Bausteine - Referate - Jana Milosovicova - Urban Design English
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treptow-kopenick<br />
stadtplanung in<br />
Ergebnisse des Bachelorstudienprojektes an der Technischen Universität Berlin 2007 / 2008
Der folgende Bericht stellt die Arbeitsergebnisse des Projekts<br />
stadtplanung in treptow-kÖpenick<br />
vom Wintersemester 2007/2008 bis zum Sommersemester 2008 vor.<br />
Redaktion<br />
Henrike Warning, Janin Dziamski<br />
Layout und grafische Konzeption<br />
Anton Katzer<br />
Umschlagillustration<br />
Anton Katzer<br />
Druck, Bindung<br />
Wer das liest, hat einen Fülltext gefunden<br />
Mit Beiträgen von<br />
Gregor Borg, Marduk Burdinski, Faith Cable, Janin Dziamski, Lex Faber, Claudia Hillmann, Anton<br />
Katzer, Benjamnin Könecke, Malgorzata Krol, <strong>Jana</strong> <strong>Milosovicova</strong>, Susanne Müller, Lukasz Pawlowski,<br />
Philipp Perick, Josephine Schmidt, Henrike Warning, Lenka Vojtová, Anne Wrase<br />
Projektleitung<br />
Bernhard Weyrauch, Christian Kloss,<br />
Fachgebiet Bau- und Planungsrecht
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort 5<br />
Projektteilnehmer 8<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong> 11<br />
Stadtökologie & Nachhaltigkeit 11<br />
Wasser 16<br />
Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung 25<br />
Klimaprognose Berlin Brandenburg 33<br />
Verkehr und Mobilität 40<br />
Stadtklima 47<br />
Ökologisches Bauen 61<br />
Energie 74<br />
Bestandsaufnahme 87<br />
Die Bewertungsmatrix 93<br />
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison 98<br />
Exkursion nach Freiburg 123<br />
Umweltmaßnahmen im Städtebau 133<br />
Grundlagen für einenökologischen Städtebau 133<br />
Ökologische Festsetzungen im Bebauungsplan 137<br />
Der Biotopflächenfaktor 138<br />
Erste Entwürfe 141<br />
Entwurfsphase 141<br />
Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“ 145<br />
Städtebauliches Konzept 145<br />
Das „Spreequartier am alten Kabelwerk 152<br />
Entwurf in Ecotect 154<br />
Bebauungsplanung 157<br />
Bebauungsplan Spreequartier 162<br />
Empfehlungen für eine BauGB-Novellierung 165<br />
Fazit 171<br />
3
Vorwort<br />
Mit großer Leidenschaft und Konzentration<br />
wurde ein Jahr lang der Kernfrage nach den Anforderungen<br />
an eine umweltgerechte Stadtplanung<br />
nachgegangen. Die Projektgruppe war sehr<br />
interessant besetzt – dazu trug nicht zuletzt die<br />
internationale Mischung bei (neben den deutschen<br />
gab es eine tschechische, eine slowakische,<br />
eine amerikanische, einen luxemburgischen und<br />
zwei polnische Studierende). Hier trafen also<br />
hinsichtlich der Kernfrage durchaus ganz unterschiedlich<br />
sozialisierte Menschen aufeinander.<br />
Als Planerinnen und Planer tragen wir eine besondere<br />
Verantwortung für den Schutz unserer<br />
Umwelt. Diese Verantwortung macht nicht vor<br />
Gemeinde- oder Ländergrenzen halt. Und es<br />
wird immer deutlicher, dass insbesondere der<br />
globale Klimaschutz weit höherer Aufmerksamkeit<br />
und stärkerer gesetzlicher Verankerung<br />
bedarf, als es bislang in der Praxis der Fall ist<br />
– dies hat auch die einjährige Auswertung der<br />
Presse sowie der Besuch mehrerer Kongresse<br />
und Fachtagungen gezeigt. In Umweltberichten<br />
zu formellen Planwerken spielt der globale Klimaschutz<br />
in der Regel noch keine Rolle. Dies<br />
hängt aus unserer Sicht damit zusammen, dass<br />
nach § 2 Abs. 4 Satz 3 des Baugesetzbuches nur<br />
untersucht zu werden braucht, „was nach gegenwärtigem<br />
Wissensstand und allgemein anerkannten<br />
Prüfmethoden … angemessenerweise<br />
verlangt werden kann.“ Bislang fehlte der Praxis<br />
eine anerkannte Prüfmethodik hinsichtlich der<br />
globalen Klimaentwicklung. Im Rahmen des Studienprojektes<br />
wurde nun mit der Bewertungsmatrix<br />
ein solches Prüfmodell entwickelt, das<br />
diese Forschungslücke füllen soll.<br />
Die Aufgabenstellung hat allen Projektmitgliedern<br />
einschließlich –betreuung eine hohe<br />
Leistungsbereitschaft und, z.B. bei der mehrere<br />
Sitzungen dauernden Diskussion um die<br />
Gewichtung und Benotung einzelner Kriterien<br />
der Bewertungsmatrix, viel Geduld abverlangt.<br />
Es musste ein sehr breites Themenspektrum<br />
abgearbeitet werden. Wir sind dabei auch an<br />
Grenzen gestoßen und haben versucht, daraus<br />
weiteren Forschungsbedarf abzuleiten. Dies alles<br />
war nur dank einer wirklich guten Arbeitsatmosphäre<br />
und kluger Teamarbeit möglich.<br />
Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse Anlass zu<br />
weiteren Diskussionen auf unterschiedlichen<br />
Ebenen geben. Ganz sicher werden die Ergebnisse<br />
des Studienprojektes, wie mit der Leiterin<br />
des Stadtplanungsamtes, Frau Löbel, vereinbart,<br />
im Verlaufe der nun anstehenden vorlesungsfreien<br />
Zeit im Bezirksamt vorgestellt werden.<br />
Wie von dort zu erfahren war, gibt es auch von<br />
Eigentümerseite (IVG Immobilien) Interesse an<br />
unseren Lösungsvorschlägen zur Flächenumnutzung.<br />
Weiterhin hat uns der Berliner Landesgeschäftsführer<br />
der Vereinigung für Stadt-, Regional-<br />
und Landesplanung, Rainer Bohne, eine<br />
Diskussion zu der von uns entwickelten Bewertungsmatrix<br />
angeboten. Auch auf dieses Ange-<br />
5
Kleine Überschrift<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
bot möchte die Projektgruppe zurückkommen.<br />
Insgesamt zieht die Bewertungsmatrix schon<br />
jetzt weitere Kreise. Eine Verbindung reicht zu<br />
den gehlarchitects nach Dänemark, die sich –<br />
eingebunden in die Deutsche Gesellschaft für<br />
Nachhaltige Entwicklung (DGNB) – mit den<br />
„Menschenfreundlichen Orten“ beschäftigen.<br />
Schließlich wird unsere Matrix in einer vergleichenden<br />
Studie auch im Rahmen des „Third<br />
International C.E.U. Congress“ in Oslo vom 14.<br />
bis zum 16. September 2008, der sich dem Thema<br />
“Climate Change and <strong>Urban</strong> <strong>Design</strong>” widmet,<br />
vorgestellt.<br />
Einleitung<br />
In diesem Projekt wird Ö groß geschrieben.<br />
Denn im Vordergrund der Betrachtung stehen<br />
ökologische Fragen der Stadtplanung und des<br />
Städtebaus. Zu diesem Zweck hat sich das Studienprojekt<br />
in den Bezirk Treptow-Köpenick<br />
begeben, um dort vier Standorte an Dahme<br />
und Spree hinsichtlich ihrer umweltverträglichen<br />
Eignung zur städtebaulichen Entwicklung<br />
zu untersuchen.<br />
Umweltprüfungen gehören zum beruflichen<br />
Alltag einer Stadtplanerin bzw. eines Stadtplaners.<br />
Im Rahmen von Bauleitplanverfahren werden<br />
u.a. die Auswirkungen der Planung auf die<br />
Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft,<br />
Klima, Landschaft und biologische Vielfalt untersucht.<br />
In der Praxis lässt sich eine Konzentration<br />
auf die tatsächlich zähl- oder sichtbaren Aspekte<br />
(insbesondere Flora und Fauna sowie Boden)<br />
beobachten. Doch wird diese Gewichtung der<br />
Bedeutung eines jeden einzelnen Schutzgutes<br />
im ökologischen Gesamthaushalt gerecht<br />
Umfassen die Schutzgüter überhaupt alle Kriterien,<br />
die für die ökologische Bewertung einer<br />
städtebaulichen Entwicklung von Belang wären<br />
Müssen vielleicht Aspekte eines von Vielen prognostizierten<br />
Klimawandels stärker in die planerische<br />
Begutachtung und Planung einfließen<br />
Welche neuen Herausforderungen stellen sich<br />
in diesem Zusammenhang an den Städtebau<br />
So lauteten die Ausgangsfragen zu Beginn des<br />
Projektstarts im Oktober 2007.<br />
In dem nun abgelaufenen Jahr haben sich die<br />
Studierenden mit den Grundlagen der ökologischen<br />
Stadtplanung auseinandergesetzt. Zu<br />
diesem Zweck wurden Themenfelder wie<br />
Verkehr, Energie, Wasser, Stadtklima sowie die<br />
Begriffe Stadtökologie und Nachhaltigkeit untersucht,<br />
und zwar immer in Kombination mit<br />
den o.g. und aus dem Bundesnaturschutzgesetz<br />
(BnatSchG) und dem Baugesetzbuch (BauGB)<br />
bekannten Schutzgütern. Gleichzeitig wurde<br />
der aktuelle Weltklimabericht (IPCC-Report)<br />
zum Klimawandel begutachtet und den Aussagen<br />
des Dokumentationsfilms von Friedensnobelpreisträger<br />
Al Gore „Eine unbequeme<br />
Wahrheit“ gegenübergestellt. Auf diesem Wege<br />
konnten kleinere Ungenauigkeiten des Films<br />
entlarvt werden. Diese Arbeit mündete in einer<br />
von den Studierenden organisierten institutsöffentlichen<br />
Veranstaltung, bei der auch Studien<br />
zum prognostizierten Klimawandel bis zum Jahr<br />
2050 im Raum Berlin-Brandenburg vorgestellt<br />
wurden.<br />
Das Bild einer insgesamt ernsten und besorgniserregenden<br />
Lage wurde durch Teilnahme an<br />
der 7. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige<br />
Entwicklung im Berliner Congress Center<br />
komplettiert, auf der u.a. Neuseelands Premierministerin<br />
Helen Clark und Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel die Nachhaltigkeitsstrategien<br />
Neuseelands bzw. Deutschlands vortrugen.<br />
Unter dem Eindruck der gewonnenen Erkenntnisse<br />
stellte sich im Verlauf des Wintersemesters<br />
die Frage, welche Verantwortung der Stadtplaner/<br />
die Stadtplanerin gegenüber der Umwelt<br />
einschließlich des Klimawandels trägt. Insbesondere<br />
Standortentscheidungen, z. B. bei der<br />
Ausweisung neuer Baugebiete auf der Ebene<br />
der Flächennutzungsplanung, haben verkehrsbeeinflussende<br />
Wirkung mit Folgen für den<br />
Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) als wichtigstes<br />
Klimagas. Es liegt also nahe, dass der Aspekt<br />
des anthropogenen Klimawandels viel stärker<br />
als bislang üblich in Planungsüberlegungen einbezogen<br />
werden muss. Das Projekt hat deshalb<br />
eine „Bewertungsmatrix zur umweltgerechten<br />
Steuerung von Plangebieten mit Wohnfunktion“<br />
entwickelt. Im Unterschied zu anderen bislang in<br />
6
der Praxis erprobten Matrizes wird hierbei neben<br />
den gängigen Umweltbelangen (Schutzgut<br />
Wasser, Boden, Fauna und Flora …) insbesondere<br />
der Aspekt des CO2-Ausstoßes einbezogen.<br />
Diese Bewertungsmatrix ist mittlerweile unter<br />
www.fnp-bewertungsmatrix.de abruf- und anwendbar.<br />
Die Matrix wurde gegen Ende des<br />
Sommersemesters ausgesuchten Experten zur<br />
Überprüfung vorgelegt, darunter Hochschulprofessorinnen<br />
und Hochschulprofessoren unseres<br />
und anderer Planerinstitute sowie anderer<br />
Forschungseinrichtungen wie dem Institut für<br />
Klimafolgenforschung in Potsdam, Vertretern<br />
der ARL und der SRL sowie Fachleuten aus der<br />
kommunalen Planungspraxis. Auf dem „Third<br />
International C.E.U. Congress“ im September<br />
in Oslo wird unsere Bewertungsmatrix mit der<br />
renommierten LEED ND aus den USA im Rahmen<br />
einer Studie verglichen.<br />
Die Matrix konnte der methodischen Herangehensweise<br />
folgend dazu genutzt werden, die<br />
vier, an Spree und Dahme gelegenen, vom Bezirksamt<br />
vorgeschlagenen potenziellen Plangebiete<br />
in Treptow und Köpenick auf eine etwaige<br />
Eignung zur Nutzung der Flächen zu Wohnzwecken<br />
zu überprüfen. Der Dateneingabe in<br />
die Matrix ging eine intensive Bestandsaufnahme<br />
aller vier Gebiete sowie ihrer Umgebung<br />
(1.000-m-Radius) voran. Auf der Grundlage<br />
der Gesamtergebnisse der vier Gebiete im Vergleich<br />
hat sich das Projekt darauf verständigt, für<br />
das Gebiet an der Friedrichshagener Straße ein<br />
Konzept zur umweltverträglichen städtebaulichen<br />
Umgestaltung und Neuordnung zu erarbeiten.<br />
Bei der Entscheidung wurde bewusst<br />
nicht das Gebiet mit der besten Note gewählt,<br />
sondern das Gebiet, das aus ökologischer Sicht<br />
die höchsten Herausforderungen versprach.<br />
Denn auch in der nächsten Projektphase, in der<br />
sich verstärkt der kleinteiligen Planungsebene<br />
zugewendet wurde, galt es, Antworten auf die<br />
Frage nach einer umwelt- und klimagerechten<br />
Planung zu finden.<br />
Die Suche nach geeigneten und innovativen<br />
Lösungen begann in Freiburg, dem Exkursionsziel<br />
in der Zeit zwischen dem 21. und dem 25.<br />
April 2008. Im Anschluss begaben sich die Studierenden<br />
an die Arbeit, für das Plangebiet, das<br />
im Projektverlauf den Namen „Spreequartier<br />
am alten Kabelwerk“ erhielt, eine Konzeption<br />
für einen umweltgerechten Städtebau zu entwickeln.<br />
Dieser war in der Schlussphase schließlich<br />
Grundlage für einen „Öko-B-Plan“. In dieser<br />
Phase galt es zu prüfen, welche aus ökologischer<br />
Sicht sinnvollen Maßnahmen tatsächlich auch in<br />
Bebauungsplänen festgesetzt werden können<br />
und welche nicht. Dazu gibt es unterschiedliche<br />
Aussagen und Ansichten von Kommentatoren<br />
und Experten der Bauleitplanung, die analysiert<br />
und gegenübergestellt wurden - dabei stieß die<br />
Gruppe an die Grenzen des Baugesetzbuches.<br />
Als abschließenden Akt sah es deshalb das im<br />
Fachgebiet Bau- und Planungsrecht angesiedelte<br />
Projekt als seine Aufgabe an, einen Vorschlag<br />
für eine weitere, den Klimaschutz stärkende<br />
Novellierung des BauGB zu unterbreiten.<br />
Ein Jahr Projektarbeit kann sehr kurz sein. Einige<br />
Forschungsfragen konnten daher nur angestoßen<br />
werden. Weiteren Untersuchungsbedarf<br />
gibt es z.B. hinsichtlich der Stadtgebiete, die über<br />
eine Trennkanalisation entsorgt werden (dazu<br />
gehört auch unser Plangebiet). Im Rahmen des<br />
Studienprojektes wurde die These aufgestellt,<br />
dass insbesondere die ersten Wassermengen<br />
zu Beginn eines Regens Dreck und Staub in die<br />
anliegenden Vorfluter (also auch in die Spree)<br />
befördern. Wenn diese Annahme stimmt, würde<br />
zur Qualitätsverbesserung des Flusswassers<br />
beitragen, wenn genau das anfangs anfallende<br />
Regenwasser durch Rückhaltebecken abgefangen,<br />
darin gesäubert und erst danach in die Flüsse<br />
abgegeben werden würde – der B-Plan des<br />
Studienprojekts sieht die Zulässigkeit einer entsprechenden<br />
terrestrischen Anlage ausdrücklich<br />
vor. Diese Annahme bedarf jedoch tiefer gehender<br />
Untersuchungen.<br />
7
Projektteilnehmer<br />
Projektleiter<br />
Bernhard Weyrauch<br />
38 Jahre<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter im<br />
Fachgebiet Bau- und Planungsrecht seit<br />
2004<br />
Tutor<br />
Christian Kloss<br />
26 Jahre<br />
8. Semster Stadt- und<br />
Regionalplanung<br />
betreut sein 2. Projekt als Tutor<br />
Anne Wrase<br />
22 Jahre<br />
2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Anton Katzer<br />
24 Jahre<br />
4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Benjamin Könecke<br />
26 Jahre<br />
4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Claudia Hillmann<br />
21 Jahre<br />
4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Faith Cable<br />
Vereinigte Staaten von Amerika<br />
27 Jahre<br />
abgeschlossenes Studium: Stadtplanung<br />
Stipendiantin des Austauschprogramms<br />
Fulbright<br />
Malgorzata Krol<br />
Polen<br />
23 Jahre<br />
8. Semester Raumplanung
Gregor Borg<br />
21 Jahre<br />
2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
<strong>Jana</strong> <strong>Milosovicova</strong><br />
Slowakei<br />
26 Jahre<br />
abgeschlossenes Studium:<br />
Landschaftsarchitektur<br />
2. Semester <strong>Urban</strong> <strong>Design</strong> (M.Sc.)<br />
Janin Dziamski<br />
21 Jahre<br />
2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Lenka Vojtová<br />
Tschechien<br />
27 Jahre<br />
abgeschlossenes Studium:<br />
Landschaftsplanung<br />
2. Semster <strong>Urban</strong> <strong>Design</strong> (M.Sc.)<br />
Lex Faber<br />
Luxemburg<br />
20 Jahre<br />
2. Semster Stadt- und Regionalplanung<br />
Lukasz Pawlowski<br />
Polen<br />
24 Jahre<br />
8. Semester Raumplanung<br />
Marduk Burdinski<br />
20 Jahre<br />
2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Philipp Perick<br />
24 Jahre<br />
2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Susanne Müller<br />
21 Jahre<br />
4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Henrike Warning<br />
24 Jahre<br />
2. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
Josephine Schmidt<br />
21 Jahre<br />
4. Semester Stadt- und Regionalplanung<br />
9
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Der Erste Schritt des Projektes war die Annährung<br />
an relevante Themen, die sich mit Klima,<br />
Nachhaltigkeit und Ökologie beschäftigen. Teilweise<br />
bezogen sich die Themen schon konkret<br />
auf stadtplanerische Aspekte, andere wiederum<br />
beschäftigten sich mit dem globalen Klima.<br />
Um sich einen Überblick zu verschaffen wurden<br />
die Themen in <strong>Bausteine</strong> gegliedert, wobei<br />
immer ein Thema von ein bis zwei Projektmitgliedern<br />
bearbeitet und präsentiert wurde. Im<br />
Folgenden Teil finden sich die Ausarbeitungen<br />
zu den <strong>Bausteine</strong>n:<br />
4.1. Nachhaltigkeit und Stadtökologie<br />
4.2. Wasser<br />
4.3 Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />
4.4 Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />
4.5 Verkehr und Mobilität<br />
4.6. Stadtklima<br />
4.7 ökologisches Bauen<br />
Stadtökologie & Nachhaltigkeit<br />
1. Einleitung<br />
Nachhaltigkeit ist mit der Raumplanung und<br />
Raumordnung insgesamt sehr eng verbunden.<br />
Das Prinzip der Nachhaltigen Entwicklung ist<br />
seit 1998 im deutschen Raumordnungsgesetz<br />
festgeschrieben.<br />
Die Stadtökologie steht in engem Zusammenhang<br />
mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit, denn<br />
ohne deren Erkenntnisse lässt sich keine Planung<br />
unter ökologischen Aspekten betreiben.<br />
Daher stellt sich die Frage nach der eigentlichen<br />
Bedeutung dieser beiden Begriffe und darüber<br />
hinaus die der Relevanz für unser Projekt. Inwiefern<br />
können und müssen wir nachhaltige und<br />
stadtökologische Aspekte zum Beispiel für eine<br />
Bewertungsmatrix zur Beurteilung von Standortpräferenzen<br />
für städtebauliche Projekte und<br />
bei unserer Planung beachten<br />
Im Folgenden sollen die beiden Begriffe erklärt<br />
und miteinander verglichen werden.<br />
2. Nachhaltigkeit<br />
2.1 Definition<br />
„Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass<br />
die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse<br />
befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen<br />
Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse<br />
befriedigen zu können.“<br />
11
Stadtökologie & Nachhaltigkeit<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Nachhaltigkeit nach der Definition des so genannten<br />
„Brundtland Berichtes“ von 1987, dem<br />
Abschlussbericht der Kommission der Vereinten<br />
Nationen für Umwelt und Entwicklung, ist ein<br />
gesellschaftliches und politisches Leitbild, dem<br />
zufolge man die heutigen Bedürfnisse aller befriedigen<br />
soll ohne damit die Lebenschancen<br />
und die Möglichkeiten zukünftiger Generationen<br />
zu beeinträchtigen. Das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />
beruht auf „intergenerativer Gerechtigkeit“.<br />
Das heißt die heute vorhandenen<br />
Ressourcen sollen nicht leichtfertig konsumiert<br />
und die daraus entstehenden Probleme nicht<br />
einfach weitervererbt werden. Um es etwas<br />
bildlicher auszudrücken: Die Menschen sollen<br />
von den »Zinsen« der Erde leben und nicht von<br />
dem »Kapital«.<br />
Die Ressourcen der Menschheit dürfen aber<br />
nicht nur auf Materielles reduziert werden Neben<br />
fossilen Brennstoffen gehören auch Bildung<br />
und Kultur zu dem „gesellschaftlichen Erbe“.<br />
Nachhaltigkeit ist als Konzept oder Prozess auf<br />
Entwicklung ausgerichtet und somit kein Zustand<br />
der erreicht werden kann, sondern lediglich<br />
ein Ziel.<br />
Im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung<br />
spricht man von dem „magischen Dreieck der<br />
Nachhaltigkeit“ (siehe Abbildung) oder einfach<br />
von den „drei Säulen“ der Nachhaltigkeit. Dies<br />
beruht auf der Grundidee des Entwicklungsleitbildes,<br />
nach dem die Hauptziele der Entwicklung<br />
das ökologische Gleichgewicht, die soziale<br />
Gerechtigkeit und die ökonomische Sicherheit<br />
sind. Die drei Säulen sind somit Umwelt, Gesellschaft<br />
und Wirtschaft.<br />
Der Begriff der Nachhaltigkeit in seiner aktuellen<br />
Bedeutung wird erst seit den 1980er Jahren<br />
benutzt, der Begriff hat jedoch seinen Ursprung<br />
im 17. Jahrhundert.<br />
2.2 Ursprung und Geschichte<br />
Die Idee der Nachhaltigkeit wurde erstmals<br />
1661 im Kontext des »ewigen Waldes« erwähnt:<br />
In der Forstwirtschaft sollen nicht mehr<br />
Bäume abgeholzt werden als wieder nachwachsen.<br />
Erstmals erwähnt wurde der Begriff 1713<br />
im Zusammenhang mit der »Nachhaltenden<br />
Nutzung von Wäldern«, deren Grundbestand<br />
an Bäumen man „hüten und schützen“ solle.<br />
Die aktuelle Definition des Begriffes stammt, wie<br />
bereits erwähnt, aus dem 1987 veröffentlichtem<br />
Abschlussbericht der »Brundtland-Komission«.<br />
Diese führte zum ersten Mal den Begriff der<br />
Nachhaltigen Entwicklung auch als politisches<br />
Leitbild ein, um die bisher getrennt behandelten<br />
Probleme von Gesellschaft, Wirtschaft und<br />
Natur zusammen zu behandeln. Sie sei „... eine<br />
Entwicklung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart<br />
befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige<br />
Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht<br />
befriedigen können.“<br />
2.3 »Erdgipfel« in Rio de Janeiro<br />
und Agenda 21<br />
4.1.1 Dreieck der Nachhaltigkeit<br />
Nach der Veröffentlichung des »Brundtland-<br />
Berichtes« 1987 fand 1992 in Rio de Janeiro<br />
(Brasilien) die erste Weltkonferenz der Vereinten<br />
Nationen für Umwelt und Entwicklung<br />
(der so genannte »Erdgipfel«) statt. Ziel war<br />
12
es, einen gemeinsamen Aktionsplan für das 21.<br />
Jahrhundert zu verabschieden, der sowohl die<br />
Probleme der Industrienationen und die der<br />
Schwellen- und Entwicklungsländer umfasst.<br />
Dieses war durch das Konzept der Nachhaltigkeit<br />
möglich, da es die drei Aspekte der Entwicklung<br />
gemeinsam behandelt. Probleme der<br />
Umweltverschmutzung, der Armut und der sozialen<br />
Ungerechtigkeit können so von einem gemeinsamen<br />
Standpunkt aus betrachtet werden.<br />
Nur durch die Vereinigung der „drei Säulen“ der<br />
Nachhaltigen Entwicklung war es erst möglich<br />
geworden einen Konsens zwischen den 178<br />
teilnehmenden Staaten zu finden, da zum Beispiel<br />
in Entwicklungsländern Umweltprobleme<br />
keine Priorität haben. Der bereits angesprochene<br />
Aktionsplan wurde unter dem Namen<br />
»Agenda 21« verabschiedet. Diese beinhaltet<br />
auch das Schaffen einer lokalen Agenda 21, um<br />
die Nachhaltige Entwicklung auf der niedrigsten<br />
Stufe, der Kommune, anzutreiben.<br />
„Da viele der in der Agenda 21 angesprochenen<br />
Probleme und Lösungen auf Aktivitäten auf der<br />
örtlichen Ebene zurückzuführen sind, ist die Beteiligung<br />
und Mitwirkung der Kommunen ein entscheidender<br />
Faktor bei der Verwirklichung der in<br />
der Agenda enthaltenen Ziele. (...).“ - Auszug aus<br />
dem Kapitel 28 der Agenda 21.<br />
Nachhaltigkeit an sich ist demnach ein Konzept<br />
ohne direkt ersichtliche konkrete Anwendung.<br />
Um konkrete Maßnahmen darzustellen, bedient<br />
man sich der Kriterien und Indikatoren, auf die<br />
im Folgenden näher eingegangen wird.<br />
2.4 Kriterien und Indikatoren<br />
Nachdem man sich auf das Konzept der Nachhaltigen<br />
Entwicklung geeinigt hatte, bedurfte es<br />
gewisser Indikatoren, anhand derer man Nachhaltigkeit<br />
»messen« kann. Diese Kriterien haben<br />
in diesem Sinne drei Hauptfunktionen:<br />
Anhand der „Kontrollfunktion“ der Kriterien<br />
kann im Laufe der Zeit untersucht werden, ob<br />
man in bestimmten Bereichen Fort- oder Rückschritte<br />
zu verzeichnen hat.<br />
Die Nachhaltigkeitsindikatoren zeigen darüber<br />
hinaus konkrete Beispiele und Vorhaben der<br />
Nachhaltigen Entwicklung auf und können so<br />
dazu genutzt werden, das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />
an Laien zu vermitteln. Sie haben somit<br />
auch eine gewisse „Kommunikationsfunktion“.<br />
Es wurden eine Vielzahl von Kriterien für jeden<br />
der drei Bereiche der Nachhaltigen Entwicklung<br />
ausgearbeitet, hier nur einige Beispiele:<br />
Im Bereich der sozialen Entwicklung, deren Ziel<br />
ja die soziale Gerechtigkeit sein soll, kann man<br />
beispielsweise anhand der Bildungsabschlüsse,<br />
der Zahl der Sozialhilfeempfänger oder dem<br />
ehrenamtlichen Engagement feststellen in welchem<br />
Rahmen sich die gesellschaftliche Entwicklung<br />
abspielt.<br />
Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung ist ökonomische<br />
Sicherheit, als Indikatoren im Bereich<br />
der Wirtschaft können das Bruttoinlandprodukt<br />
pro Kopf, die „Frauen-Männer-Verdienstrelation“<br />
und die öffentliche Verschuldungsquote herangezogen<br />
werden.<br />
Kriterien für die Entwicklung im Bereich der<br />
Umwelt, deren Ziel das ökologische Gleichgewicht<br />
ist, sind zum Beispiel die Entwicklung der<br />
Artenvielfalt, der CO2-Emissionen, des Energieverbrauchs<br />
und die Nutzung von natürlichen<br />
Ressourcen.<br />
Trotz der Vielfältigkeit und der Anwendbarkeit<br />
des Begriffs auf die tägliche Lebensumwelt der<br />
Menschen, scheint der Nachhaltigkeitsbegriff<br />
nur schwer verstanden um klar umrissen werden<br />
zu können. Diese Unsicherheit führt häufig<br />
zu einer Kritik an Konzept der Nachhaltigkeit.<br />
Die „Planungsfunktion“ der Indikatoren dient<br />
dazu aufzuzeigen, in welchen Bereichen Nachholbedarf<br />
besteht und wo in der Entwicklungspolitik<br />
Prioritäten gesetzt werden sollen.<br />
13
Stadtökologie & Nachhaltigkeit<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
