerkörper<br />

begrenzen sollen, bezeichnet man<br />

als Restaurierung. Zu den wirkungsvollen Restaurierungsmaßnahmen<br />

gehören z. B. die Tiefenwasserbelüftung,<br />

Entschlammung, Zwangszirkulation<br />

und Biomanipulation. Neben dem<br />

Einbau von Rückhaltebecken würde als weitere<br />

externe Maßnahme eine Stauraumkanalbewirtschaftung<br />

zur effektiveren Ausnutzung von im<br />

Kanalnetz vorhandenen Kapazitäten beitragen.<br />

Mit Hilfe ferngesteuerter Wehrklappen kann<br />

das Mischwasser innerhalb eines Radialnetzes in<br />

noch nicht voll beanspruchte Bereiche der Kanalisation<br />

geleitet werden. Für die Zustandsverbesserung<br />

der Spree in Berlin wird es darüber<br />

hinaus darauf ankommen, den Wirkungsgrad<br />

der angeschlossenen Kläranlagen zu verbessern.<br />

Die Nachrüstung aller Anlagen mit einer<br />

vierten Reinigungsstufe (Filtrationsstufe) würde<br />

dabei helfen, den Nährstoffgehalt zu reduzieren.<br />

Innerhalb der Stadt muss versucht werden, den<br />

Abfluss von Niederschlagswasser in die Kanalisation<br />

zu minimieren. Zu den wirksamen Maßnahmen<br />

innerhalb von Bestandsgebieten gehören<br />

Entsiegelungs- und Dachbegrünungsmaßnahmen,<br />

das Ableiten des Regenwassers von Dachund<br />

Hofflächen auf Vegetationsflächen sowie<br />

das Einleiten in unterirdische Auffangbecken.<br />

Letzteres ist jedoch, soweit es überhaupt möglich<br />

ist, in Bestandsgebieten mit großem Aufwand<br />

verbunden. Die Berliner Wasserbetriebe<br />

(BWB) begünstigen Kunden, die anfallendes<br />

Niederschlagswasser vor Ort versickern oder<br />

anderweitig nutzen. Die in den Allgemeinen<br />

Bedingungen für die Entwässerung in Berlin<br />

(ABE) der BWB geregelte Gebührenerhebung<br />

hängt insbesondere vom Anteil der versiegelten<br />

und befestigten Flächen ab. Versiegelte Flächen<br />

schlagen zu 100 % zu Buche. Nachlässe von 50<br />

% gibt es für begrünte Dächer und sog. Nassdächer<br />

sowie für das Einleiten des anfallenden<br />

Niederschlagswassers in ein Mulden-Rigolen-<br />

System mit gedrosselter Ableitung und Teilversickerung.<br />

Belohnt werden auch Kunden, die auf<br />

dem Grundstück anfallendes Regenwasser z.B.<br />

als Brauchwasser, für die Toilettenspülung oder<br />

zur Bewässerung nutzen. Flächen mit Rasengittersteinen,<br />

Splittfugenpflastern, Porenpflastern,<br />

Kies- und Splittdecken sowie Schotterrasen, bei<br />

denen anfallendes Niederschlagswasser zu einem<br />

großen Teil vor Ort versickern kann, gehen<br />

22


erst gar nicht in die Entgeltberechnung ein.<br />

Die Behebung von Fehlentwicklungen in der<br />

siedlungswasserwirtschaftlichen Infrastruktur ist<br />

in der Regel kostspielig. Wie dargestellt fehlen<br />

für terrestrische Rückhaltebecken oft schlicht<br />

die Flächen. Daher muss zumindest bei zukünftigen<br />

Stadterweiterungen ganz besonders auf<br />

die Gewässerverträglichkeit geachtet werden.<br />

Hier sollte zukünftig also dem Grundsatz der<br />

Abflussvermeidung Rechnung getragen werden.<br />

Dies kann insbesondere geschehen durch:<br />

•Strikte Minimierung des Versiegelungsgrads,<br />

•Maßnahmen zur Vermeidung, Reinigung und Drosselung<br />

von Regenabflüssen am Ort des Anfalls (z.B.<br />

Dachbegrünungen, Regenwassernutzung für außerhäuslichen<br />

Gebrauch),<br />

•Schaffung Straßen begleitender Versickerungsmulden,<br />

•Bewirtschaftung des unvermeidlich anfallenden<br />

Regenabflusses durch Maßnahmen der Speicherung.<br />

Die Maßnahmen zur Gewässeraufwertung dürfen<br />

selbstverständlich nicht vor Ländergrenzen<br />

halt machen. Das Land Brandenburg hat den<br />

Masterplan Spree auf den Weg gebracht. Dieser<br />

sieht u.a. Renaturierungsmaßnahmen vor.<br />

Dazu gehören Deichverlegungen zur Schaffung<br />

neuer Auen, der Einbau von Buhnen, Inseln und<br />

Nebenrinnen, die Verbesserung der Gewässervernetzung<br />

zwischen Spree und Deichhinterland<br />

sowie der Rückbau von Uferbefestigungen.<br />

Wirkungsvoll wäre es, wenn größere Anteile<br />

der Ackerflächen auf konservierenden Anbau<br />

(Muldenanbau) umgestellt würden mit der Folge,<br />

dass der Bodenabtrag, der Oberflächenabfluss<br />

und dadurch der schädliche Nährstoffeintrag<br />

aus der Landwirtschaft deutlich reduziert<br />

würden.<br />

7. Schlussbemerkung und weiterer<br />

Forschungsbedarf – auch im<br />

Hinblick auf den Bezirk Treptow-<br />

Köpenick<br />

Entlang der Spree, dem „Blauen Faden der<br />

Stadtentwicklung“ (SenStadt), werden enorme<br />

Anstrengungen unternommen, die Uferbereiche<br />

und die angrenzenden Quartiere umzugestalten<br />

und den Flussraum als Freiraum erlebbar<br />

zu machen. Doch neben der städtebaulichen<br />

Komponente und der Gestaltung öffentlich<br />

zugänglicher Uferbereiche werden Attraktivität<br />

und Aufenthaltsqualität auch vom Zustand der<br />

Spree selbst abhängen. Die Sanierung der Gewässer<br />

liefert damit einen Beitrag zur Stadterneuerung,<br />

der sich in diesem Fall nicht nur im<br />

klassischen Bereich der Quartiersentwicklung<br />

abspielt, sondern auch thematisch bestimmte<br />

öffentliche Räume, wie hier den Gewässerlauf<br />

der Spree, zum Ziel haben kann.<br />

Eine gute Gewässerqualität ist ein wesentlicher<br />

Eckpfeiler eines gesunden Wasserkreislaufs und<br />

einer nachhaltigen Wasserversorgung. Daher<br />

muss in Berlin die Belastung der Oberflächengewässer<br />

durch Mischwasser und Niederschlagswasser<br />

von urbanen Flächen wirksam reduziert<br />

werden. Die EG-Wasserrahmenrichtlinie legt<br />

die Messlatte dafür gemessen an den spezifischen<br />

Berliner Rahmenbedingungen sehr hoch.<br />

Terrestrische Mischwasserrückhaltebecken würden<br />

sich eignen. Sie sind aber sehr teuer, und<br />

Flächen stehen dafür nicht in ausreichendem<br />

Umfange zur Verfügung.<br />

Steeg ist im Rahmen des Projekts SPREE2011<br />

mit dem Ziel angetreten, zukünftig (möglichst<br />

im Jahre 2011) in der innerstädtischen Spree<br />

baden zu können und daher Badewasserqualität<br />

zu erreichen. Legt man also die Zielvorgaben<br />

der EG-Badegewässerrichtlinie zu Grunde,<br />

ist der Standort für die Pilotanlage im Berliner<br />

Osthafen gut gewählt, da hier die Vorbelastungen<br />

der Spree hinsichtlich der für die Bemessung<br />

der Badegewässerqualität relevanten Parameter<br />

noch vergleichsweise gering sind. Nach<br />

Schließung des Klärwerks Falkenberg im Jahr<br />

2003 und im Falle der noch geplanten Installation<br />

einer vierten Klärstufe im Klärwerk Münchehofe<br />

würden am östlichen Rande des Berliner<br />

Mischkanalisationsnetzes im Bereich des Osthafens<br />

vor allem Abwasser aus den Überläufen<br />

nach Starkregenereignissen für eine Belastung<br />

der Spree sorgen. Die Spree ist hier besonders<br />

23


Wasser - Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

breit, und es bestünde ausreichend Platz für<br />

eine aquatische Mischwasserrückhaltung. Das<br />

Ziel von Badewasserqualität an diesem Ort<br />

erscheint mit der innovativen Technik möglich.<br />

Die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />

wären damit jedoch noch nicht<br />

erfüllt. Weitere Maßnahmen sind erforderlich.<br />

Dazu gehört auch, den Niederschlagseintrag<br />

aus den Stadtbereichen mit Trennkanalisation<br />

spürbar zu reduzieren. Für den weiteren Verlauf<br />

in Richtung Westen gilt, dass die Spree nicht<br />

überall breit genug sein wird, allen Überläufen<br />

entsprechende aquatische Speicherbauwerke<br />

vorschalten zu können.<br />

Die Mischwasserrückhaltung ist nur ein Baustein,<br />

der zur Reinhaltung der Berliner Gewässer beitragen<br />

würde. Gerade in Bezug auf Neubauvorhaben<br />

in der Berliner Innenstadt wird es darauf<br />

ankommen, schon im Stadium der Bauleitplanung<br />

wasserwirtschaftliche Belange stärker als<br />

bislang zu berücksichtigen und alle Möglichkeiten<br />

des Gewässerschutzes (von der Vorortversickerung<br />

und sonstiger Niederschlagsnutzung<br />

bis hin zur Zwischenspeicherung) auszuschöpfen.<br />

Weiteren Untersuchungsbedarf gibt es hinsichtlich<br />

der Stadtgebiete, die über eine Trennkanalisation<br />

entsorgt werden. Zu diesen Ortsteilen<br />

gehören auch weite Teile des Bezirkes Treptow-<br />

Köpenick. Das System der Wasserrückhaltung<br />

– speziell der aquatischen Regenrückhaltung<br />

– sollte auch für diese Stadtteile in ähnlicher<br />

Form anwendbar sein. Im Rahmen des Studienprojektes<br />

wurde die These aufgestellt, dass<br />

insbesondere die ersten Wassermengen zu Beginn<br />

eines Regens Dreck und Staub in die anliegenden<br />

Vorfluter (und bezogen auf das Untersuchungsgebiet<br />

des Studienprojektes in Spree<br />

und Dahme) befördert. Wenn diese Annahme<br />

stimmt, würde zur Qualitätsverbesserung des<br />

Flusswassers beitragen, wenn genau das anfangs<br />

anfallende Regenwasser durch Rückhaltebecken<br />

abgefangen, darin gesäubert und erst danach in<br />

die Flüsse abgegeben werden würde. Diese Annahme<br />

bedarf tiefer gehender Untersuchungen,<br />

die nicht im Rahmen eines studentischen Projektes<br />

im Bereich der Stadt- und Regionalplanung<br />

durchgeführt werden können.<br />

Die Wasserreinhaltung wird sich in den kommenden<br />

Jahren und Jahrzehnten zu einer der<br />

weltweit größten Herausforderungen der<br />

Menschheit entwickeln. Derzeit leben 1,7 Milliarden<br />

Menschen in Regionen, in denen Trinkwasser<br />

knapp ist. Prognosen zu Folge könnte<br />

diese Zahl in den nächsten 25 Jahren auf fünf<br />

Milliarden steigen. Alle Millionenstädte weltweit<br />

– mit Ausnahme von Mexiko City – liegen an<br />

einem Fluss. Die Reinhaltung ist für die Aufrechterhaltung<br />

eines funktionierenden Wasserkreislaufs<br />

von herausragender Bedeutung. Die<br />

Speicherung von Mischwasser ist dabei ein<br />

wichtiges Element in einem Gesamtkonzept<br />

zum Schutz der Gewässer sein. Das Modell der<br />

Rückhaltemodule im Wasser kann durch mögliche<br />

Kosteneinsparungen der Mischwasserspeicherung<br />

Auftrieb verleihen. Das Pilotprojekt im<br />

Berliner Osthafen sollte man im Auge behalten.<br />

Für Badewillige in der Spree sei bisweilen jedoch<br />

noch das auf der anderen Uferseite liegende<br />

Badeschiff vor der Treptower Arena ans<br />

Herz gelegt.<br />

24<br />

4.2.2 Badeschiff am Spreeufer; Foto: Bernhard Weyrauch


1. Einführung<br />

Gutachten, Reporte und Filme<br />

zur globalen Erwärmung<br />

Am 24.05.2006 lief in den amerikanischen Kinos<br />

ein Dokumentarfilm an, der auf der ganzen<br />

Welt für großes Aufsehen und viel Beachtung<br />

sorgte. Die Rede ist von dem Film „Eine unbequeme<br />

Wahrheit“ der auf der „travelling global<br />

warming show“ des ehemaligen amerikanischen<br />

Vizepräsidenten Al Gore basiert.<br />

Al Gore (59) beschäftigt sich bereits seit seinem<br />

Studium mit der Klimaveränderung, und es ist<br />

sein Anliegen, die Menschheit über das Ausmaß<br />

zu unterrichten. Um möglichst viele Menschen<br />

zu erreichen, reist er von Stadt zu Stadt und<br />

hält Vorträge. Der Regisseur Davis Guggenheim<br />

erkannte das Potenzial in Al Gore und seiner<br />

Botschaft. Zusammen mit den Paramont Picture<br />

Studios verfilmten sie die Show und schufen<br />

den seit langem erfolgreichsten Dokumentarfilm.<br />

Weltweit hat der Film 49 Millionen Dollar<br />

eingespielt. Der Film und ihre Macher wurden<br />

überschüttet mit Auszeichnungen und Preisen.<br />

Er erhielt im Jahr 2007 zwei Oscars, einen als<br />

bester Dokumentarfilm und einen weiteren in<br />

der Kategorie „Beste Filmmusik“. Zudem wurde<br />

er mit dem Special-Humanitas-Preis für seine<br />

besonders gelungene Botschaft an die Menschheit<br />

ausgezeichnet. Dieser Preis wurde seit zehn<br />

Jahren nicht mehr an einen Film vergeben. Als<br />

Höhepunkt erhielt Al Gore im Oktober 2007<br />

den Friedensnobelpreis. Seit der Veröffentlichung<br />

wird der Film von einigen Seiten kritisiert<br />

und als unglaubwürdig dargestellt. Dies soll zum<br />

Anlass genommen werden, einen Blick hinter<br />

die Kulissen zu werfen und Aussagen sowie<br />

Kritik dazu zu hinterfragen. Dazu wurden ein<br />

dutzend wissenschaftliche Reporte und Protokolle,<br />

zahlreiche Zeitungsartikel, die über die<br />

entstandenen Diskussionen berichteten, sowie<br />

Kommentare von Wissenschaftlern und Politikern<br />

gesammelt, um zu klären, wie es unserer<br />

Erde momentan geht und gehen wird.<br />

2. Basiswissen zur „globalen Erwärmung“<br />

Eine wesentliche Grundlage zum Verständnis<br />

des Themenbereiches nimmt jedoch vorerst<br />

die Begriffserklärung des Themas „Reporte,<br />

Gutachten, Filme zur globalen Erwärmung“<br />

ein. Unter den drei Begriffen Reporte, Gutachten<br />

und Filme kann sich jeder etwas vorstellen.<br />

Diese Begriffe begegnen einem ständig im täglichen<br />

Leben. Im weiteren Verlauf wird zudem<br />

noch näher auf diese Begriffe eingegangen. Der<br />

Begriff „globale Erwärmung“ ist hingegen mit<br />

großer Vorsicht zu gebrauchen. Es bedeutet<br />

den allmählichen Anstieg der Durchschnittstemperatur<br />

in den vergangenen Jahrzehnten<br />

und die erwartete weitere Erwärmung in der<br />

Zukunft, die „sehr wahrscheinlich“ durch die<br />

Verstärkung des Treibhausgaseffektes durch den<br />

25


Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Menschen verursacht wird. Der Volksmund verbindet<br />

diesen Wortlaut jedoch auch mit der natürlichen<br />

Veränderung des Klimas auf der Erde.<br />

Irrtümlicherweise lautet der richtige Ausdruck<br />

für diesen Effekt „Klimawandel“. Klimawandel<br />

ist ein Synonym für „Klimageschichte“ und beschreibt<br />

einen langen Zeitraum. Festhalten lässt<br />

sich somit, das „Klimawandel“ die natürliche<br />

Veränderung bezeichnet, wohingegen „globale<br />

Erwärmung“ sich auf die gegenwärtige anthropogene<br />

Klimaänderung bezieht. Nur vor diesem<br />

Hintergrund lässt sich einfach behaupten, dass<br />

der „Klimawandel“ nicht vom Menschen verursacht<br />

ist – die „globale Erwärmung“ ist es im<br />

Unterschied dazu jedoch schon.<br />

Es bleibt dennoch die Frage offen, wie „globale<br />

Erwärmung“ entsteht und sich weiterentwickelt.<br />

Kurz und knapp kann man es wie folgt<br />

beschreiben. Die Erde und Atmosphäre wird<br />

durch Sonnen-einstrahlung erwärmt. Dies erfolgt,<br />

indem ein Teil dieser Wärme in Form von<br />

Infrarotstrahlung wieder nach außen abgestrahlt<br />

wird. Der verbleibende Rest wird von der äußeren<br />

Atmosphärenschicht reflektiert, auf die<br />

Erde zurückgeworfen und sorgte bisher für eine<br />

relativ konstant bleibende Temperatur auf der<br />

Erde. Die klimaschädigenden Treibhausgase, wie<br />

beispielsweise CO2, machen die äußere Atmosphärenschicht<br />

immer undurchlässiger. Dadurch<br />

wird immer mehr Infrarotstrahlung zur Erde<br />

zurückgestrahlt: Es kommt zur „globalen Erwärmung“.<br />

3. Gutachten,<br />

Reporte und Filme<br />

All diese Aussagen beinhaltet<br />

der IPCC-Report<br />

(Intergovermental Panel<br />

on Climate Change; zu<br />

deutsch: Zwischenstaatliche<br />

Sachverständigen-gruppe<br />

über Klimaerwärmung).<br />

Der Report ist in diesem<br />

Fachbereich das wichtigste<br />

Dokument, da es die<br />

Ergebnisse verschiedener<br />

Forschungsdisziplinen zusammenfasst. Einen besonderen<br />

Stellenwert nimmt dabei die Klimatologie<br />

ein. Dieser Report wird zudem als Grundlage<br />

jeglicher wissenschaftlicher und politischer<br />

Diskussionen auf diesem Themenfeld weltweit<br />

verwendet. In einem regelmäßigen Rhythmus<br />

von ca. 4 Jahren werden alle neuen Erkenntnisse<br />

in ihm zusammengetragen und fortgeschrieben.<br />

Die letzte Neuauflage erschien in Teilen im<br />

Oktober 2007 und war pünktlich zur Weltklimakonferenz<br />

vom 3. – 14. Dezember 2007 auf<br />

Bali fertiggestellt. Die IPCC-Gruppe wurde im<br />

Jahr 1988 vom Weltklimarat der Vereinten Nationen<br />

(UN) ins Leben gerufen, um die Risiken<br />

der globalen Erwärmung zu beurteilen und Vermeidungsstrategien<br />

zusammenzufassen. Diese<br />

Organisation erhielt gemeinsam mit Al Gore,<br />

den Friedensnobelpreis 2007. An dieser Stelle<br />

soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass Al Gore<br />

sich bei der „traveling global warming show“<br />

ausschließlich auf den IPCC-Report bezieht.<br />

Ein weiteres Produkt der<br />

Vereinten Nationen ist<br />

das „Kyoto-Protokoll“.<br />

Dieses ist ein Rahmenübereinkommen<br />

über<br />

Klimaänderung und stellt<br />

Richtlinien zur Vermeidung<br />

und vor allem zur<br />

Senkung des CO2- Ausstoßes<br />

bis 2012 auf. Es<br />

wurde am 11. Dezember<br />

1997 im japanischen<br />

Kyoto als Zusatzprotokoll<br />

der Klimarahmenkonventionen<br />

beschlossen und<br />

ist am 16. Februar 2005 in Kraft getreten. Die<br />

Teilnahme an diesem Programm ist leider keine<br />

Pflicht und somit haben die USA und Australien<br />

das Protokoll zwar unterschrieben, jedoch nicht<br />

ratifiziert. Vom 3. bis 14. Dezember 2007 fand<br />

die 3. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls<br />

auf Bali statt. Die Konferenz sollte einen<br />

Verhandlungszeit-plan und Verhandlungsinhalte<br />

für die nächsten Jahre festlegen, damit nach dem<br />

Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 ein neues<br />

Klimaschutzprogramm nahtlos in Kraft treten<br />

kann. Nach dem jüngsten Regierungswechsel<br />

26


hat nun auch Australien das Kyoto-Protokoll<br />

ratifiziert.<br />

Auf deutscher Bundesebene<br />

wurde das Nationale<br />

Klimaschutz-programm<br />

2005 erstellt, mit<br />

dessen Hilfe die Ziele des<br />

Kyoto-Protokolls erreicht<br />

werden sollen. Herausgeber<br />

ist das Bundesamt für<br />

Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorsicherheit. In diesem<br />

Programm wird die Entwicklung der CO2-<br />

Emmissionen in Deutschland geschildert. Es<br />

veranschaulicht zudem, wie der momentanen<br />

Entwicklungen entgegengewirkt werden kann.<br />

Ebenfalls wurde im Jahr 2005 ein Programm<br />

vom Umweltbundes-amt veröffentlicht. „Die<br />

Zukunft in unseren Händen – 21 Thesen zur<br />

Klimapolitik des 21. Jahrhunderts“ lautet der Titel<br />

und äußert an vielen Stellen scharfe Kritik an<br />

der derzeitigen Politik. Wie das zuvor genannte<br />

Programm bezieht es sich überwiegend auf Gefahrenabwehr<br />

und -vermeidung.<br />

Im Jahr 2006 erschien der<br />

„Stern Review“ (Stern<br />

Review on the Economics<br />

of Climate Change)<br />

von Nicholas Stern. Er ist<br />

der ehemalige Weltbank-<br />

Chefökonom und jetzige<br />

Leiter des volkswirtschaftlichen<br />

Dienstes der<br />

britischen Regierung. Auf<br />

650 Seiten wird in diesem<br />

Bericht zusammengefasst,<br />

welche ökonomischen<br />

Folgen die globale Erwärmung<br />

für das Vereinte Königreich Großbritannien<br />

haben kann. Hierbei werden verschiedene<br />

Szenarien vorgestellt. Laut Sternreport wäre es<br />

möglich, zur Abwendung der schlimmsten Folgen<br />

des Klimawandels die Kosten auf ca. 1 % des<br />

globalen BIP jährlich zu beschränken. Dagegen<br />

würde der Schaden, wenn nicht gehandelt werde,<br />

sogar auf möglicherweise 20% des BIP oder<br />

mehr geschätzt.<br />

Des Weiteren wurden zahlreiche Berichterstattungen<br />

aus Tageszeitungen, Magazinen und<br />

weiteren Medien hinzugezogen, die das Thema<br />

„globale Erwärmung“ thematisieren. Es kristallisierte<br />

sich hierbei die Berichterstattung über<br />

ein britisches Gerichtsurteil als am Wichtigsten<br />

heraus. Hintergrund des Streits: Die britische<br />

Regierung kaufte mehrere tausend Kopien der<br />

Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit“<br />

- Filme, um diese im Schulunterricht vorzuführen<br />

und „globale Erwärmung“ als Lehrinhalt zu<br />

festigen. Ein Vater zweier schulpflichtiger Kinder<br />

war von dieser Umsetzung nicht angetan und<br />

klagte gegen dieses Vorgehen, da er die Meinung<br />

vertrat, dass Al Gore die Unwahrheit berichten<br />

und er die ganze Welt nur in Angst und Schrecken<br />

versetzten würde und die Regierung die<br />

Schüler einer „Gehirnwäsche“ und politischer<br />

Indoktrinierung aussetze. Als richterlicher Beschluss<br />

wurden neun Vermerke aufgestellt, die<br />

nun bei jeder schulischen Vorführung benannt<br />

werden müssen. Diese Vermerke sollen, nach<br />

Auffassung des Richters, einige Sachverhalte<br />

richtigstellen.<br />

4. „Eine unbequeme Wahrheit“ –<br />

kritische Auseinandersetzung mit<br />

den Fakten ausgewählter Filmsequenzen<br />

Im Folgenden wird der Hauptteil schriftlich<br />

zusammengefasst. Dieser bestand darin, ausgewählte<br />

Filmsequenzen aus dem Film „Eine<br />

unbequeme Wahrheit“ vorzuführen, die einen<br />

bestimmten Sachverhalt behandeln. Al Gore<br />

schildert dazu aus seiner Sicht den wissenschaftlichen<br />

Stand aus dem Jahr 2005 und kommentiert<br />

diesen. Anschließend wurden die recherchierten<br />

Befürwortungen und Kritiken dieser<br />

Darstellung gegenübergestellt, wodurch die<br />

Zuhörer sich ein eigenes Bild über die Relevanz<br />

und den Wahrheitsgehalt des Themas bilden<br />

konnten. Zur Unterstützung der Filmszenen findet<br />

man nachfolgend zu jeder Szenenbeschreibung<br />

ebenfalls die entsprechende Spielzeit. Dadurch<br />

wird ermöglicht, dass die entsprechenden<br />

Szenen nochmals angeschaut werden können.<br />

27


Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

4.1. CO2- Messungen und ihre<br />

Auswirkungen auf Gletscher<br />

In dieser Szene zeigt Al Gore den Anstieg des<br />

CO2-Gehaltes in der Atmosphäre anhand einer<br />

Aufzeichnung mit der Roger Revelle im Jahr<br />

1957 begann. Die dargestellte Kurve verläuft in<br />

einer Zick-Zack-Form und zeigt, dass der CO2-<br />

Rückschlüsse auf das Klima der Vergangenheit<br />

gewinnen kann. In den letzten 50 Jahren ist der<br />

CO2-Anteil jedoch auf fast das Doppelte angestiegen.<br />

Dies bedeutet, dass er bei fortschreitendem<br />

Ausstoß in 50 Jahren zehnmal so hoch sein<br />

würde, wodurch vermehrt Sonnenstrahlung in<br />

der Atmosphäre bliebe, was das Erdklima noch<br />

mehr anheizen würde.<br />

Gehalt stetig ansteigt.<br />

Die jährliche Variation<br />

entsteht dadurch,<br />

dass die Landmasse<br />

nördlich des Äquators<br />

die meiste Vegetation<br />

enthält. Der<br />

daraus resultierende<br />

Effekt ist, dass sie im<br />

Frühjahr und Sommer mehr CO2 „einatmen“<br />

und Sauerstoff „ausatmen“ kann, als die ozeanreiche<br />

Südhälfte. Trotz der Bemühungen, die<br />

Emissionen von CO2 zu senken, beispielsweise<br />

durch die Einführung einer CO2-Steuer und das<br />

Kyoto-Protokoll, steigt der CO2-Gehalt weiter.<br />

Aus diesem Grund schmelzen die<br />

Gletscher, wie am Kilimandscharo, im Himalaja,<br />

aber auch in den heimischen Alpen immer<br />

weiter ab. Letztendlich ergeben sich daraus dramatische<br />

Folgen für die Trinkwasserversorgung<br />

von 40 Prozent der Weltbevölkerung. In 50<br />

Jahren wird es kaum noch Himalaja-Gletscher<br />

geben, aus denen sich die großen Flüsse speisen.<br />

Eine weitere Grafik zeigt den Verlauf der<br />

CO2-Konzentration der letzten 650.000 Jahre.<br />

Al Gore vergleicht dabei den CO2-Gehalt und<br />

die Durchschnittstemperatur. Ersichtlich wird,<br />

dass beide Kurven bis auf die letzten 50 Jahre<br />

relativ konstant blieben. Bestätigt wird dies<br />

durch Eisbohrkerne aus der Antarktis, an denen<br />

man, ähnlich wie an Jahresringen von Bäumen,<br />

Al Gores Hauptquelle, der IPCC-Report, bestätigt<br />

diese Fakten zum größten Teil. Das britische<br />

Gericht hingegen hat beschlossen, dass bei<br />

weiteren Schulaufführungen darauf hinzuweisen<br />

ist, dass zwar ein Zusammenhang der beiden<br />

Kurven (CO2-Gehalt und Durchschnittstemperatur)<br />

erwiesen sei, eine „exakte Übereinstimmung“<br />

bislang von der Wissenschaft noch nicht<br />

bewiesen ist. Auch die neue Ausgabe des IPCC-<br />

Report aus dem Jahr 2007 lässt nicht darauf<br />

schließen. Ein weiterer Aspekt ist das Abschmelzen<br />

der Eiskappe am Kilimandscharo im Zuge<br />

der globalen Erwärmung. Dies sei ebenfalls nicht<br />

wissenschaftlich erwiesen. Stefan Rahmstorf,<br />

Professor am Potsdamer-Institut für Klimafolgenforschung,<br />

äußerte sich in Bezug auf diese<br />

Aussage in einem Interview gegenüber dem<br />

Berliner Tagesspiegel wie folgt: „(....) Gore zeigt<br />

die Eiskerndaten aus der Antarktis (....) er spricht<br />

von der globalen Temperatur, obwohl diese Daten<br />

die Temperatur in der Antarktis wiedergeben.(....)<br />

Nur die Daten für CO2 gelten global.(....)“.<br />

4.2. Niederschläge und Verdunstung<br />

Zum Themenbereich „Niederschläge und<br />

Verdunstung“ schildert Gore, dass Skeptiker<br />

seit den siebziger Jahren eine Erwärmung der<br />

Weltmeere vorausgesagt haben und dafür ausgelacht<br />

wurden. Heute erkennt man, dass ihre<br />

Prognosen richtig gewesen sind. Bedingt durch<br />

eine Erwärmung der Meere erhöht sich die Luftfeuchtigkeit<br />

und es entstehen stärkere Stürme<br />

und Hurrikans. Diese Zusammenhänge werden<br />

laut Gore von der wissenschaftlichen Fachwelt<br />

bestätigt. Die Medien hingegen leugnen diese.<br />

Gore schildert weiter, dass die globale Erwärmung<br />

mit sturzflutartigen Niederschlagsmengen<br />

einhergeht, die kleine Gebiete überfluten,<br />

28


Beispiel für die zukünftige Verteilung der Niederschläge im Winter (Dez. - Feb., links) und im Sommer (Jun. bis<br />

Aug., rechts). Veränderungen in Prozent. Weiße Flächen bedeuten, dass weniger als zwei Drittel der Studien zum<br />

gleichen Ergebnis - Abnahme oder Zunahme - kamen; gerasterte Flächen bedeuten, dass mehr als 90 Prozent der<br />

Studien zum selben Ergebnis kamen.<br />

während Nachbarprovinzen vertrockneten.<br />

Sehr deutlich hat sich dieses im Jahr 1994 in Indien<br />

wieder-gespiegelt. In vielen Regionen ist<br />

der Monsun ausgeblieben, während Mumbai an<br />

einem Tag von 94 cm - das bedeutet 940 Liter<br />

pro Quadratmeter - Regenwasser überflutet<br />

wurde. Die Erwärmung saugt nicht nur mehr<br />

Wasser aus dem Meer, sondern zieht auch mehr<br />

Flüssigkeit aus der Erde, die vielerorts versteppt.<br />

Als Beispiel für diesen Effekt wird der Tschadsee<br />

in Zentralafrika genannt.<br />

Beispiel für die zukünftige Verteilung der Niederschläge<br />

im Winter (Dez. - Feb., links) und im<br />

Sommer (Jun. bis Aug., rechts). Veränderungen<br />

in Prozent. Weiße Flächen bedeuten, dass weniger<br />

als zwei Drittel der Studien zum gleichen<br />

Ergebnis - Abnahme oder Zunahme - kamen;<br />

gerasterte Flächen bedeuten, dass mehr als 90<br />

Prozent der Studien zum selben Ergebnis kamen.<br />

Quelle: Climate Change 2007: The Physical<br />

Science Basis. Summary for Policymakers.<br />

Der IPCC-Report benennt ebenfalls Veränderungen<br />

der Niederschläge und bestätigt dieses<br />

mit Grafiken, aus denen ersichtlich ist, dass Regenfälle<br />

in nördlichen Breiten zunehmen und in<br />

den Subtropen dagegen abnehmen werden. Das<br />

britische Gericht hat hingegen für das Vereinigte<br />

Königreich beschlossen, dass die Gründe für das<br />

Austrocknen des Tschadsees im Bevölkerungswachstum,<br />

der Landwirtschaft und regionalen<br />

Klimaschwankungen zu suchen seien.<br />

4.3. Die Arktis<br />

Gore schildert in dieser Szene, dass in der Arktis<br />

der Permafrostboden taut und in der Folge<br />

Pipelines und Häuser zerbersten. Vor 35 Jahren<br />

konnte man 225 Tage im Jahr die Permafrostböden<br />

mit dem LKW befahren. Heute sind es<br />

hingegen nur noch 75 Tage. Seit 1970 nahmen<br />

Menge, Ausdehnung und Dicke des Eises der<br />

Arktis um 40 Prozent ab. Laut Gore wird es<br />

in 50 Jahren vollkommen verschwunden sein.<br />

Anhand einer Animation erklärt Gore, dass die<br />

arktische Eiskappe wie ein Spiegel die Sonnenstrahlung<br />

reflektiert und<br />

somit die Wärme zu 90 Prozent wieder abgibt,<br />

während sie auf dem Meer zu 90 Prozent absorbiert<br />

wird. In einer weiteren dramatischen<br />

Animation wird dargestellt, wie seit kurzem<br />

vermehrt ertrunkene Eisbären gefunden wurden,<br />

die manchmal über 100 km lange Strecken<br />

schwimmen müssen, um Packeis zu erreichen.<br />

Eine Bestätigung dieser Aussagen lässt sich zum<br />

Teil durch den IPCC-Report ableiten, indem es<br />

lautet: „Die Erwärmung wird in den nördlichen<br />

Breiten am stärksten sein; es wird weniger Schnee<br />

geben und das arktische und antarktische See-Eis<br />

wird zurückgehen; die Arktis könnte im Sommer<br />

eisfrei werden“. Zu der Aussage bezüglich den<br />

Eisbären nahm der britische Richter Burton, der<br />

den bereits bekannten Fall verhandelte, Stellungnahme.<br />

Zitat: „In dem Film komme eine Studie vor,<br />

der zufolge Eisbären bei der verzweifelten Suche<br />

nach Packeis ertrunken seien. Die einzige wissenschaftliche<br />

Studie, die er habe finden können, habe<br />

legentlich von vier in einem Sturm ertrunkenen Eisbären<br />

berichtet.“<br />

4.4. Das ozeanische Förderband<br />

In diesem Abschnitt wird beschrieben, dass das<br />

29


Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Weltklima wie ein großer Motor arbeitet. Die<br />

Wärme wird vom Äquator zu den Polen durch<br />

Strömungen und Windsysteme getrieben. Das<br />

Klima bewegt sich dabei in abrupten Sprüngen.<br />

Wenn es nach dem statistischen Mittelwert<br />

einen weltweiten Temperaturanstieg von<br />

2,75 °C gäbe, dann erwärmt sich die Erde in<br />

Äquatornähe nur um 0,5 °C, in der Arktis aber<br />

um 6 °C. Des Weiteren erklärt Gore, dass der<br />

Golfstrom eine Art „Förderband des Ozeans“<br />

ist. An der Wasseroberfläche verlaufen warme<br />

Strömungen, die sich durch die Sonneneinstrahlung<br />

immer weiter aufheizen. Durch das<br />

schwere salzhaltige Wasser der Arktis kühlt es<br />

sich letztendlich ab und sinkt zu Boden. Auf dem<br />

Ozeanboden wird es wiederum zurückgezogen,<br />

wodurch ein Kreislauf entsteht.<br />

Vor ca. 9000 Jahren ist es zu einer knapp<br />

1000jährigen Eiszeit in der Atlantikregion gekommen.<br />

Riesige Mengen abgeschmolzenen<br />

Gletscherwassers (Süßwasser) sammelten sich<br />

in Seen auf dem nord-amerikanischen Kontinent.<br />

Als Damm zum Nordatlantik diente eine<br />

Wand aus Gletschereis, die jedoch auch immer<br />

weiter abschmolz. Nachdem das Eis dem Wasserdruck<br />

nicht mehr standhalten konnte, gelangte<br />

das Schmelzwasser in den Atlantik und<br />

dünnte den Salzgehalt. Die Folge war, dass der<br />

Golfstrom außer Kraft gesetzt wurde und somit<br />

keine zusätzliche Wärme in die Atlantikregion<br />

gelangte und eine Eiszeit zur Folge hatte.<br />

Etwas Ähnliches könnte wieder passieren, wenn<br />

sich auf der Oberfläche des Grönlandgletschers<br />

durch die Erwärmung Süßwasserseen bilden, die<br />

das atlantische Salzwasser letzten Endes wieder<br />

verdünnen. Bereits seit einigen Jahren lässt sich<br />

beobachten, dass sich dieser Klimaschock anbahnt.<br />

Nach den neusten Erkenntnissen aus dem Jahr<br />

2007 stellt der IPCC-Report folgendes richtig:<br />

„Die zum globalen Förderband gehörende Meeresströmung<br />

im Atlantik wird sehr wahrscheinlich<br />

schwächer werden, ein “Umkippen“ hält der IPCC<br />

im 21. Jahrhundert aber für sehr unwahrscheinlich.“<br />

Desweiteren konnten keine weiteren Befürworter<br />

oder Kritiker dieser Theorie ausfindig<br />

gemacht werden.<br />

4.5. Auswirkungen auf die Ökosysteme<br />

In dieser Filmsequenz schildert Al Gore, wie im<br />

nieder-ländischen Wattenmeer die Zugvögel<br />

seit Jahrhunderten um den 25. April herum erscheinen<br />

und ihre Küken ca. am 3. Juni schlüpfen.<br />

Die Ökosysteme hätten sich so aufeinander eingestellt,<br />

dass zu dieser Zeit auch Raupen schlüpften,<br />

die für die Vögel eine Nahrungsgrundlage<br />

bildeten. Mittlerweile kommen die Zugvögel<br />

jedoch bereits zwei Wochen früher und somit<br />

schlüpfen auch die Küken früher, so dass sie einerseits<br />

keine Nahrungsgrundlage mehr haben<br />

und andererseits die nun undezimierten Raupen<br />

große Umweltschäden<br />

anrichten können. Zudem wandern<br />

auch neue Arten ein, wie beispielsweise Borkenkäfer<br />

in Alaska, die den Baumbestand vernichten.<br />

Auch Städte, die bewusst oberhalb der<br />

Moskitogrenze gegründet wurden, leiden neuerdings<br />

unter einer Moskitoplage, die wiederum<br />

Krankheiten auf Menschen und Tiere übertragen.<br />

Durch die Meereserwärmung kommt es zu<br />

einem Korallensterben, was wiederum Fischarten<br />

aussterben lässt. Die Aussterberate hat sich<br />

in den letzten Jahrzehnten vertausendfacht.<br />

Diese Aussagen wurden von dem IPCC-Report<br />

bestätigt. In ihm wird ebenfalls eine Veränderung<br />

der Ökosysteme genannt. Es wird beschrieben,<br />

dass der Frühling überall früher auftritt und<br />

sich dadurch die Tiere polarwärts oder in höhere<br />

Bereiche der Berge bewegen. Natürliche<br />

Schwankungen sind daher als Ursache „sehr unwahrscheinlich“.<br />

Dieser Aussage wiederspricht<br />

auch kein Kritiker.<br />

4.6. Anstieg des Meeresspiegels<br />

Gore zeigt zu diesem Thema mit Hilfe von Animationen<br />

die Entstehung von Süßwasserseen<br />

durch Schmelzwasser auf dem Eisschelf der<br />

Antarktis. Er schildert, dass schon innerhalb von<br />

35 Tagen ein Eisschelf von einer immensen Größe<br />

verschwunden ist, dem Wissenschaftler noch<br />

ein 100-jähriges Fortbestehen zugestanden hatten.<br />

Des Weiteren rutscht das Festlandeis unter<br />

30


seinem eigenen Druck unaufhaltsam in Richtung<br />

Meer. Das Wasser aus den Süßwasserseenseen<br />

verändert die Konsistenz des Eises, es entstehen<br />

Gletscherhöhlen, und der Zwischenraum<br />

zwischen dem Felsboden und dem Gletscher<br />

wird durch das sickernde Wasser geschmiert.<br />

Das erwärmte Meer berührt die Unterfläche<br />

des herausgedrückten Eises, was ein Abschmelzen<br />

beschleunigt. Gore warnt davor, dass bereits<br />

ein fünfzig prozentiges Abschmelzen des grönländischen<br />

Festlandeises und des antarktischen<br />

Eisschelfes den Meeresspiegel weltweit um<br />

sechs Meter ansteigen lässt. Der Grönländische<br />

Eisschelf ist in den letzten 15 Jahren schon um<br />

die Hälfte geschrumpft, so Al Gore. Es sei in den<br />

nächsten Jahren mit über 100 Millionen Flüchtlingen<br />

durch den Anstieg des Meeresspiegels<br />

zu rechnen. Da Katastrophen abrupt aufträten,<br />

wäre die Menschheit vor deren ungeahnten<br />

Ausmaßen betroffen.<br />

Diese Aussage ist die umstrittenste des ganzen<br />

Filmes. Auf der ganzen Welt entstand Kritik seitens<br />

der Wissenschaftler und bereits der Blick in<br />

den IPCC-Report lässt klären, dass zwar durch<br />

den Temperaturanstieg auch der Meeresspiegel<br />

ansteigen wird, sich dieses jedoch je nach Ausmaß<br />

zwischen 18 und 59 cm bis zum Ende des<br />

Jahrhunderts und um 0,3 bis 0,8 m bis zum Jahr<br />

2300 bewegen wird. Im IPCC-Report lautet es<br />

„Das Abtauen der Gletscher Grönlands würde den<br />

Meeresspiegel um 7 Meter ansteigen lassen, es ist<br />

bei einem weiteren Anstieg der Temperatur um 1<br />

bis 4 °C „wahrscheinlich“, würde aber Hunderte<br />

bis Tausende von Jahren dauern.“ Al Gore zeigt in<br />

diesem Fall also nicht das richtige Zeitverhältnis<br />

auf, sondern erwähnt nur, dass die Wissenschaftler<br />

sich schon einmal stark getäuscht haben.<br />

4.7. Bevölkerungswachstum, alte<br />

Gewohnheiten und neue Technologien<br />

In dieser Szene beschreibt Gore den stetigen<br />

Anstieg der Weltbevölkerung und den damit<br />

verbundenen Bedarf an Energie und Nahrungsmitteln.<br />

Er bemängelt, dass bisher noch zu sehr<br />

an den alten Gewohnheiten festgehalten wird.<br />

Es entstehen weiterhin neue Kohlekraftwerke,<br />

ebenfalls steigen die Absatzmärkte von Automobilen,<br />

die fossile Brennstoffe benötigen. Gore<br />

weißt daraufhin, dass keine Senkung des CO2-<br />

Ausstoßes in Sicht ist. Er berichtet, dass die Ideen<br />

längst realisiert wurden und neue Technologien<br />

geschaffen wurden. Es ist an der Zeit diese<br />

großflächig einzusetzen, damit die momentane<br />

CO2-Entwicklung sich schnell zum Positiven ändert.<br />

4.8. Al Gores Kritik an Wissenschaft<br />

und Politik<br />

Gore schildert einige Fälle aus wissenschaftlichen<br />

und politischen Bereichen. Diese richten<br />

sich besonders nach den amerikanischen Verhältnissen.<br />

Gore verurteilt Entschei-dungen und<br />

Handlungsweise der Bush-Regierung. Zudem<br />

weißt er auf Vorgänge innerhalb des Weißen<br />

Hauses hin, bei denen wissenschaftliche Texte<br />

zugunsten der Politik abgeändert wurden. Er<br />

verdeutlicht den Druck, der auf den Wissenschaftlern<br />

lastet und ihnen wahrscheinlich oftmals<br />

die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse<br />

erschwert. Diese Botschaft richtet sich<br />

ganz gezielt an die amerikanische Politik, Wissenschaft<br />

und Bevölkerung.<br />

4.9. Balance zwischen Wirtschaft<br />

und Umwelt<br />

In dieser Sequenz wird auf die Wirtschaftlichkeit<br />

des Klimawandels eingegangen. Anhand von<br />

Bildern erklärt Gore die Zusammenhänge von<br />

Wirtschaft und Umwelt und verdeutlicht, dass<br />

es an der Zeit ist zu handeln. Wenn die Länder<br />

nun beginnen, etwas gegen die globale Erwärmung<br />

zu unternehmen, so können sie viele Kosten<br />

einsparen.<br />

Auch Nicholas Stern kam zu diesem Ergebnis.<br />

In seinem „Stern Review“ lautet es: „Der Nutzen,<br />

wenn wir entschlossen und sofort handeln,<br />

übersteigt bei weitem die wirtschaftlichen Kosten,<br />

die wir tragen müssten, wenn wir nicht handelten.“<br />

31


Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung - Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