2.5 Kritik am Nachhaltigkeitsbegriff<br />
„Wenn einem nichts anderes mehr einfällt, spricht<br />
man von einer „nachhaltigen Entwicklung‘ ...“ -<br />
Klaus Töpfer.<br />
Dieses Zitat von Klaus Töpfer zeigt das Hauptproblem,<br />
das mit dem Nachhaltigkeitsbegriff<br />
verbunden ist. Die „inflationäre“ Nutzung in<br />
allen möglichen Zusammenhängen hat dazu<br />
geführt, dass der Begriff zu einer Worthülse geworden<br />
ist, die man für alles benutzen kann was<br />
uns „edel, hilfreich und gut“ erscheint.<br />
Eine im Jahr 2004 in Deutschland durchgeführte<br />
Studie hat gezeigt, dass nur etwa 22%<br />
der Leute damals die wirkliche Bedeutung des<br />
Nachhaltigkeitsbegriffes kennen, aber dennoch<br />
90% mit den Zielen der Nachhaltigkeit einverstanden<br />
sind. Dies zeigt, dass bei aller Kritik am<br />
Begriff selbst, konkrete Ziele der Nachhaltigen<br />
Entwicklung (Beispiel: Ziele der Umweltpolitik,<br />
siehe Grafik) eine sehr breite Akzeptanz in der<br />
Bevölkerung haben.<br />
Ähnlich wie das Konzept der Nachhaltigkeit<br />
befasst sich auch Stadtökologie mit einer Vielzahl<br />
an Themen der Umwelt, Wirtschaft und<br />
auch Gesellschaft. Im Folgenden wird versucht<br />
Stadtökologie, auch in Zusammenhang mit der<br />
Nachhaltigkeit, zu definieren.<br />
3. Stadtökologie<br />
3.1 Zwei Definitionen<br />
Den Begriff der Stadtökologie kann man auf<br />
zwei verschiedene Weisen definieren: die Stadtökologie<br />
als Wissenschaft und die Stadtökologie<br />
als Handlungsprogramm. Je nach Definition<br />
ergeben sich verschiedene Herangehensweisen<br />
an das Thema.<br />
Stadtökologie im wissenschaftlichen Sinne ist<br />
eine Teildisziplin der Ökologie, also eine interdisziplinäre<br />
Wissenschaft, die mit vielfältigen<br />
Bereichen der Natur-, Kunst- und Geisteswissenschaften<br />
zusammenarbeitet, so werden zum<br />
Biologische, Klimatologische, Soziologische, Medizinische<br />
und Psychologische Aspekte betrachtet.<br />
Sie analysiert den „Ökosystemkomplex<br />
Stadt“, eine „vom Menschen bestimmte Umgebung“,<br />
und seine einzelnen Bestandteile und untersucht<br />
welche Einflüsse diese aufeinander, auf<br />
die Stadt und ihre Bewohner insgesamt haben.<br />
Eines der wissenschaftlichen Themenfelder der<br />
14<br />
4.1.2 BMU, Umweltbewusstsein in Deutschland 2004, S. 18.
Stadtökologie ist zum Beispiel das Stadtklima: in<br />
der Stadt selbst können erheblich höhere Temperaturen<br />
herrschen als in ihrem Umland und<br />
das wirkt sich auf die Flora und Fauna der Stadt<br />
aus.<br />
Stadtökologie im programmatischen Sinne ist<br />
als angewandte Wissenschaft entstanden, besteht<br />
also nicht aus reiner Analyse der Situation,<br />
sondern agiert eher als „Handlungs- und Stadtgestaltungsprogramm“.<br />
Sie konzentriert sich auf<br />
das Ausarbeiten von Handlungsempfehlungen,<br />
die darauf abzielen, die Entwicklung der Städte<br />
möglichst menschenfreundlich und umweltverträglich<br />
zu gestalten. Ein Teil dieser Gestaltung ist<br />
der nachhaltige Umgang mit der Umwelt und<br />
den natürlichen Ressourcen der Stadt und ihrem<br />
Umland.<br />
In der konkreten Anwendung ist Stadtökologie<br />
das Zusammenspiel dieser beiden Bereiche: Die<br />
Erkenntnisse der Wissenschaft werden dazu genutzt,<br />
Handlungsempfehlungen auszuarbeiten<br />
und so gewisse Leitbilder für die Gestaltung<br />
und Entwicklung von Städten zu schaffen. Die<br />
verschiedenen Bestandteile der Stadt haben<br />
sehr komplexe Wechselbeziehungen zueinander.<br />
So ist es auch wichtig diese zu untersuchen<br />
und bei der Planung und Gestaltung der Stadt<br />
zu beachten.<br />
3.2 Handlungsfelder<br />
Diese komplexen Strukturen in der Stadtökologie<br />
können gut mit Hilfe ihrer verschiedenen<br />
Handlungsfelder aufgezeigt werden. Sie lassen<br />
sich anhand einiger Schlagwörter gliedern und<br />
können so im Kontext mit den verschiedenen<br />
Bereichen des »Systems Stadt« betrachtet werden.<br />
Im Bereich des Bodens analysiert die Stadtökologie<br />
die Qualität des Bodens und gibt Empfehlungen,<br />
welche Bereiche besonders schützenswert<br />
sind. Diese sollte man vor der Bebauung<br />
oder Versiegelung bewahren, um so auch das<br />
ökologische Gleichgewicht der Stadt zu verbessern.<br />
Im Rahmen des Stadtklimas untersucht man<br />
den Einfluss der Bebauung und der Struktur<br />
der Stadt auf die Luftzirkulation und somit auch<br />
auf die Temperatur. Dies hat wiederum einen<br />
Einfluss auf die städtische Flora und Fauna, so<br />
wie auf das Wohlbefinden der menschlichen<br />
Bewohner.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Verkehr<br />
in der Stadt und inwiefern sich dieser auf das<br />
Gesamtsystem auswirkt. So kann zum Beispiel<br />
die Förderung des ÖPNV gegenüber dem Individualverkehr<br />
eine erhebliche Reduktion der<br />
Treibhausgas-Emissionen bewirken.<br />
Da Städte eine hohe Einwohnerdichte haben,<br />
fallen auf kleinstem Raum erhebliche Mengen<br />
an Abfall und Abwasser an. Die Planung von Kanalisationen<br />
und Abfallbeseitigung muss folglich<br />
auch unter stadtökologischen Gesichtspunkten<br />
erfolgen. Wichtig ist aber auch Abfallvermeidung<br />
und Recycling. Im Bereich der Kanalisation muss<br />
auch auf den Schutz des Grund- und Oberflächengewässers<br />
geachtet werden.<br />
Bei der Planung unter stadtökologischen Aspekten<br />
spielt die Bürgerbeteiligung ebenfalls eine<br />
sehr entscheidende Rolle. Die Einwohner der<br />
Stadt sollten möglichst frühzeitig und ausführlich<br />
an Planungs- und Verwirklichungsprozessen<br />
beteiligt werden. Beteiligung fördert die Akzeptanz<br />
unter den Bürgern und Projekte, wie zum<br />
Beispiel im Bereich der Abfallvermeidung, können<br />
nicht ohne den einzelnen Bürger verwirklicht<br />
werden. Da Städte nun mal als Wohnort<br />
für die Menschen dienen, sollen diese auch an<br />
der Gestaltung beteiligt werden.<br />
4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
Vergleichend kann man sagen, dass die Stadtökologie<br />
und das Konzept der Nachhaltigkeit<br />
beide sowohl ein Leitbild sind als auch ein<br />
Handlungsprogramm. Die drei Grundthemen<br />
Gesellschaft, Wirtschaft und Natur sind in beiden<br />
Konzepten vorhanden, wenn auch in unterschiedlichem<br />
Umfang.<br />
15
Stadtökologie & Nachhaltigkeit - Wasser<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Während Nachhaltigkeit ein eher abstraktes<br />
Konstrukt ist, befasst sich die Stadtökologie konkreter<br />
mit bestimmten Arbeitsfeldern, bedient<br />
sich aber auch der Prinzipien einer nachhaltigen<br />
Entwicklung um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.<br />
So kann man Stadtökologie als konkrete<br />
Verwirklichungsmöglichkeit und Anwendung<br />
des Prinzips der Nachhaltigen Entwicklung betrachten.<br />
5. Relevanz für unser Projekt<br />
(Fazit)<br />
Die Prinzipien der Nachhaltigkeit und auch ihre<br />
Anwendung anhand der Stadtökologie halte ich<br />
für sehr relevant für unser Projekt, sowohl für<br />
die Standortauswahl als auch für die spätere<br />
Planung.<br />
Bei der Bewertung der verschiedenen Standorte<br />
sollte man nicht einseitig oder getrennt nach<br />
ökologischen oder wirtschaftlichen Aspekten<br />
vorgehen, sondern ganz im Sinne der Nachhaltigkeit<br />
die »drei Säulen« beachten. Soziale,<br />
ökologische und wirtschaftliche Punkte sollen<br />
1. Einleitung<br />
Der Sommer 2007 in Berlin war der regenreichste<br />
seit 100 Jahren. In den Monaten Juni,<br />
Juli und August fielen rund 400 Liter pro Quadratmeter<br />
– im langjährigen Mittel liegt der Wert<br />
bei 188 Litern. Allein in der Nacht zum 24. August<br />
gingen im Südwesten Berlins innerhalb von<br />
vier Stunden bis zu 43 Liter Regen nieder. Das<br />
Wasser staute sich aus der überlasteten Berliner<br />
Kanalisation auf die Straßen zurück und<br />
lief in Keller und Tiefgaragen ein, die Stadtautobahn<br />
musste teilweise gesperrt werden, und<br />
am Leipziger Platz im Bezirk Mitte wurden<br />
drei Aufzugsschächte zwei Stockwerke hoch<br />
mit Wasser gefüllt (Berliner Tagesspiegel vom<br />
25.08.2007). Bereits bei kleineren Starkregenereignissen<br />
gerät Berlins innerstädtische Mischwasserkanalisation<br />
– die Außenbezirke sind mit<br />
einem Trennsystem ausgestattet – regelmäßig<br />
Wasser<br />
gleichwertig in die Bewertungsmatrix einfließen,<br />
um so eine möglichst günstige Entscheidung<br />
bezüglich der Standortwahl zu treffen. Die verschiedenen<br />
Themenfelder der Stadtökologie<br />
können benutzt werden, um konkrete Kriterien<br />
für die Bewertung zu erarbeiten.<br />
Beim späteren Entwurf, sollte man genau auf<br />
die verschiedenen Aspekte der Stadtökologie<br />
achten, um so beispielsweise einen negativen<br />
Einfluss der Bebauung auf die bereits vorhandene<br />
Fauna zu verhindern. Weiterhin wichtig<br />
sind auch stadtklimatische Gesichtspunkte, wie<br />
beispielsweise das Verhindern von Wärmeinseln<br />
oder die Erschaffung von Licht- und Frischluftachsen.<br />
Die Planung sollte möglichst unter<br />
nachhaltigen Gesichtspunkten stattfinden, sodass<br />
wir am Ende einen, in den drei Bereichen<br />
ausgefeilten, Entwurf präsentieren können. Im<br />
Bereich des Klimawandels denke ich, dass man<br />
sowohl die Reduktion von Treibhausgasemissionen<br />
erreichen sollte, aber auch auf die möglichen<br />
Folgen des Klimawandels vorbereitet sein<br />
muss und diese beiden Punkte in die Planung<br />
einbeziehen sollte.<br />
an ihre Kapazitätsgrenzen. Das überschüssige<br />
Wasser (also mit Regen verdünn-tes Abwasser)<br />
wird in solchen Situationen über sog. Auslaufbauwerke<br />
bzw. Überläufe in Berliner Gewässer<br />
abgeführt. Gleichzeitig wird auch der Dreck<br />
von den Straßen und Wegen in nahe gelegene<br />
Oberflächengewässer gespült. Dies ist für den<br />
Wasserkreislauf problematisch, da auf diesem<br />
Wege Eutrophierungsprozesse forciert werden.<br />
Am 24. März 2006 trat die EG-Badegewässerrichtlinie<br />
in novellierter Form in Kraft und bereits<br />
seit Dezember 2000 gilt die EG- Wasserrahmenrichtlinie.<br />
Diese nimmt alle Länder der<br />
EU in die Pflicht, bis zum Jahr 2015 für einen guten<br />
Zustand von Gewässern und Grundwasser<br />
zu sorgen. Vielerlei Gewässer sind von diesem<br />
angestrebten guten Zustand weit entfernt. Dies<br />
gilt auch für Berlin. Für eine deutliche Verbesserung<br />
der Wasserqualität in Berlin könnte jedoch<br />
16
gesorgt werden, wenn es gelänge, die Schadstoffeinträge<br />
ins Berliner Ober-flächenwasser<br />
bei Starkregenereignissen zu verhindern.<br />
Worin bestehen mögliche Lösungen für diese<br />
Problematik und wie verhält es sich mit den<br />
rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen<br />
in Bezug auf die Reinhaltung von Gewässern<br />
Dies soll im Folgenden am Beispiel der Berliner<br />
Spree beschrieben werden, um auf diesem<br />
Wege Erfordernisse und Lösungen im Umgang<br />
mit dem „Ökobaustein“ Wasser aufzudecken.<br />
2. Die Spree und ihr Zustand innerhalb<br />
der Berliner Stadtgrenzen<br />
337 Kilometer legt die Spree von ihrem Quellgebiet<br />
nahe der tschechischen Grenze im<br />
Lausitzer Bergland durch Sachsen und Brandenburg<br />
zurück, bevor sie im Südosten Berlins<br />
die Stadtgrenze erreicht. Die Fließgeschwindigkeit<br />
der Spree ist sehr gering – sie wird noch<br />
einmal verlangsamt durch die Zuführung von<br />
Spreewasser in die Südbrandenburgischen<br />
Tagebaurestlöcher zur Entwicklung der Lausitzer<br />
Seenkette im Rahmen der Internationalen<br />
Bauausstellung Fürst-Pückler-Land: Allein für die<br />
Durchquerung der Spree innerhalb Berlins (45<br />
km) braucht ein Wassermolekül derzeit etwa<br />
ein bis zwei Monate.<br />
Eine geringe Fließgeschwindigkeit macht einen<br />
Fluss gegenüber Nährstoffeinträgen besonders<br />
empfindlich, und der Spree sieht man ihr „Problem“<br />
regelrecht an. Eine mancherorts grünliche<br />
Einfärbung und die hohe Trübung als offen zu<br />
Tage tretende Merkmale einer unzureichenden<br />
Wasserqualität deuten auf eine übermäßige Entwicklung<br />
der Phytoplanktonbiomasse hin. Diesen<br />
Prozess bezeichnet man als Eutrophierung.<br />
Er gehört zu den weltweit gravierendsten Umweltproblemen.<br />
Die Sichttiefe der Spree liegt<br />
in den Sommermonaten deutlich unter einem<br />
Meter – gleiches gilt für das gesamte Berliner<br />
Gewässersystem, den Tegeler See inbegriffen.<br />
Über ihn liegen stellvertretend für die Berliner<br />
Wasserlandschaft Daten über die Entwicklung<br />
in den Sommermonaten der letzten 150 Jahre<br />
vor: Mitte des 19. Jahrhunderts lag die Sichttiefe<br />
bei acht bis zehn Metern. Bis zum Sommer 1945<br />
verringerte sie sich auf vier Meter , um bis heute<br />
auf deutlich weniger als einen Meter zu sinken.<br />
Mit Zunahme der Eintrübung und Abnahme der<br />
Eindringtiefe des Lichts in den Wasserkörper<br />
wird der Verlust der photosynthetisch aktiven<br />
Makrophyten am Gewässergrund verursacht,<br />
während die Konzentration des im Wasser gelösten<br />
Sauerstoffs deutlich abnimmt. Ändert sich<br />
das „Lichtklima“, besteht die Gefahr des nahezu<br />
vollständigen Absterbens der Unterwasserwelt.<br />
In der Folge ergeben sich auch Einschränkungen<br />
der Gewässernutzung durch Fischerei oder als<br />
Trinkwasserreservoir. Eutrophierungserscheinungen<br />
ziehen insbesondere Probleme bei der<br />
Trinkwasseraufbereitung nach sich. Dies betrifft<br />
Berlin im Besonderen. Denn die Stadt bedient<br />
sich bei der Förderung des Rohwassers für die<br />
Aufbereitung zur Trinkwasserversorgung nur<br />
eines im kaum über die eigenen Stadtgrenzen<br />
hinausreichenden Planungsraum vorhandenen<br />
Wasserdargebots aus dem Grundwasser. Dabei<br />
übertreffen die Anteile des Uferfiltrats den<br />
Anteil der landbürtigen Grundwasserförderung<br />
zum Teil erheblich. Daher hängt die güte- und<br />
mengenmäßige Stabilität der Trinkwassergewinnung<br />
im großen Maße von der Entwicklung der<br />
Qualität der Oberflächengewässer ab.<br />
Die Wasserqualität des Berliner Flusssystems<br />
sinkt, je weiter die Stadt in Fließrichtung von<br />
Osten nach Westen durchquert wird. Dies lässt<br />
sich beispielsweise an der Zunahme der Belastung<br />
mit Phosphor ablesen. Während die Phosphorbelastung<br />
im Müggelsee im Osten noch bei<br />
24 tP/a (Tonnen Phosphor pro Jahr) liegt, steigt<br />
die Konzentration im Bereich der Mündung in<br />
die Havel auf etwa 160 tP/a. Verlässt schließlich<br />
die Havel das Stadtgebiet im Südwesten, liegt<br />
die Belastung bei 283 tP/a.<br />
Neben den Kläranlagen trägt innerhalb Berlins<br />
das Kanalnetz erheblich zur Belastung der<br />
Spree bei. Das Hauptaugenmerk liegt auf der<br />
innerstädtischen Mischwasserkanalisation, die<br />
für die Entsorgung einer Fläche von 92 km²<br />
verantwortlich ist. Niederschlags-, häusliches<br />
und industrielles Schmutzwasser werden hierin<br />
17
Wasser<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
4.2.1Phosphorbelastung im Berliner Gewässersystem (SenStadt, ebd., Berlin 2001, S. 70)<br />
ohne weitere Trennung gesammelt und zu den<br />
Klärwerken transportiert (Mischsystem) und<br />
bei Starkregen, soweit erforderlich, als unheilvolle<br />
Mischung in die Gewässer abgegeben. Im<br />
Unterschied dazu führt das Trennsystem, das<br />
die äußeren, jüngeren Stadtgebiete abdeckt,<br />
Schmutzabwasser und Regenwasser gesondert<br />
ab. Schmutzwasser wird in einem eigenen Kanalisationsnetz<br />
gesammelt und zu den Klärwerken<br />
geleitet. Das Regenwasser wird dagegen<br />
weitgehend unbehandelt den nahe gelegenen<br />
Gewässern zugeführt. Eine Vermischung von<br />
Regen- und Schmutzwasser ist also ausgeschlossen.<br />
Nichtsdestotrotz stellen die regelmäßigen<br />
Regenwassereinleitungen eine erhebliche Belastung<br />
für Flüsse und Seen dar, aber die bakterielle<br />
Belastung insbesondere mit fäkalcoliformen<br />
Bakterien fällt deutlich geringer aus. Insoweit ergeben<br />
sich durch die Niederschlagseinträge aus<br />
den Bereichen der Trennkanalisation hinsichtlich<br />
der Badewasserqualität keine so erheblichen<br />
Beeinträchtigungen.<br />
Weil Berlin trotz Spree, Dahme und Havel, Müggel-,<br />
Wann- und Tegeler See ein außerordentlich<br />
wasserarmer Standort ist, ist es umso wichtiger,<br />
sich für saubere Oberflächengewässer zu engagieren.<br />
Der rückläufige Trend im Abfluss der<br />
Spree wird mittel- bis langfristig zu einer weiteren<br />
Begrenzung des Oberflächenwasserdargebots<br />
führen, so dass eine weitere Zuspitzung<br />
des ungünstigen Verhältnis’ von Oberflächenzufluss<br />
zu Abwassereinleitungsmengen zu erwarten<br />
ist. Inzwischen wurde festgestellt, dass vom<br />
Niederschlagswasser, das von bebauten oder<br />
befestigten Flächen in die Gewässer abgeleitet<br />
wird, eine z.T. höhere Belastung als von den<br />
Kläranlagen ausgeht. Nach dem Berliner Abwasserbeseitigungsplan<br />
bedarf es daher „vor dem<br />
Hintergrund des enormen Belastungspotenzials<br />
der Regenabflüsse in Berlin… dringend einer<br />
Emissionsregelung … in der Wassergesetzgebung<br />
– nicht nur in wassermengenwirtschaftlicher,<br />
sondern auch in wassergütewirtschaftlicher<br />
Hinsicht“. Etliche Tonnen toter Fische müssen<br />
18
alljährlich nach Starkregenereignissen abgefischt<br />
werden. Dies ist auch ein Hinweis auf die z.T.<br />
toxische Wirkung der Mischwasserentlastungspraxis.<br />
Bleibt man beim Beispiel von Phosphor,<br />
so beträgt der Anteil der Einträge der Mischwasserüberläufe<br />
an den gesamtstädtischen<br />
Emissionen im Mündungsbereich von Spree<br />
und Havel mehr als 30 %. Die Überlaufhäufigkeiten<br />
der Berliner Mischsysteme schwanken<br />
zum Teil erheblich. Starkregenereignisse mit der<br />
Folge einer Entlastung von Mischwasser in nahe<br />
gelegene Gewässer treten in Berlin pro Jahr<br />
zwischen elf und über 30 Mal auf. Die jährliche<br />
Gesamtüberlaufmenge beträgt durchschnittlich<br />
etwa 7 Mio. m³, bei Einzelereignissen können<br />
bis zu 100.000 m³ innerhalb weniger Stunden<br />
in die Spree und in die Kanäle eingetragen<br />
werden und den Spreeabfluss deutlich prägen,<br />
besonders zu Niedrigwasserzeiten. Daher ist<br />
Handlungsbedarf geboten.<br />
Die Berliner leben an und von der Spree –<br />
bereits seit vielen Jahren wird versucht, ihren<br />
Zustand zu verbessern. Die Diskussionen und<br />
Bemühungen darum erfahren nach Inkrafttreten<br />
der europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
und der damit verbundenen Frist bis Ende 2015<br />
neuen Auftrieb.<br />
3. Die Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL) und ihre Bedeutung für<br />
die Spree in Berlin<br />
Am 20.12.2000 trat die Richtlinie 2000/60/<br />
EG des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für<br />
Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich<br />
der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie –<br />
WRRL) in Kraft. Sie hat auf Bundesebene im<br />
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und auf Länderebene<br />
im Berliner Wassergesetz (BWG) sowie<br />
in der Berliner Umsetzungsverordnung für die<br />
Wasserrahmenrichtlinie (WRRL-Umsetzungs-<br />
Verordnung vom 24. Juni 2004) Niederschlag<br />
gefunden. Die Richtlinie hat den Schutz der Binnenoberflächengewässer,<br />
der Übergangsgewässer,<br />
der Küstengewässer und des Grundwassers<br />
zum Ziel. Sie schafft nach Artikel 1 den Ordnungsrahmen<br />
dafür, dass:<br />
•der Zustand der aquatischen Ökosysteme und der<br />
daran gekoppelten Landökosysteme und Feuchtgebiete<br />
soweit erforderlich verbessert,<br />
•eine nachhaltige Wassernutzung gefördert,<br />
•Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung bzw.<br />
Beendigung von Einleitungen, Emissionen und<br />
Verlusten von prioritären/prioritären gefährlichen<br />
Stoffen getroffen,<br />
•die Verschmutzung des Grundwassers schrittweise<br />
reduziert und<br />
•ein Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von<br />
Überschwemmungen und Dürren geleistet werden.<br />
Artikel 4 spezifiziert diese Ziele unter Verweis<br />
auf die Bestimmungen des Anhangs V und befristet<br />
den Zeitraum, in dem die Zielvorgaben<br />
grundsätzlich erreicht werden sollen, auf 15 Jahre<br />
nach Inkrafttreten der Richtlinie, also Ende<br />
2015. Dazu gehört vor allem das Qualitätsziel<br />
der Herstellung eines mindestens guten Zustands<br />
der Oberflächengewässer und bei künstlichen<br />
oder erheblich veränderten Wasserkörpern<br />
– als ein solcher muss die innerstädtische<br />
Spree betrachtet werden – ein mindestens<br />
gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer<br />
Zustand. Die Wasserrahmenrichtlinie<br />
unterscheidet insgesamt fünf Gütestufen:<br />
1. sehr guter Zustand - Referenzzustand,<br />
2. guter Zustand – Zielstellung,<br />
3. mäßiger Zustand,<br />
4. unbefriedigender Zustand,<br />
5. schlechter Zustand.<br />
Ziel ist es, dass die Grenzwerte für chemische<br />
Stoffe eingehalten werden, und sich das Vorkommen<br />
der gewässertypischen Organismen<br />
nur geringfügig vom natürlichen Zustand unterscheidet.<br />
Dies ergibt sich aus Anhang V der<br />
Wasserrahmenrichtlinie, die sich, weitgehend<br />
gleichlautend, mitunter jedoch mit regionalen<br />
Besonderheiten, in den auf Länderebene dazu<br />
erlassenen Umsetzungsverordnungen wieder<br />
finden. Hinsichtlich der biologischen Komponenten<br />
sind die Zusammensetzung von Gewässerflora<br />
und Fischfauna zu prüfen. Außerdem<br />
sind der Wasserhaushalt, die Durchgängigkeit<br />
19
Wasser<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
des Flusses und die morphologischen Bedingungen<br />
Gegenstand der Untersuchung. Zu den<br />
zu prüfenden chemischen und physikalischchemischen<br />
Komponenten gehören die Temperaturverhältnisse,<br />
der Sauerstoffgehalt, der<br />
Salzgehalt, der Versauerungszustand sowie die<br />
Nährstoffverhältnisse. Schließlich ist zu ermitteln,<br />
welche prioritären und sonstigen Stoffe in<br />
den Fluss eingeleitet werden und zu welcher<br />
Verschmutzung sie führen. Da die naturbedingten<br />
Einflussfaktoren auf die Wasserqualität<br />
der Oberflächengewässer europaweit stark<br />
voneinander abweichen, fordert die Richtlinie<br />
für einzelne Gewässertypen die Ermittlung<br />
typspezifischer Referenzbedingungen, d.h. eine<br />
Beschreibung der Gewässereigenschaften für<br />
den vom Menschen weitgehend unbeeinflussten<br />
Zustand. Dieser Zustand ist Ausgangspunkt<br />
zur Qualitätsbemessung eines Gewässers und<br />
Zuordnung zu einer der fünf Stufen.<br />
Nach dem Umweltatlas von Berlin weist die<br />
Spree ab dem Zusammenschluss von Dahme<br />
und Spree im Bereich der Altstadt Köpenick<br />
und bis zur Einmündung in der Havel eine „erhöhte<br />
Belastung“ auf. Nach dem 7-gliedrigen<br />
Bewertungsraster der Länderarbeitsgemeinschaft<br />
Wasser (LAWA) entspricht dies der Stufe<br />
III. Übersetzt man das Raster der LAWA in das<br />
Fünf-Stufen-System der Wasserrahmenrichtlinie,<br />
liegt ein „unbefriedigender Zustand“, also<br />
Stufe 4, vor. Es sind somit enorme Anstrengungen<br />
erforderlich, um bis 2015 den Vorgaben der<br />
Wasserrahmenrichtlinie zu entsprechen. Denn<br />
Berlin wird sich nicht mit der Begründung der<br />
Starkregenereignisse auf den Ausnahmetatbestand<br />
des Art. 4 Abs. 6 WRRL berufen dürfen,<br />
wonach eine vorübergehende Verschlechterung<br />
nur geduldet werden kann, wenn natürliche Ursachen<br />
oder höhere Gewalt dazu führten und<br />
diese Umstände nach vernünftiger Einschätzung<br />
nicht vorhersehbar oder außergewöhnlich waren<br />
und wenn alle praktikablen Vorkehrungen<br />
getroffen wurden, um eine weitere Verschlechterung<br />
des Zustands zu verhindern. Erstens: Die<br />
Häufigkeit der Starkregenereignisse mit der Folge<br />
der Oberflächengewässerbelastung spricht<br />
gegen eine Einstufung als „außergewöhnlich“<br />
und „unvorhersehbar“. Es handelt sich um ein<br />
bekanntermaßen immer wiederkehrendes Ereignis.<br />
Es betrifft in gleicher oder ähnlicher Weise<br />
auch andere Städte. Zweitens: Es wurden<br />
bislang nicht alle praktikablen Vorkehrungen getroffen,<br />
um eine weitere Verschlechterung des<br />
Zustands zu verhindern.<br />
Zu den wirkungsvollsten und oft praktizierten<br />
Methoden zur Gewässerreinhaltung gehört das<br />
Speichern überschüssigen Abwassers in Mischwasserrückhaltebecken.<br />
Dies gilt bundesweit,<br />
denn von den 514.884 km Kanalnetz sind 46,3<br />
% Mischwasserkanäle. Daher sind die Herausforderungen<br />
trotz regional unterschiedlicher<br />
Ausprägung überall ähnlich gelagert. Es werden<br />
vielerorts Speichermöglichkeiten ausgebaut, in<br />
der Regel in Form von unterirdischen Mischwasserrückhaltebecken<br />
in Stahlbetonweise.<br />
Sie werden zumeist mit Pumpen, Wirbeljets,<br />
Lüftungsanlagen sowie Einheiten zur Regelung<br />
und Überwachung des Systems ausgestattet.<br />
Bei Starkregenereignissen wird das Wasser der<br />
Mischkanalisation dort gespeichert und in die<br />
Kanalisation zurückgepumpt, sobald es das Netz<br />
wieder zulässt. Mittlerweile gibt es in Deutschland<br />
knapp über 23.000 Regenüberlaufbecken<br />
mit einer Gesamtspeicherkapazität von fast<br />
15 Mio. m³. Besonders eindrucksvoll hat die<br />
Hansestadt Hamburg mit dem Alster- und mit<br />
dem Elbe-Entlastungs-Programm gezeigt, dass<br />
sich die Gewässerqualität deutlich steigern lässt,<br />
wenn man insbesondere das Eindringen von<br />
Mischwasser in die Flüsse verhindert. Zu diesem<br />
Zwecke wurden terrestrische Regenrückhaltebecken<br />
an strategisch geeigneten Orten<br />
in die Erde gelassen. Die Kosten für das Alster-<br />
Entlastungs-Programm liegen laut Auskunft der<br />
Hamburger Stadtentwässerung (HSE) bei rund<br />
470 Mio. Euro und für das Elbe-Entlastungs-<br />
Programm bei über 130 Mio. Euro. Die durchschnittlichen<br />
Baukosten für terrestrische Anlagen<br />
sind demzufolge sehr hoch, sie liegen bei<br />
rund 1.500 €/m³.<br />
4. Mischwasserrückhaltebecken in<br />
der Spree<br />
Ein solch umfassendes Programm in traditionel-<br />
20
ler Ausführung als terrestrische Rückhaltebecken,<br />
wie es Hamburg umgesetzt hat, ist für Berlin<br />
u.a. wegen der angespannten Finanzsituation<br />
und z.T. fehlender Flächen nicht realisierbar. Ein<br />
Lichtblick könnte daher ein innovatives Modulsystem<br />
zur Rückhaltung von Mischwasser sein.<br />
Kerngedanke der vom Landschaftsarchitekten<br />
Ralf Steeg und seiner Firma LURI.watersystems.<br />
GmbH verfolgten Idee ist die Errichtung von<br />
Speichermodulen vor den Überläufen in die<br />
Spree. Gegenüber den terrestrischen Anlagen<br />
sollen nach der von den Berliner Wasserbetrieben<br />
(BWB) unterstützten Machbarkeitsstudie<br />
„berlinbeach“ Kostenvorteile von rund 40<br />
% entstehen. Die Ergebnisse der Studie sollen<br />
nun überprüft werden. Zu diesem Zweck fördert<br />
das Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung mit knapp zwei Millionen Euro eine<br />
Pilotanlage, die von der LU-RI.watersystems.<br />
GmbH, dem KompentenzZentrum Wasser Berlin,<br />
dem Unternehmen KSB und der Technischen<br />
Universität Berlin gemeinsam entwickelt wird.<br />
Die Anlage soll im Berli-ner Osthafen im Bezirk<br />
Friedrichshain-Kreuzberg installiert werden und<br />
im Herbst 2008 in Betrieb gehen. Das Prinzip<br />
ist das Gleiche wie bei terrestrischen Anlagen:<br />
Die aquatischen Becken fangen verunreinigtes<br />
Mischwasser bei Starkregen auf und speichern<br />
es so lange, bis Kanalisation und Klärwerke wieder<br />
aufnahmefähig sind und das Wasser zurückgepumpt<br />
werden kann.<br />
Für den Abschnitt der Spree zwischen der Elsenund<br />
Schillingbrücke im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />
wurde dieser Lösungsansatz<br />
auf seine Realisierbarkeit im Rahmen der<br />
o.g. Machbarkeitstudie untersucht. Die Spree ist<br />
an dieser Stelle mit bis zu 230 m relativ breit,<br />
so dass sich die Errichtung einer Pilotanlage in<br />
diesem Bereich anbietet. Im Untersuchungsgebiet<br />
wird an sechs Einleitungspunkten jährlich<br />
die Gesamtmenge von durchschnittlich rund<br />
565.000 m³ Mischwasser eingeleitet. Die Größe<br />
des Rückhaltebeckens mit einem Fassungsvermögen<br />
von etwa 1.400 m³ wurde an der<br />
Höchstmenge aufzufangenden Mischwassers<br />
ausgerichtet, die sich aus den langjährigen Einleitungen<br />
an den jeweiligen Entlastungsstellen<br />
ableiten lässt.<br />
Das Modulsystem sieht die Option vor, die<br />
Oberflächen mit Plattformen zu bestücken und<br />
aus dem Wasser ragen zu lassen, so dass diese<br />
anderweitig genutzt werden könnten. Die<br />
Konzeption der Pilotanlage ließe eine über dem<br />
Wasserspiegel liegende Nutzfläche von bis zu<br />
1.100 m² Größe zu. Für die Oberflächen der<br />
Behälter schlagen die Initiatoren im Bedarfsfalle<br />
(und zum Zecke einer Refinanzierung) u.a.<br />
eine Nutzung als Kulturbetrieb, Zeltplatz oder<br />
Freilichtbühne vor. Somit könnten die Anlagen<br />
auch eine städtebauliche Dimension mit Auswirkungen<br />
auf das Ortsbild entfalten. Daher<br />
wurde im Rahmen eines Studienprojekts im<br />
Fachgebiet Bau- und Planungsrecht am Institut<br />
für Stadt- und Regionalplanung, TU Berlin, eine<br />
„Richtlinie zur städtebaulichen Anordnung baulicher<br />
Anlagen in und an der Spree“ erarbeitet,<br />
die zum Schutze des Flussraums auch eine<br />
oberirdische Nutzung auf etwaig ge-planten<br />
„Pontons“ regeln könnte. Die Richtlinie enthält<br />
z.B. Bestimmungen über zulässige Grundflächen,<br />
Baukörperhöhen und Materialien.<br />
Das hier entwickelte Modulsystem soll eine effektive<br />
und zugleich kostengünstige Alternative<br />
zu den terrestrischen Anlagen darstellen. Die<br />
oben genannten Kostenvorteile entstehen insbesondere<br />
durch die Verlagerung der Speicherbehälter<br />
ins Gewässer. Die in Berlin dringend<br />
erforderliche Sanierung der Kanalsysteme, die<br />
momentan durch die teilweise sehr hohen Kosten<br />
von derzeit noch terrestrischen Bauwerken<br />
erschwert wird, könnte durch die kostengünstigeren<br />
Auffangbehälter beschleunigt werden.<br />
Das Pilotprojekt wird zeigen, ob sich das System<br />
bewährt, ein reibungsloser Ablauf funktionieren<br />
kann und die Kostenkalkulation stimmt.<br />
Eine oberirdische Nutzung könnte – je nach<br />
Größe, Art und Maß der Nutzung sowie Lage<br />
– obendrein zur Refinanzierung beitragen. Wie<br />
schon angesprochen, muss sie jedoch auch städtebaulich<br />
vertretbar sein und – neben anderen<br />
– auch den planungsrechtlichen Be-stimmungen<br />
genügen.<br />
21
Wasser<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
5. Wirkungseinschätzung und weitere<br />
externe Maßnahmen für die<br />
Zustandsverbesserung von Oberflächengewässern<br />
Während in Hamburg allein das Auffangen von<br />
Mischwasser zu einer signifikanten Zustandsverbesserung<br />
von Alster und Elbe führten, dürften<br />
in Berlin aufgrund der vielfältigen Gründe für<br />
die Schadstoffbelastung (insbesondere Mischwassereinträge<br />
bei Starkregenereignissen, Klärwerkeinträge,<br />
langsame Fließgeschwindigkeit,<br />
landwirtschaftliche Vorbelastung, Vorbelastung<br />
durch den Braunkohleabbau) Maßnahmen zur<br />
Vermeidung von Mischwassereinträgen in die<br />
Oberflächengewässer jedenfalls nicht für den<br />
nach Wasserrahmenrichtlinie erforderlichen<br />
Qualitätssprung von einem unbefriedigenden<br />
(Stufe 4) zu einem guten Zustand (Stufe 2) ausreichen.<br />
Welchen Erfolg versprechen also die<br />
Rückhaltebecken in Berlin<br />
Die Bedeutung der Mischwasserrückhaltung<br />
lässt sich am oben aufgezeigten Beispiel der<br />
Phosphorbelastung illustrieren: Die Mischwassereinträge<br />
machen diesbezüglich derzeit mehr<br />
als 30% der gesamtstädtischen Emissionen aus.<br />
Gelingt es, all das bei Starkregen überlaufende<br />
Mischwasser abzufangen, würde auf einen Schlag<br />
eine erhebliche Wasserentlastung erreicht werden.<br />
Sie würde jedoch nicht ausreichen, einen<br />
gutes ökologisches Potenzial und einen guten<br />
chemischen Zustand im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie<br />
zu erreichen.<br />
Während andernorts das Rückhalten von<br />
Mischwasser ausreichen mag, die Ziele der<br />
Wasserrahmenrichtlinie bzw. der ländereigenen<br />
Umsetzungsverordnungen zu erreichen, bedarf<br />
es bei der Berliner Spree weiterer Maßnahmen.<br />
Im Gewässermanagement unterscheidet man<br />
zwischen der Sanierung und der Restaurierung.<br />
Unter Sanierung fallen solche Maßnahmen, die<br />
eine Reduzierung der Stoffeinträge zum Ziel<br />
haben (externe Maßnahmen). Dazu gehören<br />
also auch terrestrische oder aquatische Mischwasserrückhaltebecken.<br />
Interne Maßnahmen,<br />
die die Folgen der Eutrophierung im Gewässerkörper<br />
begrenzen sollen, bezeichnet man<br />
als Restaurierung. Zu den wirkungsvollen Restaurierungsmaßnahmen<br />
gehören z. B. die Tiefenwasserbelüftung,<br />
Entschlammung, Zwangszirkulation<br />
und Biomanipulation. Neben dem<br />
Einbau von Rückhaltebecken würde als weitere<br />
externe Maßnahme eine Stauraumkanalbewirtschaftung<br />
zur effektiveren Ausnutzung von im<br />
Kanalnetz vorhandenen Kapazitäten beitragen.<br />
Mit Hilfe ferngesteuerter Wehrklappen kann<br />
das Mischwasser innerhalb eines Radialnetzes in<br />
noch nicht voll beanspruchte Bereiche der Kanalisation<br />
geleitet werden. Für die Zustandsverbesserung<br />
der Spree in Berlin wird es darüber<br />
hinaus darauf ankommen, den Wirkungsgrad<br />
der angeschlossenen Kläranlagen zu verbessern.<br />
Die Nachrüstung aller Anlagen mit einer<br />
vierten Reinigungsstufe (Filtrationsstufe) würde<br />
dabei helfen, den Nährstoffgehalt zu reduzieren.<br />
Innerhalb der Stadt muss versucht werden, den<br />
Abfluss von Niederschlagswasser in die Kanalisation<br />
zu minimieren. Zu den wirksamen Maßnahmen<br />
innerhalb von Bestandsgebieten gehören<br />
Entsiegelungs- und Dachbegrünungsmaßnahmen,<br />
das Ableiten des Regenwassers von Dachund<br />
Hofflächen auf Vegetationsflächen sowie<br />
das Einleiten in unterirdische Auffangbecken.<br />
Letzteres ist jedoch, soweit es überhaupt möglich<br />
ist, in Bestandsgebieten mit großem Aufwand<br />
verbunden. Die Berliner Wasserbetriebe<br />
(BWB) begünstigen Kunden, die anfallendes<br />
Niederschlagswasser vor Ort versickern oder<br />
anderweitig nutzen. Die in den Allgemeinen<br />
Bedingungen für die Entwässerung in Berlin<br />
(ABE) der BWB geregelte Gebührenerhebung<br />
hängt insbesondere vom Anteil der versiegelten<br />
und befestigten Flächen ab. Versiegelte Flächen<br />
schlagen zu 100 % zu Buche. Nachlässe von 50<br />
% gibt es für begrünte Dächer und sog. Nassdächer<br />
sowie für das Einleiten des anfallenden<br />
Niederschlagswassers in ein Mulden-Rigolen-<br />
System mit gedrosselter Ableitung und Teilversickerung.<br />
Belohnt werden auch Kunden, die auf<br />
dem Grundstück anfallendes Regenwasser z.B.<br />
als Brauchwasser, für die Toilettenspülung oder<br />
zur Bewässerung nutzen. Flächen mit Rasengittersteinen,<br />
Splittfugenpflastern, Porenpflastern,<br />
Kies- und Splittdecken sowie Schotterrasen, bei<br />
denen anfallendes Niederschlagswasser zu einem<br />
großen Teil vor Ort versickern kann, gehen<br />
22
erst gar nicht in die Entgeltberechnung ein.<br />
Die Behebung von Fehlentwicklungen in der<br />
siedlungswasserwirtschaftlichen Infrastruktur ist<br />
in der Regel kostspielig. Wie dargestellt fehlen<br />
für terrestrische Rückhaltebecken oft schlicht<br />
die Flächen. Daher muss zumindest bei zukünftigen<br />
Stadterweiterungen ganz besonders auf<br />
die Gewässerverträglichkeit geachtet werden.<br />
Hier sollte zukünftig also dem Grundsatz der<br />
Abflussvermeidung Rechnung getragen werden.<br />
Dies kann insbesondere geschehen durch:<br />
•Strikte Minimierung des Versiegelungsgrads,<br />
•Maßnahmen zur Vermeidung, Reinigung und Drosselung<br />
von Regenabflüssen am Ort des Anfalls (z.B.<br />
Dachbegrünungen, Regenwassernutzung für außerhäuslichen<br />
Gebrauch),<br />
•Schaffung Straßen begleitender Versickerungsmulden,<br />
•Bewirtschaftung des unvermeidlich anfallenden<br />
Regenabflusses durch Maßnahmen der Speicherung.<br />
Die Maßnahmen zur Gewässeraufwertung dürfen<br />
selbstverständlich nicht vor Ländergrenzen<br />
halt machen. Das Land Brandenburg hat den<br />
Masterplan Spree auf den Weg gebracht. Dieser<br />
sieht u.a. Renaturierungsmaßnahmen vor.<br />
Dazu gehören Deichverlegungen zur Schaffung<br />
neuer Auen, der Einbau von Buhnen, Inseln und<br />
Nebenrinnen, die Verbesserung der Gewässervernetzung<br />
zwischen Spree und Deichhinterland<br />
sowie der Rückbau von Uferbefestigungen.<br />
Wirkungsvoll wäre es, wenn größere Anteile<br />
der Ackerflächen auf konservierenden Anbau<br />
(Muldenanbau) umgestellt würden mit der Folge,<br />
dass der Bodenabtrag, der Oberflächenabfluss<br />
und dadurch der schädliche Nährstoffeintrag<br />
aus der Landwirtschaft deutlich reduziert<br />
würden.<br />
7. Schlussbemerkung und weiterer<br />
Forschungsbedarf – auch im<br />
Hinblick auf den Bezirk Treptow-<br />
Köpenick<br />
Entlang der Spree, dem „Blauen Faden der<br />
Stadtentwicklung“ (SenStadt), werden enorme<br />
Anstrengungen unternommen, die Uferbereiche<br />
und die angrenzenden Quartiere umzugestalten<br />
und den Flussraum als Freiraum erlebbar<br />
zu machen. Doch neben der städtebaulichen<br />
Komponente und der Gestaltung öffentlich<br />
zugänglicher Uferbereiche werden Attraktivität<br />
und Aufenthaltsqualität auch vom Zustand der<br />
Spree selbst abhängen. Die Sanierung der Gewässer<br />
liefert damit einen Beitrag zur Stadterneuerung,<br />
der sich in diesem Fall nicht nur im<br />
klassischen Bereich der Quartiersentwicklung<br />
abspielt, sondern auch thematisch bestimmte<br />
öffentliche Räume, wie hier den Gewässerlauf<br />
der Spree, zum Ziel haben kann.<br />
Eine gute Gewässerqualität ist ein wesentlicher<br />
Eckpfeiler eines gesunden Wasserkreislaufs und<br />
einer nachhaltigen Wasserversorgung. Daher<br />
muss in Berlin die Belastung der Oberflächengewässer<br />
durch Mischwasser und Niederschlagswasser<br />
von urbanen Flächen wirksam reduziert<br />
werden. Die EG-Wasserrahmenrichtlinie legt<br />
die Messlatte dafür gemessen an den spezifischen<br />
Berliner Rahmenbedingungen sehr hoch.<br />
Terrestrische Mischwasserrückhaltebecken würden<br />
sich eignen. Sie sind aber sehr teuer, und<br />
Flächen stehen dafür nicht in ausreichendem<br />
Umfange zur Verfügung.<br />
Steeg ist im Rahmen des Projekts SPREE2011<br />
mit dem Ziel angetreten, zukünftig (möglichst<br />
im Jahre 2011) in der innerstädtischen Spree<br />
baden zu können und daher Badewasserqualität<br />
zu erreichen. Legt man also die Zielvorgaben<br />
der EG-Badegewässerrichtlinie zu Grunde,<br />
ist der Standort für die Pilotanlage im Berliner<br />
Osthafen gut gewählt, da hier die Vorbelastungen<br />
der Spree hinsichtlich der für die Bemessung<br />
der Badegewässerqualität relevanten Parameter<br />
noch vergleichsweise gering sind. Nach<br />
Schließung des Klärwerks Falkenberg im Jahr<br />
2003 und im Falle der noch geplanten Installation<br />
einer vierten Klärstufe im Klärwerk Münchehofe<br />
würden am östlichen Rande des Berliner<br />
Mischkanalisationsnetzes im Bereich des Osthafens<br />
vor allem Abwasser aus den Überläufen<br />
nach Starkregenereignissen für eine Belastung<br />
der Spree sorgen. Die Spree ist hier besonders<br />
23
Wasser - Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
breit, und es bestünde ausreichend Platz für<br />
eine aquatische Mischwasserrückhaltung. Das<br />
Ziel von Badewasserqualität an diesem Ort<br />
erscheint mit der innovativen Technik möglich.<br />
Die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie<br />
wären damit jedoch noch nicht<br />
erfüllt. Weitere Maßnahmen sind erforderlich.<br />
Dazu gehört auch, den Niederschlagseintrag<br />
aus den Stadtbereichen mit Trennkanalisation<br />
spürbar zu reduzieren. Für den weiteren Verlauf<br />
in Richtung Westen gilt, dass die Spree nicht<br />
überall breit genug sein wird, allen Überläufen<br />
entsprechende aquatische Speicherbauwerke<br />
vorschalten zu können.<br />
Die Mischwasserrückhaltung ist nur ein Baustein,<br />
der zur Reinhaltung der Berliner Gewässer beitragen<br />
würde. Gerade in Bezug auf Neubauvorhaben<br />
in der Berliner Innenstadt wird es darauf<br />
ankommen, schon im Stadium der Bauleitplanung<br />
wasserwirtschaftliche Belange stärker als<br />
bislang zu berücksichtigen und alle Möglichkeiten<br />
des Gewässerschutzes (von der Vorortversickerung<br />
und sonstiger Niederschlagsnutzung<br />
bis hin zur Zwischenspeicherung) auszuschöpfen.<br />
Weiteren Untersuchungsbedarf gibt es hinsichtlich<br />
der Stadtgebiete, die über eine Trennkanalisation<br />
entsorgt werden. Zu diesen Ortsteilen<br />
gehören auch weite Teile des Bezirkes Treptow-<br />
Köpenick. Das System der Wasserrückhaltung<br />
– speziell der aquatischen Regenrückhaltung<br />
– sollte auch für diese Stadtteile in ähnlicher<br />
Form anwendbar sein. Im Rahmen des Studienprojektes<br />
wurde die These aufgestellt, dass<br />
insbesondere die ersten Wassermengen zu Beginn<br />
eines Regens Dreck und Staub in die anliegenden<br />
Vorfluter (und bezogen auf das Untersuchungsgebiet<br />
des Studienprojektes in Spree<br />
und Dahme) befördert. Wenn diese Annahme<br />
stimmt, würde zur Qualitätsverbesserung des<br />
Flusswassers beitragen, wenn genau das anfangs<br />
anfallende Regenwasser durch Rückhaltebecken<br />
abgefangen, darin gesäubert und erst danach in<br />
die Flüsse abgegeben werden würde. Diese Annahme<br />
bedarf tiefer gehender Untersuchungen,<br />
die nicht im Rahmen eines studentischen Projektes<br />
im Bereich der Stadt- und Regionalplanung<br />
durchgeführt werden können.<br />
Die Wasserreinhaltung wird sich in den kommenden<br />
Jahren und Jahrzehnten zu einer der<br />
weltweit größten Herausforderungen der<br />
Menschheit entwickeln. Derzeit leben 1,7 Milliarden<br />
Menschen in Regionen, in denen Trinkwasser<br />
knapp ist. Prognosen zu Folge könnte<br />
diese Zahl in den nächsten 25 Jahren auf fünf<br />
Milliarden steigen. Alle Millionenstädte weltweit<br />
– mit Ausnahme von Mexiko City – liegen an<br />
einem Fluss. Die Reinhaltung ist für die Aufrechterhaltung<br />
eines funktionierenden Wasserkreislaufs<br />
von herausragender Bedeutung. Die<br />
Speicherung von Mischwasser ist dabei ein<br />
wichtiges Element in einem Gesamtkonzept<br />
zum Schutz der Gewässer sein. Das Modell der<br />
Rückhaltemodule im Wasser kann durch mögliche<br />
Kosteneinsparungen der Mischwasserspeicherung<br />
Auftrieb verleihen. Das Pilotprojekt im<br />
Berliner Osthafen sollte man im Auge behalten.<br />
Für Badewillige in der Spree sei bisweilen jedoch<br />
noch das auf der anderen Uferseite liegende<br />
Badeschiff vor der Treptower Arena ans<br />
Herz gelegt.<br />
24<br />
4.2.2 Badeschiff am Spreeufer; Foto: Bernhard Weyrauch
1. Einführung<br />
Gutachten, Reporte und Filme<br />
zur globalen Erwärmung<br />
Am 24.05.2006 lief in den amerikanischen Kinos<br />
ein Dokumentarfilm an, der auf der ganzen<br />
Welt für großes Aufsehen und viel Beachtung<br />
sorgte. Die Rede ist von dem Film „Eine unbequeme<br />
Wahrheit“ der auf der „travelling global<br />
warming show“ des ehemaligen amerikanischen<br />
Vizepräsidenten Al Gore basiert.<br />
Al Gore (59) beschäftigt sich bereits seit seinem<br />
Studium mit der Klimaveränderung, und es ist<br />
sein Anliegen, die Menschheit über das Ausmaß<br />
zu unterrichten. Um möglichst viele Menschen<br />
zu erreichen, reist er von Stadt zu Stadt und<br />
hält Vorträge. Der Regisseur Davis Guggenheim<br />
erkannte das Potenzial in Al Gore und seiner<br />
Botschaft. Zusammen mit den Paramont Picture<br />
Studios verfilmten sie die Show und schufen<br />
den seit langem erfolgreichsten Dokumentarfilm.<br />
Weltweit hat der Film 49 Millionen Dollar<br />
eingespielt. Der Film und ihre Macher wurden<br />
überschüttet mit Auszeichnungen und Preisen.<br />
Er erhielt im Jahr 2007 zwei Oscars, einen als<br />
bester Dokumentarfilm und einen weiteren in<br />
der Kategorie „Beste Filmmusik“. Zudem wurde<br />
er mit dem Special-Humanitas-Preis für seine<br />
besonders gelungene Botschaft an die Menschheit<br />
ausgezeichnet. Dieser Preis wurde seit zehn<br />
Jahren nicht mehr an einen Film vergeben. Als<br />
Höhepunkt erhielt Al Gore im Oktober 2007<br />
den Friedensnobelpreis. Seit der Veröffentlichung<br />
wird der Film von einigen Seiten kritisiert<br />
und als unglaubwürdig dargestellt. Dies soll zum<br />
Anlass genommen werden, einen Blick hinter<br />
die Kulissen zu werfen und Aussagen sowie<br />
Kritik dazu zu hinterfragen. Dazu wurden ein<br />
dutzend wissenschaftliche Reporte und Protokolle,<br />
zahlreiche Zeitungsartikel, die über die<br />
entstandenen Diskussionen berichteten, sowie<br />
Kommentare von Wissenschaftlern und Politikern<br />
gesammelt, um zu klären, wie es unserer<br />
Erde momentan geht und gehen wird.<br />
2. Basiswissen zur „globalen Erwärmung“<br />
Eine wesentliche Grundlage zum Verständnis<br />
des Themenbereiches nimmt jedoch vorerst<br />
die Begriffserklärung des Themas „Reporte,<br />
Gutachten, Filme zur globalen Erwärmung“<br />
ein. Unter den drei Begriffen Reporte, Gutachten<br />
und Filme kann sich jeder etwas vorstellen.<br />
Diese Begriffe begegnen einem ständig im täglichen<br />
Leben. Im weiteren Verlauf wird zudem<br />
noch näher auf diese Begriffe eingegangen. Der<br />
Begriff „globale Erwärmung“ ist hingegen mit<br />
großer Vorsicht zu gebrauchen. Es bedeutet<br />
den allmählichen Anstieg der Durchschnittstemperatur<br />
in den vergangenen Jahrzehnten<br />
und die erwartete weitere Erwärmung in der<br />
Zukunft, die „sehr wahrscheinlich“ durch die<br />
Verstärkung des Treibhausgaseffektes durch den<br />
25
Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Menschen verursacht wird. Der Volksmund verbindet<br />
diesen Wortlaut jedoch auch mit der natürlichen<br />
Veränderung des Klimas auf der Erde.<br />
Irrtümlicherweise lautet der richtige Ausdruck<br />
für diesen Effekt „Klimawandel“. Klimawandel<br />
ist ein Synonym für „Klimageschichte“ und beschreibt<br />
einen langen Zeitraum. Festhalten lässt<br />
sich somit, das „Klimawandel“ die natürliche<br />
Veränderung bezeichnet, wohingegen „globale<br />
Erwärmung“ sich auf die gegenwärtige anthropogene<br />
Klimaänderung bezieht. Nur vor diesem<br />
Hintergrund lässt sich einfach behaupten, dass<br />
der „Klimawandel“ nicht vom Menschen verursacht<br />
ist – die „globale Erwärmung“ ist es im<br />
Unterschied dazu jedoch schon.<br />
Es bleibt dennoch die Frage offen, wie „globale<br />
Erwärmung“ entsteht und sich weiterentwickelt.<br />
Kurz und knapp kann man es wie folgt<br />
beschreiben. Die Erde und Atmosphäre wird<br />
durch Sonnen-einstrahlung erwärmt. Dies erfolgt,<br />
indem ein Teil dieser Wärme in Form von<br />
Infrarotstrahlung wieder nach außen abgestrahlt<br />
wird. Der verbleibende Rest wird von der äußeren<br />
Atmosphärenschicht reflektiert, auf die<br />
Erde zurückgeworfen und sorgte bisher für eine<br />
relativ konstant bleibende Temperatur auf der<br />
Erde. Die klimaschädigenden Treibhausgase, wie<br />
beispielsweise CO2, machen die äußere Atmosphärenschicht<br />
immer undurchlässiger. Dadurch<br />
wird immer mehr Infrarotstrahlung zur Erde<br />
zurückgestrahlt: Es kommt zur „globalen Erwärmung“.<br />
3. Gutachten,<br />
Reporte und Filme<br />
All diese Aussagen beinhaltet<br />
der IPCC-Report<br />
(Intergovermental Panel<br />
on Climate Change; zu<br />
deutsch: Zwischenstaatliche<br />
Sachverständigen-gruppe<br />
über Klimaerwärmung).<br />
Der Report ist in diesem<br />
Fachbereich das wichtigste<br />
Dokument, da es die<br />
Ergebnisse verschiedener<br />
Forschungsdisziplinen zusammenfasst. Einen besonderen<br />
Stellenwert nimmt dabei die Klimatologie<br />
ein. Dieser Report wird zudem als Grundlage<br />
jeglicher wissenschaftlicher und politischer<br />
Diskussionen auf diesem Themenfeld weltweit<br />
verwendet. In einem regelmäßigen Rhythmus<br />
von ca. 4 Jahren werden alle neuen Erkenntnisse<br />
in ihm zusammengetragen und fortgeschrieben.<br />
Die letzte Neuauflage erschien in Teilen im<br />
Oktober 2007 und war pünktlich zur Weltklimakonferenz<br />