(...) „Berücksichtigt man ein breites Spektrum von<br />

Risiken und Folgen, wird der Schaden sogar auf<br />

möglicherweise 20% des Bruttoinlandproduktes<br />

oder mehr geschätzt.“ „ (...)andererseits wäre es<br />

möglich (...) zur Abwendung der schlimmsten Folgen<br />

des Klimawandels die Kosten auf ca. 1% des<br />

globalen Bruttoinlandproduktes zu beschränken.“<br />

Hierbei wird also auch wieder ganz deutlich wie<br />

wichtig es ist, dass die ganze Welt handelt und<br />

gemeinsam Wege findet.<br />

4.10. Die Lösung liegt in unseren<br />

Händen<br />

Im letzen ausgewählten Ausschnitt beschreibt<br />

Gore abschließend, wie einfach es eigentlich ist,<br />

den CO2-Ausstoß zu senken. Bei dieser Darstellung<br />

beschreibt er ein Szenario am Beispiel<br />

der USA. Laut dieser Grafik ist es den USA<br />

möglich, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2050<br />

zu halbieren.<br />

Theoretisch ist dieser Weg zu realisieren, jedoch<br />

verfolgt die momentane Regierung der USA ein<br />

anderes Leitbild, in dem Klimapolitik keinen großen<br />

Stellenwert einnimmt.<br />

Abschließend kann festgehalten werden, dass<br />

der Film „Eine unbequeme Wahrheit“ viele Fakten<br />

richtig wiedergibt und die langen, teilweise<br />

undurchschaubaren Texte des IPCC-Reports<br />

gut durchleuchtet. Al Gore und Davis Guggenheim<br />

ist damit eine wirklich wichtige Botschaft<br />

an die Menschen gelungen. Der Film macht das<br />

Thema für den Zuschauer sehr interessant und<br />

verständlich. Folgende Punkte kristallisieren sich<br />

heraus und sollen abschließend festgehalten<br />

werden:<br />

• Das Schmelzwasser von den Gletschern Grönlands<br />

hat sich in den vergangen zehn Jahren mehr<br />

als verdoppelt.<br />

• Hitzewellen werden häufiger und intensiver auftreten.<br />

• Dürren und daraus resultierende verheerende<br />

Großflächenbrände werden häufiger auftreten.<br />

• Mindestens 279 Pflanzen- und Tierarten reagieren<br />

bereits auf die „globale Erwärmung“ indem sie<br />

sich in Richtung der Pole zurückziehen.<br />

• Mehr als eine Millionen Arten können bis 2050<br />

ausgestorben sein.<br />

• Malaria tritt nun auch in höher gelegenen Regionen<br />

auf, zum Beispiel in den kolumbianischen<br />

Anden, 2.000m über dem Meeresspiegel.<br />

• Der Meeresspiegel könnte weltweit um mehr<br />

als 7m ansteigen, verbunden mit dem Schwinden<br />

des Schelfeises in Grönland und in der Antarktis.<br />

Küstenregionen auf der ganzen Welt würden dadurch<br />

vernichtet. Dies würde sich jedoch über einen<br />

Zeitraum von hunderten bis tausend Jahren<br />

erstrecken.<br />

• Die Todesfälle infolge globaler Erwärmung werden<br />

sich in nur 25 Jahren verdoppeln – auf 300.000<br />

Menschen pro Jahr.<br />

• In einer Berichterstattung vom 11. Oktober<br />

2007 im Spiegel lautete es:<br />

(...) Es haben sich Heerscharen von Wissenschaftlern,<br />

Umweltschützern und Klimawandelskeptikern<br />

über den Streifen hergemacht und ihn aus allen<br />

Winkeln beleuchtet. Dabei tauchten kleinere Fehler<br />

und Unschärfen auf, doch die meisten Experten<br />

bescheinigten Gore, die Faktenlage im Großen und<br />

Ganzen korrekt dargestellt zu haben. (...)“<br />

Dieser Aussage können wir uns nur anschließen.<br />

Es gibt zahlreiche Kommentare, Berichte,<br />

Gutachten, Reporte etc. zu diesem Thema. Es<br />

sind so viele, dass man sie leider nicht alle lesen<br />

kann, obwohl einen das Thema in den Bann<br />

zieht. Wir hoffen jedem einen guten Einblick in<br />

diese Thematik ermöglicht zu haben. Es lohnt<br />

sich das Thema weiter zu verfolgen und dafür<br />

zu sorgen, dass es nicht nur von Politikern und<br />

Wissenschaftlern diskutiert wird, sondern von<br />

der gesamten Weltbevölkerung. Für die Regierungen<br />

steht die Wirtschaft im Vordergrund. Es<br />

liegt an uns eine Veränderung zu fordern und<br />

diese herbeizuführen.<br />

32


Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />

1.1 Einführung<br />

Gewandelt hat sich das Klima seit Urzeiten immer<br />

wieder, jedoch in langen Intervallen, innerhalb<br />

eines Menschenlebens kaum bemerkbar. Das<br />

ist heute anders. Der so genannte Treibhauseffekt<br />

heizt dem Weltklima ein, der Trend auf der<br />

Temperaturskala ist eindeutig: nach oben. Dieser<br />

anthropogene Klimawandel – in seinem Bericht<br />

vom 17.11.2007 bestätigt der Weltklimarat der<br />

Vereinten Nationen (IPCC) „ausdrücklich, dass<br />

die Klimaerwärmung von menschlichen Aktivitäten<br />

verursacht werde“ – wirkt sich auf fast<br />

alle Regionen der Erde aus. Auch im Raum<br />

Berlin-Brandenburg wird sich das Klima in den<br />

kommenden Jahrzehnten verändern, wie das<br />

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)<br />

2003 in einer Studie ermittelt hat. Ergebnis: Das<br />

Klima in Berlin-Brandenburg wird wärmer, trockener<br />

und extremer. Eine solche Veränderung<br />

bleibt nicht folgenlos. Die Studie benennt mannigfaltige<br />

Auswirkungen auf die Region: geomorphologisch,<br />

biologisch, ökologisch, ökonomisch,<br />

und gesellschaftlich. Nach heutigem Verständnis<br />

werden die Veränderungen größtenteils einen<br />

negativen Beigeschmack mit sich bringen. Damit<br />

„wird deutlich, dass der Klimawandel nicht<br />

mehr, wie noch vor wenigen Jahren, nur als theoretische<br />

Möglichkeit anzusehen ist, sondern<br />

Planungen und Aktivitäten sich hier und heute<br />

praktisch damit<br />

auseinander<br />

setzen<br />

müssen“. Die<br />

Wissenschaftler<br />

ermahnen<br />

zum Abschluss<br />

ihres Berichts<br />

bewusst und<br />

in aller Deutlichkeit<br />

die<br />

Entscheidungsträger:<br />

„Viele<br />

der bereits<br />

heute getroffenen<br />

und zu<br />

t r e f f e n d e n<br />

Entscheidungen<br />

von langfristiger<br />

Bedeutung müssen – anders als bisher<br />

– die projizierte Klimaveränderung unbedingt<br />

berücksichtigen, um effektiv wirken zu können“.<br />

Darin klingt die Sorge an, heute die Chance<br />

verstreichen zu lassen, möglichen negativen Effekten<br />

von morgen entgegenzuwirken. Die PIK-<br />

Autoren sprechen in diesem Zusammenhang<br />

von „Zukunftssteuerung“.<br />

Verhaltensänderungen zu etablieren, bauliche<br />

Strukturen zu verändern und organisatorisch<br />

auf den Klimawandel zu reagieren, das alles<br />

braucht vor allem Zeit.<br />

Der vorliegende Text ist im Wintersemester<br />

2007 im Rahmen des Projekts „stadtplanung in<br />

treptow-kÖpenick“ der TU Berlin entstanden<br />

und fasst die Erkenntnisse dieser Studie zusammen<br />

und ergänzt sie um weitere mögliche Auswirkungen<br />

des Klimawandels in Berlin-Brandenburg<br />

und aktuelle Kenntnisstände.<br />

1.2 Der Klimawandel im Spiegel<br />

der Medien<br />

Der Klimawandel ist keine ferne Zukunft mehr –<br />

er findet bereits statt, auch in Deutschland. Diese<br />

Botschaft ist vor allem in jüngster Vergangenheit<br />

von den Medien ins kollektive Bewusstsein<br />

getragen worden. So<br />

stilistisch unterschiedlich<br />

die Berichterstattung<br />

über den Klimawandel<br />

dabei auch<br />

ausfällt, gemeinsam ist<br />

ihr oft genug die überspitze<br />

Darstellung, der<br />

sie sich bedient und<br />

die von den tatsächlich<br />

anzunehmenden<br />

Veränderungen im<br />

Klimahaushalt und ihren<br />

Auswirkungen in<br />

der Öffentlichkeit ein<br />

Zerrbild hinterlässt.<br />

„Wie gleichgeschaltet“<br />

nennt der Publizist<br />

Michael Miersch etwa<br />

4.4.1. Berliner Zeitung vom 3.2.2007 4.4.2. TAZ vom 3.2.2007<br />

33


Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

die Ausgaben von Berliner Zeitung und Tageszeitung<br />

vom jeweils 3.2.2007 nach Veröffentlichung<br />

des 3. Berichts des Weltklimarates (IPCC).<br />

Beide zeigen das Brandenburger Tor – einmal in<br />

Wasserfluten; einmal im Wüstensand. Die Botschaft<br />

beider Motive lautet: Der Klimawandel<br />

wird auch die Region Berlin-Brandenburg direkt<br />

treffen. Die Abbildungen belegen aber<br />

Abb.1: Berliner Zeitung und TAZ vom 3.2.2007<br />

(Quelle: Miersch, Michael: Die Klima-Hysterie, in:<br />

Cicero, gedruckte Ausgabe, Juni 2007, S. 41)<br />

eindrucksvoll, dass über die tatsächlichen Auswirkungen<br />

Unklarheit herrscht. Im Rahmen<br />

dieser Ausführungen soll versucht werden, die<br />

Auswirkungen zu beschreiben. Das Wissen<br />

darum muss Grundlage ökologisch tragfähiger<br />

Planungsentscheidungen sein. zuvor soll jedoch<br />

in die wesentlichen Begrifflichkeiten eingeführt<br />

werden.<br />

1.3 Keine Zwillinge: Wetter und<br />

Klima. Definitionen<br />

Eine Klimaveränderung oder ein Klimawandel<br />

über längere Zeiträume ist im Verlauf der Klimageschichte<br />

ständig zu beobachten gewesen<br />

und wissenschaftlich belegt. Oft wird in Medien<br />

und im Alltag der Fehler begangen, die aktuellen<br />

Wetterereignisse mit der globalen Erwärmung<br />

zu begründen. „Wetter“ wird dadurch fälschlicherweise<br />

zum „Klima“. Aus diesem Grund folgt<br />

eine Abgrenzung der Begriffe.<br />

Wetter:<br />

Wetter ist „der aktuelle Zustand der an einem<br />

geographischen Ort wirksamen Kombination<br />

der atmosphärischen Elemente und die sich dabei<br />

abspielenden Vorgänge in der Atmosphäre“.<br />

Wetter ist demnach auf eine kurzfristige Zeitspanne<br />

begrenzt und beschreibt das aktuelle<br />

Zusammenspiel der Klimaelemente Luftdruck,<br />

Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Wind, Niederschlag,<br />

Verdunstung und Strahlung.<br />

Klima:<br />

„Die für einen Ort, eine Landschaft oder einen<br />

größeren Raum typischen Zusammenfassung<br />

der erdnahen und Erdoberfläche beeinflussenden<br />

atmosphärischen Zustände und<br />

Witterungsvorgänge während eines längeren<br />

Zeitraumes in charakteristischer Verteilung der<br />

häufigsten, mittleren und extremem Werte.“<br />

Es ist demnach wichtig, den Blick auf einen längeren<br />

Zeitraum zu wahren und die Entwicklung<br />

der häufigsten, mittleren und extremen Werte<br />

zu verfolgen.<br />

2.1 Die weiteren Aussichten –<br />

Einführung in das Klimaszenario<br />

Die folgenden Erläuterungen zur Klimaprognose<br />

für die Mitte des 21. Jahrhunderts in der<br />

Region Berlin-Brandenburg beschränken sich<br />

auf die vier Klimaelemente Lufttemperatur,<br />

Niederschlag, Sonnenstunden und Bewölkungsgrad.<br />

Bezogen auf diese Elemente werden die<br />

stärksten Änderungen im klimatologischen<br />

Sinne erwartet. Weitere Größen wie Luftdruck,<br />

Wasserdampfdruck, relative Luftfeuchte, Globalstrahlung<br />

und Windgeschwindigkeit werden<br />

sich nicht signifikant ändern. Zunächst werden<br />

die aktuellen Werte zu einem Klimaelement besprochen,<br />

um im folgenden Schritt auf die Veränderungen<br />

einzugehen.<br />

2.2 Das Szenarienmodell<br />

„Unter einem Szenarium versteht man (..) die<br />

Beschreibung eines sich einstellenden Klimazustandes,<br />

wenn über einen definierten Zeitraum<br />

bestimmte Annahmen zur Änderung<br />

bestimmter Einflussgrößen gemacht werden“.<br />

Als Grundlage für ihre Klimaprognose dient der<br />

Studie des PIK ein Modell des Weltklimarates<br />

aus dem Jahr 2003. Dabei wählten die Forscher<br />

das globale Szenarium A1B aus, „weil es die<br />

mittlere Entwicklung gut widerspiegelt, da es<br />

nicht Ziel dieser Studie war, extreme Entwicklungen<br />

abzuschätzen, sondern eine Aussage zur<br />

wahrscheinlichsten zu liefern“.<br />

34


2.4 Niederschlag<br />

4.4.3. Modell des IPCC: Bandbreite der möglichen mittleren<br />

globalen Temperaturänderungen im 21. Jahrhundert.<br />

Grundlage für die Studie des PIK und der hier dargestellten<br />

erwarteten Klimaveränderung ist das Szenario<br />

A1B, ein mittleres, beinahe konservatives Szenario.<br />

2.3 Lufttemperatur<br />

In Abbildung 3 ist die räumliche Struktur der<br />

Jahresmittelwerte der Lufttemperatur dargestellt.<br />

Die Jahresmittelwerte der Lufttemperatur<br />

bewegen sich zwischen 7,8°C und<br />

9,5°C. Deutlich zu erkennen ist die räumliche<br />

Differenzierung der Werte. „Die wärmeren<br />

Regionen findet man im Berliner Raum und<br />

west- bis südwestlich davon sowie im Südosten“.<br />

Analog dazu verhält sich die Verteilung der<br />

Extrema. Regionale Maxima bewegen sich zwischen<br />

12,1°C – 13,9°C und regionale Minima<br />

zwischen 4,0°C – 5,8°C. Die Jahresmittelwerte<br />

schwanken zum Ende des Szenarienzeitraums<br />

zwischen 10,1°C und 11,6°C. Es muss folglich<br />

mit einer Differenz zwischen den aktuellen und<br />

prognostizierten Werten gerechnet werden, die<br />

größer als 2 Grad Kelvin ist. Eine vergleichbare<br />

Temperatur im Jahresmittel weist heute etwa<br />

das klimatisch kontinental geprägte Budapest<br />

auf. Die räumliche Temperaturverteilung in der<br />

Region bleibt im Wesentlichen erhalten. Daraus<br />

ist abzuleiten, dass die Anzahl der heißen Tage<br />

mit einer Temperatur größer/ gleich 30°C und<br />

die Anzahl der Sommertage mit einer Temperatur<br />

größer/gleich 25°C zunehmen wird. Charakteristisch<br />

entwickeln sich ebenso die Extrema.<br />

Der Anstieg der Tagesminima erfolgt in allen<br />

Jahreszeiten. Anders ist es bei den Tagesmaxima.<br />

Sie steigen nur im Frühjahr und im Herbst an.<br />

Die Region Berlin–Brandenburg gehört zu<br />

den trockensten Gebieten in Deutschland. Im<br />

Durchschnitt ist eine Niederschlagssumme von<br />

600 mm im Jahr zu erwarten. Als Ausreißer<br />

mit weniger als 500 mm im Jahresmittel ist der<br />

Nordosten zu betrachten. Laut Prognose ist bis<br />

zum Ende des Zeitszenariums mit einem deutlichen<br />

Rückgang des Jahresniederschlages in allen<br />

Teilen der Region zu rechnen. Die Abnahme ist<br />

jedoch räumlich<br />

stark differenziert.<br />

Diese Verteilung<br />

stellt die Abbildung<br />

6 deutlich dar. Untere<br />

und obere<br />

Spitzen bilden dabei<br />

Gebiete südsöstlich<br />

Berlins mit<br />

-17,8mm sowie<br />

Luckau mit -221mm.<br />

In der Summe ergibt<br />

dies ein Jahresmittel<br />

von unter 450 mm,<br />

wobei der Nordosten<br />

und das Gebiet<br />

vom Fläming bis zur<br />

Niederlausitz mit<br />

einem Jahresmittel<br />

von weniger als 400<br />

mm weiterhin am<br />

trockensten sind.<br />

Bezogen auf den<br />

Niederschlag werden<br />

Werte prognostiziert<br />

die heute<br />

als charakteristisch<br />

für das Kontinentalklima<br />

gelten. Diese<br />

Werte werden<br />

gegenwärtig zum<br />

Beispiel im ariden<br />

Klima Zentralspaniens<br />

erreicht. Wobei<br />

nicht unerwähnt<br />

4.4.4. Räumliche Verteilung des Jahresmitte<br />

der Lufttemperatur Zeitraum 1951/2000<br />

4.4.5. Räumliche Verteilung der Differenzen<br />

des Jahresmittels der Lufttemperatur,<br />

2046 / 2051-1951 / 2000<br />

35


Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

bleiben darf, dass dort auch die Temperatur im<br />

Jahresmittel deutlich höher ist und die Aussagekraft<br />

dieses europäischen Vergleichs somit<br />

begrenzt ist.<br />

wird sich die Struktur Bewölkungscharakteristik<br />

kaum ändern.<br />

Parallel zur Zunahme der Sonnenscheindauer<br />

verringert sich der<br />

Grad der Bewölkung.<br />

Die stärkste Abnahme<br />

wird im Gebiet westlich<br />

bis nördlich von Berlin<br />

zu verzeichnen sein.<br />

Die heiteren, sowie die<br />

trüben Tage werden<br />

abnehmen. Somit ist<br />

zukünftig von einer geringeren<br />

Schwankungsbreite<br />

der Bewölkung<br />

auszugehen.<br />

4.4.6. Räumliche Verteilung der Jahressumme<br />

des Niederschlages, Zeitraum<br />

1951/2000<br />

2.5 Sonnenscheindauer und<br />

Bewölkung<br />

Aufgrund ihrer starken Interdependenz werden<br />

die Klimaelemente Sonnenschein-dauer und<br />

Bewölkung gemeinsam betrachtet.<br />

In Berlin und Brandenburg scheint die Sonne<br />

im Jahresdurchschnitt 4,2 bis 4,7 Stunden pro<br />

Tag. Eine räumliche Struktur ist dabei nur schwer<br />

zu erkennen. Nach der Prognose bildet sich<br />

auf Grund der Zunahme der Schwankungsbreite<br />

um 0,2 Stunden eine deutlichere räumliche<br />

Struktur der Sonnenscheindauer aus. Dies<br />

wirkt sich vor allem auf die minimale Sonnenscheindauer<br />

aus. Sie steigt in allen Jahreszeiten<br />

an. Die Maximalsumme der Sonnenstunden erhöht<br />

sich nur im Sommer.<br />

Die räumliche Bewölkungsstruktur ist nur gering<br />

ausgebildet. Nördlich von Berlin und im Südosten<br />

Brandenburgs sind die Jahresmittelwerte<br />

des Bewölkungsgrades am kleinsten. Die höchsten<br />

Werte treten im Nordosten, Nordwesten<br />

und Südwesten auf. Im Szenariumszeitraum<br />

4.4.7. Räumliche Verteilung der Differenzen<br />

der Jahressumme des<br />

Niederschlages 2046 / 2051-1951 / 2000<br />

2.6 Fazit zur<br />

Klimatologie<br />

Nach der Betrachtung<br />

der einzelnen Klimaelemente<br />

ist abschließend folgendes festzuhalten.<br />

Die Lufttemperatur steigt im Mittel an und<br />

weist im Frühjahr und im Herbst ausgeprägtere<br />

Maxima auf. Beim Niederschlag ist ein deutlicher<br />

und örtlich differenziert auftretender Rückgang<br />

zu verzeichnen. Mit der Zunahme der Sonnenscheindauer<br />

verringert sich die Bewölkung in<br />

Form von geringeren Schwankungen. Die Veränderungen<br />

lassen sich – stark vereinfacht – in<br />

die Formulierung gießen: Das Klima wird wärmer,<br />

trockener, extremer.<br />

3.1. Heute an morgen denken<br />

„Vor diesem Hintergrund sollte man sich bewusst<br />

sein, dass seit etwa 8000 Jahren keine Klimaänderung<br />

an Ausprägung und Geschwindigkeit nur<br />

annähernd [mit] dem vergleichbar ist, was uns<br />

in den kommenden Jahrzehnten bevorsteht.“<br />

Dass sich das Klima ändern wird, ist demnach<br />

als gut erforschte Tatsache zu betrachten; die<br />

aus dem Wandel resultierenden Auswirkungen<br />

dagegen sind nur mit großer Unsicherheit<br />

vorherzusagen. „Dies ist keinesfalls Grund zur<br />

36


Beruhigung, sondern eher als zusätzlicher Risikofaktor<br />

anzusehen“ , warnen die Autoren des<br />

PIK-Berichts und „empfehlen dringend“, schon<br />

heute an morgen zu denken und Maßnahmen<br />

zur verbeugenden Anpassung zu planen und<br />

umzusetzen.<br />

Die Wirkmechanismen im Klimahaushalt sind<br />

derart verzahnt, dass es auch den Autoren des<br />

vorliegenden Berichts unmöglich erscheint, im<br />

Rahmen ihres Studienprojekts die komplexen<br />

Folgen des Klimawandels in Berlin und Brandenburg<br />

gesamtheitlich zu erfassen und darzustellen.<br />

Der vorliegende Katalog an Auswirkungen stellt<br />

aus diesem Grund lediglich eine lose Sammlung<br />

ohne Anspruch auf Vollständigkeit dar.<br />

3.2 Alles hängt am Wasser: Auswirkungen<br />

auf den Raum<br />

Entgegen der weit verbreiteten Meinung, der<br />

Klimawandel bringe nur die Globale Erwärmung<br />

mit sich, bedingt er für Berlin und Brandenburg –<br />

neben dem Temperaturanstieg – vor allem eine<br />

Veränderung der hydrologischen Gegebenheiten<br />

in Form eines deutlichen Niederschlagrückgangs<br />

im Jahresmittel. Schon heute zählt die<br />

Region zu den trockensten in Deutschland, ist<br />

also „wasserarm“. Gleichzeitig gilt sie aufgrund<br />

ihres großen Anteils an Feuchtigkeitsgebieten<br />

und Gewässern als „gewässerreich“. Dieser nur<br />

scheinbare Widerspruch erklärt sich durch die<br />

sandigen Böden Brandenburgs mit ihren grundwasserdurchlässigen<br />

Schichten.<br />

Grundsätzlich sind für den Wasserhaushalt drei<br />

Komponenten ausschlaggebend: Die Sickerwasserbildung,<br />

die Verdunstung sowie der Abfluss<br />

an der Oberfläche.<br />

Verringert sich künftig aber der Niederschlag<br />

(vor allem in den Sommermonaten), verändert<br />

sich das gesamte Wasserdargebot der Region.<br />

Im Besonderen wirkt sich das auf den Grundwasserspiegel<br />

aus: Weniger Niederschlag steht<br />

zur Versickerung und damit Neubildung des<br />

Grundwassers zur Verfügung. In Kombination<br />

mit der prognostizierten erhöhten Sonnenscheindauer<br />

und erhöhten Temperaturen wird<br />

zusätzlich die Wasserverdunstung an der Erdoberfläche<br />

zunehmen, wodurch nochmals weniger<br />

Wasser für die Grundwasserneubildung<br />

vorhanden ist. Der PIK-Report nennt im Zusammenhang<br />

mit den Irritationen im Wasserhaushalt<br />

einen Rückgang der Grundwasserneubildung<br />

von 42%. Die Folgen wären vor allem<br />

im Sommer drastisch.<br />

„So wäre bei sich intensivierenden sommerlichen<br />

Verdunstungsverlusten über offenen Wasserflächen<br />

und in Feuchtgebieten bis zum Jahre 2055<br />

mit einer Sickerwasserbildung zu rechnen, die für<br />

das Land Brandenburg um mehr als die Hälfte unter<br />

der heutigen läge. Wegen der insbesondere in<br />

den Wintermonaten ansteigenden Temperaturen<br />

würde die Sickerwasserbildung trotz der zeitlichen<br />

Verlagerung des Niederschlags vom Sommer- in<br />

das Winterhalbjahr zurückgehen und somit weniger<br />

Wasser zum Ausgleich des ebenfalls gestiegenen)<br />

sommerlichen Defizits über den langsamen<br />

Grundwasserpfad zur Verfügung stehen.“<br />

In der Summe bedeutet das für den Wasserhaushalt<br />

im Jahresmittel ein „erhebliches<br />

Wasserdefizit“. Doch gerade vom wertvollen<br />

Grundwasser hängt viel ab. Für die Wasserwirtschaft<br />

kann diese Entwicklung zu Engpässen bei<br />

der Versorgung mit qualitativ hochwertigem<br />

Trinkwasser führen; der wirtschaftliche Betrieb<br />

der Wasserwege (etwa Unschiffbarkeit bei<br />

Niedrigwasser) ist in Gefahr; Industriebetrieben<br />

und Kraftwerken droht im Sommer eine Kühlwasserknappheit;<br />

landwirtschaftliche Erträge<br />

sind durch den geringeren Grundwassereintrag<br />

und der Trockenheit gefährdet (ist aber auch<br />

abhängig von der Pflanzensorte: Maiserträge<br />

etwa können sogar zunehmen, hingegen gehen<br />

Getreidesorten zurück); auf Kommunen kommen<br />

Kosten für die Bewässerung öffentlicher<br />

Grünanlagen oder deren Umbau hin zur Wasserextensivität<br />

zu.<br />

Im Bereich des Naturschutzes bewirkt das<br />

Absinken des Grundwasserspiegels und der<br />

Trockenheit im Sommer eine gestiegene Waldbrandgefahr<br />

(wobei ihr mit einem „Umbau“ der<br />

Wälder Brandenburgs von monostrukturellen<br />

Nadelforsten zu Mischforsten entgegengewirkt<br />

werden kann). Daneben droht der Verlust gan-<br />

37


Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

zer Landschaften mit ihrer Funktion und Attraktivität,<br />

was gerade die für Brandenburg typischen<br />

Moore und Feuchtgebiete betrifft.<br />

Die Ansprüche an die - künftig noch stärker<br />

begrenzte - Ressource Wasser werden also<br />

zunehmen. „Der Wasserverbrauch durch Industrie,<br />

Haushalte, Tourismus und Landwirtschaft<br />

[ist] gemessen am Wasserdargebot sehr hoch,<br />

so dass es zu Nutzungskonflikten z.B. zwischen<br />

Wasserwirtschaft und Naturschutz kommt.“<br />

3.3 Heißen Zeiten entgegen: Auswirkungen<br />

auf den menschlichen<br />

Organismus<br />

Anders als auf den Raum, für den hauptsächlich<br />

die Veränderungen der Niederschläge relevant<br />

sind, betreffen den Menschen die steigenden<br />

Temperaturen direkt. Ins öffentliche Bewusstsein<br />

dringt dieser Umstand bisher nur in extremen<br />

Wettersituationen, etwa im Rekordsommer<br />

2003, als die Medien tausende Hitzetote in Europa<br />

vermeldeten. Die andere Extremsituation<br />

stellen sehr kalte Winter dar, in denen vor allem<br />

Obdachlose zu den Kältetoten zählen.<br />

Für den Zeitraum 2071 bis 2100 nennt eine<br />

Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft im<br />

Auftrag des WWF über drei Mal so viele Hitzetote<br />

im Vergleich zu heute - allerdings ohne<br />

zu berücksichtigen, dass bis dahin vorbeugende<br />

Maßnahmen getroffen würden. Doch selbst<br />

unter Annahme vorbeugender Maßnahmen<br />

kommt die Studie noch immer auf etwa doppelt<br />

so viele Hitzetote wie heute. Nicht unerwähnt<br />

darf dabei jedoch die demografische<br />

Alterung der gesamten Bevölkerung bleiben,<br />

denn besonders Ältere zählen bei extremer<br />

Hitze zur Risikogruppe (z.B. wegen Kreislaufbeschwerden).<br />

Dem entgegen steht ein leichter Rückgang der<br />

Kältetoten im Winter, der jedoch weitaus geringer<br />

ausfällt, als die Zunahme der Hitzetoten.<br />

Netto seien daher immer noch deutlich mehr<br />

klimabedingte Sterbefälle zu erwarten als heute.<br />

Darüber hinaus führe vor allem im Sommer<br />

der Temperaturanstieg zu Einschränkungen der<br />

körperlichen Leistungsfähigkeit - mit negativen<br />

Effekten für die Volkswirtschaft, die sich in einem<br />

Rückgang der Arbeitsleistung ausdrückt. So<br />

werde in Studien die Verringerung der Produktivität<br />

im Temperaturbereich 26 bis 36°C mit<br />

zwischen 3 % und 12 % angegeben.<br />

Schlecht abzuschätzen seien die steigenden<br />

Kosten für Gesundheitsausgaben. Die hitzebedingten<br />

Krankenhauskosten etwa beziffert die<br />

Studie mit einem sehr hohen Schwankungsbereich<br />

auf einen dreistelligen Millionenbetrag.<br />

3.4. Empfehlungen des Potsdam-<br />

Instituts<br />

Ist Klimawandel ein Thema, dass nur Wissenschaftler<br />

in ihren Elfenbeintürmen beschäftigt<br />

Mitnichten! Teile der Wirtschaft haben die Zeichen<br />

der Zeit längst erkannt und bereiten sich<br />

schon heute vor. „Während Wissenschaftler die<br />

Brisanz der Lage betonen, findet in der Assekuranz<br />

ein Umdenken statt: Auch bisher wenig<br />

wahrscheinliche Katastrophenszenarien müssen<br />

in die Risikobewertung eingebunden werden“,<br />

bezieht etwa die Münchner Rückversicherungs-<br />

Gesellschaft Stellung zum Thema Klimawandel.<br />

Der Politik sollte dies Aufforderung sein, der<br />

Wirtschaft zu folgen und ihrerseits schon heute<br />

Maßnahmen zu ergreifen.<br />

„Dies schließt auch vermehrte Anstrengungen in<br />

Richtung auf einen `integrierten Klimaschutz´ mit<br />

ein, um Ursachen (sofern noch möglich) zu vermeiden,<br />

bereits eingetretene Wirkungen zu vermindern<br />

und Anpassungen an unvermeidbare Folgen<br />

vorzunehmen“, so der Report des Potsdam-Instituts.<br />

Die ersten Maßnahmen, die gegenwärtig<br />

getroffen werden könnten, werden dabei wie<br />

folgt beschrieben:<br />

„Sensitivitäts- und Risikoanalysen dienen dabei zum<br />

einen dem Informationsgewinn hinsichtlich zukünftiger<br />

Entwicklungen, zum anderen der Ableitung<br />

geeigneter Adaptions- und Managementstrategien.<br />

Auf diese Weise lassen sich dann möglicherweise<br />

38


auch in Zukunft unter veränderten klimatischen<br />

und wasserhaushaltlichen Bedingungen ökologisch<br />

notwendige Mindestgrundwasserstände und eine<br />

nachhaltige Trinkwasserbereitstellung gewährleisten.<br />

Zu den wesentlichen Elementen einer zukunftsorientierten<br />

Vorsorgestrategie gehören neben einer<br />

rationellen Wassernutzung die Erhöhung des Gebietswasserrückhaltes<br />

(z.B. durch die Rückführung<br />

unangepasster Landnutzungen oder die Beendigung<br />

der Trockenlegung von Feuchtgebieten über<br />

Drainagen u.ä.) und ein disziplinübergreifendes<br />

Flussgebietsmanagement, aber auch Aspekte<br />

des Hochwasserschutzes (wie die Renaturierung<br />

von Flussläufen oder die Beseitigung der weiteren<br />

Zweckentfremdung von Retentionsräumen), um<br />

unerwünschte, auch sozioökonomische Folgen<br />

zunehmender Extremereignisse zu mindern. In<br />

diesem Zusammenhang wird aber auch die Frage<br />

zu stellen sein, ob im Lichte einer im laufenden<br />

Jahrhundert drohenden Wasserknappheit wasserwirtschaftliche<br />

Projekte, die in der Vergangenheit<br />

unter anderen klimatischen und volkswirtschaftlichen<br />

Bedingungen geplant wurden (...), heute noch<br />

umsetzungsrelevant sind, oder ob man die dafür<br />

eingeplanten finanziellen Mittel nicht besser für<br />

Maßnahmen des Klimaschutzes verwendet, die<br />

langfristig auch ökonomisch sinnvoller sein dürften.“<br />

Generell seien Projekte mit disziplinübergreifenden,<br />

ganzheitlichen Ansätzen zu fördern, die<br />

geeignete Vorsorge-, Anpassungs- und Managementstrategien<br />

ergreifen.<br />

3.5 Bedeutung für das Projekt<br />

„stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

In kleinmaßstäblicher Ebene und somit relevant<br />

für das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

ist die Berücksichtigung einiger Wirkungsgrößen<br />

des Klimawandels in Berlin und Brandenburg.<br />

Methodisch sollen dabei Aspekte des<br />

ökologischen Bauens mit den zu erwartenden<br />

Auswirkungen des Klimawandels in Verbindung<br />

gebracht werden.<br />

Genauer betrachtet werden auf der Auswirkungsseite<br />

die drei für Berlin-Brandenburg wichtigen<br />

Größen des Klimawandels: der Rückgang<br />

des Niederschlags, steigende Temperaturen<br />

sowie eine Abnahme der Bewölkung. Erstens<br />

zwingt der Rückgang des Niederschlags, der mit<br />

einem deutlichen Schwund des Grundwassers<br />

einhergeht, im Rahmen des ökologischen Bauens<br />

dazu, Techniken zum Wassersparen einzuplanen<br />

sowie die Regenwasserversickerung und<br />

eine Verbesserung der Qualität des Oberflächenwassers<br />

zu fördern. Außerdem muss in der<br />

Grünraumgestaltung der absinkende Grundwasserspiegel<br />

und verringerte Niederschlag mit<br />

den damit verbundenen Auswirkungen auf die<br />

Vegetation berücksichtigt werden. Den zur Auswahl<br />

stehenden Arealen des Projekts „stadtplanung<br />

in treptow-kÖpenick“ ist gemein, dass sie<br />

am Ufer der Spree bzw. der Dahme liegen. Das<br />

Stichwort „Wohnen am Wasser“ ist jedoch gerade<br />

bei einem Absinken des Grundwasserspiegels<br />

und der darunter leidenden Wasserqualität<br />

(Beispiel Geruchsbelästigung im Sommer; keine<br />

Badequalität) kritisch zu sehen.<br />

Zweitens sollten im Rahmen des ökologischen<br />

Bauens die gestiegenen Durchschnittstemperaturen<br />

der Zukunft kein Anlass dazu sein, verschwenderisch<br />

Klimaanlagen in die Gebäude<br />

zu integrieren. Im Gegenteil: Zur Energieeinsparung<br />

und somit CO²-Vermeidung sollte auf<br />

Klimageräte verzichtet und stattdessen ökologische<br />

Dämmstoffe und intelligente Belüftungssysteme<br />

verwendet werden.<br />

Drittens kann die abnehmende Bewölkung als<br />

Vorteil für die Nutzung von Solarenergie betrachtet<br />

werden. Bei der Standortwahl ist auf<br />

eine korrekte Südausrichtung des Geländes zu<br />

achten, um diesen Vorteil nutzen zu können.<br />

Ebenfalls ist im Zuge der Standortwahl auf die<br />

Erschließung des Geländes mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

zu achten bzw. ob und in welchem<br />

Umfang diese möglich ist. Die Begründung dafür<br />

findet sich bei den Pendlern, die, so sie mit dem<br />

eigenen Pkw pendeln, den ökologischen Vorteil<br />

der Siedlung konterkarieren. Informationskampagnen<br />

des Bauträgers könnten dieses Anliegen<br />

unterstützen.<br />

39


Verkehr und Mobilität<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

1. Einleitung<br />

Verkehr und Mobilität<br />

Ob es nun zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen,<br />

ins Fitnessstudio oder zu Bekannten geht, der<br />

Mensch ist oft „auf den Beinen“. Aber allein<br />

unsere Beine würden die durchschnittlichen<br />

3,6 Wege am Tag , die der mobile Bürger werktags<br />

zurücklegt, nicht schaffen. Deswegen sind<br />

wir neben unseren Füßen auf das Fahrrad, das<br />

Auto und andere private und öffentliche Verkehrsmittel<br />

angewiesen. Der Verkehr ist täglich<br />

ein Bestandteil unseres Lebens und ohne den<br />

gut organisierten öffentlichen Personennahverkehr<br />

(ÖPNV), ohne das durchdachte Straßennetz<br />

würde vieles drunter und drüber gehen<br />

und die Wege würden uns viel mehr Zeit kosten.<br />

Auch für eine ökologische und nachhaltige<br />

Stadtentwicklung ist sinnvolle Verkehrsplanung<br />

ein wichtiger Bestandteil. So wird im ersten<br />

Teil der Arbeit als Grundlage die Untersuchung<br />

„Mobilität in Deutschland“, herausgegeben vom<br />

Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW), vorgestellt. Die Untersuchung verschafft<br />

einen Überblick über die wichtigsten Zahlen<br />

und Daten der Mobilitätsgewohnheiten der<br />

deutschen Bundesbürger. Der zweite Punkt<br />

stellt die Faktoren der Wohnstandortwahl dar<br />

und in wieweit das Verkehrsverhalten Einfluss<br />

auf die Entscheidung nimmt. Dieser Teil bezieht<br />

sich auf eine Studie der Fakultät Raumplanung<br />

der Universität Dortmund. Als Beispiel für eine<br />

nachhaltige Stadtplanung wird das kritisch betrachtete<br />

Leitbild „Stadt der kurzen Wege“ vorgestellt.<br />

Dann wird der Fokus kleiner und die<br />

Arbeit befasst sich mit der Mobilität der Stadt<br />

Berlin. In dem Teil wird auf einige relevante Daten<br />

und Zahlen des Verkehrs in der Hauptstadt<br />

eingegangen, die sich auf den Bericht „Mobilität<br />

der Stadt – Berliner Verkehr in Zahlen“ von<br />

der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beziehen.<br />

Der umweltfreundliche ÖPNV und die<br />

verschiedenen Transportprodukte spielen eine<br />

große Rolle und tragen zur Entlastung des Autoverkehrs<br />

bei. Diese werden im nächsten Teil<br />

der Arbeit vorgestellt. Eine kurze Verkehrsprognose<br />

wird einen Einblick darüber geben, wie<br />

sich der Verkehr bis zum Jahr 2015 in Berlin vermutlich<br />

entwickeln wird. Zum Schluss erfolgen<br />

eine kurze Einordnung der vier Plangebiete und<br />

die ÖPNV-Anbindungen zum nächstgelegenen<br />

Zentrum Köpenick und zum Alexanderplatz, in<br />

der Berliner Innenstadt.<br />

2. Mobilität in Deutschland<br />

Das Institut für angewandte Sozialwissenschaft<br />

und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung<br />

haben 2002 eine Untersuchung über<br />

die Mobilität in Deutschland durchgeführt.<br />

Die Studie erstreckt sich über 12 Monate und<br />

es wurden gut 25.000 Haushalte und knapp<br />

62.000 Menschen befragt, die Ergebnisse sind<br />

repräsentativ für alle Bundesbürger.<br />

Nach dieser Studie besitzen vier von fünf Haushalte<br />

in Deutschland mindestens ein Auto, mehr<br />

als ein Viertel der Haushalte sind sogar mehrfach<br />

motorisiert. Somit ist nur jeder fünfte Haushalt<br />

ohne Auto. Die Stadtstaaten Hamburg, Bremen<br />

und Berlin weisen aufgrund ihrer besseren<br />

ÖPNV-Ausstattung eine etwas geringere PKW-<br />

Ausstattung auf. Insgesamt wurde festgestellt,<br />

dass in Westdeutschland die Motorisierungsrate<br />

höher ist als in Ostdeutschland. So sind in den<br />

neuen Bundesländern etwa 25 % der Haushalte<br />

ohne Auto, in Westdeutschland sind knapp 20<br />

% nichtmotorisiert.<br />

Täglich sind 86 % der Bundesbürger mobil, verlassen<br />

also ihr Haus. Die Zahl sinkt allerdings<br />

am Wochenende, vor allem sonntags liegt die<br />

Quote bei nur 75 %. Jeder Bürger legt werktags<br />

durchschnittlich 3,6 Wege zurück, am Wochenende<br />

sinkt diese Anzahl wieder. Die meisten<br />

Wege entfallen mit 31 % auf die Freizeitaktivitäten,<br />

danach kommen die Wege zur Arbeit bzw.<br />

40


zur Ausbildung mit 21 %. Knapp darauf folgen<br />

mit 19 % die Einkaufswege. Die Freizeit- und<br />

Einkaufswege sind in den letzten 20 Jahren sehr<br />

stark angestiegen, die Arbeitswege dagegen<br />

haben durch veränderte Beschäftigungsbedingungen<br />

leicht abgenommen. Insgesamt fallen<br />

45 % aller Wege auf die Autofahrer, die hinter<br />

dem Steuer sitzen, und 16 % der Wege auf die<br />

Mitfahrer. Danach folgt der Fahrradverkehr mit<br />

9%, auf den ÖPNV entfallen 8 %. Die Fußwege<br />

erreichen sogar 23 %. So ergibt sich ein Modal-<br />

Split für Deutschland für das Jahr 2002 von<br />

61 % für den motorisierten Individualverkehr<br />

(MIV), 32 % für den nichtmotorisierten Individualverkehr<br />

(NMIV) und 8 % für den ÖPNV.<br />

Wobei der ÖPNV-Anteil mit durchschnittlich<br />

20 % in den Stadtstaaten, wie Hamburg und<br />

Bremen, deutlich höher liegt. In Berlin beträgt<br />

der ÖPNV-Anteil sogar 27 %. Die Anzahl der<br />

Wege mit dem Auto ist in den letzten Jahren<br />

von 50 % auf 60 % angestiegen. Jeder Bürger<br />

ist im Durchschnitt täglich für 40 km 90 Minuten<br />

unterwegs. Die Nutzer von Bus und Bahn<br />

benötigen für durchschnittlich 35 km etwa 100<br />

Minuten und brauchen somit trotz kürzerer<br />

Wegstrecken am Längsten.<br />

„In der Bilanz belegt Mobilität in Deutschland<br />

2002 fünf zentrale Trends im deutschen Alltagsverkehr:<br />

eine zunehmende Motorisierung der<br />

privaten Haushalte, steigende Anteile des Pkw-<br />

Verkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen,<br />

ein stagnierendes absolutes Aufkommen im<br />

öffentlichen Verkehr, hohe Wachstumsraten im<br />

Erledigungs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr sowie<br />

höhere Zeitbudgets für die tägliche Mobilität<br />

bei wachsenden Wegelängen. Hinzu kommt<br />

ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Ostund<br />

Westdeutschland bei der Motorisierung<br />

und der Verkehrsmittelwahl mit höheren westdeutschen<br />

Anteilen im motorisierten Individualverkehr.“<br />

durch. Die Gründe für eine Wohnstandortwahl<br />

sind sehr komplex, so spielen private, berufliche<br />

und familiäre Aspekte mit ein. Doch auch das<br />

Verkehrsverhalten ist ein bedeutender Faktor<br />

bei dem Entscheidungsprozess. Die Studie untersucht<br />

in welchem Ausmaß die Entscheidung<br />

zum Standort des Wohnens von den Verkehrsbedingungen<br />

beeinflusst wird.<br />

3.1. Wanderungsmotive der Suburbanisierung<br />

Seit der Industrialisierung spielt das Phänomen<br />

der Suburbanisierung in deutschen Städten eine<br />

bedeutende Rolle. Mit dem Aufstieg der Wirtschaft<br />

zogen laufend mehr Menschen in die<br />

Städte um dort zu arbeiten. Die Städte wuchsen<br />

und der Wohnraum wurde zunehmend<br />

enger. Die Folge war, dass immer mehr Bewohner<br />

aus den Kernstädten in das nahe Umland<br />

wanderten. Diese Stadt-Umland-Wanderung<br />

führt dazu, dass die Innenstädte ihre Funktion<br />

verlieren, die Infrastruktur nicht mehr ausgelastet<br />

ist und die bauliche Dichte immer mehr<br />

abnimmt. Dadurch steigen die Wege und die Erschließung<br />

des Nahverkehrs wird zunehmend<br />

schwieriger. Die Bewohner des suburbanen<br />

Raums sind sehr stark auf die PKW-Nutzung<br />

angewiesen. Als Wanderungsmotive ins Umland<br />

werden hauptsächlich die Bedingungen des<br />

Wohnumfeldes genannt, oft ist der Wohnraum<br />

zu eng und der verkehrsbedingte Lärm störend.<br />

Außerdem spielen familiäre Gründe eine Rolle<br />

bei der Abwanderung. So ziehen viele Paare,<br />

die sich entschließen eine Familie zu gründen<br />

ins Stadtumland. Zwischen der Wanderung und<br />

den Verkehrsbedingungen wird in der Studie<br />

kein direkter Zusammenhang festgestellt. Die<br />

Wünsche wie weniger Lärm, saubere Luft und<br />

mehr Natur beziehen sich nur indirekt auf den<br />

Verkehr.<br />

3. Wohnstandortwahl<br />

Zu den Faktoren der Wohnstandortwahl führte<br />

die Fakultät Raumplanung der Universität<br />

Dortmund in der Region Dresden eine Studie<br />

3.2. Wohnstandortwahl und Verkehr<br />

Außerdem werden in der Studie Zuzugsgründe<br />

in die Stadt dargestellt. Dabei werden ins-<br />

41


Verkehr und Mobilität<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

gesamt 20 Gründe angegeben. Wie man in der<br />

beigefügten Tabelle der Motive sehen kann,<br />

steht die ÖPNV-Anbindung nach den Gründen<br />

Haushaltsveränderungen, Nähe zu Bekannten,<br />

Arbeitsplatzwechsel, Kultur/Freizeit und Einkaufsmöglichkeiten<br />

an sechster Stelle. Somit<br />

nimmt die Anbindung des ÖPNV einen wichtigen<br />

Stellenwert beim Zuzug in die Stadt ein. Bei<br />

den Umzügen innerhalb der Stadt wird die ÖP-<br />

NV-Anbindung als noch wichtiger erachtet und<br />

steht nach Haushaltsveränderung und einer zu<br />

kleinen Wohnung auf Platz drei. Dennoch kann<br />

man sagen, dass das Verkehrsverhalten durch die<br />

gestiegene Alltagsmobilität nur gering durch die<br />

vorhandene Raumstruktur geprägt wird. So ist<br />

es auch nur eingeschränkt möglich, durch räumliche<br />

Planung Verkehrsgewohnheiten zu ändern.<br />

Zugezogene bringen ihr Verkehrsverhalten oft<br />

mit und ändern es vorerst nur bedingt und zögerlich.<br />

Somit unterscheidet sich das Verkehrsverhalten<br />

der Stadt-Umland-Wanderer von<br />

den dort länger lebenden Bewohnern. Die länger<br />

Sesshaften agieren mehr in ihrem näheren<br />

Umfeld, die Neuzugezogenen haben noch eine<br />

engere Verbindung zur Kernstadt, dies liegt zum<br />

großen Teil an den Arbeitsplätzen, die im Stadtzentrum<br />

sind. Das Verhalten der Zugezogenen<br />

passt sich aber im Laufe der Zeit immer mehr<br />

dem der Einheimischen an.<br />

4. Leitbild „Stadt der kurzen<br />

Wege“<br />

Die Geschichte des Städtebaus ist geprägt durch<br />

verschiedene Leitbilder, eines davon ist das Leitbild<br />

„Stadt der kurzen Wege“. Es soll vor allem<br />

aus ökologischer und nachhaltiger Sicht das Verkehrsverhalten<br />

in der Stadt positiv beeinflussen.<br />

Um 1800 war die Stadt der kurzen Wege Realität.<br />

Rund 80 % der Bevölkerung lebte in kleinen<br />

Städten mit weniger als 5000 Einwohnern. Die<br />

Stadtfläche war sehr klein und daher sehr hoch<br />

verdichtet. Alle Wege konnten zu Fuß zurückgelegt<br />

werden. Dieses Stadtbild änderte sich<br />

im Laufe der Industrialisierung. Es zogen immer<br />

mehr Menschen in die Städte, diese wuchsen<br />

stetig an. Die Flächen wurden immer größer<br />

und die Entfernungen innerhalb der Stadt immer<br />

weiter. Der Großteil der Bevölkerung ist<br />

bis heute auf Verkehrsmittel angewiesen um<br />

Arbeitsplatz, Einkaufsmöglichkeiten oder Freizeiteinrichtungen<br />

zu erreichen.<br />

Die „Kurze-Wege-Stadt“ hat sich zur Aufgabe<br />

gemacht die Distanzen innerhalb des Stadtgebiets<br />

zu verkürzen, indem möglichst viele Einrichtungen<br />

in unmittelbarer Nähe zu erreichen<br />

sind. Das Ziel ist den Autoverkehr in der Stadt<br />

merklich zu reduzieren. Dieses soll durch eine<br />

Nutzungsmischung der Städte erreicht werden,<br />

indem Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen<br />

und Wohnen in einem Stadtteil<br />

bzw. Quartier vorzufinden sind. Aus dieser<br />

Anordnung ergibt sich eine hohe städtebauliche<br />

Dichte und Kompaktheit. Außerdem erfordert<br />

die „Stadt der kurzen Wege“ eine polyzentrale<br />

Zentrenstruktur, in der sich mehrere, kleine<br />

Zentren auf das gesamte Stadtgebiet verteilen.<br />

Doch die „Stadt der kurzen Wege“ ist bis heute<br />

nur ein Leitbild geblieben und wurde nur bedingt<br />

in die Realität umgesetzt. Man darf das<br />

Leitbild nicht nur aus stadtplanerischer Sicht<br />

betrachten, sondern es muss sich in den Alltag<br />

der Bevölkerung integrieren und dazu muss das<br />

Konzept individuell auf das Gebiet und die dort<br />

lebenden Menschen angepasst werden. Ein anderer<br />

wichtiger Punkt, der ebenfalls im traditionellen<br />

Leitbild nicht beachtet wird ist, dass die<br />

42


Mehrzahl der anfallenden Wege sich nicht auf<br />

die Kernstadt bezieht sondern auf das Umland.<br />

Die „Stadt der kurzen Wege“ sollte erweitert<br />

werden auf die „Region der kurzen Wege“ und<br />

somit die vielen und lagen Wege in das Stadtumlandgebiet<br />

verringern.<br />

Für viele Bewohner sind trotz der hohen Alltagsmobilität<br />

kurze Wege und Nähe zu bestimmten<br />

Einrichtungen ein wichtiges Kriterium<br />

zur Wohnstandtortwahl. Allerdings werden individuelle<br />

Nähebedürfnisse wichtiger bewertet<br />

als das klassische Leitbild der „Stadt der kurzen<br />

Wege“. Diese Nähebedürfnisse sind bei jedem<br />

Bewohner unterschiedliche und sehr persönlich,<br />

sie beziehen sich meist auf ein bis zwei Einrichtungen,<br />

Institutionen oder Personen, können<br />

also vom Arbeitsplatz, über Kindergarten bis zur<br />

Kneipe reichen.<br />

5. Mobilität der Stadt – Berliner<br />

Verkehr in Zahlen<br />

Die Broschüre „Mobilität der Stadt – Berliner<br />

Verkehr in Zahlen“, herausgegeben von der Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung, gibt viele<br />

wichtige Daten und Fakten über die Verkehrssituation<br />

in Berlin und ermöglicht eine Prognose<br />

für die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur,<br />

die Umweltbelastung und die finanzielle Situation<br />

in der Stadt Berlin.<br />

Bestimmte Nachhaltigkeitsindikatoren ermöglichen<br />

einen Vergleich und zeigen, ob angestrebte<br />

Ziele erreicht worden sind. Der Modal-Split ist<br />

einer der Nachhaltigkeitsindikatoren. Der Berliner<br />

Modal-Split von 1998 teilt sich zu 25 % auf<br />

den Fußverkehr, zu 10 % auf den Radverkehr,<br />

zu 27 % auf den ÖPNV und zu 38 % auf den<br />

MIV auf. Die Verkehrsprognose 2015 für Berlin<br />

und Brandenburg von der Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung hat sich zum Ziel gesetzt<br />

den Modal Split im Gebiet der historischen<br />

Mitte und im Zentrum West auf 80 % ÖPNV<br />

und NMIV und 20 % MIV zu steigern. Für die<br />

Gesamtstadt werden 66 % im Umweltverbund<br />

angestrebt und 34 % für den MIV.<br />

Außergewöhnlich ist die niedrige Motorisierungsrate<br />

in Berlin im Vergleich zu anderen<br />

Großstädten: „Jeder zweite Berliner Haushalt<br />

hat kein eigenes Auto.“ 2004 lag die Motorisierungsrate<br />

bei 322 PKW pro 1000 Einwohner,<br />

diese Zahl stagniert seit zehn Jahren. „Hamburg<br />

hat dagegen eine Motorisierungsrate von 478<br />

PKW pro 1000 Einwohner, in München sind<br />

es sogar 597.“ Dies lässt vermuten, dass der<br />

ÖPNV in Berlin einen hohen Stellenwert hat.<br />

Allerdings sind die Fahrgastzahlen des ÖPNV in<br />

den neunziger Jahren, trotz Investitionen, zurückgegangen.<br />

Seit Ende der neunziger Jahre haben<br />

sich die Zahlen aber wieder stabilisiert und steigen<br />

langsam an, so verzeichneten im Jahr 2004<br />

die BVG 906 Millionen Fahrgäste. Im Jahr 1999<br />

waren es nur 787 Millionen. Trotzdem hat der<br />

ÖPNV gemessen an der Motorisierungsrate in<br />

den letzten Jahren in Berlin an Bedeutung verloren.<br />

So fallen 2004 gut 12 Millionen mehr Kilometer<br />

der mittleren werktäglichen Fahrleistung<br />

auf den MIV als auf den ÖPNV, 1998 waren es<br />

nur 10,5 Millionen Kilometer mehr.<br />

Der ökologische und gesundheitliche Aspekt<br />

der Lärmbelastung wurde in dem Bericht „Mobilität<br />

der Stadt – Berliner Verkehr in Zahlen“<br />

auch untersucht. In Berlin leben viele Bewohner<br />

mit einer Lärmbelästigung, die weit über<br />

dem gesundheitlichen Normalbereich liegt. Ein<br />

normales Geräusch weißt eine Lautstärke von<br />

60 Dezibel auf, eine verkehrsreiche Straße 80<br />

Dezibel und ein schwerer LKW schon 90 Dezibel<br />

. In Berlin gibt es viele Straßenabschnitte,<br />

die auch nachts eine Lautstärke zwischen 60<br />

und 70 Dezibel aufweisen . Ein weiteres Problem<br />

ist die Feinstaubbelastung, das ausgestoßene<br />

Kohlendioxid durch den Berliner Verkehr<br />

ist weiterhin gestiegen. So leben knapp 200.000<br />

Berliner an Hauptverkehrsstraßen, an denen die<br />

Feinstaubbelastung höher als der 24h - Grenzwert<br />

von 50 µ/m³.<br />

6. ÖPNV im Überblick<br />

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) unterhalten<br />

eines der modernsten Nahverkehrsnetze in<br />

Europa. Mit dem gut ausgebautem U-Bahnnetz,<br />

den ergänzenden Straßenbahnen und Busver-<br />

43


Verkehr und Mobilität<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

kehr legt die BVG pro Jahr insgesamt 250 Millionen<br />

Kilometer zurück. Bildlich ausgedrückt ist<br />

die Zahl vergleichbar mit 18 Erdumrundungen<br />

pro Tag. Die BVG unterhält neun U-Bahn-Tageslinien,<br />

acht Wochenendnachtlinien, 22 Straßenbahnlinien<br />

und 150 Buslinien. Mit diesen<br />

Verkehrsmitteln befördert die BVG jährlich<br />

900 Millionen Fahrgäste. Die Fahrten an einem<br />

durchschnittlichen Werktag belaufen sich auf<br />

etwa 3,4 Millionen.<br />

Die Berliner Bevölkerung hat eine Mobilität von<br />

3,2 Fahrten und Wege pro Tag. Wobei davon<br />

nur 0,7 Fahrten pro Person auf den ÖPNV abfallen.<br />

Die Mobilität der Bevölkerung ergibt sich<br />

aus dem Kennwert „Anzahl der Fahrten und<br />

Wege je Person pro Tag“.<br />

Berlin verfügt über ein breit gefächertes Angebot<br />

im ÖPNV. Bei dem Eisenbahnverkehr<br />

spielen vor allem der Regionalexpress und die<br />

Regionalbahn eine bedeutende Rolle. Sie sind<br />

die Verbindung zwischen Berlin und den umliegenden<br />

Bundesländern. „Hauptnutzer sind Berufspendler<br />

und Freizeit-/Einkaufsreisende mit<br />

größeren Reiseweiten.“<br />

Das Untergrundbahnnetz zählt zum größten<br />

zusammenhängenden Nahverkehrsnetz in<br />

Deutschland. „Die neun U-Bahn-Linien erreichen<br />

zusammen eine Länge von 144,9 Kilometern<br />

und verbinden 170 Bahnhöfe.“ Befördert<br />

werden werktags mehr als 1,4 Millionen Fahrgäste<br />

mit kurzen und mittleren Reisewegen. Zu<br />

den Stoßzeiten verkehren die Bahnen im Vierbis<br />

Fünf-Minuten-Takt.<br />

Die S-Bahn wird ebenso von Menschen mit<br />

mittleren Reiseweiten und im Zentrum auch<br />

mit kurzen Reisewegen benutzt. Sie erschließt<br />

die wichtigsten Wohn-, Gewerbe- und Industriestandorte<br />

in Berlin und dem nahen Umland. Die<br />

S-Bahn wird nicht wie die anderen öffentlichen<br />

Verkehrsmittel von der BVG betrieben, sondern<br />

von der S-Bahn Berlin GmbH, die wiederum zur<br />

Bahn AG gehört. Das Verkehrsunternehmen für<br />

die Region Berlin Brandenburg betreibt 16 S-<br />

Bahnlinien, die im Berufsverkehr im Abstand<br />

von wenigen Minuten unterwegs sind.<br />

Die Berliner Straßenbahn ergänzt vor allem in<br />

den östlichen Bezirken das S- und U-Bahnnetz<br />

und fungiert zudem als Zubringer zu den S- und<br />

U-Bahn-Stationen. Die neun nachfragestärksten<br />

Linien der Straßenbahn werden als Metrolinien<br />

bezeichnet und die Taktfolge beträgt mindestens<br />

zehn Minuten.<br />

Die 146 Buslinien bilden in Berlin das flächenmäßig<br />

feinste erschlossene Nahverkehrsmittel. Auf<br />

eine Streckenlänge von knapp 1.300 km fahren<br />

die Omnibusse täglich fast 2.500 Haltestellen<br />

an . Hinzukommen noch 20 Buslinien, die von<br />

anderen Unternehmen betrieben werden. Im<br />

Busverkehr wird zwischen mehreren Produkten<br />

unterschieden. So gibt es zusätzlich die Schnellbusse,<br />

die als X-Busse bezeichnet werden. Der<br />

Metrobus befährt wie bei der Straßenbahn die<br />

nachfragestärksten Linien und das Ergänzungsnetz<br />

übernimmt die Zubringerfunktion zu den<br />

S- und U-Bahn-Stationen.<br />

7. Erschließungsqualität<br />

Die Entfernung vom Wohnstandort zur nächsten<br />

Haltestelle ist für die Nutzung der öffentlichen<br />

Verkehrsmittel von großer Bedeutung.<br />

Die Qualität des Zugangs zum Nahverkehrssystem<br />

wird über die Erschließung bestimmt.<br />

Die Erschließungsstandards des Nahverkehrsplan<br />

(NVP) 2000/2001 - 2004 geben Richtwerte<br />

über die zumutbare Fußwegentfernung<br />

zu nächsten Haltestelle an. Der Einzugsbereich<br />

wird als Radius angegeben und die zumutbare<br />

Entfernung ist als Luftlinie zu betrachten. Dabei<br />

wird zwischen hoher und niedriger Siedlungsdichte<br />

unterschieden, die Grenze wird bei 7000<br />

Einwohnern/Beschäftigten pro km² festgelegt. In<br />

Berlin hat gut ein Drittel der Fläche eine hohe<br />

Nutzungsdichte. Die zumutbare fußläufige Entfernung<br />

zur nächsten Haltestelle sinkt je höher<br />

die flächenmäßige Erschließung und Qualität<br />

des Verkehrsmittels ist. So wird dem Fahrgast<br />

bei dem Eisenbahnregionalverkehr eine doppelt<br />

so hohe Entfernung zur Haltestelle zugemutet<br />

als bei der U-Bahn.<br />

Die Verkehrsprognose 2015 für Berlin und<br />

Brandenburg von der Senatsverwaltung für<br />

44


Betriebszweig<br />

Grenzwerte für die Fußwegentfernung<br />

zur Haltestelle (m)<br />

hohe<br />

Siedlungsdichte<br />

Regionalverkehr 600 1000<br />

S-Bahn 600 1000<br />

U-Bahn 400 600<br />

Straßenbahn 350 550<br />

Bus 300 500<br />

Erschließungsstandards des NVP 2000/2001 - 2004<br />

niedrige<br />

Siedlungsdichte<br />

Stadtentwicklung geht von vier verschiedenen<br />

Szenarien aus. Jedes dieser Szenarien enthält<br />

verschiedene Maßnahmen und je nach Szenario<br />

wurden verschiedene Verkehrsprognosen<br />

entwickelt. Im Folgenden wird nicht auf die<br />

einzelnen Auswirkungen der vier Szenarien eingegangen,<br />

sondern lediglich auf die allgemeinen<br />

Abschätzungen der verkehrlichen Auswirkungen,<br />

die auch ohne diese Szenarien vermutet<br />

werden. Nach diesen Abschätzungen wird ein<br />

Rückgang der Einwohner und eine Zunahme<br />

der Arbeitsplätze in der Berliner Innenstadt erwartet.<br />

Dies hat zur Folge, dass sich die Wege<br />

zwischen Wohn- und Arbeitsplatz verlängern.<br />

Somit wird die Verkehrsnachfrage innerhalb<br />

des S-Bahnrings um 3-4 % abnehmen und der<br />

Quell- und Zielverkehr nach diesem Gebiet um<br />

ca. 10 % zunehmen. Wegen der steigenden Entfernungen<br />

wird der Fuß- und Radverkehr ebenfalls<br />

leicht sinken, dafür wird aber im ÖPNV mit<br />

mehr Fahrgästen gerechnet.<br />

9. Verkehrsanbindung der Plangebiete<br />

So liegt in unmittelbarer Nähe, nur ein paar<br />

Gehminuten entfernt das Zentrum Schöneweide.<br />

Zum S-Bahnhof Köpenick gelangt<br />

man in 20 Minuten ohne Umsteigen, zum<br />

Alexanderplatz sind es ebenfalls ohne Umsteigen<br />

nur 20 Minuten.<br />

Plangebiet Nummer Zwei „Spindlersfeld“,<br />

ebenfalls an der Spree gelegen, wird von<br />

der Grubestraße und Geschkestraße umgeben.<br />

Der S-Bahnhof Spindlersfeld ist nur rund<br />

100 Meter entfernt. Hier beträgt die Fahrzeit<br />

mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit einmal<br />

Umsteigen 13 Minuten zum S-Bahnhof Köpenick.<br />

Zum Alexanderplatz liegt die Fahrzeit etwa<br />

bei 30 Minuten. Allerdings fährt die S-Bahn ab<br />

Spindlersfeld nur im 20-Minuten-Takt Richtung<br />

Berlin-Zentrum.<br />

„Friedrichshagener Straße“, das dritte Plangebiet,<br />

liegt südlich der Friedrichshagener Straße<br />

zwischen Salvador-Allende-Straße und Am Krusenick,<br />

am nördlichen Ufer der Spree. Den S-<br />

Bahnhof Köpenick erreicht man in nur 6 Minuten,<br />

zum Alexanderplatz beträgt die Fahrzeit mit<br />

einmal Umsteigen 50 Minuten und mit zweimal<br />

Umsteigen gute 40 Minuten.<br />

Das letzte Plangebiet „Wendenschloßstraße“<br />

liegt an der Dahme, zwischen der Charlottenstraße<br />

und dem Segewaldweg, südlich der Altstadt<br />

Köpenick. Bis zur S-Bahnstation Köpenick<br />

muss man elf Minuten einplanen und zum Alexanderplatz<br />

mit zweimal Umsteigen etwa 40<br />

Minuten.<br />

Für die Auswahl des Plangebietes, auf dem ökologisches<br />

Wohnen am Wasser entstehen soll,<br />

ist unter anderem die Verkehrsanbindung an<br />

den ÖPNV ein wichtiges Kriterium. Sowohl die<br />

Verkehrsanbindung nach Köpenick-Zentrum<br />

und die Verbindung zum Zentrum Berlins, hier<br />

wurde der Alexanderplatz gewählt, sollten gut<br />

erreichbar sein.<br />

Das erste Plangebiet „Niederschöneweide“ liegt<br />

an der Spree und ist umgeben von den Straßen<br />

Spreestraße, Fließstraße und Hasselwerderstraße,<br />

der S-Bahnhof Schöneweide ist fußläufig mit<br />

etwa 300 Metern Entfernung gut zu erreichen.<br />

10. Schlussfolgerung<br />

Das Ziel des Projektes „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

ist es, ökologischen und nachhaltigen<br />

Wohnraum am Wasser zu entwickeln.<br />

Beim ökologischen Planen und Bauen müssen<br />

einige Aspekte beachtet werden. So sollten<br />

zum Beispiel die Prognosen und Veränderungen<br />

des (Stadt-)klimas in die Planung mit integriert<br />

werden, die Nutzung sparsamer und umweltschonender<br />

Energien und die Überlegung über<br />

den Bau einer Ökosiedlung. Natürlich sind auch<br />

der Verkehr und die Mobilität für die umwelt-<br />

45


Verkehr und Mobilität - Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

freundliche Planung sehr wichtig. Man sollte<br />

beachten, dass die Plangebiete, die in einem<br />

suburbanen Raum liegen und die Entfernungen<br />

zu den nächsten Zentren nicht zu groß sind<br />

und auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

schnell und einfach zu erreichen sind. Wie in Kapitel<br />

6 erläutert, verfügt Berlin über ein sehr gut<br />

ausgebautes und organisiertes Personennahverkehrsnetz,<br />

mit U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und<br />

Buslinien. Dies ist eine gute Vorraussetzung dem<br />

deutschen Trend der zunehmenden Motorisierung<br />

der privaten Haushalte entgegenzuwirken.<br />

Schon die aktuellen Zahlen zeigen einen großen<br />

Unterschied zwischen der Motorisierungsrate in<br />

Deutschland und Berlin, so besitzen in Deutschland<br />

80 % der Haushalte mindestens ein Auto,<br />

in Berlin sind nur etwa 50 % der Haushalte motorisiert.<br />

Zudem hat Berlin als Stadtstaat mit 27<br />

% einen sehr hohen ÖPNV-Anteil im Gegensatz<br />

zu anderen Stadtstaaten. Ob das Ziel den<br />

Anteil des ÖPNV und NMIV weiter zu erhöhen<br />

und ein Verhältnis von 80 : 20, ÖPNV : MIV, in<br />

der zentralen Innenstadt zu schaffen, wirklich<br />

erreicht wird, ist fraglich. Die Zahlen des ÖPNV<br />

und NMIV haben in den letzten Jahren stark geschwankt<br />

und sind teilweise sogar rückläufig.<br />

Die gute Grundausstattung des Umweltverbundes<br />

kommt den Plangebieten, obwohl sie nicht<br />

im Stadtbereich liegen, sehr zugute. Das Plangebiet<br />

„Niederschöneweide“ ist gut gelegen und<br />

auch der Anschluss an den ÖPNV ist optimal,<br />

von dort sind es nur etwa 20 Minuten bis zu<br />

beiden Zentren und in fußläufiger Entfernung<br />

befindet sich zudem das Zentrum Schöneweide.<br />

Das Plangebiet „Friedrichshagener Straße“<br />

liegt mit 40 bis 50 Minuten Fahrzeit bis zum Alexanderplatz<br />

etwas abgelegen vom Berliner Zentrum,<br />

dafür ist der S-Bahnhof Köpenick in nur<br />

sechs Minuten erreichbar. Auch Erschließungsqualität,<br />

die die zumutbare fußläufige Entfernung<br />

zur nächsten Haltestelle angibt ist sehr wichtig.<br />

Hierbei schneiden die Plangebiete auch sehr gut<br />

ab. Bei den Plangebieten „Niederschöneweide“<br />

und „Spindlersfeld“ sind die S-Bahnstationen<br />

in unmittelbarer Nähe. Bei den anderen beiden<br />

Plangebieten befinden sich Bushaltestellen<br />

bzw. Tram-Haltestellen in direkter Umgebung.<br />

Außerdem sollte in einer Gebietsbegehung erkundet<br />

werden, ob in der Nähe der Plangebiete<br />

Einkaufsmöglichkeiten und öffentliche Einrichtungen,<br />

wie Schule und Kindergarten, vorhanden<br />

sind. Mit dieser Nutzungsmischung könnte<br />

ansatzweise das traditionelle Leitbild „Stadt der<br />

kurzen Wege“ realisiert werden. Es ist auch zu<br />

bedenken, dass die Bewohner ihr ursprüngliches<br />

Verkehrsverhalten erstmal beibehalten und sich<br />

nicht sehr stark von der neuen Raumstruktur<br />

und den Verkehrsangeboten beeinflussen lassen.<br />

Deswegen ist die Überlegung wichtig welche<br />

Zielgruppe mit dem Wohnprojekt angesprochen<br />

werden soll, um daraufhin zu überprüfen<br />

welches Plangebiet die optimale Verkehrsanbindung<br />

hat. Natürlich ist es auch wünschenswert,<br />

wenn wichtige Einrichtungen wie Supermarkt,<br />

Kindergarten und Grundschule in direkter Umgebung<br />

liegen und zu Fuß oder per Fahrrad erreichbar<br />

sind, so dass der Bewohner einen Teil<br />

der 3,6 Wege pro Tag ohne motorisierte Verkehrsmittel<br />

zurücklegen kann.<br />

46


1. Einführung<br />

Im Zuge der Industrialisierung gewannen die<br />

Städte, in deren sich der Großteil der Produktion<br />

befand, an immenser wirtschaftlicher und<br />

politischer Bedeutung. Binnen kürzester Zeit<br />

explodierten aufgrund des starken Zuzugs der<br />

Landbevölkerung die Einwohnerzahlen der<br />

Städte. Mit der hohen Zuwanderung und der<br />

hierfür benötigten Wohnflächen und -räumen<br />

erfuhren vor allem die Städte Europas einen<br />

enormen Wandel. Infolge der raschen Veränderung<br />

und Umwandlung der urbanen Siedlungsräume<br />

entstanden Städte und Großstädte<br />

wie wir sie heute kennen. Neben den sozialen,<br />

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen,<br />

die durch die <strong>Urban</strong>isierung verursacht<br />

wurden, soll in dieser Arbeit die Wirkung und<br />

die „Veränderungskraft“ der urbanen Siedlungsräume<br />

auf das Klima beleuchtet werden. Denn<br />

im Gegensatz zu den nicht bebauten Gebieten,<br />

hat das städtische Dasein und Treiben Auswirkungen<br />

auf die klimatischen Bedingungen. Es<br />

herrschen direkte Wechselbeziehungen mit<br />

dem dort befindlichen lokalen Klima. So hat die<br />

Stadt zum Beispiel mit ihrer Bebauung und der<br />

Dichte der Schadstoff emittierenden Industrien<br />

direkten Einfluss auf das urbane Klima. Diese<br />

klimatischen Eigenheiten des Klimas einer Stadt<br />

bezeichnet man als Stadtklima. Neben der theoretischen<br />

Betrachtung des Themas Stadtklima<br />

sollen Überlegungen und auch praktische Maßnahmen,<br />

welche auf dasStadtklima positiv wirken,<br />

untersucht werden.<br />

2. Geschichtliche Betrachtung<br />

Die ersten wissenschaftlichen Erforschungen<br />

des stadteigenen Klimas begannen schon in der<br />

frühen Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der englische<br />

Chemiker Luke Howard (1772-1864) untersuchte<br />

bereits 1833 in dem Buch „Climate of<br />

London, deduced from metereological observations“<br />

das Klima Londons und des Umlandes.<br />

Hier belegte Howard durch Temperaturmessungen<br />

an verschiedenen Stellen Londons und<br />

der Umgebung, dass die Lufttemperatur des<br />

Stadtgebiets wärmer als die des unbebauten<br />

Stadtklima<br />

Umlands war. Auch innerhalb des Stadtklimas<br />

gab es Unterschiede. So waren im Winter die<br />

Temperaturunterschiede zwischen Stadt und<br />

Land höher als die im Sommer. Diese Unterschiede<br />

in der Lufttemperatur führte Howard<br />

auf den winterlich bedingten Gebrauch von<br />

Kohle und Holz für das Heizen und Kochen<br />

zurück. Des Weiteren beobachtete Howard<br />

den durch das Verbrennen von Kohle und Holz<br />

verursachten Nebel innerhalb Londons und<br />

prägte den heute gängigen Begriff des Smogs<br />

(„smoke“+“fog“). An Howard anschließend<br />

wurden die Forschungen zum Stadtklima stetig<br />

intensiviert. So wurde bald darauf das Phänomen<br />

der städtischen Wärmeinsel, der stadtbedingten<br />

Wolkenbildung und der Einfluss der<br />

Stadt auf die Niederschlagswerte untersucht.<br />

Ab dem 20. Jahrhundert nutzte man zur Datenerfassung<br />

nicht mehr nur stationäre Messstationen,<br />

welche nur punktuelle Aussagen ermöglichten<br />

und keine über das Umfeld, sondern auch<br />

mobile Messstationen. Der Einsatz von Fahrrad<br />

und Automobil ermöglichte Messfahrten und<br />

damit gleichzeitig eine flächendeckende Betrachtung<br />

klimatischer Sachverhalte. In diesem<br />

Gebiet untersuchten die Metereologen Peppler<br />

(1929) und Schmidt (1930) flächendeckend<br />

Stadtgebiete und konnten so Aussagen über die<br />

Wärmeverteilung in der Stadt treffen. Neben<br />

der horizontalen Betrachtung der klimatischen<br />

Ausdehnung rückte das Interesse nun auch für<br />

die vertikale Betrachtung in den Vordergrund.<br />

Hierfür wurden Messungen mit Hilfe von Fesselballons<br />

in den höheren Lagen durchgeführt. So<br />

war es möglich, dreidimensionale Modelle der<br />

städtischen Temperaturverteilung zu errechnen<br />

und das Phänomen des städtischen Wärmedomes<br />

zu betrachten, bei der die Wärme<br />

nach oben abnehmend in höhere Lagen zieht.<br />

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts begann<br />

man zu untersuchen, welchen Einfluss das Klima<br />

auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der<br />

Menschen hat, und gründete die Humanbioklimatologie.<br />

Ferner wurde in den 1930er Jahren<br />

durch Lauscher der wärmespeichernde Effekt<br />

von Städten untersucht.<br />

47


Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

3. Faktoren des Stadtklimas<br />

Das Klima einer Stadt wird durch mannigfaltige<br />

Ursachen und Faktoren beeinflusst. Ein signifikanter<br />

„Verursacher“ ist der hohe Grad der<br />

Versiegelung und die damit einhergehende<br />

Reduzierung der innerstädtischen Vegetation.<br />

Ebenso wirken die durch Industrie, Haushalt und<br />

Verkehr emittierten Schadstoffe sich nachhaltig<br />

auf das Klima und die Luftqualität aus. Ferner<br />

beeinflusst das „Profil“ einer Stadt die innerstädtischen<br />

Luftbewegungen, so kann Richtung<br />

und Stärke des Windes durch Straßen und Gebäuden<br />

umgeleitet und verstärkt werden. Daneben<br />

ist die Sonnenstrahlung und die Atmosphärenstrahlung<br />

ein Faktor, der das Stadtklima<br />

verändert. Denn die Stadtoberflächen, die die<br />

Strahlung aufnehmen, erwärmen sich abhängig<br />

von ihren stofflichen Eigenschaften und können<br />

so einen innerstädtischen Temperaturanstieg<br />

verursachen. Die folgenden zwei Beispiele sollen<br />

verdeutlichen inwiefern die Beachtung des<br />

städtischen Klimas bei städtebaulichen Eingriffen<br />

wichtig und notwendig ist.<br />

3.1 Beispiele – Stadtklima<br />

In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begann<br />

man südlich von Heidelberg eine Satellitensiedlung<br />

für etwas 11000 Einwohner zu errichten.<br />

Das Bauprojekt wurde von staatlicher Seite subventioniert<br />

und sollte aufgrund seiner Lage beispielhaft<br />

für die Verknüpfung von <strong>Urban</strong>ität und<br />

Umwelt-freundlichkeit sein. Nach der Teilfertigstellung<br />

und des Bezuges durch die Einwohner<br />

Mitte der 70er Jahre kam es allerdings zu nicht<br />

vorhergesehen Komplikationen. Der hohe Grad<br />

der Baumassenverdichtung und die Gebäudehöhe,<br />

die dunkle Außenwandgestaltung und eine<br />

daraus resultierende mangelnde Luftzirkulation<br />

brachten einen enormen lokalen Temperaturanstieg<br />

mit sich. So kam es, dass an hochsommerlichen<br />

Tagen die Temperaturen in den Innenhöfen<br />

9°C höher waren als die des unbebauten<br />

Umlandes. Die besagte fehlende Luftzirkulation<br />

unterstützte diesen Effekt, da warme Luftnicht<br />

in ausreichenden Mengen abgeführt werden<br />

konnte und keine erfrischenden und kühlenden<br />

Winde in das bebaute Gebiet gelangen konnten.<br />

Des Weiteren wurden bei der Planung dieser<br />

Siedlung keine möglichen Belastungen aufgrund<br />

der Windrichtung untersucht. Die Folge war,<br />

dass man ein Zementwerk, welches permanent<br />

aus Südwesten eine Staubwolke in die Siedlung<br />

trieb nicht in der Planung berücksichtigte. Diese<br />

städtebaulichen Bedingungen beeinträchtigten<br />

unmittelbar die Lebens– und Wohnqualität in<br />

einem erheblichen Maße. Denn die stark erhöhten,<br />

drückenden Temperaturen und die stetigen<br />

Belastungen durch den Staub des Zementwerks<br />

beeinflussten das Wohlbefinden maßgeblich. Als<br />

zweites Beispiel seien in den 60er Jahren des<br />

20. Jahrhunderts in England an verschiedenen<br />

Orten errichtete Einkaufszentren angeführt. In<br />

der Regel bildete dort ein Hochhaus den Mittelpunkt,<br />

welches von Bauten geringerer Höhe<br />

flankiert war. Doch bei der Planung und der Realisierung<br />

wurde der Einfluss des Windes nicht<br />

berücksichtigt. Als Ergebnis kam es in der Umgebung<br />

zum Hochhaus zu starken Windböen,<br />

die das Wohlbefinden und vor allem das Sicherheitsgefühl<br />

der Einkäufer beeinflussten3. Erst im<br />

Nachgang wurde der Einfluss des Windes auf<br />

das Hochhaus untersucht und hatte zur Folge,<br />

dass kostenintensive Umbauten durchgeführt<br />

werden mussten. Diese Beispiele sollen verdeutlichen,<br />

dass die Auswirkungen städtebaulicher<br />

Entwicklung auf das Stadtklima erheblich<br />

sein können und von Planern berücksichtigt<br />

werden müssen. Schließlich können stadtklimatische<br />

Veränderungen neben der Wohnfunktion<br />

auch die Wirtschafts- und Erholungsfunktionen<br />

eines Stadtteiles nachhaltig beeinträchtigen. Darüber<br />

hinaus können diese auch Einfluss auf das<br />

subjektive Empfinden und die Wahrnehmung<br />

im Hinblick auf Wohlbefinden und Sicherheit<br />

haben.<br />

4. Faktor – Strahlung<br />

Das oben angeführte Beispiel zeigt, dass ist<br />

der Einfluss der Strahlung auf urbane Siedlungsräume<br />

sehr hoch ist. Neben der Sonnenstrahlung<br />

treffen auch weitere Strahlungsarten<br />

auf die Stadt, die sich in der Wellenlänge und<br />

Wirkung unterscheiden. Die ultraviolette Strah-<br />

48


lung bewegt sich in einer Wellenlänge von 250-<br />

315μm und hat eine keimtötende Wirkung.<br />

Des Weiteren bewirkt das sichtbare Licht mit<br />

einer Wellenlänge von 400-760μm eine Erhellung.<br />

Die infraroten Strahlen, die sich in einem<br />

Geltungsbereich von über 760μm befinden,<br />

wirken auf die bestrahlten Flächen erwärmend.<br />

Die Strahlung, die auf bebautes Gebiet<br />

fällt, unterscheidet sich von der Strahlung, die<br />

auf unbebautes Umland trifft. Denn die durch<br />

die Stadt verursachte Dunstglocke verändert<br />

sich die Strahlung in Stärke und Form. So führt<br />

die Luftverschmutzung in der Stadt zu einer<br />

Trübung der Atmosphäre und bestimmt so<br />

die Länge in Intensität des Lichtes.4 Daneben<br />

wird die Strahlung auch von der Stellung der<br />

Gebäude zur Strahlung und der durch Bauten<br />

verursachten Schattenwirkung beeinträchtigt.<br />

Pauschal gilt für Deutschland, dass die Sonnenscheindauer<br />

in der Stadt um ca. 5-15% verkürzt<br />

wird. Ferner verändern sich die Strahlungswerte<br />

im Wochenverlauf. Die wochentags arbeitsbedingte<br />

höhere führt dazu, dass in der Woche<br />

die Strahlungsintensität am geringsten und am<br />

Wochenende am höchsten ist. Dies erklärt sich<br />

dadurch, dass in der Woche der Großteil der<br />

Verursacher von Luftverschmutzungen, wie<br />

Verkehr und Industrie in Betrieb sind, wohingegend<br />

am Wochenende die Verursacher stillstehen<br />

oder nur vermindert zum Einsatz kommen.<br />

Neben den Unterschieden im Wochengang<br />

gibt es auch Verschiedenheiten im Jahresgang.<br />

Hier liegt das Strahlungsmaximum gesamt gesehen<br />

im Sommer am höchsten und im Winter<br />

am niedrigsten5. Im Winter ist dies vor allem<br />

auf den Gebrauch der Gebäudeheizung und<br />

damit einhergehende Verunreinigung der Luft<br />

zurückzuführen. Ein weiterer Punkt ist die Abschwächung<br />

der Sonnenstrahlungsintensität, die<br />

vom Stadtrand hin zum Stadtzentrum abnimmt.<br />

Die Ursache hierfür liegt in der strahlungsabsorbierenden<br />

Wirkung der Luftverschmutzung,<br />

welche in der Stadt höher wird. Doch inwiefern<br />

sorgt die Strahlung für eine Erwärmung<br />

Um diese Frage zu beantworten, müssen hierzu<br />

die wärmespeichernden Eigenschaften der urbanen<br />

Oberflächen wie Asphalt, Schnee, Rasen<br />

u.a. betrachtet werden. Die Oberflächen von<br />

Gebäuden dienen der Strahlung als Energieumsatzfläche,<br />

bei der die Wellenstrahlung teilweise<br />

absorbiert und in Wärme umgesetzt wird. Ein<br />

anderer Teil wird von der Oberfläche wieder<br />

reflektiert, wobei die wärmespeichernde Funktion<br />

und das Reflexionsvermögen einer Oberfläche<br />

sehr unterschiedlich sein können. Wie<br />

viel Wärmeenergie eine Oberfläche aufnehmen<br />

kann und wie viel wieder reflektiert wird, hängt<br />

von ihrer „Albedo“ ab. Die Albedo gibt an, wie<br />

stark das Reflexionsvermögen einer Oberfläche<br />

im Hinblick auf die einfallende Strahlungsenergie<br />

ist. So reflektieren dunkle Wände, Beton und<br />

Asphalt nur sehr geringe Mengen der Strahlung,<br />

während heller Neuschnee oder auch weiße<br />

Wände ein hohes Maß an Reflexionsvermögen<br />

aufweisen. Die folgende Tabelle6 zeigt schematisch<br />

auf, welche Oberflächen sich stark erwärmen<br />

können und welche die Strahlungsenergie<br />

zum größten Teil reflektieren. Die Tabelle zeigt,<br />

dass gerade die in der Stadt vorherrschenden<br />

Oberflächen (Beton, Asphalt, Schotter) ein sehr<br />

geringes Reflektionsvermögen besitzen und dafür<br />

umso mehr die Wärme speichern, die sie<br />

später an die Umgebung abgeben.<br />

4.1 Faktor – Temperatur/Wärme<br />

Wie oben schon gezeigt, sind die Sonneneinstrahlung<br />

und die Eigenschaften der bestrahlten<br />

Oberflächen sehr eng mit den Temperaturveränderungen<br />

verbunden. Je dichter eine Stadt<br />

bebaut ist und je höher der Anteil an Oberflächen<br />

wie Asphalt und Beton ist, desto größer<br />

ist das Wärmespeicherungspotential der Stadt<br />

und damit gleichzeitig die Temperatur in der<br />

Stadt.7 Mit dem Aufsteigen der Sonne erwärmen<br />

sich die bestrahlten Flächen und speichern<br />

diese Wärme für die Dauer der Bestrahlung.<br />

Die Erwärmung zieht sich in der Regel von<br />

den Nachmittagsstunden bis zum Abend hin<br />

und verursacht eine Temperaturdifferenz zwischen<br />

der Stadt und dem unbebauten Umland.<br />

Denn während sich in der Nacht das Umland<br />

stark abkühlt, geben die Oberflächen, welche<br />

während des Tages durch die Sonnenstrahlen<br />

erwärmt 7 Vgl. G. Schmidt-Eichstaedt, Stadtökologie,<br />

Lebensraum Großstadt, 1996, S.62. 9 wurden,<br />

weiter Wärme ab. Wiederum wird in den<br />

49


Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Morgenstunden das offene Umland von den<br />