vom 3. – 14. Dezember 2007 auf<br />
Bali fertiggestellt. Die IPCC-Gruppe wurde im<br />
Jahr 1988 vom Weltklimarat der Vereinten Nationen<br />
(UN) ins Leben gerufen, um die Risiken<br />
der globalen Erwärmung zu beurteilen und Vermeidungsstrategien<br />
zusammenzufassen. Diese<br />
Organisation erhielt gemeinsam mit Al Gore,<br />
den Friedensnobelpreis 2007. An dieser Stelle<br />
soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass Al Gore<br />
sich bei der „traveling global warming show“<br />
ausschließlich auf den IPCC-Report bezieht.<br />
Ein weiteres Produkt der<br />
Vereinten Nationen ist<br />
das „Kyoto-Protokoll“.<br />
Dieses ist ein Rahmenübereinkommen<br />
über<br />
Klimaänderung und stellt<br />
Richtlinien zur Vermeidung<br />
und vor allem zur<br />
Senkung des CO2- Ausstoßes<br />
bis 2012 auf. Es<br />
wurde am 11. Dezember<br />
1997 im japanischen<br />
Kyoto als Zusatzprotokoll<br />
der Klimarahmenkonventionen<br />
beschlossen und<br />
ist am 16. Februar 2005 in Kraft getreten. Die<br />
Teilnahme an diesem Programm ist leider keine<br />
Pflicht und somit haben die USA und Australien<br />
das Protokoll zwar unterschrieben, jedoch nicht<br />
ratifiziert. Vom 3. bis 14. Dezember 2007 fand<br />
die 3. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls<br />
auf Bali statt. Die Konferenz sollte einen<br />
Verhandlungszeit-plan und Verhandlungsinhalte<br />
für die nächsten Jahre festlegen, damit nach dem<br />
Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 ein neues<br />
Klimaschutzprogramm nahtlos in Kraft treten<br />
kann. Nach dem jüngsten Regierungswechsel<br />
26
hat nun auch Australien das Kyoto-Protokoll<br />
ratifiziert.<br />
Auf deutscher Bundesebene<br />
wurde das Nationale<br />
Klimaschutz-programm<br />
2005 erstellt, mit<br />
dessen Hilfe die Ziele des<br />
Kyoto-Protokolls erreicht<br />
werden sollen. Herausgeber<br />
ist das Bundesamt für<br />
Umwelt, Naturschutz und<br />
Reaktorsicherheit. In diesem<br />
Programm wird die Entwicklung der CO2-<br />
Emmissionen in Deutschland geschildert. Es<br />
veranschaulicht zudem, wie der momentanen<br />
Entwicklungen entgegengewirkt werden kann.<br />
Ebenfalls wurde im Jahr 2005 ein Programm<br />
vom Umweltbundes-amt veröffentlicht. „Die<br />
Zukunft in unseren Händen – 21 Thesen zur<br />
Klimapolitik des 21. Jahrhunderts“ lautet der Titel<br />
und äußert an vielen Stellen scharfe Kritik an<br />
der derzeitigen Politik. Wie das zuvor genannte<br />
Programm bezieht es sich überwiegend auf Gefahrenabwehr<br />
und -vermeidung.<br />
Im Jahr 2006 erschien der<br />
„Stern Review“ (Stern<br />
Review on the Economics<br />
of Climate Change)<br />
von Nicholas Stern. Er ist<br />
der ehemalige Weltbank-<br />
Chefökonom und jetzige<br />
Leiter des volkswirtschaftlichen<br />
Dienstes der<br />
britischen Regierung. Auf<br />
650 Seiten wird in diesem<br />
Bericht zusammengefasst,<br />
welche ökonomischen<br />
Folgen die globale Erwärmung<br />
für das Vereinte Königreich Großbritannien<br />
haben kann. Hierbei werden verschiedene<br />
Szenarien vorgestellt. Laut Sternreport wäre es<br />
möglich, zur Abwendung der schlimmsten Folgen<br />
des Klimawandels die Kosten auf ca. 1 % des<br />
globalen BIP jährlich zu beschränken. Dagegen<br />
würde der Schaden, wenn nicht gehandelt werde,<br />
sogar auf möglicherweise 20% des BIP oder<br />
mehr geschätzt.<br />
Des Weiteren wurden zahlreiche Berichterstattungen<br />
aus Tageszeitungen, Magazinen und<br />
weiteren Medien hinzugezogen, die das Thema<br />
„globale Erwärmung“ thematisieren. Es kristallisierte<br />
sich hierbei die Berichterstattung über<br />
ein britisches Gerichtsurteil als am Wichtigsten<br />
heraus. Hintergrund des Streits: Die britische<br />
Regierung kaufte mehrere tausend Kopien der<br />
Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit“<br />
- Filme, um diese im Schulunterricht vorzuführen<br />
und „globale Erwärmung“ als Lehrinhalt zu<br />
festigen. Ein Vater zweier schulpflichtiger Kinder<br />
war von dieser Umsetzung nicht angetan und<br />
klagte gegen dieses Vorgehen, da er die Meinung<br />
vertrat, dass Al Gore die Unwahrheit berichten<br />
und er die ganze Welt nur in Angst und Schrecken<br />
versetzten würde und die Regierung die<br />
Schüler einer „Gehirnwäsche“ und politischer<br />
Indoktrinierung aussetze. Als richterlicher Beschluss<br />
wurden neun Vermerke aufgestellt, die<br />
nun bei jeder schulischen Vorführung benannt<br />
werden müssen. Diese Vermerke sollen, nach<br />
Auffassung des Richters, einige Sachverhalte<br />
richtigstellen.<br />
4. „Eine unbequeme Wahrheit“ –<br />
kritische Auseinandersetzung mit<br />
den Fakten ausgewählter Filmsequenzen<br />
Im Folgenden wird der Hauptteil schriftlich<br />
zusammengefasst. Dieser bestand darin, ausgewählte<br />
Filmsequenzen aus dem Film „Eine<br />
unbequeme Wahrheit“ vorzuführen, die einen<br />
bestimmten Sachverhalt behandeln. Al Gore<br />
schildert dazu aus seiner Sicht den wissenschaftlichen<br />
Stand aus dem Jahr 2005 und kommentiert<br />
diesen. Anschließend wurden die recherchierten<br />
Befürwortungen und Kritiken dieser<br />
Darstellung gegenübergestellt, wodurch die<br />
Zuhörer sich ein eigenes Bild über die Relevanz<br />
und den Wahrheitsgehalt des Themas bilden<br />
konnten. Zur Unterstützung der Filmszenen findet<br />
man nachfolgend zu jeder Szenenbeschreibung<br />
ebenfalls die entsprechende Spielzeit. Dadurch<br />
wird ermöglicht, dass die entsprechenden<br />
Szenen nochmals angeschaut werden können.<br />
27
Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
4.1. CO2- Messungen und ihre<br />
Auswirkungen auf Gletscher<br />
In dieser Szene zeigt Al Gore den Anstieg des<br />
CO2-Gehaltes in der Atmosphäre anhand einer<br />
Aufzeichnung mit der Roger Revelle im Jahr<br />
1957 begann. Die dargestellte Kurve verläuft in<br />
einer Zick-Zack-Form und zeigt, dass der CO2-<br />
Rückschlüsse auf das Klima der Vergangenheit<br />
gewinnen kann. In den letzten 50 Jahren ist der<br />
CO2-Anteil jedoch auf fast das Doppelte angestiegen.<br />
Dies bedeutet, dass er bei fortschreitendem<br />
Ausstoß in 50 Jahren zehnmal so hoch sein<br />
würde, wodurch vermehrt Sonnenstrahlung in<br />
der Atmosphäre bliebe, was das Erdklima noch<br />
mehr anheizen würde.<br />
Gehalt stetig ansteigt.<br />
Die jährliche Variation<br />
entsteht dadurch,<br />
dass die Landmasse<br />
nördlich des Äquators<br />
die meiste Vegetation<br />
enthält. Der<br />
daraus resultierende<br />
Effekt ist, dass sie im<br />
Frühjahr und Sommer mehr CO2 „einatmen“<br />
und Sauerstoff „ausatmen“ kann, als die ozeanreiche<br />
Südhälfte. Trotz der Bemühungen, die<br />
Emissionen von CO2 zu senken, beispielsweise<br />
durch die Einführung einer CO2-Steuer und das<br />
Kyoto-Protokoll, steigt der CO2-Gehalt weiter.<br />
Aus diesem Grund schmelzen die<br />
Gletscher, wie am Kilimandscharo, im Himalaja,<br />
aber auch in den heimischen Alpen immer<br />
weiter ab. Letztendlich ergeben sich daraus dramatische<br />
Folgen für die Trinkwasserversorgung<br />
von 40 Prozent der Weltbevölkerung. In 50<br />
Jahren wird es kaum noch Himalaja-Gletscher<br />
geben, aus denen sich die großen Flüsse speisen.<br />
Eine weitere Grafik zeigt den Verlauf der<br />
CO2-Konzentration der letzten 650.000 Jahre.<br />
Al Gore vergleicht dabei den CO2-Gehalt und<br />
die Durchschnittstemperatur. Ersichtlich wird,<br />
dass beide Kurven bis auf die letzten 50 Jahre<br />
relativ konstant blieben. Bestätigt wird dies<br />
durch Eisbohrkerne aus der Antarktis, an denen<br />
man, ähnlich wie an Jahresringen von Bäumen,<br />
Al Gores Hauptquelle, der IPCC-Report, bestätigt<br />
diese Fakten zum größten Teil. Das britische<br />
Gericht hingegen hat beschlossen, dass bei<br />
weiteren Schulaufführungen darauf hinzuweisen<br />
ist, dass zwar ein Zusammenhang der beiden<br />
Kurven (CO2-Gehalt und Durchschnittstemperatur)<br />
erwiesen sei, eine „exakte Übereinstimmung“<br />
bislang von der Wissenschaft noch nicht<br />
bewiesen ist. Auch die neue Ausgabe des IPCC-<br />
Report aus dem Jahr 2007 lässt nicht darauf<br />
schließen. Ein weiterer Aspekt ist das Abschmelzen<br />
der Eiskappe am Kilimandscharo im Zuge<br />
der globalen Erwärmung. Dies sei ebenfalls nicht<br />
wissenschaftlich erwiesen. Stefan Rahmstorf,<br />
Professor am Potsdamer-Institut für Klimafolgenforschung,<br />
äußerte sich in Bezug auf diese<br />
Aussage in einem Interview gegenüber dem<br />
Berliner Tagesspiegel wie folgt: „(....) Gore zeigt<br />
die Eiskerndaten aus der Antarktis (....) er spricht<br />
von der globalen Temperatur, obwohl diese Daten<br />
die Temperatur in der Antarktis wiedergeben.(....)<br />
Nur die Daten für CO2 gelten global.(....)“.<br />
4.2. Niederschläge und Verdunstung<br />
Zum Themenbereich „Niederschläge und<br />
Verdunstung“ schildert Gore, dass Skeptiker<br />
seit den siebziger Jahren eine Erwärmung der<br />
Weltmeere vorausgesagt haben und dafür ausgelacht<br />
wurden. Heute erkennt man, dass ihre<br />
Prognosen richtig gewesen sind. Bedingt durch<br />
eine Erwärmung der Meere erhöht sich die Luftfeuchtigkeit<br />
und es entstehen stärkere Stürme<br />
und Hurrikans. Diese Zusammenhänge werden<br />
laut Gore von der wissenschaftlichen Fachwelt<br />
bestätigt. Die Medien hingegen leugnen diese.<br />
Gore schildert weiter, dass die globale Erwärmung<br />
mit sturzflutartigen Niederschlagsmengen<br />
einhergeht, die kleine Gebiete überfluten,<br />
28
Beispiel für die zukünftige Verteilung der Niederschläge im Winter (Dez. - Feb., links) und im Sommer (Jun. bis<br />
Aug., rechts). Veränderungen in Prozent. Weiße Flächen bedeuten, dass weniger als zwei Drittel der Studien zum<br />
gleichen Ergebnis - Abnahme oder Zunahme - kamen; gerasterte Flächen bedeuten, dass mehr als 90 Prozent der<br />
Studien zum selben Ergebnis kamen.<br />
während Nachbarprovinzen vertrockneten.<br />
Sehr deutlich hat sich dieses im Jahr 1994 in Indien<br />
wieder-gespiegelt. In vielen Regionen ist<br />
der Monsun ausgeblieben, während Mumbai an<br />
einem Tag von 94 cm - das bedeutet 940 Liter<br />
pro Quadratmeter - Regenwasser überflutet<br />
wurde. Die Erwärmung saugt nicht nur mehr<br />
Wasser aus dem Meer, sondern zieht auch mehr<br />
Flüssigkeit aus der Erde, die vielerorts versteppt.<br />
Als Beispiel für diesen Effekt wird der Tschadsee<br />
in Zentralafrika genannt.<br />
Beispiel für die zukünftige Verteilung der Niederschläge<br />
im Winter (Dez. - Feb., links) und im<br />
Sommer (Jun. bis Aug., rechts). Veränderungen<br />
in Prozent. Weiße Flächen bedeuten, dass weniger<br />
als zwei Drittel der Studien zum gleichen<br />
Ergebnis - Abnahme oder Zunahme - kamen;<br />
gerasterte Flächen bedeuten, dass mehr als 90<br />
Prozent der Studien zum selben Ergebnis kamen.<br />
Quelle: Climate Change 2007: The Physical<br />
Science Basis. Summary for Policymakers.<br />
Der IPCC-Report benennt ebenfalls Veränderungen<br />
der Niederschläge und bestätigt dieses<br />
mit Grafiken, aus denen ersichtlich ist, dass Regenfälle<br />
in nördlichen Breiten zunehmen und in<br />
den Subtropen dagegen abnehmen werden. Das<br />
britische Gericht hat hingegen für das Vereinigte<br />
Königreich beschlossen, dass die Gründe für das<br />
Austrocknen des Tschadsees im Bevölkerungswachstum,<br />
der Landwirtschaft und regionalen<br />
Klimaschwankungen zu suchen seien.<br />
4.3. Die Arktis<br />
Gore schildert in dieser Szene, dass in der Arktis<br />
der Permafrostboden taut und in der Folge<br />
Pipelines und Häuser zerbersten. Vor 35 Jahren<br />
konnte man 225 Tage im Jahr die Permafrostböden<br />
mit dem LKW befahren. Heute sind es<br />
hingegen nur noch 75 Tage. Seit 1970 nahmen<br />
Menge, Ausdehnung und Dicke des Eises der<br />
Arktis um 40 Prozent ab. Laut Gore wird es<br />
in 50 Jahren vollkommen verschwunden sein.<br />
Anhand einer Animation erklärt Gore, dass die<br />
arktische Eiskappe wie ein Spiegel die Sonnenstrahlung<br />
reflektiert und<br />
somit die Wärme zu 90 Prozent wieder abgibt,<br />
während sie auf dem Meer zu 90 Prozent absorbiert<br />
wird. In einer weiteren dramatischen<br />
Animation wird dargestellt, wie seit kurzem<br />
vermehrt ertrunkene Eisbären gefunden wurden,<br />
die manchmal über 100 km lange Strecken<br />
schwimmen müssen, um Packeis zu erreichen.<br />
Eine Bestätigung dieser Aussagen lässt sich zum<br />
Teil durch den IPCC-Report ableiten, indem es<br />
lautet: „Die Erwärmung wird in den nördlichen<br />
Breiten am stärksten sein; es wird weniger Schnee<br />
geben und das arktische und antarktische See-Eis<br />
wird zurückgehen; die Arktis könnte im Sommer<br />
eisfrei werden“. Zu der Aussage bezüglich den<br />
Eisbären nahm der britische Richter Burton, der<br />
den bereits bekannten Fall verhandelte, Stellungnahme.<br />
Zitat: „In dem Film komme eine Studie vor,<br />
der zufolge Eisbären bei der verzweifelten Suche<br />
nach Packeis ertrunken seien. Die einzige wissenschaftliche<br />
Studie, die er habe finden können, habe<br />
legentlich von vier in einem Sturm ertrunkenen Eisbären<br />
berichtet.“<br />
4.4. Das ozeanische Förderband<br />
In diesem Abschnitt wird beschrieben, dass das<br />
29
Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Weltklima wie ein großer Motor arbeitet. Die<br />
Wärme wird vom Äquator zu den Polen durch<br />
Strömungen und Windsysteme getrieben. Das<br />
Klima bewegt sich dabei in abrupten Sprüngen.<br />
Wenn es nach dem statistischen Mittelwert<br />
einen weltweiten Temperaturanstieg von<br />
2,75 °C gäbe, dann erwärmt sich die Erde in<br />
Äquatornähe nur um 0,5 °C, in der Arktis aber<br />
um 6 °C. Des Weiteren erklärt Gore, dass der<br />
Golfstrom eine Art „Förderband des Ozeans“<br />
ist. An der Wasseroberfläche verlaufen warme<br />
Strömungen, die sich durch die Sonneneinstrahlung<br />
immer weiter aufheizen. Durch das<br />
schwere salzhaltige Wasser der Arktis kühlt es<br />
sich letztendlich ab und sinkt zu Boden. Auf dem<br />
Ozeanboden wird es wiederum zurückgezogen,<br />
wodurch ein Kreislauf entsteht.<br />
Vor ca. 9000 Jahren ist es zu einer knapp<br />
1000jährigen Eiszeit in der Atlantikregion gekommen.<br />
Riesige Mengen abgeschmolzenen<br />
Gletscherwassers (Süßwasser) sammelten sich<br />
in Seen auf dem nord-amerikanischen Kontinent.<br />
Als Damm zum Nordatlantik diente eine<br />
Wand aus Gletschereis, die jedoch auch immer<br />
weiter abschmolz. Nachdem das Eis dem Wasserdruck<br />
nicht mehr standhalten konnte, gelangte<br />
das Schmelzwasser in den Atlantik und<br />
dünnte den Salzgehalt. Die Folge war, dass der<br />
Golfstrom außer Kraft gesetzt wurde und somit<br />
keine zusätzliche Wärme in die Atlantikregion<br />
gelangte und eine Eiszeit zur Folge hatte.<br />
Etwas Ähnliches könnte wieder passieren, wenn<br />
sich auf der Oberfläche des Grönlandgletschers<br />
durch die Erwärmung Süßwasserseen bilden, die<br />
das atlantische Salzwasser letzten Endes wieder<br />
verdünnen. Bereits seit einigen Jahren lässt sich<br />
beobachten, dass sich dieser Klimaschock anbahnt.<br />
Nach den neusten Erkenntnissen aus dem Jahr<br />
2007 stellt der IPCC-Report folgendes richtig:<br />
„Die zum globalen Förderband gehörende Meeresströmung<br />
im Atlantik wird sehr wahrscheinlich<br />
schwächer werden, ein “Umkippen“ hält der IPCC<br />
im 21. Jahrhundert aber für sehr unwahrscheinlich.“<br />
Desweiteren konnten keine weiteren Befürworter<br />
oder Kritiker dieser Theorie ausfindig<br />
gemacht werden.<br />
4.5. Auswirkungen auf die Ökosysteme<br />
In dieser Filmsequenz schildert Al Gore, wie im<br />
nieder-ländischen Wattenmeer die Zugvögel<br />
seit Jahrhunderten um den 25. April herum erscheinen<br />
und ihre Küken ca. am 3. Juni schlüpfen.<br />
Die Ökosysteme hätten sich so aufeinander eingestellt,<br />
dass zu dieser Zeit auch Raupen schlüpften,<br />
die für die Vögel eine Nahrungsgrundlage<br />
bildeten. Mittlerweile kommen die Zugvögel<br />
jedoch bereits zwei Wochen früher und somit<br />
schlüpfen auch die Küken früher, so dass sie einerseits<br />
keine Nahrungsgrundlage mehr haben<br />
und andererseits die nun undezimierten Raupen<br />
große Umweltschäden<br />
anrichten können. Zudem wandern<br />
auch neue Arten ein, wie beispielsweise Borkenkäfer<br />
in Alaska, die den Baumbestand vernichten.<br />
Auch Städte, die bewusst oberhalb der<br />
Moskitogrenze gegründet wurden, leiden neuerdings<br />
unter einer Moskitoplage, die wiederum<br />
Krankheiten auf Menschen und Tiere übertragen.<br />
Durch die Meereserwärmung kommt es zu<br />
einem Korallensterben, was wiederum Fischarten<br />
aussterben lässt. Die Aussterberate hat sich<br />
in den letzten Jahrzehnten vertausendfacht.<br />
Diese Aussagen wurden von dem IPCC-Report<br />
bestätigt. In ihm wird ebenfalls eine Veränderung<br />
der Ökosysteme genannt. Es wird beschrieben,<br />
dass der Frühling überall früher auftritt und<br />
sich dadurch die Tiere polarwärts oder in höhere<br />
Bereiche der Berge bewegen. Natürliche<br />
Schwankungen sind daher als Ursache „sehr unwahrscheinlich“.<br />
Dieser Aussage wiederspricht<br />
auch kein Kritiker.<br />
4.6. Anstieg des Meeresspiegels<br />
Gore zeigt zu diesem Thema mit Hilfe von Animationen<br />
die Entstehung von Süßwasserseen<br />
durch Schmelzwasser auf dem Eisschelf der<br />
Antarktis. Er schildert, dass schon innerhalb von<br />
35 Tagen ein Eisschelf von einer immensen Größe<br />
verschwunden ist, dem Wissenschaftler noch<br />
ein 100-jähriges Fortbestehen zugestanden hatten.<br />
Des Weiteren rutscht das Festlandeis unter<br />
30
seinem eigenen Druck unaufhaltsam in Richtung<br />
Meer. Das Wasser aus den Süßwasserseenseen<br />
verändert die Konsistenz des Eises, es entstehen<br />
Gletscherhöhlen, und der Zwischenraum<br />
zwischen dem Felsboden und dem Gletscher<br />
wird durch das sickernde Wasser geschmiert.<br />
Das erwärmte Meer berührt die Unterfläche<br />
des herausgedrückten Eises, was ein Abschmelzen<br />
beschleunigt. Gore warnt davor, dass bereits<br />
ein fünfzig prozentiges Abschmelzen des grönländischen<br />
Festlandeises und des antarktischen<br />
Eisschelfes den Meeresspiegel weltweit um<br />
sechs Meter ansteigen lässt. Der Grönländische<br />
Eisschelf ist in den letzten 15 Jahren schon um<br />
die Hälfte geschrumpft, so Al Gore. Es sei in den<br />
nächsten Jahren mit über 100 Millionen Flüchtlingen<br />
durch den Anstieg des Meeresspiegels<br />
zu rechnen. Da Katastrophen abrupt aufträten,<br />
wäre die Menschheit vor deren ungeahnten<br />
Ausmaßen betroffen.<br />
Diese Aussage ist die umstrittenste des ganzen<br />
Filmes. Auf der ganzen Welt entstand Kritik seitens<br />
der Wissenschaftler und bereits der Blick in<br />
den IPCC-Report lässt klären, dass zwar durch<br />
den Temperaturanstieg auch der Meeresspiegel<br />
ansteigen wird, sich dieses jedoch je nach Ausmaß<br />
zwischen 18 und 59 cm bis zum Ende des<br />
Jahrhunderts und um 0,3 bis 0,8 m bis zum Jahr<br />
2300 bewegen wird. Im IPCC-Report lautet es<br />
„Das Abtauen der Gletscher Grönlands würde den<br />
Meeresspiegel um 7 Meter ansteigen lassen, es ist<br />
bei einem weiteren Anstieg der Temperatur um 1<br />
bis 4 °C „wahrscheinlich“, würde aber Hunderte<br />
bis Tausende von Jahren dauern.“ Al Gore zeigt in<br />
diesem Fall also nicht das richtige Zeitverhältnis<br />
auf, sondern erwähnt nur, dass die Wissenschaftler<br />
sich schon einmal stark getäuscht haben.<br />
4.7. Bevölkerungswachstum, alte<br />
Gewohnheiten und neue Technologien<br />
In dieser Szene beschreibt Gore den stetigen<br />
Anstieg der Weltbevölkerung und den damit<br />
verbundenen Bedarf an Energie und Nahrungsmitteln.<br />
Er bemängelt, dass bisher noch zu sehr<br />
an den alten Gewohnheiten festgehalten wird.<br />
Es entstehen weiterhin neue Kohlekraftwerke,<br />
ebenfalls steigen die Absatzmärkte von Automobilen,<br />
die fossile Brennstoffe benötigen. Gore<br />
weißt daraufhin, dass keine Senkung des CO2-<br />
Ausstoßes in Sicht ist. Er berichtet, dass die Ideen<br />
längst realisiert wurden und neue Technologien<br />
geschaffen wurden. Es ist an der Zeit diese<br />
großflächig einzusetzen, damit die momentane<br />
CO2-Entwicklung sich schnell zum Positiven ändert.<br />
4.8. Al Gores Kritik an Wissenschaft<br />
und Politik<br />
Gore schildert einige Fälle aus wissenschaftlichen<br />
und politischen Bereichen. Diese richten<br />
sich besonders nach den amerikanischen Verhältnissen.<br />
Gore verurteilt Entschei-dungen und<br />
Handlungsweise der Bush-Regierung. Zudem<br />
weißt er auf Vorgänge innerhalb des Weißen<br />
Hauses hin, bei denen wissenschaftliche Texte<br />
zugunsten der Politik abgeändert wurden. Er<br />
verdeutlicht den Druck, der auf den Wissenschaftlern<br />
lastet und ihnen wahrscheinlich oftmals<br />
die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse<br />
erschwert. Diese Botschaft richtet sich<br />
ganz gezielt an die amerikanische Politik, Wissenschaft<br />
und Bevölkerung.<br />
4.9. Balance zwischen Wirtschaft<br />
und Umwelt<br />
In dieser Sequenz wird auf die Wirtschaftlichkeit<br />
des Klimawandels eingegangen. Anhand von<br />
Bildern erklärt Gore die Zusammenhänge von<br />
Wirtschaft und Umwelt und verdeutlicht, dass<br />
es an der Zeit ist zu handeln. Wenn die Länder<br />
nun beginnen, etwas gegen die globale Erwärmung<br />
zu unternehmen, so können sie viele Kosten<br />
einsparen.<br />
Auch Nicholas Stern kam zu diesem Ergebnis.<br />
In seinem „Stern Review“ lautet es: „Der Nutzen,<br />
wenn wir entschlossen und sofort handeln,<br />
übersteigt bei weitem die wirtschaftlichen Kosten,<br />
die wir tragen müssten, wenn wir nicht handelten.“<br />
31
Gutachten, Reporte und Filme zur globalen Erwärmung - Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
(...) „Berücksichtigt man ein breites Spektrum von<br />
Risiken und Folgen, wird der Schaden sogar auf<br />
möglicherweise 20% des Bruttoinlandproduktes<br />
oder mehr geschätzt.“ „ (...)andererseits wäre es<br />
möglich (...) zur Abwendung der schlimmsten Folgen<br />
des Klimawandels die Kosten auf ca. 1% des<br />
globalen Bruttoinlandproduktes zu beschränken.“<br />
Hierbei wird also auch wieder ganz deutlich wie<br />
wichtig es ist, dass die ganze Welt handelt und<br />
gemeinsam Wege findet.<br />
4.10. Die Lösung liegt in unseren<br />
Händen<br />
Im letzen ausgewählten Ausschnitt beschreibt<br />
Gore abschließend, wie einfach es eigentlich ist,<br />
den CO2-Ausstoß zu senken. Bei dieser Darstellung<br />
beschreibt er ein Szenario am Beispiel<br />
der USA. Laut dieser Grafik ist es den USA<br />
möglich, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2050<br />
zu halbieren.<br />
Theoretisch ist dieser Weg zu realisieren, jedoch<br />
verfolgt die momentane Regierung der USA ein<br />
anderes Leitbild, in dem Klimapolitik keinen großen<br />
Stellenwert einnimmt.<br />
Abschließend kann festgehalten werden, dass<br />
der Film „Eine unbequeme Wahrheit“ viele Fakten<br />
richtig wiedergibt und die langen, teilweise<br />
undurchschaubaren Texte des IPCC-Reports<br />
gut durchleuchtet. Al Gore und Davis Guggenheim<br />
ist damit eine wirklich wichtige Botschaft<br />
an die Menschen gelungen. Der Film macht das<br />
Thema für den Zuschauer sehr interessant und<br />
verständlich. Folgende Punkte kristallisieren sich<br />
heraus und sollen abschließend festgehalten<br />
werden:<br />
• Das Schmelzwasser von den Gletschern Grönlands<br />
hat sich in den vergangen zehn Jahren mehr<br />
als verdoppelt.<br />
• Hitzewellen werden häufiger und intensiver auftreten.<br />
• Dürren und daraus resultierende verheerende<br />
Großflächenbrände werden häufiger auftreten.<br />
• Mindestens 279 Pflanzen- und Tierarten reagieren<br />
bereits auf die „globale Erwärmung“ indem sie<br />
sich in Richtung der Pole zurückziehen.<br />
• Mehr als eine Millionen Arten können bis 2050<br />
ausgestorben sein.<br />
• Malaria tritt nun auch in höher gelegenen Regionen<br />
auf, zum Beispiel in den kolumbianischen<br />
Anden, 2.000m über dem Meeresspiegel.<br />
• Der Meeresspiegel könnte weltweit um mehr<br />
als 7m ansteigen, verbunden mit dem Schwinden<br />
des Schelfeises in Grönland und in der Antarktis.<br />
Küstenregionen auf der ganzen Welt würden dadurch<br />
vernichtet. Dies würde sich jedoch über einen<br />
Zeitraum von hunderten bis tausend Jahren<br />
erstrecken.<br />
• Die Todesfälle infolge globaler Erwärmung werden<br />
sich in nur 25 Jahren verdoppeln – auf 300.000<br />
Menschen pro Jahr.<br />
• In einer Berichterstattung vom 11. Oktober<br />
2007 im Spiegel lautete es:<br />
(...) Es haben sich Heerscharen von Wissenschaftlern,<br />
Umweltschützern und Klimawandelskeptikern<br />
über den Streifen hergemacht und ihn aus allen<br />
Winkeln beleuchtet. Dabei tauchten kleinere Fehler<br />
und Unschärfen auf, doch die meisten Experten<br />
bescheinigten Gore, die Faktenlage im Großen und<br />
Ganzen korrekt dargestellt zu haben. (...)“<br />
Dieser Aussage können wir uns nur anschließen.<br />
Es gibt zahlreiche Kommentare, Berichte,<br />
Gutachten, Reporte etc. zu diesem Thema. Es<br />
sind so viele, dass man sie leider nicht alle lesen<br />
kann, obwohl einen das Thema in den Bann<br />
zieht. Wir hoffen jedem einen guten Einblick in<br />
diese Thematik ermöglicht zu haben. Es lohnt<br />
sich das Thema weiter zu verfolgen und dafür<br />
zu sorgen, dass es nicht nur von Politikern und<br />
Wissenschaftlern diskutiert wird, sondern von<br />
der gesamten Weltbevölkerung. Für die Regierungen<br />
steht die Wirtschaft im Vordergrund. Es<br />
liegt an uns eine Veränderung zu fordern und<br />
diese herbeizuführen.<br />
32
Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />
1.1 Einführung<br />
Gewandelt hat sich das Klima seit Urzeiten immer<br />
wieder, jedoch in langen Intervallen, innerhalb<br />
eines Menschenlebens kaum bemerkbar. Das<br />
ist heute anders. Der so genannte Treibhauseffekt<br />
heizt dem Weltklima ein, der Trend auf der<br />
Temperaturskala ist eindeutig: nach oben. Dieser<br />
anthropogene Klimawandel – in seinem Bericht<br />
vom 17.11.2007 bestätigt der Weltklimarat der<br />
Vereinten Nationen (IPCC) „ausdrücklich, dass<br />
die Klimaerwärmung von menschlichen Aktivitäten<br />
verursacht werde“ – wirkt sich auf fast<br />
alle Regionen der Erde aus. Auch im Raum<br />
Berlin-Brandenburg wird sich das Klima in den<br />
kommenden Jahrzehnten verändern, wie das<br />
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)<br />
2003 in einer Studie ermittelt hat. Ergebnis: Das<br />
Klima in Berlin-Brandenburg wird wärmer, trockener<br />
und extremer. Eine solche Veränderung<br />
bleibt nicht folgenlos. Die Studie benennt mannigfaltige<br />
Auswirkungen auf die Region: geomorphologisch,<br />
biologisch, ökologisch, ökonomisch,<br />
und gesellschaftlich. Nach heutigem Verständnis<br />
werden die Veränderungen größtenteils einen<br />
negativen Beigeschmack mit sich bringen. Damit<br />
„wird deutlich, dass der Klimawandel nicht<br />
mehr, wie noch vor wenigen Jahren, nur als theoretische<br />
Möglichkeit anzusehen ist, sondern<br />
Planungen und Aktivitäten sich hier und heute<br />
praktisch damit<br />
auseinander<br />
setzen<br />
müssen“. Die<br />
Wissenschaftler<br />
ermahnen<br />
zum Abschluss<br />
ihres Berichts<br />
bewusst und<br />
in aller Deutlichkeit<br />
die<br />
Entscheidungsträger:<br />
„Viele<br />
der bereits<br />
heute getroffenen<br />
und zu<br />
t r e f f e n d e n<br />
Entscheidungen<br />
von langfristiger<br />
Bedeutung müssen – anders als bisher<br />
– die projizierte Klimaveränderung unbedingt<br />
berücksichtigen, um effektiv wirken zu können“.<br />
Darin klingt die Sorge an, heute die Chance<br />
verstreichen zu lassen, möglichen negativen Effekten<br />
von morgen entgegenzuwirken. Die PIK-<br />
Autoren sprechen in diesem Zusammenhang<br />
von „Zukunftssteuerung“.<br />
Verhaltensänderungen zu etablieren, bauliche<br />
Strukturen zu verändern und organisatorisch<br />
auf den Klimawandel zu reagieren, das alles<br />
braucht vor allem Zeit.<br />
Der vorliegende Text ist im Wintersemester<br />
2007 im Rahmen des Projekts „stadtplanung in<br />
treptow-kÖpenick“ der TU Berlin entstanden<br />
und fasst die Erkenntnisse dieser Studie zusammen<br />
und ergänzt sie um weitere mögliche Auswirkungen<br />
des Klimawandels in Berlin-Brandenburg<br />
und aktuelle Kenntnisstände.<br />
1.2 Der Klimawandel im Spiegel<br />
der Medien<br />
Der Klimawandel ist keine ferne Zukunft mehr –<br />
er findet bereits statt, auch in Deutschland. Diese<br />
Botschaft ist vor allem in jüngster Vergangenheit<br />
von den Medien ins kollektive Bewusstsein<br />
getragen worden. So<br />
stilistisch unterschiedlich<br />
die Berichterstattung<br />
über den Klimawandel<br />
dabei auch<br />
ausfällt, gemeinsam ist<br />
ihr oft genug die überspitze<br />
Darstellung, der<br />
sie sich bedient und<br />
die von den tatsächlich<br />
anzunehmenden<br />
Veränderungen im<br />
Klimahaushalt und ihren<br />
Auswirkungen in<br />
der Öffentlichkeit ein<br />
Zerrbild hinterlässt.<br />
„Wie gleichgeschaltet“<br />
nennt der Publizist<br />
Michael Miersch etwa<br />
4.4.1. Berliner Zeitung vom 3.2.2007 4.4.2. TAZ vom 3.2.2007<br />
33
Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
die Ausgaben von Berliner Zeitung und Tageszeitung<br />
vom jeweils 3.2.2007 nach Veröffentlichung<br />
des 3. Berichts des Weltklimarates (IPCC).<br />
Beide zeigen das Brandenburger Tor – einmal in<br />
Wasserfluten; einmal im Wüstensand. Die Botschaft<br />
beider Motive lautet: Der Klimawandel<br />
wird auch die Region Berlin-Brandenburg direkt<br />
treffen. Die Abbildungen belegen aber<br />
Abb.1: Berliner Zeitung und TAZ vom 3.2.2007<br />
(Quelle: Miersch, Michael: Die Klima-Hysterie, in:<br />
Cicero, gedruckte Ausgabe, Juni 2007, S. 41)<br />
eindrucksvoll, dass über die tatsächlichen Auswirkungen<br />
Unklarheit herrscht. Im Rahmen<br />
dieser Ausführungen soll versucht werden, die<br />
Auswirkungen zu beschreiben. Das Wissen<br />
darum muss Grundlage ökologisch tragfähiger<br />
Planungsentscheidungen sein. zuvor soll jedoch<br />
in die wesentlichen Begrifflichkeiten eingeführt<br />
werden.<br />
1.3 Keine Zwillinge: Wetter und<br />
Klima. Definitionen<br />
Eine Klimaveränderung oder ein Klimawandel<br />
über längere Zeiträume ist im Verlauf der Klimageschichte<br />
ständig zu beobachten gewesen<br />
und wissenschaftlich belegt. Oft wird in Medien<br />
und im Alltag der Fehler begangen, die aktuellen<br />
Wetterereignisse mit der globalen Erwärmung<br />
zu begründen. „Wetter“ wird dadurch fälschlicherweise<br />
zum „Klima“. Aus diesem Grund folgt<br />
eine Abgrenzung der Begriffe.<br />
Wetter:<br />
Wetter ist „der aktuelle Zustand der an einem<br />
geographischen Ort wirksamen Kombination<br />
der atmosphärischen Elemente und die sich dabei<br />
abspielenden Vorgänge in der Atmosphäre“.<br />
Wetter ist demnach auf eine kurzfristige Zeitspanne<br />
begrenzt und beschreibt das aktuelle<br />
Zusammenspiel der Klimaelemente Luftdruck,<br />
Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Wind, Niederschlag,<br />
Verdunstung und Strahlung.<br />
Klima:<br />
„Die für einen Ort, eine Landschaft oder einen<br />
größeren Raum typischen Zusammenfassung<br />
der erdnahen und Erdoberfläche beeinflussenden<br />
atmosphärischen Zustände und<br />
Witterungsvorgänge während eines längeren<br />
Zeitraumes in charakteristischer Verteilung der<br />
häufigsten, mittleren und extremem Werte.“<br />
Es ist demnach wichtig, den Blick auf einen längeren<br />
Zeitraum zu wahren und die Entwicklung<br />
der häufigsten, mittleren und extremen Werte<br />
zu verfolgen.<br />
2.1 Die weiteren Aussichten –<br />
Einführung in das Klimaszenario<br />
Die folgenden Erläuterungen zur Klimaprognose<br />
für die Mitte des 21. Jahrhunderts in der<br />
Region Berlin-Brandenburg beschränken sich<br />
auf die vier Klimaelemente Lufttemperatur,<br />
Niederschlag, Sonnenstunden und Bewölkungsgrad.<br />
Bezogen auf diese Elemente werden die<br />
stärksten Änderungen im klimatologischen<br />
Sinne erwartet. Weitere Größen wie Luftdruck,<br />
Wasserdampfdruck, relative Luftfeuchte, Globalstrahlung<br />
und Windgeschwindigkeit werden<br />
sich nicht signifikant ändern. Zunächst werden<br />
die aktuellen Werte zu einem Klimaelement besprochen,<br />
um im folgenden Schritt auf die Veränderungen<br />
einzugehen.<br />
2.2 Das Szenarienmodell<br />
„Unter einem Szenarium versteht man (..) die<br />
Beschreibung eines sich einstellenden Klimazustandes,<br />
wenn über einen definierten Zeitraum<br />
bestimmte Annahmen zur Änderung<br />
bestimmter Einflussgrößen gemacht werden“.<br />
Als Grundlage für ihre Klimaprognose dient der<br />
Studie des PIK ein Modell des Weltklimarates<br />
aus dem Jahr 2003. Dabei wählten die Forscher<br />
das globale Szenarium A1B aus, „weil es die<br />
mittlere Entwicklung gut widerspiegelt, da es<br />
nicht Ziel dieser Studie war, extreme Entwicklungen<br />
abzuschätzen, sondern eine Aussage zur<br />
wahrscheinlichsten zu liefern“.<br />
34
2.4 Niederschlag<br />
4.4.3. Modell des IPCC: Bandbreite der möglichen mittleren<br />
globalen Temperaturänderungen im 21. Jahrhundert.<br />
Grundlage für die Studie des PIK und der hier dargestellten<br />
erwarteten Klimaveränderung ist das Szenario<br />
A1B, ein mittleres, beinahe konservatives Szenario.<br />
2.3 Lufttemperatur<br />
In Abbildung 3 ist die räumliche Struktur der<br />
Jahresmittelwerte der Lufttemperatur dargestellt.<br />
Die Jahresmittelwerte der Lufttemperatur<br />
bewegen sich zwischen 7,8°C und<br />
9,5°C. Deutlich zu erkennen ist die räumliche<br />
Differenzierung der Werte. „Die wärmeren<br />
Regionen findet man im Berliner Raum und<br />
west- bis südwestlich davon sowie im Südosten“.<br />
Analog dazu verhält sich die Verteilung der<br />
Extrema. Regionale Maxima bewegen sich zwischen<br />
12,1°C – 13,9°C und regionale Minima<br />
zwischen 4,0°C – 5,8°C. Die Jahresmittelwerte<br />
schwanken zum Ende des Szenarienzeitraums<br />
zwischen 10,1°C und 11,6°C. Es muss folglich<br />
mit einer Differenz zwischen den aktuellen und<br />
prognostizierten Werten gerechnet werden, die<br />
größer als 2 Grad Kelvin ist. Eine vergleichbare<br />
Temperatur im Jahresmittel weist heute etwa<br />
das klimatisch kontinental geprägte Budapest<br />
auf. Die räumliche Temperaturverteilung in der<br />
Region bleibt im Wesentlichen erhalten. Daraus<br />
ist abzuleiten, dass die Anzahl der heißen Tage<br />
mit einer Temperatur größer/ gleich 30°C und<br />
die Anzahl der Sommertage mit einer Temperatur<br />
größer/gleich 25°C zunehmen wird. Charakteristisch<br />
entwickeln sich ebenso die Extrema.<br />
Der Anstieg der Tagesminima erfolgt in allen<br />
Jahreszeiten. Anders ist es bei den Tagesmaxima.<br />
Sie steigen nur im Frühjahr und im Herbst an.<br />
Die Region Berlin–Brandenburg gehört zu<br />
den trockensten Gebieten in Deutschland. Im<br />
Durchschnitt ist eine Niederschlagssumme von<br />
600 mm im Jahr zu erwarten. Als Ausreißer<br />
mit weniger als 500 mm im Jahresmittel ist der<br />
Nordosten zu betrachten. Laut Prognose ist bis<br />
zum Ende des Zeitszenariums mit einem deutlichen<br />
Rückgang des Jahresniederschlages in allen<br />
Teilen der Region zu rechnen. Die Abnahme ist<br />
jedoch räumlich<br />
stark differenziert.<br />
Diese Verteilung<br />
stellt die Abbildung<br />
6 deutlich dar. Untere<br />
und obere<br />
Spitzen bilden dabei<br />
Gebiete südsöstlich<br />
Berlins mit<br />
-17,8mm sowie<br />
Luckau mit -221mm.<br />
In der Summe ergibt<br />
dies ein Jahresmittel<br />
von unter 450 mm,<br />
wobei der Nordosten<br />
und das Gebiet<br />
vom Fläming bis zur<br />
Niederlausitz mit<br />
einem Jahresmittel<br />
von weniger als 400<br />
mm weiterhin am<br />
trockensten sind.<br />
Bezogen auf den<br />
Niederschlag werden<br />
Werte prognostiziert<br />
die heute<br />
als charakteristisch<br />
für das Kontinentalklima<br />
gelten. Diese<br />
Werte werden<br />
gegenwärtig zum<br />
Beispiel im ariden<br />
Klima Zentralspaniens<br />
erreicht. Wobei<br />
nicht unerwähnt<br />
4.4.4. Räumliche Verteilung des Jahresmitte<br />
der Lufttemperatur Zeitraum 1951/2000<br />
4.4.5. Räumliche Verteilung der Differenzen<br />
des Jahresmittels der Lufttemperatur,<br />
2046 / 2051-1951 / 2000<br />
35
Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
bleiben darf, dass dort auch die Temperatur im<br />
Jahresmittel deutlich höher ist und die Aussagekraft<br />
dieses europäischen Vergleichs somit<br />
begrenzt ist.<br />
wird sich die Struktur Bewölkungscharakteristik<br />
kaum ändern.<br />
Parallel zur Zunahme der Sonnenscheindauer<br />
verringert sich der<br />
Grad der Bewölkung.<br />
Die stärkste Abnahme<br />
wird im Gebiet westlich<br />
bis nördlich von Berlin<br />
zu verzeichnen sein.<br />
Die heiteren, sowie die<br />
trüben Tage werden<br />
abnehmen. Somit ist<br />
zukünftig von einer geringeren<br />
Schwankungsbreite<br />
der Bewölkung<br />
auszugehen.<br />
4.4.6. Räumliche Verteilung der Jahressumme<br />
des Niederschlages, Zeitraum<br />
1951/2000<br />
2.5 Sonnenscheindauer und<br />
Bewölkung<br />
Aufgrund ihrer starken Interdependenz werden<br />
die Klimaelemente Sonnenschein-dauer und<br />
Bewölkung gemeinsam betrachtet.<br />
In Berlin und Brandenburg scheint die Sonne<br />
im Jahresdurchschnitt 4,2 bis 4,7 Stunden pro<br />
Tag. Eine räumliche Struktur ist dabei nur schwer<br />
zu erkennen. Nach der Prognose bildet sich<br />
auf Grund der Zunahme der Schwankungsbreite<br />
um 0,2 Stunden eine deutlichere räumliche<br />
Struktur der Sonnenscheindauer aus. Dies<br />
wirkt sich vor allem auf die minimale Sonnenscheindauer<br />
aus. Sie steigt in allen Jahreszeiten<br />
an. Die Maximalsumme der Sonnenstunden erhöht<br />
sich nur im Sommer.<br />
Die räumliche Bewölkungsstruktur ist nur gering<br />
ausgebildet. Nördlich von Berlin und im Südosten<br />
Brandenburgs sind die Jahresmittelwerte<br />
des Bewölkungsgrades am kleinsten. Die höchsten<br />
Werte treten im Nordosten, Nordwesten<br />
und Südwesten auf. Im Szenariumszeitraum<br />
4.4.7. Räumliche Verteilung der Differenzen<br />
der Jahressumme des<br />
Niederschlages 2046 / 2051-1951 / 2000<br />
2.6 Fazit zur<br />
Klimatologie<br />
Nach der Betrachtung<br />
der einzelnen Klimaelemente<br />
ist abschließend folgendes festzuhalten.<br />
Die Lufttemperatur steigt im Mittel an und<br />
weist im Frühjahr und im Herbst ausgeprägtere<br />
Maxima auf. Beim Niederschlag ist ein deutlicher<br />
und örtlich differenziert auftretender Rückgang<br />
zu verzeichnen. Mit der Zunahme der Sonnenscheindauer<br />
verringert sich die Bewölkung in<br />
Form von geringeren Schwankungen. Die Veränderungen<br />
lassen sich – stark vereinfacht – in<br />
die Formulierung gießen: Das Klima wird wärmer,<br />
trockener, extremer.<br />
3.1. Heute an morgen denken<br />
„Vor diesem Hintergrund sollte man sich bewusst<br />
sein, dass seit etwa 8000 Jahren keine Klimaänderung<br />
an Ausprägung und Geschwindigkeit nur<br />
annähernd [mit] dem vergleichbar ist, was uns<br />
in den kommenden Jahrzehnten bevorsteht.“<br />
Dass sich das Klima ändern wird, ist demnach<br />
als gut erforschte Tatsache zu betrachten; die<br />
aus dem Wandel resultierenden Auswirkungen<br />
dagegen sind nur mit großer Unsicherheit<br />
vorherzusagen. „Dies ist keinesfalls Grund zur<br />
36
Beruhigung, sondern eher als zusätzlicher Risikofaktor<br />
anzusehen“ , warnen die Autoren des<br />
PIK-Berichts und „empfehlen dringend“, schon<br />
heute an morgen zu denken und Maßnahmen<br />
zur verbeugenden Anpassung zu planen und<br />
umzusetzen.<br />
Die Wirkmechanismen im Klimahaushalt sind<br />
derart verzahnt, dass es auch den Autoren des<br />
vorliegenden Berichts unmöglich erscheint, im<br />
Rahmen ihres Studienprojekts die komplexen<br />
Folgen des Klimawandels in Berlin und Brandenburg<br />
gesamtheitlich zu erfassen und darzustellen.<br />
Der vorliegende Katalog an Auswirkungen stellt<br />
aus diesem Grund lediglich eine lose Sammlung<br />
ohne Anspruch auf Vollständigkeit dar.<br />
3.2 Alles hängt am Wasser: Auswirkungen<br />
auf den Raum<br />
Entgegen der weit verbreiteten Meinung, der<br />
Klimawandel bringe nur die Globale Erwärmung<br />
mit sich, bedingt er für Berlin und Brandenburg –<br />
neben dem Temperaturanstieg – vor allem eine<br />
Veränderung der hydrologischen Gegebenheiten<br />
in Form eines deutlichen Niederschlagrückgangs<br />
im Jahresmittel. Schon heute zählt die<br />
Region zu den trockensten in Deutschland, ist<br />
also „wasserarm“. Gleichzeitig gilt sie aufgrund<br />
ihres großen Anteils an Feuchtigkeitsgebieten<br />
und Gewässern als „gewässerreich“. Dieser nur<br />
scheinbare Widerspruch erklärt sich durch die<br />
sandigen Böden Brandenburgs mit ihren grundwasserdurchlässigen<br />
Schichten.<br />
Grundsätzlich sind für den Wasserhaushalt drei<br />
Komponenten ausschlaggebend: Die Sickerwasserbildung,<br />
die Verdunstung sowie der Abfluss<br />
an der Oberfläche.<br />
Verringert sich künftig aber der Niederschlag<br />
(vor allem in den Sommermonaten), verändert<br />
sich das gesamte Wasserdargebot der Region.<br />
Im Besonderen wirkt sich das auf den Grundwasserspiegel<br />
aus: Weniger Niederschlag steht<br />
zur Versickerung und damit Neubildung des<br />
Grundwassers zur Verfügung. In Kombination<br />
mit der prognostizierten erhöhten Sonnenscheindauer<br />
und erhöhten Temperaturen wird<br />
zusätzlich die Wasserverdunstung an der Erdoberfläche<br />
zunehmen, wodurch nochmals weniger<br />
Wasser für die Grundwasserneubildung<br />
vorhanden ist. Der PIK-Report nennt im Zusammenhang<br />
mit den Irritationen im Wasserhaushalt<br />
einen Rückgang der Grundwasserneubildung<br />
von 42%. Die Folgen wären vor allem<br />
im Sommer drastisch.<br />
„So wäre bei sich intensivierenden sommerlichen<br />
Verdunstungsverlusten über offenen Wasserflächen<br />
und in Feuchtgebieten bis zum Jahre 2055<br />
mit einer Sickerwasserbildung zu rechnen, die für<br />
das Land Brandenburg um mehr als die Hälfte unter<br />
der heutigen läge. Wegen der insbesondere in<br />
den Wintermonaten ansteigenden Temperaturen<br />
würde die Sickerwasserbildung trotz der zeitlichen<br />
Verlagerung des Niederschlags vom Sommer- in<br />
das Winterhalbjahr zurückgehen und somit weniger<br />
Wasser zum Ausgleich des ebenfalls gestiegenen)<br />
sommerlichen Defizits über den langsamen<br />
Grundwasserpfad zur Verfügung stehen.“<br />
In der Summe bedeutet das für den Wasserhaushalt<br />
im Jahresmittel ein „erhebliches<br />
Wasserdefizit“. Doch gerade vom wertvollen<br />
Grundwasser hängt viel ab. Für die Wasserwirtschaft<br />
kann diese Entwicklung zu Engpässen bei<br />
der Versorgung mit qualitativ hochwertigem<br />
Trinkwasser führen; der wirtschaftliche Betrieb<br />
der Wasserwege (etwa Unschiffbarkeit bei<br />
Niedrigwasser) ist in Gefahr; Industriebetrieben<br />
und Kraftwerken droht im Sommer eine Kühlwasserknappheit;<br />
landwirtschaftliche Erträge<br />
sind durch den geringeren Grundwassereintrag<br />
und der Trockenheit gefährdet (ist aber auch<br />
abhängig von der Pflanzensorte: Maiserträge<br />
etwa können sogar zunehmen, hingegen gehen<br />
Getreidesorten zurück); auf Kommunen kommen<br />
Kosten für die Bewässerung öffentlicher<br />
Grünanlagen oder deren Umbau hin zur Wasserextensivität<br />
zu.<br />
Im Bereich des Naturschutzes bewirkt das<br />
Absinken des Grundwasserspiegels und der<br />
Trockenheit im Sommer eine gestiegene Waldbrandgefahr<br />
(wobei ihr mit einem „Umbau“ der<br />
Wälder Brandenburgs von monostrukturellen<br />
Nadelforsten zu Mischforsten entgegengewirkt<br />
werden kann). Daneben droht der Verlust gan-<br />
37
Klimaprognose Berlin Brandenburg<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
zer Landschaften mit ihrer Funktion und Attraktivität,<br />
was gerade die für Brandenburg typischen<br />
Moore und Feuchtgebiete betrifft.<br />
Die Ansprüche an die - künftig noch stärker<br />
begrenzte - Ressource Wasser werden also<br />
zunehmen. „Der Wasserverbrauch durch Industrie,<br />
Haushalte, Tourismus und Landwirtschaft<br />
[ist] gemessen am Wasserdargebot sehr hoch,<br />
so dass es zu Nutzungskonflikten z.B. zwischen<br />
Wasserwirtschaft und Naturschutz kommt.“<br />
3.3 Heißen Zeiten entgegen: Auswirkungen<br />
auf den menschlichen<br />
Organismus<br />
Anders als auf den Raum, für den hauptsächlich<br />
die Veränderungen der Niederschläge relevant<br />
sind, betreffen den Menschen die steigenden<br />
Temperaturen direkt. Ins öffentliche Bewusstsein<br />
dringt dieser Umstand bisher nur in extremen<br />
Wettersituationen, etwa im Rekordsommer<br />
2003, als die Medien tausende Hitzetote in Europa<br />
vermeldeten. Die andere Extremsituation<br />
stellen sehr kalte Winter dar, in denen vor allem<br />
Obdachlose zu den Kältetoten zählen.<br />
Für den Zeitraum 2071 bis 2100 nennt eine<br />
Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft im<br />
Auftrag des WWF über drei Mal so viele Hitzetote<br />
im Vergleich zu heute - allerdings ohne<br />
zu berücksichtigen, dass bis dahin vorbeugende<br />
Maßnahmen getroffen würden. Doch selbst<br />
unter Annahme vorbeugender Maßnahmen<br />
kommt die Studie noch immer auf etwa doppelt<br />
so viele Hitzetote wie heute. Nicht unerwähnt<br />
darf dabei jedoch die demografische<br />
Alterung der gesamten Bevölkerung bleiben,<br />
denn besonders Ältere zählen bei extremer<br />
Hitze zur Risikogruppe (z.B. wegen Kreislaufbeschwerden).<br />
Dem entgegen steht ein leichter Rückgang der<br />
Kältetoten im Winter, der jedoch weitaus geringer<br />
ausfällt, als die Zunahme der Hitzetoten.<br />
Netto seien daher immer noch deutlich mehr<br />
klimabedingte Sterbefälle zu erwarten als heute.<br />
Darüber hinaus führe vor allem im Sommer<br />
der Temperaturanstieg zu Einschränkungen der<br />
körperlichen Leistungsfähigkeit - mit negativen<br />
Effekten für die Volkswirtschaft, die sich in einem<br />
Rückgang der Arbeitsleistung ausdrückt. So<br />
werde in Studien die Verringerung der Produktivität<br />
im Temperaturbereich 26 bis 36°C mit<br />
zwischen 3 % und 12 % angegeben.<br />
Schlecht abzuschätzen seien die steigenden<br />
Kosten für Gesundheitsausgaben. Die hitzebedingten<br />
Krankenhauskosten etwa beziffert die<br />
Studie mit einem sehr hohen Schwankungsbereich<br />
auf einen dreistelligen Millionenbetrag.<br />
3.4. Empfehlungen des Potsdam-<br />
Instituts<br />
Ist Klimawandel ein Thema, dass nur Wissenschaftler<br />
in ihren Elfenbeintürmen beschäftigt<br />
Mitnichten! Teile der Wirtschaft haben die Zeichen<br />
der Zeit längst erkannt und bereiten sich<br />
schon heute vor. „Während Wissenschaftler die<br />
Brisanz der Lage betonen, findet in der Assekuranz<br />
ein Umdenken statt: Auch bisher wenig<br />
wahrscheinliche Katastrophenszenarien müssen<br />
in die Risikobewertung eingebunden werden“,<br />
bezieht etwa die Münchner Rückversicherungs-<br />
Gesellschaft Stellung zum Thema Klimawandel.<br />
Der Politik sollte dies Aufforderung sein, der<br />
Wirtschaft zu folgen und ihrerseits schon heute<br />
Maßnahmen zu ergreifen.<br />
„Dies schließt auch vermehrte Anstrengungen in<br />
Richtung auf einen `integrierten Klimaschutz´ mit<br />
ein, um Ursachen (sofern noch möglich) zu vermeiden,<br />
bereits eingetretene Wirkungen zu vermindern<br />
und Anpassungen an unvermeidbare Folgen<br />
vorzunehmen“, so der Report des Potsdam-Instituts.<br />
Die ersten Maßnahmen, die gegenwärtig<br />
getroffen werden könnten, werden dabei wie<br />
folgt beschrieben:<br />
„Sensitivitäts- und Risikoanalysen dienen dabei zum<br />
einen dem Informationsgewinn hinsichtlich zukünftiger<br />
Entwicklungen, zum anderen der Ableitung<br />
geeigneter Adaptions- und Managementstrategien.<br />
Auf diese Weise lassen sich dann möglicherweise<br />
38
auch in Zukunft unter veränderten klimatischen<br />
und wasserhaushaltlichen Bedingungen ökologisch<br />
notwendige Mindestgrundwasserstände und eine<br />
nachhaltige Trinkwasserbereitstellung gewährleisten.<br />
Zu den wesentlichen Elementen einer zukunftsorientierten<br />
Vorsorgestrategie gehören neben einer<br />
rationellen Wassernutzung die Erhöhung des Gebietswasserrückhaltes<br />
(z.B. durch die Rückführung<br />
unangepasster Landnutzungen oder die Beendigung<br />