Sonnenstrahlen schneller erwärmt, während die<br />

Stadt aufgrund der vielen Häuser- und Gebäudeschatten<br />

sich langsamer erwärmt. Die Temperaturen<br />

werden bedingt durch die höher werdende<br />

Bauverdichtung zum Stadtzentrum hin<br />

höher. Hierbei spricht man von dem Phänomen<br />

der städtischen Wärmeinsel. Allerdings muss gesagt<br />

werden, dass schon durch mäßige Winde<br />

die Wärmeinsel wieder aufgelöst werden kann.<br />

Der Mittelwert der Temperaturuntschiede zwischen<br />

dem Umland und der Stadt liegt bei ca.<br />

0,5-1,5°C8. Allerdings liegt die Gefahr bei windstillen<br />

Tagen darin, dass die Temperaturdifferenz<br />

auch Werte von über 10°C annehmen kann.<br />

Da sich Wärmeinseln nur in verdichteten Stadtzentren<br />

bilden können, verlaufen sie eng an der<br />

räumlichen Grenze der äußeren Bebauung. Ferner<br />

führt die Eigenwärme der Stadt dazu, dass<br />

die Temperaturminima in der Nacht im Gegensatz<br />

zum Umland deutlich höher liegen, was<br />

wiederum zu einer merklich geringeren Anzahl<br />

an Frost- und Eistagen in der Stadt führt. So reduziert<br />

sich auch die Anzahl der Heiztage und<br />

es kommt auch zu einer Veränderung bzw. Verlagerung<br />

der Vegetationsperioden. Diese Verlagerung<br />

der Vegetationsperioden innerstädtischer<br />

Pflanzen kann zum Beispiel wie in Wien<br />

10-20 Tage9 betragen. Städtische Wärmeinseln<br />

konzentrieren sich nicht zwingend auf den Kern<br />

einer urbanen Agglomeration. Vielmehr können<br />

sie sich an unterschiedlichen urbanen Gebieten,<br />

ja sogar an einzelnen Gebäuden mit hofbildender<br />

Bebauung bilden. Neben den rein klimatischen<br />

Aspekten hat ein durch die Stadt verursachter<br />

Temperaturanstieg auch gesundheitliche<br />

Folgen für die darin lebenden Bewohner.<br />

4.2 Faktor - Niederschlag und<br />

Luftfeuchte<br />

Neben der Strahlung und der städtetypischen<br />

Eigenwärme ist der Einfluss der Stadt auf die<br />

Niederschläge prägend für das Stadtklima. Die<br />

Stadt wirkt auf verschiedene Art und Weise auf<br />

das Verhalten des Niederschlages, so hat zum<br />

Beispiel die städtische Überwärmung einen<br />

Anteil daran. Diese Überwärme kann die Luft<br />

über der Stadt zum Aufsteigen bringen und so<br />

diese unter geeigneten Bedingungen zum Niederschlag<br />

veranlassen. Dies kann dann auftreten,<br />

8 Vgl. R. D. Schmidt, Das Klima im Städtebau,<br />

Bundesforschungsanstalt für Landeskunde<br />

und Raumordnung,1980 S.12. 9 Vgl. H. Sukopp<br />

und R. Wittig (Hrsg.), Stadtökologie, Ein Fachbuch<br />

für Studium und Praxis,1998,S.144. 10<br />

wenn beispielsweise Luftmassen von hoher<br />

Luftfeuchtigkeit vom Wind über die Stadt getrieben<br />

werden. Neben diesem mitauslösenden<br />

Faktor beeinflusst auch die sogenannte<br />

Rauhigkeit der Stadt das Niederschlagsverhalten<br />

über der Stadt. Die Rauhigkeit der Stadt<br />

ist die Bezeichnung für das vertikale Profil der<br />

Stadt, das durch Hochhäuser und andere hohe<br />

Bauten gegeben ist. Die horizontale Bewegung<br />

der Luftmassen kann so durch diese Gebäude<br />

abgebremst werden. Hierdurch kann die Luft<br />

ebenfalls zum Aufsteigen gezwungen werden<br />

und unter Umständen auch zum Abregnen veranlasst<br />

werden. Eine Eigenart der Stadt ist, dass<br />

die entstehenden Wassermengen, welche durch<br />

das Abregnen verursacht werden, nicht auf der<br />

Oberfläche verbleiben und so allmählich verdunsten<br />

könnten. Das hohe Maß der Versiegelung,<br />

die fehlende Vegetation und das sofortige<br />

Ableiten des Regenwassers in die Kanalisation<br />

verhindern dies und tragen dazu bei, dass Stadtluft<br />

im allgemeinen trockener ist als die Landluft.<br />

Allerdings existieren in den Städten Industrien,<br />

welche ein hohes Maß an Luftfeuchtigkeit erzeugen.<br />

Diese Wasserstoffproduzenten sind u.a.<br />

Kraftwerke mit Kühltürmen oder auch Fabriken,<br />

die durch das Verbrennen von Öl zusätzlich<br />

Wasserdampf erzeugen und so ebenfalls zu Regenfällen<br />

beitragen können. Selbst verschmutzte<br />

Luft in der Stadt kann ein regenauslösender<br />

Faktor sein. Über dem Stadtgebiet befinden sich<br />

hohe Mengen an Staub und anderen Partikeln.<br />

Diese Partikel, auch Aerosole genannt, werden<br />

vor allem durch Verkehr, Industrie und Heizung<br />

verursacht und können als Kondensationskerne<br />

wirksam werden und so Niederschläge auslösen10.<br />

Diese vier regenauslösenden Faktoren<br />

tragen dazu bei, dass in urbanen Siedlungsgebieten<br />

die mittlere Niederschlagsmenge um ca.<br />

5-16%11 höher ist als im unbebauten Umland.<br />

In der Folge können Starkregenereignisse, Ge-<br />

50


witter und Hagelfälle in Großstädten mit einer<br />

erhöhten Intensität auftreten. Auch für die Luftfeuchtigkeit<br />

lässt sich ein Unterschied zwischen<br />

Stadt und Umland konsistieren So ist die Luftfeuchtigkeit<br />

in der Stadt niedriger als im Umland.<br />

Denn in der Stadt werden die anfallenden<br />

Niederschlagsmengen vorwiegend direkt in die<br />

Kanalisation abgeleitet, so dass eine schrittweise<br />

Kondensation verhindert wird. Der niedrige<br />

Gehalt an Luftfeuchte wird zusätzlich durch<br />

die stadteigene erhöhte Temperatur weiter gemindert.<br />

Wie oben schon aufgeführt, kann allerdings<br />

die Luftfeuchtigkeit durch Kraftwerke<br />

und ndustrieanlagen lokal sehr erhöht sein. So<br />

ist die innerstädtische Verteilung der Luftfeuchtigkeit<br />

ähnlich wie die der Temperatur örtlich<br />

unterschiedlich. Ein weiterer Aspekt der Luftfeuchtigkeit<br />

ist die Schwüle, welche durch erhöhte<br />

Luftfeuchtigkeit entsteht. Das horizontale<br />

Profil der Stadt wirkt hier schwülefördernd, da<br />

die luftkühlenden Winde durch die Bebauung<br />

abgebremst werden. Dadurch ist neben der innerstädtischen<br />

erhöhten Eigentemperatur ein<br />

weiterer Faktor vorhanden, welcher sich auf das<br />

Wohlbefinden der Bewohner auswirkt.<br />

4.3 Faktor – Bewölkung und Nebel<br />

Grundsätzlich gilt, dass der Grad der Himmelsbedeckung<br />

in der Stadt um 5-10% höher ist als<br />

im Umland.12 Ähnlich wie bei der Luftfeuchtigkeit<br />

und beim Niederschlag beeinflussen auch<br />

die wasserdampfproduzierenden Kraftwerke<br />

und Industrieanlagen die Nebelbildung. Trotz<br />

der oben geschilderten niedrigeren Luftfeuchtigkeit<br />

in der Stadt produzieren diese Wasserdampfemittenten<br />

so viele Partikel (Aerosole),<br />

dass es zu einer erhöhten Bildung von Dunst<br />

und Nebel in der Stadt kommt. So ist die Sicht<br />

am Rande von Industriegebieten in der Woche<br />

deutlich schlechter als am Wochenende, wenn<br />

ein Großteil der Anlagen nicht in Betrieb ist. Im<br />

Winter wird die Sicht weiter verschlechtert, da<br />

durch den vermehrten Heizverbrauch mehr<br />

Partikel in die Luft gelangen. Schon der englische<br />

Chemiker Luke Howard beschäftigte sich<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts mit der innerstädtischen<br />

Nebelbildung in London. Der Rauch, der<br />

durch das Heizen verursacht wurde, bewirkte<br />

eine erhöhte Anzahl an nebeligen Tagen. In den<br />

60er Jahren des 20. Jahrhunderts sah die britische<br />

Regierung Handlungsbedarf und verabschiedete<br />

den „Clean Air Act“, mit dem die Benutzung<br />

der offenen Feuerstellen eingeschränkt<br />

wurde. Die Folge war, dass die Sonnenstrahlung<br />

bis 1970 um ca. 70% zunahm.<br />

4.4 Faktor – Wind<br />

Der Wind ist im Rahmen des innerstädtischen<br />

Klimas ein sehr wichtiger Faktor. Der Wind ist<br />

elementar für den Luftaustausch. Er führt frische<br />

und kühlende Luft in die Stadt und transportiert<br />

so gleichzeitig verunreinigte und erwärmte Luft<br />

ab. Ferner wird der Wind durch die horizontale<br />

und vertikale (Rauhigkeit/Profil) Struktur der<br />

Stadt verändert. So wird der Wind durch Gebäudefronten<br />

und Straßenschluchten in seiner<br />

Richtung gebremst, geändert und kann auch kanalisiert<br />

und dementsprechend verstärkt werden.<br />

Hier kommt es häufiger als im Umland zu<br />

auftretenden Windstillen aber auch gleichzeitig<br />

zu vermehrten und stärkeren Windböen. Analog<br />

zu dem in 3.1 skizzierten Beispiel kann selbst<br />

ein einzelnes Gebäude von veränderten Windeigenschaften<br />

betroffen sein. Trifft der Wind<br />

auf eine Gebäudefront kommt es zum Aufstau<br />

und zur Auslenkung und kann so unterschiedliche<br />

Geschwindigkeiten erzeugen. Ein Teil der<br />

Windströmung hält sich an den Gebäudekanten,<br />

ein anderer Teil wird von der Gebäudefront<br />

zurückgeworfen und erzeugt so Wirbelströmungen<br />

von erhöhter Geschwindigkeit. Innerhalb<br />

der Stadt beeinflussen sich natürlich auch<br />

benachbarte Gebäude. So ist die Verteilung<br />

der Geschwindigkeit abhängig von der Höhe<br />

und der Form der Gebäude. Ferner von Bedeutung<br />

ist auch die Ausrichtung der Gebäude<br />

zum Wind. Die Form und die Ausrichtung der<br />

Gebäude kann den durch den Wind gewährleisten<br />

Abtransport von Schadstoffen erschweren.<br />

Hierbei kann es bei hofbildender Bebauung<br />

aufgrund mangelnder Zirkulation zu Schadstoffansammlungen<br />

kommen. Folglich kann man ableiten,<br />

dass man bei ungünstiger Ausrichtung der<br />

51


Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Gebäude, einer geringen Zirkulation und bei<br />

niedrigen Windgeschwindigkeiten mit erhöhten<br />

Schadstoffkonzentration konfrontiert sein kann.<br />

Die Wirkung des Windes für die Zerstreuung<br />

von Luftverunreinigungen ist also ein wichtiger<br />

Faktor, welche auch bei großmaßstäbigen Städtebau<br />

dringende Beachtung finden muss.<br />

4.5 Faktor – Luftverunreinigung<br />

Ein kennzeichnender Faktor der Luft in einer<br />

Stadt ist der erhöhte Gehalt an festen, flüssigen<br />

und gasförmigen Beimengungen. Zu den Hauptemittenten<br />

zählen Industrie, Verkehr, Gewerbe<br />

und Energieproduzenten. Die am häufigsten<br />

vorkommenden Emissionen sind Stickstoffoxide,<br />

Kohlenmonoxide, Schwefeldioxide und<br />

Stäube. Stickstoffoxide spielen besonders bei<br />

der Bildung von Smog und Nebel eine große<br />

Rolle. Diese werden bei fast jeder Art von Verbrennungsprozessen<br />

produziert. Folglich sind<br />

die Hauptemittenten Verkehr und Kraftwerke,<br />

aber auch die in der Landwirtschaft verwendeten<br />

nitrathaltigen Düngemittel setzen viele<br />

Stickstoffoxide frei. Der im Laufe der Zeit erhöhte<br />

Anteil an emittierten Stickstoffoxiden ist<br />

auch auf die starke Zunahme an Kraftfahrzeugen<br />

zurückzuführen. Die größten Emissionsanteile<br />

entfallen mit 47% auf den Straßenverkehr und<br />

mit 22% auf Kraft- und Fernheizkraftwerke15.<br />

Kohlenmonoxide resultieren aus unvollständigen<br />

Verbrennungsprozessen, welche allerdings<br />

von 12,4 Mio. t im Jahr 1966 auf 6,7 Mio. t im<br />

Jahr 1994 zurückgegangen sind16. Der Grund<br />

hierfür liegt im verminderten Einsatz von festen<br />

Brennstoffen und bei der besseren Abgassäuberung<br />

in Kraftfahrzeugen. Daneben belasten die<br />

durch die Industrie und Kraftwerke ausgestoßenen<br />

Schwefeldioxide und Stäube die Luft. Im<br />

Gegensatz zu früher ist die Rauch- und Staubbildung<br />

durch verbesserte Heizverfahren, höhere<br />

Schornsteine und nicht zuletzt auch durch die<br />

stetige Ablösung der Kohle als Brennstoff zum<br />

Teil zurückgegangen. Die in vielen hochindustrialisierten<br />

Städten bemängelte Rauchbildung<br />

konnte in den letzten Jahrzehnten so verringert<br />

werden. Dieser Rauch folgt einem ausgeprägten<br />

Jahresgang mit Höchstwerten im Winter. Ferner<br />

sind bei dem Tagesgang mit Maxima am Morgen<br />

und Abend in der Woche und die Minima am<br />

Sonntag angesiedelt. Bezüglich der Verteilung<br />

und Intensität des Rauches und der Luftbeimengungen<br />

ist festzuhalten, dass diese stark von der<br />

Windlage abhängt. Während bei kräftigen Winden<br />

Luftbeimengungen abtransportiert werden<br />

können, kann es bei windschwachen Wetterlagen<br />

zu erhöhten Konzentrationen kommen. Die<br />

Höhe der Luftbeimengungen kann auch Rückschlüsse<br />

über das städtische Leben ermöglichen.<br />

So kann man feststellen, wie hoch das Verkehrsaufkommen<br />

beispielsweise ist oder wann die<br />

morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten<br />

anzutreffen sind. Einführend zu dem folgenden<br />

Teil der Arbeit sei auch darauf hingewiesen, dass<br />

Pflanzen staubbindende Fähigkeiten (Sedimentation)<br />

besitzen und somit auch zur Verbesserung<br />

der Luftqualität und Minderung der Emissionen<br />

beitragen können.<br />

Zwischenfazit<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die<br />

Faktoren Strahlung, Temperatur, Niederschlag<br />

sowie Luftfeuchte, Wind, Bewölkung und letztendlich<br />

Luftbeimengungen das Stadtklima beeinflussen<br />

und umgekehrt durch die Einflussgrößen<br />

der Stadt (Gebäude, Verkehr, Industrie usw.) beeinflusst<br />

werden. Eine nachhaltige Stadtplanung<br />

muss um diese Wechselbeziehungen wissen,<br />

um wie in den eingangs dargestellten Beispielen<br />

unerwartete und auch kostenintensive Folgen<br />

zu verhindern und eine gesunde städtische<br />

Umwelt zu gewährleisten. So sollte man bei der<br />

Wahl der zu verbauenden Stoffe stets ihre wärmespeichernden<br />

Eingenschaften und die daraus<br />

resultierenden Folgen berücksichtigen. Ferner ist<br />

die Rolle des Windes in die Planung einzubeziehen,<br />

um zum Beispiel luftreinigende und kühlende<br />

Windschneisen nicht zu behindern oder gar<br />

gänzlich zu verhindern. Letztendlich sind diese<br />

Faktoren auch maßgeblich dafür verantwortlich,<br />

inwiefern sich das subjektive Wohl- und Sicherheitsbefinden<br />

der Bürger gestaltet.<br />

52


5. Maßnahmen zur Drosselung<br />

schädlicher Emissionen<br />

Die Bio-Branche boomt und die Forscher und<br />

Wissenschaftler aller Industriebereiche arbeiten<br />

z.B. an besseren Rußpartikelfiltern, alternativen<br />

Kraftstoffen etc. Sie versuchen, neben Energiesparlampen<br />

auch recyclefähige Verpackungen<br />

auf den Markt zu bringen. Verbraucher sollten<br />

sich bewusst werden, dass sie mit ihrer Nachfrage<br />

die Richtung dieser Entwicklung mitbestimmen.<br />

Ein gewisses Potenzial schlummert<br />

in den Städten. Mit Verbesserung städtischer<br />

Strukturen ließe sich innerhalb der Städte und<br />

deren unmittelbarem Umfeld bzw. Einzugsgebiet<br />

ein angenehmeres Städteklima erreichen.<br />

Mit gezielten Maßnahmen, die individuell auf die<br />

besonderen Rahmenbedingungen einer jeden<br />

Stadt anzupassen sind, können stadtklimatisch<br />

positiv wirkende Effekte erreicht werden. Leitlinien<br />

bei Neugestaltungen von Flächen helfen<br />

dabei. Sie machen auch dem Bürger das Erfordernis<br />

einer bestimmten städtebaulichen Ordnung<br />

deutlich. Generell ist es für jede Siedlung<br />

wichtig, Wärmeinseln entgegenzuwirken. Das<br />

kann mit Maßnahmen zur Herabsetzung überhöhter<br />

sommerlicher Strahlungsaufnahme und<br />

einer besseren Ableitung überschüssiger Wärme<br />

geschehen. Um dies zu erreichen könnte<br />

man verstärkt die jeweils lokal vorkommenden<br />

Windsysteme zur Verbesserung der Stadtdurchlüftung<br />

nutzen. Sie würden dann, mit Hilfe von<br />

zentral zu den belasteten Stadtteilen verlaufenden<br />

und ausreichend breiten Straßen, direkt<br />

von ihrem Entstehungsgebiet in das Zentrum<br />

gelangen und dieses mit frischer und kühlender<br />

Luft 15 versorgen. Bei einer solchen Ausrichtung<br />

der Linienführung und weiterer Gestaltung der<br />

Kraftverkehrsstraßen, mit unter anderem verkehrsberuhigten<br />

Zonen, würde die Beeinträchtigung<br />

des Stadtgebietes durch schädliche Emissionen<br />

verringert werden, die Lebensqualität der<br />

Bewohner steigen und die Umweltbelastung<br />

sinken. Die Umsetzung derartiger Maßnahmen<br />

in bereits bestehenden Gebieten ist natürlich<br />

schwieriger als bei Neubaugebieten, besonders<br />

wenn es sich dabei z.B. um denkmalgeschützte<br />

Bauten handelt. Unmöglich ist es derweil nicht.<br />

Und bei Neu- und Umbauten kann man die<br />

Windverhältnisse mit berücksichtigen und eine<br />

Verbesserung dieser ermöglichen. Bei einer<br />

eventuell zu starken Windbelastung kann mit<br />

Bäumen oder Kunstbauten entgegengewirkt<br />

werden. Zur Beurteilung der Windverhältnisse<br />

helfen Windhäufigkeitsrosenerstellungen, welche<br />

unter anderem eine Rolle bei der Standortplanung<br />

für Schadstoffemittenten (Kraftwerke,<br />

Fabriken u.ä.) spielen. Dabei handelt es sich um<br />

eine Vorausberechnung, die für eine günstige<br />

Verortung und Einhaltung der Abstandsnormen<br />

unentbehrlich ist. Neben den ausreichend hohen<br />

Rauch- und Abgaskaminen, ist auch eine<br />

genaue Kenntnis und Erfassung der Emittenten<br />

im „Emissionskataster“ erforderlich. Das sowie<br />

die Ausströmungsgeschwindigkeit aus den<br />

Schornsteinen sind von hoher Bedeutung, um<br />

einem Eindringen der Schadstoffe in die Wohnungen<br />

und Häuser der Bewohner der Stadt<br />

entgegenzuwirken. Aus den Kaminen der Einzelhäuser<br />

tritt ein im Vergleich zur Nutzung von<br />

Fernwärme höherer Gehalt an Immissionen<br />

und Staub aus. Doch eine solch weit gehende<br />

Verwendung von Fernheizungen, wo möglich<br />

durch Koppelung mit Stromerzeugung und zentraler<br />

Müllverbrennung (Gemeinschaftsheizung),<br />

ist aus Gründen der Verkehrsbelastung und eines<br />

geminderten Wohnwertes um eine solche<br />

Anlage städtebaulich problematisch. Da eine<br />

wirtschaftliche und immissionssparende Kraftwärmekopplung<br />

großer Heizwerke einen hoch<br />

verdichteten Abnehmerkreis benötigt. Bei der<br />

Einbindung von Hochhäusern in das städtebauliche<br />

Gefüge sollten die daraus möglichen Immissionsbelastungen,<br />

ebenso die Emissions- und<br />

Luftströmungsverhältnisse, z.B. bei der Hochhausgestaltung<br />

berücksichtigt werden. Zum<br />

einen können Rauch- und Abgasbelästigungen<br />

von niedrigeren Emittenten von der Straße negativ<br />

auf die Luft- und somit Wohnqualität der<br />

Hochhausbewohner wirken. Aber auch umgekehrt<br />

können durch Windwirbel die Immissionen<br />

aus größeren Höhen bis zum Erdboden<br />

herabgeholt werden. Früher wurden die Häuser<br />

nach der Nord- Süd- Orientierung ausgerichtet,<br />

damit theoretisch auf jede Fassadenseite<br />

gleichviel direkte Sonneneinstrahlung einwirkt.<br />

Heutzutage sind diese eher nach Ost-West ausgerichtet,<br />

um sowohl morgens als auch abends<br />

53


Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

natürliches Licht der Sonne und ihre Wärme<br />

nutzen zu können. Bei einer geringeren Siedlungsdichte<br />

würde man damit einen hohen Anteil<br />

der Sonnenstrahlung als Heizleistung nutzen<br />

können. Die Anlage von Frei- und Grünflächen,<br />

Alleen und Schutzgehölzen und die Freihaltung<br />

der für die Luftzirkulation verantwortlichen<br />

Flächen sind ebenso wichtige Maßnahmen zur<br />

Verbesserung der Lebensqualität. Auf diesen<br />

letzten Punkt, beginnend mit der Versiegelung,<br />

wird im Folgenden näher eingegangen. Dabei<br />

wird auch und insbesondere auf die Möglichkeit<br />

der Gebäudebegrünung eingegangen.<br />

6. Versiegelung<br />

Bereits 1992 stellte eine Forschungsgruppe im<br />

Auftrag des Bundesministeriums für Raumordnung,<br />

Bauwesen und Städtebau fest, dass „Entsiegelung<br />

bzw. [die] Freihaltung von Versiegelung<br />

(…) umso bedeutsamer für Boden und Grundwasser<br />

[sei], je flächenintensiver diese Maßnahmen<br />

sind.“18 Die Versiegelung des Bodens<br />

führt zum einen dazu, dass der Niederschlagswasserabfluss<br />

oberflächlich stattfindet und dieser<br />

dadurch vermindert zur Grundwasserneubildung<br />

beitragen kann. Laut Kirchner liegt der<br />

Oberflächenabfluss in Stadtzentren zwischen<br />

80 und 100 %, während er z.B. in Waldgebieten<br />

unter 10 % liegen soll. Die Grundwasserneubildungsrate<br />

in Stadtlage wird dadurch behindert,<br />

so dass oftmals das Trinkwasser über weite<br />

Strecken in die Stadtzentren herantransportiert<br />

werden muss.19 Versiegelung und ihre Folgen<br />

beeinträchtigen auch die Pflanzen- und Tierwelt,<br />

da diese ihrem natürlichen Kreislauf entzogen<br />

werden. Eine derartig starke Schädigung bzw.<br />

Zerstörung der Pflanzendecke führt zu einer<br />

Isolierung oder Verinselung von Lebensräumen,<br />

welche die Ausbreitung von Arten behindern<br />

und sogar zum Artenrückgang beitragen kann.<br />

Eine Schaffung von Grünflächen, unter Berücksichtigung<br />

der jeweiligen geologischen Gegebenheiten<br />

(z.B. die Art, Größe und Beschaffenheit<br />

des Untergrundes) mit Erdanschluss<br />

(welcher die Versickerungsfunktion übernimmt)<br />

könnte ein Lösungsansatz zur Grundwasseranreicherung<br />

von besiedelten und bebauten Bereichen<br />

sein und den Pflanzen zu gute kommen.<br />

Zu beachten ist dabei, dass z.B. die Entsiegelung<br />

„eines Altlastenstandortes (..) sich dann negativ<br />

auf das Grundwasservorkommen auswirken<br />

[kann], wenn dadurch im Boden befindliche<br />

Schadstoffe in Grundwasserrichtung transportiert<br />

werden.“ Was das im Einzelnen für die zum<br />

Teil recht stark versiegelten Gebiete heißt, kann<br />

man ohne weitere und genauere Angaben nicht<br />

einschätzen. Daher sollte man sich diesbezüglich<br />

neben der Art der Altlasten auch vorher über<br />

die Durchlässigkeit und Mächtigkeit des Bodens<br />

und über die Lage des Grundwasserspiegels informieren.<br />

Zusammenfassend sei erwähnt, dass<br />

man das „ökologische Leistungsvermögen der<br />

Städte“ größtenteils den freien grünen Flächen,<br />

innerhalb als auch außerhalb gelegen, verdanken<br />

kann.<br />

7. Relevanz von Grünflächen<br />

Böden und ihre Vegetation sind mit ihren Einflüssen<br />

auf das Klima, der Lufthygiene, dem<br />

Wasserhaushalt aber auch mit ihrer Bedeutung<br />

für Gesundheit, Wohlbefinden und Erholung<br />

der städtischen Bevölkerung wichtige, nicht zu<br />

unterschätzende Faktoren. Die Leistungen der<br />

Böden sind stark abhängig von der jeweiligen<br />

Flächennutzung. Bei Betrachtung aller nun folgenden<br />

Punkten wird deutlich, dass innerstädtische<br />

Grünflächen, in Abhängigkeit ihrer Größe,<br />

Umgebung und im Gegensatz zu versiegelten<br />

Flächen, eine klimatische Ausgleichsfunktion besitzen.<br />

Vegetation wirkt unter anderem auf die<br />

Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftzusammensetzung,<br />

die Strahlungsbedingungen und auf die<br />

Windgeschwindigkeit. Zur Veranschaulichung<br />

dieser Thesen, sollen im folgenden Ergebnisse<br />

einiger Wissenschaftler vorgestellt werden. Bei<br />

Flächen, die kleiner als 0,04 ha sind, sei keine<br />

eigene Luftkörperausbildung möglich, „wohingegen<br />

(…) Vegetationsgrößen von mehr als 2<br />

ha generell ein eigener Luftkörper unterstellt<br />

wird.“21 Hinsichtlich der Eigenklimaentwicklung<br />

in Abhängigkeit von der Umgebung gilt nach<br />

Wilmers jedoch folgendes: Geschlossene Grünflächen<br />

können schon bei 50 m im Querschnitt,<br />

und durch Mauern abgeschlossene Gartenhö-<br />

54


fe würden bei weniger als 10 m Durchmesser,<br />

eigene Klimaverhältnisse entwickeln. Wie wunderbar<br />

eine selbst so kleine Hoffläche wirken<br />

kann, zeigen die folgenden Bilder, aus unserer<br />

Präsentation, in einer Vorher- Nachher- Gegenüberstellung.<br />

Im Vergleich dazu sollen offene<br />

Grünflächen ohne Bäume erst ab etwa 1 ha<br />

Größe ein Eigenklima ausbilden können. „Ihre<br />

Temperatursenkende Wirkung steigt jedoch<br />

mit ihrer Ausdehnung an, bei 1 ha beträgt sie<br />

etwa 1 Kelvin, bei 100 ha um 3 Kelvin. Schmale,<br />

sozusagen lineare Anlagen eignen sich als<br />

Frischluftbahnen ab einer Mindestbreite von<br />

etwa 30 m².“22 Um eine für den Luftaustausch<br />

wichtige Thermik in Gang zu halten, sollen laut<br />

Overdieck schon geringe Temperaturdifferenzen<br />

genügen. Er ermittelte, dass „auch kleine<br />

Grünflächen von 100 m² (..) die Temperatur in<br />

ihrer unmittelbaren Umgebung bis zu 0,5 °C<br />

senken“23 können. Nach Erkenntnissen von<br />

Kleinlosen aus dem Jahr 1987, der den klimatischen<br />

Einfluss von Kleingartengebieten auf das<br />

angrenzende Stadtgebiet untersucht hat, sind<br />

bei einem 8,7 ha großen innerstädtischen Kleingartengebiet<br />

temperaturmindernde Wirkungen<br />

„bereits nach 50m nicht mehr von Relevanz,<br />

wohingegen das Klima einer 30 ha großen Kolonie<br />

Auswirkungen bis zu einer Entfernung von<br />

300 m auf das angrenzende Stadtgebiet hat.“24<br />

Wobei die „Wirkungsgrenze“ selbst bei großen<br />

Parkanlagen bei 250 m enden soll. Auch hier ist<br />

neben der Größe die Reichweite der klimatischen<br />

Eigenschaften abhängig von der jeweiligen<br />

Flächennutzung, Bebauungsart und dem<br />

Grünanteil der jeweiligen Umgebung. Horbert u.<br />

a. fassten 1982 solche Reichweiten zusammen.<br />

„In Richtung einer locker bebauten, begrünten<br />

Siedlung beträgt die Reichweite bis zu 1000 m.<br />

In Richtung eines Industriegebietes beträgt die<br />

Reichweite meist unter 300 m, wobei sogar<br />

„häufig“ eine Beeinflussung der wärmeren Luftmassen<br />

des Industriegebietes in Richtung der<br />

Grünanlage festgestellt wird.“25 Die Größe von<br />

Grünflächen hat natürlich auch für den Fortbestand<br />

der Tierarten eine Bedeutung. Bei Vögeln<br />

kann erst eine quadratische oder runde Fläche<br />

von mindestens 5 ha Größe für den Erhalt ihrer<br />

Population bedeutsam werden. Je größer der<br />

Durchmesser der Fläche (daher quadratisch<br />

oder rund) ist, desto weniger werden die Tiere<br />

von den auf den angrenzenden Flächen befindlichen<br />

Gegebenheiten gestört und desto mehr<br />

Nahrungsangebot und Fläche ist für weitere Arten<br />

vorhanden. Natürlich konkurrieren Grünflächen<br />

in der Stadt mit anderen Nutzungsanforderungen,<br />

so dass der Aspekt des Lebensraums<br />

für Tiere den anderen städtebaulichen Belangen<br />

gegenüber zu stellen ist. Um aber dennoch das<br />

Nahrungsangebot für die Insekten und Vögel<br />

sicher zu stellen, wäre ein Erhalt oder die Wiederherstellung<br />

natürlicher Wiesen zum Teil in<br />

Betracht zu ziehen. Wertvolle Biotope dieser<br />

Art befinden sich oft auf brach gefallenen alten<br />

Industrie- und Bahnhofsflächen. Bereits 1988<br />

forderte Dröge die Sicherstellung solcher Flächen<br />

mit „Rückzugs- und Ausbreitungsfunktion“<br />

ab einer Größe von 10 ha, da dort spezielle und<br />

seltene Arten vorkommen sollen. Das gleiche<br />

soll für „junge, strukturarme Brachflächen, wenn<br />

sie durch besondere Standortbedingungen das<br />

Vorkommen von spezialisierten und seltenen<br />

Arten ermöglichen oder eine Funktion als Verbindungsbiotop<br />

übernehmen können,“26 gelten.<br />

Ansonsten kann man mit Hilfe einer unter<br />

anderem alleeartig begrünten Straße nicht nur<br />

Nistplätze und Lebensräume schaffen, die Temperatur<br />

und Windgeschwindigkeit in diesem Bereich<br />

senken, sondern auch die Sedimentationsstäube,<br />

kleinere Schwebestäube und Schadgase<br />

in einem geringen Umfang filtern, um neben<br />

den bekannten erfrischenden und belebenden<br />

Effekten auch ökologische Gesichtspunkte zu<br />

nennen. „Vor dem Hintergrund langer Aufenthaltsdauer<br />

des Menschen im Siedlungsraum und<br />

relativ geringer Aufenthaltsqualität erlangen die<br />

ökologischen und psychosozialen Funktionen<br />

von Grünflächen in städtischen Siedlungsräumen<br />

gegenüber den Freiräumen eine [immer]<br />

höhere Wertschätzung.“ Miess führt dazu aus,<br />

dass sich mit Vegetationsflächen klimatisch ungünstige<br />

Bedingungen in der Stadt korrigieren<br />

oder zumindest günstig beeinflussen lassen. Da<br />

neben Pflanzengemeinschaften, z.B. bestehend<br />

aus Gräsern und Kräutern, auch Hecken wichtige<br />

Funktionen als Lebensräume für Pflanzen<br />

und Tiere übernehmen, wird dieser Position<br />

hier gefolgt. „Grün“ in der Stadt ist nach Miess<br />

stadtklimatisch als „eine Mischung aus größeren<br />

55


Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Rasenflächen [bzw. Wiesenflächen], niedrigen<br />

Strauchgruppen und hochstämmigen [heimischen]<br />

Baumgruppen gesehen“28 am wirkungsvollsten.<br />

8. Begrünungen an baulichen Anlagen<br />

Parkanlagen und Baumpflanzungen sind nur ein<br />

Beitrag zur „Grünhaltung“ der Stadt. Denn auch<br />

an baulichen Anlagen sind Begrünungsmaßnahmen<br />

möglich. Dazu gehören insbesondere die<br />

Fassaden- und Dachbegrünung. Diese sollen<br />

nachfolgend erläutert werden.<br />

8.1 Fassadenbegrünungen<br />

Mit Hilfe einer Fassadenbegrünung, z.B. durch<br />

Kletterpflanzen, lassen sich die mikroklimatischen<br />

Verhältnisse an Hauswänden positiv beeinflussen,<br />

wobei diese Wirkungen auf den Luftraum<br />

im Nahbereich der Maßnahme beschränkt<br />

sind. Daher sollte man „diese Entlastungseffekte<br />

(…) aus klimatischer und lufthygienischer Sicht<br />

nicht (…) überschätzen.“29 Doch was kann im<br />

Einzelnen eine solche Fassadenbegrünung bewirken<br />

Köhler und Bartfelder sind dieser Frage<br />

in experimentellen Untersuchungen detailliert<br />

nachgegangen und hielten unter anderem fest,<br />

dass die begrünte Fassade im Vergleich zu einer<br />

unbegrünten noch in einem Abstand von einem<br />

Meter im Sommer eine um ca. 1- 3 °C niedrigere<br />

Lufttemperatur bewirken kann. Wie ist<br />

das möglich Das Blattwerk absorbiert und reflektiert<br />

zu einem großen Teil die direkten kurzwelligen<br />

Strahlen. Dies kann zu einer Dämpfung<br />

der Temperaturamplituden (Temperaturausschlag-<br />

und Schwingungsweite) und Maxima, im<br />

Sommer um bis zu 15 °C und im Winter „zu<br />

einer Reduzierung der Minima um bis zu 6 °C“,<br />

führen.30 Eine solche, wenn auch relativ geringe<br />

Energieeinsparung, in Folge der dämmenden<br />

Wirkung, trägt insgesamt auch zur Verbesserung<br />

des Kleinklimas bei. Das ist möglich, da sich Pflanzen<br />

bzw. Blätter im Tagesverlauf mit der Sonne<br />

„drehen“ (phototropische Ausrichtung) und<br />

sich im Jahresgang einem niedrigen oder hohen<br />

Sonnenstand, anpassen können. Im geringen<br />

Maße besteht auch eine zeitweilige Aufnahme<br />

des Staubniederschlages und somit ein kleiner<br />

Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität. Doch<br />

nur, weil sich die Sedimentationsstäube auf den<br />

Blättern absetzen können, sind diese noch lange<br />

nicht aus der Welt geschafft. Als weiteren<br />

positiven Aspekt bietet eine begrünte Fassade<br />

auch brutbiologisch, z.B. Nistplätze für Freibrüter<br />

und Höhlenbrüter, und nahrungsbiologisch,<br />

z.B. für Bienen, Hummeln, Falter und andere,<br />

gute Lebensbedingungen. Die wahrscheinlich<br />

bekannteste und klassische Art der Fassadenbegrünung<br />

ist die Kletterpflanze. Auffällig bei<br />

dieser Form ist, dass diese Pflanzen nur einen<br />

dünnen Stamm ausbilden, der hauptsächlich die<br />

Versorgungsaufgabe und nicht die `Tragende<br />

Rolle` übernimmt. Das ermöglicht ein schnelles<br />

Höhenwachstum und Vorteile anderen Pflanzen<br />

gegenüber, wie z.B. um Licht und Raum. Ermöglicht<br />

wird das zum Beispiel durch das Entwickeln<br />

von Haftorganen (bzw. Haftwurzeln) bei den<br />

Selbstklimmenden Pflanzen, auch Selbstklimmer<br />

genannt, wie Efeu, Kletterhortensie, Weinreben<br />

aber auch die Kiwi. Gerüstkletterpflanzen wie<br />

Schlingpflanzen umwinden die gestellten Kletterhilfen,<br />

Rankpflanzen bilden Greiforgane bzw.<br />

Ranken aus und Spreizklimmer harken sich bei<br />

den ´Gerüsten´ ein. Jede dieser Pflanzen besitzt<br />

ihre eigenen artspezifischen Eigenarten, und die<br />

daraus entstehenden Anforderungen bezüglich<br />

des Standortes müssen dabei unbedingt berücksichtigt<br />

werden. Neben den allgemeinen<br />

Anforderungen der Pflanzen an Licht, Boden<br />

und das (Klein)Klima sollten bei der Wahl der<br />

Pflanze(n) und der Konstruktion der Kletterhilfe<br />

Punkte wie die mögliche Größe, das Gewicht,<br />

der Triebdurchmesser und die Wuchsorientierung<br />

der Gerüstkletterpflanzen nach der Prüfung<br />

der Fassadenneigung, in Erfahrung gebracht<br />

werden. Da moderne Fassaden häufig nur sehr<br />

begrenzt tragfähige Oberflächen besitzen, sollte<br />

man sich Tipps und Hinweise von Spezialisten<br />

einholen, um auch eine Reduzierung der<br />

Erhaltungspflege (z.B. periodisch erforderliche<br />

Schnittmaßnahmen) durch situationsgerecht angepasste<br />

Kletterhilfen zu ermöglichen. Begrünte<br />

Fassaden tragen also zum einen zur Aufwertung<br />

des Stadtbildes bei, zum anderen können sie<br />

56


sich in der Regel auf dauerbeschatteten und/<br />

oder niederschlagsexponierten Wänden positiv<br />

auswirken. Bei jedoch Sonnenexponierten Fassaden<br />

können sie wiederum auch die Energiebilanz<br />

verschlechtern. Man sollte diese Punkte<br />

bedenken und individuell die Vor- und Nachteile<br />

bei den möglichen Gebäuden abwägen.<br />

8.2 Dachbegrünungen<br />

Neben der Fassadenbegrünung bieten bauliche<br />

Anlagen teilweise noch eine weitere Fläche, die<br />

begrünt werden könnte. Mit der Entdeckung<br />

des Eisenbetons gelang der Durchbruch für die<br />

Errichtung und Begrünung von Flachdächern.32<br />

Doch die Wissenschaftler sind sich über den<br />

Nutzen und die Auswirkungen eines Gründachs<br />

uneins. Stock und Beckröge waren 1985 der<br />

Ansicht, bei „(…) stärker Luftbelasteten Gebieten<br />

auf Dachbegrünung zu verzichten. Durch<br />

die Aufheizung thermisch aktiver Flächen wird<br />

der Luftaustausch belasteter Luftschichten mit<br />

weniger belasteten eher gewährleistet, als wenn<br />

die thermischen Extrembedingungen durch<br />

Dachbegrünung nivelliert würden.“33 Minke<br />

verglich seine Messungen von konventionellen<br />

Dächern mit den Werten, die er bei Gründächern<br />

ermittelte. Flachdächer können sich im<br />

Sommer auf bis zu 60- 80 °C erhitzen wobei<br />

auf grünen Dächern die Temperaturen kaum<br />

über 25 °C liegen. Genauso unterschiedlich sind<br />

auch die Temperaturschwankungen auf ihrer<br />

Oberfläche. Maximal 30 °C Unterschied<br />

herrscht über einem begrünten Dach, während<br />

bei einem unbegrünten bis zu 100 °C möglich<br />

sind.34 Im Einzelnen heißt das Folgendes für<br />

grüne Dächer: In der oberflächennahen Schicht<br />

herrscht eine erhöhte Luftfeuchte. Da die Windgeschwindigkeit<br />

geringer ist, ist die Luftbewegung<br />

stark reduziert und ermöglicht (mit Hilfe<br />

von begrünten Fassaden) eine Filterung der aufgewirbelten<br />

Schmutzpartikel aus der Luft. Ab<br />

einer Fläche von 100 m² auf aufgeheizten konventionellen<br />

Dächern kann laut Minke eine vertikale<br />

Luftbewegung von bis zu 0,5 m/ sec entstehen.35<br />

Diese würde genügen, um die in den<br />

Straßen, Plätzen und Höfen gelagerten 32 Genaueres<br />

hierzu schrieb <strong>Jana</strong> Ahrendt, Historische<br />

Gründächer. Ihr Entwicklungsgang bis zur Erfindung<br />

des Eisenbetons. Dissertation, TU Berlin<br />

2007. 33 R. Schäfer u.a., a.a.O. S. 30, zitiert nach:<br />

P. Stock, W. Beckröge, Klimaanalyse der Stadt Essen,<br />

KVR (Hrsg.), Essen 1985, S. 25. 34 R. Schäfer<br />

u.a., a.a.O. S. 30, zitiert nach: G. Minke, Möglichkeit<br />

und Nutzen Häuser zu begrünen, Deutsche<br />

Bauzeitung, 7/ 1980, S.20. 35 R. Schäfer u.a.,<br />

a.a.O. S. 30, zitiert nach: G. Minke, Möglichkeit<br />

und Nutzen Häuser zu begrünen, Deutsche<br />

Bauzeitung, 7/ 1980, S.20. 23 Staub- und<br />

Schmutzpartikel in die Luft zu befördern, und<br />

somit eine Schmutz- und Dunstglockenbildung<br />

begünstigen. Weitere Nutzen und Vorteile der<br />

Dachbegrünung kann man zum einen für den<br />

Bauherrn und der Gesellschaft, aber auch als<br />

positive Einflüsse auf unsere Umwelt formulieren.<br />

Eine Dachbegrünung mit ihrer positiven<br />

Wirkung auf das Stadtund Landschaftsbild ist<br />

nicht nur als Schutz der Dachabdichtung vor<br />

den Klima- und Umwelteinflüssen zu sehen. Sie<br />

dient zugleich der Lärmminderung, ermöglicht<br />

eine Hitzeabschirmung und sorgt für einen<br />

Feuchtigkeitsausgleich mit kühlender Wirkung<br />

auf das Raumklima im Sommer. Weiterhin senkt<br />

ein grünes Dach die Abwassergebühren und ermöglicht<br />

diverse Nutzungsmöglichkeiten. Der<br />

Dachgarten des Sport- und Wellnesshotels<br />

Stock in Finkenberg im Tiroler Zillertal wurde<br />

zum Beispiel sogar FBB Gründach des Jahres<br />

2007. Dieser von der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung<br />

e.V. (FBB) ausgezeichnete<br />

http://www.ulmer.de/preview/artikel.dllAID=3<br />

58403&MID=50278&TIX=2&UID=C2E8CB<br />

A1D49C2BB52FB735FCA286A9569AECC-<br />

DE5 1300 m² große Dachgarten wurde innerhalb<br />

von nur drei Wochen in mehrschichtiger<br />

Bauweise gefertigt. Dachbegrünungen werden<br />

öffentlich gefördert, allerdings mit regionalen<br />

und örtlichen Unterschieden. Jede Kommune<br />

wendet ihren individuellen Fördermix an. Dies<br />

kann durch Direktzuschüsse, Festsetzungen in<br />

Bebauungsplänen oder indirekt, durch Splittung<br />

der Abwassergebühren, geschehen. Der Inder<br />

Vishwanath Srikantaiah nutzt sein Dach zum<br />

Anbau von Reis. Er sammelt so genanntes Grauwasser,<br />

das bei der Wäsche anfällt, und lässt es<br />

in fünf verschiedenen (in seinem Garten aufgestellten)<br />

Tonnen reinigen. Das so gereinigte<br />

57


Stadtklima<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Wasser nutzt er schließlich zur Bewässerung<br />

seines Dachreisfeldes. Die angebaute Menge<br />

Reis genügt, um seine Familie zu versorgen.36<br />

Mit der Fähigkeit des Regenwasserrückhaltes,<br />

der Sauerstoffproduktion, die von solch einem<br />

Lebensraum ausgeht, und der Bindung von<br />

Staub- und Schadstoffen, wirkt ein begrüntes 36<br />

Darauf bin ich bei der 7. Jahreskonferenz des<br />

Rates für Nachhaltige Entwicklung aufmerksam<br />

geworden, Herr Vishwanath Srikantaiah ist ein<br />

Preisträger des Wettbewerbs „Mission Sustainability“<br />

- Wir nehmen die Herausforderung an,<br />

Berlin 2007. 24 Dach auch positiv auf das Stadtklima<br />

bzw. lokalklimatisch. Man unterscheidet<br />

zwischen extensiver (Dünnschichtaufbau mit<br />

Substrat, trockenheitsverträgliche Vegetation)<br />

und intensiver (vollwertiger Bodenaufbau bis<br />

hin zu Baumbepflanzung möglich) Dachbegrünung.<br />

Extensivbegrünungen sind sehr naturnah,<br />

weitgehend geschlossen und flächig angelegt<br />

und können sich durch angepasste Standortbedingungen<br />

weit gehend selbst erhalten. Zu ihnen<br />

zählen Moose, Sukkulenten37, Kräuter und<br />

Gräser aus dem Mitteleuropäischen Raum. Da<br />

eine solche Art der Begrünung nur einen geringen<br />

Pflegeaufwand mit sich zieht, ohne dass unter<br />

anderem eine zusätzliche Bewässerung notwendig<br />

ist, ist diese Form die kostengünstige<br />

Variante. Dem gegenüber stehen die kostenintensiven<br />

und aufwändigen Intensivbegrünungen,<br />

mit denen von Rasenflächen, Pflanzen, Stauden<br />

bis zu im Einzelfall sogar Bäumen (ob flächig, höhendifferenziert<br />

oder punktuell angelegt) möglich<br />

sein können. Solche Pflanzen brauchen eine<br />

regelmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung,<br />

stellen höhere Ansprüche an den Schichtaufbau<br />

und erfordern eine regelmäßige Pflege. Bei entsprechender<br />

Anpassung sind die Möglichkeiten<br />

der Nutzungs- und Gestaltungsvielfalt mit denen<br />

am Erdboden vorhandenen Freiräumen<br />

vergleichbar. Als Mittelweg bietet sich die einfache<br />

Intensivbegrünung an, welche sich aus bodendeckenden<br />

Begrünungen wie Gräsern, Stauden<br />

und Gehölzen zusammensetzt. Es besteht<br />

zwar eine Einschränkung der Nutzungs- und<br />

Gestaltungsvielfalt im Vergleich zur aufwändigen<br />

Intensivbegrünung, ist aber kostengünstiger als<br />

diese, da die verwendeten Pflanzen geringere<br />

Ansprüche an den Schichtenaufbau sowie an<br />

die Wasser- und Nährstoffversorgung stellen.<br />

Trotzdem sollte eine Bewässerung periodisch<br />

erfolgen. Auch eine Kombination aus begrüntem<br />

Dach und Solaranlagen ist möglich. Da eine<br />

nachträgliche Dachbegrünung meistens einen<br />

höheren finanziellen Aufwand mit sich bringt<br />

und sie auch die architektonische Gestaltung<br />

beeinflusst, sollte man diese frühzeitig in der Planung<br />

berücksichtigen. Bei der Pflanzenwahl sollten<br />

Aspekte wie der Schichtaufbau, die Schichtdicke,<br />

die Niederschlagsmenge, Lichtverhältnisse,<br />

die Wuchshöhe, die Geselligkeitsstufe sowie die<br />

Aggressivität gegenüber der Wurzelschutzschicht<br />

berücksichtigt werden. Damit wäre die<br />

vorletzte Schicht benannt. Der Schichtenaufbau<br />

der Vegetationsflächen oberhalb der Dachdichtung<br />

besteht meist aus folgenden Funktionsschichten:<br />

Vegetation, Vegetationsschicht, Filterschicht,<br />

Dränageschicht und Schutzschicht,<br />

bestehend aus der benannten Wurzelschutzschicht<br />

und der Trennschicht. Dabei kann die<br />

Mächtigkeit dieser, angepasst an die jeweilige<br />

Art der Begrünung, zwischen 2 und 37 Sukkulenten<br />

können selbst bei geringen Wasser- und<br />

Nährstoffmengen überleben, da sie das Wasser<br />

in ihren Blättern speichern können. Sie sind damit<br />

weder auf eine regelmäßige Bewässerung<br />

als auf eine dicke Substratschicht angewiesen.<br />

25 19 cm (und noch mehr) Dicke betragen.<br />

Eine Zusammenfassung der Schichten wäre<br />

möglich, ist aber abhängig von den verwendeten<br />

Baustoffen und Produkten. Die Vegetationsschicht<br />

ist so aufgebaut, dass eine Durchlüftung<br />

und somit eine Wasserdurchlässigkeit möglich<br />

ist. Das ermöglicht neben der Wasserabführung<br />

auch eine Speicherung von Wasser und Nährstoffen<br />

für die Pflanzen. Die Filterschicht verhindert,<br />

dass bei der Wasserversickerung wertvolle<br />

Boden- und Substratteilchen von der Vegetationsschicht<br />

in die Dränageschicht gelangen und<br />

somit die Wasserdurchlässigkeit beeinträchtigen<br />

könnten und stehen somit dem Nährstoffkreislauf<br />

weiter zur Verfügung. „Die Drainageschicht<br />

entlastet die Abdichtung von dem hydrostatischen<br />

Druck des Wassers (horizontal und vertikal).<br />

Sie führt das Überschusswasser von begrünten<br />

Dachflächen ab und verhindert somit<br />

den Aufbau von “Stauender Nässe” “38 (auch<br />

Staunässe genannt). Die Schutzschicht ist ein zu-<br />

58


sätzlicher Schutz für die Wurzelschutzfolie und<br />

der Dachabdichtung. Um eine Schädigung des<br />

Daches dauerhaft zu vermeiden, gibt es die<br />

Wurzelschutzschicht zusammen mit der untersten<br />

und letzten der Trennschicht auf dem<br />

Dach.39 Dachbegrünungsmaßnahmen kosten<br />

nach Internetrecherche je nach Anbieter zwischen<br />

17 und 45 € je m². Entscheidet man sich<br />

für eine Dachbegrünung, ist bei der Auswahl der<br />

Begrünung auf das vorhandene Klima, die Dachkonstruktion<br />

sowie die biologischen Besonderheiten<br />

der einzelnen Vegetationsräume zu achten.<br />

Eine wirkliche „Klimaverbesserung durch<br />

Verdunstung ist letztlich nur von bewässerten<br />

Dachflächen zu erwarten, so dass unter gesamtökologischer<br />

Betrachtung u.a. abzuwägen sein<br />

dürfte zwischen intensiv gepflegtem Dach und<br />

Wasserverbrauch.40“<br />

9. Abschließende Bemerkung<br />

Um Wärmeinseln entgegenzuwirken, sollten<br />

Maßnahmen zur Herabsetzung überhöhter<br />

sommerlicher Strahlungsaufnahme getroffen<br />

und wenn möglich, die jeweils lokal vorkommenden<br />

Windsysteme zur Verbesserung der<br />

Stadtdurchlüftung genutzt werden, um eine Ableitung<br />

der überschüssigen Wärme zu erzielen.<br />

Zu berücksichtigen sind, wenn kein Anschluss<br />

des Plangebietes an ein Fernwärmenetz möglich<br />

ist, ausreichend hohe Rauch- und Abgaskamine,<br />

um einem Eindringen der Schadstoffe in<br />

die Wohnungen und Häuser der Bewohner des<br />

Gebietes entgegenzuwirken. Eine Ost- West<br />

Ausrichtung der Gebäude ist empfehlenswert,<br />

um sowohl morgens als auch abends natürliches<br />

Licht der Sonne und ihre Wärme nutzen<br />

zu können. „Entsiegelung bzw. [die] Freihaltung<br />

von Versiegelung (..) umso bedeutsamer für Boden<br />

und Grundwasser [sei], je Flächenintensiver<br />

diese Maßnahmen sind.“41 Eine Schaffung von<br />

Grünflächen, unter Berücksichtigung der jeweiligen<br />

geologischen Gegebenheiten (z.B. die Art,<br />

Größe und Beschaffenheit des Untergrundes)<br />

mit Erdanschluss (welcher die Versickerungsfunktion<br />

übernimmt) dient der Grundwasseranreicherung<br />

von besiedelten und bebauten<br />

Bereichen, wirkt erholend und beruhigend auf<br />

den Menschen und würde auch den Pflanzen<br />

zu gute kommen. Als stadtklimatisch am „wirkungsvollsten“<br />

wird eine Mischung aus größeren<br />

Rasenflächen, niedrigen Strauchgruppen und<br />

hochstämmigen Baumgruppen gesehen, welche<br />

(bei einer Alleeartigen Anordnung der Bäume)<br />

deutlich geringere Temperaturwerte erzielen<br />

würden. Nicht zu vergessen ist, dass Pflanzengemeinschaften,<br />

z.B. bestehend aus Gräsern<br />

und Kräutern aber auch Hecken auch wichtige<br />

Funktionen als Lebensräume für Pflanzen und<br />

Tiere übernehmen. In Folge der dämmenden<br />

Wirkung trägt Fassadenbegrünung, wenn auch<br />

relativ gering, zur Energieeinsparung bei, bietet<br />

einen Lebensraum für Insekten und Brutplätze<br />

für Vögel. Jede dieser Pflanzen besitzt ihre eigenen<br />

artspezifischen Eigenarten, und die daraus<br />

entstehenden Anforderungen bezüglich<br />

des Standortes müssen dabei unbedingt berücksichtigt<br />

werden. Neben den allgemeinen<br />

Anforderungen der Pflanzen an Licht, Boden<br />

und das (Klein)Klima sollten bei der Wahl der<br />

Pflanze(n) und der Konstruktion der Kletterhilfe<br />

Punkte wie die mögliche Größe, das Gewicht,<br />

der Triebdurchmesser und die Wuchsorientierung<br />

der Gerüstkletterpflanzen nach der Prüfung<br />

der Fassadenneigung, in Erfahrung gebracht<br />

werden. Eine Dachbegrünung mit ihrer positiven<br />

Wirkung auf das Stadt- und Landschaftsbild<br />

ist nicht nur als Schutz der Dachabdichtung vor<br />

den Klima- und Umwelteinflüssen zu sehen. Sie<br />

dient zugleich der Lärmminderung, ermöglicht<br />

eine Hitzeabschirmung und sorgt für einen<br />

Feuchtigkeitsausgleich mit kühlender Wirkung<br />

auf das Raumklima im Sommer und verbessert<br />

die Energiebilanz des Gebäudes nachhaltig.<br />

Ein grünes Dach senkt die Abwassergebühren<br />

und ermöglicht diverse Nutzungsmöglichkeiten.<br />

Wenn die Fähigkeit des Regenwasserrückhaltes<br />

durch fehlenden oder zu geringen Niederschlag<br />

ungenutzt bleibt und man sein eigenes<br />

Grauwasser nicht reinigt (welches man dann<br />

zur Bewässerung nutzen könnte), sollte auf<br />

eine Dachbegrünung verzichten. Es sei denn,<br />

man entscheidet sich für Extensivbegrünungen,<br />

welche sehr naturnah sind und sich durch angepasste<br />

Standortbedingungen weit gehend selbst<br />

erhalten können. Auch eine Kombination aus<br />

begrüntem Dach und Solaranlagen ist möglich.<br />

59


Stadtklima - Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Auch wenn die Verbesserung der klimatischen<br />