der Trockenlegung von Feuchtgebieten über<br />
Drainagen u.ä.) und ein disziplinübergreifendes<br />
Flussgebietsmanagement, aber auch Aspekte<br />
des Hochwasserschutzes (wie die Renaturierung<br />
von Flussläufen oder die Beseitigung der weiteren<br />
Zweckentfremdung von Retentionsräumen), um<br />
unerwünschte, auch sozioökonomische Folgen<br />
zunehmender Extremereignisse zu mindern. In<br />
diesem Zusammenhang wird aber auch die Frage<br />
zu stellen sein, ob im Lichte einer im laufenden<br />
Jahrhundert drohenden Wasserknappheit wasserwirtschaftliche<br />
Projekte, die in der Vergangenheit<br />
unter anderen klimatischen und volkswirtschaftlichen<br />
Bedingungen geplant wurden (...), heute noch<br />
umsetzungsrelevant sind, oder ob man die dafür<br />
eingeplanten finanziellen Mittel nicht besser für<br />
Maßnahmen des Klimaschutzes verwendet, die<br />
langfristig auch ökonomisch sinnvoller sein dürften.“<br />
Generell seien Projekte mit disziplinübergreifenden,<br />
ganzheitlichen Ansätzen zu fördern, die<br />
geeignete Vorsorge-, Anpassungs- und Managementstrategien<br />
ergreifen.<br />
3.5 Bedeutung für das Projekt<br />
„stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
In kleinmaßstäblicher Ebene und somit relevant<br />
für das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
ist die Berücksichtigung einiger Wirkungsgrößen<br />
des Klimawandels in Berlin und Brandenburg.<br />
Methodisch sollen dabei Aspekte des<br />
ökologischen Bauens mit den zu erwartenden<br />
Auswirkungen des Klimawandels in Verbindung<br />
gebracht werden.<br />
Genauer betrachtet werden auf der Auswirkungsseite<br />
die drei für Berlin-Brandenburg wichtigen<br />
Größen des Klimawandels: der Rückgang<br />
des Niederschlags, steigende Temperaturen<br />
sowie eine Abnahme der Bewölkung. Erstens<br />
zwingt der Rückgang des Niederschlags, der mit<br />
einem deutlichen Schwund des Grundwassers<br />
einhergeht, im Rahmen des ökologischen Bauens<br />
dazu, Techniken zum Wassersparen einzuplanen<br />
sowie die Regenwasserversickerung und<br />
eine Verbesserung der Qualität des Oberflächenwassers<br />
zu fördern. Außerdem muss in der<br />
Grünraumgestaltung der absinkende Grundwasserspiegel<br />
und verringerte Niederschlag mit<br />
den damit verbundenen Auswirkungen auf die<br />
Vegetation berücksichtigt werden. Den zur Auswahl<br />
stehenden Arealen des Projekts „stadtplanung<br />
in treptow-kÖpenick“ ist gemein, dass sie<br />
am Ufer der Spree bzw. der Dahme liegen. Das<br />
Stichwort „Wohnen am Wasser“ ist jedoch gerade<br />
bei einem Absinken des Grundwasserspiegels<br />
und der darunter leidenden Wasserqualität<br />
(Beispiel Geruchsbelästigung im Sommer; keine<br />
Badequalität) kritisch zu sehen.<br />
Zweitens sollten im Rahmen des ökologischen<br />
Bauens die gestiegenen Durchschnittstemperaturen<br />
der Zukunft kein Anlass dazu sein, verschwenderisch<br />
Klimaanlagen in die Gebäude<br />
zu integrieren. Im Gegenteil: Zur Energieeinsparung<br />
und somit CO²-Vermeidung sollte auf<br />
Klimageräte verzichtet und stattdessen ökologische<br />
Dämmstoffe und intelligente Belüftungssysteme<br />
verwendet werden.<br />
Drittens kann die abnehmende Bewölkung als<br />
Vorteil für die Nutzung von Solarenergie betrachtet<br />
werden. Bei der Standortwahl ist auf<br />
eine korrekte Südausrichtung des Geländes zu<br />
achten, um diesen Vorteil nutzen zu können.<br />
Ebenfalls ist im Zuge der Standortwahl auf die<br />
Erschließung des Geländes mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
zu achten bzw. ob und in welchem<br />
Umfang diese möglich ist. Die Begründung dafür<br />
findet sich bei den Pendlern, die, so sie mit dem<br />
eigenen Pkw pendeln, den ökologischen Vorteil<br />
der Siedlung konterkarieren. Informationskampagnen<br />
des Bauträgers könnten dieses Anliegen<br />
unterstützen.<br />
39
Verkehr und Mobilität<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
1. Einleitung<br />
Verkehr und Mobilität<br />
Ob es nun zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen,<br />
ins Fitnessstudio oder zu Bekannten geht, der<br />
Mensch ist oft „auf den Beinen“. Aber allein<br />
unsere Beine würden die durchschnittlichen<br />
3,6 Wege am Tag , die der mobile Bürger werktags<br />
zurücklegt, nicht schaffen. Deswegen sind<br />
wir neben unseren Füßen auf das Fahrrad, das<br />
Auto und andere private und öffentliche Verkehrsmittel<br />
angewiesen. Der Verkehr ist täglich<br />
ein Bestandteil unseres Lebens und ohne den<br />
gut organisierten öffentlichen Personennahverkehr<br />
(ÖPNV), ohne das durchdachte Straßennetz<br />
würde vieles drunter und drüber gehen<br />
und die Wege würden uns viel mehr Zeit kosten.<br />
Auch für eine ökologische und nachhaltige<br />
Stadtentwicklung ist sinnvolle Verkehrsplanung<br />
ein wichtiger Bestandteil. So wird im ersten<br />
Teil der Arbeit als Grundlage die Untersuchung<br />
„Mobilität in Deutschland“, herausgegeben vom<br />
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung<br />
(DIW), vorgestellt. Die Untersuchung verschafft<br />
einen Überblick über die wichtigsten Zahlen<br />
und Daten der Mobilitätsgewohnheiten der<br />
deutschen Bundesbürger. Der zweite Punkt<br />
stellt die Faktoren der Wohnstandortwahl dar<br />
und in wieweit das Verkehrsverhalten Einfluss<br />
auf die Entscheidung nimmt. Dieser Teil bezieht<br />
sich auf eine Studie der Fakultät Raumplanung<br />
der Universität Dortmund. Als Beispiel für eine<br />
nachhaltige Stadtplanung wird das kritisch betrachtete<br />
Leitbild „Stadt der kurzen Wege“ vorgestellt.<br />
Dann wird der Fokus kleiner und die<br />
Arbeit befasst sich mit der Mobilität der Stadt<br />
Berlin. In dem Teil wird auf einige relevante Daten<br />
und Zahlen des Verkehrs in der Hauptstadt<br />
eingegangen, die sich auf den Bericht „Mobilität<br />
der Stadt – Berliner Verkehr in Zahlen“ von<br />
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beziehen.<br />
Der umweltfreundliche ÖPNV und die<br />
verschiedenen Transportprodukte spielen eine<br />
große Rolle und tragen zur Entlastung des Autoverkehrs<br />
bei. Diese werden im nächsten Teil<br />
der Arbeit vorgestellt. Eine kurze Verkehrsprognose<br />
wird einen Einblick darüber geben, wie<br />
sich der Verkehr bis zum Jahr 2015 in Berlin vermutlich<br />
entwickeln wird. Zum Schluss erfolgen<br />
eine kurze Einordnung der vier Plangebiete und<br />
die ÖPNV-Anbindungen zum nächstgelegenen<br />
Zentrum Köpenick und zum Alexanderplatz, in<br />
der Berliner Innenstadt.<br />
2. Mobilität in Deutschland<br />
Das Institut für angewandte Sozialwissenschaft<br />
und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung<br />
haben 2002 eine Untersuchung über<br />
die Mobilität in Deutschland durchgeführt.<br />
Die Studie erstreckt sich über 12 Monate und<br />
es wurden gut 25.000 Haushalte und knapp<br />
62.000 Menschen befragt, die Ergebnisse sind<br />
repräsentativ für alle Bundesbürger.<br />
Nach dieser Studie besitzen vier von fünf Haushalte<br />
in Deutschland mindestens ein Auto, mehr<br />
als ein Viertel der Haushalte sind sogar mehrfach<br />
motorisiert. Somit ist nur jeder fünfte Haushalt<br />
ohne Auto. Die Stadtstaaten Hamburg, Bremen<br />
und Berlin weisen aufgrund ihrer besseren<br />
ÖPNV-Ausstattung eine etwas geringere PKW-<br />
Ausstattung auf. Insgesamt wurde festgestellt,<br />
dass in Westdeutschland die Motorisierungsrate<br />
höher ist als in Ostdeutschland. So sind in den<br />
neuen Bundesländern etwa 25 % der Haushalte<br />
ohne Auto, in Westdeutschland sind knapp 20<br />
% nichtmotorisiert.<br />
Täglich sind 86 % der Bundesbürger mobil, verlassen<br />
also ihr Haus. Die Zahl sinkt allerdings<br />
am Wochenende, vor allem sonntags liegt die<br />
Quote bei nur 75 %. Jeder Bürger legt werktags<br />
durchschnittlich 3,6 Wege zurück, am Wochenende<br />
sinkt diese Anzahl wieder. Die meisten<br />
Wege entfallen mit 31 % auf die Freizeitaktivitäten,<br />
danach kommen die Wege zur Arbeit bzw.<br />
40
zur Ausbildung mit 21 %. Knapp darauf folgen<br />
mit 19 % die Einkaufswege. Die Freizeit- und<br />
Einkaufswege sind in den letzten 20 Jahren sehr<br />
stark angestiegen, die Arbeitswege dagegen<br />
haben durch veränderte Beschäftigungsbedingungen<br />
leicht abgenommen. Insgesamt fallen<br />
45 % aller Wege auf die Autofahrer, die hinter<br />
dem Steuer sitzen, und 16 % der Wege auf die<br />
Mitfahrer. Danach folgt der Fahrradverkehr mit<br />
9%, auf den ÖPNV entfallen 8 %. Die Fußwege<br />
erreichen sogar 23 %. So ergibt sich ein Modal-<br />
Split für Deutschland für das Jahr 2002 von<br />
61 % für den motorisierten Individualverkehr<br />
(MIV), 32 % für den nichtmotorisierten Individualverkehr<br />
(NMIV) und 8 % für den ÖPNV.<br />
Wobei der ÖPNV-Anteil mit durchschnittlich<br />
20 % in den Stadtstaaten, wie Hamburg und<br />
Bremen, deutlich höher liegt. In Berlin beträgt<br />
der ÖPNV-Anteil sogar 27 %. Die Anzahl der<br />
Wege mit dem Auto ist in den letzten Jahren<br />
von 50 % auf 60 % angestiegen. Jeder Bürger<br />
ist im Durchschnitt täglich für 40 km 90 Minuten<br />
unterwegs. Die Nutzer von Bus und Bahn<br />
benötigen für durchschnittlich 35 km etwa 100<br />
Minuten und brauchen somit trotz kürzerer<br />
Wegstrecken am Längsten.<br />
„In der Bilanz belegt Mobilität in Deutschland<br />
2002 fünf zentrale Trends im deutschen Alltagsverkehr:<br />
eine zunehmende Motorisierung der<br />
privaten Haushalte, steigende Anteile des Pkw-<br />
Verkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen,<br />
ein stagnierendes absolutes Aufkommen im<br />
öffentlichen Verkehr, hohe Wachstumsraten im<br />
Erledigungs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr sowie<br />
höhere Zeitbudgets für die tägliche Mobilität<br />
bei wachsenden Wegelängen. Hinzu kommt<br />
ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Ostund<br />
Westdeutschland bei der Motorisierung<br />
und der Verkehrsmittelwahl mit höheren westdeutschen<br />
Anteilen im motorisierten Individualverkehr.“<br />
durch. Die Gründe für eine Wohnstandortwahl<br />
sind sehr komplex, so spielen private, berufliche<br />
und familiäre Aspekte mit ein. Doch auch das<br />
Verkehrsverhalten ist ein bedeutender Faktor<br />
bei dem Entscheidungsprozess. Die Studie untersucht<br />
in welchem Ausmaß die Entscheidung<br />
zum Standort des Wohnens von den Verkehrsbedingungen<br />
beeinflusst wird.<br />
3.1. Wanderungsmotive der Suburbanisierung<br />
Seit der Industrialisierung spielt das Phänomen<br />
der Suburbanisierung in deutschen Städten eine<br />
bedeutende Rolle. Mit dem Aufstieg der Wirtschaft<br />
zogen laufend mehr Menschen in die<br />
Städte um dort zu arbeiten. Die Städte wuchsen<br />
und der Wohnraum wurde zunehmend<br />
enger. Die Folge war, dass immer mehr Bewohner<br />
aus den Kernstädten in das nahe Umland<br />
wanderten. Diese Stadt-Umland-Wanderung<br />
führt dazu, dass die Innenstädte ihre Funktion<br />
verlieren, die Infrastruktur nicht mehr ausgelastet<br />
ist und die bauliche Dichte immer mehr<br />
abnimmt. Dadurch steigen die Wege und die Erschließung<br />
des Nahverkehrs wird zunehmend<br />
schwieriger. Die Bewohner des suburbanen<br />
Raums sind sehr stark auf die PKW-Nutzung<br />
angewiesen. Als Wanderungsmotive ins Umland<br />
werden hauptsächlich die Bedingungen des<br />
Wohnumfeldes genannt, oft ist der Wohnraum<br />
zu eng und der verkehrsbedingte Lärm störend.<br />
Außerdem spielen familiäre Gründe eine Rolle<br />
bei der Abwanderung. So ziehen viele Paare,<br />
die sich entschließen eine Familie zu gründen<br />
ins Stadtumland. Zwischen der Wanderung und<br />
den Verkehrsbedingungen wird in der Studie<br />
kein direkter Zusammenhang festgestellt. Die<br />
Wünsche wie weniger Lärm, saubere Luft und<br />
mehr Natur beziehen sich nur indirekt auf den<br />
Verkehr.<br />
3. Wohnstandortwahl<br />
Zu den Faktoren der Wohnstandortwahl führte<br />
die Fakultät Raumplanung der Universität<br />
Dortmund in der Region Dresden eine Studie<br />
3.2. Wohnstandortwahl und Verkehr<br />
Außerdem werden in der Studie Zuzugsgründe<br />
in die Stadt dargestellt. Dabei werden ins-<br />
41
Verkehr und Mobilität<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
gesamt 20 Gründe angegeben. Wie man in der<br />
beigefügten Tabelle der Motive sehen kann,<br />
steht die ÖPNV-Anbindung nach den Gründen<br />
Haushaltsveränderungen, Nähe zu Bekannten,<br />
Arbeitsplatzwechsel, Kultur/Freizeit und Einkaufsmöglichkeiten<br />
an sechster Stelle. Somit<br />
nimmt die Anbindung des ÖPNV einen wichtigen<br />
Stellenwert beim Zuzug in die Stadt ein. Bei<br />
den Umzügen innerhalb der Stadt wird die ÖP-<br />
NV-Anbindung als noch wichtiger erachtet und<br />
steht nach Haushaltsveränderung und einer zu<br />
kleinen Wohnung auf Platz drei. Dennoch kann<br />
man sagen, dass das Verkehrsverhalten durch die<br />
gestiegene Alltagsmobilität nur gering durch die<br />
vorhandene Raumstruktur geprägt wird. So ist<br />
es auch nur eingeschränkt möglich, durch räumliche<br />
Planung Verkehrsgewohnheiten zu ändern.<br />
Zugezogene bringen ihr Verkehrsverhalten oft<br />
mit und ändern es vorerst nur bedingt und zögerlich.<br />
Somit unterscheidet sich das Verkehrsverhalten<br />
der Stadt-Umland-Wanderer von<br />
den dort länger lebenden Bewohnern. Die länger<br />
Sesshaften agieren mehr in ihrem näheren<br />
Umfeld, die Neuzugezogenen haben noch eine<br />
engere Verbindung zur Kernstadt, dies liegt zum<br />
großen Teil an den Arbeitsplätzen, die im Stadtzentrum<br />
sind. Das Verhalten der Zugezogenen<br />
passt sich aber im Laufe der Zeit immer mehr<br />
dem der Einheimischen an.<br />
4. Leitbild „Stadt der kurzen<br />
Wege“<br />
Die Geschichte des Städtebaus ist geprägt durch<br />
verschiedene Leitbilder, eines davon ist das Leitbild<br />
„Stadt der kurzen Wege“. Es soll vor allem<br />
aus ökologischer und nachhaltiger Sicht das Verkehrsverhalten<br />
in der Stadt positiv beeinflussen.<br />
Um 1800 war die Stadt der kurzen Wege Realität.<br />
Rund 80 % der Bevölkerung lebte in kleinen<br />
Städten mit weniger als 5000 Einwohnern. Die<br />
Stadtfläche war sehr klein und daher sehr hoch<br />
verdichtet. Alle Wege konnten zu Fuß zurückgelegt<br />
werden. Dieses Stadtbild änderte sich<br />
im Laufe der Industrialisierung. Es zogen immer<br />
mehr Menschen in die Städte, diese wuchsen<br />
stetig an. Die Flächen wurden immer größer<br />
und die Entfernungen innerhalb der Stadt immer<br />
weiter. Der Großteil der Bevölkerung ist<br />
bis heute auf Verkehrsmittel angewiesen um<br />
Arbeitsplatz, Einkaufsmöglichkeiten oder Freizeiteinrichtungen<br />
zu erreichen.<br />
Die „Kurze-Wege-Stadt“ hat sich zur Aufgabe<br />
gemacht die Distanzen innerhalb des Stadtgebiets<br />
zu verkürzen, indem möglichst viele Einrichtungen<br />
in unmittelbarer Nähe zu erreichen<br />
sind. Das Ziel ist den Autoverkehr in der Stadt<br />
merklich zu reduzieren. Dieses soll durch eine<br />
Nutzungsmischung der Städte erreicht werden,<br />
indem Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen<br />
und Wohnen in einem Stadtteil<br />
bzw. Quartier vorzufinden sind. Aus dieser<br />
Anordnung ergibt sich eine hohe städtebauliche<br />
Dichte und Kompaktheit. Außerdem erfordert<br />
die „Stadt der kurzen Wege“ eine polyzentrale<br />
Zentrenstruktur, in der sich mehrere, kleine<br />
Zentren auf das gesamte Stadtgebiet verteilen.<br />
Doch die „Stadt der kurzen Wege“ ist bis heute<br />
nur ein Leitbild geblieben und wurde nur bedingt<br />
in die Realität umgesetzt. Man darf das<br />
Leitbild nicht nur aus stadtplanerischer Sicht<br />
betrachten, sondern es muss sich in den Alltag<br />
der Bevölkerung integrieren und dazu muss das<br />
Konzept individuell auf das Gebiet und die dort<br />
lebenden Menschen angepasst werden. Ein anderer<br />
wichtiger Punkt, der ebenfalls im traditionellen<br />
Leitbild nicht beachtet wird ist, dass die<br />
42
Mehrzahl der anfallenden Wege sich nicht auf<br />
die Kernstadt bezieht sondern auf das Umland.<br />
Die „Stadt der kurzen Wege“ sollte erweitert<br />
werden auf die „Region der kurzen Wege“ und<br />
somit die vielen und lagen Wege in das Stadtumlandgebiet<br />
verringern.<br />
Für viele Bewohner sind trotz der hohen Alltagsmobilität<br />
kurze Wege und Nähe zu bestimmten<br />
Einrichtungen ein wichtiges Kriterium<br />
zur Wohnstandtortwahl. Allerdings werden individuelle<br />
Nähebedürfnisse wichtiger bewertet<br />
als das klassische Leitbild der „Stadt der kurzen<br />
Wege“. Diese Nähebedürfnisse sind bei jedem<br />
Bewohner unterschiedliche und sehr persönlich,<br />
sie beziehen sich meist auf ein bis zwei Einrichtungen,<br />
Institutionen oder Personen, können<br />
also vom Arbeitsplatz, über Kindergarten bis zur<br />
Kneipe reichen.<br />
5. Mobilität der Stadt – Berliner<br />
Verkehr in Zahlen<br />
Die Broschüre „Mobilität der Stadt – Berliner<br />
Verkehr in Zahlen“, herausgegeben von der Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung, gibt viele<br />
wichtige Daten und Fakten über die Verkehrssituation<br />
in Berlin und ermöglicht eine Prognose<br />
für die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur,<br />
die Umweltbelastung und die finanzielle Situation<br />
in der Stadt Berlin.<br />
Bestimmte Nachhaltigkeitsindikatoren ermöglichen<br />
einen Vergleich und zeigen, ob angestrebte<br />
Ziele erreicht worden sind. Der Modal-Split ist<br />
einer der Nachhaltigkeitsindikatoren. Der Berliner<br />
Modal-Split von 1998 teilt sich zu 25 % auf<br />
den Fußverkehr, zu 10 % auf den Radverkehr,<br />
zu 27 % auf den ÖPNV und zu 38 % auf den<br />
MIV auf. Die Verkehrsprognose 2015 für Berlin<br />
und Brandenburg von der Senatsverwaltung<br />
für Stadtentwicklung hat sich zum Ziel gesetzt<br />
den Modal Split im Gebiet der historischen<br />
Mitte und im Zentrum West auf 80 % ÖPNV<br />
und NMIV und 20 % MIV zu steigern. Für die<br />
Gesamtstadt werden 66 % im Umweltverbund<br />
angestrebt und 34 % für den MIV.<br />
Außergewöhnlich ist die niedrige Motorisierungsrate<br />
in Berlin im Vergleich zu anderen<br />
Großstädten: „Jeder zweite Berliner Haushalt<br />
hat kein eigenes Auto.“ 2004 lag die Motorisierungsrate<br />
bei 322 PKW pro 1000 Einwohner,<br />
diese Zahl stagniert seit zehn Jahren. „Hamburg<br />
hat dagegen eine Motorisierungsrate von 478<br />
PKW pro 1000 Einwohner, in München sind<br />
es sogar 597.“ Dies lässt vermuten, dass der<br />
ÖPNV in Berlin einen hohen Stellenwert hat.<br />
Allerdings sind die Fahrgastzahlen des ÖPNV in<br />
den neunziger Jahren, trotz Investitionen, zurückgegangen.<br />
Seit Ende der neunziger Jahre haben<br />
sich die Zahlen aber wieder stabilisiert und steigen<br />
langsam an, so verzeichneten im Jahr 2004<br />
die BVG 906 Millionen Fahrgäste. Im Jahr 1999<br />
waren es nur 787 Millionen. Trotzdem hat der<br />
ÖPNV gemessen an der Motorisierungsrate in<br />
den letzten Jahren in Berlin an Bedeutung verloren.<br />
So fallen 2004 gut 12 Millionen mehr Kilometer<br />
der mittleren werktäglichen Fahrleistung<br />
auf den MIV als auf den ÖPNV, 1998 waren es<br />
nur 10,5 Millionen Kilometer mehr.<br />
Der ökologische und gesundheitliche Aspekt<br />
der Lärmbelastung wurde in dem Bericht „Mobilität<br />
der Stadt – Berliner Verkehr in Zahlen“<br />
auch untersucht. In Berlin leben viele Bewohner<br />
mit einer Lärmbelästigung, die weit über<br />
dem gesundheitlichen Normalbereich liegt. Ein<br />
normales Geräusch weißt eine Lautstärke von<br />
60 Dezibel auf, eine verkehrsreiche Straße 80<br />
Dezibel und ein schwerer LKW schon 90 Dezibel<br />
. In Berlin gibt es viele Straßenabschnitte,<br />
die auch nachts eine Lautstärke zwischen 60<br />
und 70 Dezibel aufweisen . Ein weiteres Problem<br />
ist die Feinstaubbelastung, das ausgestoßene<br />
Kohlendioxid durch den Berliner Verkehr<br />
ist weiterhin gestiegen. So leben knapp 200.000<br />
Berliner an Hauptverkehrsstraßen, an denen die<br />
Feinstaubbelastung höher als der 24h - Grenzwert<br />
von 50 µ/m³.<br />
6. ÖPNV im Überblick<br />
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) unterhalten<br />
eines der modernsten Nahverkehrsnetze in<br />
Europa. Mit dem gut ausgebautem U-Bahnnetz,<br />
den ergänzenden Straßenbahnen und Busver-<br />
43
Verkehr und Mobilität<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
kehr legt die BVG pro Jahr insgesamt 250 Millionen<br />
Kilometer zurück. Bildlich ausgedrückt ist<br />
die Zahl vergleichbar mit 18 Erdumrundungen<br />
pro Tag. Die BVG unterhält neun U-Bahn-Tageslinien,<br />
acht Wochenendnachtlinien, 22 Straßenbahnlinien<br />
und 150 Buslinien. Mit diesen<br />
Verkehrsmitteln befördert die BVG jährlich<br />
900 Millionen Fahrgäste. Die Fahrten an einem<br />
durchschnittlichen Werktag belaufen sich auf<br />
etwa 3,4 Millionen.<br />
Die Berliner Bevölkerung hat eine Mobilität von<br />
3,2 Fahrten und Wege pro Tag. Wobei davon<br />
nur 0,7 Fahrten pro Person auf den ÖPNV abfallen.<br />
Die Mobilität der Bevölkerung ergibt sich<br />
aus dem Kennwert „Anzahl der Fahrten und<br />
Wege je Person pro Tag“.<br />
Berlin verfügt über ein breit gefächertes Angebot<br />
im ÖPNV. Bei dem Eisenbahnverkehr<br />
spielen vor allem der Regionalexpress und die<br />
Regionalbahn eine bedeutende Rolle. Sie sind<br />
die Verbindung zwischen Berlin und den umliegenden<br />
Bundesländern. „Hauptnutzer sind Berufspendler<br />
und Freizeit-/Einkaufsreisende mit<br />
größeren Reiseweiten.“<br />
Das Untergrundbahnnetz zählt zum größten<br />
zusammenhängenden Nahverkehrsnetz in<br />
Deutschland. „Die neun U-Bahn-Linien erreichen<br />
zusammen eine Länge von 144,9 Kilometern<br />
und verbinden 170 Bahnhöfe.“ Befördert<br />
werden werktags mehr als 1,4 Millionen Fahrgäste<br />
mit kurzen und mittleren Reisewegen. Zu<br />
den Stoßzeiten verkehren die Bahnen im Vierbis<br />
Fünf-Minuten-Takt.<br />
Die S-Bahn wird ebenso von Menschen mit<br />
mittleren Reiseweiten und im Zentrum auch<br />
mit kurzen Reisewegen benutzt. Sie erschließt<br />
die wichtigsten Wohn-, Gewerbe- und Industriestandorte<br />
in Berlin und dem nahen Umland. Die<br />
S-Bahn wird nicht wie die anderen öffentlichen<br />
Verkehrsmittel von der BVG betrieben, sondern<br />
von der S-Bahn Berlin GmbH, die wiederum zur<br />
Bahn AG gehört. Das Verkehrsunternehmen für<br />
die Region Berlin Brandenburg betreibt 16 S-<br />
Bahnlinien, die im Berufsverkehr im Abstand<br />
von wenigen Minuten unterwegs sind.<br />
Die Berliner Straßenbahn ergänzt vor allem in<br />
den östlichen Bezirken das S- und U-Bahnnetz<br />
und fungiert zudem als Zubringer zu den S- und<br />
U-Bahn-Stationen. Die neun nachfragestärksten<br />
Linien der Straßenbahn werden als Metrolinien<br />
bezeichnet und die Taktfolge beträgt mindestens<br />
zehn Minuten.<br />
Die 146 Buslinien bilden in Berlin das flächenmäßig<br />
feinste erschlossene Nahverkehrsmittel. Auf<br />
eine Streckenlänge von knapp 1.300 km fahren<br />
die Omnibusse täglich fast 2.500 Haltestellen<br />
an . Hinzukommen noch 20 Buslinien, die von<br />
anderen Unternehmen betrieben werden. Im<br />
Busverkehr wird zwischen mehreren Produkten<br />
unterschieden. So gibt es zusätzlich die Schnellbusse,<br />
die als X-Busse bezeichnet werden. Der<br />
Metrobus befährt wie bei der Straßenbahn die<br />
nachfragestärksten Linien und das Ergänzungsnetz<br />
übernimmt die Zubringerfunktion zu den<br />
S- und U-Bahn-Stationen.<br />
7. Erschließungsqualität<br />
Die Entfernung vom Wohnstandort zur nächsten<br />
Haltestelle ist für die Nutzung der öffentlichen<br />
Verkehrsmittel von großer Bedeutung.<br />
Die Qualität des Zugangs zum Nahverkehrssystem<br />
wird über die Erschließung bestimmt.<br />
Die Erschließungsstandards des Nahverkehrsplan<br />
(NVP) 2000/2001 - 2004 geben Richtwerte<br />
über die zumutbare Fußwegentfernung<br />
zu nächsten Haltestelle an. Der Einzugsbereich<br />
wird als Radius angegeben und die zumutbare<br />
Entfernung ist als Luftlinie zu betrachten. Dabei<br />
wird zwischen hoher und niedriger Siedlungsdichte<br />
unterschieden, die Grenze wird bei 7000<br />
Einwohnern/Beschäftigten pro km² festgelegt. In<br />
Berlin hat gut ein Drittel der Fläche eine hohe<br />
Nutzungsdichte. Die zumutbare fußläufige Entfernung<br />