Verhältnisse mit Hilfe von Fassaden- und Dachbegrünung<br />

nicht sonderlich groß erscheinen,<br />

einen erholsamen und verschönernden Effekt<br />

haben sie allemal. Wer darauf keinen Einfluss<br />

haben kann, kann neben den erwähnten Maßnahmen<br />

zur Drosselung von schädlichen Emissionen<br />

seinen Beitrag auf eigener Weise leisten.<br />

So hat jeder die Möglichkeit zumindest etwas<br />

für unsere Umwelt beizutragen.<br />

60


Ökologisches Bauen<br />

1. Einleitung<br />

In den Zeiten stetig wachsender Umweltbelastungen<br />

gewinnt ökologisches Bauen immer<br />

mehr an Bedeutung. Ökologisch orientierte<br />

Siedlungen und Modellvorhaben zeigen innovative<br />

und zukunftsfähige Lösungsmöglichkeiten<br />

auf, um die Belastungen für die Umwelt zu minimieren.<br />

Unter diesen Siedlungen finden sich<br />

„best practices“, aber auch weniger gelungene<br />

Realisierungen.<br />

Dieser Erkenntnis folgend, ist es von Bedeutung<br />

sich mit diesem Thema auseinanderzu-setzen.<br />

Ziel ist es, daraus Ideen und Vorschläge für eine<br />

ökologisch vernünftige Stadt-entwicklung ableiten<br />

zu können. Bevor dieser Beitrag auf insgesamt<br />

sechs ausgewählte Beispiele eingeht, sollen<br />

zunächst Grundlagen zum nachhaltigen Bauen<br />

gelegt werden.<br />

Der Grundlagenbereich hat das Ziel, in Form<br />

von vier <strong>Bausteine</strong>n zu den Themen Pla-nungsgrundsätze,<br />

Ökologie, Wirtschaftlichkeit und<br />

soziokulturelle Aspekte einenÜberblick über<br />

den Themenkomplex „Nachhaltiges Bauen“ zu<br />

geben und mit hilfreichen und zugleich wichtigen<br />

Quellen vertraut zu machen. Als wesentliche<br />

Grundlage dient dabei der „Leitfaden zum<br />

Nachhaltigen Bauen“ (2. Auflage), herausgegeben<br />

vom Bundesministerium für Verkehr, Bauund<br />

Wohnungswesen im Jahre 2001, der eine<br />

Vielzahl von Tipps und Hilfestellungen für Architekten,<br />

Planer und andere Berufsfelder bereithält,<br />

die an Planung und Bauen unter nachhaltigen<br />

Gesichtspunkten beteiligt sind. Der Leitfaden ist<br />

unter folgender Adresse http://www.bmvbs.de/<br />

architektur-baukultur/download/lf_nachhbauen.<br />

pdf für Jedermann frei verfügbar.<br />

2. Definition<br />

„Ökologisch orientiertes Bauen strebt in allen<br />

Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden von<br />

der Planung, der Erstellung über die Nutzung<br />

und Erneuerung bis zu ihrer Beseitigung eine<br />

Minimierung des Verbrauchs von Energie und<br />

Rohstoffen sowie eine möglichst geringe Belastung<br />

des Naturhaushalts an. (…)“<br />

Diese Definition über ökologisches Bauen ist<br />

sehr genau und kann zugleich als Maßstab zur<br />

Bewertung von Ökosiedlungen herangezogen<br />

werden. Ökosiedlungen sind meist Wohngebiete,<br />

einzelne Dörfer oder gar Stadtteile, die unter<br />

ökologischen Gesichtspunkten geplant und errichtet<br />

werden.<br />

Ein wichtiger Aspekt, der bei dem Bau von<br />

Ökosiedlungen oder auch nur ökologisch orientierten<br />

Häusern zu beachten ist, ist die Nachhaltigkeit.<br />

Im Vordergrund dabei stehen die Verwendung<br />

natürlicher, langlebiger Baumaterialien,<br />

die größtmögliche Vermeidung von Eingriffen in<br />

die Natur und die Umwelt, eine möglichst gute<br />

Dämmung der Gebäude und die Nutzung einheimischer<br />

und nachwachsender Rohstoffe.<br />

Im Vordergrund der Gebiete stehen neben den<br />

ökologischen Aspekten auch ökonomische und<br />

soziale Komponenten, die meist als Ziele oder<br />

als Kriterien formuliert werden. Diese Kriterien<br />

müssen dann von den Bauherren eingehalten<br />

werden.<br />

Wichtige ökologische Aspekte sind zum Beispiel<br />

der sparsame Umgang mit natürlichen Ressourcen,<br />

die Nutzung erneuerbarer Energien (z.B.:<br />

Solarenergie), die Minimierung der Fläche, Nutzung<br />

natürlicher und regionaler Baustoffe oder<br />

die Nutzung von Regenwasser.Die Liste der<br />

ökologischen Aspekte ist beliebig erweiterbar<br />

und differenzierbar.<br />

3. <strong>Bausteine</strong> zum Nachhaltigem<br />

Bauen<br />

Beim nachhaltigen Bauen spielen vier Aspekte<br />

eine wichtige Rolle:<br />

Planung, Ökologie, Wirtschaftlichkeit und das<br />

Gebiet der soziokulturellen Aspekte. All diese<br />

Bereiche sind bei der Entwicklung eines nachhaltigen<br />

Entwurfes konse-quent zu beachten. Für<br />

diese vier <strong>Bausteine</strong> dient der oben erwähnte<br />

Leitfaden des Bundesministeriums für Verkehr,<br />

Bau- und Wohnungswesen als Grundlage.<br />

61


Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

3.1Baustein „Planung“<br />

Eine nachhaltige Planung setzt die Beachtung<br />

von sechs Maximen voraus:<br />

A Planungsteam auf Nachhaltigkeit anpassen<br />

Dazu ist es notwendig, dass das vorhandene<br />

Planungsteam mit den verschiedenen Fachdisziplinen<br />

bereits zu Beginn der gemeinsamen<br />

Arbeitim Hinblick auf die Nachhaltigkeit zusammenarbeitet.<br />

Dies geschieht am besten durch<br />

die Koordination des verantwortlichen Planers.<br />

Betreiber und späterer Nutzer sollten ebenfalls<br />

bereits in dieser Phase in die Planung miteinbezogen<br />

werden, um ein optimales Ergebnis sicher<br />

zu stellen.<br />

B Qualitätssicherung durch Monitoring<br />

Die Ergebnisse der Baudurchführung sollten<br />

stetig gemessen, dokumentiert und mitden ursprünglichen<br />

Vorgaben abgeglichen werden, um,<br />

falls erforderlich, rechtzeitig eingreifen zu können<br />

und Änderungen zu bewirken.<br />

C Nachhaltigkeitsgrundsätze von Anfang an beachten<br />

Die Möglichkeiten der Einwirkung auf das Baugeschehen<br />

sind zu Beginn einer Maßnahme<br />

am größten. Gleichzeitig werden kostenwirksame<br />

Entscheidungen meist schon in der Programmdefinition<br />

getroffen. Deshalb ist es von<br />

Bedeutung, gerade bei diesen wichtigen Bestimmungen<br />

die Nachhaltigkeitsgrundsätze zu<br />

berücksichtigen.<br />

D Soziokulturelle Aspekte als gleichwertig erachten<br />

Nachhaltiges Planen erfordert zudem das Berücksichtigen<br />

der sozialen undkulturellen Auswirkungen<br />

eines Bauvorhabens. So haben beispielsweise<br />

diefunktionalen, gestalterischen und<br />

denkmalpflegerischen Aspekte ein ebensomaßgebliches<br />

Gewicht.<br />

E Lange Nutzungszeit beachten<br />

Die Lebensdauer von Gebäuden beträgt in der<br />

Regel zwischen 50 und 100 Jahren. Legt man<br />

derart lange Betrachtungszeiträumeals Bewertungsmaßstab<br />

an, werden vielerlei ökologisch<br />

sinnvolle Maßnahmen auch ökonomischvernünftig<br />

und sind zu empfehlen.<br />

F Einzelmaßnahme betrachten<br />

Es gibt leider kein allgemeingültiges Konzept.<br />

Jedes spezifische Vorhaben bedarf auch spezifischer<br />

Konzepte mit individuellen Lösungsansätzen<br />

und entsprechender technischer Ausstattung<br />

und Möblierung, um ein nachhaltiges<br />

Dasein zu fristen.<br />

Aus diesen Grundsätzen ergeben sich folgende<br />

spezifische Empfehlungen:<br />

A Bedarfshinterfragung Neubau<br />

Ist ein Neubau wirklich erforderlich Lässt sich<br />

der Bedarf mit dem vorhandenen Bestand abdecken<br />

Zur Verdeutlichung dient hierbei das<br />

folgende Schema. Es veranschaulicht das Frageschema,<br />

welches zu Beginn eines Planungsprozesses<br />

abgefragt werden sollte, um unnötige<br />

Abrisse zu vermeiden und nicht unnötig unverbrauchtes<br />

Land in Anspruch zu nehmen.<br />

Dieses Schema aus dem Leitfaden für nachhaltiges<br />

Bauen verdeutlicht die einzelnen Verfahrensschritte,<br />

die durchlaufen werden sollten, ehe ein<br />

Neubau auf der „grünen Wiese“ geplant wird.<br />

Das Verfahren versucht durch gezielte Fragestellungen,<br />

die bearbeitet werden müssen, Alternativen<br />

zu einerFlächenneuinanspruchnahme<br />

in Form eines Neubaus auf bisher unbebauter<br />

Fläche aufzuzeigen.<br />

B Optimierung des Raumprogramms<br />

Ist das Raumprogramm auf den tatsächlich notwendigen<br />

Bedarf ausgelegt Unterstützt die vorgesehene<br />

Raumzuordnung den Arbeitsprozess<br />

oder wirkt sie ihm eher entgegen<br />

C Grundstücksbezogene Auswirkungen betrachten<br />

Unterstützt das Grundstück die Anforderungen<br />

an Ökologie und Ökonomie Welche Rolle<br />

spielen Verkehrsströme, kontaminierte Flächen<br />

und mögliche Eingriffs/Aus-gleichsregelungen<br />

D Gebäudeentwurf optimieren<br />

Den Entwurf im Hinblick auf Ökologie, Ökonomie,<br />

Funktionalität und Gestaltung an wichtigen<br />

62


Punkten des Planungsprozesses immer wieder<br />

optimieren.<br />

E Lange Nutzungsdauer beachten<br />

Hiermit ist das Stichwort „Dauerhaftigkeit der<br />

Gebäude“ verbunden. Sind Möglichkeiten zur<br />

Mehrfachnutzungen/ Umnutzungen bei Wegfall<br />

der ursprünglich geplanten Nutzung berücksichtigt<br />

worden<br />

F Dauerhaftigkeit von Baustoffen und Bauteilen<br />

überprüfen<br />

Je länger verwendete Baustoffe haltbar sind,<br />

desto mehr begünstigt dies auch die Lebensdauer<br />

der damit gebauten Gebäude und dient<br />

gleichzeitig der Reduzierung des Unterhaltungsund<br />

Erneuerungsaufwandes.<br />

G Geringe Schadstoffbelastung der Baustoffe/teile<br />

Eine geringe Schadstoffbelastung ist neben den<br />

gesundheitlichen Aspekten für die Bewohner<br />

vor allem von Bedeutung, wenn bestimmte Bauteile<br />

weiter- oder wieder- verwendet werden<br />

sollen. Auch für die Entsorgung von etwaigen<br />

Reststoffen ist dies von Vorteil. Zu guter Letzt<br />

schützen umweltverträgliche Baustoffe den<br />

Boden und das Grundwasser vor schädlichen<br />

Schadstoffeinträgen.<br />

H Kontrollierter Rückbau bei Wegfall jeglicher<br />

Nutzungsmöglichkeiten<br />

Sind alle möglichen Nutzungsoptionen für ein<br />

Gebäude ausgeschöpft, so ist eswichtig, dass<br />

ein kontrollierter und ökologisch verträglicher<br />

Rückbau möglich ist.<br />

3.2 Baustein „Ökologie“<br />

Die Ökologie eines Gebäudes soll nach dem<br />

Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“ einer ökologischen<br />

Bewertung unterzogen werden. Betrachtet<br />

werden soll bei dieser Bewertung der gesamte<br />

Lebenszyklus eines Gebäudes. Also der<br />

Bau, die Lebensdauer und auch der Rückbau.<br />

Die Betrachtung des Lebenszyklus` ist auf etwa<br />

100 Jahre bezogen, was der normalen Lebensdauer<br />

eines Gebäudes entspricht.<br />

Bei der ökologischen Bewertung unterscheidet<br />

man zum einen die qualitative und zum anderen<br />

die quantitative Bewertung voneinander.<br />

Die qualitative Bewertung übernimmt die Aufgabe<br />

der Erstbewertung, danach folgt, durch die<br />

Planrealisierung die quantitative Bewertung.<br />

Die qualitative Bewertung ist einfacher durchzuführen,<br />

jedoch lassen sich die beiden Bewertungen<br />

schwer vergleichen und sollen sich eigentlich<br />

nur ergänzen. Die quantitative Bewertung<br />

ist außerdem mit einem höheren Aufwand verbunden.<br />

Die gesamte ökologische Bewertung verfolgt<br />

drei Ziele: den Schutz der menschlichen Gesundheit,<br />

den Schutz des Ökosystems und den<br />

Schutz der Ressourcen. Diese Ziele sollten bei<br />

der Errichtung neuer und dem Umbau alter<br />

Gebäude beachtet werden.<br />

3.3 Baustein „Wirtschaftlichkeit“<br />

Ein Gebäude wirkt nicht nur während seiner<br />

Bauzeit stark auf die Umwelt ein, sondern auch<br />

während der gesamten Lebenszeit. Aus diesem<br />

Grund stehen die Baukosten und auch die Baunutzungskosten,<br />

also die Betriebskosten, eines<br />

Hauses in einem direkten Zusammenhang mit<br />

Umweltbelastungen und -beeinträchtigungen.<br />

Deshalb sollte die Senkung der Bau- und Betriebskosten<br />

beachtet werden, der ein wichtiger<br />

Aspekt des ökologisch orientierten Bauens ist.<br />

Durch das umweltverträgliche Bauen könnten<br />

gleichzeitig die Umweltbeeinträchtigungen sowie<br />

die Kosten gesenkt werden. Eine Berücksichtigung<br />

in einem frühen Planungsstadium ist<br />

dafür Voraussetzung.<br />

Der Leitfaden für nachhaltiges Bauen spricht<br />

außerdem drei Bereiche an, die bei der Wirtschaftlichkeit<br />

ökologischen Bauens von großer<br />

Bedeutung sind. Dies ist zum einen die<br />

Analyse der Bedarfsforderung hinsichtlich Art<br />

und Umfang eines Gebäudes, die unbedingt<br />

durchgeführt werden sollte. Des Weiteren haben<br />

die Berücksichtigung wirtschaftlicher Gebäudeerstellungs-<br />

und Bauverfahren während<br />

der Planungen und außerdem noch die schon<br />

angesprochene Betriebs- und Nutzungskosten-<br />

63


Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

reduzierung im Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“<br />

eine große Bedeutung.Dabei sollte allerdings<br />

mit einer Baukostenerhöhung bei Einzelkomponenten<br />

gerechnet und diese auch in Kauf genommen<br />

werden.<br />

der Gesundheit durch eventuell problematische<br />

Stoffe muss zuverlässig ausgeschlossen werden.<br />

Das Ziel sollte immer sein, in einemökonomisch<br />

akzeptablen Rahmen, die bestmöglichen Bedingungen<br />

für den Aufenthalt zu schaffen.<br />

Der Bereich der Wirtschaftlichkeit wird außerdem<br />

noch durch den §7 der Bundeshaushaltsordnung<br />

(BHO) geregelt. § 7 BHO regelt<br />

die Sparsamkeit und die Kosten- und Leistungsrechnung.<br />

Nach Absatz 1 sind bei der<br />

Aufstellung und Ausführung des Haus-haltsplanes<br />

die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und<br />

Sparsamkeit zu beachten. Diese Grundsätze<br />

verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche<br />

Ausgaben oder öffentlichen Zwecken dienende<br />

wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung<br />

und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt<br />

werden können. In den folgenden zwei Absätzen<br />

des § 7 BHO wird auf die Notwendigkeit<br />

der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, sowie auf<br />

eine mögliche Kosten- und Leistungsrechnung<br />

eingegangen.<br />

3.4 soziokulturelle Aspekte<br />

Gebäude werden in erster Linie für den Menschen<br />

gebaut. Diese soziale Dimension steht<br />

bei der soziokulturellen Betrachtung im Vordergrund.<br />

Bei der Betrachtung der vielen technischen<br />

Kenndaten, die einen „nachhaltigen“ Entwurf<br />

ausmachen, darf dennoch nicht der Faktor<br />

„Mensch“ völlig außer Acht gelassen werden.<br />

Widmet man sich den sog. „soziokulturellen<br />

Aspekten“, dann sind Gesundheit, Behaglichkeit<br />

und Kultur wichtige Merkmale im Rahmen einer<br />

Bewertung. Gebäude, in denen sich Menschen<br />

aufhalten, müssen den Bedürfnissen ihrer<br />

Nutzer entsprechen und sollten ein möglichst<br />

hohes Maß an Wohlbefinden gewährleisten.<br />

Ausschlaggebend für die Wirkung eines Gebäudes<br />

können verschiedenste Aspekte sein.<br />

So können sich sowohl der Umgang mit den<br />

Bürgern als auch die Schaffung von historischen<br />

Schutzgütern in dem Wert eines Gebäudes widerspiegeln.<br />

Zudem sollten Belastungen der Innenraumluft<br />

konsequent vermieden werden. Die Gefährdung<br />

Das Wohlbefinden und damit auch die Leistungsfähigkeit<br />

des Menschen in einem Raum<br />

können durch ganz verschiedene Aspekte beeinflusst<br />

werden:<br />

So zum Beispiel die Architektur eines Gebäudes;<br />

vor allem die Gebäude und Raum-geometrie.<br />

Des Weiteren wirken sich die Gestaltung, die<br />

verwendeten Materialien und die Farbgestaltung<br />

auf das Wohlbefinden aus. Einfluss auf das<br />

Wohlbefinden des Menschen in Räumen haben<br />

in erster Linie die Architektur des Gebäudes,<br />

eine gute Gestaltung, die Materialien und Farbgestaltung<br />

sowie die technische Ausstattung<br />

und Möblierung eines Gebäudes.<br />

4. Zwischenfazit „Nachhaltiges<br />

Bauen“<br />

Für das nachhaltige Bauen ist es also vor allem<br />

wichtig, Lösungen zu finden, die ökolo-gisch<br />

verträglich, ökonomisch akzeptabel sind und<br />

den Menschen einbeziehen. Dabei ist es entscheidend,<br />

bereits von den ersten Überlegungen<br />

an bis hin zum späteren Ende der Nutzung<br />

möglichst interdisziplinär zu planen. Aus ökonomischer<br />

Sicht ist es meist ungünstig, einen<br />

„schlechten“ Entwurf in energetischer, ökologischer<br />

oder brandschutztechnischer Sicht<br />

„nachzubessern“. Dennoch sollte eine spätere<br />

Aufwertung gegen einen Neubau vernünftig<br />

miteinander abgewogen werden und nicht<br />

blind auf der „grünen Wiese“ neu gebaut werden<br />

(siehe Abbildung):<br />

Dabei stehen folgende (Schutz-)Ziele im Vordergrund:<br />

• der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen wie<br />

Boden, Luft und Wasser<br />

• der Schutz der stofflichen und energetischen Ressourcen<br />

64


• möglichst niedrige laufende Betriebs• und Unterhaltungskosten<br />

• der Schutz des Klimas<br />

• die Erhaltung von Kapital<br />

• der Schutz von Natur und Landschaft<br />

• der Schutz der menschlichen Gesundheit<br />

• der Schutz von sozialen und kulturellen Werten<br />

Besonders hilfreich bei der Bewertung eines<br />

Gebäudes auf Nachhaltigkeit sind dabei die<br />

Checkliste für Nachhaltiges Bauen sowie die<br />

Bewertungsmatrix zur Bewertung von Ge-bäuden<br />

und die Vorlage für einen Gebäudepass aus<br />

dem Leitfaden vom Bundesministerium. Diese<br />

drei Hilfsmittel geben dem Planer ein nützliches<br />

Instrument zur Seite, um einen nachhaltigen<br />

Planungsprozess zu begleiten und sich daran zu<br />

orientieren.<br />

Das Grundstück dieser zwei sog. Baumhäuser<br />

(Nord- und Südhaus) befindet sich in zentraler<br />

Lage zum Ortsteil. Die ursprüngliche architektonische<br />

Idee, die den Baumhäusern zugrunde<br />

liegt, ist der Versuch eines mehrge-schossigen,<br />

städtischen Hauses, dessen Kon-struktion das<br />

„Stapeln“ von individuell gestalteten Einfamilienhäusern<br />

zulässt.Daher werden die Gebäude<br />

auch als „Etagenhäuser“ bezeichnet. Erst eine<br />

jeder Etage zugeordnete Gartenfläche macht<br />

die verschiedenen Wohnungen jedenfalls theoretisch<br />

zu einem Haus.<br />

Die ersten Planungen zu diesen Gebäuden<br />

stammen von Frei Otto zu Beginn der 1980er<br />

Jahre. Erst in den Jahren von 1989 bis 1991<br />

wurden die Häuser jedoch schließlich fertig gestellt.<br />

Das Nordhaus wurde durch den sozialen<br />

Wohnungsbau im 3. Förderungsweg finanziert;<br />

5. Modellvorhaben – Ökosiedlungen<br />

Im Folgenden werden sechs verschiedene<br />

Ökosiedlungen bzw. Modellvorhaben vorgestellt,<br />

um einen Eindruck davon zu vermitteln,<br />

wie vielfältig und unterschiedlich ökolo-gische<br />

Anlagen sein können, denen man nicht immer<br />

gleich den ökologischen Wert an-sieht. Denn<br />

oftmals liegen die dafür wichtigen Aspekte mehr<br />

im Verborgenen und sind nur für den Kenner<br />

ersichtlich.<br />

5.1 „Baumhäuser“ in Berlin –<br />

Tiergarten<br />

4.7.1. Baumhaus in Berlin Tiergargen<br />

das Südhaus entstand durch das Eigenkapital<br />

der Eigentümer, gefördert durch das Eigentumsförderungsprogramm<br />

des Landes Berlin und<br />

einer Zusatzförderung des Bundes.Die daraus<br />

entstandenen Miet– und Eigentumswohnungen<br />

bieten den Bewohnern city- und naturnahes<br />

Wohnen.<br />

Die beiden freistehenden und fünfgeschossigen<br />

Baumhäuser vereinen in sich insgesamt 26<br />

Wohneinheiten und eine Gewerbeeinheit. In<br />

diesen Häusern leben etwa 45 Bewohner.<br />

Aus Gründen des ökologischen Bauens wurden<br />

wassersparende Sanitärtechniken verwendet:<br />

Das Regenwasser versickert nicht nur vor Ort<br />

im Boden, sondern es wird zuvor aufgefangen<br />

und als Grauwasser genutzt. Es existieren wohnungsbezogene<br />

Grauwasserkreisläufe sowie<br />

eine getrennte Abfallsammlung und Kompostierung.<br />

Um den vorhandenen Grünbestand nicht<br />

zu gefährden, wurde dieser, so weit es möglich<br />

war, in den Bestand integriert.<br />

65


Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Ebenso wurden Dächer, Fassaden und Terrassen<br />

begrünt. Um energiesparend zu arbei-ten,<br />

wird die Sonnenenergie in verschiedener Form<br />

genutzt: Zum einen durch vorge-lagerte Wintergärten<br />

und Trombenwände und zum anderen<br />

durch Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen.<br />

In dem gesamten Anwesen wurden nur<br />

ökologisch unbedenkliche Baustoffe verwendet,<br />

wie z. B. Lehm.<br />

Vauban im Süden von Freiburg. Vauban war früher<br />

militärisch genutzte Fläche und war somit<br />

60 Jahre der Stadtentwicklung entzogen.Erst<br />

im August 1992 wurde das 41 Hektar große<br />

Gelände schließlich von den Forces Françaises<br />

en Allemagne (FFA) frei gemacht. Ab 1993<br />

entstand dann im Zuge einer städtebaulichen<br />

Entwicklungsmaßnahme ein neuer Stadtteil<br />

mit etwa 2000 Wohneinheiten. Das gesamte<br />

Baukonzept hat eine ökologische Orientierung.<br />

Dies zeigt sich besonders in Projekten, wie zum<br />

Beispiel dem „car sharing“, welches der Reduzierung<br />

des motorisiertenIndividualverkehrs (MIV)<br />

dienen soll, der Nahwärmeversorgung und den<br />

Wohnhäusern in Niedrigenergiebauweise.<br />

66<br />

4.7.2. Baumhaus in Berlin Tiergargen<br />

Anzumerken ist bei diesem durchaus erwähnenswerten<br />

Bauprojekt jedoch, dass für die außergewöhnliche<br />

Stapelkonstruktion eine große<br />

Vielzahl an Wärmebrücken und bau-physikalischen<br />

Anschlusspunkten in Kauf genommen<br />

werden musste. Dadurch wurde dem geplanten<br />

Energiesparprogramm letzt-endlich entgegen<br />

gewirkt. Des Weiteren haben die ursprünglich<br />

als üppige Gartengrundstücke geplanten Grünflächen<br />

auf den einzelnen Etagen in der Umsetzung<br />

deutlich an Größe verlo-ren, so dass sie<br />

eher dem Abstellen von Blumenkästen dienlich<br />

sind, als dem Aufenthalt im Freien und die vermeintliche<br />

Nutzungsvielfalt durchaus in Frage zu<br />

stellen ist.<br />

5.2 „Nullabwasserhaus“ in<br />

Freiburg- Vauban<br />

Dieses Nullabwasserhaus ist Teil des nach ökologischen<br />

Gesichtspunkten geplanten Stadtteils<br />

Das erst 1999 fertig gestellte Nullabwasserhaus<br />

ist Teil dieser ökologischen Bauprojekte.<br />

Es umfasst 20 Wohneinheiten für etwa 40<br />

Bewohner. Die Wohnbelegung reicht vom<br />

Singlehaushalt über Familien bis hin zu Wohngemeinschaften.<br />

Einige Wohneinheiten dienen<br />

Künstlern als Atelier. Das Passivhaus umfasst ein<br />

Biogas-Blockheizkraftwerk und eine eigene Solarstromanlage.<br />

Ökologischer Schwerpunkt dieses<br />

Gebäudes ist das spezielle Sanitärkonzept.<br />

Das feingliedrige Leitungssystem ermöglicht die<br />

Trennung des Abwassers in „Grauwasser“ und<br />

Fäkalien („Schwarzwasser“). Über spezielle Vakuumtoiletten,<br />

die gegenüber herkömmlichen<br />

„Spar-WC´s“ 40% weniger Wasser verbrauchen,<br />

wird das „Schwarzwasser“ der hausinternen<br />

Biogasanlage zugeführt. Dort vergärt es zu Flüssigdünger,<br />

der dann später in der Landwirtschaft<br />

verwendet wird.Das dabei entstehende Biogas<br />

wird zum Kochen verwendet. Das „Grauwasser“<br />

aus Küche und Bad hingegen wird in einem<br />

belüfteten Sandfilter auf dem Grundstück gereinigt.<br />

Danach wird es zum einen Teil für die<br />

Toiletten-Spülung, zum anderen Teil für die Gartenbewässerung<br />

benutzt.<br />

Des Weiteren wurden durchgehend naturverträgliche<br />

Baustoffe wie zum Beispiel Holz und<br />

Naturdämmstoffe verwendet. Ebenfalls wurden<br />

nahezu ausschließlich PVC-freie Baumaterialien<br />

inklusive der elektrischen Installationen benutzt.<br />

Die zusätzlichen Kosten dieses Hauses gegenüber<br />

einem „normalen“ Niedrigenergiehaus be-


5.3 „Solarsiedlung“ in Wiggenhausen<br />

Die „Solarsiedlung“ Wiggenhausen liegt in<br />

Friedrichshafen bei Konstanz. Die Siedlung besteht<br />

aus acht Mehrfamilienhäusern in dichter<br />

Bebauungsstruktur. Insgesamt waren an der<br />

Errichtung vier Wohnungsbaugesellschaften beteiligt.Die<br />

Gebäude entstanden in den Jahren<br />

1995 bis 1996. Die Wohnsiedlung in Friedrichshafen-Wiggenhausen<br />

gehört zu den ersten solaren<br />

Nahwärmenetzen mit Langzeitspeicher in<br />

Deutschland und damit zu den Pilotanlagen in<br />

diesem Fachbereich. In den ersten beiden Bauetappen<br />

wurden fast 600 Wohnungen in Blockrandbebauung<br />

erstellt.<br />

4.7.3. Laubengang des Nullabwasserhauses<br />

tragen 7% (ohne die innovative Entwässerungsanlage).<br />

Gefördert wurde dieses Projekt durch<br />

die „Deutsche BundesstiftungUmwelt „(DBU).<br />

Die Bewohner dieses Hauses wurden an der inneren<br />

Gestaltung der Wohnungen beteiligt und<br />

ihre Wünsche und Vorstellungen berücksichtigt.<br />

Der Gemeinschaftsgedanke hat in vielen Bereichen<br />

zu kreativen Lösungen geführt. So gibt<br />

es zum Beispiel ein hausinternes Intranet und<br />

privat finanzierte Räume wie ein Musikzimmer<br />

oder ein Atelier stehen allen Bewohnern offen.<br />

Alles in allem lässt sich sagen, dass dies ein objektiv<br />

gut geplantes, ökologisches Gebäude ist,<br />

welches zwar den Schwerpunkt in seinem Abwasserkonzept<br />

hat und dennoch darüber hinaus<br />

viele verschiedene ökologische Aspekte in sich<br />

vereint und mit berücksichtigt. Von entscheidender<br />

Bedeutung für die abschließende Bewertung<br />

ist jedoch die Tatsache, dass die hauseigene<br />

Biogasanlage nicht in Betrieb ist und somit ein<br />

entscheidender Tragpfeiler des Konzeptes wegfällt.Ohne<br />

dieses außergewöhnliche Sanitärkonzept<br />

unterscheidet sich dieses Haus nur geringfügig<br />

von anderen ökologischen Bauprojekten<br />

und verliert somit seinen Sonderstatus.<br />

Städtebaulich ist dieser Entwurf eher unauffällig,<br />

es handelt sich durchgehend um eine fünf<br />

bis sechs geschossige Blockrandbebauung. Der<br />

ökologische Schwerpunkt dieser Siedlung liegt<br />

alleinbei der Nutzung erneuerbarer Energien.<br />

Kern der Anlage sind die solaren Nahwärmenetze<br />

mit Langzeitspeicher. Die Heißwassererzeugung<br />

funktioniert durch großmodulige<br />

Solarkollektoren. Das Heizwasser wird einem<br />

12.000 Kubikmeter großen Langzeitspeicher<br />

zur saisonalen Wärmespeicherung aufbewahrt.<br />

Es existiert eine gemeinsame Heizzentrale für<br />

Raumheizung und Warmwasserversorgung.Ein<br />

hausinternes Netzwerk übernimmt die Hausverteilung<br />

der Wärme.<br />

Finanziert wurde das Projekt im Rahmen des<br />

Förderprogramms „Solarthermie 2000“ des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit<br />

(BMWA). Bauträger waren das Siedlungs-werk<br />

Stuttgart, die städtische Wohnbaugesellschaft<br />

Friedrichshafen, die Kreisbauge-nossenschaft<br />

Bodenseekreis und die Landesentwicklungsgesellschaft<br />

Baden-Württemberg. Die Gesamtplanung<br />

übernahm hierbei das Steinbeis Transferzentrum<br />

Stuttgart. Die technischen Werke<br />

sind für Betrieb und Instandhaltung der Anlage<br />

zuständig.<br />

Zu bemerken ist jedoch, dass der Bau zwar<br />

ohne gravierende Probleme von statten ging, es<br />

jedoch von Beginn an immer wieder zu technischen<br />

Problemen kam. So liegt heute der ur-<br />

67


Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

sprünglich geplante Anteil an Energie, der durch<br />

die Sonnenkollektoren gewonnen werden sollte,<br />

mit 40% bei weitem unterm dem eigentlich<br />

anvisierten Ziel.<br />

Nachhaltigkeitsdimensionen wie zum Beispiel<br />

Wohlbefinden für den Menschen oder Freiraumplanung<br />

berücksichtigt.<br />

5.4. Potsdamer Platz in Berlin-<br />

Mitte<br />

4.7.4. Lageplan der Solarsiedlung<br />

Erfahrungsberichte aus der letzten Zeit zeigen<br />

allerdings, dass die Solarsiedlung in Wiggenhausen<br />

bei weitem nicht nur mit den technischen<br />

Problemen der Solarthermie-Anlage zu kämpfen<br />

hatte. Neben den oben genannten Problemen<br />

hatte das Quartier zeitweise einen sehr<br />

hohen Migrationsanteil zu verzeichnen.<br />

Durch die Einrichtung eines Sozialbüros und<br />

dem unermüdlichen Einsatz der Sozial-rbeiter<br />

konnten die Wohnbedingungen zu einem<br />

großen Teil verbessert werden, so dass dieser<br />

Stadtteil heute ein durchaus besseres Ansehen<br />

genießt.<br />

Das Bauprojekt ist aufgrund seiner ganz klar<br />

einseitig ausgerichteten ökologischen Zielsetzung<br />

nicht direkt mit anderen ökologischen<br />

Modellprojekten zu vergleichen. Das Ziel dieser<br />

Anlage war es, mit Hilfe des Förderprogramms<br />

„Solarthermie 2000“ das Verfahren in Form der<br />

beschriebenen Pilotanlage in Wiggenhausen zu<br />

etablieren. Das ganze Finanzierungskonzept basierte<br />

darauf. Darüber hinaus ist diese Siedlung<br />

ein anschauliches Beispiel für eindimensionales<br />

ökologisches Planen. Über das Thema „Energiegewinnung“<br />

hinaus wurden keine weiteren<br />

Der Potsdamer Platz ist ein Beispiel für ein Siedlungsgebiet,<br />

bei dem man nicht auf den ersten<br />

Blick erkennt, dass ökologische Gesichtspunkte<br />

eine wichtige Rolle gespielt haben. Dennoch ist<br />

der größte Teil des Potsdamer Platzes, genauer<br />

das Daimler Chrysler Areal, unter ökologischen<br />

Aspekten geplant und gebaut worden. Begonnen<br />

hatten die Planungen zur Umgestaltung der<br />

seit dem 2. Weltkrieg brachliegenden Fläche am<br />

Potsdamer Platz mit der Ausschreibung eines<br />

städtebaulichen Wettbewerbs vom Berliner Senat<br />

im Jahr 1991.Gewonnen hat der Entwurf von<br />

Hillmer und Sattler aus München. Auf Grundlage<br />

dieses städtebaulichen Wettbewerbs wurde<br />

ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, der<br />

von der Planungsgemeinschaft Renzo Piano und<br />

Christoph Kohlbecker gewonnen wurde.Renzo<br />

Piano entwickelte dann aus dem Entwurf den<br />

Masterplan für das damalige debis-Gelände und<br />

das heutige Daimler-Areal, der dann in Zusammenarbeit<br />

mit anderen Teilnehmern des Architekturwettbewerbs<br />

umgesetzt wurde.<br />

Schon zu Beginn der Planungen Anfang der<br />

1990er Jahre stand fest, dass die Ökologie eine<br />

große Rolle bei der Neugestaltung des Potsdamer<br />

Platzes spielen sollte. Deshalb begleiteten<br />

Bauökologen der Dress & Sommer AG den<br />

gesamten Bauprozess und entwi-ckelten mit<br />

den Verantwortlichen ein ökologisches Konzept.<br />

Dieses Konzept war aber nicht nur auf die<br />

Bauzeit beschränkt, sondern richtete sich auch<br />

auf die Betriebszeit der Gebäude. Außerdem<br />

mussten die Architekten bei der Umsetzung<br />

verschiedene Ziele be-achten, zum einen die<br />

Senkung des Schadstoffausstoßes, zum anderen<br />

die Senkung des Energieverbrauches sowie die<br />

Verwendung von umwelt- und gesundheitsgerechten<br />

Baustoffen.<br />

Das Daimler-Areal erstreckt sich auf einer Flä-<br />

68


che von ca. 100.000 m², von denen etwa 70.000<br />

m² überbaut sind. Gerade bei einer Versiegelung<br />

in dieser Größenordnung ist es wichtig auf die<br />

Belange der Umwelt zu achten und ökologisch<br />

zu bauen. Ein Großteil der Dächer der 19 Gebäude<br />

sind begrünt und helfen, das Regenwasser<br />

in Zisternen zu sammeln und damit nicht in die<br />

Kanalisation abzuleiten. Das Regenwasser wird<br />

zum Teil aufbereitet und dient der Versorgung<br />

der Toiletten. Ein anderer Teil wird genutzt, um<br />

die umliegenden Wasserflächen, wie z.B. den<br />

Piano-See, mit Wasser zu versorgen. Die damit<br />

eingesparte Trinkwassermenge beträgt etwa 20<br />

Mio. Liter im Jahr.<br />

Im Sommer werden die Gebäude dagegen<br />

über diese Fernwärmeleitungen gekühlt. Dafür<br />

sorgt eine Kälteanlage.Aus diesem Grund sind<br />

Klimaanlagen in den Gebäuden überflüssig. Zur<br />

Bauzeit des Potsdamer Platzes trat die Wärmeschutzverordnung<br />

(WSchVO) für Gebäude<br />

in Kraft. Diese Verordnung regelt den energiesparenden<br />

Wärmeschutz und die Anforderungen<br />

an den Heizwärmebedarf der Gebäude.<br />

Alle Bauwerke des Areals unterboten die geforderten<br />

Werte der WSchVO, obwohl diese<br />

aufgrund des Baubeginns nicht berücksichtigt<br />

werden mussten. Die Summe aller Maßnahmen<br />

führt zu 70% geringeren CO2-Ausstoß.<br />

Auch die Bauweise mit Doppelfassaden ist ökologisch<br />

wertvoll. Dem Mauerwerk mit Fenstern<br />

ist eine Glasfassade vorgesetzt. Diese 2. Fassade<br />

schützt vor Lärm und Wind, lässt aber gleichzeitig<br />

Licht und Frischluft zu den dahinter liegenden<br />

Fenstern durch. Damit werden etwa 50%<br />

Primärenergie gegenüber einer Klimaanlage<br />

eingespart.<br />

Auch sonst gibt es im Daimler-Areal keine Klimaanlagen.<br />

Außerdem lassen sich alle Fenster<br />

öffnen.Im Übrigen besitzen die Gebäude ein<br />

ausgeklügeltes Lüftungs- und Fassadensystem,<br />

mit denen Temperaturschwankungen optimal<br />

geregelt werden können. Der verwendete<br />

Stahlbeton kann z.B. die Wärme speichern und<br />

gibt sie nur langsam wieder ab. Versorgt wird<br />

das Quartier durch das Heizkraftwerk Mitte,<br />

das mit Gas betrieben wird. Durch moderne<br />

Technik wird aus dem Brennstoff etwa 50%<br />

elektrische Energie gewonnen statt sonst nur<br />

30 – 40%. Die dabei anfallende Abwärme heizt<br />

die Gebäude des Potsdamer Platz während der<br />

kalten Jahreszeit durch Fernwärmeleitungen.<br />

4.7.5. Luftbild Potsdamer Platz<br />

Auch die Baustoffe sind ökologisch, so wurden<br />

für die Schalungsarbeiten Rüben- und Rapsöl<br />

verwendet, statt eines schädlichen Mineralöls.<br />

Weiterhin durften keine Tropenhölzer sondern<br />

nur einheimische Hölzer verwendet werden. Insgesamt<br />

wurden 1,4 Mio. Tonnen Beton und 0,5<br />

Mio. Tonnen Stahl verwendet. Die Anlieferung<br />

der Baustoffe erfolgte über die Bahn statt über<br />

LKWs und der Abtransport des Bodenaushubs<br />

wurde über den Landwehrkanal verschifft. Damit<br />

wurde die Lärm- und Schadstoffbelastung<br />

für die Stadt erheblich gesenkt.<br />

Doch auch die Freiraumplanung und soziokulturelle<br />

Aspekte wurden bei den Planungen beachtet.<br />

Neben dem Piano-See, der nach dem<br />

Architekten Renzo Piano benannt wurde, existieren<br />

im Umfeld des Potsdamer Platzes noch<br />

zwei Parks, der Henriette-Herz-Park und der<br />

Tilla-Durieux-Park. Somit gibt es auch einen ge-<br />

69


Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

4.7.6. Ansicht Hügelsiedlung<br />

wissen Naherholungswert für die Besucher des<br />

Platzes.<br />

Der Potsdamer Platz ist ein gutes Beispiel dafür,<br />

dass auch Großprojekte ökologisch ge-baut<br />

werden können und nicht immer Mitschuldige<br />

von enormen Umweltbelastungen sind. Das<br />

Daimler-Areal nimmt damit eine Vorreiter-<br />

Position für ökologisch geplante und gebaute<br />

Großprojekte ein. Ein besonderer Wert liegt<br />

natürlich auch insbesondere in der zentralen<br />

Lage des Gebietes in der Stadt. Hinzu kommt<br />

der hervorragende Anschluss an den ÖPNV<br />

sowie das Nahverkehrsnetz, so dass ein hohes<br />

KFZ- Verkehrsaufkommen vermieden werden<br />

kann.<br />

5.5 „Erdhügelhäuser“ in Donaueschingen<br />

Eine besondere Ökosiedlung befindet sich im<br />

Süden von Deutschland, genauer in Donaueschingen<br />

im Schwarzwald. Am Rande dieses<br />

Ortes wurde zwischen 1992 und 1993 eine<br />

Ökosiedlung mit dem Namen „Auf der Staig“<br />

gebaut.Es entstanden neben sechs Solar- und<br />

fünf Holzblockhäusern neun so genannte Erdhügelhäuser,<br />

die hier näher betrachtet werden<br />

sollen.<br />

Im Jahr 1992 wurde von der Stadt Donaueschingen<br />

ein Klimakonzept verabschiedet.Aus diesem<br />

Klimakonzept entwickelte sich die Zielsetzung<br />

für die Reihenhaussiedlung „Auf der Staig“. Die<br />

Häuser sollten möglichst wenig Bauland beanspruchen,<br />

sowie die Versiegelung so gering wie<br />

möglich halten. Außerdem sollten gesundheitsund<br />

umweltverträgliche Baustoffe verwendet<br />

und Solarenergie genutzt werden. Als letzte<br />

Zielsetzungen wurden die Minimierung des<br />

Heizenergiebedarfs und des Frischwasserbedarfs<br />

formuliert. Die Projektträger Archi Nova,<br />

die Bauherren und die Ar-chitekten entwickelten<br />

aus diesen Zielsetzungen ein Konzept, das<br />

die Energie- und die Baukosten senkt.<br />

Die neun Erdhügelhäuser wurden auf einer Fläche<br />

von 3.563m² in einer Reihe angelegt und<br />

sollten eine Tonnenform als Dachform erhalten.<br />

Die Tonnenform des Daches ermöglicht viele<br />

Freiheiten bei der Raumaufteilung und gleichzeitig<br />

ein gesundes Raum-klima im gesamten<br />

Bauwerk. Orientiert ist diese Bauweise an<br />

nordischen Vorbildern.Die Dächer der Erdhügelhäuser<br />

haben noch eine weitere besondere<br />

ökologische Funktion. Der Aushub, der beim<br />

Bau der Häuser aufkam, wurde bei der Fertigstellung<br />

der Gebäude wieder auf die Dächer<br />

aufgebracht und gab der Siedlung gleichzeitig<br />

ihren Namen.Dies hat gleich zwei Vorteile, zum<br />

einen die Senkung des Heizenergiebedarfs<br />

durch die isolierende Wirkung der Erde und<br />

zum anderen wird damit die Versiegelung des<br />

Bodens weitestgehend wieder aufgehoben. Die<br />

Erdfläche auf dem Dach ist durch die Tonnenform<br />

maximiert und durch einheimische Pflanzen<br />

vor Wind und Wasser geschützt, welche<br />

die Erdmasse wieder abtragen könnten. Die<br />

Pflanzen dienen ebenso zur Bindung von Luftschadstoffen<br />

und Staubpartikeln.Die Erde hilft<br />

außerdem, das Regenwasser zu sammeln und in<br />

Zisternen zu speichern. So wird das Regenwasser<br />

nicht ungenutzt in die Kanalisation geleitet.<br />

Die Überdeckung der Dächer schwankt von<br />

30cm im Firstbereich und 3m zwischen den<br />

einzelnen Häusern. Außerdem beeinflusst sie<br />

neben der Bauweise des Hauses das Raumklima,<br />

da die Isolation große Temperaturschwankungen<br />

verhindert. Insgesamt sind 3.413m² der<br />

Gesamtfläche begrünt.<br />

70


Beim Bau der Häuser konnte nicht ganz auf<br />

das fossile Heizmittel Gas verzichtet werden,<br />

dennoch wird über 30m² Solarkollektoren auf<br />

einer Garage der Bedarf der Gebäude an Erdgas<br />

gesenkt. Die Warmwasserbereitung wird<br />

über 60% Erdgas und über 40% So-larenergie<br />

erreicht. Die Kosten für Wasser und Gas belaufen<br />

sich pro Monat auf etwa 30€. 20€ für<br />

Heizenergie und 10€ für Wasser. Die Sonnenenergie<br />

wird jedoch nicht nur aktiv durch die<br />

Kollektoren genutzt, sondern auch passiv durch<br />

Wintergärten an der Südseite der Häuser. Die<br />

Wärme kann außerdem durch Öffnungenan<br />

den Oberseiten der Wintergärten in die Obergeschosse<br />

ge-leitet werden, was ebenfalls den<br />

Heizenergiebedarfsenkt.<br />

Die Ausrichtung der Gebäude nach Norden<br />

und Süden ist ein weiterer ökologischer Faktor.<br />

Durch die Wintergärten im Süden wird<br />

die Sonnenenergie, wie schon erwähnt, effektiv<br />

genutzt und die geschlossene Nordfassade<br />

verhindert einen zu großen Wärmeverlust. Die<br />

weniger genutzten Räume wie die Küche und<br />

das Badezimmer sind nach Norden ausgerichtet,<br />

weil sie einen geringeren Heizbedarf haben. Die<br />

aufenthaltsintensiven Räume wie das Wohnzimmer<br />

dagegen sind nach Süden ausgerichtet, da<br />

sie von der Glasfront und damit von der Sonnenenergie<br />

profitieren können.<br />

Auch bei den Baustoffen wurde darauf geachtet,<br />

dass die Herstellung wenig energie-aufwendig<br />

ist. Außerdem sollen die Stoffe regenerierbar,<br />

wieder verwendbar und kompostierbar sein. So<br />

wurde zum Beispiel einheimisches Holz verwendet,<br />

Zellulose als Dämmstoff genommen, PVCfreie<br />

Folie auf dem Dach verlegt und weitere<br />

ökologische Baustoffe, wie zum Beispiel Glas,<br />

verwendet. Diese entsprechen den Vorgaben<br />

der Zielsetzung, die für diese Siedlung getroffen<br />

wurden.<br />

Die Lebenszeit der Häuser ist auf 60 Jahre angesetzt,<br />

jedoch weisen sie nach etwa 14 Jahren<br />

schon einige Mängel auf. Bei der Planung und<br />

dem Bau der Erdhügelhäuser wurde an der<br />

Südseite auf einen Dachüberstand verzichtet.<br />

Damit ist der konstruktive Holzschutz für die<br />

Fassade und die Fenster nicht mehr gegeben.<br />

Allerdings sind noch keine ernsthaften Schäden<br />

zu verzeichnen. Durch die Sonneneinstrahlung<br />

kommt esteilweise in den Wintergärten zu<br />

Kondenswasserbildung, die den gegebenenfalls<br />

gewählten Naturholzboden beeinträchtigen.<br />

Finanziert wurde das Projekt von den Eigentümern<br />

selbst. Die Gesamtkosten belaufen sich<br />

auf etwa 200.000€ pro Wohneinheit, was etwa<br />

einem Quadratmeterpreis von 1.500€ entspricht.<br />

Diese Ökosiedlung ist eine der vielfältigsten in<br />

Deutschland. Vor allem die Schaffung einer individuellen<br />

Nutzung von verschiedenen ökologischen<br />

Aspekten ist dabei gesondert hervorzuheben.<br />

Dabei sind aber alle drei Häuservarianten<br />

zu betrachten. Doch auch die Erdhügelhäuser<br />

bilden eine interessante und extravagante Lösung<br />

die ökologischen Ziele der Planer und der<br />

Stadt umzusetzen. Letztendlich ist die Ökosiedlung<br />

„Auf der Staig“ eine gelungene Ökosiedlung<br />

und macht ihrem Namen alle Ehre.<br />

5.6 „Lehmbausiedlung“ in Schöneiche<br />

Eine weitere Form der Ökosiedlung ist die<br />

Lehmbausiedlung in Schöneiche. Dieser kleine<br />

Ort liegt am östlichen Rand Berlins, in der Nähe<br />

des Bezirks Treptow- Köpenick, gehört aber<br />

schon zum Bundesland Brandenburg. Bei dieser<br />

Ökosiedlung handelt es sich um eine Reihenhaussiedlung,<br />

die als Eigentumsgesellschaft konzipiert<br />

ist und aus Eigeninitiative entstanden ist.<br />

Die Idee für diese Siedlung entstand im Frühjahr<br />

1991 von drei Familien, die sich den Wunschtraum<br />

einer schönen und günstigen Wohnmöglichkeit<br />

durch Selbsthilfe erfüllen wollten. Anlass<br />

für die Entscheidung selbst ein Eigenheim zu<br />

bauen war der Verlust der alten Wohnungen.<br />

Nach und nach begeisterten sich mehr Familien<br />

für eine solche Wohnmöglichkeit und es wohnen<br />

heute 13 Familien mit 39 Kindern in der<br />

Lehmbausiedlung.<br />

Alle Familien gründeten eine Bauherrengemeinschaft,<br />

die Interessengemeinschaft Landhof GbR,<br />

71


Ökologisches Bauen<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

4.7.7. Lehmbausiedlung<br />

und schlossen einen Erbbaurechtsvertrag mit<br />

der Kirchgemeinde Schöneiche ab. Außerdem<br />

wurden alle Behördengänge untereinander<br />

aufgeteilt, die für die Siedlung notwendig waren.<br />

Ansonstenwurden alle anfallenden Aufgaben<br />

gemeinsam bewältigt. Seit dem Sommer<br />

1992 stand den Familien das Architekturbüro<br />

Schmidtmann & Gölling zur Seite, um sie bei<br />

anfallenden Baufragen zu unterstützen. Um diese<br />

Fragen klären zu können, wurde wöchentlich<br />

eine Sitzung mit den Architekten abgehalten.<br />

Dadurch wurde eine ausreichende Mitbestimmung<br />

der Eigentümer gewährleistet.<br />

Wirtschaftlich betreut wurden die Familien<br />

durch „Stadt consult“.Gefördert wurde das<br />

Projekt durch die Bewilligung von Fördermitteln<br />

für den sozialen Wohnungsbau durch das<br />

Land Brandenburg. Insgesamt wurden 1.100€/<br />

m² bezuschusst.Weitere Fördermittel wurden<br />

vom Bundesbauministerium bereitgestellt, da<br />

das Lehmbauprojekt für das „Programm organisierte<br />

Gruppenselbsthilfe im Eigenheimbau“<br />

anerkannt wurde.<br />

Die Familien entschieden sich für ein Öko-<br />

Fertigteilhaus aus Holzständerbau mit einer<br />

Lehminnenschale und einer Zellulosedämmung.<br />

Baubeginn war 1994. Den Familien stand eine<br />

Fläche von 7.780m² zur Verfügung, von denen<br />

sie etwa 1.732m² überbauten. Die Modulbauweise<br />

mit Ständern ermöglichte es den Familien<br />

individuelle Grundrisse zu gestalten und damit<br />

auch auf die einzelnen Bedürfnisse einzugehen.<br />

Die Hölzer für den Ständerbau wurden aus der<br />

näheren Umgebung geliefert, was zum einen<br />

Kosten gespart und die Umweltbelastungen<br />

minimiert hat.<br />

Weitere ökologische Aspekte wurden durch<br />

Grasdächer, eine Trockentoilette und eine Pflanzenkläranlage<br />

umgesetzt. Die Pflanzen für die<br />

Dachbegrünung und der angelegten Fassadenbegrünung<br />

sind einheimisch. Außerdem wurde<br />

bei der Auswahl der Baumate-rialien darauf<br />

geachtet, dass diese natürlich und gesundheitsunbedenklich<br />

sind. So wurden die Wände mit<br />

Zellulose gedämmt, die Lücken zwischen Fenster<br />

und Wand mit Kokos und Jute. Die Lehmbauwände<br />

speichern außerdem die Wärme<br />

sehr gut, was den Heizenergiebedarf senkt. Des<br />

Weiteren sorgen die Lehmwände für ein angenehmes<br />

Raumklima. Jedoch konnte bei der<br />

Wärmeversorgung nicht ganz auf den fossilen<br />

Stoff Gas verzichtet werden. Die Wohneinheiten<br />

sind jeweils mit einer Gastherme ausgestattet,<br />

die jede Familie individuell nutzen kann.<br />

Alle anfallenden Arbeiten wurden weitestgehend<br />

von den Bewohnern selbst durchgeführt.<br />

So wurden im Frühjahr 1995, nach der Fertigstellung<br />

der Häuser, entsprechende Außenanlagen<br />

geschaffen. Es wurden Kinderspielgeräte<br />

gebaut und ein Backofen aufgestellt.Durch diese<br />

Flächen und die nicht abgetrennten Gärten<br />

der Bewohner entstand eine attraktive Gemeinschaftsfläche<br />

für alle.<br />

Ende 1996 konnten die Bauarbeiten abgeschlossen<br />

werden und die Familien endgültig<br />

ihre Häuser beziehen. Ein letzter ökologischer<br />

Aspekt liegt darin, dass die Siedlung nur über<br />

einen Fußweg zu erreichen ist. Die Bewohner<br />

entschieden sich dafür, Stellplätze für ihre Autos<br />

am Rand der Siedlung bereitzustellen.<br />

Insgesamt beliefen sich die Kosten der Lehmbausiedlung<br />

auf 270.000€ pro Wohneinheit, was<br />

einem Quadratmeterpreis von 2.500€ – 2.700€<br />

entspricht.Die Bewilligung der Fördermittel war<br />

für die Familien eine große Hilfe.<br />

72


Eine Lehmbausiedlung, wie man sie in Schöneiche<br />

findet, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie<br />

vielfältig ökologisches Bauen sein kann. Die<br />

Möglichkeiten, die sich den Bauherren bieten,<br />

sind nahezu unbegrenzt, da man viele verschiedene<br />

ökologische Aspekte mitein-ander kombinieren<br />

kann, wie in diesem Fall Lehmbau mit begrünten<br />

Dächern und einer eigenen Kläranlage<br />

für das Grauwasser.<br />

6. Fazit<br />

In einem abschließenden Fazit soll noch einmal<br />

auf die wichtigsten Aspekte zum Thema realisierte<br />

Öko-Vorhaben eingegangen werden und<br />

Empfehlungen hinsichtlich der Projektarbeit gegeben<br />

werden.<br />

6.1 Fazit Ökosiedlungen<br />

Vergleicht man bei den vorgestellten Ökosiedlungen<br />

die ursprünglichen Planungsvor-gaben<br />

mit dem letztendlich realisierten Entwurf, so<br />

wird oftmals deutlich, dass es eine erhebliche<br />

Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit<br />

gibt und der Entwurf in abgeänderter<br />

Form in die Tat umgesetzt wurde. Häufig wurde<br />

eine finanziell weniger kostenintensive Variante<br />

gewählt, die dazu führte, dass nicht alle ökologischen<br />

Möglichkeiten ausgeschöpft werden<br />

konnten. Ebenfalls wird deutlich, dass die Entwicklungskosten<br />

für einen nachhaltigen Entwurf<br />

über denen für „normale“ Gebäude stehen.<br />

Dies liegt in erster Linie daran, dass der sog. Planungsvorlauf<br />

innerhalb eines Planungsprozesses,<br />

der auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, deutlich<br />

länger ist, da bedeutend mehr Aspekte Berücksichtigung<br />

finden müssen. Ökologisches Bauen<br />

bedeutet höhere Kosten, da spezielle, oftmals<br />

aufwendigere Materialien oder Instrumente,<br />

wie z. B. Sonnenkollektoren, benötigt werden.<br />

Vergleicht man diesen finanziellen Mehraufwand<br />

inklusive der Einsparungen aufgrund<br />

dergeringeren Betriebskosten mit denen eines<br />

„normalen“ Gebäudes, fällt auf,dass sich über die<br />

gesamte Lebenszeit eines Baus, die Ausgaben<br />

wieder ausgleichen.<br />

GuteMöglichkeitenKosten zu sparen sind verschiedene<br />

Fördergelder, die man vom Land<br />

oder vom Bund beziehen könnte. Dabei ist<br />

aber ratsam, sich genauestens über die Vergabebedingungen<br />

zu informieren, um sich bei<br />

der Finanzplanung nicht in falscher Sicherheit<br />

zu wähnen und bei Ablehnung an ein Finanzierungsproblem<br />

zu geraten.<br />

Letztendlich ist zu sagen, dass es Ökosiedlungen<br />

gibt, an denen verschiedenste Varianten des<br />

ökologischen Bauens umgesetzt wurden. Oftmals<br />

werden auch unterschiedlichste Bereiche<br />

kombiniert, so zum BeispielSonnenenergie und<br />

Wasser oder regenerierbare Baustoffe mit Sonnenenergie.<br />

Dies zeigt, dass die Möglichkeiten<br />

ökologischen Bauens noch lange nicht ausgeschöpft<br />

sind und die Kombinationsmöglichkeiten<br />

ebenso vielfältig und spannend sind. Jedoch<br />

sollte darauf geachtet werden, dass nicht zu<br />

viele verschiedene Varianten umgesetzt werden,<br />

um kein finanzielles Risiko einzugehen. Ökologisches<br />

Bauen ist ein wichtiges Thema und kann<br />

auch mit wenigen Maßnahmen umgesetzt werden.<br />

6.2 Fazit für Projektarbeit<br />

Für unsere Projektarbeit lässt sich festhalten,<br />

dass es in jedem Fall von Bedeutung ist, möglichst<br />

frühzeitig alle Beteiligten Akteure an einen<br />

Tisch zu bringen, um für den nötigen Austausch<br />

der Disziplinen zu sorgen und gemeinsam in<br />

Sachen Nachhaltigkeit zusammenzuarbeiten.<br />

Ebenfalls wichtig ist ein vernünftiges Abwägen<br />

zwischen dem sog. „ökologischen Nachbessern“<br />

und dem „ökologischen Neubau“, welches<br />

voraussetzt, dass mit dem vorhandenen<br />

Bestand sorgfältig und behutsam umgegangen<br />

wird. Bereits in der Planungsphase sollten die<br />

wirtschaftlichen Auswirkungen aller Maßnahmen<br />

bedacht werden (auch der ökologischen)<br />

und gegebenenfalls bereits zu Beginn der Planung<br />

nach möglichen Finanzierungsoptionen<br />

durch Fördermittel Ausschau gehalten werden.<br />

Das Projekt sollte sich mit dem geschichtlichen<br />

Kontext der Flächen und Gebäude unserer Pla-<br />

73


Ökologisches Bauen - Energie<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

nungsgebiete gründlich auseinandersetzen und<br />

die historische Bedeutung in jedem Fall in die<br />

Abwägung mit einfließen lassen. Darüber hinaus<br />

ist es ratsam im Rahmen eines stetigen Monitorings<br />

den Entwurf immer wieder gemäß den<br />

eigenen Vorgaben auf optimale Funktionalität<br />

und Güte zu überprüfen.<br />

Einleitung<br />

Die gesamte Klimaschutzdebatte ist gekennzeichnet<br />

von verschiedenen Methoden zur<br />

Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen,<br />

insbesondere Kohlenstoffdioxid (CO2). Dieses<br />

entsteht zu einem Großteil durch Verbrennung<br />

von Mineralöl und –gas sowie Kohle mit dem<br />

Ziel der Energiegewinnung. Würde also diese<br />

Energiegewinnung effizienter ablaufen und auch<br />

weniger Energie „verbraucht“ werden, ließe<br />

sich der Schadstoffausstoß weltweit deutlich<br />

reduzieren.<br />

Diese Arbeit soll eine Übersicht über diverse<br />

Zweige der Energiewirtschaft geben, Alternativen<br />

zur Gewinnung aufzeigen und anhand eines<br />

praktischen Beispiels demonstrieren, wie in gewöhnlichen<br />

Haushalten viel Energie eingespart<br />

werden kann.<br />

Zuerst müssen jedoch eine Fachtermini geklärt<br />

und Definitionen vorgenommen werden,<br />

insbesondere sollen der Begriff des „Energieverbrauchs“<br />

geklärt sowie die Unterschiede<br />

zwischen Primär-, Sekundär- und Nutzenergie<br />

deutlich gemacht werden.<br />

Entropiebegriff („Energieverbrauch“)<br />

/ Klima-Auswirkungen<br />

Im Volksmund üblich ist es, von Energieverbrauch<br />

zu sprechen. Physikalisch korrekt kann dies jedoch<br />

keinesfalls sein, zumal nach dem Energieerhaltungssatz<br />

Energie nur umgewandelt, nicht<br />

jedoch erzeugt oder vernichtet werden kann.<br />

Letzendlich wird beispielsweise durch die Verbrennung<br />

von Kohle nur der Umstand genutzt,<br />

dass die ihr innewohnende chemische Energie<br />

in einen Zustand größerer Entropie gebracht<br />

Energie<br />

wird. Dieses Definitionsproblem mag theoretisch<br />

wirken, wenn jedoch in Betracht gezogen<br />

wird, dass bei jedem Prozess ein Großteil der<br />

Energie unerwünscht in Wärme umgewandelt<br />

wird, die nicht direkt nutzbar scheint, gewinnt<br />

diese Tatsache praktische Bedeutung. In der Tat<br />

widmen sich viele moderne Energiesysteme der<br />

nutzung „niederwertiger“ Wärme in Form von<br />

Wasser zwischen 15 und 70°C.<br />

Der Einfachheit halber wird der Begriff „Energieverbrauch“<br />

trotzdem verwendet, schon allein<br />

aufgrund der sprachlichen Sperrigkeit von Konstruktionen<br />

wie „Energieumwandlungsmenge“.<br />

Primärenergie<br />

Wenn von Energienutzung gesprochen wird,<br />

ist oftmals unklar, ob es sich Primär-, Sekundäroder<br />

Nutzenergie handelt. Die Unterschiede<br />

sind jedoch sehr bedeutsam.<br />

Primärenergie ist Energie, die aus natürlich<br />

vorkommenden Resourcen direkt gewonnen<br />

wird. Dies sind im wesentlichen mineralische<br />

Rohstoffe wie Kohle, Öl oder Gas, aber auch<br />

Sonnenenergie in Form elektromagnetischer<br />

Strahlung oder Wasserkraft in Form von Bewegungsenergie.<br />

Sekundärenergie<br />

Als Sekundärenergie wird umgewandelte Primärenergie<br />

bezeichnet, die in ihrem Zustand<br />

„genutzt“ werden kann, beispielsweise Benzin als<br />

Produkt von Rohölraffinierung oder (am deutlichsten)<br />

Strom als Ergebnis diverser Energieumwandlungsprozesse<br />

in Kraftwerken.<br />

74


In dieser Arbeit soll das Hauptaugenmerk auf<br />

für das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

relevanten Energieformen liegen – Industrieprozesse<br />

und insbesondere Mobilität werden<br />

also größtenteils ausgeklammert.<br />

Die folgende Statistik zeigt die Nutzung der Sekunenenergie<br />

in verschiedenen Nutzungsbereichen<br />

in Deutschland:<br />

Nutzenergie<br />

Altkanzler Helmut Kohl fasste 1984 treffend<br />

zusammen: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“.<br />

Dies trifft auch auf die sogenannte<br />

Nutzenergie zu, denn sie ist das, was in Haushalten<br />

und Industrie tatsächlich genutzt wird.<br />

Am deutlichsten ist das Beispiel des Stroms aus<br />

der Steckdose oder des Fernwärmeanschlusses<br />

im Keller.<br />

Wichtig anzumerken ist, dass die Nutzenergie<br />

nur einen Bruchteils dessen beträgt, was produziert<br />

wird, wie die nebenstehende Grafik<br />

deutlich macht. Effiziente Nutzung der Energie<br />

ist also besonders wichtig, da theoretisch das<br />

davon ausgegangen werden kann, dass relativ<br />

das dreifache an Primärenergie benötigt wird.<br />

Besonders elektrische Energie erscheint zwar<br />

oft „umweltfreundlich“, da bei ihrer Nutzung<br />

kein CO2 emittiert wird und der Wirkungsgrad<br />

bei Heizungen 100% beträgt, jedoch ist<br />

der Strom als hochwertigste Energieform in<br />

konventionellen Kraftwerken nur mit hohen<br />

Verlusten zu erzeugen, außerdem ist der Transport<br />

aufwändig und die langfristige Speicherung<br />

nicht möglich.<br />

Weiterhin wird deutlich, dass nicht nur bei der<br />

Bereitstellung und bei der Nutzung der Energie<br />

gespart werden kann, sondern zu einem<br />

großen Teil auch bei der Distribution und beim<br />

Transport. Im folgenden werden deshalb die<br />

verschiedenen Energiekonzepte erklärt.<br />

Konzepte<br />

Prinzipiell wird zwischen zentraler und dezentraler<br />

Energieversorgung unterschieden. Beide<br />

Systeme weisen bedeutende Unterschiede auf,<br />

je nach Betrachungsweise können die Unterschiede<br />

jedoch verschwimmen. Rein praktisch<br />

wird in den meisten Regionen der Welt eine<br />

Art integriertes Konzept genutzt, dass aus einer<br />

Mischung aus beiden Varianten besteht.<br />

zentrale Energieversorgung<br />

In diesem System wird Energie an zentralen<br />

Punkten, meist großen Kraftwerken mit mehreren<br />

hundert oder tausend Megawatt Leistung,<br />

bereitgestellt und über Trägerleitungen zum<br />

Verbraucher transportiert.<br />

Geschichtliche Entwicklung<br />

Das Stromnetz in Deutschland<br />

ist überwiegend historisch<br />

gewachsen. Beispielsweise<br />

wurde 1884 die „AG<br />

Städtische Elektrizitätswerke<br />

in Berlin“ (später BEWAG)<br />

gegründet, die als erstes<br />

einen größeren Raum mit<br />

elektrischer Energie versorgte.<br />

Dies war eine technische<br />

Revolution, die jedoch wie<br />

75


Energie<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

so oft ökonomische begründet ist, denn Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts war es einfacher und billiger,<br />

Energie in größeren Dimensionen zu produzieren.<br />

Weiterhin ist zu bedenken, dass der Energiebedarf<br />

in industrialierten Städten bedeutend größer<br />

war. Daher setzte die Entwicklung primär<br />

in den Städten ein. (Kleine) Stadtwerke spielten<br />

immer eine Rolle, jedoch waren sie „auf dem<br />

Land“ unrentabel.<br />

Auch heute noch sind Kernkraftwerke und andere<br />

moderne Anlagen riesige Investitionen, die<br />

Marktzutrittsbarrieren darstellen. Dazu kommt,<br />

dass Konventionelle Systeme sind selten in<br />

kleinen Dimensionen realierbar („Mini-KKW“)<br />

sind.<br />

Da die Netze erhalten werden müssen und<br />

kostenintensiv sind, müssen für die Durchleitung<br />

Nutzungsentgelte gezahlt werden. Aufgrund<br />

der Quasimonopolstellung von EON, Vattenfall,<br />

enBW und RWE unterliegen diese jedoch keinen<br />

wirklichem Wettbewerb und werden immer<br />

wieder diskutiert. Die Auswirkung der Entgelte<br />

wird anhand der nebenstehenden Grafik,<br />

die Bruttokosten einer Kilowattstunde Strom<br />

zeigen, deutlich.<br />

dezentrale Energieversorgung<br />

Das offensichtliche Gegenteil der zentralen ist<br />

die denzentrale Energieversorgung. Hier wird<br />

die Energie an verschiendenen Orten in kleineren<br />

Dimensionen bereitgestellt.<br />

Organisation in Deutschland<br />

In Deutschland existieren für die Stromversorgung<br />

vier Netze, getrennt nach Spannung:<br />

Höchstspannung, Hochspannung, Mittelspannung<br />

und Niederspannung. Dies ist primär der<br />

physikalischen Gesetzmäßigkeit, dass sich Strom<br />

bei hohen Spannungen besser (das heißt weniger<br />

verlustreich) transportieren lässt, geschuldet.<br />

Insbesondere das Höchst- und Hochspannungsnetz<br />

werden von den vier großen Energieanbietern<br />

kontrolliert. Im wesentlichen bedeutet das,<br />

dass die überörtliche Netze in der Hand der<br />

Großkonzerne sind (siehe Abbildung).<br />

Entwicklungsstand<br />

Anzumerken ist, dass aktuelle(re) Förderprogramme<br />

des Bundes und der Europäischen<br />

Union auf erneuerbare Energien konzentriert<br />

sind, dazu meist in dezentralem Aufbau. Es kann<br />

davon ausgegangen werden, dass von diesem<br />

System in Zukunft mehr erwartet wird als vom<br />

herkömmlichen, zentralen System. Während das<br />

Stromnetz noch recht dezentral aufgebaut ist, ist<br />

Deutschland ist im Wärmesektor eher dezentral<br />

organisiert, denn Fernwärme spielt nur eine<br />

untergeordnete Rolle. Dies ist mit vielen privatrechtlichen<br />

Probleme in der Vergangenheit begründet<br />

– im wesentlichen gab es wiederholt<br />

Streit um das Verlegen der benötigten Rohre.<br />

Vorteile / Nachteile<br />

Zu den Vorteilen der dezentralen Energieversorgung<br />

gehören die geringen Übertragungsverluste,<br />

denn Strom und Wärme müssen nicht<br />

erst über lange Strecken transportiert werden,<br />

sondern können dort erzeugt werden, wo sie<br />

benötigt werden, zumindest theoretisch.<br />

Dazu kommt, dass erneuerbare Energien meist<br />

besser dezentral einsetzbar sind, zumal die<br />

Kraftwerkstypen geringere Dimensionen ha-<br />

76


en als konventionelle Anlagen. Weitere Vorteile<br />

sind die mögliche Vermeidung von Energiemonopolen<br />

(theoretisch) und die Möglichkeit<br />

der Kraft-Wärme-Kopplung. Zu den Nachteilen<br />

gehören der relativ große Flächenbedarf – ein<br />

Blockheizkraftwerk benötigt auch Platz – sowie<br />

der eventuell höhere Verwaltungsaufwand. Generell<br />

lässt sich jedoch sagen, dass die Vorteile<br />

überwiegen, insbesondere aufgrund der Möglichkeit<br />

der Kraft-Wärme-Kopplung, die genauer<br />

erklärt werden soll.<br />

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)<br />

KWK ist ein Prinzip, nach dem die Abwärme<br />

von Stromgeneratoren in Kraftwerken zu Heizzwecken<br />

genutzt werden soll. Mittels KWK wird<br />

die Abwärme in ein Fernwärmenetz eingespeist<br />

oder industriell genutzt. Dadurch ist eine massive<br />

Erhöhung des Wirkungsgrades der Anlagen<br />

möglich, bei Kohle- und GuD-Kraftwerken sind<br />

40% keine Seltenheit.<br />

Zu bedenken ist jedoch, dass die entstehende<br />

Abwärme auch genutzt werden muss – ein<br />

Kernkraftwerk in dünn besiedelten Regionen<br />

hat demzufolge weniger Potenzial als ein Kraftwerk<br />

inmitten einer Stadt, weshalb die KWK<br />

das Grundprinzip für den effizienten Betrieb<br />

von Blockheizkraftwerken darstellt. Trotz der<br />

massiven Vorteile liegt der Anteil der Stromproduktion<br />

mit Kraft-Wärme-Kopllung in Deutschland<br />

bei nur ca. 10%. Dies hat primär mit dem<br />

bestehenden Energienetz zu tun, der B.U.N.D.,<br />

argumentiert jedoch damit,<br />

dass KWK von Energiekonzernen<br />

massiv bekämpft wird,<br />

um die Monopolstellungen zu<br />

behalten.<br />

Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Krafwerkstypen. Der Anteil der konventionellen,<br />

festen Brennstoffe spielt in der CO2-Emission<br />

des Energiesektors eine bedeutende Rolle.<br />

Aktuelle konventionelle Systeme<br />

Kohle<br />

Die Strom- und Wärmegewinnung durch Kohle<br />

hat traditionell den größten Anteil an der<br />

Energieumwandlung in Deutschland. Obwohl<br />

Kohlekraftwerke zu den größten Produzenten<br />

von Treibhausgasen gehören, werden sie noch<br />

im großen Stil geplant. Allein für Deutschland<br />

gehen unterschiedliche Quellen von 20 bis 40<br />

neu geplanten Kraftwerken aus. Diese Kraftwerke<br />

werden sich wie die bereits existierenden im<br />

Bereich von 500 bis 1000 MW Leistung bewegen<br />

– dies entspricht einer durchschnittlichen<br />

Verbrennung von 50kg Steinkohle pro Sekunde<br />

pro Kraftwerksblock. Nicht zuletzt aufgrund der<br />

steigenden Energiepreise und des politischen<br />

Drucks wurde die Effizienz der Kohlekraftwerke<br />

bis auf 40-45% gesteigert, mittels KWK sind<br />

sogar 85% problemlos möglich.<br />

Seit einigen Jahren werben Energiekonzerne<br />

mit sogenannten CO2-Freien Kohlekraftwerken.<br />

Diese Bezeichnung ist irreführend, zumal<br />

die geplanten Anlagen genauso viel Kohlendioxid<br />

emittieren wie gewöhnliche Kraftwerke.<br />

Der einzige Unterschied besteht darin, dass<br />

keine Abgase in die Atmosphäre geleitet werden,<br />

sondern mittels aufwändiger und teurer<br />

Bereitstellung<br />

Im Folgenden sollen einige<br />

Formen der Energiegewinnung<br />

erklärt und deren Vorund<br />

Nachteile aufgezeigt werden,<br />

denn es bestehen große<br />

77


Energie<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Verfahren verflüssigt, transportiert und endgelagert<br />

werden.<br />

Das erste Kraftwerk dieser Art, das fertiggestellt<br />

(Stand Dezember 2007) werden wird, ist eine<br />

Testanlage in Spremberg mit einer Leistung von<br />

30 MW. Die Nützlichkeit des Verfahrens wird<br />

jedoch angezweifelt, Umweltschutzverbände<br />

üben harsche Kritik - man könne nicht planen,<br />

ohne die Auswirkungen zu kennen.<br />

Erdöl und –Gas<br />

Sogenannte Gas- und Dampfturbinenkraftwerke<br />

(GuD), die Erdöl oder Erdgas verbrennen,<br />

bilden einen wichtigen Teil der Strom- und<br />

Wärmeversorgung auf der ganzen Welt. Große<br />

GuD-Kraftwerke erzeugen primär Spitzenstrom,<br />

da sie im Gegensatz zu Kohlekraftwerken niedrige<br />

Startzeiten haben. In kleinerer Form sind<br />

sie jedoch typisch für Blockheizkraftwerke und<br />

Heizkraftwerke in Haushalten. Ihr mit Kraft-<br />

Wärme-Kopplung erreichter, hoher Wirkungsgrad<br />

von bis zu 90% gleicht die hohen Energiepreise<br />

teilweise aus.<br />

Kernenergie<br />

Nuklearenergie in Form von Kernspaltungsanlagen<br />

macht – was aufgrund der hohen Medienwirksamkeit<br />

des Themas überraschend sein<br />

mag – ca. 10% der Primärenergieumwandlung<br />

in Deutschland aus. In anderen Ländern liegt<br />

der Anteil teils deutlich darüber und oftmals<br />

sind trotz der bekannten Gefahren und Probleme<br />

größere Neubauten geplant. CO2-„neutral“,<br />

wie von Energiekonzernen angepriesen, ist die<br />

Kernenergie nicht: Uranbergbau, Transport und<br />

Sicherheit müssen gewährleistet und abgewickelt<br />

werden, was nicht ohne großen Energieaufwand<br />

möglich ist. Dennoch liegen die CO2-<br />

Emissionen einige Größenordnungen unter<br />

denen anderer konventioneller Kraftwerkstypen.<br />

Nach dem neuesten Stand der Technik<br />

sind Katastrophen wie in Tchernobyl sind relativ<br />

unwahrscheinlich, können jedoch nicht zuletzt<br />

aufgrund menschlichen Versagens nie ausgeschlossen<br />

werden. Dies ist insbesondere in alten<br />

Kraftwerken, deren Rückbau sehr kostenintensiv<br />

ist, relativ problematisch. Das größere Problem<br />

der Kernenergie ist jedoch die Abhängigkeit<br />

von Uran, das bei momentanem Verbrauch<br />

noch ca. 70-100 Jahre ausreichend vorhanden ist.<br />

Weiterhin zeigen die kürzlich entdeckten Leukämiefälle<br />

- wenn auch statistisch irrelevant - in<br />

KKW-Regione, dass nicht alle Auswirkungen der<br />

Kernenergie erforscht sind. Diese Energieform<br />

ist und bleibt also mit Vorsicht zu behandeln.<br />

Aktuelle erneuerbare Energien<br />

Wasser<br />

Die verbreitetste Form erneuerbarer Energien<br />

in Deutschland ist Wasserkraft, deren Potential<br />

im Land bereits praktisch ausgeschöpft ist, sofern<br />

man von konventionellen Laufwasserkraftwerken<br />

spricht. Vorteile der Wasserkraftwerke<br />

sind die niedrigen Betriebskosten, die Effizienz<br />

und die relative Umweltfreundlichkeit. Obwohl<br />

die Kraftwerke systembedingt emissionsfrei<br />

sind, sollte jedoch angemerkt werden, dass die<br />

landschaftlichen Auswirkungen (insbesondere<br />

bei Großanlagen wie in China oder Panama)<br />

sehr groß sein können. Alternative Formen von<br />

Wasserkraftwerken existieren ebenfalls, insbesondere<br />

Gezeitenkraftwerke werden in einigen<br />

Regionen der Welt genutzt. Aufgrund ihrer<br />

Anforderungen an die umliegende physische<br />

Geographie sind diese Kraftwerke jedoch eher<br />

Spezialisten als eine Lösung für das allgemeine<br />

Energieproblem.<br />

Biomasse<br />

Biomasse nimmt inzwischen einen großteil der<br />

Fläche, die zur regenerativen Energiegewinnung<br />

genutzt wird, ein. Die kleinen, relativ unumstrittenen<br />

Verbrennungsanlagen für Bioabfälle, die<br />

als Blockheizkraftwerke genutzt werden, stehen<br />

einer großen Anzahl von Anbauflächen<br />

gegenüber, deren Ernten zur Raffinierung genutzt<br />

werden. Zwar hat der sogenannte „Biokraftstoff“<br />

bei der Verbrennung gewisse Vorteile<br />

gegenüber Mineralölen, was den CO2-Austoß<br />

78


etrifft, jedoch setzt dies speziell angepasste<br />

Motoren und Turbinen voraus. Der Hauptvorteil<br />

der Biokraftstoffe ist ohnehin nicht in den<br />

Umweltaspekten zu finden, sondern eher in<br />

der (politischen) Unabhängigkeit vom Erdöl.<br />

Aufgrund der nötigen enormen Flächennutzungen,<br />

der intensiven Bodenbewirtschaftung und<br />

ethischer Fragen („Verbrennung von Getreide“)<br />

ist Biokraftstoff jedoch soweit umstritten, dass<br />

über eine Anpassung der Bezeichnung nachgedacht<br />

wird, zumal das „Bio“ im Namen aus Ansicht<br />

einiger EU-Politiker und Umweltverbände<br />

irreführend ist.<br />

Die Photovoltaik oder Solarenergie ist die bekannteste<br />

erneuerbare Energieform. Davon<br />

ausgehend, dass an einem sonnigen Tag in Mitteleuropa<br />

Sonnenenergie mit ca. 1K/m² auf die<br />

Erdoberfläche auftrifft (siehe Grafik), hat die<br />

Gewinnung von Wärme und Strom enormes<br />

Potential. Speziell Anlagen zur direkten Stromgewinnung<br />

sind noch sehr aufwändig zu produzieren,<br />

sodass in vielen Ländern spezielle Förderungsprogramme<br />

geschaffen wurden, um der<br />

noch jungen Solarenergie zu mehr Wirtschaftlichkeit<br />

zu verhelfen. In Deutschland war diese<br />

Förderpolitik lange Zeit erfolgreich. Die Solarenergie<br />

hat noch viel Potential, insbesondere als<br />

integrierte Fassaden oder auf großen Brachflächen<br />

bietet sie sich als saubere Lösung an.<br />

Wind<br />

Windkraftwerke sind ebenfalls als sehr bekannte<br />

und effiziente regenerative Energiegewinnungsform<br />

zu bezeichnen. Aufgrund<br />

ihres technischen Aufbaus<br />

sind sind nur zur Stromgewinnung<br />

geeignet. Da einzelne Anlagen nur<br />

eine relativ geringe Energiemenge<br />

bereit stellen können, werden<br />

vielerorts Windparks errichtet, die<br />

aus einer großen Anzahl Windanlagen<br />

bestehen, für einen großen Teil<br />

der Bevölkerung jedoch eine massive<br />

Störung des Landschaftsbildes<br />

darstellen. Nichtsdestrotz wird der<br />

Windenergie weltweit groß Bedeutung<br />

zugeschrieben. Die Alternative<br />

zu den bekannten „Windrädern“<br />

sind Offshore-Windanlagen, die jedoch<br />

noch in der Entwicklung sind.<br />

Zukunftsperspektiven<br />

Photovoltaik<br />

Neben den etablierten Energiegewinnungsformen<br />

existieren viele<br />

exotische Ideen, von Urangewinnung<br />

von Asteroiden bis hin zu<br />

Photovoltaik im All mit Mikrowellenübertragung<br />

oder Raumlift auf die Erde. Um Klarheit zu<br />

schaffen, sollen im Folgenden drei wirtschaftlich<br />

relevante Forschungsfelder kurz erläutert werden.<br />

Brennstoffzelle<br />

Die sogenannte Brennstoffzelle, die in den<br />

Medien gern als Lösung aller Versorgungspro-<br />

79


Energie<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

bleme dargestellt, ist streng genommen keine<br />

Energiegewinnungsform, sondern eine reine<br />

Transportmöglichkeit für Energie. Strom wird<br />

in Wasserstoffverbindungen konvertiert (oder<br />

direkt Wasserstoff) und „verbrennt“ nachher zu<br />

Wasser und anderen Verbindungen. Dies ist ein<br />

elektrochemischer Prozess, bei dem kein „Ofen“<br />

erforderlich ist. Der Vorteil und die Bedeutung<br />

der Brennstoffzelle liegen darin, dass mit ihr eine<br />

Möglichkeit besteht, Energie in kompakter Form<br />

zu transportieren, denn im Moment gibt es keinen<br />

Energieträger mit einer hohen Energiedichte,<br />

der so gut nutzbar ist wie raffiniertes Mineralöl.<br />

Die Brennstoffzelle würde den Transport<br />

von Energie über große Distanzen ermöglichen,<br />

was neue Regionen für die Energiegewinnung in<br />

greifbare Nähe rückt.<br />

Wellenkraftwerk<br />

Zum Wellenkraftwerk, einer Form der Wasserkraft,<br />

die an Küsten genutzt werden soll, existieren<br />

sehr unterschiedliche<br />

Ansätze. Bei allen Formen<br />

soll die kinetische und potentielle<br />

Energie der Wellenbewegungen<br />

zu elektrischer<br />

Energie umgesetzt werden.<br />

Unterschiedliche Produktionspreise<br />

(ca. 10c/KWh,<br />

manche Anbieter behaupten<br />

3c/KWh) sind schon<br />

jetzt im Umlauf und sollen<br />

zeigen, dass im Vergleich zur<br />

Kohle (4c/KWh) jetzt schon<br />

wirtschaftliche Kraftwerke<br />

möglich sind. Vorteile sollen<br />

die gute Skalierbarkeit und<br />

die Emissionensfreiheit der<br />

Kraftwerke sind, Nachteile<br />

sind die Beschränkung auf<br />

Küstenregionen und der recht große Flächenverbrauch.<br />

Kernfusion<br />

Die seit den 60er Jahren bekannte, Ende des 20.<br />

Jhd erstmals erfolgreich betriebene Kernfusion<br />

ist noch immer ein bedeutendes Forschungsprojekt.<br />

In einem Fusionsreaktor wie im aktuellen<br />

Forschungsreaktor ITER in Frankreich sollen<br />

extrem schnelle Teilchen kollidieren, fusionieren<br />

und Energie freigeben. Die zur Beschleunigung<br />

nötige Temperatur beträgt über 100 000 000<br />

° C, weshalb noch große technische Probleme<br />

existieren. Sollte die Fusionsenergie jedoch tatsächlich<br />

genutzt werden können, wäre sie die<br />

Lösung aller bekannten Energieprobleme. Geringe<br />

Brennstoffmengen –pro 1000MW-Block<br />

werden 250kg Brennstoff (Deuterium/Lithium)<br />

pro Jahr benötigt – die dazu noch überall auf<br />

der Welt verfügbar sind, sowie kompakte Kraftwerke<br />

(relativ) und hohe Sicherheit sprechen für<br />

die Kernfusion. Die enormen Entwicklungskosten<br />

stellen jedoch ein Problem dar, außerdem<br />

wird von Kritikerseiten dahingehend argumentiert,<br />

dass die Fusion zwar die Energieversorgung<br />

der Zukunft sein wird, diese jedoch zu spät<br />

einsetzbar sein wird, um den Klimawandel zu<br />

stoppen.<br />

Kosten / Nutzen<br />

Letztendlich ist es immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit,<br />

welche Energieform genutzt wird.<br />

Die existierende, über Jahrzehnte entwickelte<br />

Infrastruktur für konventionelle Verbrennungskraftwerke<br />

sowie diverse (politisch motivierte)<br />

80


Förderungen haben zu einer Situation geführt,<br />

in der die erneuerbaren Energien erst einmal<br />

schlechter positioniert sind als die konventionellen<br />

Träger. Am Ende sind jedoch die knapper<br />

werdenden Rohstoffe und die Klimaeffekte<br />

zu beachten, die bisjetzt in keiner Bilanz eines<br />

Energiekonzerns deutlich werden.<br />

Wärmebereitstellung /<br />

Wärmedämmung<br />

Herkömmliche Methoden der<br />

zentralen Wärmebereitstellung -<br />

Die Schwerkraftheizung<br />

Die Schwerkraftheizung nutzt den Dichteunterschied<br />

des Wärmeleitmediums (meist Wasser)<br />

in den Steigrohren. Die Dichte des heißen<br />

Wassers im Vorlaufstrang (rot) ist gering und es<br />

steigt nach oben. Im Rücklauf (blau) läuft der<br />

umgekehrte Prozess. Das kühle Wasser hat eine<br />

höhere Dichte und sinkt ab. Beide Prozesse erzeugen<br />

zusammen die Schwerkraftzirkulation.<br />

Eine Schwerkraftheizung benötigt also keine<br />

elektrische Umwälzpumpe. Allerdings benötigt<br />

man für die Erzeugung des Druckunterschiedes<br />

eine große Temperaturdifferenz zwischen Vorund<br />

Rücklauf, sowie große Rohrdurchmesser<br />

und Heizkörper um Strömungswiederstände<br />

zu vermeiden, die die Schwerkraftzirkulation<br />

schnell zusammenbrechen lassen können. Aus<br />

den großen Rohrdurchmessern resultiert ein<br />

erhöhter Wärmeverlust. Die hohe Vorlauftemperatur<br />

behindert auch die dosierte Wärmeabgabe<br />

an den Heizkörpern (Heizkörpertemperatur<br />

liegt bei ca. 80°C). Schwerkraftheizungen<br />

sind ausserdem sehr träge, denn es vergeht viel<br />

Zeit zwischen Wärmeanforderung und dem<br />

erzielen der gewünschten Zimmertemperatur.<br />

Somit kann die Schwerkraftheizung modernen<br />

Komfortbedürfnissen nicht mehr gerecht werden.<br />

Seit Ende der 1960er Jahre wird sie durch<br />

pumpgestützte Systeme ersetzt.<br />

Heizkessel Gas, Öl, Kohle, Koks<br />

Die Feststoff-, Gas-, und Ölkessel der älteren<br />

Bauart sind als Konstanttemperaturkessel ausgeführt.<br />

Sie verbrennen den Energieträger bei<br />

einer konstanten und vergleichsweise hohen<br />

Temperatur. Die hohen Temperaturen sind notwendig<br />

um die „Versottung“ des Kamins und<br />

Schäden am Kessel zu vermeiden. Diese Schäden<br />

entstehen durch Kondensat im Kamin, welches<br />

mit entsprechenden Bestandteilen des Abgases<br />

verschiedene Säuren, Sulfate etc. ausbildet<br />

und Rohre so wie Mauerwerk angreift. Um die<br />

Kondensation von Wasserdampf zu vermeiden<br />

müssen die Abgase also eine entsprechend<br />

hohe Temperatur haben, was zu hohen Wärmeverlusten<br />

führt.<br />

Nachtspeicherheizung<br />

Die Nachtspeicherheizung erzeugt Wärme mit<br />

Hilfe von Elektrizität. Genutzt wird dabei sie<br />

so genannte Schwachlastenergie, also Strom<br />

der nachts wenig Abnehmer findet und daher<br />

kostengünstiger ist. Die erzeugte Wärme wird<br />

in Wassertanks Betonblöcken oder ähnlichem<br />

gespeichert und dann über den Tag verteilt als<br />

Wärmestrahlung oder über ein Gebläse abgegeben.<br />

Zu bemängeln ist vor allem die geringe<br />

energetische Effizienz der Nachtspeicherheizung<br />

(Zunächst wird Hitze produziert, um<br />

Strom zu gewinnen, mit dem dann wiederum<br />

Hitze erzeugt wird).<br />

Fernwärme<br />

Fernwärme wird zentral erzeugt und über ein<br />

Rohrleitungsnetz an die verschiedenen Abnehmer<br />

verteilt. Das System bietet eine Reihe<br />

von Vorteilen: Die Wärme kann mit modernen<br />

Brennern, Filteranlagen und Kraftwärmekopplung<br />

ebenso effizient wie umweltfreundlich<br />

erzeugt werden. Die Bedienung und Wartung<br />

durch qualifiziertes Personal garantiert eine<br />

hohe Betriebssicherheit.<br />

Der Vorteil für den Verbraucher liegt im geringen<br />

Bedienungsaufwand und der Raumersparnis<br />

durch den Entfall einer eigenen Heizungsanlage.<br />

Nachteilig ist die Abhängigkeit der Verbraucher<br />

81


Energie<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

vom Wärmelieferanten und die hohen Anfangsinvestitionen<br />

bei der Errichtung von Kraftwerk<br />

und Rohrleitungsnetz. Der Anschluss eines<br />

Haushaltes an das Fernwärmenetz kann direkt<br />

oder indirekt erfolgen. Ist der Haushalt direkt<br />

angeschlossen druchströmt das Wärmeleitmedium<br />

(meist Wasser oder Wasserdampf) des<br />

Kraftwerks auch die Heizkörper. Bei einem indirekten<br />

Anschluss kann der Verbraucher über<br />

einen Wärmetauscher die gewünschte Wärme<br />

„entnehmen“ und verfügt über einen eigenständigen<br />

Heizkreislauf.<br />

senkt.<br />

Brennwertkessel<br />

Brennwertkessel nutzen die Wärme der Abgase.<br />

Mit Hilfe eines Wärmetauschers wird den<br />

Abgasen Wärme entzogen und der angesaugten<br />

Verbrennungsluft zugeführt was eine beträchtliche<br />

Steigerung des Wir-kungsgrades mit<br />

sich bringt. Gleichzeitig sinkt der Wärmeverlust<br />

durch Abgase erheblich. Durch die saubere<br />

Verbrennung hat das anfallende Kondensat hat<br />

einen niedrigen ph-Wert und kann zusammen<br />

mit den häuslichen Abwässern in die Kanalisation<br />

eingeleitet werden. Allerdings wird ein<br />

Abgasventilator benötigt, um den Abgasstrom<br />

aufrecht zu erhalten.<br />

Wärmepumpe<br />

4.8.6.Wärmepumpen<br />

Neue Methoden zur<br />

Wärmebereitstellung -<br />

Pumpgestützter Heizkreislauf<br />

Wie der Name schon sagt handelt es sich hier<br />

um einen Heizkreislauf in dem die Zirkulation<br />

durch den Einsatz einer elektrischen Pumpe<br />

aufrecht erhalten wird. Im Vergleich zur Schwerkraftheizung<br />

werden deutlich geringere Rohrdurchmesser<br />

benötigt und der Heizkreislauf<br />

ist deutlich weniger anfällig im Bezug auf Strömungswiederstände.<br />

Vor allem kann man durch<br />

die Pumpe mit deutlich geringeren Vorlauftemperaturen<br />

arbeiten, was den Energieverbrauch<br />

Die Wärmepumpe funktioniert im Prinzip wie<br />

eine Kältemaschine. Genutzt wird die Eigenschaft<br />

von Stoffen Energie beim Verdampfen auf<br />

und beim Kondensieren wieder abzugeben. Wie<br />

ein Kühlschrank entzieht die Wärmepumpe also<br />

auf der einen Seite Wärme um sie an anderer<br />

Stelle wieder abzugeben. Wärmequellen können<br />

die Luft, Gewässer, das Grundwasser sowie<br />

das Erdreich sein. Auch die Nutzung von Abluft<br />

und Abwässern (bzw. industrielle Abwässer) ist<br />

möglich. Wärmepumpen werden hauptsächlich<br />

in zwei verschiedenen Ausführungen gebaut:<br />

Bei der Kollektorbauweise wird ein Rohr in<br />

Schlaufen verlegt (ähnlich denen einer Fußbodenheizung).<br />

Das Wärmeleitmittel hat so<br />

auf der langen Strecke genügend Zeit Wärme<br />

aufzunehmen. Alternativ wird die Leitung senkrecht<br />

in mittlere und große Tiefen verlegt um<br />

etwaige warme Quellen oder günstige Grundwasserströmungen<br />

zu erreichen. Der Antrieb<br />

der Pumpe erfolgt elektrisch, in Großen Anlagen<br />

kommen auch Diesel-, Otto- oder Erdgasmotoren<br />

zum Einsatz.Je nach Ausführung<br />

kann eine Wärmepumpe eine Heizungsanlage<br />

unterstützen oder ihre Aufgabe übernehmen.<br />

Abhängig ist dies vor allem vom „angezapften“<br />

82


Medium. Beispielsweise ist Wärme aus der Umgebungsluft<br />

nur bis etwa 3 - 0°C nutzbar. Bei<br />

niedrigeren Temperaturen entsteht ein ungünstiges<br />

Verhältnis von eingesetzter Energie und<br />

erzielter Heizleistung.<br />

Thermische Solarenergienutzung<br />

Eine thermische Solaranlage nutzt die direkte<br />

Wärmestrahlung der Sonne zur Brauchwassererwärmung<br />

oder Raumheizungsunterstützung.<br />

Die wesentlichen Bestandteile sind der Kollektor,<br />

eine Umwälzpumpe und ein Wärmespeicher.<br />

Der Kollektor wird durch die Sonne erhitzt,<br />

ein Wärmeleitmedium nimmt die Wärme auf<br />

und gibt sie im Speicher wieder ab. Die Pumpe<br />

sorgt für die nötige Zirkulation. Je nach Anzahl<br />

der Sonnenstunden lässt sich mit einer solchen<br />

Anlage ein beträchtliches Einsparpotential realisieren.<br />

Pelletheizung<br />

Die Pelletheizung nutzt Holz als Energielieferant.<br />

Pellets werden aus Sägespänen, Sägemehl und<br />

Holzstücken gepreßt. Diese weisen sehr gute<br />

Verbrennungseigenschaften auf und können auf<br />

Grund ihrer Form und Größe in Tanks gepumpt<br />

werden. Das Handling ähnelt also dem einer<br />

Ölheizung. Mit einem modernen Heizkessel<br />

und nachhaltig produzierten Pellets ist eine Pelletheizung<br />

eine ökologische alternative zu Gasund<br />

Ölheizungen.<br />

Wärmerückgewinnung (Raumluft)<br />

4.8.7.Thermische Solarnutzung<br />

Das System der Raum-luftwärmerückgewinnung<br />

nutzt die anfallende Abwärme in einem<br />

Haushalt mehrfach. Der Abluft wird mittels<br />

eines Wärmetauschers Wärme entzogen und<br />

anschließend der Zuluft zugeführt. In Kombination<br />

mit einer effektiven Wärmedämmung<br />

lassen sich so erhebliche Einsparungen realisieren.<br />

Zudem ergibt sich eine Verbesserung des<br />

Raumklimas durch stetige Zufuhr temperierter<br />

Frischluft. Zusätzlich zu der zurückgewonnenen<br />

Heizenergie macht eine Raumluftwärmerückgewinnungsanlage<br />

weitere Wärmequellen<br />

nutzbar. So gibt ein Mensch bei einer Stunde<br />

leichter Körperlicher Arbeit 840 bis 1280kJ pro<br />

Stunde ab. Beim Wäschewaschen können bis zu<br />

10500kJ/h anfallen. Eine Raumluftwärmerückgewinnungsanlage<br />

ist Bestandteil eines zentralen<br />

Lüftungssystems, für die Nachrüstung von Altbauten<br />

werden mittlerweile auch dezentrale<br />

Einzelgeräte angeboten.<br />

Wärmedämmung<br />

Bei der Senkung des Heizenergiebedarfs von<br />

Gebäuden ist die Dämmung von überragender<br />

Bedeutung. Der geringere Wärmeverlust verringert<br />

den Heizbedarf und somit Kosten und<br />

Emissionen.<br />

Zur Dämmung steht eine Vielfalt von Baustoffen<br />

zur Verfügung, die in Klassen nach Wärmeleitfähigkeit<br />

(025 – 090) eingeteilt sind.<br />

Neben der Wärmeleitfähigkeit lassen sich die<br />

Dämmstoffe auch nach Stoffgruppen einteilen.<br />

83


Energie<br />

<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

Auf natürlichen Rohstoffen basierende Dämmstoffe<br />

(bspw. Kork und Stroh) haben meist einen<br />

höheren Wärmeleitwert als Dämmstoffe<br />

aus Mineralfasern (Glaswolle, Steinwolle) oder<br />

Schaumkunststoffe (Styropor). Für die unterschiedlichen<br />

baulichen Gegebenheiten sind<br />

Dämmstoffe verfügbar als Plattenware, als gerollte<br />

Matten, als loses Granulat zur Schüttung<br />

oder zum Ausblasen von Hohlräumen, als loses<br />

Stopfmaterial und als Extruderschaum.<br />

Bei der Wandkonstruktion hat sich im Wesentlichen<br />

eine Kombination von statisch belastbaren,<br />

schlecht wärmedämmenden Baustoffen (z.B.:<br />

Beton, Kalksandsteine, Ziegel etc. ) und reinen<br />

Dämmstoffen durchgesetzt. Zur Vermeidung<br />

von Feuchtigkeitsproblemen wird die Wand in<br />

der Regel so konstruiert, dass die Dichte der<br />

jeweiligen Baustoffe von der Innenoberfläche<br />

aus nach Außen abnimmt.<br />

Bei Dämmung von Gebäuden besteht die Gefahr,<br />

dass Kältebrücken entstehen.<br />

Kältebrücken sind Stellen an denen entweder<br />

keine Isolation vorhanden ist, oder an denen die<br />

Dämmung durchbrochen wurde. Kältebrücken<br />

sind vor allem deshalb gefährlich, da es hier besonders<br />

oft und stark zu Kondensation kommt.<br />

Die Feuchtigkeit kann die Bausubstanz schädigen<br />

oder sogar zur Schimmelbildung beitragen<br />

und somit letztlich die Gesundheit der Bewohner<br />

gefährden.<br />

Praktisches Beispiel<br />

Zur Verdeutlichung für die Einsparpotentiale soll<br />

hier kurz die Sanierung eines Einfamilienhauses<br />

(Baujahr 1936) aufgezeigt werden. Zustand<br />

1995:<br />

• Ölheizung Konstanttemperaturkessel ca. 25 bis<br />

30kw (ab 3/1995 Gaskessel 11kw für Heizung und<br />

Warmwasser)<br />

• Warmwasserbereitung per elektrisch betriebenem<br />

200-Liter-Boiler (ca. 21kw)<br />

• Fenster mit Doppelverglasung<br />

• Keine Dämmung<br />

• Gasverbrauch 1996: 3153m³<br />

Umbauarbeiten bis 2000<br />

• Dämmung des Daches mit Holzfaserplatten in<br />

einer Stärke von 12cm<br />

• Dämmung der Fassade mit Kork in einer Stärke<br />

von 10cm<br />

• Einbau neuer hochdämmender Fenster mit größerer<br />

Glasfläche<br />

• Installation einer Solaranlage mit 14m² Kollektorfläche<br />

und 900l Wasserspeicher<br />

• Gasverbrauch nach dem Umbau: 1347m³<br />

Der Gasverbrauch sank durch den Umbau auf<br />

weniger als die Hälfte des Ausgangswertes.<br />

Fazit<br />

Das Energiethema ist so umfangreich, dass sich<br />

die einzelnen Aspekte nur schwer zusammenfassen<br />

lassen. Es ist allerdings auffällig, dass in<br />

allen Bereichen – von der Rohstoffgewinnung<br />

über die Umwandlung bis hin zum Verbrauch<br />

– große Einsparpotenziale existieren, die umzusetzen<br />

nicht nur ökologische, sondern auch sofort<br />

spürbare ökonomiische Effekte hätte.<br />

Weiterhin wird deutlich, dass nicht nur die Industrie<br />

oder der Energiesektor zum Handeln<br />

aufgefordert sind, sondern jeder für sich.<br />

84


Bestandsaufnahme<br />

Ausgangspunkt waren vier Standorte in Treptow-Köpenick,<br />

die im Rahmen der Bestandsaufnahme<br />

im November 2007 untersucht wurden.<br />

Alle potentiellen Plangebiete liegen am Wasser.<br />

• Niederschöneweide, westlich der<br />

Hasselwerder Straße<br />

• Spindlersfeld (Fabrik)<br />

• Wendenschloßstraße 142 – 174<br />

• Friedrichshagener Straße 10 – 12<br />

Alle Flächen sind durch eine industrielle Vornutzung<br />

geprägt, wobei die Fläche an der Wendenschloßstraße<br />

heute noch durch Gewerbebetriebe<br />

genutzt wird – die drei übrigen liegen<br />

brach. Zwei Maßstabsebenen prägten die Bestandsaufnahme:<br />

1. Detaillierte Betrachtung der<br />

Plangebiete:<br />

Dies schloss unter anderem eine Biotoptypenkartierung,<br />

die Auseinandersetzung mit<br />

erhaltenswerter Bausubstanz sowie die Feststellung<br />

des möglichen Maßes der baulichen<br />

Nutzung mit ein.<br />

2. Betrachtung des städtebaulichen<br />

Umfeldes in einem Radius<br />

von ca. 1000 m:<br />

Dazu gehörte unter anderem die Prüfung der<br />

Verkehrssituation und der Anbindung an den<br />

ÖPNV, die Ausstattung des Gebietes mit sozialer<br />

Infrastruktur und eine Untersuchung des<br />

Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Kulturangebots.<br />

Mit Hilfe dieser Informationen konnten wesentliche<br />

und im Sinne der ökologischen Stadtplanung<br />

vorteilhafte Standortbedingungen<br />

für eine zukünftige Bebauung ermittelt werden.<br />

Denn entscheidend sind z. B. die Vermeidung<br />

von Neuversiegelungen und die Minimierung<br />

des motorisierten Individualverkehrs, um so<br />

einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes<br />

durch PKWs zu leisten.<br />

Die Analyse der aufgenommenen Informationen<br />

sollte im nächsten Arbeitsschritt in besonderer<br />

Weise erfolgen. Zu diesem Zweck wurde eine<br />

umfangreiche Bewertungsmatrix entwickelt, die<br />

auf die im nächsten Kapitel eingegangen wird.<br />

87


88<br />

Niederschöneweide - Spindlersfeld<br />

Bestandsaufnahme


90<br />

Friedrichshagener Straße - Wendenschloßstraße<br />

Bestandsaufnahme


Die Bewertungsmatrix<br />

Im Hinblick auf den allgemeinen und globalen<br />

Klimaschutz und einer diesem Anspruch gerecht<br />

werdenden Stadtplanung, sollte ein Instrument<br />

entwickelt werden, mit dem ökologische und<br />

nachhaltige Standortentscheidungen getroffen<br />

werden können. Mit Hilfe dessen, soll ein Bauen<br />

auf der „grünen Wiese“, die Neuinanspruchnahme<br />

von unversiegelten Flächen, vermieden<br />

werden. Stattdessen sollten beispielsweise<br />

brachliegende Industrieflächen oder vorher<br />

andersweitig genutzte Flächen beplant werden,<br />

um entstandene Lücken zu revitalisieren.<br />

Mit Hilfe der Bewertungsmatrix ist ein solches<br />

Instrument gegeben, um bei mehreren in Frage<br />

kommender Standorte als Entscheidungshilfe,<br />

im Sinne einer ökologischen und nachhaltigen<br />

Stadtplanung, zu dienen.<br />

Roter Faden „FNP-Bewertungsmatrix“<br />

Hintergrund<br />

Das Baugesetzbuch ist in größerem Umfang<br />

durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau<br />

(EAG Bau) vom 24. Juni 2004 (BGBl. I. S. 1359)<br />

geändert worden. Seitdem gilt, dass sowohl Flächennutzungs-<br />

als auch Bebauungspläne grundsätzlich<br />

einer Umweltprüfung bedürfen. Im<br />

Rahmen dieser Prüfung sind unter anderem die<br />

einschlägigen Aspekte des derzeitigen Umweltzustands<br />

zu ermitteln und daraus Prognosen<br />

über die Entwicklung des Umweltzustands bei<br />

Durchführung und bei Nichtdurchführung der<br />

Planung abzuleiten.<br />

Als Belange des Umweltschutzes, einschließlich<br />

des Naturschutzes und der Landschaftspflege,<br />

gelten insbesondere die unter § 1 Abs. 6 Nr. 7<br />

BauGB aufgeführten Punkte:<br />

a) die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden,<br />

Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen<br />

ihnen sowie die Landschaft und die biologische<br />

Vielfalt,<br />

b) die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der<br />

Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und<br />

der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des<br />

Bundesnaturschutzgesetzes,<br />

c) umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen<br />

und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung<br />

insgesamt,<br />

d) umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter<br />

und sonstige Sachgüter,<br />

93


Hintergrund<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

e) die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte<br />

Umgang mit Abfällen und Abwässern,<br />

f) die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die<br />

sparsame und effiziente Nutzung von Energie,<br />

g) die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie<br />

von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-,<br />

Abfall- und Immissionsschutzrechts,<br />

h) die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in<br />

Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur<br />

Erfüllung von bindenden Beschlüssen der Europäischen<br />

Gemeinschaften festgelegten Immissionsgrenzwerte<br />

nicht überschritten werden,<br />

i) die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen<br />

Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben<br />

a, c und d.<br />

Nach § 1 Abs. 5 BauGB sollen außerdem Bauleitpläne<br />

eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung,<br />

die die sozialen, wirtschaftlichen und<br />

umweltschützenden Anforderungen auch in<br />

Verantwortung gegenüber künftigen Generationen<br />

miteinander in Einklang bringt, ermöglichen<br />

und darüber hinaus eine dem Wohl der<br />

Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung<br />

gewährleisten.<br />

Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige<br />

Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen<br />

zu schützen und zu entwickeln,<br />

auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz,<br />

sowie die städtebauliche Gestalt und<br />

das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu<br />

erhalten und zu entwickeln.<br />

Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 BauGB bezieht sich die<br />

Umweltprüfung auf das, was nach gegenwärtigem<br />

Wissensstand und allgemein anerkannten<br />

Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad<br />

des Bauleitplans angemessenerweise<br />

verlangt werden kann.<br />

Die Begutachtung verschiedener Umweltberichte,<br />

und zwar sowohl auf der Ebene der<br />

Flächennutzungsplanung als auch auf der Ebene<br />

des B-Plans, hat zu der Erkenntnis geführt,<br />

dass der Aspekt des allgemeinen Klimaschutzes<br />

jedenfalls im Rahmen von Umweltprüfungen<br />

kaum eine Rolle spielt. Zwar werden viele Aspekte<br />

der Kleinklimabeeinflussung beschrieben<br />

und unmittelbare Emissionswirkungen in Folge<br />

der Bauleitplanung werden berechnet, doch die<br />

Verantwortung für den globalen Klimaschutz<br />

bleibt weitgehend ausgeklammert. Dies dürfte<br />

in erster Linie damit zusammenhängen, dass es<br />

bislang keine angemessenen Prüfmethoden zur<br />

Berechnung dieses Aspektes gibt. Im Übrigen gibt<br />

das BauGB Kommunen mit der Bauleitplanung<br />

ein Instrument an die Hand, das Ihnen – wie es<br />

in Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes heißt – das<br />

Recht einräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen<br />

Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in<br />

eigener Verantwortung zu regeln. Dementsprechend<br />

verhalten sich auch die umweltrelevanten<br />

Behörden und sonstigen Träger öffentlicher<br />

Belange im Rahmen von Beteiligungsverfahren<br />

nach dem BauGB – sie konzentrieren sich vornehmlich<br />

auf die Schutzgüter des § 1 Abs. 6 Nr.<br />

7 BauGB. Die zuständigen Immissionsschutzbehörden<br />

hinterfragen Pläne in Bezug auf Lärm<br />

und sonstige Immissionskonflikte, z.B. durch zu<br />

nah aneinanderrückende, sich gegenseitig störende<br />

Nutzungen. Naturschutzbehörden und<br />

–verbände richten den Fokus vor allem auf Flora<br />

und Fauna. Der „allgemeine Klimaschutz“ bleibt<br />

in der Praxis unterbelichtet.<br />

Diesem Gedanken folgend stehen Aspekte gesamtklimatischer<br />

Folgewirkungen von Planung<br />

(noch) nicht im Fokus der Betrachtung der Bauleitplanung.<br />

Das Studienprojekt „stadtplanung in treptowkÖpenick“<br />

hat im Rahmen seiner Projektarbeit<br />

eine Bewertungsmatrix „zur umweltgerechten<br />

Steuerung von Plangebieten mit Wohnfunktionen“<br />

entwickelt, die sich dieser Problematik annimmt.<br />

Im Zuge dieser Bewertungsmatrix, die sich in<br />

erster Linie an Planerinnen und Planer wendet,<br />

sollen neben all den anderen umweltrelevanten<br />

Aspekten gerade auch die Auswirkungen von<br />

Planung auf Treibhaus beeinflussende Klimagase<br />

betrachtet werden.<br />

Warum eine Bewertungsmatrix auf der Ebene<br />

der Flächennutzungsplanung<br />

14 % der weltweit freigesetzten Treibhausgase ent-<br />

94


fallen auf den Transport<br />

18 % auf die Bodennutzung,<br />

24% auf die Energiegewinnung und<br />

8 % auf Gebäude-Heizungen.<br />

All dies sind unmittelbar mit der Planung im Zusammenhang<br />

stehende Aspekte Dies gilt insbesondere<br />

für den Verkehr, denn die Ausweisung<br />

von Bauflächen auf der Ebene der Flächennutzungsplanung<br />

zieht neue Stadtstrukturen und<br />

somit neue Verkehrsströme nach sich. Daher ist<br />

bei der Stadtplanung von entscheidender Bedeutung,<br />

dass gerade die Neuausweisung von<br />

Baugebieten auf ihre verkehrsinduzierende Wirkung<br />

hin überprüft werden muss. Genau diese<br />

Möglichkeit bietet das neu entwickelte Tool der<br />

FNP-Bewertungsmatrix.<br />

Denn im Unterschied zu anderen Matrices dieser<br />

Art wird hierbei neben den gängigen und in<br />

Umweltprüfungen regelmäßig abgearbeiteten<br />

Belangen (Schutzgut Wasser, Boden, Fauna und<br />

Flora, Mensch …) insbesondere der Aspekt des<br />

CO²-Ausstoßes einbezogen,<br />

indem wesentliche Rahmenbedingungen<br />

des Verkehrs<br />

bewertet werden. Mit Hilfe<br />

des Web- basierten Computerprogramms<br />

soll es Planerinnen<br />

und Planern erleichtert<br />

werden, bereits auf der<br />

Ebene der vorbereitenden<br />

Bauleitplanung (Flächennutzungsplanung)<br />

Stadtentwicklungsentscheidungen<br />

zu treffen,<br />

die auch im Hinblick auf<br />

den allgemeinen Klimaschutz<br />

ökologisch vernünftig sind.<br />

Die neu entwickelte Bewertungsmatrix<br />

soll also helfen,<br />

dass zukünftig bei Standortentscheidungen<br />

auf der Ebene<br />

des Flächennutzungsplans<br />

neben den üblichen Schutzgütern<br />

auch Fragen des allgemeinen<br />

Klimaschutzes beachtet<br />

werden.<br />

Sie soll von planenden Kommunen als Entscheidungsgrundlage<br />

genutzt werden.<br />

Das Programm ermöglicht neben der Einspeisung<br />

der erforderlichen Rahmendaten zur<br />

Gebietsbewertung auch eine Protokollführung.<br />

Diese ist wichtig, um klarzustellen, dass bestimmte<br />

Flächen nur unter Berücksichtigung im<br />

Protokoll festzuhaltender Bedingungen für eine<br />

Entwicklung in Frage kommen. Während sich<br />

demzufolge die Notenvergabe am Ist-Zustand<br />

des jeweiligen Plangebietes orientiert, sollen im<br />

Protokoll insbesondere diejenigen Maßnahmen<br />

oder Bedingungen festgehalten werden, die im<br />

Rahmen einer weiterführenden Planung z.B. auf<br />

der Ebene des Bebauungsplans zu beachten<br />

wären. Die Inhalte des Protokolls können daher<br />

in spätere Aufstellungsbeschlüsse zu Bebauungsplänen<br />

einfließen.<br />

Aufbau der Bewertungsmatrix<br />

(www.fnp.bewertungsmatrix.de)<br />

6.1. Das erste Kriterium der Bewertungsmatrix<br />

95


Hintergrund<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Anwendung der<br />

Bewertungsmatrix auf das<br />

Plangebiet<br />

Im Februar 2008 wurden die Ergebnisse der<br />

Bestandsaufnahme zu den vier Untersuchungsgebieten<br />

in Treptow-Köpenick, die für eine städtebauliche<br />

Entwicklung grundsätzlich in Frage<br />

kommen, in das Programm zur FNP-Bewertungsmatrix<br />

eingegeben. Dabei ergab sich folgendes<br />

Bild:<br />

Unabhängig vom Plangebiet bestand stets die<br />

Absicht und der Anspruch des Studienprojektes<br />

darin, die größte Herausforderung zu suchen<br />

und dementsprechend „schwierige“ Gebiete<br />

zu beplanen. Mit dem Blick auf die Bewertungsmatrix,<br />

wäre dies das Gebiet in Spindlersfelde<br />

gewesen, da hier die „schlechteste“ Note erzielt<br />

wurde. Eine große Brachfläche, die vorher<br />

industriell geprägt war und alten Baubestand,<br />

der teilweise abgetragen wurde, aufweist. Da<br />

sich aber durch das teilweise<br />

Abtragen der ehemaligen<br />

Industriebauten und einer<br />

Bodensanierung die Vegetation<br />

stetig erholt, hielten wir<br />

es für ökologisch bedenklich<br />

entsiegelte Fläche zu versiegeln.<br />

Insofern gaben hier die<br />

in der Bewertungsmatrix erzielten<br />

Werte eine deutliche<br />

Entscheidungshilfe zu Gunsten<br />

ökologischer Belange.<br />

6.2. Die Auswertung des Vergleichs der Plangebiete des Projektes<br />

Beschluss des Studienprojektes<br />

für ein Plangebiet von vier möglichen<br />

In den darauf folgenden Sitzungen hat das Studienprojekt<br />

mehrheitlich beschlossen, ein städtebauliches<br />

Konzept, einen B-Planentwurf einschließlich<br />

Umweltprüfung für das Plangebiet an<br />

der Friedrichshagener Straße zu entwickeln.<br />

Des Weiteren hielt die oben<br />

genannte Suche nach der<br />

Herausforderung das Projekt<br />

von einer Beplanung des in<br />

der Bewertungsmatrix am<br />

besten abgeschnittenen Gebietes,<br />

Niederschöneweide,<br />

ab.<br />

Die Planung sollte demnach<br />

auf dem Plangebiet der Wendenschloßstraße<br />

stattfinden.<br />

Hierfür wurden im ersten<br />

Schritt Entwurfsskizzen entwickelt<br />

und eine erneute und<br />

detailliertere Ortsbegehung vorgenommen. Da<br />

kurz darauf bekannt wurde, dass genau auf dem<br />

zu beplanenden Gebiet in Kürze ein Lebensmittelmarkt<br />

errichtet werden soll, wurden die Planung<br />

fallen gelassen und sich dem Gebiet entlang<br />

der Friedrichshagener Straße gewidmet.<br />

Die Planung des Gebiets entlang der Friedrichshagener<br />

Straße wurde letztendlich auch deshalb<br />

vorgenommen, weil hier ein ganzen Bündel an<br />

96


z.B. ökologischen Herausforderung vorzufinden<br />

war.<br />

So weist das ehemals industriell genutzte Plangebiet<br />

mit einen vegetationsreichen Uferstreifen<br />

reichhaltige Biotoptypen, wie geschützten und<br />

seltenen Ulmen auf. Eine weitere Schwierigkeit<br />

bestand darin, dass das Gebiet, durch die Friedrichshagener<br />

Straße und der Salvador- Allende-<br />

Brücke, einer erheblichen Lärmbelastung ausgesetzt<br />

ist und somit lärmmindernde Maßnahmen<br />

getroffen werden mussten. Ferner sollte auf der<br />

relativ kleinen Fläche ein ökologisch vertretbares<br />

und nachhaltiges Energiekonzept mit Hilfe<br />

von u.a. Solarenergie und Geothermie realisiert<br />

werden.<br />

Faith, unser amerikanisches Projektmitglied, hat<br />

sich mit der eben vorgestellten Bewertungsmatrix<br />

näher befasst und die FNP-Bewertungsmatrix<br />

ins Englische übersetzt. Da nicht nur wir<br />

sondern auch weltweit ökologisch geplant werden<br />

soll, sorgen wir neben eingeholter Expertenmeinungen<br />

auch mit der englischen Version,<br />

dass unsere Bewertungsmatrix international genutzt<br />

werden kann und bekannt wird. So stellt<br />

Faith diese im September 2008 in Oslo bei der<br />

Council for European <strong>Urban</strong>ism Konferenz „<strong>Urban</strong><br />