zur nächsten Haltestelle sinkt je höher<br />
die flächenmäßige Erschließung und Qualität<br />
des Verkehrsmittels ist. So wird dem Fahrgast<br />
bei dem Eisenbahnregionalverkehr eine doppelt<br />
so hohe Entfernung zur Haltestelle zugemutet<br />
als bei der U-Bahn.<br />
Die Verkehrsprognose 2015 für Berlin und<br />
Brandenburg von der Senatsverwaltung für<br />
44
Betriebszweig<br />
Grenzwerte für die Fußwegentfernung<br />
zur Haltestelle (m)<br />
hohe<br />
Siedlungsdichte<br />
Regionalverkehr 600 1000<br />
S-Bahn 600 1000<br />
U-Bahn 400 600<br />
Straßenbahn 350 550<br />
Bus 300 500<br />
Erschließungsstandards des NVP 2000/2001 - 2004<br />
niedrige<br />
Siedlungsdichte<br />
Stadtentwicklung geht von vier verschiedenen<br />
Szenarien aus. Jedes dieser Szenarien enthält<br />
verschiedene Maßnahmen und je nach Szenario<br />
wurden verschiedene Verkehrsprognosen<br />
entwickelt. Im Folgenden wird nicht auf die<br />
einzelnen Auswirkungen der vier Szenarien eingegangen,<br />
sondern lediglich auf die allgemeinen<br />
Abschätzungen der verkehrlichen Auswirkungen,<br />
die auch ohne diese Szenarien vermutet<br />
werden. Nach diesen Abschätzungen wird ein<br />
Rückgang der Einwohner und eine Zunahme<br />
der Arbeitsplätze in der Berliner Innenstadt erwartet.<br />
Dies hat zur Folge, dass sich die Wege<br />
zwischen Wohn- und Arbeitsplatz verlängern.<br />
Somit wird die Verkehrsnachfrage innerhalb<br />
des S-Bahnrings um 3-4 % abnehmen und der<br />
Quell- und Zielverkehr nach diesem Gebiet um<br />
ca. 10 % zunehmen. Wegen der steigenden Entfernungen<br />
wird der Fuß- und Radverkehr ebenfalls<br />
leicht sinken, dafür wird aber im ÖPNV mit<br />
mehr Fahrgästen gerechnet.<br />
9. Verkehrsanbindung der Plangebiete<br />
So liegt in unmittelbarer Nähe, nur ein paar<br />
Gehminuten entfernt das Zentrum Schöneweide.<br />
Zum S-Bahnhof Köpenick gelangt<br />
man in 20 Minuten ohne Umsteigen, zum<br />
Alexanderplatz sind es ebenfalls ohne Umsteigen<br />
nur 20 Minuten.<br />
Plangebiet Nummer Zwei „Spindlersfeld“,<br />
ebenfalls an der Spree gelegen, wird von<br />
der Grubestraße und Geschkestraße umgeben.<br />
Der S-Bahnhof Spindlersfeld ist nur rund<br />
100 Meter entfernt. Hier beträgt die Fahrzeit<br />
mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit einmal<br />
Umsteigen 13 Minuten zum S-Bahnhof Köpenick.<br />
Zum Alexanderplatz liegt die Fahrzeit etwa<br />
bei 30 Minuten. Allerdings fährt die S-Bahn ab<br />
Spindlersfeld nur im 20-Minuten-Takt Richtung<br />
Berlin-Zentrum.<br />
„Friedrichshagener Straße“, das dritte Plangebiet,<br />
liegt südlich der Friedrichshagener Straße<br />
zwischen Salvador-Allende-Straße und Am Krusenick,<br />
am nördlichen Ufer der Spree. Den S-<br />
Bahnhof Köpenick erreicht man in nur 6 Minuten,<br />
zum Alexanderplatz beträgt die Fahrzeit mit<br />
einmal Umsteigen 50 Minuten und mit zweimal<br />
Umsteigen gute 40 Minuten.<br />
Das letzte Plangebiet „Wendenschloßstraße“<br />
liegt an der Dahme, zwischen der Charlottenstraße<br />
und dem Segewaldweg, südlich der Altstadt<br />
Köpenick. Bis zur S-Bahnstation Köpenick<br />
muss man elf Minuten einplanen und zum Alexanderplatz<br />
mit zweimal Umsteigen etwa 40<br />
Minuten.<br />
Für die Auswahl des Plangebietes, auf dem ökologisches<br />
Wohnen am Wasser entstehen soll,<br />
ist unter anderem die Verkehrsanbindung an<br />
den ÖPNV ein wichtiges Kriterium. Sowohl die<br />
Verkehrsanbindung nach Köpenick-Zentrum<br />
und die Verbindung zum Zentrum Berlins, hier<br />
wurde der Alexanderplatz gewählt, sollten gut<br />
erreichbar sein.<br />
Das erste Plangebiet „Niederschöneweide“ liegt<br />
an der Spree und ist umgeben von den Straßen<br />
Spreestraße, Fließstraße und Hasselwerderstraße,<br />
der S-Bahnhof Schöneweide ist fußläufig mit<br />
etwa 300 Metern Entfernung gut zu erreichen.<br />
10. Schlussfolgerung<br />
Das Ziel des Projektes „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
ist es, ökologischen und nachhaltigen<br />
Wohnraum am Wasser zu entwickeln.<br />
Beim ökologischen Planen und Bauen müssen<br />
einige Aspekte beachtet werden. So sollten<br />
zum Beispiel die Prognosen und Veränderungen<br />
des (Stadt-)klimas in die Planung mit integriert<br />
werden, die Nutzung sparsamer und umweltschonender<br />
Energien und die Überlegung über<br />
den Bau einer Ökosiedlung. Natürlich sind auch<br />
der Verkehr und die Mobilität für die umwelt-<br />
45
Verkehr und Mobilität - Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
freundliche Planung sehr wichtig. Man sollte<br />
beachten, dass die Plangebiete, die in einem<br />
suburbanen Raum liegen und die Entfernungen<br />
zu den nächsten Zentren nicht zu groß sind<br />
und auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
schnell und einfach zu erreichen sind. Wie in Kapitel<br />
6 erläutert, verfügt Berlin über ein sehr gut<br />
ausgebautes und organisiertes Personennahverkehrsnetz,<br />
mit U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und<br />
Buslinien. Dies ist eine gute Vorraussetzung dem<br />
deutschen Trend der zunehmenden Motorisierung<br />
der privaten Haushalte entgegenzuwirken.<br />
Schon die aktuellen Zahlen zeigen einen großen<br />
Unterschied zwischen der Motorisierungsrate in<br />
Deutschland und Berlin, so besitzen in Deutschland<br />
80 % der Haushalte mindestens ein Auto,<br />
in Berlin sind nur etwa 50 % der Haushalte motorisiert.<br />
Zudem hat Berlin als Stadtstaat mit 27<br />
% einen sehr hohen ÖPNV-Anteil im Gegensatz<br />
zu anderen Stadtstaaten. Ob das Ziel den<br />
Anteil des ÖPNV und NMIV weiter zu erhöhen<br />
und ein Verhältnis von 80 : 20, ÖPNV : MIV, in<br />
der zentralen Innenstadt zu schaffen, wirklich<br />
erreicht wird, ist fraglich. Die Zahlen des ÖPNV<br />
und NMIV haben in den letzten Jahren stark geschwankt<br />
und sind teilweise sogar rückläufig.<br />
Die gute Grundausstattung des Umweltverbundes<br />
kommt den Plangebieten, obwohl sie nicht<br />
im Stadtbereich liegen, sehr zugute. Das Plangebiet<br />
„Niederschöneweide“ ist gut gelegen und<br />
auch der Anschluss an den ÖPNV ist optimal,<br />
von dort sind es nur etwa 20 Minuten bis zu<br />
beiden Zentren und in fußläufiger Entfernung<br />
befindet sich zudem das Zentrum Schöneweide.<br />
Das Plangebiet „Friedrichshagener Straße“<br />
liegt mit 40 bis 50 Minuten Fahrzeit bis zum Alexanderplatz<br />
etwas abgelegen vom Berliner Zentrum,<br />
dafür ist der S-Bahnhof Köpenick in nur<br />
sechs Minuten erreichbar. Auch Erschließungsqualität,<br />
die die zumutbare fußläufige Entfernung<br />
zur nächsten Haltestelle angibt ist sehr wichtig.<br />
Hierbei schneiden die Plangebiete auch sehr gut<br />
ab. Bei den Plangebieten „Niederschöneweide“<br />
und „Spindlersfeld“ sind die S-Bahnstationen<br />
in unmittelbarer Nähe. Bei den anderen beiden<br />
Plangebieten befinden sich Bushaltestellen<br />
bzw. Tram-Haltestellen in direkter Umgebung.<br />
Außerdem sollte in einer Gebietsbegehung erkundet<br />
werden, ob in der Nähe der Plangebiete<br />
Einkaufsmöglichkeiten und öffentliche Einrichtungen,<br />
wie Schule und Kindergarten, vorhanden<br />
sind. Mit dieser Nutzungsmischung könnte<br />
ansatzweise das traditionelle Leitbild „Stadt der<br />
kurzen Wege“ realisiert werden. Es ist auch zu<br />
bedenken, dass die Bewohner ihr ursprüngliches<br />
Verkehrsverhalten erstmal beibehalten und sich<br />
nicht sehr stark von der neuen Raumstruktur<br />
und den Verkehrsangeboten beeinflussen lassen.<br />
Deswegen ist die Überlegung wichtig welche<br />
Zielgruppe mit dem Wohnprojekt angesprochen<br />
werden soll, um daraufhin zu überprüfen<br />
welches Plangebiet die optimale Verkehrsanbindung<br />
hat. Natürlich ist es auch wünschenswert,<br />
wenn wichtige Einrichtungen wie Supermarkt,<br />
Kindergarten und Grundschule in direkter Umgebung<br />
liegen und zu Fuß oder per Fahrrad erreichbar<br />
sind, so dass der Bewohner einen Teil<br />
der 3,6 Wege pro Tag ohne motorisierte Verkehrsmittel<br />
zurücklegen kann.<br />
46
1. Einführung<br />
Im Zuge der Industrialisierung gewannen die<br />
Städte, in deren sich der Großteil der Produktion<br />
befand, an immenser wirtschaftlicher und<br />
politischer Bedeutung. Binnen kürzester Zeit<br />
explodierten aufgrund des starken Zuzugs der<br />
Landbevölkerung die Einwohnerzahlen der<br />
Städte. Mit der hohen Zuwanderung und der<br />
hierfür benötigten Wohnflächen und -räumen<br />
erfuhren vor allem die Städte Europas einen<br />
enormen Wandel. Infolge der raschen Veränderung<br />
und Umwandlung der urbanen Siedlungsräume<br />
entstanden Städte und Großstädte<br />
wie wir sie heute kennen. Neben den sozialen,<br />
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen,<br />
die durch die <strong>Urban</strong>isierung verursacht<br />
wurden, soll in dieser Arbeit die Wirkung und<br />
die „Veränderungskraft“ der urbanen Siedlungsräume<br />
auf das Klima beleuchtet werden. Denn<br />
im Gegensatz zu den nicht bebauten Gebieten,<br />
hat das städtische Dasein und Treiben Auswirkungen<br />
auf die klimatischen Bedingungen. Es<br />
herrschen direkte Wechselbeziehungen mit<br />
dem dort befindlichen lokalen Klima. So hat die<br />
Stadt zum Beispiel mit ihrer Bebauung und der<br />
Dichte der Schadstoff emittierenden Industrien<br />
direkten Einfluss auf das urbane Klima. Diese<br />
klimatischen Eigenheiten des Klimas einer Stadt<br />
bezeichnet man als Stadtklima. Neben der theoretischen<br />
Betrachtung des Themas Stadtklima<br />
sollen Überlegungen und auch praktische Maßnahmen,<br />
welche auf dasStadtklima positiv wirken,<br />
untersucht werden.<br />
2. Geschichtliche Betrachtung<br />
Die ersten wissenschaftlichen Erforschungen<br />
des stadteigenen Klimas begannen schon in der<br />
frühen Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der englische<br />
Chemiker Luke Howard (1772-1864) untersuchte<br />
bereits 1833 in dem Buch „Climate of<br />
London, deduced from metereological observations“<br />
das Klima Londons und des Umlandes.<br />
Hier belegte Howard durch Temperaturmessungen<br />
an verschiedenen Stellen Londons und<br />
der Umgebung, dass die Lufttemperatur des<br />
Stadtgebiets wärmer als die des unbebauten<br />
Stadtklima<br />
Umlands war. Auch innerhalb des Stadtklimas<br />
gab es Unterschiede. So waren im Winter die<br />
Temperaturunterschiede zwischen Stadt und<br />
Land höher als die im Sommer. Diese Unterschiede<br />
in der Lufttemperatur führte Howard<br />
auf den winterlich bedingten Gebrauch von<br />
Kohle und Holz für das Heizen und Kochen<br />
zurück. Des Weiteren beobachtete Howard<br />
den durch das Verbrennen von Kohle und Holz<br />
verursachten Nebel innerhalb Londons und<br />
prägte den heute gängigen Begriff des Smogs<br />
(„smoke“+“fog“). An Howard anschließend<br />
wurden die Forschungen zum Stadtklima stetig<br />
intensiviert. So wurde bald darauf das Phänomen<br />
der städtischen Wärmeinsel, der stadtbedingten<br />
Wolkenbildung und der Einfluss der<br />
Stadt auf die Niederschlagswerte untersucht.<br />
Ab dem 20. Jahrhundert nutzte man zur Datenerfassung<br />
nicht mehr nur stationäre Messstationen,<br />
welche nur punktuelle Aussagen ermöglichten<br />
und keine über das Umfeld, sondern auch<br />
mobile Messstationen. Der Einsatz von Fahrrad<br />
und Automobil ermöglichte Messfahrten und<br />
damit gleichzeitig eine flächendeckende Betrachtung<br />
klimatischer Sachverhalte. In diesem<br />
Gebiet untersuchten die Metereologen Peppler<br />
(1929) und Schmidt (1930) flächendeckend<br />
Stadtgebiete und konnten so Aussagen über die<br />
Wärmeverteilung in der Stadt treffen. Neben<br />
der horizontalen Betrachtung der klimatischen<br />
Ausdehnung rückte das Interesse nun auch für<br />
die vertikale Betrachtung in den Vordergrund.<br />
Hierfür wurden Messungen mit Hilfe von Fesselballons<br />
in den höheren Lagen durchgeführt. So<br />
war es möglich, dreidimensionale Modelle der<br />
städtischen Temperaturverteilung zu errechnen<br />
und das Phänomen des städtischen Wärmedomes<br />
zu betrachten, bei der die Wärme<br />
nach oben abnehmend in höhere Lagen zieht.<br />
In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts begann<br />
man zu untersuchen, welchen Einfluss das Klima<br />
auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der<br />
Menschen hat, und gründete die Humanbioklimatologie.<br />
Ferner wurde in den 1930er Jahren<br />
durch Lauscher der wärmespeichernde Effekt<br />
von Städten untersucht.<br />
47
Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
3. Faktoren des Stadtklimas<br />
Das Klima einer Stadt wird durch mannigfaltige<br />
Ursachen und Faktoren beeinflusst. Ein signifikanter<br />
„Verursacher“ ist der hohe Grad der<br />
Versiegelung und die damit einhergehende<br />
Reduzierung der innerstädtischen Vegetation.<br />
Ebenso wirken die durch Industrie, Haushalt und<br />
Verkehr emittierten Schadstoffe sich nachhaltig<br />
auf das Klima und die Luftqualität aus. Ferner<br />
beeinflusst das „Profil“ einer Stadt die innerstädtischen<br />
Luftbewegungen, so kann Richtung<br />
und Stärke des Windes durch Straßen und Gebäuden<br />
umgeleitet und verstärkt werden. Daneben<br />
ist die Sonnenstrahlung und die Atmosphärenstrahlung<br />
ein Faktor, der das Stadtklima<br />
verändert. Denn die Stadtoberflächen, die die<br />
Strahlung aufnehmen, erwärmen sich abhängig<br />
von ihren stofflichen Eigenschaften und können<br />
so einen innerstädtischen Temperaturanstieg<br />
verursachen. Die folgenden zwei Beispiele sollen<br />
verdeutlichen inwiefern die Beachtung des<br />
städtischen Klimas bei städtebaulichen Eingriffen<br />
wichtig und notwendig ist.<br />
3.1 Beispiele – Stadtklima<br />
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begann<br />
man südlich von Heidelberg eine Satellitensiedlung<br />
für etwas 11000 Einwohner zu errichten.<br />
Das Bauprojekt wurde von staatlicher Seite subventioniert<br />
und sollte aufgrund seiner Lage beispielhaft<br />
für die Verknüpfung von <strong>Urban</strong>ität und<br />
Umwelt-freundlichkeit sein. Nach der Teilfertigstellung<br />
und des Bezuges durch die Einwohner<br />
Mitte der 70er Jahre kam es allerdings zu nicht<br />
vorhergesehen Komplikationen. Der hohe Grad<br />
der Baumassenverdichtung und die Gebäudehöhe,<br />
die dunkle Außenwandgestaltung und eine<br />
daraus resultierende mangelnde Luftzirkulation<br />
brachten einen enormen lokalen Temperaturanstieg<br />
mit sich. So kam es, dass an hochsommerlichen<br />
Tagen die Temperaturen in den Innenhöfen<br />
9°C höher waren als die des unbebauten<br />
Umlandes. Die besagte fehlende Luftzirkulation<br />
unterstützte diesen Effekt, da warme Luftnicht<br />
in ausreichenden Mengen abgeführt werden<br />
konnte und keine erfrischenden und kühlenden<br />
Winde in das bebaute Gebiet gelangen konnten.<br />
Des Weiteren wurden bei der Planung dieser<br />
Siedlung keine möglichen Belastungen aufgrund<br />
der Windrichtung untersucht. Die Folge war,<br />
dass man ein Zementwerk, welches permanent<br />
aus Südwesten eine Staubwolke in die Siedlung<br />
trieb nicht in der Planung berücksichtigte. Diese<br />
städtebaulichen Bedingungen beeinträchtigten<br />
unmittelbar die Lebens– und Wohnqualität in<br />
einem erheblichen Maße. Denn die stark erhöhten,<br />
drückenden Temperaturen und die stetigen<br />
Belastungen durch den Staub des Zementwerks<br />
beeinflussten das Wohlbefinden maßgeblich. Als<br />
zweites Beispiel seien in den 60er Jahren des<br />
20. Jahrhunderts in England an verschiedenen<br />
Orten errichtete Einkaufszentren angeführt. In<br />
der Regel bildete dort ein Hochhaus den Mittelpunkt,<br />
welches von Bauten geringerer Höhe<br />
flankiert war. Doch bei der Planung und der Realisierung<br />
wurde der Einfluss des Windes nicht<br />
berücksichtigt. Als Ergebnis kam es in der Umgebung<br />
zum Hochhaus zu starken Windböen,<br />
die das Wohlbefinden und vor allem das Sicherheitsgefühl<br />
der Einkäufer beeinflussten3. Erst im<br />
Nachgang wurde der Einfluss des Windes auf<br />
das Hochhaus untersucht und hatte zur Folge,<br />
dass kostenintensive Umbauten durchgeführt<br />
werden mussten. Diese Beispiele sollen verdeutlichen,<br />
dass die Auswirkungen städtebaulicher<br />
Entwicklung auf das Stadtklima erheblich<br />
sein können und von Planern berücksichtigt<br />
werden müssen. Schließlich können stadtklimatische<br />
Veränderungen neben der Wohnfunktion<br />
auch die Wirtschafts- und Erholungsfunktionen<br />
eines Stadtteiles nachhaltig beeinträchtigen. Darüber<br />
hinaus können diese auch Einfluss auf das<br />
subjektive Empfinden und die Wahrnehmung<br />
im Hinblick auf Wohlbefinden und Sicherheit<br />
haben.<br />
4. Faktor – Strahlung<br />
Das oben angeführte Beispiel zeigt, dass ist<br />
der Einfluss der Strahlung auf urbane Siedlungsräume<br />
sehr hoch ist. Neben der Sonnenstrahlung<br />
treffen auch weitere Strahlungsarten<br />
auf die Stadt, die sich in der Wellenlänge und<br />
Wirkung unterscheiden. Die ultraviolette Strah-<br />
48
lung bewegt sich in einer Wellenlänge von 250-<br />
315μm und hat eine keimtötende Wirkung.<br />
Des Weiteren bewirkt das sichtbare Licht mit<br />
einer Wellenlänge von 400-760μm eine Erhellung.<br />
Die infraroten Strahlen, die sich in einem<br />
Geltungsbereich von über 760μm befinden,<br />
wirken auf die bestrahlten Flächen erwärmend.<br />
Die Strahlung, die auf bebautes Gebiet<br />
fällt, unterscheidet sich von der Strahlung, die<br />
auf unbebautes Umland trifft. Denn die durch<br />
die Stadt verursachte Dunstglocke verändert<br />
sich die Strahlung in Stärke und Form. So führt<br />
die Luftverschmutzung in der Stadt zu einer<br />
Trübung der Atmosphäre und bestimmt so<br />
die Länge in Intensität des Lichtes.4 Daneben<br />
wird die Strahlung auch von der Stellung der<br />
Gebäude zur Strahlung und der durch Bauten<br />
verursachten Schattenwirkung beeinträchtigt.<br />
Pauschal gilt für Deutschland, dass die Sonnenscheindauer<br />
in der Stadt um ca. 5-15% verkürzt<br />
wird. Ferner verändern sich die Strahlungswerte<br />
im Wochenverlauf. Die wochentags arbeitsbedingte<br />
höhere führt dazu, dass in der Woche<br />
die Strahlungsintensität am geringsten und am<br />
Wochenende am höchsten ist. Dies erklärt sich<br />
dadurch, dass in der Woche der Großteil der<br />
Verursacher von Luftverschmutzungen, wie<br />
Verkehr und Industrie in Betrieb sind, wohingegend<br />
am Wochenende die Verursacher stillstehen<br />
oder nur vermindert zum Einsatz kommen.<br />
Neben den Unterschieden im Wochengang<br />
gibt es auch Verschiedenheiten im Jahresgang.<br />
Hier liegt das Strahlungsmaximum gesamt gesehen<br />
im Sommer am höchsten und im Winter<br />
am niedrigsten5. Im Winter ist dies vor allem<br />
auf den Gebrauch der Gebäudeheizung und<br />
damit einhergehende Verunreinigung der Luft<br />
zurückzuführen. Ein weiterer Punkt ist die Abschwächung<br />
der Sonnenstrahlungsintensität, die<br />
vom Stadtrand hin zum Stadtzentrum abnimmt.<br />
Die Ursache hierfür liegt in der strahlungsabsorbierenden<br />
Wirkung der Luftverschmutzung,<br />
welche in der Stadt höher wird. Doch inwiefern<br />
sorgt die Strahlung für eine Erwärmung<br />
Um diese Frage zu beantworten, müssen hierzu<br />
die wärmespeichernden Eigenschaften der urbanen<br />
Oberflächen wie Asphalt, Schnee, Rasen<br />
u.a. betrachtet werden. Die Oberflächen von<br />
Gebäuden dienen der Strahlung als Energieumsatzfläche,<br />
bei der die Wellenstrahlung teilweise<br />
absorbiert und in Wärme umgesetzt wird. Ein<br />
anderer Teil wird von der Oberfläche wieder<br />
reflektiert, wobei die wärmespeichernde Funktion<br />
und das Reflexionsvermögen einer Oberfläche<br />
sehr unterschiedlich sein können. Wie<br />
viel Wärmeenergie eine Oberfläche aufnehmen<br />
kann und wie viel wieder reflektiert wird, hängt<br />
von ihrer „Albedo“ ab. Die Albedo gibt an, wie<br />
stark das Reflexionsvermögen einer Oberfläche<br />
im Hinblick auf die einfallende Strahlungsenergie<br />
ist. So reflektieren dunkle Wände, Beton und<br />
Asphalt nur sehr geringe Mengen der Strahlung,<br />
während heller Neuschnee oder auch weiße<br />
Wände ein hohes Maß an Reflexionsvermögen<br />
aufweisen. Die folgende Tabelle6 zeigt schematisch<br />
auf, welche Oberflächen sich stark erwärmen<br />
können und welche die Strahlungsenergie<br />
zum größten Teil reflektieren. Die Tabelle zeigt,<br />
dass gerade die in der Stadt vorherrschenden<br />
Oberflächen (Beton, Asphalt, Schotter) ein sehr<br />
geringes Reflektionsvermögen besitzen und dafür<br />
umso mehr die Wärme speichern, die sie<br />
später an die Umgebung abgeben.<br />
4.1 Faktor – Temperatur/Wärme<br />
Wie oben schon gezeigt, sind die Sonneneinstrahlung<br />
und die Eigenschaften der bestrahlten<br />
Oberflächen sehr eng mit den Temperaturveränderungen<br />
verbunden. Je dichter eine Stadt<br />
bebaut ist und je höher der Anteil an Oberflächen<br />
wie Asphalt und Beton ist, desto größer<br />
ist das Wärmespeicherungspotential der Stadt<br />
und damit gleichzeitig die Temperatur in der<br />
Stadt.7 Mit dem Aufsteigen der Sonne erwärmen<br />
sich die bestrahlten Flächen und speichern<br />
diese Wärme für die Dauer der Bestrahlung.<br />
Die Erwärmung zieht sich in der Regel von<br />
den Nachmittagsstunden bis zum Abend hin<br />
und verursacht eine Temperaturdifferenz zwischen<br />
der Stadt und dem unbebauten Umland.<br />
Denn während sich in der Nacht das Umland<br />
stark abkühlt, geben die Oberflächen, welche<br />
während des Tages durch die Sonnenstrahlen<br />
erwärmt 7 Vgl. G. Schmidt-Eichstaedt, Stadtökologie,<br />
Lebensraum Großstadt, 1996, S.62. 9 wurden,<br />
weiter Wärme ab. Wiederum wird in den<br />
49
Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Morgenstunden das offene Umland von den<br />
Sonnenstrahlen schneller erwärmt, während die<br />
Stadt aufgrund der vielen Häuser- und Gebäudeschatten<br />
sich langsamer erwärmt. Die Temperaturen<br />
werden bedingt durch die höher werdende<br />
Bauverdichtung zum Stadtzentrum hin<br />
höher. Hierbei spricht man von dem Phänomen<br />
der städtischen Wärmeinsel. Allerdings muss gesagt<br />
werden, dass schon durch mäßige Winde<br />
die Wärmeinsel wieder aufgelöst werden kann.<br />
Der Mittelwert der Temperaturuntschiede zwischen<br />
dem Umland und der Stadt liegt bei ca.<br />
0,5-1,5°C8. Allerdings liegt die Gefahr bei windstillen<br />
Tagen darin, dass die Temperaturdifferenz<br />
auch Werte von über 10°C annehmen kann.<br />
Da sich Wärmeinseln nur in verdichteten Stadtzentren<br />
bilden können, verlaufen sie eng an der<br />
räumlichen Grenze der äußeren Bebauung. Ferner<br />
führt die Eigenwärme der Stadt dazu, dass<br />
die Temperaturminima in der Nacht im Gegensatz<br />
zum Umland deutlich höher liegen, was<br />
wiederum zu einer merklich geringeren Anzahl<br />
an Frost- und Eistagen in der Stadt führt. So reduziert<br />
sich auch die Anzahl der Heiztage und<br />
es kommt auch zu einer Veränderung bzw. Verlagerung<br />
der Vegetationsperioden. Diese Verlagerung<br />
der Vegetationsperioden innerstädtischer<br />
Pflanzen kann zum Beispiel wie in Wien<br />
10-20 Tage9 betragen. Städtische Wärmeinseln<br />
konzentrieren sich nicht zwingend auf den Kern<br />
einer urbanen Agglomeration. Vielmehr können<br />
sie sich an unterschiedlichen urbanen Gebieten,<br />
ja sogar an einzelnen Gebäuden mit hofbildender<br />
Bebauung bilden. Neben den rein klimatischen<br />
Aspekten hat ein durch die Stadt verursachter<br />
Temperaturanstieg auch gesundheitliche<br />
Folgen für die darin lebenden Bewohner.<br />
4.2 Faktor - Niederschlag und<br />
Luftfeuchte<br />
Neben der Strahlung und der städtetypischen<br />
Eigenwärme ist der Einfluss der Stadt auf die<br />
Niederschläge prägend für das Stadtklima. Die<br />
Stadt wirkt auf verschiedene Art und Weise auf<br />
das Verhalten des Niederschlages, so hat zum<br />
Beispiel die städtische Überwärmung einen<br />
Anteil daran. Diese Überwärme kann die Luft<br />
über der Stadt zum Aufsteigen bringen und so<br />
diese unter geeigneten Bedingungen zum Niederschlag<br />
veranlassen. Dies kann dann auftreten,<br />
8 Vgl. R. D. Schmidt, Das Klima im Städtebau,<br />