<strong>Design</strong> and Climate Change“, im Rahmen<br />

einer vergleichenden Studie, vor. Einen kurzen<br />

Eindruck ihrer Vorstellung gibt der folgende von<br />

ihr verfasste Bericht. In diesem Text vergleicht<br />

sie die LEED-ND (eine renommierte US-Beispielsstudie)<br />

mit unserer erstellten Bewertungsmatrix.<br />

Der Klimawandel ist ein großes Problem, deshalb<br />

soll man ökologische Gebäude bauen und<br />

ökologische Orte schaffen. Aber was ist ein<br />

ökologischer Ort Jetzt beginnt eine globale<br />

Suche, einen ökologischen Ort zu definieren.<br />

Der größte Versuch ist LEED for Neighborhood<br />

Development (LEED-ND), welches ein<br />

Bewertungssystem aus den USA ist und sich<br />

momentan in der Pilot Projekt Phase befindet.<br />

Dieses System ist vergleichbar mit der<br />

Bewertungsmatrix vom Projekt „stadtplanung<br />

in treptow-kÖpenick“. Allerdings ist LEED-ND<br />

für ein ganzes Projekt konzipiert, von der Standortentscheidung<br />

bis zur Realisierung. Die Stadt<br />

oder der Entwickler kann sich für dieses Programm<br />

anmelden um ein LEED-ND Zertifikat<br />

zu bekommen. Im Gegensatz zu LEED-ND ist<br />

die Bewertungsmatrix ein Instrument für ein<br />

Stadtplanungsamt um bei dem Entscheidungsprozess<br />

zu helfen, welcher Standort für einen<br />

neuen Bebauungsplan ökologisch am sinnvollsten<br />

ist. Dennoch weisen die Kriterien in der<br />

Bewertungsmatrix und LEED-ND Überschneidungen<br />

auf. Eine Vergleichsrechnung zwischen<br />

LEED-ND und die Bewertungsmatrix zeigt,<br />

welche Beurteilungskriterien international sind<br />

und welche Beurteilungskriterien nur für ein<br />

bestimmtes Land geeignet sind.<br />

Die überdeckenden Kriterien sind gängige Lösungen<br />

für eine nachhaltige Stadt. Das bedeutet<br />

ein Standort wird ausgewählt nach der vorhandenen<br />

Bodenbeschaffenheit und Versiegelung,<br />

die Nähe zu einem Orts- oder Stadtteilszentrum,<br />

mit einem guten ÖPNV-Angebot und eine<br />

hohe Fahrradtauglichkeit. Die Bewertungsmatrix<br />

bewertet die Erreichbarkeit des täglichen<br />

Bedarfs, die soziale Infrastruktur und die Freizeitmöglichkeiten.<br />

LEED-ND hat eine ähnliche<br />

Liste mit „vielfältige Nutzungen“, die in der<br />

Nähe sein sollen. Andere Faktoren sind hohe<br />

Dichte, Regenwasserversickerung, Biotopschutz,<br />

geringer Kleinklimaeffekt, erneuerbare Energiemöglichkeiten<br />

und wenig Lichtbelastung.<br />

Im Allgemeinen sind die Kriterien der Bewertungsmatrix<br />

höher, als die der LEED-ND. Zum<br />

Beispiel fordert die Bewertungsmatrix einen<br />

Vergleich zwischen ÖPNV und Autoverkehr,<br />

in einer stärkeren Richtlinie als LEED-ND. Bei<br />

LEED-ND kann der ÖPNV nicht so hoch bewertet<br />

werden, weil nicht jede Stadt einen<br />

ÖPNV hat. Andererseits hat LEED-ND einen<br />

97


Kleine Überschrift<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

breiteren Umfang bei den sozialen Kriterien,<br />

wie z. B. erschwingliche Wohnungen und Barrierefreiheit<br />

für Behinderte, als die Bewertungsmatrix.<br />

Trotz einiger Unterschiede haben die beiden<br />

Systeme den gleichen Blick hinsichtlich einer<br />

ökologischen und nachhaltigen Stadt. Jedes<br />

Bewertungsystem muss den unterschiedlichen<br />

Kontext eines Landes beachten. Aber es ist<br />

möglich internationale Ziele und Kriterien festzustellen.<br />

Wenn diese ökologischen Standortbewertungssysteme<br />

in der Welt weiterentwickelt<br />

werden, können diese Systeme von einander<br />

lernen und Best Practice Wissen weitergeben.<br />

Der nun folgende Text “SUSTAINABLE NEIGH-<br />

BORHOOD RATING SYSTEMS” (Bewertungssysteme<br />

für nachhaltige Wohngegenden)<br />

ist die umfangreiche Ausarbeitung der von Faith<br />

erstellten Studie. Hier werden detailliert alle<br />

wichtigen Unterschiede der beiden LEED-ND<br />

und der FNP-Bewertungsmatrix vorgestellt<br />

und erläutert. So gibt es einen grundlegenden<br />

Unterschied zwischen beiden Systemen: LEED-<br />

ND ist ein in großem Umfang, von bedeutenden<br />

gemeinnützigen Organisationen mit 238<br />

Pilotprojekten, erstelltes Beurteilungs-Klassifizierungs-System.<br />

Dagegen entstand die FNP-Bewwertungsmatrix<br />

in einem kleineren Umfang im<br />

Zuge des Universitätsprojektes „stadtplanung in<br />

treptow-kÖpenick“. Außerdem sind beide Systeme<br />

in ihrem jeweiligen landeseigenen Regeln<br />

und Vorschriften, gesetzlichen Bestimmungen<br />

und nach den üblichen Methoden erarbeitet<br />

worden.<br />

Dennoch, trotz einiger Unterschiede in Umfang<br />

und Inhalt, verfolgen beide Systeme ähnliche<br />

Ziele und bewerten in erster Linie die gleichen<br />

Kriterien bezüglich der Umweltverträglichkeit<br />

Abstract<br />

Sustainable neighborhood rating systems:<br />

An international comparison<br />

I. Introduction<br />

Climate change requires cities to reduce resource<br />

use, vehicle travel and open space loss,<br />

which sustainable neighborhood rating systems<br />

aim to measure. This paper compares two rating<br />

systems, the U.S. LEED for Neighborhood<br />

Development (LEED-ND) and the German<br />

Assessment Matrix. The analysis finds there are<br />

universal goals of sustainable neighborhoods, yet<br />

unique problems due in part to the context of<br />

each country. The relationship between transportation<br />

and land use is particularly insightful;<br />

the concept of “reachability” evaluates the ability<br />

of a person to get to common destinations<br />

using sustainable modes of transport such as<br />

walking, bicycling or taking transit.<br />

Global warming and world resource depletion<br />

have accelerated to worldwide concerns that<br />

must be addressed. However, as the business<br />

adage goes, you cannot manage what you cannot<br />

measure. To measure and certify green buildings<br />

that use less energy and resources, rating<br />

systems have been developed around the world.<br />

Considering buildings are a major contributor<br />

to contribute to greenhouse gas emissions, this<br />

is an important first step. Yet the context of<br />

buildings – the neighborhood – influences the<br />

distance and frequency of transportation, which<br />

is another major contributor to greenhouse gas<br />

emissions. If the goal is to create neighborhoods<br />

that reduce vehicle travel, open space loss and<br />

overall resource use, what are the best metrics<br />

to define a “sustainable neighborhood” The<br />

98


following international comparison of sustainable<br />

neighborhood rating systems reveals universal<br />

goals, similar evaluation metrics and unique<br />

problems.<br />

The Problem<br />

Since the International Panel on Climate<br />

Change reports were released in 2007, global<br />

warming has been in the daily news worldwide.<br />

Buildings contribute to 38 percent of CO2<br />

emissions in the U.S. and 15 percent of global<br />

greenhouse gas emissions. Transportation contributes<br />

another 33 percent to CO2 emissions<br />

in the U.S. and 14 percent of global greenhouse<br />

gas emissions. Most of transportation emissions<br />

are due to auto travel: over 60 percent of the<br />

U.S. CO2 emissions from personal vehicle use.<br />

Land use change and forestry resulted in a net<br />

carbon sequestration representing an offset of<br />

approximately 13 percent of U.S. CO2 emissions;<br />

yet an 18 percent worldwide contribution<br />

to greenhouse gas emissions (EPA, 2006, World<br />

Resource Institute, 2005). Since 2006, this issue<br />

has been presented as a challenge that the building<br />

industry – architects, developers, engineers<br />

and planners – must address together. However,<br />

starting now in 2008, we should no longer need<br />

to restate the problem to each other. We must<br />

move past talking about the problem and start<br />

talking about how to implement the solutions.<br />

Rating Systems<br />

Green building rating systems have proliferated<br />

around the world and international organization<br />

among them is increasing. The World Green<br />

Building Council is coordinating the efforts of<br />

the twelve existing green building councils and<br />

five emerging councils. The best known systems<br />

are LEED (Leadership in Energy and Environmental<br />

<strong>Design</strong>) by the U.S. Green Building<br />

Council and BREEAM (British Building Research<br />

Establishment’s Environmental Assessment<br />

Method) by BRE in the U.K. The International<br />

Council of Shopping Centers launched an initiative<br />

to develop a BREEAM framework across<br />

Europe, with pilot projects to be implemented<br />

later this year. (Godding, 2008) In Germany, the<br />

DGNB (German Sustainable Building Council)<br />

has just introduced the DGNB-Certificate system<br />

with higher standards and more in depth<br />

analysis than other systems. The Sustainable<br />

Building Alliance, begun by a partnership of BRE<br />

in the U.K. and CSTB in France, plans to develop<br />

a common core for green building rating<br />

systems, identifying universal criteria common<br />

to all systems. (Larsson, 2008) As rating systems<br />

compete and collaborate, the trend toward<br />

higher and more widespread standards is clear.<br />

The most prominent effort to rate the sustainability<br />

of a neighborhood is LEED for Neighborhood<br />

Development (LEED-ND) although<br />

other systems are developing. LEED-ND was<br />

developed jointly by the U.S. Green Building<br />

Council (USGBC), the Congress for the New<br />

<strong>Urban</strong>ism (CNU) and the Natural Resources<br />

Defense Council (NRDC), respectively representing<br />

green building, new urbanism and<br />

smart growth interests. The U.K. has BREEAM<br />

for Developments, a lesser known system that<br />

currently under revision. Germany has several<br />

smaller efforts underway. One is the DGNB<br />

committee for People Friendly Environments,<br />

which envisions an extension of the DBNB<br />

certificate system for buildings. Another is the<br />

<strong>Urban</strong> Index by Professor Wolfgang Christ of<br />

the Bauhaus University in Weimar, which will<br />

be presented at the C.E.U. conference in 2008.<br />

Finally, the Assessment Matrix was developed<br />

by Bernhard Weyrauch of the Berlin Technical<br />

University and refined during an urban planning<br />

project class in which the author of this paper<br />

participated. The development of sustainable<br />

neighborhood rating systems is following the<br />

path of building rating systems, with future collaboration<br />

expected to increase.<br />

An International Comparison<br />

To further the international dialogue about sustainable<br />

neighborhood rating systems, this paper<br />

provides a comparison of two systems: the U.S.<br />

LEED-ND and the German Assessment Matrix.<br />

99


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

There are notable differences between the two<br />

systems: from former is a large-scale effort by<br />

three major nonprofit organizations with 238<br />

pilot projects while the latter is a small-scale<br />

university project. The systems were developed<br />

within the context of their respective countries’<br />

rules, regulations and standard practices. Yet despite<br />

the differences in scale and context, both<br />

systems have parallel goals and evaluate similar<br />

criteria focused primarily on environmental sustainability.<br />

The comparison of LEED-ND and the<br />

Assessment Matrix in this paper identifies universal<br />

principles of sustainable neighborhoods,<br />

differing country- or region-specific problems<br />

and best practices for evaluation standards.<br />

Ii. Rating system context and overview<br />

The Assessment Matrix and LEED-ND both<br />

address the city-related climate change issues<br />

– buildings, vehicle travel and land use change –<br />

by trying to lesson sprawl. Yet the differences in<br />

the planning and development context of Germany<br />

and the U.S. results in differing goals and<br />

standards.<br />

The Context<br />

Even though European cities have are considered<br />

more sustainable than their American counterparts,<br />

they also face the challenge of sprawl.<br />

A European Union report, <strong>Urban</strong> Sprawl and<br />

Europe, noted that low density suburban development<br />

in the periphery has become the<br />

norm over the past 20 years in Europe. Sprawl<br />

continues over the available land remaining,<br />

using large amounts of resources for relatively<br />

few people and leading to a loss of biodiversity<br />

(EU, 2006).<br />

In Germany, the character of sprawl may be a<br />

solely residential area near the edge of town<br />

that is located just too far to walk or bicycle to<br />

the town center and with neighborhood commercial<br />

limited to an Aldi at the edge of town.<br />

This picture is still quainter than the image of<br />

the American suburb with large vinyl McMansions<br />

on cul-de-sacs that are located a 20 minute<br />

drive along 8-lane arterials away from a<br />

paradise of big box retail. The former is only<br />

moderately automobile dependant; the latter is<br />

completely automobile dependant and consumes<br />

more land per person.<br />

Planning History<br />

Germany and the U.S. share a history using<br />

zoning; indeed Germans invented the concept<br />

of dividing the city into residential and industrial<br />

zones which influenced American planners.<br />

German planners originally focused more<br />

on the control of noxious industry, relief from<br />

crowding and the protection of countryside;<br />

U.S. planners shared these goals to some extent<br />

but also concentrated on the protection<br />

of single-family housing. The resulting German<br />

regulations mainly considered bulk and density<br />

and the U.S. primarily evaluated land use incompatibility<br />

(Hirt, 2007). Bernhard Weyrauch, the<br />

main author of the Assessment Matrix, described<br />

the current German planning and cultural<br />

attitude as accepting of some conflict. People<br />

are willing to tolerate some noise in exchange<br />

for the benefit of increased proximity to everything<br />

one needs. Mixed-use neighborhoods are<br />

in the norm in Germany.<br />

However, in the U.S., mixed-use is a recent innovation.<br />

As David Godschalk describes, “The<br />

big news in American city planning is that urban<br />

design has replaced lawyerly limit-setting as<br />

the major reason for regulating development…<br />

major new tools for shaping cityscapes [include]<br />

traditional neighborhood development, mixeduse<br />

districts, and form-based zoning.” (Godschalk,<br />

2007) While mixed-use development is<br />

certainly an increasing trend, it still remains a<br />

small part (5-7 percent) of a typical zoning map<br />

(Hirt, 2007).<br />

Zoning Regulations<br />

Germany has a national building law that regulates<br />

the planning and development process.<br />

This national law defines the standards and process<br />

for land use plans, zoning districts and the<br />

100


Bebauungsplan, or “B-plan.” Germany has 10<br />

zoning districts: classified as residential, mixeduse,<br />

commercial and special. In the residential<br />

and mixed-use districts, local commercial is<br />

permitted (either by right or conditional) and<br />

required, respectively. (See Table 1) As a result,<br />

most areas have varying levels of mixed-use.<br />

The “B-plan” is a legally binding local plan that<br />

regulates the specific type and degree of building<br />

and land use. Typically initiated by the local<br />

planning authority, B-plans usually cover an area<br />

from block to several blocks. In locations without<br />

a B-Plan, the use of the property is regulated<br />

by the underlying zoning and must generally<br />

match the surrounding uses in the direct area.<br />

In comparison to American regulations, B-Plans<br />

are most similar to the regulating plans used in<br />

form-based codes and planned unit development<br />

ordinances that also have greater detail at<br />

the block and building level.<br />

The American planning system is characterized<br />

by strong local planning control. The only federal<br />

involvement was the 1921 zoning enabling<br />

act that authorized local governments to divide<br />

territory into districts. As a result, the dominating<br />

land use regulation in the U.S. is the unique<br />

zoning code of each municipality. Despite some<br />

variety between codes, most suburban codes<br />

include strictly separated uses, low permissible<br />

housing densities, large building setbacks and<br />

high minimum parking requirements. Efforts at<br />

increasing mixed-use have include new mixeduse<br />

zones, new form-based code zones (that<br />

allow a rezoning from the old code to the new<br />

code), and occasionally rewrites of entire zoning<br />

codes.<br />

Transportation Planning<br />

Public policy in Germany has supported walking,<br />

bicycling and transit use with increased funding<br />

and infrastructure while restricting automobile<br />

use mainly through high taxes. Metropolitan<br />

wide transit systems are standard, with large<br />

subsidies that enable high-quality service for<br />

low ticket prices. However, German has levels<br />

of automobile ownership only 10 percent lower<br />

than the U.S. and an extensive autobahn<br />

system between cities. Yet transit use has increased<br />

in a case study of three cities, Muenster,<br />

Freiburg and Munich due in part to major improvements<br />

in public transit systems and bicycle<br />

networks. In Munich public transit rose from 19<br />

percent in 1976 to 25 percent in 1995; bicycling<br />

doubled from 6 percent to 14 percent. Freiburg<br />

showed similar results between 1976 and 1994:<br />

transit use rose from 22 percent to 26 percent,<br />

bicycling rose from 18 percent to 28 percent,<br />

and the share of automobile travel fell from 60<br />

percent to 46 percent (TCRP, 1998).<br />

After 50 years of highway building, most U.S.<br />

cities are now car dependant. Transportation<br />

is funded primarily from gas and vehicle taxes<br />

(TCRP, 1998) with 80 percent dedicated to<br />

highways and roads and 17 percent for transit<br />

(Farr, 2008). In the U.S., transit expansion is<br />

in planning stages or underway in most major<br />

metropolitan areas. Federal funds for transit are<br />

limited so transit projects line up and “wait in<br />

line” for several years before receiving funding<br />

in a competitive process. In response to gas prices<br />

rising over 2007, American transit use had<br />

the highest number of rides taken in 50 years.<br />

(APTA, 2008)<br />

The Role of the Rating System<br />

In Germany, the city has a much stronger role<br />

in the development process than in the U.S.,<br />

with the ability to shape development more<br />

closely through the B-Plan process and more<br />

active participation in the buying and selling of<br />

land it wants to have developed. Public-private<br />

partnerships are also much more common in<br />

Germany as governments take an active role<br />

in shaping development. In the U.S., the private<br />

sector tends to take a lead role, with greater<br />

involvement in the planning process and local<br />

infrastrucature layout.<br />

Continuing to create auto-dependant areas will<br />

only increase carbon dioxide emissions; addressing<br />

sprawl is necessary to reduce the emissions<br />

that cause climate change. Yet both Europe and<br />

America need to align government and market<br />

101


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

forces to shift away from this form of development<br />

if they want to reduce the requirement for<br />

vehicle travel in areas were only sprawl exists. A<br />

neighborhood rating system offers a reason to<br />

deviate from the status quo, a marketing tool<br />

that shows “quality” in new development.<br />

About the Rating Systems<br />

The goals of LEED-ND and the Assessment<br />

Matrix have many overlapping goals from the<br />

provision of transit and daily goods to the preservation<br />

of natural habitats. It should be noted:<br />

The Assessment Matrix is best categorized as<br />

a “green” rating system, meaning that it only<br />

focuses on the environmental principles of sustainability.<br />

LEED-ND, although focused primarily<br />

on environmental aspects, does take a broader<br />

view to consider some of the social aspects of<br />

sustainability.<br />

LEED-ND Goals<br />

Currently in its pilot period, LEED-ND is a neighborhood<br />

rating system created to spur market<br />

change. Like LEED rating systems for buildings,<br />

LEED-ND certification offers a third-party verification<br />

that a project achieves high benchmarks<br />

for environmentally sustainable development.<br />

LEED-ND creates a standard of “quality” in the<br />

market, rewarding developers that meet the<br />

standard a seal of approval and giving them an<br />

incentive to stretch beyond conventional site<br />

design practices. Furthermore, LEED-ND encourages<br />

municipalities and other local authorities<br />

to change their regulations that do not permit<br />

the smart growth or new urbanist standards.<br />

Of three potential LEED-ND projects analyzed<br />

(Stapleton, Noisette and Bloomington Central<br />

Station), all projects required new zoning to be<br />

written for the project (Cable, 2007). By setting<br />

standards that go against conventional regulations,<br />

LEED-ND creates an incentive to change<br />

zoning codes so a quality project is permissible.<br />

Assessment Matrix Goals<br />

The Assessment Matrix was created to help city<br />

planners respond to climate change concerns.<br />

Developed by Bernhard Weyrauch of the Berlin<br />

Technical University, the Assessment Matrix<br />

was refined during a planning course in which<br />

the author participated. The Assessment Matrix<br />

rates potential development locations in order<br />

to identify the best places to prepare new local<br />

B-plans. Considering the main tool of the local<br />

planner created by Germany’s national building<br />

law is the B-Plan, the Assessment Matrix targets<br />

one of the main ways to shape growth in<br />

Germany. The rating system is still undergoing<br />

revisions and plans are underway to determine<br />

the best way to integrate the Assessment<br />

Matrix into the German planning process. The<br />

Assessment Matrix is intended to be applicable<br />

throughout Germany for metropolitan areas,<br />

smaller cities and towns.<br />

Rating System Process<br />

LEED-ND can be initiated by developers or<br />

local governments and allows projects to be<br />

certified in a three stage process. Stage One is<br />

an Optional Pre-review for projects before the<br />

entitlement process; Stage Two is the Certification<br />

of an Approved Plan which is available after<br />

the project receives all entitlements and other<br />

approvals needed to build the project; and Stage<br />

Three is the Certification of a Completed<br />

Neighborhood Development that occurs when<br />

construction is complete. Similar to other LEED<br />

green building rating systems, LEED-ND has a<br />

few prerequisites and many credits. LEED-ND<br />

has specific criteria, often requiring GIS-based<br />

calculations and mapping procedures that<br />

produce a precise score. During the pilot phase,<br />

there is no size restriction to the size of a<br />

“neighborhood,” therefore there is no minimum<br />

or maximum project size.<br />

The Assessment Matrix is designed to be an informal<br />

tool primarily for municipal planners. In<br />

its present form, it allows potential locations to<br />

be analyzed quickly and compared on an interactive<br />

website. Some data gathering is necessary<br />

but the process does not require the extensive<br />

102


documentation of LEED-ND.<br />

Points vs. Grades<br />

By using a generalized analysis, the results of the<br />

Assessment Matrix are more subjective whereas<br />

LEED-ND draws a bright line between what<br />

achieves a point and what is not based on a specific<br />

calculation. The Assessment Matrix allows<br />

for more professional judgment in the rating<br />

process however without more specific criteria<br />

in some areas, it would be difficult to implement<br />

in a certification process. The advantage to the<br />

Assessment Matrix approach is that is rates all<br />

criteria, giving poor notes to areas that do not<br />

meet the rating system goals and also allowing<br />

for a gradation between good and bad. LEED-<br />

ND allows areas where rating system goals<br />

were not achieved to go unaddressed, which<br />

become areas where no points are scored. Additionally,<br />

with the bright line drawn in the LEED<br />

rating process there is no reflection of the gradation<br />

between positive and negative attributes<br />

that occurs in reality.<br />

Main Categories<br />

The neighborhood rating systems are organized<br />

quite differently. LEED-ND has opted arrange<br />

its system by a three-part process: choosing<br />

a site, then creating a master plan for the site<br />

and finally designing the building and site details<br />

which reflects the development process of<br />

most projects. This three-part system also corresponds<br />

with three co-authors – NRDC, CNU<br />

and USGBC – and their respective interests:<br />

smart growth, urbanism and green building.<br />

The categories of LEED-ND are:<br />

I. Smart Location & Linkage (30 points)<br />

II. Neighborhood Pattern & <strong>Design</strong> (39<br />

points)<br />

III. Green Construction & Technology (31<br />

points)<br />

IV.<br />

Innovation & <strong>Design</strong> Process (6 points)<br />

In contrast to LEED-ND, the Assessment Matrix<br />

is arranged thematically. Since the Assessment<br />

Matrix focuses on location choice, it is most<br />

closely related to the first category of LEED-<br />

ND however it does address issues raised in<br />

the other categories. The main categories of the<br />

Assessment Matrix are:<br />

1. Mobility/Location/Reachability (30%)<br />

2. Emissions (10%)<br />

3. Microclimate (5%)<br />

4. Ground & Area (new) Utilization (20%)<br />

5. Nature (Flora & Fauna) (15%)<br />

6. Water (10%)<br />

7. Energy (5%)<br />

8. Place & Landscape View (5%)<br />

IIi. Comparison of rating system<br />

criteria<br />

In order to compare two systems which are organized<br />

in completely different ways, new thematic<br />

categories were developed. They are:<br />

1. Location and Previous Use<br />

2. Transportation and Reachability<br />

3. Compact and Walkable <strong>Design</strong><br />

4. Conservation and Restoration of the Environment<br />

5. Social Issues<br />

6. Resource Efficiency<br />

7. Pollution<br />

Due to fundamental differences between rating<br />

systems, the criteria don’t always align solely<br />

within one category. The separation of “diverse<br />

uses” and “mixed-use” is the best example: the<br />

former is included in Transportation and Reachability<br />

to measure the time-distance travel to<br />

these common goals; the latter is included with<br />

Compact and Walkable <strong>Design</strong> since it analyzes<br />

the density of a particular place. Mixed-use development<br />

is created by including diverse uses,<br />

yet it becomes easier to distinguish between<br />

the users’ experience and the planners’ calculation<br />

when travel distances and density are measured<br />

separately.<br />

103


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

In this evaluation, the criteria for earning LEED-<br />

ND points are compared and contrasted with<br />

the criteria that receive the best to worst grade<br />

by the Assessment Matrix. Some heavily weighted<br />

criteria will also be noted for credits over<br />

two points in LEED-ND and above six percent<br />

in the Assessment Matrix. (For a complete comparison<br />

of all credits, see Appendix 1)<br />

1. Location and Previous Use<br />

regarding previous site use is if the site is a<br />

brownfield. Brownfield credits address remediation,<br />

their redevelopment in low-income areas,<br />

and extensive cleanup of brownfield soil. The<br />

Assessment Matrix goes into detail rating the<br />

previous use of the site, using a gradation of<br />

over 20 different site uses. This rating, with a 14<br />

percent weight, gives the best score for using<br />

completely built-up locations with impervious<br />

surface and the worst score to using forests or<br />

protected natural areas.<br />

The Location and Previous Use category focuses<br />

on the where the project is located in relation<br />

to the surrounding area and the degree of<br />

prior development. The goal is to previously developed<br />

sites in relatively central locations with<br />

transit and services nearby. Discouraged is the<br />

use of greenfield sites in remote locations.<br />

Site Location<br />

Both rating systems address project location:<br />

LEED-ND favors urban infill sites with infrastructure<br />

and some services while the Assessment<br />

Matrix prioritizes proximity to a neighborhood<br />

center. In LEED-ND, the minimum requirement<br />

for a greenfield site is either adequate transit<br />

service, some diverse uses nearby or low vehicle<br />

miles traveled. Up to 10 additional points<br />

for site location are based on whether the site<br />

was previously developed, the amount of adjacent<br />

development surrounding the site, and the<br />

“urbanness” of the site as measured by street<br />

centerline density in the mile radius around<br />

the project. In contrast, the Assessment Matrix<br />

considers the plan location to be a mobility issue<br />

and ranks locations by time-distance to a<br />

neighborhood center when traveling by transit<br />

or bicycle, with an overall 9 percent weight for<br />

this criteria.<br />

Previous Site Use<br />

In LEED-ND, aside from categorizing a site<br />

as “previously developed” or “not previously<br />

developed,” the only additional consideration<br />

Infrastructure Provision<br />

Unique to LEED-ND is a prerequisite for locating<br />

a development where water and sewer<br />

infrastructure are located or planned to be located.<br />

This prevents a common practice in lowdensity<br />

areas where individual wells and septic<br />

systems are installed. The use of septic systems<br />

can pose health problems a failure allows sewage<br />

to enter underground water resources.<br />

2. Transportation and Reachability<br />

This category, Transportation and Reachability,<br />

reflects the relationship between transportation<br />

and the access it provides to different destinations.<br />

The first part includes the primary<br />

modes of eco-mobility that are encouraged:<br />

transit and bicycling (walking is considered in<br />

the next category) as well as the reduction of<br />

automobile travel. The second part, the concept<br />

of “reachability,” evaluates the quality of a location<br />

based on the time-distance by eco-mobility<br />

to common destinations such as jobs, shops,<br />

schools or parks. The concept of reachabilty is<br />

central to the Assessment Matrix; however in<br />

LEED-ND only the bicycle network and jobs<br />

and housing balance credits consider the destination<br />

and transportation together.<br />

Common destinations are measured by both<br />

systems; however the Assessment Matrix takes<br />

a more nuanced view toward types of destinations<br />

and their respective locations. LEED-ND<br />

has one category of “diverse uses” to measure<br />

104


all common destinations whereas the Assessment<br />

Matrix differentiates “daily needed goods,”<br />

social infrastructure and cultural offerings. For<br />

higher level goods and services, the Assessment<br />

Matrix evaluates the distance to a neighborhood<br />

center, which implies the presence of multiple<br />

retail and service businesses, good transit<br />

connections to the region and the “urbanness”<br />

that characterizes a city area.<br />

Transit<br />

LEED-ND gives credit for the number of transit<br />

rides provided on a weekday within a quarterto<br />

a half-mile (400-800 meter) walking distance,<br />

depending on the type of transit. To earn the<br />

minimum two points there must be at least 20<br />

rides on a weekday; for the maximum seven<br />

points there must be 500 or more rides. With<br />

a higher weight of 7.5 percent, the Assessment<br />

Matrix grades public transit by its competitiveness<br />

with auto travel and considers the following<br />

factors: type of transit, frequency, proximity to<br />

the station or stop, other stops along the line(s)<br />

and regional connections.<br />

The standard for public transit was one of the<br />

most contentious in the development of the<br />

Assessment Matrix. The original standard was a<br />

high score for a location within 200 meters (1/8<br />

mile) of an S-Bahn or U-Bahn (heavy rail) station,<br />

with lower scores for increased distance or<br />

a lesser form of transit such as a tram, followed<br />

by a bus. The lowest score was given if public<br />

transport did not exist within 1000 meters<br />

(5/8 mile). This standard is reflective of transit<br />

service in Berlin; however it was modified to accommodate<br />

smaller cities and towns where the<br />

need for public transport is smaller. The resulting<br />

standard is vaguer, but it takes into account<br />

more factors that contribute to transit quality<br />

than the LEED-ND standard.<br />

The transit standard listed above can be substituted<br />

by lower vehicle miles traveled in the project<br />

area. This is based on average vehicle miles<br />

traveled in the metropolitan area, awarding two<br />

to seven points for every 10 percentage points<br />

the project area is lower than the metropolitan<br />

area. Another LEED-ND credit is for creating a<br />

Transportation Demand Management Program,<br />

which may include solutions such as charging<br />

tolls or encouraging alternate work hours. This<br />

credit may also be achieved by providing subsidized<br />

transit passes or by providing transit<br />

service to destinations such as a commuter rail<br />

station or a shopping center.<br />

Bicycles<br />

LEED-ND provides a point for a bicycle network<br />

of at least 3 miles (4800 meters) which<br />

goes to at least four diverse uses and for offering<br />

bicycle parking. In the Assessment Matrix,<br />

a good score is achieved when bicycles are accommodated<br />

with an appropriate ground surface,<br />

connections between neighborhoods, safe<br />

traffic conditions and destinations along the way,<br />

and a poor score as these conditions decline.<br />

Access to Jobs<br />

The Jobs and Housing Balance credit in LEED-<br />

ND provides three points for either locating a<br />

project that includes new housing within a ½<br />

mile (800 meter) walk of existing jobs or locating<br />

new jobs on an infill location within a<br />

½ mile (800 meter) walk of a transit station<br />

and existing housing. Although the intent of<br />

this credit is important, access to the regional<br />

job market via transit in only considered when<br />

creating new jobs. Additionally, the possibility of<br />

creating both new jobs and housing within walking<br />

distance is not considered.<br />

Reduction of Auto Travel<br />

Reduced auto travel is only considered by LEED-<br />

ND, an option created for cities without transit.<br />

Access to Daily Needed Goods<br />

LEED-ND gives credit to projects that offer “diverse<br />

uses” within a ½ mile (800 meter) walk<br />

105


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

for at least half of the residents and businesses,<br />

offering up to four points for 10 diverse uses.<br />

The Assessment Matrix evaluates the access to<br />

“daily needed goods,” giving the highest score to<br />

a place where they are within walking distance<br />

and a mid-level score when they are within a<br />

10 minute bicycle or transit journey. LEED-ND’s<br />

“diverse uses” list has some services which are<br />

also considered “daily needed goods” in the<br />

Assessment Matrix such as a bank, pharmacy,<br />

restaurant and supermarket. (See Table 2 for<br />

a complete comparison.) However, the LEED-<br />

ND “diverse uses” list includes less frequented<br />

services such as a theater, a hardware store and<br />

a police/fire station. In the Assessment Matrix,<br />

the first two are considered appropriate for a<br />

neighborhood center location; the third is not<br />

addressed.<br />

It should be noted: German planning regulations<br />

use the standard of “daily needed goods,”<br />

specifying them as conditional uses in restricted<br />

residential zones and permitted uses in general<br />

residential and mixed-use zones. (See Table<br />

1 for a comparison of residential zoning.) The<br />

small scale retail allowed in general residential or<br />

mixed-use areas has a size limit of 1,200 square<br />

meters (13,000 square feet). However, German<br />

businesses have adapted to this scale of retail,<br />

from national chains to local businesses. While<br />

the determination of a “daily needed good” is at<br />

the discretion of a local planner, the application<br />

of it is not considered problematic – they are<br />

considered to be shops or services that most<br />

Germans frequent at least once per week.<br />

Access to Social Infrastructure<br />

and Cultural Offerings<br />

LEED-ND has a credit for providing a school<br />

within a ½ mile (400 meter) walk for at least<br />

half of the residents and considers day care as a<br />

“diverse use.” In the Assessment Matrix evaluation<br />

of social infrastructure, such as a school, day<br />

care and doctor, the best score is based on the<br />

ease of reachability and competitiveness of transit.<br />

The Assessment Matrix also has a separate<br />

category for cultural offerings such as a theater<br />

or museum, also measured by reachability and<br />

transit competitiveness. Once again, LEED-ND<br />

doesn’t differentiate cultural options but does<br />

include a theater with diverse uses.<br />

Access to Recreational Space<br />

For recreational space, LEED-ND offers credits<br />

for providing parks, squares, sports facilities or<br />

other recreational options within a 1/6-1/2 mile<br />

(130-400 meter), depending on the type of<br />

space. In the Assessment Matrix, the best score<br />

is given if there are at least two recreational<br />

options in close proximity; the score drops somewhat<br />

if recreational options can be reached<br />

within 10 minutes by bicycle or transit.<br />

3. Compact and Walkable <strong>Design</strong><br />

The Compact and Walkable <strong>Design</strong> category<br />

analyzes the density and urban design of a particular<br />

site. While both rating systems share the<br />

same goal of compact design with higher density,<br />

LEED-ND goes further in evaluating walkability.<br />

Density and Mixed-Use<br />

Common metrics are used to evaluate density:<br />

floor area ratio (FAR) and dwelling units (DU)<br />

per acre in LEED-ND an FAR and lot coverage<br />

ratio in the Assessment Matrix. LEED-ND has<br />

a prerequisite density of a 0.50 FAR for commercial<br />

buildings and 7 dwelling units per acre<br />

(2.8 units per hectare) for residential areas. This<br />

residential standard based on the minimum<br />

density to support basic bus service. (Pushkarev<br />

and Zupan 1977) This standard goes up to a<br />

3.5 FAR for commercial buildings or 70 dwelling<br />

unit per acre (2.8 units per hectare). The Assessment<br />

Matrix the best scores to residential<br />

areas with a lot coverage ratio of 60 percent<br />

and 1.8 FAR to mixed-use areas with an 80 percent<br />

lot coverage ratio and 2.4 FAR. The density<br />

standard is higher in LEED-ND, with a FAR of<br />

1.8 given the best rating for residential in the<br />

Assessment Matrix, yet it only scores three out<br />

106


of seven points in LEED-ND.<br />

<strong>Design</strong> and Walkability<br />

LEED-ND criteria for walkable design include<br />

providing building entries on a street, square<br />

or park (not on a parking lot), creating at least<br />

a 1:3 building height-to-street-width ratio and<br />

providing continuous sidewalks. After meeting<br />

the first set of criteria worth four points, an additional<br />

four points can be earned for additional<br />

elements. These elements include: buildings located<br />

near the property line (within 0-25 feet<br />

or 0-8 meters), frequent building entries, limited<br />

blank walls along the street, ground floor retail,<br />

street parking and street trees. Another credit<br />

for is awarded for locating parking alongside or<br />

behind a building and not in front between the<br />

building and the street.<br />

LEED-ND also considers street density and connectivity.<br />

Points are given for the street network<br />

density within the project, as measured by street<br />

centerline miles per square mile. An additional<br />

credit is achieved for building a through-street<br />

every 800 feet (250 meters) along the project<br />

boundary, although exceptions are made for<br />

natural features such as water or streams and<br />

infrastructure such as highways or railroads.<br />

4. Conservation and Restoration<br />

of the Environment<br />

The Conservation and Restoration of the Environment<br />

category addresses impervious surfaces,<br />

stormwater management, groundwater<br />

quality, water bodies and habitat protection. The<br />

main goals are reducing and cleaning stormwater<br />

runoff, protecting habitat areas and limiting<br />

site disturbance.<br />

Water<br />

For impervious surface and stormwater treatment,<br />

LEED-ND calls for all stormwater to be<br />

infiltrated, reused or evapotranspirated for either<br />

90 percent of the average annual rainfall or<br />

1 inch (2.5 cm) of rainfall. Up to five points are<br />

awarded for the percentage of impervious surface<br />

treated in this manner. Rainwater absorption<br />

is given a high weight of 7 percent in the<br />

Assessment Matrix. The best score is given to<br />

projects if the amount of rainwater absorbed<br />

by the ground increases and filters pollutants in<br />

the process; the score declines as the amount of<br />

rainwater absorbed decreases. The Assessment<br />

Matrix measures the amount of impervious surface<br />

change, giving the best scores if there is no<br />

impervious surface change and worse scores if<br />

impervious surfaces increase. This reinforces a<br />

site selection of previously developed locations<br />

which have higher amounts of impervious surface.<br />

An areas with water bodies and wetlands, LEED-<br />

ND requires a minimal impact on the 100<br />

foot (30 meter) buffer around them. Another<br />

LEED-ND prerequisite is to either not build in<br />

a floodplain or if the area is previously developed,<br />

to follow federal recommended standards<br />

for floodplain development. LEED-ND also<br />

provides credits for water body and wetland<br />

conservation, restoration and management;<br />

however these credits can be earned either for<br />

water bodies and wetlands or for habitat (and<br />

are described below with Habitat). For surface<br />

water quality in the Assessment Matrix, the best<br />

score is achieved if water bodies in the area are<br />

improved; poor scores are given if water bodies<br />

become more impaired as a result of the plan.<br />

Habitat<br />

LEED-ND also offers points for the conservation,<br />

restoration and management of either water<br />

or habitat areas. Conservation efforts need<br />

to include all important natural habitats that<br />

can be identified (or alternately, all water bodies,<br />

wetlands and a 100 foot (30 meter) buffer). Restoration<br />

effects of these predevelopment conditions<br />

need to be 10 percent of the development<br />

footprint to achieve the credit. In addition<br />

to creating a management plan, it also needs to<br />

be funded for 10 years to reach the credit. The<br />

107


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Assessment Matrix takes a simpler approach<br />

to habitat, with three areas graded: protected<br />

areas, habitat and flora & fauna. The best scores<br />

are given when there is a positive influence on<br />

these areas, with the score declining if there is<br />

no influence and then by a range of potential<br />

negative influences.<br />

Site Disturbance<br />

Site disturbance is addressed only by LEED-ND.<br />

One credit includes not developing on steep<br />

slopes over 15 percent in undeveloped areas or<br />

limiting development on slopes between 15 to<br />

40 percent in previously developed locations; in<br />

either case slopes over 40 percent cannot be<br />

used. During the construction process, there is<br />

a prerequisite for implementing an Erosion and<br />

Sedimentation Control Plan and credits for minimizing<br />

site disturbance either of total land or<br />

of areas near construction.<br />

5. Social Issues<br />

The Social Issues category, only addressed by<br />

LEED-ND, goes beyond the traditional focus<br />

on the environmental aspect of sustainable development<br />

and broadens the scope to social<br />

and equity concerns as well. Most prominent<br />

are the affordable housing credits, for including<br />

for-rent affordable units and another for<br />

including for-sale affordable units. The credits<br />

follow common housing goals: 10 to 30 percent<br />

affordable units, rental units affordable to<br />

people below the federally defined Area Median<br />

Income and for-sale units affordable at<br />

earning the Area Median Income. The universal<br />

accessibility credit requires at least 20 percent<br />

of all residential units and all common spaces be<br />

handicapped accessible. Finally, a credit for community<br />

outreach is intended to foster greater<br />

dialogue between the developer, the city and<br />

the neighborhood residents in the creation of a<br />

new development.<br />

6. Resource Efficiency<br />

The Resource Efficiency category addresses<br />

primarily common green building criteria, from<br />

reduced water and energy use to recycled materials.<br />

LEED-ND evaluates a range of these<br />

construction issues, offering credits for greening<br />

both buildings (overlapping the LEED building<br />

rating systems) and infrastructure. Due to the<br />

focus of the Assessment Matrix on location<br />

evaluation, only a minority of the issues that arise<br />

in the construction process are considered.<br />

Green & Efficient Buildings<br />

LEED-ND has several credits that mirror the<br />

LEED for buildings criteria, including LEED certified<br />

buildings in a project, with points starting<br />

at 20 percent LEED certified buildings to 40<br />

percent or more. Credits are also given in<br />

LEED-ND for core elements of the LEED for<br />

building systems, including building energy efficiency<br />

and reduced water use. At the site level,<br />

a LEED-ND credit is given for a reduction of at<br />

least 15 percent site level energy consumption<br />

from street lights, water and wastewater pumps<br />

and water and wastewater treatment systems<br />

as well as for using LED traffic light technology.<br />

Finally there are two credits for building reuse,<br />

the first is for reusing at least one buildings and<br />

the second for reusing a historic building and<br />

rehabilitating it to federal standards for rehabilitation.<br />

Microclimate<br />

LEED-ND considers microclimate in terms of<br />

heat island effect, with a credit for installing either<br />

roofs with a high solar reflective index or<br />

green roofs. This credit can also be achieved<br />

by either shading half of the impervious site<br />

landscape or using paving that has a high solar<br />

reflective index or an open grid. In addition,<br />

LEED-ND offers a credit for solar orientation:<br />

either orienting blocks north-south or buildings<br />

east-west. In the Assessment Matrix, microclimate<br />

is focused on fresh air, providing the best<br />

108


scores to locations where a new plan would<br />

have a positive effect on fresh air movement<br />

and lower scores as the movement of fresh air<br />

decreases.<br />

Energy<br />

there are no negative effects and a bad score<br />

corresponding to the increase in any problems.<br />

The Assessment Matrix addresses traffic noise,<br />

giving a higher score if there are no negative<br />

effects and a lower score if traffic noise turns<br />

into a major disturbance.<br />

LEED-ND offers two energy credits, one for<br />

providing on-site energy generation for at least<br />

five percent of the project’s electrical and/or<br />

thermal load, and the other for providing the<br />

same amount of energy using renewable sources<br />

such as solar, wind, geothermal, hydroelectric<br />

and biomass. The Assessment Matrix only considers<br />

renewable energy, providing good scores<br />

to plan areas that are suitable for renewable<br />

energy and poor scores to locations where<br />

renewable energy options are limited or not<br />

possible.<br />

Recycling<br />

LEED-ND also offers credits for recycling and<br />

reusing during the construction process and<br />

the final use. This includes one credit for the<br />

use of recycled content in asphalt and concrete<br />

infrastructure such as roads or parking areas<br />

and another for recycling or salvaging at least 50<br />

percent of construction waste. The credit that<br />

focuses on the end user is given for including<br />

a hazardous waste drop-off site, a recycling or<br />

reuse station and a compost station or locating<br />

in a city that offers those services.<br />

7. Pollution<br />

LEED-ND and the Assessment Matrix consider<br />

pollution problems, although they focus<br />

on different types of issues. LEED-ND offers a<br />

light pollution credit to encourage dark night<br />

skies, which can be met by lighting areas not<br />

exceeding 50 to 80 percent of the ASHRAE<br />

standards (an independent certifying organization).<br />

The Assessment Matrix also considers light<br />

along with other types of pollutants such as<br />

odors or poor air, providing a good score when<br />

Iv. Conclusions<br />

Through this analysis, it is clear that there are<br />

indeed universal goals of sustainable neighborhoods.<br />

Yet there are some issues are different,<br />

mostly problems unique to the U.S. However,<br />

the<br />

Universal Goals<br />

Considering LEED-ND and the Assessment Matrix<br />

were developed separately, the amount of<br />

overlap between both systems is notable. One<br />

area of overlap is related to “Good <strong>Urban</strong>ism”<br />

– based on location, transportation and mixedland<br />

use. Good <strong>Urban</strong>ism criteria include:<br />

• an urban location on previously developed land;<br />

• good transit proximity and connections that go to<br />

common destinations;<br />

• a bicycle network that goes to common destinations;<br />

• a variety of common destinations: daily needs, cultural,<br />

social, recreational;<br />

• density and walkable places enjoyable to users.<br />

The other main area is the “Protection of Nature,”<br />

which considers the impact of human<br />

development on the natural environment. Protection<br />

of Nature criteria include:<br />

• the absorption of rainwater into the ground;<br />

• the protection of water bodies, habitat, flora and<br />

fauna;<br />

• microclimate air quality and temperature;<br />

• green buildings that reduce resource use (during<br />

construction and operation);<br />

• renewable energy.<br />

Together, these goals begin to form the basis<br />

109


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

of international core criteria for sustainable<br />

neighborhoods. While the list can be rearranged<br />

or reordered, the goals are appropriate for<br />

any new neighborhood. What is also important<br />

about this analysis is the opportunity to see how<br />

two rating systems have evaluated the same issue.<br />

Despite the size advantage of LEED-ND, it<br />

can learn from the Assessment Matrix criteria<br />

that tend to have higher but more general criteria.<br />

Similarly, if the Assessment Matrix wants to<br />

move toward a certification model, LEED-ND<br />

has a high level of rigor in their standards. When<br />

sustainable neighborhood rating systems are revised<br />

in the future or if new systems are created,<br />

alternative criteria options are provided in the<br />

detailed comparison (see Appendix 1).<br />

in Germany and therefore makes little sense to<br />

reward the current system. Each country needs<br />

a system that caters to its circumstances. German<br />

transit standards need to be higher than<br />

American standards, otherwise there wouldn’t<br />

be an incentive to improve anything in Germany.<br />

Regional differences within the U.S. and to a<br />

lesser extent within Germany may need to be<br />

considered in a similar manner. Finally, while the<br />

reduced auto use credits may offer flexibility<br />

within the rating system for cities that do not<br />

have transit, it is still not a substitute for offering<br />

other modes of travel.<br />

Best Practice Ideas<br />

Similar Issues, Different Standards<br />

Some issues in this evaluation are similar, but<br />

may be need to be based on national standards<br />

for the purposes of evaluation. These standards<br />

may include energy and water efficiency<br />

or affordable housing, where criteria are best<br />

tailored to national programs or accreditation<br />

organizations.<br />

Unique Problems<br />

There are many problems addressed by LEED-<br />

ND that are unique to the U.S. and would not<br />

be appropriate to evaluate in a German context<br />

since they are not problems worthy of evaluation.<br />

These include the requirement for using<br />

city water and sewer which is standard practice<br />

in Germany. Similarly, Germany does not<br />

have gated communities, so prohibiting them<br />

also is not relevant. Site erosion during construction,<br />

while common to find on an American<br />

construction site, is also rare in Germany. The<br />

reduction of auto travel relative to the metropolitan<br />

area that LEED-ND offers as a substitute<br />

for the transit credit (for municipalities<br />

that do not have transit), also makes little sense<br />

in Germany where all but the smallest towns<br />

have mass transit. Providing bus stop shelters<br />

and route information is also standard practice<br />

One of the strongest concepts to emerge from<br />

this analysis is “Reachability.” This word – a direct<br />

translation from the German “Erreichbarkeit” –<br />

refers to the ability for people to reach their destinations.<br />

While not a common planning term<br />

in <strong>English</strong>, it appropriately expresses the needed<br />

relationship between land use and transportation.<br />

The Assessment Matrix does a better job<br />

analyzing this concept than LEED-ND, considering<br />

eco-mobility options for walking, bicycling<br />

or transit and how it connects people to where<br />

they need to go: work, school, grocery shopping<br />

or a soccer game.<br />

Achieving Climate Change Results<br />

A study at the relationship between LEED-ND<br />

pilot projects and climate change impacts has<br />

been completed. The results show that pilot<br />

projects have increased density, increased transit<br />

commute share and increased walking/bicycling<br />

commute share than average U.S. communities,<br />

which could lead to potential CO2 savings. (Criterion<br />

Planners, 2007) Given these results, encouraging<br />

more development to follow LEED-<br />

ND could reduce CO2 emissions from vehicle<br />

travel. Similarly, as worldwide standards for sustainable<br />

neighborhood rating systems evolve,<br />

they can also provide measureable goals that<br />

will reduce the threat of climate change.<br />

110


LEED-ND<br />

Main Categories Smart Location & Linkage (SLL)<br />

30 points<br />

Assessment Matrix<br />

1. Mobility/Location/Reachability (30%)<br />

2. Emissions (10%)<br />

Neighborhood Pattern & <strong>Design</strong> (NPD)<br />

39 points<br />

Green Construction & Technology (GCT) 31<br />

points<br />

3. Microclimate (5%)<br />

4. Ground & Area (new) Utilization (20%)<br />

5. Nature (Flora & Fauna) (15%)<br />

Innovation & <strong>Design</strong> Process<br />

6 points<br />

6. Water (10%)<br />

7. Energy (5%)<br />

8. Place & Landscape View (5%)<br />

Rating<br />

Prerequisite (PRQ): project must fulfill one of<br />

the listed prerequisite criteria<br />

Credit (CR): one or more points are given<br />

for benchmarks that the project achieves<br />

under each credit.<br />

Grade given for a range of criteria. 1,0 is the best<br />

grade, 6,0 is the worst grade, and a range of<br />

grades exist for the possibilities in between.<br />

The grades are weighted within each category<br />

and then the categories are weighted against<br />

each other.<br />

Percentages listed below reflect the ultimate<br />

weight within the final project grade.<br />

Site Location<br />

Location<br />

• SLL PRQ: Infill site or located near adequate<br />

transit service or near diverse uses<br />

or where VMT is lower than average in the<br />

metro area.<br />

• SLL CR: Credit given for amount of previous<br />

development at the site: a previously<br />

developed infill site (6 points), an adjacent<br />

site that is previously developed (3 points),<br />

an adjacent site not previously developed<br />

(1 point). Additionally, street centerline<br />

density is used a proxy for urbanness: 40<br />

centerline mi/sq mi and greater (4 points),<br />

30-39 (3 points), 20-29 (2 points), 10-19<br />

(1 point).<br />

• Best to worst locations: (1,0) In a neighborhood<br />

center, (2,0) within 15 minutes (by transit or<br />

bicycle) of a neighborhood center, (3,0) within<br />

30 minutes (by transit or bicycle) of a neighborhood<br />

center, or (6,0) distant from a neighborhood<br />

center. Weight: 9.0%<br />

111


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Prior Use of Site<br />

• Note SLL PRQ & CR above: infill site as<br />

option for fulfilling location prerequisite; the<br />

location is partially rated by its prior use.<br />

• SLL PRQ: If not located in a developed<br />

or developing area, do not locate where<br />

prime soil (agricultural) is located.<br />

• SLL CR: Reuse and clean a brownfield site.<br />

(2 points)<br />

• SLL CR: Reuse a brownfield in a federally<br />

designated (low-income) location for redevelopment.<br />

(1 point)<br />

• Prior use of site: (1,0) completely built-up or impervious<br />

surface, contaminated area, garbage<br />

deposit, military area, docks or airport; (1,3)<br />

storage space; (2,0) impervious sports area,<br />

(3,3) unused pervious land with minimal vegetation;<br />

(3,7) pervious sports area, playground;<br />

(4,0) camping place, city field land, garden<br />

area; (5,0) cemetery/church land, park area,<br />

rented garden on public land, unaltered natural<br />

areas; (6,0) unaltered natural areas with old<br />

tree groves, forest, natural legally protected<br />

natural areas. Weight: 14%<br />

Infrastructure<br />

• SLL PRQ: Use existing water & sewer or<br />

where it is planned to be expanded.<br />

Transportation and Reachability<br />

Transit<br />

• SLL CR: Credit given for number of total<br />

transit rides per weekday within a ¼-½<br />

mile (400-800 meters) walk. The scale<br />

goes from 20-59 rides (2 points) up to 500<br />

or more rides (7 points).<br />

• NPD CR: Provide transit shelters, schedules<br />

and route information at every stop<br />

(1 point)<br />

• Note location ranking (same as above): is based<br />

on access by eco-mobility.<br />

• Public transit is scored according to how well it<br />

competes with auto travel, considering the following<br />

factors: type of transit, frequency, proximity<br />

to the station or stop, other stops along<br />

the line(s), and regional and trans-regional<br />

connections. Weight: 7.5%<br />

Bicycling<br />

• SLL CR: A bicycle network must connect<br />

50% of buildings to at least 4 diverse<br />

uses within 3 miles (4800 meters). Bicycle<br />

parking at all multi-family and commercial<br />

buildings should equal 15% of car parking.<br />

(1 point)<br />

• Best to worst bicycling conditions: (1,0) the plan<br />

area accommodates bicycles with appropriate<br />

ground surface, connections between neighborhoods,<br />

safe traffic and goes to destinations<br />

such as a neighborhood center or nature trail;<br />

(2,3) the area has a limited ability to accommodate<br />

bicycles but no potential hazards; (5,0) the<br />

area is inappropriate for bicycles due to high<br />

traffic, lack of bike paths or lanes and bad connections<br />

to destinations. Weight: 4.5%<br />

112


Reduction of<br />

Auto Travel<br />

• SLL CR: (this portion can substitute for tran-•<br />

None<br />

sit rides, above). Credit given for percentage<br />

less that people drive in that Transportation<br />

Analysis Zone: at 80% of average<br />

vehicle miles traveled (2 points) up to 30%<br />

(7 points). Also credit for locating within ½<br />

mile (800 Meters) of a car-sharing program<br />

(1 point).<br />

• NPD CR: Create a transportation demand<br />

management program; or provide subsidized<br />

transit passes; or transit service to<br />

local destinations. (2 points)<br />

Access to Daily<br />

Goods<br />

• NPD CR: Credit given for number of diverse • Supply of daily needed goods: are within walkuses<br />

that are within a ½ mile (800 meter) ing distance (1,0); are reachable by bicycle<br />

walk from 2 diverse uses (1 point) up to or transit in 5 minutes (2,0); are reachable by<br />

10. (4 points)<br />

bicycle or transit in 10 minutes (3,0); are further<br />

away and easier to reach by auto (4,3). Weight:<br />

4.5%<br />

Access to Jobs<br />

• SLL CR: Locate a project with new housing<br />

within a ½ mile (800 meter) walk of existing<br />

jobs. Or locate new jobs on an infill<br />

site within a ½ mile (800 meter) walk of<br />

a transit station and existing housing. (3<br />

points)<br />

• None<br />

Access to Social<br />

Infrastructure<br />

• SLL CR: Locate at least 50 percent of the<br />

residential within a ½ mile (800 meter)<br />

walking distance of a school. (1 point)<br />

Reachability of social infrastructure such as a<br />

•<br />

day care, school or doctor is: quickly and easily<br />

reachable without an auto (1,0); not well<br />

reachable but transit is not inferior time-wise<br />

to driving (3,0); not well reachable but transit<br />

is inferior time-wise to driving (4,0); poor and<br />

easier to reach by auto than by transit (5,0).<br />

Weight: 1.5%<br />

113


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Access to Recreational<br />

Space 1/6 mile (130 meters) walking distance of<br />

• NPD CR: Provide a park or square within<br />

90 percent of buildings. (1 point)<br />

• NPD CR: Provide sports fields or a public<br />

recreation center with active recreational<br />

facilities within a ½ mile (800 meter) walk<br />

or a bicycle trail within a ¼ mile (400 meter)<br />

of 50 percent of buildings. (1 point)<br />

• Proximity of recreational options such as usable<br />

green space, playgrounds, river bank or<br />

sea coast, beach, water sports or other sports:<br />

there are at least two recreational options in the<br />

neighborhood (1,0); there is recreation within<br />

10 minutes by eco-mobility (2,3); recreation can<br />

only by reached by auto (4,7). Weight: 1.5%<br />

• Cultural offerings (theater, museum, etc.) are:<br />

quickly reachable without an auto (1,0); not well<br />

reachable but transit is not inferior time-wise<br />

to driving (3,0); not well reachable but transit<br />

is inferior time-wise to driving (4,0); poor and<br />

easier to reach by auto than by transit (5,0).<br />

Weight: 1.5%<br />

Compact and Walkable <strong>Design</strong><br />

Density and<br />

Mixed-Use<br />

• NPD PRQ: Minimum density of 7 dwelling<br />

units/acre and .50 FAR<br />

• NPD CR: Credit given for increased density<br />

of the project, given in dwelling units per<br />

acre for residential and floor area ratio for<br />

non-residential: 10-20 DU/acre, 0.75 to 1.0<br />

FAR (1 point); 21-30 DU/acre, >1.0 to 1.5<br />

FAR (2 points); 31-40 DU/acre, >1.5 to 2.0<br />

FAR (3 points); 41-50 DU/acre, >2.0 to 2.5<br />

FAR (4 points); 51-60 DU/acre, >2.5 to 3.0<br />

FAR (5 points); 61-70 DU/acre, >3.0 to 3.5<br />

FAR (6 points); 71+ DU/acre, >3.5 FAR (7<br />

points).<br />

• Density for a Residential area:<br />

(2,0): Lot Coverage: 0,6 and FAR: 1,8+<br />

(3,0): Lot Coverage: 0,4 and FAR: 0,4-1,2<br />

(4,0): Lot Coverage: 0,2 and FAR: 0,2-0,4<br />

(5,0): Lot Coverage: 0,1 and FAR: 0,1-0,2<br />

Mixed-use area:<br />

(2,0): Lot Coverage: 0,8 and FAR: 2,4+<br />

(3,0): Lot Coverage: 0,6 and FAR: 1,8+<br />

(4,0): Lot Coverage: 0,5 and FAR: 1,5+<br />

(5,0): Lot Coverage: 0,5 and FAR: 1,5<<br />

Weight: 4.0%<br />

114


Walkable <strong>Design</strong><br />

• NPD PRQ: Dedicate streets to the public<br />

and no gates on the community.<br />

• None<br />

• NPD CR: Do not locate parking in front of<br />

any building, minimize the amount of parking<br />

surface area to less than 20% of the<br />

development footprint and provide bicycle<br />

or carpool parking. (2 points)<br />

• NPD CR: Provide building entries on the<br />

street, square or park, create a minimum<br />

of a 1:3 building-height-to-street-width ratio<br />

for 30% of the project, provide continuous<br />

sidewalks, limit speed to 20 mph for residential<br />

and 25 for mixed-use. (4 points)<br />

Additional points given for building near<br />

the property line, having frequent building<br />

entries, no blank walls, unshuttered<br />

ground level windows, on-street parking,<br />

street trees, ground floor retail and shade<br />

along the sidewalks. (up to 8 total points)<br />

• NPD CR: Build a street network of 20-29 or<br />

over 30 centerline miles per square mile.<br />

(1-2 points)<br />

• NPD CR: Build through-streets every 800<br />

feet (250 meters) along the project boundary.<br />

(1 point).<br />

Conservation and Restoration of the Environment<br />

115


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Water<br />

• SLL PRQ: Locate where there is no wetlands<br />

or water bodies, compensate for<br />

impacts to those if the area is highly developed;<br />

if not highly developed, only minimal<br />

impacts are allowed.<br />

• SLL PRQ: If located in a floodplain, use<br />

only previously developed areas and follow<br />

federal recommended standards for<br />

floodplain development.<br />

• SLL CR: Conserve all water bodies, wetlands<br />

and a buffer around them (may substitute<br />

habitat conservation). (1 point)<br />

• Impervious surface change: there is less imper-<br />

vious surface and major impaired or contaminated<br />

areas would be improved (1,0); there is<br />

no impervious surface change and minor contaminated<br />

areas are improved (2,0); 10-50%<br />

more impervious surface is created (3,0-4,0);<br />

over 50% more impervious surface is created<br />

(5,0-6,0). Weight: 2.0%<br />

• Ground absorption of rainwater: will increase<br />

and be cleaned by a filtering process (1,0);<br />

will increase (2,0); does not change (3,0); will<br />

decrease somewhat (4,0); will greatly decrease<br />

(6,0). Weight: 7.0%.<br />

• SLL CR: Restore predevelopment water<br />

bodies or wetlands, in an area equal to<br />

10% of the development footprint (may<br />

substitute native habitat restoration). (1<br />

point)<br />

The nearby surface waters will be: improved<br />

•<br />

(1,0); not changed (2,0); impaired (4,0); significantly<br />

impaired (6,0). Weight: 3.0%.<br />

• SLL CR: Create a management plan and<br />

funding for habitat sites or wetlands and<br />

water bodies for 10 years (may substitute<br />

native habitat site management). (1 point)<br />

• GCT CR: Stormwater treatment should<br />

infiltrate, reuse or evapotranspirate runoff<br />

from 90% of average annual rainfall or 1<br />

inch rainfall. Points awarded by percent of<br />

impervious surface treated, with the lesser<br />

number for previously developed sites: 15-<br />

20% (1 point); 30-40% (2 points); 45-60%<br />

(3 points); 60-80% (4 points); 75-100% (5<br />

points)<br />

116


Habitat<br />

• SLL PRQ: Comply with an existing Habitat<br />

Conservation Plan or create one if there<br />

is a high likelihood of imperiled species<br />

existing.<br />

• SLL CR: Use native plants for previously<br />

developed sites; or conserve all important<br />

natural habitats (may substitute for water<br />

body conservation). (1 point)<br />

• SLL CR: Restore native habitat in an area<br />

equal to 10% of the development footprint<br />

(may substitute for water body restoration).<br />

(1 point)<br />

• SLL CR: Create a management plan and<br />

funding for habitat sites for 10 years(may<br />

substitute for water body management).<br />

(1 point)<br />

• Protected areas are: positively influenced (1,0);<br />

not affected or protected areas are not existing<br />

(2,0); affected and the protected area’s goals<br />

are not met (3,0); are considerably impaired<br />

(6,0). Weight: 6.0%<br />

• Habitat protection is: positively influenced (1,0);<br />

not affected or habitat is not existing (2,0); only<br />

affected to a small extent (3,0); are greatly<br />

affected (6,0). Weight: 6.0%<br />

• Flora and fauna are: positively influenced (1,0);<br />

not affected (2,0); only affected to a small<br />

extent (3,0); are greatly affected (6,0). Weight:<br />

3.0%<br />

Site Disturbance<br />

• SLL CR: Do not develop on steep slopes<br />

over 15% or limit development to 40-60%<br />

of the site with slopes of 15-40%; no development<br />

of slopes over 40%. (1 point)<br />

• GCT PRQ: Implement an Erosion and Sedimentation<br />

Control Plan for construction<br />

activities.<br />

• GCT CR: Minimize site disturbance by<br />

locating on a previously developed site or<br />

by leaving 10-20% of the site undisturbed.<br />

(1 point)<br />

• GCT CR: Minimize site disturbance during<br />

construction by locating on a previously<br />

developed site; or by limiting disturbance<br />

within 40 feet (12 meters) beyond buildings<br />

and 10-25 feet (3-8 meters) beyond<br />

sidewalks and roads; or by preserving<br />

significant tree species and majority of all<br />

trees. (1 point)<br />

• None<br />

Social Issues<br />

117


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Diversity of<br />

Housing Types<br />

• NPD CR: Provide a variety of housing • None<br />

types, small and large, of detached residential,<br />

townhomes, and a range of multifamily<br />

buildings. Points based on Simpson<br />

Diversity Index. (1-3 points)<br />

Affordable Housing<br />

• NPD CR: Provide affordable rental (15 or<br />

30% of units) depending on level of subsidy.<br />

(1-2 points)<br />

• None<br />

• NPD CR: Provide affordable for-sale housing<br />

(10 or 20% of units) depending on level<br />

of subsidy. (1-2 points)<br />

Universal Accessibility<br />

• NPD CR: Provide 20% of the housing to be<br />

handicap-accessible and apply universal<br />

design to common areas and recreational<br />

facilities. (1 point)<br />

• None<br />

Community Outreach<br />

• NPD CR: Meet with neighbors and local<br />

officials during all phases of project development<br />

and modify project based on<br />

feedback. (1 point)<br />

• None<br />

Local Food Production<br />

• NPD CR: Provide a neighborhood far or • None<br />

garden, buy shares in community supported<br />

agriculture or locate near a farmer’s<br />

market. (1 point)<br />

Landscape<br />

Views<br />

• None<br />

• Area and landscape vision: the best score is<br />

given for enhancing the landscape views, a<br />

good score for retaining the existing views and<br />

a poor score that corresponds with any disturbance.<br />

Weight: 5.0%<br />

Resource Efficiency<br />

Green Buildings<br />

• GCT CR: Include 20-40%+ LEED-Certified<br />

Green Buildings. (1-3 points)<br />

• None<br />

118


Energy Efficiency•<br />

GCT CR: Energy Efficiency in Buildings: • None<br />

provide a minimum standard increase of<br />

10-20% based on the baseline ASHRAE<br />

standard or comply with the prescriptive<br />

measures of the ASHRAE Advanced Energy<br />

<strong>Design</strong> Guide; for residential buildings 3<br />

or fewer stories, comply with or exceed the<br />

ENERGY STAR for Homes requirements.<br />

(1-3 points)<br />

• GCT CR: Use street lights, water and<br />

wastewater pumps and treatment systems<br />

to use 15% less energy than the base line.<br />

Use LED technology for traffic lights. (1<br />

point)<br />

Water Efficiency • GCT CR: Reduced Water Use: use 20-<br />

30% less water than the baseline of the<br />

Energy Policy Act; install low-flow fixtures<br />

in residential buildings 3 stories or fewer;<br />

use rainwater or graywater for irrigation or<br />

landscaping that does not require irrigation.<br />

(1-3 points)<br />

• GCT CR: Divert at least 50% of the wastewater<br />

by treating and reusing it to replace<br />

potable water. (1 point)<br />

• None<br />

Building Reuse<br />

• GCT CR: Reuse one or more buildings,<br />

keeping at least 50% of one building<br />

and 20% or more of other buildings. (1-2<br />

points)<br />

• GCT CR: Reuse a Historic Building designed<br />

by a local government or the<br />

National Register of Historic Places and<br />

rehab according to federal “Standards for<br />

Rehabilitation.” (1point)<br />

• None<br />

119


Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />

Die Bewertungsmatrix<br />

Heat Island<br />

Effect/ Microclimate<br />

• GCT CR: Heat island reduction achieved<br />

by installing most roofs with a high solar<br />

reflective index or green roofs or by providing<br />

50% of impervious site landscape with<br />

shade, paving with a high solar reflective<br />

index or open grid paving. (1 point)<br />

• Microclimate: the best score is for having a posi-<br />

tive effect, or good score for a no or little effect<br />

on the microclimate. Poor scores are given for<br />

compromising fresh air currents through the<br />

site and surrounding area. Weight: 5.0%<br />

Solar Orientation • Solar orientation achieved by orientating<br />

blocks north-south or by or orientating<br />

buildings east-west. (1 point)<br />

• None<br />

Energy Generation/<br />

Renewable<br />

Energy<br />

• GCT CR: Provide on-site energy generation<br />

for at least 5% of the project’s electrical<br />

and/or thermal load. (1 point)<br />

• GCT CR: Use solar, wind, geothermal,<br />

hydroelectric and biomass for 5% of the<br />

project’s electrical and/or thermal load. (1<br />

point)<br />

• For renewable energy options, better scores are<br />

given when the plan area is more suitable for<br />

renewable energy and poor scores when it is<br />

not possible. Weight: 5.0%<br />

Recycling &<br />

Reusing<br />

• GCT CR: Use recycled content in asphalt • None<br />

and concrete infrastructure, based on layer<br />

and type of material. (1 point)<br />

• GCT CR: Recycle or salvage 50% of construction<br />

waste. (1 point)<br />

• GCT CR: Provide a hazardous waste dropoff<br />

site; a recycling or reuse station or<br />

locate in a city that provides recycling; and<br />

include a compost station or locate in a<br />

city that provides composting. (1 point)<br />

Pollution<br />

Brownfields<br />

• Note SLL CR: Reuse and clean a brownfield<br />

site (located in Prior Use of Site<br />

category)<br />

• GCT CR: Use clean up methods that treat<br />

and remediate (not remove or cap) contaminated<br />

material onsite. (1 point)<br />

• None<br />

120


Light, Noise and<br />

Other Pollution<br />

• GCT CR: Only light areas for safety and<br />

comfort; do not exceed 50-80% of lighting<br />

power densities in ASHRAE. (1 point)<br />

• Traffic noise issues receive a good score<br />

when there are no negative effects; the score<br />

declines as the amount of noise increases.<br />

Weight: 3.5%<br />

• Other potential problems evaluated (odor, light,<br />

poor air) receive a good score when there are<br />

no negative effects; the score declines as the<br />

amount of these problems increase. Weight:<br />

3.5%<br />

The potential for the plan to produce any emis-<br />

•<br />

sions or other polluting effects is also evaluated,<br />

with a good score when there are no<br />

negative effects and a poor score declines as<br />

any emissions increase. Weight: 3.0%<br />

121


Exkursion nach Freiburg<br />

Exkursionseindrücke<br />

Auch bei der Auswahl des Exkursionsziels wurde<br />

das Ö für Ökologie ganz groß geschrieben.<br />

So stand von Anfang an fest, dass wir unsere<br />

Reise nicht mit dem Flugzeug antreten werden.<br />

Nach einem schnellen Entscheidungsprozess<br />

fiel unsere Wahl auf die Stadt Freiburg im Breisgau,<br />

welche gut mit dem Zug zu erreichen ist.<br />

Doch nicht nur wegen der einfachen Fahrt hat<br />

es uns fünf Tage, vom 21. bis zum 25. April 2008,<br />

nach Baden-Württemberg verschlagen.<br />

Freiburg zählt, mit seinen rund 220.000 Einwohnern,<br />

zu der sonnenreichsten Stadt in Deutschland<br />

und kann pro Jahr mit etwa 1800 Sonnenstunden<br />

rechnen. Diese gute Wettergrundlage<br />

nutzen die Freiburger hervorragend aus und<br />

sind Spezialisten in Sachen Solarenergie. Über<br />

die verschiedenen Techniken und die Nutzung<br />

solarer und regenerativer Energien wurden wir<br />

bei unserem ersten offiziellen Termin, der Solartour,<br />

ausführlich informiert.<br />

Konzept der nachhaltigen Stadtplanung in Freiburg.<br />

Mit den bekannten Ökosiedlungen Vauban<br />

und Rieselfeld haben wir uns intensiv vor Ort<br />

beschäftigt und als Anregungen für unsere Planung<br />

an der Friedrichshagener Str. kritisch beleuchtet.<br />

Ein weiterer Termin war der Besuch des Öko-<br />

Instituts, eine unabhängige Forschungs- und Beratungseinrichtung<br />

für nachhaltige Zukunft. Die<br />

Besonderheit ist der Sitz in einem Energieplusgebäude.<br />

Als Abschluss unserer Exkursionsfahrt gab uns<br />

das Planungsbüro Fahle einen interessanten Einblick<br />

in die Berufswelt eines Stadtplaners. Diese<br />

Termine werden in dem folgenden Kapitel genauer<br />

betrachtet. Es wird ein Einblick in unsere<br />

gesammelten Erkenntnisse und Inspirationen,<br />

sowie neu gewonnene Erfahrungen geben.<br />

Ebenso ist Freiburg für seine nachhaltige Stadtentwicklung<br />

und die Ökosiedlungen bekannt.<br />

Das Stadtplanungsamt berichtete uns über das<br />

123


Exkursion nach Freiburg<br />

Stadtführung<br />

Unsere Exkursion in Freiburg begann mit einer<br />

Stadtführung. Von zwei langjährigen Freiburger<br />

Einwohnern wurden wir durch die Altstadt geführt.<br />

Gegründet wurde die Stadt Freiburg im Jahr<br />

1120. Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt<br />

fast vollständig durch Luftangriffe zerstört. Besonders<br />

die Altstadt wurde durch den Krieg<br />

stark beschädigt. Erstaunlicherweise blieben<br />

das Münster und die beiden mittelalterlichen<br />

Stadttore, das Martinstor und das Schwabentor,<br />

nahezu unversehrt.<br />

Das Münster zählt heute noch zu den wichtigsten<br />

Bauwerken der Stadt und ist mit seinem<br />

markanten Turm zum Wahrzeichen von<br />

Freiburg geworden. Der Kathedrale ist geprägt<br />

durch die Kombination des gotischen und romanischen<br />

Stils.<br />

Die Altstadt wurde nach dem Krieg wieder vollständig<br />

aufgebaut und ist geprägt durch die vielen<br />

kleinen und verwinkelten Gassen. Ebenso<br />

charakteristisch für die historische Altstadt sind<br />

die Bächle. Ursprünglich waren die Wasserläufe<br />

als Schmutzwasserkanäle gedacht. Heute werden<br />

sie mit dem Wasser der Dreisam gespeist<br />

und durchziehen immer noch viele Gassen, sorgen<br />

für ein gutes Klima und dienen als Spielwiese<br />

für Groß und Klein.<br />

Schwabentor<br />

Solartour<br />

Die Demonstration gegen Atomkraftwerke von<br />

1972-1975 prägen die Einwohner Freiburgs bis<br />

heute. Seit 1976 veranstalten sie jährlich Energiemessen<br />

und im freiburger Frauenhofer-Institut<br />

für solare Energien beschäftigen sich ca. 600<br />

Mitarbeiter mit dem Thema Solarenergie.<br />

Allein von 2004-2006 stiegen die Arbeitsplätze<br />

im Bereich erneuerbare Energien um 47%.<br />

Der Anteil regenerativer Energien beträgt in<br />

Freiburg 3-4%. Dabei sind die Solaranlagen Eigentum<br />

von Bürgern und die Stadt stellt allenfalls<br />

Dächer zur Verfügung.<br />

Bei der Solartour haben wir verschiedenste<br />

Möglichkeiten regenerativer Energiequellen<br />

kennen gelernt:<br />

124


Photovoltaik:<br />

• man braucht dafür keine Sonne, nur Licht<br />

• Strom wird ins Netz eingespeist<br />

• verkauft nach dem erneuerbaren Energiegesetz<br />

(EEG), man bekommt einen 20-jährigen Vertrag:<br />

der Energieversorger muss den Strom abnehmen<br />

Warmwasser durch Solaranlagen:<br />

• Pro Jahr spart man je nach Warmwasserverbrauch<br />

ca. 300l Öl ein, dies rechnet sich vor allem<br />

durch die steigenden Ölpreise.<br />

Wasserrad:<br />

• 9 Anlagen 400.000kWh/Jahr<br />

• Rad Durchmesser 6,5m<br />

• Kapazität 12,5kW<br />

• Energieerzeugung für 30 Normalhaushalte oder<br />

60 Energiesparhaushalte<br />

Windenergie:<br />

• 2 Millionen € / Windrad<br />

• 6 Millionen kWh/Jahr<br />

• Kapitalrückfluss 350%<br />

• 35%-45% des Windes wird „abgeerntet“<br />

• jede Windturbine hat eine Leistung von 1800kW<br />

= 900Haushalte<br />

• bei einem Orkan werden sie aus dem Wind gedreht<br />

Holzhackschnitzel:<br />

Interessantes:<br />

In großen Städten wird für Hochhäuser genauso<br />

viel Energie für die sommerliche Kühlung<br />

wie für die winterliche Beheizung benötigt. Dafür<br />

würden sich vor allem Fassadenkollektoren<br />

eignen.<br />

Eine Solar- oder Photovoltaikfläche in der Sahara<br />

von 700x700km würde bei einem Wirkungsgrad<br />

von 10% den Weltenergiebedarf decken.<br />

Jedoch bevorzugt man eher eine dezentrale<br />

Lösung.<br />

Allein alle Dachflächen in Deutschland und einige<br />

Hofflächen für Photovoltaik würden mehr<br />

Energie erzeugen, als benötigt würde.<br />

Eine richtige Gebäudeausrichtung bringt 20%<br />

mehr Leistung. Daher sollten alle Gebäude<br />

möglichst ein Dach nach Süden mit einer Dachneigung<br />

von mindestens 30° besitzen.<br />

Abfallholz besteht aus Kronen und Äste, 1m³ ca.<br />

15€<br />

Biogasanalage:<br />

Methan wird aus Mais gewonnen, benötigt<br />

800ha, 15mill kWh/Jahr kann eine Kleinstadt mit<br />

20.000 Einwohnern versorgen<br />

„Mover“:<br />

• 54m² lassen sich je nach Sonnenstand ausrichten<br />

• 30% mehr Wirkungsgrad als ein normales Dach<br />

• 34.000 €<br />

• 12.000kWh/Jahr<br />

Möglichkeit für Zwischennutzung auf<br />

Brachflächen<br />

125


Exkursion nach Freiburg<br />

Rieselfeld<br />

Der Freiburger Stadtteil Rieselfeld liegt im<br />

westlichen Teil Freiburgs, etwa 8km vom Zentrum<br />

entfernt. Er grenzt unmittelbar an ein Naturschutzgebiet.<br />

Bis 2010 sollen hier zehn- bis<br />

zwölftausend Menschen auf einer Gesamtfläche<br />

von 78 ha leben.<br />

Über 100 Jahre lang, bis 1985, wurden auf dem<br />

Rieselfeld die Abwässer der Stadt Freiburg verrieselt.<br />

1992 wurde dann der städtebauliche<br />

Wettbewerb ausgeschrieben, so dass schon<br />

zwischen 1993 und 1996 die ersten Wohnungen<br />

bezogen werden konnten. 1997 wurde<br />

6000 in einem nahen Gewerbegebiet, um möglichst<br />

vielen Anwohnern in unmittelbarer Nähe<br />

einen Arbeitsplatz bieten zu können. Damit sind<br />

auch alle Einrichtungen des täglichen Bedarfs in<br />

unmittelbarer Nähe.<br />

Weitere Leitbilder sind barrierefreies Wohnen,<br />

eine gute soziale Infrastruktur, Kleinparzellierung<br />

zur Vermeidung von großen Wohnblöcken<br />

(„Kultur der Parzelle“), die Orientierung<br />

an ökologischen Zielsetzungen, wie Niedrigenergiebauweise,<br />

Fernwärmeversorgung aus<br />

Kraft-Wärme-Kopplung, Einbindung von Solarenergienutzung,<br />

Regenwassernutzungskonzept<br />

und der Vorrang der Stadtbahn gegenüber den<br />

Autoverkehr. Sowie die Aufwertung des benachbarten<br />

Gebietes zum Naturschutzgebiet<br />

(Ausgleichsflächen) mit Naturerlebnispfad und<br />

Besucherlenkung.<br />

Es sollte keine neue Schlafsiedlung am Rande<br />

Freiburgs geschaffen werden, sondern ein lebendiger,<br />

attraktiver Stadtteil.<br />

Blick durch das Rieselfeld<br />

das Gymnasium, die Sporthalle und die Grundschule<br />

eröffnet, die mittlerweile die größte in<br />

ganz Baden-Württemberg ist. Im gleichen Jahr<br />

erfolgte der Anschluss an die Freiburger Stadtbahn.<br />

2004 wurde die im Vorjahr fertig gestellte<br />

Kirche geweiht und der Stadtteiltreff eröffnet.<br />

Auf Grund des erhöhten Bedarfs wurde 2006<br />

der Grundstein für eine Erweiterung des Gymnasiums<br />

gelegt.<br />

Ziel des Projektes war es, eine gute Wohnqualität<br />

bei hoher Dichte zu erlangen und eine gute<br />

Mischung von Wohnen und Arbeiten zu schaffen.<br />

Auf dem Gebiet selber sollen 1000 Arbeitsplätze<br />

geschaffen werden, dazu noch etwa<br />

Städtebaulich zeichnet sich das Rieselfeld durch<br />

eine Mischung von Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern,<br />

Miet- und Eigentumswohnungen aus.<br />

Um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen,<br />

wurden sowohl Geschossbauten (mit max. 5<br />

Geschossen) als auch Stadthäuser, Reihen- und<br />

Doppelhäuser errichtet. Dennoch wurde der<br />

Großteil der Bebauung als Blockrandbebauung<br />

verwirklicht, um so eine hohe Dichte zu<br />

erreichen. Die vielen Innenhöfe bieten Platz für<br />

Spielplätze und nachbarschaftliche Treffpunkte.<br />

Durch die abwechslungsreichen Wohnquartiere<br />

führen Fußwege quer durch den Stadtteil.<br />

Die uneinheitliche Gestaltung der Bebauung<br />

war für uns aber einer der Hauptkritikpunkte<br />

am Rieselfeld. Man hat nicht den Eindruck, dass<br />

hier eine städtebauliche Gesamtidee verfolgt<br />

wurde. Vereinzelte Gebäude haben zudem eine<br />

sehr ausgefallene Architektur, die keineswegs in<br />

den lokalen und regionalen Kontext passt und<br />

sich nicht in das Gesamtbild des Stadtteils einfügt.<br />

Des Weiteren ist unserer Meinung nach der<br />

breite, asphaltierte Straßenraum, trotz Tempo-<br />

126


30-Zone, zu autofreundlich gestaltet und trägt<br />

somit nicht zu einem positiven Bild bei, wie z.B.<br />

im autofreien Stadtteil Vauban.<br />

Dennoch haben wir einige Ideen für unsere<br />

weitere Projektarbeit mitgenommen, so z.B. die<br />

Idee der sozialen Durchmischung wie sie im<br />

Rieselfeld vorhanden ist, die Notwendigkeit von<br />

zentraler öffentlicher und sozialer Infrastruktur<br />

in einem Viertel, besonders die Idee einer<br />

ökumenischen Kirche in zeitgenössischer Architektur<br />

und der zentrale Stadtteiltreffpunkt, mit<br />

einer Bibliothek und einem Café.<br />

lernenden Planung erfolgte, um auf eventuelle<br />

aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.<br />

Auch wenn die Ausprägung im Rieselfeld nicht<br />

optimal gelungen ist, haben wir doch gesehen,<br />

dass Blockrandbebauung immer noch aktuell<br />

ist und ein gutes städtebauliches Mittel ist, um<br />

hohe Dichte, bei maximaler Lebensqualität, zu<br />

erreichen.<br />

Positiv ist ebenfalls, dass das Gebiet in vier Teilbebauungspläne<br />

mit je zweijährigem Abstand<br />

erstellt wurde und somit nach dem Prinzip der<br />

Stadtplanungsamt<br />

Bei unserem nächsten Termin im Stadtplanungsamt<br />

stellte uns der Dipl. Ing. Götz Kemnitz<br />

neben allgemeinen wissenswerten Fakten, vor<br />

allem die Nachhaltige Stadtentwicklung am Beispiel<br />

Freiburg vor. Außerdem gab er uns noch<br />

Hinweise zur Bewertungsmatrix und gute Anregungen<br />

für unser Plangebiet.<br />

Die uns vorgestellte Liste zur Nachhaltigen<br />

Stadtentwicklung, in Verbindung mit dem Versuch<br />

eine möglichst hohe urbane Qualität zu<br />

schaffen, umfasst folgende sechs Kriterien:<br />

1. Nachhaltige Stadtplanung:<br />

Beginnt schon auf der Ebene der Flächennutzungsplanung<br />

mit Leitzielen und dem zentralen<br />

Thema der Innenentwicklung.<br />

2. Energie und Klimaschutz:<br />

Energieoptimierte Objektplanung des Bestands<br />

mit Gutachten. Ein Umwelt- und Energiekonzept<br />

mit Ausgleichsmaßnahmen, geringe Flächenversiegelung<br />

und die Errichtung von Blockheizkraftwerken.<br />

Zur Nachhaltigen Umweltplanung zählen u.a.<br />

die Aufstellung eines Landschaftsplans (LSP), Klimagutachten,<br />

Biotopkartierung und die Bestimmung<br />

des Biotopflächenfaktors.<br />

3. Gesamtverkehrskonzept:<br />

Gut ausgebaute überregionale ÖPNV-Vernetzung,<br />

Definierung von Hauptverkehrsachsen<br />

und sonst Tempo-30-Zonen und Spielstraßen,<br />

sowie Förderung des Fahrradverkehrs.<br />

4. Gesamtstädtische Steuerung des Einzelhandels:<br />

Verzicht auf „Einkaufstempel“, sowie eine funktionierende<br />

Altstadt und ein attraktiv gestalteter<br />

öffentlicher Raum.<br />

5. Nachhaltige Baukultur:<br />

Für die Identität und Qualität einer Stadt ist<br />

eine angemessene Vielfalt von Gebäudeformen<br />

und eine Mischung von funktionalen und sozialen<br />

Aspekten wichtig.<br />

6. Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung:<br />

Bei offenen Veranstaltungen, in Arbeitsgruppen<br />

und per Internet können die Bürger zu geplanten<br />

Szenarien Stellung nehmen. Dieses stärkere<br />

einbinden fördert das Gefühl der Zusammengehörigkeit.<br />

127


Exkursion nach Freiburg<br />

Infobox mit weiteren wichtigen Punkten:<br />

• Bedürfnisse alter, behinderter Menschen einbeziehen<br />

und auch bei niedrigen Geschossbauten<br />

Fahrstühle planen<br />

• Mehrfachnutzungen bei „Multifunktionalen<br />

Häusern“ mit verschiebbaren Wänden möglich-<br />

Kindergarten, Elterntreff und später für ältere<br />

Bewohner nutzbar<br />

• gute Stellplatzsituationen schaffen- um ein<br />

mitnutzen der Stellflächen in den Nachbargemeinden<br />

möglichst zu verhindern<br />

• erst ab einer Hausbreite von 32m bieten sich<br />

rentable Tiefgaragen<br />

das Zentrum extra planen und gestalten - nach<br />

dem „lernenden Prinzip“<br />

• Dachterrassen – ergeben zwar 25 % weniger<br />

Wohnfläche als die Wohnungen in den anderen<br />

Etagen – allerdings wirken so die Gebäudehöhen<br />

niedriger<br />

• auf die Größe der Blockinnenhöfe achten<br />

(evtl. Innenhof mit Kinderspielplatz!) auch in<br />

Bezug auf die Belüftung<br />

• ein gut entwickelter Bebauungsplan kann architektonisch<br />

ganz anders umgesetzt werden als<br />

vorgesehen<br />

• große Gebiete am besten unterteilen in Teilgebiete<br />

– Vermeidung gleicher Strukturen und<br />

Ökoinstitut e.V.<br />

Das Öko-Institut e.V. – Institut für angewandte<br />

Ökologie - wurde im Jahre 1977 am Rande<br />

einer wissenschaftlichen Tagung durch eine<br />

Gruppe von 27 engagierten Bürgern gegründet,<br />

die sich ursprünglich dem Widerstand gegen<br />

das Kernkraftwerk Wyhl verschrieben hatten.<br />

Ziel war der Einsatz für den Erhalt einer immer<br />

rücksichtsloser ausgebeuteten Umwelt und der<br />

Schutz der menschlichen Lebensgrundlagen.<br />

Was zunächst als kleine Wissenschaftsschmiede<br />

verbündeter Ingenieure startete, etablierte sich<br />

durch die handfesten Ergebnisse zusehends in<br />

der Öffentlichkeit.<br />

Heute ist das Ökoinstitut e.V. eine der europaweit<br />

führenden, unabhängigen Forschungs- und<br />

Beratungseinrichtungen für eine nachhaltige<br />

Zukunft und besitzt neben der Niederlassung<br />

in Freiburg auch Firmensitze in Berlin und<br />

Darmstadt. Das Institut beherbergt 100 MitarbeiterInnen,<br />

darunter 70 WissenschaftlerInnen<br />

verschiedenster Disziplinen. Das Ökoinstitut<br />

betreibt sowohl Grundlagenforschung als auch<br />

Konzeptionsentwicklung sowie deren spätere<br />

Umsetzung in die Praxis.<br />

Die vier Institutsbereiche Energie und Klimaschutz,<br />

Infrastruktur und Unternehmen, Nukleartechnik<br />

und Anlagensicherheit, Produkte<br />

und Stoffströme sowie Umweltrecht und Governance<br />

stellen zugleich die inhaltlichen Säulen<br />

des Instituts dar.<br />

Seit Juli 2005 hat die Freiburger Geschäftsstelle<br />

des Ökoinstituts in der Merzhauser Straße<br />

173 im Stadtteil Vauban seinen Sitz – im sog.<br />

„Solarschiff“. Die ökologischen Büroräume befinden<br />

sich im Kopfbau des hochenergieeffizienten<br />

Gewerbebaus in Plusenergie-Bauweise,<br />

welches nach Plänen des Solararchitekten Rolf<br />

Disch entstanden ist. Eine Geschäftsstelle in einem<br />

derart ökologisch orientierten Gewerbe<br />

und Wohnhaus verdeutlicht nicht nur die Philosophie<br />

des Öko-Insituts e.V., sondern war seinerzeit<br />

auch das erste Dienstleistungszentrum<br />

im Plusenergiehausstandard. Das Sonnenschiff<br />

zeichnet sich demnach durch einen besonders<br />

niedrigen Energiebedarf aus. Den verbleibenden<br />

geringen Energiebedarf für die Heizung bezieht<br />

das Öko-Institut ausschließlich aus regenerativen<br />

Energiequellen: Es nutzt nur Holzabfälle aus<br />

dem Schwarzwald mit dem Anschluss an ein<br />

128


Holzschnitzel-Blockheizkraftwerk.<br />

Eine der drei Hauptkomponenten des Energiekonzeptes<br />

des Öko-Instituts ist die Passivhausbauweise,<br />

die durch eine Vakuumdämmung,<br />

einer Spezialverglasung und ein System<br />

zur Wärmerückgewinnung erreicht wird. Eine<br />

weitere Komponente ist die natürliche Klimatisierung<br />

mit Nachtkühlung, diese erfolgt durch<br />

Lüftungsklappen, die einbruchsicher und schallgeschützt<br />

sind. Durch die Schatten spendenden<br />

Fluchtbalkone, die automatisch gesteuerten<br />

Außenjalousinen, sowie eine hocheffiziente<br />

Außendämmung wird ebenfalls eine natürliche<br />

Kühlung erreicht. Die dritte Komponente ist die<br />

900 m² große Fotovoltaikanlage auf dem Dach<br />

des Gebäudes. Die Anlage produziert jährlich<br />

etwa 112.000 kWh Strom.<br />

Diese drei Elemente zusammen bilden die Plusenergiebauweise,<br />

d. h., dass das Gebäude mehr<br />

Primärenergie produziert als die Bewohner für<br />

Blick vom Ökoinstitut in die Solarsiedlung<br />

die Heizung verbrauchen. Der nicht benötigte<br />

Strom wird gegen Vergütung ins öffentliche<br />

Stromnetz eingespeist.<br />

Vauban<br />

Vauban ist ein neu entwickelter Stadtteil am<br />

Rande von Freiburg, der mit einer Fläche von<br />

ca. 38 Hektar auf einem Konversionsgebiet gegründet<br />

wurde. Das Gelände war bis zum Abzug<br />

der Alliierten eine rein militärisch genutzte<br />

Fläche. Nach dem Rückzug der Truppen Mitte<br />

der 1990er Jahre sahen erste Planungen eine<br />

Umnutzung für ein städtisches Wohnquartier<br />

vor. Der neu errichtete Freiburger Stadtteil bietet<br />

bis zum heutigen Zeitpunkt Platz für 5000<br />

Menschen in derzeit 826 Wohneinheiten.<br />

Überwiegend junge Familien, die sich in Baugruppen<br />

organisierten, bauten sich dort Eigenheime<br />

auf. Das Quartier wurde in drei Bauabschnitten<br />

Schritt für Schritt fertig gestellt. Noch<br />

bevor die ersten Gebäude bezugsfertig wurden,<br />

war die Freiburger Straßenbahnlinie soweit ausgebaut,<br />

dass die Bewohner innerhalb von 10<br />

Minuten ins Zentrum von Freiburg gelangen<br />

können. Der somit von Beginn an sichergestellte<br />

Anschluss an das ÖPNV-Netz ist einer der<br />

wichtigsten <strong>Bausteine</strong> im ökologischen Konzept,<br />

das in dieser Siedlung verwirklicht wurde.<br />

Nachhaltigkeit ist ein Begriff der sich durch die<br />

gesamte Siedlung zieht. Schon zu Beginn der-<br />

Planungen stand fest, dass auf diesem Gelände<br />

ökologische und soziale Belange beispielhaft<br />

umgesetzt werden sollten.<br />

Die ganze Siedlung ist autofrei. Zwei große<br />

Parkhäuser an den Rändern der Siedlung stellen<br />

sicher, dass genügend Stellplätze für die Bewohner<br />

verfügbar sind. Gleichzeitig ist mit dem Bau<br />

einer Eigentumswohnung in Vauban auch der<br />

Kauf eines Stellplatzes oder zumindest der Erwerb<br />

einer Stellplatz-Vorhaltefläche verbunden.<br />

Zudem sind alle Bauten in der Siedlung in Niedrigenergiebauweise<br />

errichtet und der Baustoff<br />

Holz dominiert augenscheinlich. Um jedoch<br />

einer unansehnlichen Einheitlichkeit vorzubeugen,<br />

wurde in Vauban die „Kultur der Parzelle“<br />

hochgehalten. Dadurch konnte ein ausgeglichenes<br />

Maß an Vielfältigkeit und Harmonie erreicht<br />

werden.<br />

129


Exkursion nach Freiburg<br />

Was müssen wir uns für unser Projekt behalten<br />

Positiv:<br />

• sehr niedriges Durchschnittsalter im Vergleich zu<br />

anderen Stadtteilen Freiburgs<br />

• alter Baumbestand hoch gewachsener Bäume<br />

lässt das Gefühl entstehen, dass das Gebiet nicht<br />

erst neu entwickelt wurde, sondern gibt ein Gefühl<br />

von Etabliertheit<br />

• die „Kultur der Parzelle“ sorgt für eine Vielfalt innerhalb<br />

der Bebauung<br />

• der frühzeitige Straßenbahnanschluss ans Zentrum<br />

sorgt für ein Gefühl der Zugehörigkeit und<br />

erleichtert den Verzicht auf das Auto<br />

• alle Gebäude sind in Niedrigenergieweise gebaut<br />

• Verpflichtung Autostellplatz zu kaufen; falls man<br />

kein Auto besitzt, muss eine Vorhaltefläche für einen<br />

Stellplatz gekauft werden<br />

• gute Freiraumkultur – viele gepflegte Vorgärten<br />

und Terrassen, aber auch Spielplätze und kleine<br />

Parks, die in der Siedlung das Gefühl der Zusammengehörigkeit<br />

vermitteln<br />

• Autofrei - An den Rändern der Siedlung sind zwei<br />

große Parkhäuser gebaut. Innerhalb der Siedlung ist<br />

nur An- und Zulieferverkehr erlaubt.<br />

• alle Straßen sind Spielstraßen<br />

• Nutzen von „Car-sharing“-Angeboten<br />

• Das Grundwasser ist wegen der ehemaligen Militärnutzung<br />

verseucht, eine Anlage vor Ort reinigt<br />

das Grundwasser kontinuierlich, so dass es in ca. 20<br />

Jahren wieder einwandfrei ist.<br />

• durch den Berg und einen Bach ist die Siedlung<br />

gut eingefasst<br />

• die Wohnungen sind größtenteils Eigentum der<br />

Bewohner, die dort meist in Baugruppen organisiert,<br />

ihr Eigenheim verwirklicht haben<br />

• durch örtlichen Einzelhandel ist in dem Gebiet<br />

die Nahversorgung gesichert<br />

• der historische Gebäudebestand (Kasernen) ist<br />

teilweise in Form von Studentenwohnheimen erhalten<br />

geblieben<br />

• intensive Bürgerbeteiligung<br />

Negativ:<br />

• überwiegend von jungen Familien bewohnt -<br />

Freizeitangebote entsprechend darauf abgestimmt<br />

-> was passiert, wenn die Kinder zu Jugendlichen<br />

werden<br />

• kaum Durchmischung der Bevölkerungsstruktur<br />

(überwiegend gehobene Schicht)<br />

• Gefühl einer „gated community“<br />

130


Stadtplanungsbüro Fahle<br />

Der letzte Termin führte das Projekt zu dem<br />

freien Stadtplanungsbüro Fahle. Dies war gleichzeitig<br />

der letzte offizielle Termin dieser Exkursion<br />

nach Freiburg.<br />

Der Inhaber Bernd Fahle nahm sich einen<br />

Nachmittag ausreichend Zeit um seine Person,<br />

sein Büro und seine Arbeitsweise vorzustellen<br />

und unsere Fragen zu beantworten. Er berichtete<br />

uns von den verschiedenen Arbeitsfeldern,<br />

in denen das Büro tätig ist. diese Bereiche beziehen<br />

sich nicht nur auf die für Stadtplaner<br />

typischen Bereiche, wie zum Beispiel Bauleitplanung<br />

oder das Erarbeiten städtebaulicher<br />

Entwürfe. Nach Aussagen von Herrn Fahle hat<br />

sich das Tätigkeitsfeld des Planers in den letzten<br />

Jahren enorm erweitert. Das Büro wirkt,<br />

neben den genannten Arbeitsfeldern, auch in<br />

der Prozesssteuerung und Projektleitung mit.<br />

Die Tätigkeiten in diesen Bereichen reichen<br />

von Moderation/Mediation, Organisation/Koordination<br />

über so genannte Plausibilitätsprüfungen.<br />

Die Ausweitung der Arbeitsbereiche zeigt,<br />

dass der Beruf des Stadtplaners sehr vielfältig<br />

und abwechslungsreich ist. weiterhin berichtete<br />

Herr Fahle über die verschiedensten Projekte<br />

an denen sein Büro mitgewirkt hatte und führte<br />

uns zum Abschluss durch die Büroräume.<br />

im Bebauungsplan festsetzen, daher diese durch<br />

einen städtebaulichen Entwurf regeln<br />

• Nutzung von Sonnenenergie, Biomasse und Erdwärme<br />

sind erstrebenswert<br />

• soziale Fragen sollten schon in der Planungsphase<br />

berücksichtigt werden<br />

• Blockheizkraftwerke, Tiefgaragen und Dachbegrünung<br />

über textliche Festsetzungen regeln<br />

Aspekte für unser Projekt:<br />

• ökologische Maßnahmen lassen sich meist nicht<br />

Freiburg<br />

131


Grundlagen für einen<br />

ökologischen Städtebau<br />

Im Hinblick auf das wachsende Bewusstsein<br />

im Städtebau für die Belange der Umwelt und<br />

der ökologischen Nachhaltigkeit, sollen folgende<br />

Handreichungen einen kurzen Einblick in<br />

die Möglichkeiten der Umweltmaßnahmen im<br />

Städtebau geben. Neben den Aspekten wie<br />

nachhaltige Architektur, Energiekonzept und u.a.<br />

Nachhaltigkeitsaspekte in ihrer Auswirkungen<br />

auf die Ökologie, werden auch Anregungen für<br />

ökologische Festsetzungen im Bebauungsplan<br />

behandelt. Abschließend wird der Biotopflächenfaktor<br />

als Instrument für die Feststellung<br />

der ökologischen Qualität eines Untersuchungsgebiets<br />

vorgestellt.<br />

Im Folgenden sollen zu verschiedenen Bereichen<br />

konkrete Umweltmaßnahmen im Städtebau<br />

aufgezeigt werden.<br />

Planung<br />

• Für das bauliche Vorhaben ist ein ökologisches<br />

Gesamtkonzept als Bestandteil der Vorplanungsunterlagen<br />

(VPU) durchzuführen, die Aussagen zur<br />

Umsetzung der ökologischen Ziele umfasst.<br />

• Nachhaltigkeitsgrundsätze von Anfang an beachten<br />

– kostenwirksame Entscheidungen müssen<br />

rechtzeitig berücksichtigt werden<br />

• Planungsteam auf Nachhaltigkeit anpassen – Zusammenbringen<br />

unterschiedlicher Fachdisziplinen<br />

• Qualitätssicherung durch stetiges Monitoring<br />

• aktive Partizipation späterer Nutzer<br />

Umweltmaßnahmen im Städtebau<br />

• soziokulturelle Auswirkungen des Bauvorhabens<br />

als gleichwertig den Ökologischen erachten<br />

• lange Nutzungszeit und Rentabilität gewährleisten<br />

• Neubaubedarf hinterfragen<br />

• Optimierung des Raumprogramms an den tatsächlichen<br />

Bedarf<br />

• Grundstücksbezogene Auswirkungen betrachten<br />

– mögliche Eingriffsausgleichsregelungen<br />

(In den weiteren Planungsschritten sind die einzelnen<br />

Bereiche nach diversen nutzerbezogenen<br />

Kriterien (ergeben sich aus der Bürgerbeteiligung)<br />

zu gestalten, womit den bestimmten Orten eine<br />

eigene Identität verliehen wird.)<br />

Erschließung<br />

• externe Erschließung (bestehende Straßen, An-<br />

133


Grundlagen für einen ökologischen Städtebau<br />

bindung an ÖPNV, Rad-/Fußwege) voll ausnutzen<br />

• alternative Mobilitätsangebote wie Car-Sharing<br />

• Iinnerhalb vom Gebiet nur ein untergeordnetes<br />

System von Sammel- und Anliegerstraßen, wo viele<br />

verkehrsberuhigte und autofreie Bereiche vorzufinden<br />

sind.<br />

• Eine Vermeidung erhöhten Verkehrsaufkommens<br />

gebietsintern kann mit einem Parkhaus erreicht<br />

werden.<br />

• Bei dem Erzielen niedrigerer Autoinhaberquoten<br />

kann eine intensivere Straßenraumbegrünung mit<br />

Bäumen erfolgen.<br />

• Versiegelte Flächen: Je höher der Anteil an Oberflächen<br />

wie Asphalt und Beton ist, desto größer ist<br />

das Wärmespeicherungspotential der Stadt und<br />

damit gleichzeitig die Temperatur in der Stadt.<br />

• Das hohe Maß der Versiegelung, die fehlende Vegetation<br />

und das sofortige Ableiten des Regenwassers<br />

in die Kanalisation tragen dazu bei, dass Stadtluft<br />

im Allgemeinen trockener ist als die Landluft.<br />

• Ferner wird der Wind durch die horizontale und<br />

vertikale (Rauhigkeit/ Profil) Struktur der Stadt<br />

verändert. So wird der Wind durch Gebäudefronten<br />

und Straßenschluchten in seiner Richtung<br />

gebremst, geändert und kann auch kanalisiert und<br />

dementsprechend verstärkt werden.<br />

• dichte Bebauung<br />

•Parkplätze mit reduziertem Platzverbrauch<br />

planen<br />

• Verkehrsfreie Zonen<br />

• klare Grenzen zwischen privaten und öffentlichen<br />

Räumen<br />

Freiräume und Ökologie<br />

• Berücksichtigung des städtebaulichen Umfelds<br />

und des Landschaftsraums, der vorhandenen Vegetationen,<br />

Biotope, Landschaftselemente, der Immissionssituation,<br />

der Situation des Grundwassers und<br />

vorhandener Oberflächengewässer, Bedingungen<br />

der Belichtung und Besonnung, der Topographie<br />

• Naturnahe Gestaltung der Frei- und Grünräume<br />

(Verwendung ökologischer Materialien bei der Außenraumgestaltung<br />

wie z. B. Vegetationsstrukturen<br />

= Hecken statt Mauern, wenig versiegelte Fläche,<br />

Funktion der Regenwasserretention und -versickerung,<br />

u.v.m.)<br />

• Heimische Gehölze und Stauden sind im Rahmen<br />

der Pflanzenverwendung nicht nur als Gestaltungsmittel,<br />

sondern auch unter ökologischen Aspekten<br />

als Vogelnährgehölz und Bienenweide auszuwählen.<br />

In der Stadt lebenden Wildtierarten sind durch geeignete<br />

Maßnahmen zu schützen.<br />

• Verwendung von Gehölzarten, die sich durch eine<br />

hohe Effektivität an O2 Produktion und hohem<br />

Verdunstungsvermögen auszeichnen (sog. Pumpende<br />

Gehölzarten) = effektiver Beitrag zur Stadtklimaverbesserung.<br />

• vielfältige, zusammenhängende Vegetationsflächen<br />

• möglichst geringer Pflegeaufwand<br />

• Regenwassernutzung in der Freiraumgestaltung<br />

• Wassersparende Sanitärtechniken<br />

• Trinkwasserleitungen: Ziel ökologischen Bauens ist<br />

ein reduzierter Trinkwasserverbrauch. Dazu dient<br />

die Installation wassersparender Armaturen und<br />

Haushaltsgeräte.<br />

• Mülltrennung und Kompostierung<br />

• Berücksichtigung klimatischer Aspekte im Freiraumkonzept:<br />

von Bebauung und Großgrün freigestellte<br />

Grünstreifen sorgen für eine ausreichende<br />

Luftventilation im Gebiet<br />

• Schonender Umgang mit Boden: nur in den ehemaligen<br />

versiegelten Bereichen, wo ein vorbelasteter<br />

Boden vorzufinden ist, ist ein hoher Versiegelungsgrad<br />

der Freiräume zulässig.<br />

• Entsiegelung soweit wie möglich und eine Schaffung<br />

von Grünflächen, unter Berücksichtigung der<br />

jeweiligen geologischen Gegebenheiten (gern<br />

auch wenn möglich eine Art Wildwiese) – dabei<br />

ist aus stadtklimatischer Sicht eine Mischung aus<br />

größeren Rasenflächen, niedrigen Strauchgruppen<br />

und hochstämmigen Baumgruppen am wirkungsvollsten<br />

• Nistmöglichkeiten für Tiere an den Gebäuden<br />

• (Die Übergänge zwischen den öffentlichen bis hin<br />

zu privaten Grün- und Freiräumen, die nicht nur<br />

in süd-nördlicher sondern auch in ost-westlicher<br />

Richtung vorkommen, sind von großer Bedeutung.<br />

Somit wird ein abwechslungsreiches Angebot an<br />

unterschiedlich nutzbaren und zugänglichen, jedoch<br />

aber wohnungsnahen Freiraumtypologien<br />

134


geschaffen und demzufolge wird der Wert des<br />

Wohngebietes erhöht.)<br />

• Pflanzenkläranlage<br />

• Feuchtbiotope bzw. Teiche werden zur Sammlung<br />

von Oberflächenwasser und als Rückstaubecken<br />

empfohlen.<br />

• Geschlossene Grünflächen können schon bei 50<br />

m im Querschnitt, und durch Mauern abgeschlossene<br />

Gartenhöfe würden bei weniger als 10 m<br />

Durchmesser, eigene Klimaverhältnisse entwickeln.<br />

• Dach- und Fassadenbegrünung<br />

Architektur<br />

„Ökologisch orientiertes Bauen strebt in allen<br />

Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden von der<br />

Planung, der Erstellung über die Nutzung und Erneuerung<br />

bis zu ihrer Beseitigung eine Minimierung<br />

des Verbrauchs von Energie und Rohstoffen sowie<br />

eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushalts<br />

an. (…)“<br />

• Offene Bauweise für bessere Durchlüftung des<br />

Gebietes (Die offene Bauweise bildet einen bedeutsamen<br />

Aspekt bei der Luftventilation im Gebiet,<br />

da bei solcher die Luft in die Siedlung besser<br />

eindringen kann.)<br />

• Alle Gebäude sind im (Niedrigenergie-, Passivhaus-<br />

oder) Plusenergiehausstandard zu errichten,<br />

Energieeinsparung durch Gebäudekonzeption<br />

(Wärmeschutz)<br />

• Optimierung der Gebäudegeometrie (Kompaktheit,<br />

günstiges Verhältnis Bruttogrundfläche zu<br />

Nutzfläche, wirtschaftliche Raumhöhen, bedarfsgerechte<br />

Begrenzung der Größe der technischen<br />

Funktionsflächen)<br />

• Stellung und Gestaltung der Baukörper im Hinblick<br />

auf Windeinwirkung und einen möglichst bedarfsgerechten<br />

passiven Solargewinn bei Vermeidung<br />

sommerlicher Überhitzungen durch wirksamen<br />

Sonnenschutz,<br />

• Vermeidung von Tiefgeschossen, soweit es die<br />

Nutzung des Gebäudes und die technischen Erfordernisse<br />

erlauben,<br />

• Lärmschutz nach innen und außen<br />

• freie, jedoch kontrollierte Lüftung, Kühlung der<br />

Gewerbeanlagen und Büros; Wärmerückgewinnung<br />

• Tageslichtnutzung, lichtlenkende Maßnahmen, optimierter<br />

Sonnenschutz<br />

• Bei der Architekturplanung sind die möglichen<br />

solaren Gewinne durch Einbeziehung folgender<br />

Aspekte zu prüfen: Gebäudeausrichtung, Fensterflächenanteil,<br />

Planung von Doppelfassaden, entsprechender<br />

Gebäudeabstand und Verschattung<br />

durch Bepflanzung<br />

• Stahlbeton als Kühlung & Wärmespeicher gleichzeitig<br />

• Steigerung der Energieeffizienz (Messbare Kriterien<br />

zur Energieeffizienz liefert die Energieeinsparverordnung<br />

(EnEV)<br />

• wenige (oder sogar auch ”Verzicht auf“) Raumbereiche<br />

mit Klimatisierung, Beleuchtung<br />

• Baustoffe: Recycling, nachhaltige Baustoffe, Zertifizierung,<br />

Verwendung von dauerhaftem, natürlichem<br />

und regionalem Baumaterial<br />

• Schadstoffbelastung der Baustoffe minimalisieren,<br />

bzw. ökologisch unbedenkliche Baustoffe verwenden<br />

• Baubiologie: Toxizität, Innenraumluft, Behaglichkeit…<br />

• Rückbaufähigkeit, Problemstoffe (PVC, Verbundstoffe)<br />

• Um die mikroklimatischen Verhältnisse im Baugebiet<br />

positiv zu bewirken, wird eine Flachdachtypologie<br />

bzw. geringe Dachneigung angestrebt – dies<br />

ermöglicht extensive Dachbegrünung (Verringerung<br />

des Regenwasserabflusses; wichtig vor allem<br />

in Bereichen mit größerem Anteil an versiegelter<br />

Fläche) und gleichzeitig auch Platzieren von Solaranlagen.<br />

• Wohnungsbezogene Grauwasserkreisläufe<br />

• Anwohnergerechte Materialverwendung und<br />

Farbgestaltung<br />

• Wintergärten (effektive Nutzung der Sonnenenergie),<br />

geschlossene Nordfassade<br />

• Fassadenbegrünung (die eigenen artspezifischen<br />

Eigenarten der jeweiligen Pflanze unbedingt berücksichtigen)<br />

• Wenn ein grünes Dach dann vorzugsweise eines<br />

mit Extensivbegrünungen, welche sehr naturnah<br />

135


Grundlagen für einen ökologischen Städtebau<br />

sind und sich durch angepasste Standortbedingungen<br />

weitgehend selbst erhalten können – dabei ist<br />

auch eine Kombination aus begrüntem Dach und<br />

Solaranlagen möglich<br />

Energiekonzept<br />

• energieeffizientes Bauen und Nutzung nachhaltiger<br />

Energiequellen<br />

• Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer<br />

Energien: Ein hocheffizientes Blockheizkraftwerk<br />

(möglicher Errichtungsstandort östlich<br />

des Planungsgebietes) und Solaranlagen (Photovoltaik)<br />

zur direkten Stromgewinnung können auf<br />

umweltfreundliche Weise die benötigte Wärmeenergie<br />

sowie einen großen Anteil der Elektrizität<br />

liefern. Erdwärmetauscher, Integration von Solaranlagen<br />

• (thermische Solaranlage)<br />

• Windkraftanlagen<br />

• Methoden der zentralen Wärmebereitstellung<br />

(Schwerkraftheizung) <br />

• Pelletheizung<br />

• Wärmerückgewinnung (Raumluft)<br />

• Wärmedämmung<br />

• optimal gebrauch von Sonnenlicht in Planung<br />

• Festlegung der Dachform zur Errichtung von Solarzellen<br />

Soziale Aspekte in ihrer Auswirkungen<br />

auf Ökologie:<br />

• Nahversorgung: Bildung, Einkaufen, Cafés, Arbeitsplätze<br />

(--> Vermeidung des Wegfahrens)<br />

• Gesundheit und Behaglichkeit der Innenräume<br />

(bsp. Meidung der Innenraumluftbelastung) und<br />

der Umgebung sichern<br />

• Nutzergerechte Planung<br />

• soziale Integration (gemischte Milieustruktur) (--><br />

Vermeidung des Wegfahrens)<br />

• gemischte Altersstruktur / Kinderfreundlichkeit<br />

• Berücksichtigung von Genderaspekten (Reproduktion)<br />

• gemeinsame Nutzung, z.B. Wohnhof, Gemeinschaftshaus,<br />

Werkstatt (--> Vermeidung des Wegfahrens)<br />

• Barrierefreiheit (Wohnungen, Freiraumgestaltung)<br />

• Möglichkeit dauerhaft konfliktfreier Nutzung und<br />

Offenheit für sich wandelnde Nutzungsgewohnheiten,<br />

• Möglichkeiten ruhiger Erholung bzw. die Trennung<br />

von ruhiger Erholung und Zonen für Spiel und Bewegung,<br />

• eine hohe Spiel- und Aufenthaltsqualität (z. B. geschützte<br />

und besonnte Teilflächen),<br />

Ökonomische Nachhaltigkeitsaspekte<br />

in ihrer Auswirkungen auf<br />

Ökologie:<br />

• Herstellung lokaler wirtschaftlichen Strukturen im<br />

(Klein-)Gewerbe und Dienstleistungssektor<br />

• Lebensdauer der Baumassen (gute bautechnische<br />

Details, Pflegeaufwand)<br />

• flexible Grundrisse (z.B. versetzbare Wände) –<br />

Vermeidung des Abriss- und Neubaubedarfs in der<br />

Zukunft und damit verbundene mögliche Umnutzbarkeit<br />

(z.B. Wohn- in Gewerbenutzung)<br />

• Betriebskostenreduzierung<br />

Sonstiges<br />

• Planung von Kanalisationen und Abfallbeseitigung,<br />

-vermeidung, -recycling<br />

• Berücksichtigung der historischen Bedeutung des<br />

Planungsgebietes<br />

136


Ökologische Festsetzungen im Bebauungsplan<br />

Der Bebauungsplan bietet mit Hilfe seiner textlichen<br />

und zeichnerischen Festsetzungen, die<br />

Möglichkeit nachhaltig orientierte Vorschriften<br />

zu formulieren. Die Grundlagen dafür finden<br />

sich im BauGB, der BauNVO sowie in den BIm-<br />

SchG. Im Folgenden werden festsetzungswürdige<br />

Aspekte und die dazugehörigen rechtlichen<br />

Grundlagen innerhalb der oben genannten Gesetzestexte<br />

aufgezeigt.<br />

Tabelle festsetzungswürdige Aspekte<br />

137


Grundlagen für einen ökologischen Städtebau<br />

Der Biotopflächenfaktor<br />

Der Biotopflächenfaktor (BFF) stellt eine<br />

schnelle und einfache Möglichkeit dar, die ökologische<br />

Qualität eines Untersuchungsgebiets<br />

festzustellen und es mit anderen Gebieten zu<br />

vergleichen, bzw. den Zustand vor und nach<br />

einem bestimmten Eingriff zu ermitteln. Besonders<br />

im städtischen Bereich liegt das Potenzial<br />

des BFFs in der Qualifizierung von Flächen und<br />

deren Statthaftigkeit gegenüber verschiedenen<br />

Nutzungsformen.<br />

Zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen<br />

im Land Berlin werden folgende Aspekte berücksichtigt:<br />

• der hohe Grad der Bodenversiegelung,<br />

• die unzureichende Anreicherung des Grundwassers,<br />

bedingt durch den schnellen Abfluss der Niederschläge<br />

in die Kanalisation<br />

• die mangelnde Luftfeuchte und Überwärmung,<br />

• der immer kleiner werdenden Lebensraum für<br />

Pflanzen und Tiere wegen unzureichender Grünflächen<br />

Eine wesentliche Zielsetzung der Berliner Stadtentwicklung<br />

ist die Verbesserung der Funktionsfähigkeit<br />

des Naturhaushaltes sowie die Förderung<br />

der Biotopentwicklung unter Beibehaltung<br />

der aktuellen Flächennutzung. Um Defizite im<br />

Freiraum in den hoch verdichteten Stadtteilen<br />

zu kompensieren und damit Umweltbelastungen<br />

abbauen zu können, wurde der Biotopflächenfaktor<br />

eingeführt. Ähnlich den städtebaulichen<br />

Kennwerten in der Bauleitplanung wie<br />

Bruttogeschossfläche (BGF), Grundflächenzahl<br />

(GRZ) und Geschossflächenzahl (GFZ), die das<br />

Maß der baulichen Nutzung regeln, benennt<br />

der BFF den Flächenanteil eines Grundstückes,<br />

der als Pflanzenstandort dient bzw. sonstige<br />

Funktionen für den Naturhaushalt übernimmt.<br />

Für ausgewählte, gleichartig strukturierte Stadtgebiete<br />

kann der BFF in einem Landschaftsplan<br />

verbindlich festgelegt werden.<br />

Der BFF trägt damit zur Standardisierung und<br />

Konkretisierung der folgenden Umweltqualitätsziele<br />

bei:<br />

• Sicherung und Verbesserung des Kleinklimas und<br />

der Lufthygiene,<br />

• Sicherung und Entwicklung von Bodenfunktion<br />

und Wasserhaushalt,<br />

• Schaffung und Aufwertung von Lebensraum für<br />

Tiere und Pflanzen,<br />

• Verbesserung des Wohnumfeldes.<br />

Anwendungsbereiche<br />

Der BFF umfasst die städtischen Nutzungsformen<br />

Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur und<br />

formuliert ökologische Mindeststandards für<br />

bauliche Änderungen und Neubebauung. Dabei<br />

werden sämtliche Begrünungspotentiale wie<br />

Höfe, Dächer, Mauern und Brandwände einbezogen.<br />

Für die unterschiedlichen Bebauungs- und Nutzungsstrukturen<br />

gelten die in der Tabelle aufgeführten<br />

BFF-Werte.<br />

Tabelle Biotopflächenfaktor<br />

138


BFF-Berechnung<br />

Der BFF benennt das Verhältnis naturhaushaltwirksamer<br />

Flächen zur gesamten Grundstücksfläche.<br />

Dabei werden den einzelnen Teilflächen eines<br />

Grundstückes je nach ihrer „ökologischen Wertigkeit“<br />

Anrechnungsfaktoren zugeordnet.<br />

Rechtliche Grundlage<br />

In Berlin kann der BFF als ökologischer Planungskennwert<br />

in erster Linie in Landschaftsplänen<br />

festgesetzt werden. Die dazu festgelegten<br />

Festsetzungen sind dem Handbuch der Berliner<br />

Landschaftspläne zu entnehmen. Der BFF<br />

kann jedoch auch in allen bebauten Gebieten<br />

als Richtschnur für ökologische Maßnahmen<br />

Anwendung finden. Somit sind grundstücksbezogene<br />

Vorgaben in bebauten Gebieten bei<br />

Bauvorhaben zur Verwirklichung der Ziele des<br />

Naturschutzes und der Landschaftspflege umzusetzen.<br />

139


Entwurfsphase<br />

Zu Beginn machten sich mehrere Projektmitglieder<br />

ihre eigenen Gedanken zu einem möglichen<br />

Entwurf für das Plangebiet und visualisierten<br />

diese in einfachen Skizzen und Graphiken.<br />

So kamen in der ersten Entwurfsphase viele<br />

unterschiedliche Ideen und Konzeptvorschläge<br />

zusammen<br />

Benjamin<br />

Die wesentlichen Merkmale des städtebaulichen<br />

Entwurfs sind die Erhaltung von Altbaubeständen,<br />

die Ausrichtung der Neubauten zum<br />

Wasser, die Erhaltung des Grünstreifens entlang<br />

des Ufers sowie die Schaffung eines Uferweges<br />

mit Verbindungen in die benachbarten Wohnqaurtiere.<br />

Erste Entwürfe<br />

Bei diesem Entwurf werden die Werkshallen<br />

nicht erhalten. Sie befinden sich in einem nicht<br />

erhaltenswerten Zustand und würden zudem<br />

die Flexibilität im Bereich Städtebau zu sehr<br />

einschränken. Die weiteren Altbaubestände<br />

werden überwiegend zu gewerblichen Zwecken<br />

genutzt. Durch ihre Erhaltung bleibt der industrielle<br />

Charakter bestehen. Die Neubauten<br />

hingegen sollen durch Wohnnutzungen geprägt<br />

sein.<br />

Des Weiteren ergibt sich durch die Straßenund<br />

Wegegestaltung im mittleren Bereich des<br />

Plangebietes ein zentraler Platz. Dieser soll in<br />

Entwurf<br />

Zukunft als Aufenthaltsort mit gastronomischen<br />

Einrichtungen und kleinen Läden von den Bewohnern<br />

genutzt werden.<br />

Die vorhanden Probleme durch hohe Lärme-<br />

141


Entwurfsphase<br />

missionen, ausgehend vom Verkehrsaufkommen<br />

auf der Friedrichshagener Straße und der<br />

Salvador-Allende-Brücke, werden durch die Erhaltung<br />

der alten Ziegelsteinmauer entlang der<br />

Friedrichshagener Straße und einem Parkhaus<br />

und Blockheizkraftwerk entlang der Salvador-<br />

Allende Brücke gemindert.<br />

Gosia<br />

befinden sich auch zwei Parkplätze auf dem<br />

Gelände.<br />

Bei dem zweiten Entwurf gibt es nur einen<br />

Unterschied, die Gebäude sind zu Spree ausgerichtet.<br />

Sonst gibt es wie im ersten Entwurf<br />

Fußwege, öffentliche Plätze und Parkplätze für<br />

das autofreie Gebiet.<br />

Henrike<br />

Das Plangebiet an der Friedrichshagener Straße<br />

soll weiterhin einen Teil seines prägenden<br />

industriellen Charakters behalten. Die beiden<br />

hohen Verwaltungskomplexe sollen daher erhalten<br />

bleiben. Außerdem sollen die Elemente<br />

der ehemaligen Fabrikdächer aufgegriffen werden,<br />

um einen nachbarschaftlichen Treffpunkt zu<br />

schaffen. In Anlehnung an einer Arkade könnte<br />

dort ebenfalls ein kleines Gebietszentrum mit<br />

Einkaufsmöglichkeiten und Aufenthaltsplätzen<br />

entstehen.<br />

Entwurf 1<br />

Des Weiteren soll das Gebiet autofrei sein. Die<br />

Straßen sind nur für den Anlieferverkehr frei.<br />

Die beiden Parkhäuser mit Fassadenbegrünung<br />

dienen zur Unterstellung der Autos und gleichzeitig<br />

als Lärmschutz.<br />

Es soll ein Blockheizkraftwerk auf dem Plangebiet<br />

entstehen, welches die Strom- und Wärmeversorgung<br />

regelt. Ein weiterer ökologischer<br />

Aspekt ist die Nutzung von Sonnenenergie in<br />

Form von Solarzellen.<br />

Entwurf 2<br />

Der vorhandene Grünsteifen entlang der Spree<br />

soll erhalten bleiben. Innerhalb der Bebauung<br />

sollen mehrere, kleine halböffentliche Grünflächen<br />

und Plätze entstehen.<br />

In diesem Entwurf befinden sich die Gebäude<br />

senkrecht zur Spree.<br />

Zwischen den Gebäuden befinden sich Fußwege<br />

und öffentliche Räume für Einwohner<br />

und Besucher. In diesem Endwurf gibt es eine<br />

Promenade von der Friedrichshagener Straße<br />

bis zur Spree. Das Gebiet ist autofrei und es<br />

Die Bebauung ist hauptsächlich geprägt durch<br />

Zeilenbebauung, aber auch durch kleinere<br />

Mehrfamilienhäuser. Bei der Ausrichtung der<br />

Gebäude wurde auf die Blickbeziehung zum<br />

Wasser geachtet. Im gesamten Gebiet soll eine<br />

ausgewogene Mischung aus Wohnen und Einzelhandel<br />

entstehen, ebenso wie eine vielfältige<br />

soziale Mischung.<br />

142


Stichstraßen werden als Spielstraßen ausgewiesen.<br />

Somit wird eine Einfahrt zum Einladen und<br />

Ausladen ermöglicht, das Auto sollte jedoch im<br />

dafür vorgesehenen Parkhaus im Osten des<br />

Gebietes geparkt werden.<br />

Entwurf<br />

Lenka<br />

Das Plangebiet am alten Kabelwerk im Köpenick<br />

wird heute durch die zwei hohen denkmalgeschützten<br />

Backsteingebäude stark geprägt.<br />

Des Weiteren sind es die zwei Hallen und der<br />

breite Grünstreifen am Spreeufer, die das Areal<br />

charakterisieren. Ein Ziel des vorliegenden Entwurfes<br />

ist es, die jetzige Atmosphäre so weit<br />

wie möglich zu erhalten. So bleiben die beiden<br />

Riegel und der Grünstreifen als Wahrzeichen<br />

der Fläche unangefasst bestehen, die Geschlossenheit<br />

und Kompaktheit der Hallen findet sich<br />

in der geschlossenen Bauweise wieder.<br />

Im Vordergrund der Neuplanung steht eine<br />

klare Definierung von privaten, halböffentlichen<br />

und öffentlichen Räumen. Der Block als<br />

eine traditionelle Bebauungsart bringt dafür alle<br />

notwendigen Vorraussetzungen mit. Einzelne<br />

Häuser sind im Stil der Town Houses, teilweise<br />

auch als Geschosswohnungsbau zwischen 3-4<br />

Geschossen angedacht. Ein hoher Anteil an südorientierten<br />

Dächern ermöglicht eine effiziente<br />

Nutzung der Sonnenenergie.<br />

Das Freiflächenkonzept behandelt das Areal<br />

als eine Gesamtheit. Die schmalen Öffnungen<br />

der Blöcke regen die Spannung und Neugier an.<br />

Einzelnen Innenhöfen werden unterschiedliche<br />

Funktionen zugewiesen, so dass für eine Vielfalt<br />

im Freiraumangebot, gleichzeitig aber auch für<br />

eine soziale Mischung gesorgt wird.<br />

Die ganze Siedlung ist autofrei zu halten, die<br />

Entwurf<br />

Marduk<br />

In meinem Entwurf lege ich Wert darauf, ein<br />

neues Gebiet zu schaffen, das ein konfliktfreies<br />

nebeneinander von Wohn- und Gewerbenutzung<br />

mit geringem Verkehrsaufkommen und<br />

hoher Energieeffizienz ermöglicht. Dabei werden<br />

auch die Flächen des heutigen Mellowparks<br />

genutzt, welcher beispielsweise auf das Dach<br />

des Baumarktes, auf der gegenüberliegenden<br />

Seite der Friedrichshagener Straße, umgesetzt<br />

werden könnte.<br />

Die Bebauungsstruktur greift andeutungsweise<br />

die Uferlinie der Spree auf und ist ansonsten auf<br />

gute Belichtungsverhältnisse abgestimmt (Ost-/<br />

Westausrichtung). In den langen Gebäuden an<br />

der Friedrichshagener Straße ist Misch- und im<br />

verbleibenden, südlichen Gebiet Wohnnutzung<br />

angedacht. Alle Gebäude sollten dabei eine<br />

Höhe von vier Geschossen nicht übersteigen.<br />

Um den Lärmpegel im Gebiet zu senken dienen<br />

die bereits bestehende Mauer und die lang-<br />

143


gezogenen Gebäude an der Friedrichshagener<br />

Straße als Schallschutz. Zusätzlich soll die Friedrichshagener<br />

Straße ein Tempolimit von 30km/h<br />

erhalten.<br />

Alle Straßen im Gebiet sind als Spielstraßen deklariert.<br />

Parken ist nur zum be- und entladen<br />

erlaubt. PKWs werden in den beiden Parkhäusern<br />

(gelb dargestellt) untergebracht. Dadurch<br />

soll der Straßenraum für Anwohner nutzbarer<br />

gemacht werden, da mehr Platz entsteht und<br />

Gefahren verringert werden.<br />

Ein Entwurf zeigt, wie sich die gegenüberliegende<br />

Seite der Friedrichshagener Straße entwickeln<br />

könnte. Zur Zeit ist gegenüber dem<br />

Plangebiet ein Gewerbegebiet mit einer großen<br />

Halle angesiedelt. Dieser Zustand bietet keinen<br />

schönen Anblick und könnte daher durch städtbauliche<br />

Maßnahmen aufgewertet werden, was<br />

aber für uns momentan nicht Gegenstand der<br />

Planung ist.<br />

Entwurf 1<br />

Entwurf<br />

Faith<br />

In den Entwürfen wird Wert darauf gelegt,<br />

dass die meisten Gebäude zum Wasser ausgerichtet<br />

sind. Außerdem verlaufen ebenfalls<br />

die Erschließungsstraßen in Blickrichtung zur<br />

Spree. Dadurch soll auch von der Friedrichshagener<br />

Straße die Spree zu sehen sein und der<br />

Grünstreifen für die Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht werden. Außerdem soll eine ausgewogene<br />

Mischung aus Wohnen und Gewerbe in<br />

dem Gebiet entstehen. Die alten Fabrikhallen<br />

werden abgerissen. Es bleiben die ehemaligen<br />

Verwaltungskomplexe erhalten, die dem Gebiet<br />

einen historischen Charakter verleihen.<br />

Entwurf 2


Entwurf „Spreequartier am<br />

alten Kabelwerk“<br />

Diese vielfältigen Konzeptideen bildeten eine<br />

erste Grundlage. Innerhalb des Projektes wurden<br />

alle Ideen intensiv diskutiert und die markantesten<br />

Merkmale herausgefiltert. Daraus<br />

entwickelte sich ein erstes Bild, welches grundlegende<br />

Aspekte, wie die Ausrichtung der Gebäude<br />

und die Art der Erhaltung des industriellen<br />

Charakters, beinhaltete. Nun setzte sich ein Teil<br />

1. Bisherige Entwicklung – Ausgangssituation<br />

Das zu entwickelnde Gelände liegt im Bezirk<br />

Treptow-Köpenick der Bundeshauptstadt Berlin.<br />

Es wird im Süden von der Spree, im Westen<br />

durch die östlichen Grenzen der Flustücke 174<br />

und 192 des Flurs 454, im Norden von der<br />

„Friedrichshagener Straße“ und im Osten von<br />

„Salvador-Allende-Brücke“ begrenzt. Das gesamte<br />

Areal umfasst eine Fläche von rund sieben<br />

Hektar.<br />

Derzeit befinden sich auf dem Gelände Altbaubestände<br />

des ehemaligen „Kabelwerks Köpenick“.<br />

Dieses wurde 1993 stillgelegt und an die<br />

Treuhand-Nachfolgerin TLG Immobilien übergeben.<br />

Seitdem rotten die einstigen Werkshallen<br />

und -gebäude vor sich hin.<br />

Die TLG möchte zusammen mit Investoren und<br />

Städtebauliches Konzept<br />

der Entwerfer und Entwerferinnen zusammen<br />

und ließen diese in ein neues Gesamtkonzept<br />

einfließen. In einem langen Prozess, mit vielen<br />

Abstimmungen im Plenum, ergaben sich immer<br />

wieder Veränderungen, die dann im endgültigen<br />

Entwurf mündeten.<br />

dem Bezirk Treptow-Köpenick das Gelände<br />

weiterentwickeln. Angestrebt wird dabei eine<br />

überwiegende Wohnnutzung. Erste Schritte<br />

wurden bereits im Jahr 2007 mit einer Flächennutzungsplanänderung<br />

eingeleitet. In der Begründung<br />

dieser Änderung wird erläutert, dass<br />

dadurch „Entwicklungsperspektiven für hochwertige<br />

Nutzungen in wasserbezogener Lage“<br />

ermöglicht werden sollen.<br />

Im westlichen Teil des Geländes befindet sich<br />

derzeit noch eine Freizeitanlage für Skater und<br />

BMX-Fahrer, der Mellowpark Köpenick, der vor<br />

einigen Jahren als Zwischennutzung zugelassen<br />

wurde. Noch in diesem Jahr soll die Fläche innerhalb<br />

des Bezirkes umgesiedelt werden.<br />

Des Weiteren wurden im Zuge der - bis vor<br />

zwei Jahren festgelegten - Industrieflächensicherung<br />

die bestehenden Gebäude als denkmalgeschützter<br />

Bereich ausgewiesen. Dies setzt mit<br />

145


Städtebauliches Konzept<br />

Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />

Hilfe von rechtlichen Anordnungen, Verfügungen,<br />

Genehmigungen und Auflagen voraus, dass<br />

durch geistige, technische, handwerkliche und<br />

künstlerische Maßnahmen zur Er- und Unterhaltung<br />

des Kulturdenkmals beigetragen wird.<br />

2. Städtebauliche Konzeption –<br />

Beschreibung des Vorhabens<br />

2.1. Nutzungskonzept<br />

Aufgrund unseres Projektschwerpunktes und<br />

den Vorstellungen des Bezirks Treptow-Köpenick<br />

streben wir eine (ökologisch) nachhaltige<br />

Siedlungsstruktur mit Wohn- und Mischnutzung<br />

an.<br />

Das Vorhaben umfasst die Errichtung von rund<br />

400 Wohneinheiten in Form von Reihen- und<br />

Mehrfamilienhäusern, sowie Modernisierungsmaßnahmen<br />

der Bestandsgebäude. Insgesamt<br />

entstehen bei diesem Konzept Wohnraum für<br />

ca. 1000 Menschen, sowie Büro- und sonstige<br />

gewerbliche Nutzungsflächen für ca. 300 Arbeitsplätze.<br />

den Altbaubeständen positioniert. Im Zuge der<br />

Altbausanierung wird zudem bedacht, dass die<br />

Gebäude je nach Bedarf und Situation auch zu<br />

Wohnzwecken umfunktioniert werden können.<br />

Hoher Wert wird auch auf die sozialen Nachhaltigkeitsaspekte<br />

gelegt. Es werden Angebote<br />

für alle Alterskategorien geschaffen. Zu ihnen<br />

gehört eine KiTa, ein Jugendtreff, ein Begegnungsstätte<br />

für ältere Menschen und Mehrzweckräume,<br />

die für Vereine und Veranstaltungen<br />

bereitgestellt werden.<br />

Da die Neubauten und größtenteils auch die<br />

Altbaubestände nicht unterkellert sind werden<br />

im nord-westlichen Teil des Plangebietes werden<br />

entlang der Friedrichshagener Straße Abstellräume<br />

integriert. Hier finden die Bewohner<br />

die Möglichkeit zusätzlichen Abstellplatz anzumieten.<br />

Eines der sich in Straßennähe befindlichen Gebäude<br />

verfügt über PKW-Stellplätze im Erdgeschoss,<br />

da diese Flächen durch Lärmemissionen<br />

und Verschattung geprägt sind.<br />

Das Konzept zielt auf eine ausgewogene städtebauliche<br />

Gesamtstruktur, eine ökologisch effektive<br />

Nutzung der bereits vorbelasteten Flächen<br />

und eine räumliche und funktionale Integration<br />

des Quartiers in die Umgebung. Dadurch ergibt<br />

sich eine hohe städtebauliche Dichte sowie<br />

auch Anpassung der Bebauungstypen, teilweise<br />

auch Baufluchten, an die umliegenden Strukturen,<br />

wobei die Neubauten über eine maximale<br />

Geschosszahl von vier Vollgeschossen verfügen.<br />

Lediglich die bestehenden Gebäuderiegel im<br />

mittleren Bereich des Areals weisen fünf Geschosse<br />

und aufgrund der großzügigeren Geschosshöhen<br />

eine deutlich größere Gesamthöhe<br />

auf.<br />

Neben der überwiegenden Wohnnutzung wird,<br />

wie in allgemeinen Wohngebieten zulässig, Raum<br />

für nicht störendes Gewerbe geschaffen. Dies<br />

kann beispielsweise Büro- und Dienstleistungsunternehmen,<br />

Kunstwerkstätten und –atelliers,<br />

kleine Geschäfte/Läden mit Produkten für den<br />

täglichen Bedarf und gastronomische Einrichtungen<br />

beinhalten. Diese Nutzungen werden in<br />

2.2. Bebauungs- und Gestaltungskonzept<br />

Das Bebauungskonzept sieht bei den Neubauten<br />

eine (energieoptimierte) Reihen- und<br />

Mehrfamilienhausstruktur vor, die auf die Traufhöhen<br />

und Dachform reduzierten städtebaulichen<br />

Vorgaben gewährleisten dem Gebiet eine<br />

hohe architektonische Vielfalt, Abwechselung<br />

und Anpassung an die Nutzerwünsche. Die Gebäude<br />

sollen überwiegend mit viergeschossig<br />

ausgeführt werden. Durch die teils sehr großen<br />

Gebäudekomplexe ergibt sich stellenweise eine<br />

geschlossene Bausweise. Die vorhandenen Altbaubestände<br />

sollen in ihrem äußeren Erscheinungsbild<br />

erhalten und energieeffizient saniert<br />

werden. Dies verleiht dem Gebiet weiterhin<br />

den ursprünglichen industriellen Charakter. Die<br />

Altbaubestände, die überwiegend gewerbliche<br />

Nutzungen aufnehmen, verfügen über zwei bis<br />

drei Geschosse, wobei die markanten Gebäuderiegel<br />

im mittleren Bereich des Plangebietes<br />

mit ihren fünf Geschossen eine Ausnahme bil-<br />

146


den und prägen mit ihrem industriellen Charakter<br />

das Ortsbild.<br />

Die bestehenden sowie auch neu geplante<br />

Gebäude entlang der Friedrichshagener Straße<br />

und Salvador-Allende-Brücke und auch die in<br />

Teilen erhaltene alte historische Ziegelsteinmauer<br />

entlang der Friedrichshagener Straße dienen<br />

als Lärmschutz für das restliche Gebiet.<br />

Der städtebauliche Entwurf sieht vor, dass die<br />

Bebauung zur Spree - im Süden des Plangebietes<br />

- ausgerichtet ist. Die Kubaturen der Neubauten<br />

sind bewusst dem westlich benachbarten<br />

und bereits fertig gestellten Neubaugebiet<br />

„Am Krusenick“ angepasst.<br />

Aus dem Konzept ergeben sich rechnerisch eine<br />

durchschnittliche Grundflächenzahl von 0,3 und<br />

eine durchschnittliche Geschossflächenzahl von<br />

0,9.<br />

Die Gestaltungskonzeption sieht für die Neubauten<br />

Pultdächer mit einer maximalen Neigung<br />

von 15 Grad vor, um sie begrünen und als<br />

Dachterrassen nutzen zu können.<br />

Da Garagen und Nebenanlagen im Vergleich<br />

zu den Hauptbaukörpern weniger stark in Erscheinung<br />

treten sollen, werden diese in den<br />

Erdgeschossen mancher Bauten untergebracht.<br />

Bei diesen Erdgeschossen handelt es sich um<br />

Räumlichkeiten, die ohnehin durch Verschattung<br />

und Emissionen beeinflusst werden.<br />

Damit in dem neuen Wohngebiet individuell<br />

und kostengünstig Wohneigentum realisiert<br />

werden kann, wird die Bildung von Baugruppen<br />

zugelassen. Unter dem Begriff „Baugruppe“ fallen<br />

unterschiedliche Formen der Betreuung, Finanzierung<br />

und Durchführung von Bauvorhaben.<br />

Anwendung findet dieses Verfahren bei Neubauten,<br />

aber auch bei Umbaumaßnahmen von<br />

Altbauten. Darüber hinaus können auch besondere<br />

Zielvorstellungen wie neue Wohnformen<br />

(Alt und Jung, etc.), oder Nutzungsmischungen<br />

(Wohnen und Kindertagesstätte) als Grundlagen<br />

zur Bildung einer Baugruppe dienen.<br />

Für den Bau und die Restaurierung der Gebäude<br />

sollen umweltfreundliche Materialen<br />

verwendet werden, um einen möglichst hohen<br />

Nachhaltigkeitsgrad zu erlangen.<br />

2.3. Freiraumkonzept<br />

Bei dem Freiraumkonzept wurde darauf geachtet,<br />

dass sich verschiedene Raumtypen bilden.<br />

Es wurde dabei differenziert zwischen privaten,<br />

halböffentlichen und öffentlichen Freiräumen.<br />

Die privaten Freiräume wurden in Form von<br />

Klein- und Vorgärten für die Bewohner geplant.<br />

Sie schließen unmittelbar an die Gebäude an<br />

und sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.<br />

Diese Gärten dienen ausschließlich den Bewohnern<br />

als Erholungs- und Freizeitraum.<br />

Für die halböffentlichen Freiräume sieht das<br />

Konzept Pocket-Parks vor. Sie dienen als Erholungs-<br />

und Freizeitraum sowie als Begegnungsstätte<br />

für die Bewohner und werden durch<br />

Fußgänger- und Radfahrwege erschlossen. Die<br />

Parks werden von Landschaftsarchitekten und<br />

bildenden Künstlern gestaltet.<br />

Die öffentlichen Räume wurden in Form von<br />

Plätzen und dem Ufergrünstreifen umgesetzt.<br />

Der größte Platz ergibt sich im mittleren Bereich<br />

des Plangebietes zwischen den beiden<br />

großen Gebäuderiegeln. Er dient als Treffpunkt,<br />

Veranstaltungsort und zentraler Platz für das<br />

gesamte Gebiet. Durch die Ansiedelung von<br />

gastronomischen Einrichtungen soll dem Platz<br />

ein städtischer Charakter verliehen werden.<br />

Des Weiteren wurden im Plangebiet Plätze eingeplant,<br />

die Sitzgelegenheiten und Spielgeräte<br />

beinhalten.<br />

Im südwestlichen Bereich des Plangebietes wurde<br />

eine bereits bestehende Sandfläche erhalten.<br />

Diese soll in Zukunft als Strand mit einem Beachvolleyballfeld<br />

und einem Café genutzt werden.<br />

Die Positionierung wurde für diesen Standort<br />

ausgewählt, da sich am dort verlaufenden<br />

Uferwanderweg eine Eingangssituation ergibt.<br />

Der Weg führt aus dem benachbarten Wohngebiet<br />

„Am Krusenick“, von dem aus wiederum<br />

eine Verbindung bis zur Köpenicker Altstadt besteht,<br />

durch das Plangebiet, bis hin zur östlich<br />

147


Städtebauliches Konzept<br />

Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />

benachbarten Wohnsiedlung „Hirschgarten“.<br />

werden kann.<br />

Besonders Wert wurde bei diesem Konzept<br />

ebenfalls auf den Grünstreifen gelegt. Dieser<br />

ist bereits im Flächennutzungsplan als solcher<br />

dargestellt. Mit der Stilllegung des ehemaligen<br />

Kabelwerks wurde diese Fläche nicht weiter als<br />

Außenlager genutzt. Resultierend daraus entwickelte<br />

sich eine ruderal geprägte Wiese, die<br />

heute aufgrund ihrer ungestörten sukzessiven<br />

Entwicklung viele schützenswerte Pflanzenarten<br />

beheimatet. Aus diesem Grund sieht das<br />

Konzept die weitgehende Erhaltung des grünstreifens<br />

in seiner heutigen Form vor. Lediglich<br />

ein paar unbefestigte Fußgängerwege sollen den<br />

Bewohnern und Besuchern den Weg zu einigen<br />

Plateaus an der Wasserkante ermöglichen.<br />

Bei der Planung wurde ebenfalls darauf geachtet,<br />

dass die Bewohner kein Gefühl von Enge<br />

verspüren. Von fast jeder Wohneinheit ist die<br />

Spree einzusehen. Auf der gegenüberliegenden<br />

Uferseite herrscht eine geringe Bebauungsdichte<br />

mit viel Grünanteil. In Blickrichtung<br />

Friedrichshagener Straße sieht man derzeit auf<br />

eine große Werkshalle. Diese Fassade sollte<br />

mit Kletterpflanzen, wie beispielsweise Glyzinie<br />

oder Wilder Wein begrünt werden, damit sich<br />

die Qualität der Blickbeziehungen erhöht.<br />

Des Weiteren wird die Strecke der ehemaligen<br />

Werksbahn in das Konzept aufgenommen und<br />

soll zu einem Weg umgestaltet werden. Dieser<br />

Weg erstreckt sich vom Spielplatz im westlichen<br />

Bereich des Gebietes, vorbei an dem zentralen<br />

Platz, bis hin zur Salvador-Allende-Brücke<br />

im östlichen Bereich. Durch ihn bildet sich ein<br />

Uferweg, der an die benachbarten Wohngebiete<br />

und somit auch an die Köpenicker Altstadt<br />

anschließt. In Verbindung mit der Erhaltung der<br />

Werksbahnstrecke werden ebenfalls zwei historische<br />

Bahndrehkreuze wieder aufgenommen.<br />

Sie dienten ehemals zur Drehung von einzelnen<br />

Wagen und führten direkt in die Werkshallen.<br />

Durch die Nachstellung der Drehkreuze soll an<br />

die ehemalige Funktion des Gebietes erinnert<br />

werden. Zudem besteht durch den Erhalt der<br />

Gleise die Möglichkeit eine Draisinenstrecke im<br />

Gebiet zu integrieren, die als Fortbewegungsmittel<br />

von Bewohnern und Besuchern genutzt<br />

Dank der Topographie ohne Geländesprünge<br />

und einer gezielten landschaftsplanerischen<br />

Gestaltung wird im gesamten Gebiet ein hohes<br />

Maß an Barrierefreiheit ermöglicht. Der Befestigungsgrad<br />

und die Gestaltungsform der Wege<br />

sollen so gewählt werden, dass Rollstühle und<br />

Fahrräder diese uneingeschränkt nutzen können.<br />

2.4. Ökologiekonzept<br />

Das ökologische Konzept sieht eine großflächige<br />

Entsiegelung des Plangebietes vor. Durch den<br />

Wegfall der ehemaligen Werkshallen und aus<br />

der daraus resultierenden Entsiegelung entsteht<br />

viel naturhaushaltwirksame Fläche innerhalb<br />

des Gebietes. Dieser neue Freiraum wird zum<br />

einen für die Schaffung von neuem Wohnraum,<br />

aber auch zur Anlage von Grün- und Freiflächen<br />

genutzt. Die Neubauten werden in Form<br />

von Dach- und Fassadenbegrünung ebenfalls<br />

über einen hohen Grünanteil verfügen. Energiegewinnung<br />

durch direkte und indirekte Sonneneinstrahlung<br />

ist eine weitere Nutzungsform<br />

auf den Dächern und an den Fassaden. Zur<br />

weiteren Energieversorgung wurde ein Blockheizkraftwerk<br />

in das Parkhaus entlang der Salvador-Allende-Brücke<br />

integriert. Dieses gewährt<br />

durch Kraft-Wärme-Kopplung eine Sicherheit<br />

bei Engpässen. Für den Fall, dass sehr große Engpässe<br />

auftreten sollten, besteht zusätzlich ein<br />

Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Dieser<br />

soll jedoch vorzugsweise zur Einspeisung überschüssiger<br />

gewonnener Energie in das Berliner<br />

Stromnetz genutzt werden. Zur Minderung des<br />

Strom- und Wärmebedarfs werden im Gebiet<br />

nur Passiv- und Niedrigenergiehäuser errichtet.<br />

Die Altbauten werden ebenfalls auf diesen<br />

Standard angepasst. Wünschenswert ist die Realisierung<br />

von Plusenergiehäusern.<br />

In der Freiraumplanung wurde darauf geachtet,<br />

den Fußgängern und Fahrradfahrern eine übergeordnete<br />

Rolle einzuräumen.Geplant sind weiterhin<br />

ein Carsharing-Service und ein verbesserter<br />

Zugang zum ÖPNV-Netz (insbesondere<br />

zur Straßenbahn) sowie verbesserte Taktzeiten.<br />

148


Flankierende verkehrsregulierende Maßnahmen<br />

sollen helfe, den motorisierten Individualverkehr<br />

zu senken und auf diese Weise einen<br />

Beitrag zur Minderung des CO2-Ausstosses zu<br />

leisten. Bei Straßen und Wegen sollen – soweit<br />

möglich - wasser- und luftdurchlässige Oberflächen<br />

verwendet werden, die das Regenwasser<br />

versickern lassen. Zur Nutzung des durch äußere<br />

Einflüsse (z.B. Straßenverkehr) verunreinigten<br />

Regenwassers wurde unter dem Parkhaus entlang<br />

der Salvador-Allende-Brücke ein Rückhaltebecken<br />

platziert. Dieses Becken verfügt über<br />

eine semi-dezentrale Membrananlage, welche in<br />

der Lage ist, das Wasser soweit zu reinigen, dass<br />

es unter Einhaltung der Qualitätsmerkmale der<br />

europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)<br />

in „gutem Zustand und somit ohne Bedenken<br />

in Spree abgegeben werden kann.<br />

Ein weiterer Aspekt des ökologischen Konzeptes<br />

ist die schon angesprochene Erhaltung<br />

des bestehenden Uferstreifens. Die Grünfläche<br />

dient mittlerweile vielen verschiedenen<br />

Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Viele<br />

schützenswerte Ulmen haben sich dort und<br />

vereinzelt auch in anderen Bereichen des Gebietes<br />

ausgebreitet. Sie gilt es zu erhalten und<br />

zu pflegen. Zudem soll der naturnahe Raum<br />

dazu dienen, Kindern im frühen Alter die Natur<br />

näher zu bringen und ihnen ein Gefühl für<br />

den Umgang mit ihr zu vermitteln. Aus diesen<br />

Gründen wird kaum Eingriff in den Uferstreifen<br />

vorgenommen.<br />

2.5. Energiekonzept<br />

In Anbetracht schnell steigender Energiepreise,<br />

zunehmender Ressourcenverknappung und um<br />

einen aktiven Beitrag zur Minderung der CO2-<br />

Werte zu leisten, ist es das Ziel eine maximale<br />

Effizienz hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs<br />

für das Gebiet zu erzielen.<br />

Daher sind die Neubauten, aber auch die Altbauten<br />

mindestens nach dem Passiv- oder Nullenergiehausstandard<br />

zu errichten, beziehungsweise<br />

zu modernisieren. Wünschenswert sind<br />

Plusenergiehäuser.<br />

Bei der Ausrichtung der Gebäude wurde darauf<br />

geachtet, dass die Dachflächen über eine günstige<br />

Südausrichtung verfügen, um Energie mit<br />

Hilfe von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen<br />

zu erzeugen. Alle Gebäude sollen einen<br />

möglichst hohen Anteil ihres Stromverbrauches<br />

selbst produzieren. Um Engpässe zu vermeiden<br />

wurde ein Blockheizkraftwerk in dem Parkhaus<br />

entlang der Salvador-Allende-Brücke integriert.<br />

Dieses gewährleistet zusätzlich die Versorgung<br />

mit Strom und Wärme. Darüber hinaus besteht<br />

ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz, um<br />

ebenfalls Engpässen vorzusorgen und andererseits<br />

überschüssige Energie in einzuspeisen.<br />

2.6. Verkehrskonzept<br />

Das städtebauliche Konzept sieht eine untergeordnete<br />

Rolle für den motorisierten Individualverkehr<br />

vor. Die Siedlung soll nicht durch<br />

fließenden und ruhenden Verkehr bestimmt<br />

werden. Die Gestaltung der Fahrbahnen wurde<br />

so gewählt, dass Fußgänger und Fahrradfahrer<br />

bevorzugt werden. Das komplette Gebiet wird<br />

nach der StVO VZ 235/326 als „Verkehrsberuhigter<br />

Bereich“ gestaltet. Dies zielt darauf<br />

ab, dass Fußgänger die Straße in ganzer Breite<br />

nutzen können, Kfzs Schrittgeschwindigkeit fahren<br />

und Parken nur auf ausgewiesenen Flächen<br />

stattfindet. Alle Straßen dienen als Rettungs-,<br />

sowie Ver- und Entsorgungswege.<br />

Der Straßenquerschnitt wurde auf 5,00 m bis<br />

6,00 m, je nach Straßenfunktion, festgelegt. Des<br />

Weiteren sieht das Konzept vor, eine komplette<br />

Versiegelung im Straßenbereich zu vermeiden<br />

und somit wasser- und luftdurchlässige Oberflächen<br />

einzubringen. Demzufolge wird nur die<br />

Fahrbahn versiegelt. Die Fußwege, die von der<br />

Fahrbahn nicht durch Bordsteine abgegrenzt<br />

werden, erhalten nur eine wassergebundene<br />

Decke als Oberfläche. Dadurch ist Regenwasserversickerung<br />

und –ableitung in Regenwassermulden<br />

möglich.<br />

Fließender Verkehr<br />

149


Städtebauliches Konzept<br />

Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />

Das geplante Baugebiet wird über die bestehende<br />

Straße „Friedrichhagener Straße“ erschlossen.<br />

Insgesamt werden fünf Zufahrten<br />

geschaffen. Die mittlere Zufahrt ist ausschließlich<br />

für den Lieferverkehr und für die Ausfahrt<br />

der Autos aus der im Bestandgebäude untergebrachter<br />

Garage vorgesehen. Die weiteren<br />

Zufahrten im westlichen und östlichen Bereich<br />

des Plangebietes wurden zur Erschließung der<br />

Wohngebiete konzipiert. Diese Straßen erschließen<br />

das Gebiet in Form von Ring- und<br />

Stichstraßen. Unterschieden wird bei den Straßen<br />

zwischen Sammel- und Anliegerstraße. Die<br />

Anliegerstraßen führen zu einzelnen Gebäuden<br />

und ermöglichen der Bewohnerschaft ihr<br />

Kfz vor der Haustür zu be- und entladen. Die<br />

Sammelstraßen erschließen die Anliegerstraßen<br />

und bieten Raum für Kfz-Stellplätze.<br />

Ruhender Verkehr<br />

Um das Gebiet vom ruhenden Verkehr möglichst<br />

freizuhalten, konzentrieren sich die Parkmöglichkeiten<br />

auf den Norden des Plangebietes.<br />

Öffentliche Kfz-Stellplätze wurden entlang der<br />

Bestandsgebäude geplant. Zudem befindet sich<br />

entlang der Salvador-Allende-Brücke ein Parkhaus,<br />

welches den Bewohnern zur Verfügung<br />

steht. Als zusätzlicher Service wird „Car-sharing“<br />

angeboten. Die Anliegerstraßen verfügen<br />

nicht über Parkmöglichkeiten, sondern können<br />

lediglich zum Be- und Entladen genutzt werden.<br />

ÖPNV-Konzept<br />

zentralen Lage eine Anlaufstelle für das gesamte<br />

Gebiet. In Zusammenarbeit mit den Berliner<br />

Verkehrsbetrieben (BVG) soll die Buslinie 269<br />

hinsichtlich ihrer Taktzeit ausgebaut werden, um<br />

eine einfache und schnelle Verbindung zum S-<br />

Bahnhof Köpenick und der Köpenicker Altstadt<br />

zu bieten. Des Weiteren steht den Bewohnern<br />

die Tram-Station Bellevuestraße zur Verfügung.<br />

Diese ist in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen<br />

und bietet mit den Tramlinie 60 und 61<br />

einen Anschluss an den Ortsteil und S-Bahnhof<br />

Friedrichshagen, die Altstadt Köpenick und den<br />

S-Bahnhof und Technologiestandort Adlershof.<br />

Fahrradkonzept<br />

Die geplante Erschließung ermöglicht die Ausgestaltung<br />

eines durchgehenden Fuß- und Radwegesystems<br />

im Plangebiet mit Anschluss an<br />

die „Friedrichshagener Straße“, die „Salvador-<br />

Allende-Brücke“, das westlich angrenzende<br />

Wohngebiet „Am Krusenick“ und das östlich<br />

angrenzende Wohngebiet „Hirschgarten“. Innerhalb<br />

des Plangebietes wird kein Durchgangsverkehr,<br />

sondern lediglich Anwohnerverkehr zu<br />

erwarten sein. Eine umfangreiche Erschließung<br />

der Fahrrad- und Fußgängerwege soll die Bewohner<br />

des Plangebietes und die Bewohner<br />

umliegender Wohngebiete dazu motivieren,<br />

das Auto stehen zu lassen und das Fahrrad zu<br />

benutzen. Zum Abstellen von Fahrrädern werden<br />

im ganzen Gebiet klassische Fahrradbügel,<br />

sowie auch künstlerisch gestaltete Abstellmöglichkeiten<br />

in die Freiräume integriert.<br />

Das ÖPNV-Konzept sieht eine Förderung des<br />

bestehenden ÖPNV-Netzes an den Grenzen<br />

des Gebietes vor. Die bereits bestehende Bushaltestelle<br />

„Friedrichshagener Straße-Kabelwerk“<br />

bleibt erhalten und bietet aufgrund der<br />

Denkmalpflegerisches Konzept<br />

Das denkmalpflegerische Konzept sieht vor,<br />

dass die Altbaubestände weitgehend erhalten<br />

und energieeffizient modernisiert werden. Die<br />

150


Fassaden sind dabei baulich nicht zu verändern.<br />

Die ehemaligen Werkshallen werden auf Grund<br />

des schlechten baulichen Zustandes nicht erhalten,<br />

da eine Instandsetzung aus ökonomischer<br />

Sichtweise nicht vertretbar ist. Auch weitere<br />

Gründe sprechen gegen die im FNP vorgesehene<br />

Umnutzung: Durch die Erhaltung der Form<br />

der gegenwärtigen Hallen würde sich eine maximale<br />

Geschosshöhe von zwei Vollgeschossen<br />

ergeben sowie ein hoher Grad an Verschattung<br />

eintreten. Es werden aber als „historisierende“<br />

Reminiszenz viele der Pfeiler der Hallenkonstruktion<br />

erhalten und zu Beleuchtungszwecken<br />

genutzt. Sie befinden sich in den Freiräumen,<br />

die sich zwischen den Baukörpern bilden und<br />

verstärken den industriellen Charakter des Gebietes.<br />

Die weiteren Altbaubestände bleiben größtenteils<br />

erhalten und werden überwiegend für gewerbliche,<br />

allgemeinnützige und soziale Zwecke<br />

genutzt. Bei der Sanierung der Gebäude wird<br />

darauf geachtet, dass sie in Zukunft - je nach<br />

Bedarf – auch zu Wohnzwecken genutzt werden<br />

können.<br />

Ebenfalls bleibt die historische Mauer entlang<br />

der Friedrichshagener Straße erhalten. Sie dient<br />

dem Gebiet als Lärmschutz.<br />

151


Das „Spreequartier am alten Kabelwerk


153


Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />

Entwurf in Ecotect<br />

Um dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht<br />

zu werden, überprüften wir unsere Entwürfe<br />

mit dem Programm Ecotect auf Potentiale und<br />

Schwachstellen hinsichtlich der Belichtung und<br />

Solarenergienutzung. Dadurch konnten Anpassungen<br />

in der Gebäudeausrichtung und -höhe<br />

vorgenommen werden.<br />

Belichtungsanalyse<br />

weißen (unbeschatteten) Dachflächen das<br />

enorme Solarpotential.<br />

Im Winter verschärft sich die Verschattungssituation<br />

durch die Querriegel noch einmal. Durch<br />

die niedrigere Sonnenbahn wird der ohnehin<br />

schon breite Schattenwurf auch in nördliche<br />

Richtung gelenkt, wodurch die nördlichsten Gebäude<br />

an der Friedrichshagener Straße kaum<br />

nennenswerte direkte Sonneneinstrahlung<br />

erhalten. Der Großteil der Dachflächen bleibt<br />

jedoch auch im Winter Schattenfrei.<br />

Die Darstellung zeigt den Verschattungsumfang<br />

der im Entwurf angedachten Gebäude im<br />

Hochsommer. Blaue Flächen stellen dabei die<br />

Verschattung am Vormittag, die roten Flächen<br />

die Verschattung am Nachmittag dar. Die Sättigung<br />

der Farbe zeigt die Verschattungsdauer an.<br />

Sichtbar wird die eher ungünstige Anordnung<br />

der denkmalgeschützten Querriegel, welche die<br />

östlich und westlich angrenzenden Gebäude<br />

über längere Zeit beschatten.<br />

An den übrigen Gebäuden zeigt sich an den<br />

154


155


Bebauungsplanung<br />

Während sich der städtebauliche Entwurf für<br />

das „Spreequartier am alten Kabelwerk“ dem<br />

Ende entgegen neigte, formierte sich aus einigen<br />

Projektmitgliedern eine „Expertengruppe“<br />

für die Entwicklung des dazugehörigen Bebauungsplans.<br />

So entstand der „Öko-Plus-Bebauungsplanentwurf“<br />

für das „Spreequartier am<br />

alten Kabelwerk“ in Form von zeichnerischen<br />

und schriftlichen Festsetzungen, sowie einer<br />

Begründung. Dabei wurden verschiede umweltgerechte<br />

und klimafreundliche Maßnahmen, wie<br />

z.B. der Einsatz von Anlagen zur Nutzung der<br />

Solarenergie, verfolgt.<br />

A) Allgemeines<br />

1. Veranlassung und Erforderlichkeit der ersten<br />

Änderung des Bebauungsplans<br />

1.1 Anlass der Planung, Ziel und<br />

Zweck<br />

Der Bezirk Treptow-Köpenick strebt die städtebauliche<br />

Entwicklung von Gebieten in Wasserlagen<br />

an Spree und Dahme an. Dabei soll bereits<br />

auf der Plangebietsauswahl den Anforderungen<br />

an eine umwelt- und klimagerechte Planung<br />

entsprochen werden. Mit Hilfe der FNP-Bewertungsmatrix<br />

wurde das Plangebiet zwischen<br />

Friedrichshagener Straße, Salvador-Allende-<br />

Brücke, der Spree und den Flurstücken 174 und<br />

192 der Flur 454 ausgewählt. Hier befindet sich<br />

die seit vielen Jahren leer stehende Anlage eines<br />

Kabelwerkes mit zum Teil denkmalgeschützter<br />

Bausubstanz. Ziel und Zweck der Pla-nung ist<br />

es, die erhaltenswerten Teile der Bausubstanz<br />

durch Umnutzung wieder in Be-trieb zu nehmen,<br />

instand zu setzen und somit vor weiterem<br />

Verfall zu bewahren. Ge-mäß den Darstellungen<br />

des Flächennutzungsplans kommt hier eine<br />

Nutzung zu Wohnzwecken in Betracht.<br />

1.2 Erforderlichkeit<br />

Die Aufstellung des Bebauungsplans ist erforderlich,<br />

um die planungsrechtlichen Vor-aussetzungen<br />

für die städtebauliche Umnutzung zu<br />

Wohnzwecken sowie zur Nutzung von Gebietsteilen<br />

als Mischgebiet zu schaffen und um die<br />

erforderliche gebietesinnere Erschließung zu<br />

sichern. Der Zeitpunkt der B-Planaufstellung<br />

ist auf zunehmendes Entwicklungsinteresse von<br />

Seiten des Eigentümers der Fläche (der TLG<br />

Immobilien) sowie von Seiten weiterer Vorhabenträger<br />

zurückzuführen.<br />

2. Geltungsbereich / Aktueller<br />

Zustand des Plangebietes<br />

Der 10,87 ha große Geltungsbereich des Be-<br />

157


Bebauungsplanung<br />

bauungsplans liegt nördlich der Altstadt von Köpenick<br />

direkt an der Spree.<br />

Das Werksgelände in der Friedrichshagener<br />

Straße wurde sehr funktional konstruiert. Den<br />

Mittelpunkt des Gebäudekomplexes bilden die<br />

beiden fünfgeschossigen ortsbild-prägenden<br />

Verwaltungs-/Bürogebäude. Diesen beiden<br />

Gebäuden schließen sich öst-lich und westlich<br />

jeweils große Produktionshallen an. Rund um<br />

die Hallen wurden klei-ne Werkstätten, Laderampen<br />

und Sozialräume gebaut. Im Norden<br />

des Werksgeländes – an der Friedrichshagener<br />

Straße – wurde auf der kompletten Länge des<br />

Grundstü-ckes eine Mauer mit ca. 2,5 Meter<br />

Höhe errichtet. Sie diente als Lärm- und Sichtschutz.<br />

Im östlichen, westlichen und mittleren<br />

Bereich des Geländes gibt es Zufahrten.<br />

3. Raumordnung und Landesplanung<br />

Die erste Änderung des Bebauungsplans ist an<br />

die Ziele der Raumordnung angepasst. Für die<br />

Raumordnung und Landesplanung relevante<br />

Belange werden von der Aufstel-lung des Bebauungsplans<br />

nicht berührt.<br />

4. Darstellungen des Flächennutzungsplanes<br />

Der Flächennutzungsplan stellt die Flächen<br />

des Plangebiets als Wohnbauflächen so-wie<br />

als einen Uferstreifen dar. Im Bebauungsplan<br />

sollen überwiegend allgemeine Wohngebiete<br />

sowie zentral und im Osten des Gebietes<br />

Mischgebiete ausgewiesen werden. Auch die<br />

Mischgebiete sind wegen ihrer geringen Größe<br />

von weniger als 2,0 ha und aufgrund des<br />

Grundsatzes Nr. 1 für die Entwicklung von Bebauungsplänen<br />

(Entwicklungsgrundsatz zur sog.<br />

3 ha-Regelung) aus den Darstellungen des F-<br />

Plans gemäß § 8 Abs. 2 BauGB zu entwickeln.<br />

5. Fachplanungen und andere informelle<br />

Planwerke<br />

Nach Informationen des Bezirksamtes gibt es<br />

keinerlei Fachplanungen, die für die Pla-nung<br />

relevant sind. Die Ziele des Bebauungsplans<br />

decken sich mit den Inhalten und Zielen des<br />

Planwerks Südostraum.<br />

6. Städtebauliche Zielvorstellungen<br />

Der Bebauungsplan strebt die Entwicklung eines<br />

autoreduzierten allgemeinen Wohn-gebietes an<br />

der Spree einschließlich einiger Angebote des<br />

Einzelhandels und des Ar-beitens an. Städtebaulich<br />

sollen neben den zu erhaltenden denkmalgeschützten<br />

Ge-bäuden neue Stadthäuser das<br />

Ortsbild prägen. Die neuen Wohngebäude sollen<br />

so er-richtet werden, dass eine räumlich und<br />

funktional logische Anbindung an das westlich<br />

gelegene Gebiet, das ebenfalls zu Wohnzwecken<br />

umfunktioniert werden soll, gelingt.<br />

Ein wesentliches Ziel besteht in der Festsetzung<br />

von umweltgerechten und klima-freundlichen<br />

Maßnahmen wie z.B. dem Einsatz von Anlagen<br />

zur Nutzung der Solar-energie.<br />

B) Umweltbericht<br />

Vorversion des Berichtes! Der<br />

Umweltbericht liegt separat aus.<br />

C) Planungsinhalte / Festsetzungen<br />

1. Städtebauliches Konzept / Art und Maß der<br />

baulichen Nutzung<br />

Das Vorhaben umfasst die Errichtung von rund<br />

400 Wohneinheiten in Form von Rei-hen- und<br />

Mehrfamilienhäusern sowie Modernisierungsmaßnahmen<br />

der Bestandsge-bäude. Insgesamt<br />

entstehen bei diesem Konzept Wohnraum für<br />

158


etwa 1.000 Menschen sowie Büro- und sonstige<br />

gewerbliche Nutzungsflächen für rechnerisch<br />

gut 300 Ar-beitsplätze.<br />

alte historische Ziegelsteinmauer entlang der<br />

Friedrichshagener Straße über-nehmen lärmschützende<br />

Funktionen.<br />

Um eine ausgewogene städtebauliche Gesamtstruktur<br />

und eine Integration in die Um-gebung<br />

zu gewährleisten, wurden die Bebauungstypen,<br />

teilweise auch Baufluchten sowie die Bebauungsdichte<br />

der umliegenden Struktur angepasst.<br />

Die Neubauten sol-len über eine maximale Geschosszahl<br />

von vier Vollgeschossen verfügen. Lediglich<br />

die bestehenden Gebäuderiegel im mittleren<br />

Bereich des Areals weisen fünf Geschosse<br />

und aufgrund der großzügigeren Geschosshöhen<br />

eine deutlich größere Gesamthöhe auf.<br />

Neben der überwiegenden Wohnnutzung sollen<br />

nicht störende gewerbliche Nutzun-gen, insbesondere<br />

Büro- und Dienstleistungsangebote,<br />

Kunstwerkstätten sowie Kunst-ateliers, kleinere<br />

Geschäfte/Läden mit Angeboten des täglichen<br />

Bedarfs und gastro-nomische Einrichtungen, angeordnet<br />

werden.<br />

Hoher Wert wird auch auf die sozialen Nachhaltigkeitsaspekte<br />

gelegt. Es werden An-gebote<br />

für alle Alterskategorien geschaffen. Zu ihnen<br />

gehört eine KiTa, ein Jugendtreff, ein Begegnungsstätte<br />

für ältere Menschen und Mehrzweckräume,<br />

die für Vereine und Veranstaltungen<br />

bereitgestellt werden.<br />

Die Gebäude sollen überwiegend viergeschossig,<br />

teilweise in offener, überwiegend aber in geschlossener<br />

Bauweise, ausgeführt werden. Die<br />

vorhandenen Altbaubestände sollen in ihrem<br />

äußeren Erscheinungsbild erhalten und (energieeffizient)<br />

saniert wer-den. Damit soll der<br />

ursprüngliche industrielle Charakter gewahrt<br />

bleiben und zur Identi-tät des Gebiets beitragen.<br />

Die beiden denkmalgeschützten Gebäuderiegel<br />

im mittleren Bereich des Plangebietes sollen<br />

das Gebiet mit ihrer Gesamthöhe von insgesamt<br />

25 m überragen und prägen. Alle anderen<br />

Neubauten sollen sich dem unterordnen und<br />

so-mit auch einem ausreichenden Umgebungsschutz<br />

des Ensembles Rechnung tragen.<br />

Die Gebäude entlang der Friedrichshagener<br />

Straße und Salvador-Allende-Brücke so-wie die<br />

Der städtebauliche Entwurf sieht vor, dass die<br />

Bebauung zur Spree - im Süden des Plangebietes<br />

- ausgerichtet ist. Die Kubaturen der Neubauten<br />

sind bewusst dem west-lich benachbarten<br />

und bereits fertig gestellten Neubaugebiet<br />

„Am Krusenick“ ange-passt. Der B-Plan setzt<br />

überwiegend eine Grundflächenzahl von 0,3<br />

und eine durch-schnittliche Geschossflächenzahl<br />

von 0,9 fest.<br />

Als Dächer sind nur Flach- oder Pultdächer mit<br />

einer maximalen Neigung von 15 Grad zulässig.<br />

Die Dächer sind zu begrünen und mit Anlagen<br />

zur Nutzung der Solarenergie auszustatten.<br />

2. Überbaubare Grundstücksflächen<br />

und Bauweise<br />

Die überbaubaren Grundstücksflächen werden<br />

in Form von Baugrenzen, teilweise als erweiterte<br />

Baukörper, festgesetzt. Der Plan genügt<br />

hinsichtlich der Festlegung der ü-berbaubaren<br />

Grundstücksfläche dem Gebot der planerischen<br />

Zurückhaltung und lässt neben den im Entwurf<br />

verfolgten Gebäudeformen auch andere zu.<br />

Im Plangebiet wird eine geschlossene Bauweise<br />

festgesetzt. Die Gebäude sollen so angeordnet<br />

werden, dass sich grüne Höfe ausbilden lassen.<br />

3. Verkehr<br />

Das Verkehrskonzept verfolgt das Prinzip des<br />

autoarmen Stadtquartiers. Sämtliche Verkehrsflächen<br />

im Plangebiet sollen als Spielstraßen in<br />

Form von Mischverkehrsflä-chen ausgebildet<br />

werden, in denen nur Schrittgeschwindigkeit<br />

gefahren werden darf.<br />

Die Zufahrt zum Plangebiet erfolgt über die<br />

Friedrichshagener Straße. Diese Straßen erschließen<br />

das Gebiet in Form von Ring- und<br />

Stichstraßen. Die Verkehrsflächen sol-len nur<br />

zum Zwecke des Be- und Entladens genutzt<br />

159


<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />

werden. Im übrigen sollen Autos an zwei zentralen<br />

Orten im Plangebietseingangsbereich abgestellt<br />

werden. Eine ganz bedeutende Doppel-<br />

Funktion zur Beruhigung übernimmt dabei das<br />

lang gezogene Parkhaus entlang der Salvador-<br />

Allende-Brücke, weil es nicht nur den Parksuchverkehr<br />

aus dem Gebiet heraushält, sondern<br />

zugleich die wichtige Funktion der Lärmabschirmung<br />

gegenüber dem starken Verkehr auf der<br />

Brücke übernimmt. Als zusätzlicher Service soll<br />

im Parkhaus „Carsharing“ angeboten werden.<br />

Grundsätzlich ist das Gebiet schon heute gut an<br />

das ÖPNV-Netz angebunden. Unmit-telbar am<br />

Plangebiet gelegen, befinden sich zwei Bushaltestellen<br />

der Linie 269, welche u. a. den S-Bahnhof<br />

Köpenick und den U-Bahnhof Elsterwerdaerplatz<br />

ansteuern. Die Tramhaltestelle Bellevuestraße<br />

im Norden des Gebietes mit den Linien<br />

60 und 61 er-möglichen eine Verbindung mit<br />

den S-Bahnhöfen Friedrichshagen, Spindlersfeld<br />

und Adlershof. In enger Abstimmung mit den<br />

Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) sollen nach<br />

Gebietsbelebung die Taktzeiten dieser Linien<br />

dem neuen Bedarf angepasst werden.<br />

Das Konzept sieht die Ausgestaltung eines<br />

durchgehenden Fuß- und Radwegesys-tems im<br />

Plangebiet mit Anschluss an die „Friedrichshagener<br />

Straße“, der „Salvador-Allende-Brücke“,<br />

dem westlich angrenzendem Wohngebiet „Am<br />

Krusenick“ und dem östlich angrenzendem<br />

Wohngebiet „Hirschgarten“ vor. Innerhalb des<br />

Plangebietes wird kein Durchgangsverkehr, sondern<br />

ausschließlich „Be- und Entladeverkehr“<br />

durch An-wohner und übrige Gebietsnutzer zu<br />

erwarten sein – außerdem natürlich Fußgänger<br />

und Radfahrer. Eine Anbindung an das vorhandene<br />

umliegende Fahrrad- und Fußwe-genetz<br />

soll die Bewohnerinnen und Bewohner dazu<br />

animieren, auf das Auto zu ver-zichten. Zum Abstellen<br />

der Fahrräder werden geeignete Fahrradbügelparker<br />

vorgese-hen.<br />

4. Freiraumkonzept<br />

Bei dem Freiraumkonzept wurde darauf geachtet,<br />

dass sich verschiedene Raumarten bilden.<br />

Es wurde dabei differenziert zwischen privaten,<br />

halböffentlichen und öffentli-chen Freiräumen.<br />

Für die private Nutzung sind Klein- und Vorgärten<br />

geplant. Sie schließen unmittelbar an die<br />

Gebäude an. Für die halböffentlichen Freiräume<br />

sieht das Konzept „Pocket-Parks“ vor. Diese<br />

Parks sind kleine, gärtnerisch gestaltete Flächen.<br />

Öffentliche Räume sollen in Form von Plätzen<br />

und im Bereich der weiten Uferzone entstehen.<br />

Der größte Platz ergibt sich im mittleren<br />

Bereich des Plangebietes zwischen den beiden<br />

großen Gebäuderiegeln. Er dient als Treffpunkt,<br />

Veranstaltungsort und zentraler Platz für das gesamte<br />

Gebiet. Außerdem sind Spiel- und Bolzplätze<br />

vorgese-hen.<br />

Vorhandene Sandfelder im Südwesten sollen<br />

als Strand mit Beachvolleyballfeldern ge-nutzt<br />

werden. Hier ist auch ein Café angedacht. Die<br />

Schienen der ehemaligen Werks-bahnstrecke<br />

sollen erhalten und als durchgängige Achse<br />

stilprägend in das Freiraum-konzept integriert<br />

werden. Der grüne Uferrandstreifen mit seinem<br />

teilweise sehr wert-vollen Vegetationsbestand<br />

soll weitgehend erhalten und vor menschlicher<br />

Inanspruch-nahme geschützt werden.<br />

Insgesamt sieht das Konzept ein weit über das<br />

erforderliche Ausgleichskonzept hi-nausgehendes<br />

Maßnahmenbündel zur ökologischen Gebietsaufwertung<br />

vor. Dazu ge-hören umfangreiche<br />

Entsiegelungsmaßnahmen zur Herstellung<br />

grüner Plätze und Gär-ten sowie die Pflicht zu<br />

Dach- und Fassadenbegrünungsmaßnahmen.<br />

Bei allen Maßnahmen der Freiraumgestaltung<br />

soll auf Barrierefreiheit geachtet werden.<br />

5. Ver- und Entsorgung / Energie<br />

In Anbetracht schnell steigender Energiepreise,<br />

zunehmender Ressourcenverknap-pung und<br />

um einen aktiven Beitrag zur Minderung der<br />

CO2-Werte zu leisten, ist es das Ziel, eine maximale<br />

Effizienz hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs<br />

für das Gebiet zu erzielen.<br />

Daher sind die Neubauten, aber auch die Altbauten<br />

mindestens nach dem Passiv- oder Nullenergiehausstandard<br />

zu errichten, beziehungs-<br />

160


weise zu modernisieren. Wün-schenswert sind<br />

Plusenergiehäuser.<br />

Bei der Ausrichtung der Gebäude wurde darauf<br />

geachtet, dass die Dachflächen über eine günstige<br />

Südausrichtung verfügen, um Energie mit<br />

Hilfe von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen<br />

zu erzeugen. Alle Gebäude sollen einen<br />

möglichst hohen An-teil ihres Stromverbrauches<br />

selbst produzieren. Um Engpässe zu vermeiden<br />

wurde ein Blockheizkraftwerk in dem Parkhaus<br />

entlang der Salvador-Allende-Brücke integriert.<br />

Dieses gewährleistet zusätzlich die Versorgung<br />

mit Strom und Wärme. Darüber hinaus besteht<br />

ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz, um<br />

ebenfalls Engpässen vorzu-sorgen und andererseits<br />

überschüssige Energie einzuspeisen.<br />

Das Abwasser soll der vorhandenen, ausreichend<br />

dimensionierten Trennkanalisation zugeführt<br />

werden. Zum Schutze des Oberflächengewässers<br />

der Spree soll – auch in der Umgebung<br />

anfallendes – Regenwasser in einem Regenrückhaltebecken<br />

unterhalb des an der Salvador-<br />

Allende-Brücke liegenden Mischgebietes MI 2<br />

gesammelt werden. Das Regenwasser wird hier<br />

mit Hilfe einer sog. semi-dezentralen Membrankläranlage<br />

gereinigt (dies ist eine Kläranlage, die<br />

auf kleinem Raum in der Lage ist, Wasser so zu<br />

reinigen, dass es nach Reinigung den Anforderungen<br />

an Wasser mit „gutem Zustand“ im Sinne<br />

der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates zur Schaffung eines<br />

Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft<br />

im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie<br />

– WRRL) vom 20.12.2000)<br />

und danach in die Spree abgegeben. Außerdem<br />

soll das auf den Dächern und auf den sonstigen<br />

versie-gelten Flächen des Plangebietes anfallende<br />

Regenwasser auf den unversiegelten Tei-len<br />

der Baugrundstücke sowie in der Grünfläche<br />

am Ufer versickert werden.<br />

6. Denkmalschutz<br />

Der vorhandene Altbaubestand soll weitgehend<br />

erhalten und energieeffizient moderni-siert<br />

werden. Dies gilt jedoch nicht für die ehemaligen<br />

Werkshallen, da sie einer Wohn-nutzung im<br />

Sinne der Darstellungen des Flächennutzungsplans<br />

widersprechen. Inner-halb der Hallen wären<br />

denktheoretisch nur bis zu zweigeschossige<br />

Gebäude, die o-bendrein stark verschattet<br />

wären, möglich. Der Aufwand wäre enorm und<br />

auch hier wä-re eine starke Überformung und<br />

Änderung des Erscheinungsbildes der Hallen in<br />

ihrem Ursprungszustand nicht zu verhindern.<br />

Allerdings sollen die Stützpfeiler der Anlagen –<br />

wenn möglich – in den neuen städtebaulichen<br />

Kontext eingebunden und z.B. zu Be-leuchtungszwecken<br />

neu genutzt werden.<br />

7. Altlasten / Immissionsschutz<br />

Vgl. Umweltbericht.<br />

9. Textliche Festsetzungen<br />

Siehe B-Planurkunde.<br />

D) Realisierung der Planung<br />

1. Durchführung der Erschließung<br />

Zur inneren Erschließung des Plangebiets sollen<br />

entsprechende Erschließungsstraßen gebaut<br />

werden. Hierunter sind alle erforderlichen Leitungen<br />

zu verlegen.<br />

2. Bodenordnende Maßnahmen<br />

Bodenordnende Maßnahmen sind nicht erforderlich.<br />

3. Kosten / Finanzierung<br />

Die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen hat<br />

der Eigentümer der Fläche überwiegend zu<br />

tragen. Für umweltschützende Maßnahmen, die<br />

über das nach dem BauGB erfor-derliche Maß<br />

hinausgehen, soll es eine Anschubfinanzierung<br />

aus Bezirksmitteln (Öko-konto) geben.<br />

161


Bebauungsplan Spreequartier<br />

Tabelle Ver- und Entsiegelung


163


Empfehlungen für eine<br />

BauGB-Novellierung<br />

Bei der intensiven Auseinandersetzung mit dem<br />

Baugesetzbuch über die Möglichkeiten klimaschützende<br />

Maßnahmen festzusetzen, sind wir<br />

die an die Grenzen des Baugesetzbuches gestoßen.<br />

So beschränken sich die Festsetzungsmöglichkeiten<br />

nur auf Empfehlungen die von den<br />

Kommunen abgeben werden können. In unserem<br />

Novellierungsvorschlag wollen wir durch<br />

eine neue Formulierung (§9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe<br />

b, BauGB) die Nutzung von Solarenergie<br />

in Bebauungsplänen vorschreiben.<br />

Außerdem wird durch den Bodenbezug nur auf<br />

das regionale und örtliche Klima, nicht aber auf<br />

das globale Klima, eingegangen. Eine Vorschrift<br />

zur Rechtfertigung weltklimawirksamer Maßnahmen<br />

im Städtebau enthält die Klimaschutzklausel<br />

(§ 1a Abs. 5 BauGB Novelle), die ebenfalls<br />

zur BauGB Novellierung zählt.<br />

165


Empfehlungen für eine BauGB-Novellierung<br />

Der Wandel des Weltklimas erfordert auf der<br />

Ebene des örtlichen Bau- und Planungsrechts<br />

die konsequente Anwendung bestehender<br />

rechtlicher Mög-lichkeiten und die Schaffung<br />

neuer Voraussetzungen dafür, die klimaschützenden<br />

Vorkehrungen auch zwingend festsetzen<br />

zu können.<br />

Schon heute bietet das Baugesetzbuch (i.d.F. der<br />

Bekanntm. v. 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt<br />

geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom<br />

21.12.2006 (BGBl. I S. 3316)) Kommunen die<br />

Möglichkeit innerhalb der Bauleitplanung klimaschützende<br />

Maßnahmen festzusetzen (§ 9 Abs.<br />

1 BauGB). Interessant ist vor allem § 9 Abs. 1<br />

Nr. 23b BauGB, der als Festsetzungsmöglichkeit<br />

in Bebauungsplänen Gebiete vorsieht, in denen<br />

„bei der Errichtung von Gebäu-den bestimmte<br />

bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer<br />

Energien wie insbesondere Solarenergie<br />

getroffen werden müssen“. Allerdings kommt<br />

diese noch viel zu selten zur Anwendung. Das<br />

hat drei wesentliche Gründe:<br />

1. Unsicherheit über die Herleitung des bodenrechtlichen<br />

Bezugs: Alle Fest-setzungen nach<br />

dem in § 9 Abs. 1 BauGB genannten Katalog<br />

können nur auf-grund „städtebaulicher Gründe“<br />

erfolgen. Diese ergeben sich aus objektiven Gegebenheiten<br />

und vorhandenen Problemlagen<br />

am Ort, was nach verbreite-ter Interpretation<br />

eine „Beschränkung der Bauleitplanung auf den<br />

örtlichen Wirkungskreis“ impliziert. Da sich das<br />

Städtebaurecht auf den Kompetenztitel des „Bodenrechts“<br />

stützt, wonach es um die „bauliche<br />

und sonstige Nutzung der Grundstücke in der<br />

Gemeinde“ geht (§ 1 Abs. 1 BauGB), „wurde<br />

in der Rechtsprechung daraus stets abgeleitet,<br />

dass der Fokus des § 9 Abs. 1 BauGB zwingend<br />

auf die lokale bzw. regionale Situation begrenzt<br />

bleiben müsse, mit der Folge, dass es im Bereich<br />

des Klimaschutzes nur um das re-gionale und<br />

lokale Klima mit seinen siedlungsklimatischen<br />

Aspekten wie Frisch- und Kaltluftentstehungsgebieten<br />

und -bahnen gehen dürfe“. Die Gegenüberstellung<br />

von örtlicher Bauleitplanung<br />

und globalem Klimaschutz er-scheint in diesem<br />

Zusammenhang fragwürdig.<br />

2. Unklarheit über die Formulierung des § 9 Abs.<br />

1 Nr. 23b BauGB: Der Para-graph berechtigt bei<br />

der Errichtung von Gebäuden zur Vorschrift<br />

„baulicher Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer<br />

Energien wie insbesondere Solar-energie“.<br />

Strittig ist, wie weit die Formulierung der<br />

„baulichen Maßnahmen“ greift und ob sie sich<br />

lediglich auf die Schaffung der Voraussetzungen<br />

für den Einsatz regenerativer Energien, wie zum<br />

Beispiel die Stellung der Gebäude, Dachneigung<br />

und -form sowie Leitungsschächte, bezieht.<br />

Der Einbau ent-sprechender Anlagen und die<br />

tatsächliche Nutzung wären nach diesem Verständnis<br />

nicht durch das BauGB gedeckt.<br />

3. Freiwilligkeit der Kommunen zur Anwendung:<br />

Bisher fehlt im Baugesetz-buch jeder Hinweis<br />

zur Verpflichtung der Kommunen klimawirksame<br />

Maß-nahmen auch tatsächlich festzusetzen.<br />

Zwar heißt es in § 1 Abs. 5 BauGB: „1Die Bauleitpläne<br />

sollen eine nachhaltige städtebauliche<br />

Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen<br />

und umweltschützenden Anforderungen auch<br />

in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen<br />

miteinander in Einklang bringt, und eine<br />

dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte<br />

Boden-nutzung gewährleisten. 2Sie<br />

sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige<br />

Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen<br />

zu schützen und zu entwickeln, auch<br />

in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz,<br />

sowie die städtebauliche Gestalt und<br />

das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu<br />

erhalten und zu entwickeln.“ Entscheidend ist<br />

der Passus „auch in Verantwor-tung für den allgemeinen<br />

Klimaschutz“, dem der Großteil der<br />

Experten jedoch nur „deklaratorischen Charakter“<br />

zusprechen. Die Möglichkeit klimaschützende<br />

Maßnahmen festzusetzen, fällt damit oft<br />

der Abwägung anheim.<br />

Die Interpretation der genannten Paragraphen<br />

ist auch unter Experten strittig. Ein Symposium<br />

zum Thema, das am 14. April 2008 in der Berliner<br />

Landesver-tretung Baden-Württembergs stattfand,<br />

konnte keine klare Antwort finden. Und<br />

da noch immer eine aktuelle höchstrichterliche<br />

Rechtsprechung zum Thema fehlt, wünschte<br />

sich das Deutsche Institut für <strong>Urban</strong>istik (difu)<br />

166


gar ein Gemeinde, die mit der Festsetzung klimawirksamer<br />

Maßnahmen vorprescht. Als erste<br />

deutsche Stadt hat das Stadtparlament in<br />

Marbug (Hessen) am 20. Juni 2008 eine Satzung<br />

verabschiedet, die eine solare Baupflicht bei der<br />

Neuerrichtung und dem Umbau von Gebäuden<br />

vorsieht. Kritiker sprechen von einer „Öko-Diktatur“<br />

- insofern bleibt abzuwarten, ob in naher<br />

Zukunft zum Fall der Marburger Solarsatzung<br />

eine richtungsweisende Rechtspre-chung folgt.<br />

Zumindest geben Juristen schon heute Hinweise<br />

darauf, dass bei einer teleo-logischen Auslegung<br />

der eingangs erwähnten Paragraphen (§ 1 Abs.<br />

5, § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB) die Festsetzung<br />

klimawirksamer Maßnahmen in der Bebauungsplanung<br />

durchaus möglich ist. Die Gründe, aus<br />

denen Kommunen oft auf die Festsetzung klimawirksamer<br />

Maßnahmen verzichten, widerlegen<br />

sie folgendermaßen:<br />

1. Herleitung des bodenrechtlichen Bezugs:<br />

Gleich mehrere Experten bezwei-feln, „ob das<br />

Erfordernis städtebaulicher Gründe die Annahme<br />

rechtfertigt, es müsse sich stets um Gründe<br />

handeln, die sich auf eine besondere örtliche Situation<br />

[...] zurückführen lassen“ und „dass sich<br />

die städtebauliche Ordnung auf das zu beplanende<br />

(Gemeinde-) Gebiet beschränkt.“ Vielmehr<br />

ergebe sich vor allem aus § 1 Abs. 5 BauGB der<br />

„der eindeutige Wille des Gesetzge-bers“ , dass<br />

die Bauleitplanung einen Beitrag für den allgemeinen<br />

Klima-schutz leistet. Deshalb sei das Ziel<br />

einer Gemeinde, das Instrument des B-Plans<br />

mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB, insbesondere<br />

Nr. 23, zu nutzen, um einen Beitrag<br />

zur Luftverbesserung und allgemein zum Klimaschutz<br />

zu leisten, ein städtebaulicher Grund im<br />

Sinne des Eingangssatzes von § 9 Abs. 1 BauGB.<br />

Nach diesem Verständnis begründet sich der<br />

boden-rechtliche Bezug schon allein durch die<br />

Zulassung einer grundsätzlich klima- und energierelevanten<br />

Bebauung, für die grundsätzlich<br />

auch das Ziel des all-gemeinen Klimaschutzes<br />

und der Energieeinsparung reicht. Voraussetzung<br />

sei jedoch eine fehlerfreie Abwägung, „die<br />

im Regefall ein gemeindeweites Klimakonzept<br />

mit örtlicher Differenzierung und zeitlicher Staffelung<br />

voraus-setzt.“ Schmidt-Eichstaedt gießt<br />

es in die Formel: „Was im Rahmen einer örtlich<br />

gerechtfertigten Bodennutzung für den Klimaschutz<br />

getan werden kann, ist zulässig.“<br />

2. Formulierung des § 9 Abs.1 Nr. 23b BauGB:<br />

Die Annahme, die Formulie-rung „baulicher<br />

Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer<br />

Energien“ beinhalte lediglich die Stellung der<br />

Gebäude, Dachneigung und -form sowie Leitungs-schächte,<br />

nicht aber den Einbau von Anlagen<br />

zur Nutzung regenerativer E-nergien, wird<br />

dadurch entkräftet, dass diese Festsetzungen<br />

ohnehin schon möglich waren, bevor der Gesetzgeber<br />

im Jahr 2004 die Nr. 23b in den § 9<br />

Abs. 1 BauGB aufgenommen hatte. Schon vor<br />

2004 konnte etwa die Stel-lung der baulichen<br />

Anlagen mit dem § 9 Abs. 1 Nr. 2 festgesetzt<br />

werden und die Dachgestaltung mit dem § 9<br />

Abs. 4 i.V.m. der jeweiligen LBauO. „Die blo-ße<br />

Festsetzung einer solchen Ausgestaltung der<br />

Gebäude würde wohl kaum die Schaffung von<br />

Einrichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energien<br />

beför-dern, wie es der Gesetzgeber offenbar<br />

beabsichtigt hat.“ Des Weiteren sei-en Solarenergieanlagen<br />

auf Dächern, die zugleich die<br />

Funktion der Gebäude-abdeckung (z.B. anstelle<br />

von Ziegeln oder liegenden Dachfenstern) haben,<br />

nicht nur technische Anlagen, sondern Teile<br />

des Gebäudes und als solche beim Einbau als<br />

„bauliche Maßnahme“ zu verstehen. Dennoch<br />

halten auch Juristen die Nr. 23b für nicht eindeutig<br />

genug formuliert und empfehlen eine<br />

Konkretisierung.<br />

3. Freiwilligkeit der Kommunen zur Anwendung:<br />

Da im Baugesetzbuch bisher ein Hinweis zur<br />

Verpflichtung der Kommunen fehlt, die bestehenden<br />

gesetzli-chen Möglichkeiten zur Festsetzung<br />

klimawirksamer Maßnahmen zu nutzen,<br />

reagieren Experten mit der Forderung nach<br />

einer Klimaschutzklausel im Bau-gesetzbuch. Bei<br />

der Einführung einer Klimaschutzklausel in § 1a<br />

BauGB nach dem Vorbild der Bodenschutzklausel<br />

sei aber auf eine Ergänzung durch strik-te<br />

Kriterien zu achten, „um sie nicht der Wirkungslosigkeit<br />

Preis zu geben.“<br />

167


Empfehlungen für eine BauGB-Novellierung<br />

Um eine Eindeutigkeit der bestehenden städtebaurechtlichen<br />

Möglichkeiten zur Festsetzung<br />

klimawirksamer Maßnahmen hinsichtlich ihrer<br />

Formulierung zu schaffen und die Kommunen<br />

mit dem Einfügen einer Klimaschutzklausel in das<br />

Baugesetzbuch zu ihrer tatsächlichen Anwendung<br />

zu verpflichten, empfiehlt die Studienprojektgruppe<br />

„stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

auf-grund des studentischen „Gesetzes über<br />

weltklimawirksame Maßnahmen im Städtebau“<br />

folgende Novellierung des Baugesetzbuches:<br />

§ 1 Abs. 5 BauGB<br />

Entsprechend den obigen Ausführungen muss<br />

klargestellt werden, dass Bau-leitpläne – soweit<br />

dies möglich ist - auch Fragen des globalen Klimaschutzes<br />

zu beachten haben:<br />

k.A.<br />

§9 Inhalt des Bebauungsplans<br />

Um eine Eindeutigkeit hinsichtlich der Formulierung<br />

des § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB zu schaffen,<br />

empfehlen wir eine Konkretisierung:<br />

K.A.<br />

k.A.<br />

§1a Klimaschutzklausel<br />

Wir empfehlen, in Anlehnung an die so genannte<br />

Bodenschutzklausel (§1a Abs. 2), die Aufnahme<br />

einer Klimaschutzklausel in den Vorschriftenkatalog<br />

des §1a des Baugesetzbuches und die<br />

Ergänzung der Festsetzungsliste nach § 9 Abs.<br />

1 BauGB um die Möglichkeit, beim Neu- oder<br />

Umbau von baulichen Anlagen die Nutzung<br />

von erneuerbaren Energien wie insbesondere<br />

Sonnen-energie zwingend festzusetzen, um somit<br />

„die Möglichkeiten der Bauleitpla-nung für<br />

Klimaschutzmaßnahmen weiter zu stärken“.<br />

168


Anlagen zum BauGB<br />

Anlage 2 (zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2)<br />

Weiterhin ist es erforderlich, den Anforderungskatalog<br />

an den Umweltbericht und an<br />

die Vorprüfung des Einzelfalls bei B-Plänen der<br />

Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr.<br />

2 BauGB zu erweitern, um sicherzustellen, dass<br />

entsprechende Untersuchungen zu den Auswirkungen<br />

städtebaulicher Pla-nung auf den<br />

Ausstoß klimawirksamer Gase (insbesondere<br />

CO2 – dies betrifft insbesondere auch die verkehrsinduzierende<br />

Wirkung von städtebaulicher<br />

Planung) durchgeführt werden.<br />

Anlage 1 (zu § 2 Abs. 4 , §§ 2a und 4c)<br />

Anlage 2 (zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2)<br />

Anlage 1 (zu § 2 Abs. 4 , §§ 2a und 4c)<br />

169


Fazit<br />

Das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

blickt auf zwei arbeitsintensive und ereignisreiche<br />

Semester zurück. Und das Ergebnis kann<br />

sich sehen lassen.<br />

Entstanden ist ein städtebaulicher Entwurf für<br />

das „Spreequartier am alten Kabelwerk“ mit<br />

einem ausgearbeiteten „Öko-Plus-Bebauungsplanentwurf“,<br />

in dem in der Fachwelt durchaus<br />

kontrovers diskutierte ökologische Festsetzungen<br />

getroffen wurden. Der verbindlichen Bauleitplanung<br />

ging eine intensive Auseinandersetzung<br />

mit dem Baugesetzbuch voraus, bei der<br />

wir eine eigens entwickelte Liste von im Städtebau<br />

sinnvollen ökologischen Maßnahmen auf<br />

ihre planungsrechtliche Sicherung im formellen<br />

Planwerk hin überprüft haben. Dabei sind wir<br />

an die Grenzen des Baugesetzbuches gestoßen.<br />

Aus diesem Grunde empfehlen wir eine BauGB-<br />

Novellierung, die verstärkt auch klimawirksame<br />

Festsetzungen ohne unmittelbaren Bodenbezug<br />

ohne jeden Zweifel erlauben würde – derzeit<br />

zweifeln z.B. viele Rechtsexperten die Zulässigkeit<br />

der zwingenden Festsetzbarkeit von Photovoltaikanlagen<br />

auf Neubauten stark an, obwohl<br />

der Bundesgesetzgeber genau dieses mit dem<br />

EAG Bau erreichen wollte. Nach unseren Erkenntnissen<br />

gibt es daher bislang keine einzige<br />

Kommune, die entsprechende Festsetzungen in<br />

ihre B-Pläne aufgenommen hat. In unserem Vorschlag<br />

zur Novellierung des BauGB haben wir<br />

u.a. § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b neu formuliert,<br />

um die Nutzung der Solarenergie in B-Plänen<br />

vorschreiben zu können.<br />

Unser Ziel war es, die Planung auch auf einen<br />

globalen Klimaschutz ausrichten zu können, so<br />

entstand im Zuge der BauGB Novellierung die<br />

Klimaschutzklausel (§ 1a Abs. 5 unseres Vorschlags<br />

zur BauGB-Novelle), eine Vorschrift zur<br />

Rechtfertigung weltklimawirksamer Maßnahmen<br />

im Städtebau.<br />

Auch bei der Standortwahl für unser Plangebiet<br />

spielte der allgemeine Klimaschutz eine wichtige<br />

Rolle. Im Laufe des ersten Semesters hat das<br />

Projekt die Bewertungsmatrix, als Hilfestellung<br />

zur umweltgerechten Standortentscheidung,<br />

entwickelt. So wurde bei dieser Matrix besonderer<br />

Wert auf das Thema Verkehr gelegt. Die<br />

Bewertungsmatrix wurde stets weiterentwickelt<br />

und verbessert. Ein öffentlich zugänglicher<br />

und leicht bedienbarer Internetauftritt (auf der<br />

Seite www.fnp-bewertungsmatrix.de) war ein<br />

weiterer wichtiger Schritt der Bewertungsmatrix.<br />

Mittlerweile hat sie schon große Kreise geschlagen<br />

und ist durch die Bewertung mehrerer<br />

Experten an die Öffentlichkeit gegangen und<br />

wurde durch fachkundige Ratschläge verfeinert.<br />

Der Geschäftsführer des SRL, Dipl. Ing. Reinhard<br />

Bohne, hat sich angeboten über die Nutzung<br />

der Matrix als Entscheidungsgrundlage mit<br />

uns zu diskutieren. Unsere Matrix wird bei der<br />

Council for European <strong>Urban</strong>ism Koferenz „Ur-<br />

171


Fazit<br />

ban <strong>Design</strong> and Climate Change“ im September<br />

2008 in Oslo die internationale Bühne betreten,<br />

bei der diese im Rahmen einer vergleichenden<br />

Studie unseres amerikanischen Projektmitglieds<br />

Faith mit der renommierten amerikanischen<br />

LEED-ND Matrix verglichen wird.<br />

Während der zweisemestrigen Projektarbeit<br />

haben sich die Projektmitglieder durch intensive<br />

Arbeit ein Wissen und Bewusstsein für<br />

die ökologische Stadtplanung angeeignet. Die<br />

Bildung von so genannten „Expertengruppen“<br />

innerhalb des Projektes ermöglichte eine tiefe<br />

Einarbeitung und Auseinandersetzung mit vielen<br />

relevanten Themen eines Planungsprozesses,<br />

bis hin zur Entwicklung des Bebauungsplanes.<br />

Durch die Kommunikation mit Fachexperten<br />

wurde das Wissen vertieft und fundiert.<br />

Das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />

in eine bestimmte nachhaltige Richtung geplant.<br />

Unsere Planung folgt der Maxime der Eingriffsvermeidung,<br />

der Nutzung und Wiederinwertsetzung<br />

bereits vorhandener Ressourcen, der<br />

Minimierung von Planungsauswirkungen (z.B.<br />

durch die Planung autoarmer Quartierskonzepte)<br />

sowie des Einsatzes regenerativer Energiequellen.<br />

Auf diesem Wege wird eine umweltund<br />

klimagerechte Planung möglich, die dazu<br />

beitragen kann, die Klimaerwärmung auf ein<br />

gerade noch verträgliches Maß zu beschränken.<br />

Bei einer Fortsetzung des Studienprojektes<br />

könnten und sollten auch Anpassungsstrategien<br />

stärker erarbeitet und entwickelt werden. Diese<br />

konnten im Rahmen des Projektes „stadtplanung<br />

in treptow-kÖpenick“ nur am Rande<br />

behandelt werden. Im Vordergrund standen<br />

Möglichkeiten der Vermeidung. Es wäre zu untersuchen,<br />

welche Elemente in Zukunft bei der<br />

Planung beachtet werden müssen, um sich dem<br />

Klimawandel anzupassen.<br />

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