Bundesforschungsanstalt für Landeskunde<br />
und Raumordnung,1980 S.12. 9 Vgl. H. Sukopp<br />
und R. Wittig (Hrsg.), Stadtökologie, Ein Fachbuch<br />
für Studium und Praxis,1998,S.144. 10<br />
wenn beispielsweise Luftmassen von hoher<br />
Luftfeuchtigkeit vom Wind über die Stadt getrieben<br />
werden. Neben diesem mitauslösenden<br />
Faktor beeinflusst auch die sogenannte<br />
Rauhigkeit der Stadt das Niederschlagsverhalten<br />
über der Stadt. Die Rauhigkeit der Stadt<br />
ist die Bezeichnung für das vertikale Profil der<br />
Stadt, das durch Hochhäuser und andere hohe<br />
Bauten gegeben ist. Die horizontale Bewegung<br />
der Luftmassen kann so durch diese Gebäude<br />
abgebremst werden. Hierdurch kann die Luft<br />
ebenfalls zum Aufsteigen gezwungen werden<br />
und unter Umständen auch zum Abregnen veranlasst<br />
werden. Eine Eigenart der Stadt ist, dass<br />
die entstehenden Wassermengen, welche durch<br />
das Abregnen verursacht werden, nicht auf der<br />
Oberfläche verbleiben und so allmählich verdunsten<br />
könnten. Das hohe Maß der Versiegelung,<br />
die fehlende Vegetation und das sofortige<br />
Ableiten des Regenwassers in die Kanalisation<br />
verhindern dies und tragen dazu bei, dass Stadtluft<br />
im allgemeinen trockener ist als die Landluft.<br />
Allerdings existieren in den Städten Industrien,<br />
welche ein hohes Maß an Luftfeuchtigkeit erzeugen.<br />
Diese Wasserstoffproduzenten sind u.a.<br />
Kraftwerke mit Kühltürmen oder auch Fabriken,<br />
die durch das Verbrennen von Öl zusätzlich<br />
Wasserdampf erzeugen und so ebenfalls zu Regenfällen<br />
beitragen können. Selbst verschmutzte<br />
Luft in der Stadt kann ein regenauslösender<br />
Faktor sein. Über dem Stadtgebiet befinden sich<br />
hohe Mengen an Staub und anderen Partikeln.<br />
Diese Partikel, auch Aerosole genannt, werden<br />
vor allem durch Verkehr, Industrie und Heizung<br />
verursacht und können als Kondensationskerne<br />
wirksam werden und so Niederschläge auslösen10.<br />
Diese vier regenauslösenden Faktoren<br />
tragen dazu bei, dass in urbanen Siedlungsgebieten<br />
die mittlere Niederschlagsmenge um ca.<br />
5-16%11 höher ist als im unbebauten Umland.<br />
In der Folge können Starkregenereignisse, Ge-<br />
50
witter und Hagelfälle in Großstädten mit einer<br />
erhöhten Intensität auftreten. Auch für die Luftfeuchtigkeit<br />
lässt sich ein Unterschied zwischen<br />
Stadt und Umland konsistieren So ist die Luftfeuchtigkeit<br />
in der Stadt niedriger als im Umland.<br />
Denn in der Stadt werden die anfallenden<br />
Niederschlagsmengen vorwiegend direkt in die<br />
Kanalisation abgeleitet, so dass eine schrittweise<br />
Kondensation verhindert wird. Der niedrige<br />
Gehalt an Luftfeuchte wird zusätzlich durch<br />
die stadteigene erhöhte Temperatur weiter gemindert.<br />
Wie oben schon aufgeführt, kann allerdings<br />
die Luftfeuchtigkeit durch Kraftwerke<br />
und ndustrieanlagen lokal sehr erhöht sein. So<br />
ist die innerstädtische Verteilung der Luftfeuchtigkeit<br />
ähnlich wie die der Temperatur örtlich<br />
unterschiedlich. Ein weiterer Aspekt der Luftfeuchtigkeit<br />
ist die Schwüle, welche durch erhöhte<br />
Luftfeuchtigkeit entsteht. Das horizontale<br />
Profil der Stadt wirkt hier schwülefördernd, da<br />
die luftkühlenden Winde durch die Bebauung<br />
abgebremst werden. Dadurch ist neben der innerstädtischen<br />
erhöhten Eigentemperatur ein<br />
weiterer Faktor vorhanden, welcher sich auf das<br />
Wohlbefinden der Bewohner auswirkt.<br />
4.3 Faktor – Bewölkung und Nebel<br />
Grundsätzlich gilt, dass der Grad der Himmelsbedeckung<br />
in der Stadt um 5-10% höher ist als<br />
im Umland.12 Ähnlich wie bei der Luftfeuchtigkeit<br />
und beim Niederschlag beeinflussen auch<br />
die wasserdampfproduzierenden Kraftwerke<br />
und Industrieanlagen die Nebelbildung. Trotz<br />
der oben geschilderten niedrigeren Luftfeuchtigkeit<br />
in der Stadt produzieren diese Wasserdampfemittenten<br />
so viele Partikel (Aerosole),<br />
dass es zu einer erhöhten Bildung von Dunst<br />
und Nebel in der Stadt kommt. So ist die Sicht<br />
am Rande von Industriegebieten in der Woche<br />
deutlich schlechter als am Wochenende, wenn<br />
ein Großteil der Anlagen nicht in Betrieb ist. Im<br />
Winter wird die Sicht weiter verschlechtert, da<br />
durch den vermehrten Heizverbrauch mehr<br />
Partikel in die Luft gelangen. Schon der englische<br />
Chemiker Luke Howard beschäftigte sich<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts mit der innerstädtischen<br />
Nebelbildung in London. Der Rauch, der<br />
durch das Heizen verursacht wurde, bewirkte<br />
eine erhöhte Anzahl an nebeligen Tagen. In den<br />
60er Jahren des 20. Jahrhunderts sah die britische<br />
Regierung Handlungsbedarf und verabschiedete<br />
den „Clean Air Act“, mit dem die Benutzung<br />
der offenen Feuerstellen eingeschränkt<br />
wurde. Die Folge war, dass die Sonnenstrahlung<br />
bis 1970 um ca. 70% zunahm.<br />
4.4 Faktor – Wind<br />
Der Wind ist im Rahmen des innerstädtischen<br />
Klimas ein sehr wichtiger Faktor. Der Wind ist<br />
elementar für den Luftaustausch. Er führt frische<br />
und kühlende Luft in die Stadt und transportiert<br />
so gleichzeitig verunreinigte und erwärmte Luft<br />
ab. Ferner wird der Wind durch die horizontale<br />
und vertikale (Rauhigkeit/Profil) Struktur der<br />
Stadt verändert. So wird der Wind durch Gebäudefronten<br />
und Straßenschluchten in seiner<br />
Richtung gebremst, geändert und kann auch kanalisiert<br />
und dementsprechend verstärkt werden.<br />
Hier kommt es häufiger als im Umland zu<br />
auftretenden Windstillen aber auch gleichzeitig<br />
zu vermehrten und stärkeren Windböen. Analog<br />
zu dem in 3.1 skizzierten Beispiel kann selbst<br />
ein einzelnes Gebäude von veränderten Windeigenschaften<br />
betroffen sein. Trifft der Wind<br />
auf eine Gebäudefront kommt es zum Aufstau<br />
und zur Auslenkung und kann so unterschiedliche<br />
Geschwindigkeiten erzeugen. Ein Teil der<br />
Windströmung hält sich an den Gebäudekanten,<br />
ein anderer Teil wird von der Gebäudefront<br />
zurückgeworfen und erzeugt so Wirbelströmungen<br />
von erhöhter Geschwindigkeit. Innerhalb<br />
der Stadt beeinflussen sich natürlich auch<br />
benachbarte Gebäude. So ist die Verteilung<br />
der Geschwindigkeit abhängig von der Höhe<br />
und der Form der Gebäude. Ferner von Bedeutung<br />
ist auch die Ausrichtung der Gebäude<br />
zum Wind. Die Form und die Ausrichtung der<br />
Gebäude kann den durch den Wind gewährleisten<br />
Abtransport von Schadstoffen erschweren.<br />
Hierbei kann es bei hofbildender Bebauung<br />
aufgrund mangelnder Zirkulation zu Schadstoffansammlungen<br />
kommen. Folglich kann man ableiten,<br />
dass man bei ungünstiger Ausrichtung der<br />
51
Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Gebäude, einer geringen Zirkulation und bei<br />
niedrigen Windgeschwindigkeiten mit erhöhten<br />
Schadstoffkonzentration konfrontiert sein kann.<br />
Die Wirkung des Windes für die Zerstreuung<br />
von Luftverunreinigungen ist also ein wichtiger<br />
Faktor, welche auch bei großmaßstäbigen Städtebau<br />
dringende Beachtung finden muss.<br />
4.5 Faktor – Luftverunreinigung<br />
Ein kennzeichnender Faktor der Luft in einer<br />
Stadt ist der erhöhte Gehalt an festen, flüssigen<br />
und gasförmigen Beimengungen. Zu den Hauptemittenten<br />
zählen Industrie, Verkehr, Gewerbe<br />
und Energieproduzenten. Die am häufigsten<br />
vorkommenden Emissionen sind Stickstoffoxide,<br />
Kohlenmonoxide, Schwefeldioxide und<br />
Stäube. Stickstoffoxide spielen besonders bei<br />
der Bildung von Smog und Nebel eine große<br />
Rolle. Diese werden bei fast jeder Art von Verbrennungsprozessen<br />
produziert. Folglich sind<br />
die Hauptemittenten Verkehr und Kraftwerke,<br />
aber auch die in der Landwirtschaft verwendeten<br />
nitrathaltigen Düngemittel setzen viele<br />
Stickstoffoxide frei. Der im Laufe der Zeit erhöhte<br />
Anteil an emittierten Stickstoffoxiden ist<br />
auch auf die starke Zunahme an Kraftfahrzeugen<br />
zurückzuführen. Die größten Emissionsanteile<br />
entfallen mit 47% auf den Straßenverkehr und<br />
mit 22% auf Kraft- und Fernheizkraftwerke15.<br />
Kohlenmonoxide resultieren aus unvollständigen<br />
Verbrennungsprozessen, welche allerdings<br />
von 12,4 Mio. t im Jahr 1966 auf 6,7 Mio. t im<br />
Jahr 1994 zurückgegangen sind16. Der Grund<br />
hierfür liegt im verminderten Einsatz von festen<br />
Brennstoffen und bei der besseren Abgassäuberung<br />
in Kraftfahrzeugen. Daneben belasten die<br />
durch die Industrie und Kraftwerke ausgestoßenen<br />
Schwefeldioxide und Stäube die Luft. Im<br />
Gegensatz zu früher ist die Rauch- und Staubbildung<br />
durch verbesserte Heizverfahren, höhere<br />
Schornsteine und nicht zuletzt auch durch die<br />
stetige Ablösung der Kohle als Brennstoff zum<br />
Teil zurückgegangen. Die in vielen hochindustrialisierten<br />
Städten bemängelte Rauchbildung<br />
konnte in den letzten Jahrzehnten so verringert<br />
werden. Dieser Rauch folgt einem ausgeprägten<br />
Jahresgang mit Höchstwerten im Winter. Ferner<br />
sind bei dem Tagesgang mit Maxima am Morgen<br />
und Abend in der Woche und die Minima am<br />
Sonntag angesiedelt. Bezüglich der Verteilung<br />
und Intensität des Rauches und der Luftbeimengungen<br />
ist festzuhalten, dass diese stark von der<br />
Windlage abhängt. Während bei kräftigen Winden<br />
Luftbeimengungen abtransportiert werden<br />
können, kann es bei windschwachen Wetterlagen<br />
zu erhöhten Konzentrationen kommen. Die<br />
Höhe der Luftbeimengungen kann auch Rückschlüsse<br />
über das städtische Leben ermöglichen.<br />
So kann man feststellen, wie hoch das Verkehrsaufkommen<br />
beispielsweise ist oder wann die<br />
morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten<br />
anzutreffen sind. Einführend zu dem folgenden<br />
Teil der Arbeit sei auch darauf hingewiesen, dass<br />
Pflanzen staubbindende Fähigkeiten (Sedimentation)<br />
besitzen und somit auch zur Verbesserung<br />
der Luftqualität und Minderung der Emissionen<br />
beitragen können.<br />
Zwischenfazit<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die<br />
Faktoren Strahlung, Temperatur, Niederschlag<br />
sowie Luftfeuchte, Wind, Bewölkung und letztendlich<br />
Luftbeimengungen das Stadtklima beeinflussen<br />
und umgekehrt durch die Einflussgrößen<br />
der Stadt (Gebäude, Verkehr, Industrie usw.) beeinflusst<br />
werden. Eine nachhaltige Stadtplanung<br />
muss um diese Wechselbeziehungen wissen,<br />
um wie in den eingangs dargestellten Beispielen<br />
unerwartete und auch kostenintensive Folgen<br />
zu verhindern und eine gesunde städtische<br />
Umwelt zu gewährleisten. So sollte man bei der<br />
Wahl der zu verbauenden Stoffe stets ihre wärmespeichernden<br />
Eingenschaften und die daraus<br />
resultierenden Folgen berücksichtigen. Ferner ist<br />
die Rolle des Windes in die Planung einzubeziehen,<br />
um zum Beispiel luftreinigende und kühlende<br />
Windschneisen nicht zu behindern oder gar<br />
gänzlich zu verhindern. Letztendlich sind diese<br />
Faktoren auch maßgeblich dafür verantwortlich,<br />
inwiefern sich das subjektive Wohl- und Sicherheitsbefinden<br />
der Bürger gestaltet.<br />
52
5. Maßnahmen zur Drosselung<br />
schädlicher Emissionen<br />
Die Bio-Branche boomt und die Forscher und<br />
Wissenschaftler aller Industriebereiche arbeiten<br />
z.B. an besseren Rußpartikelfiltern, alternativen<br />
Kraftstoffen etc. Sie versuchen, neben Energiesparlampen<br />
auch recyclefähige Verpackungen<br />
auf den Markt zu bringen. Verbraucher sollten<br />
sich bewusst werden, dass sie mit ihrer Nachfrage<br />
die Richtung dieser Entwicklung mitbestimmen.<br />
Ein gewisses Potenzial schlummert<br />
in den Städten. Mit Verbesserung städtischer<br />
Strukturen ließe sich innerhalb der Städte und<br />
deren unmittelbarem Umfeld bzw. Einzugsgebiet<br />
ein angenehmeres Städteklima erreichen.<br />
Mit gezielten Maßnahmen, die individuell auf die<br />
besonderen Rahmenbedingungen einer jeden<br />
Stadt anzupassen sind, können stadtklimatisch<br />
positiv wirkende Effekte erreicht werden. Leitlinien<br />
bei Neugestaltungen von Flächen helfen<br />
dabei. Sie machen auch dem Bürger das Erfordernis<br />
einer bestimmten städtebaulichen Ordnung<br />
deutlich. Generell ist es für jede Siedlung<br />
wichtig, Wärmeinseln entgegenzuwirken. Das<br />
kann mit Maßnahmen zur Herabsetzung überhöhter<br />
sommerlicher Strahlungsaufnahme und<br />
einer besseren Ableitung überschüssiger Wärme<br />
geschehen. Um dies zu erreichen könnte<br />
man verstärkt die jeweils lokal vorkommenden<br />
Windsysteme zur Verbesserung der Stadtdurchlüftung<br />
nutzen. Sie würden dann, mit Hilfe von<br />
zentral zu den belasteten Stadtteilen verlaufenden<br />
und ausreichend breiten Straßen, direkt<br />
von ihrem Entstehungsgebiet in das Zentrum<br />
gelangen und dieses mit frischer und kühlender<br />
Luft 15 versorgen. Bei einer solchen Ausrichtung<br />
der Linienführung und weiterer Gestaltung der<br />
Kraftverkehrsstraßen, mit unter anderem verkehrsberuhigten<br />
Zonen, würde die Beeinträchtigung<br />
des Stadtgebietes durch schädliche Emissionen<br />
verringert werden, die Lebensqualität der<br />
Bewohner steigen und die Umweltbelastung<br />
sinken. Die Umsetzung derartiger Maßnahmen<br />
in bereits bestehenden Gebieten ist natürlich<br />
schwieriger als bei Neubaugebieten, besonders<br />
wenn es sich dabei z.B. um denkmalgeschützte<br />
Bauten handelt. Unmöglich ist es derweil nicht.<br />
Und bei Neu- und Umbauten kann man die<br />
Windverhältnisse mit berücksichtigen und eine<br />
Verbesserung dieser ermöglichen. Bei einer<br />
eventuell zu starken Windbelastung kann mit<br />
Bäumen oder Kunstbauten entgegengewirkt<br />
werden. Zur Beurteilung der Windverhältnisse<br />
helfen Windhäufigkeitsrosenerstellungen, welche<br />
unter anderem eine Rolle bei der Standortplanung<br />
für Schadstoffemittenten (Kraftwerke,<br />
Fabriken u.ä.) spielen. Dabei handelt es sich um<br />
eine Vorausberechnung, die für eine günstige<br />
Verortung und Einhaltung der Abstandsnormen<br />
unentbehrlich ist. Neben den ausreichend hohen<br />
Rauch- und Abgaskaminen, ist auch eine<br />
genaue Kenntnis und Erfassung der Emittenten<br />
im „Emissionskataster“ erforderlich. Das sowie<br />
die Ausströmungsgeschwindigkeit aus den<br />
Schornsteinen sind von hoher Bedeutung, um<br />
einem Eindringen der Schadstoffe in die Wohnungen<br />
und Häuser der Bewohner der Stadt<br />
entgegenzuwirken. Aus den Kaminen der Einzelhäuser<br />
tritt ein im Vergleich zur Nutzung von<br />
Fernwärme höherer Gehalt an Immissionen<br />
und Staub aus. Doch eine solch weit gehende<br />
Verwendung von Fernheizungen, wo möglich<br />
durch Koppelung mit Stromerzeugung und zentraler<br />
Müllverbrennung (Gemeinschaftsheizung),<br />
ist aus Gründen der Verkehrsbelastung und eines<br />
geminderten Wohnwertes um eine solche<br />
Anlage städtebaulich problematisch. Da eine<br />
wirtschaftliche und immissionssparende Kraftwärmekopplung<br />
großer Heizwerke einen hoch<br />
verdichteten Abnehmerkreis benötigt. Bei der<br />
Einbindung von Hochhäusern in das städtebauliche<br />
Gefüge sollten die daraus möglichen Immissionsbelastungen,<br />
ebenso die Emissions- und<br />
Luftströmungsverhältnisse, z.B. bei der Hochhausgestaltung<br />
berücksichtigt werden. Zum<br />
einen können Rauch- und Abgasbelästigungen<br />
von niedrigeren Emittenten von der Straße negativ<br />
auf die Luft- und somit Wohnqualität der<br />
Hochhausbewohner wirken. Aber auch umgekehrt<br />
können durch Windwirbel die Immissionen<br />
aus größeren Höhen bis zum Erdboden<br />
herabgeholt werden. Früher wurden die Häuser<br />
nach der Nord- Süd- Orientierung ausgerichtet,<br />
damit theoretisch auf jede Fassadenseite<br />
gleichviel direkte Sonneneinstrahlung einwirkt.<br />
Heutzutage sind diese eher nach Ost-West ausgerichtet,<br />
um sowohl morgens als auch abends<br />
53
Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
natürliches Licht der Sonne und ihre Wärme<br />
nutzen zu können. Bei einer geringeren Siedlungsdichte<br />
würde man damit einen hohen Anteil<br />
der Sonnenstrahlung als Heizleistung nutzen<br />
können. Die Anlage von Frei- und Grünflächen,<br />
Alleen und Schutzgehölzen und die Freihaltung<br />
der für die Luftzirkulation verantwortlichen<br />
Flächen sind ebenso wichtige Maßnahmen zur<br />
Verbesserung der Lebensqualität. Auf diesen<br />
letzten Punkt, beginnend mit der Versiegelung,<br />
wird im Folgenden näher eingegangen. Dabei<br />
wird auch und insbesondere auf die Möglichkeit<br />
der Gebäudebegrünung eingegangen.<br />
6. Versiegelung<br />
Bereits 1992 stellte eine Forschungsgruppe im<br />
Auftrag des Bundesministeriums für Raumordnung,<br />
Bauwesen und Städtebau fest, dass „Entsiegelung<br />
bzw. [die] Freihaltung von Versiegelung<br />
(…) umso bedeutsamer für Boden und Grundwasser<br />
[sei], je flächenintensiver diese Maßnahmen<br />
sind.“18 Die Versiegelung des Bodens<br />
führt zum einen dazu, dass der Niederschlagswasserabfluss<br />
oberflächlich stattfindet und dieser<br />
dadurch vermindert zur Grundwasserneubildung<br />
beitragen kann. Laut Kirchner liegt der<br />
Oberflächenabfluss in Stadtzentren zwischen<br />
80 und 100 %, während er z.B. in Waldgebieten<br />
unter 10 % liegen soll. Die Grundwasserneubildungsrate<br />
in Stadtlage wird dadurch behindert,<br />
so dass oftmals das Trinkwasser über weite<br />
Strecken in die Stadtzentren herantransportiert<br />
werden muss.19 Versiegelung und ihre Folgen<br />
beeinträchtigen auch die Pflanzen- und Tierwelt,<br />
da diese ihrem natürlichen Kreislauf entzogen<br />
werden. Eine derartig starke Schädigung bzw.<br />
Zerstörung der Pflanzendecke führt zu einer<br />
Isolierung oder Verinselung von Lebensräumen,<br />
welche die Ausbreitung von Arten behindern<br />
und sogar zum Artenrückgang beitragen kann.<br />
Eine Schaffung von Grünflächen, unter Berücksichtigung<br />
der jeweiligen geologischen Gegebenheiten<br />
(z.B. die Art, Größe und Beschaffenheit<br />
des Untergrundes) mit Erdanschluss<br />
(welcher die Versickerungsfunktion übernimmt)<br />
könnte ein Lösungsansatz zur Grundwasseranreicherung<br />
von besiedelten und bebauten Bereichen<br />
sein und den Pflanzen zu gute kommen.<br />
Zu beachten ist dabei, dass z.B. die Entsiegelung<br />
„eines Altlastenstandortes (..) sich dann negativ<br />
auf das Grundwasservorkommen auswirken<br />
[kann], wenn dadurch im Boden befindliche<br />
Schadstoffe in Grundwasserrichtung transportiert<br />
werden.“ Was das im Einzelnen für die zum<br />
Teil recht stark versiegelten Gebiete heißt, kann<br />
man ohne weitere und genauere Angaben nicht<br />
einschätzen. Daher sollte man sich diesbezüglich<br />
neben der Art der Altlasten auch vorher über<br />
die Durchlässigkeit und Mächtigkeit des Bodens<br />
und über die Lage des Grundwasserspiegels informieren.<br />
Zusammenfassend sei erwähnt, dass<br />
man das „ökologische Leistungsvermögen der<br />
Städte“ größtenteils den freien grünen Flächen,<br />
innerhalb als auch außerhalb gelegen, verdanken<br />
kann.<br />
7. Relevanz von Grünflächen<br />
Böden und ihre Vegetation sind mit ihren Einflüssen<br />
auf das Klima, der Lufthygiene, dem<br />
Wasserhaushalt aber auch mit ihrer Bedeutung<br />
für Gesundheit, Wohlbefinden und Erholung<br />
der städtischen Bevölkerung wichtige, nicht zu<br />
unterschätzende Faktoren. Die Leistungen der<br />
Böden sind stark abhängig von der jeweiligen<br />
Flächennutzung. Bei Betrachtung aller nun folgenden<br />
Punkten wird deutlich, dass innerstädtische<br />
Grünflächen, in Abhängigkeit ihrer Größe,<br />
Umgebung und im Gegensatz zu versiegelten<br />
Flächen, eine klimatische Ausgleichsfunktion besitzen.<br />
Vegetation wirkt unter anderem auf die<br />
Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftzusammensetzung,<br />
die Strahlungsbedingungen und auf die<br />
Windgeschwindigkeit. Zur Veranschaulichung<br />
dieser Thesen, sollen im folgenden Ergebnisse<br />
einiger Wissenschaftler vorgestellt werden. Bei<br />
Flächen, die kleiner als 0,04 ha sind, sei keine<br />
eigene Luftkörperausbildung möglich, „wohingegen<br />
(…) Vegetationsgrößen von mehr als 2<br />
ha generell ein eigener Luftkörper unterstellt<br />
wird.“21 Hinsichtlich der Eigenklimaentwicklung<br />
in Abhängigkeit von der Umgebung gilt nach<br />
Wilmers jedoch folgendes: Geschlossene Grünflächen<br />
können schon bei 50 m im Querschnitt,<br />
und durch Mauern abgeschlossene Gartenhö-<br />
54
fe würden bei weniger als 10 m Durchmesser,<br />
eigene Klimaverhältnisse entwickeln. Wie wunderbar<br />
eine selbst so kleine Hoffläche wirken<br />
kann, zeigen die folgenden Bilder, aus unserer<br />
Präsentation, in einer Vorher- Nachher- Gegenüberstellung.<br />
Im Vergleich dazu sollen offene<br />
Grünflächen ohne Bäume erst ab etwa 1 ha<br />
Größe ein Eigenklima ausbilden können. „Ihre<br />
Temperatursenkende Wirkung steigt jedoch<br />
mit ihrer Ausdehnung an, bei 1 ha beträgt sie<br />
etwa 1 Kelvin, bei 100 ha um 3 Kelvin. Schmale,<br />
sozusagen lineare Anlagen eignen sich als<br />
Frischluftbahnen ab einer Mindestbreite von<br />
etwa 30 m².“22 Um eine für den Luftaustausch<br />
wichtige Thermik in Gang zu halten, sollen laut<br />
Overdieck schon geringe Temperaturdifferenzen<br />
genügen. Er ermittelte, dass „auch kleine<br />
Grünflächen von 100 m² (..) die Temperatur in<br />
ihrer unmittelbaren Umgebung bis zu 0,5 °C<br />
senken“23 können. Nach Erkenntnissen von<br />
Kleinlosen aus dem Jahr 1987, der den klimatischen<br />
Einfluss von Kleingartengebieten auf das<br />
angrenzende Stadtgebiet untersucht hat, sind<br />
bei einem 8,7 ha großen innerstädtischen Kleingartengebiet<br />
temperaturmindernde Wirkungen<br />
„bereits nach 50m nicht mehr von Relevanz,<br />
wohingegen das Klima einer 30 ha großen Kolonie<br />
Auswirkungen bis zu einer Entfernung von<br />
300 m auf das angrenzende Stadtgebiet hat.“24<br />
Wobei die „Wirkungsgrenze“ selbst bei großen<br />
Parkanlagen bei 250 m enden soll. Auch hier ist<br />
neben der Größe die Reichweite der klimatischen<br />
Eigenschaften abhängig von der jeweiligen<br />
Flächennutzung, Bebauungsart und dem<br />
Grünanteil der jeweiligen Umgebung. Horbert u.<br />
a. fassten 1982 solche Reichweiten zusammen.<br />
„In Richtung einer locker bebauten, begrünten<br />
Siedlung beträgt die Reichweite bis zu 1000 m.<br />
In Richtung eines Industriegebietes beträgt die<br />
Reichweite meist unter 300 m, wobei sogar<br />
„häufig“ eine Beeinflussung der wärmeren Luftmassen<br />
des Industriegebietes in Richtung der<br />
Grünanlage festgestellt wird.“25 Die Größe von<br />
Grünflächen hat natürlich auch für den Fortbestand<br />
der Tierarten eine Bedeutung. Bei Vögeln<br />
kann erst eine quadratische oder runde Fläche<br />
von mindestens 5 ha Größe für den Erhalt ihrer<br />
Population bedeutsam werden. Je größer der<br />
Durchmesser der Fläche (daher quadratisch<br />
oder rund) ist, desto weniger werden die Tiere<br />
von den auf den angrenzenden Flächen befindlichen<br />
Gegebenheiten gestört und desto mehr<br />
Nahrungsangebot und Fläche ist für weitere Arten<br />
vorhanden. Natürlich konkurrieren Grünflächen<br />
in der Stadt mit anderen Nutzungsanforderungen,<br />
so dass der Aspekt des Lebensraums<br />
für Tiere den anderen städtebaulichen Belangen<br />
gegenüber zu stellen ist. Um aber dennoch das<br />
Nahrungsangebot für die Insekten und Vögel<br />
sicher zu stellen, wäre ein Erhalt oder die Wiederherstellung<br />
natürlicher Wiesen zum Teil in<br />
Betracht zu ziehen. Wertvolle Biotope dieser<br />
Art befinden sich oft auf brach gefallenen alten<br />
Industrie- und Bahnhofsflächen. Bereits 1988<br />
forderte Dröge die Sicherstellung solcher Flächen<br />
mit „Rückzugs- und Ausbreitungsfunktion“<br />
ab einer Größe von 10 ha, da dort spezielle und<br />
seltene Arten vorkommen sollen. Das gleiche<br />
soll für „junge, strukturarme Brachflächen, wenn<br />
sie durch besondere Standortbedingungen das<br />
Vorkommen von spezialisierten und seltenen<br />
Arten ermöglichen oder eine Funktion als Verbindungsbiotop<br />
übernehmen können,“26 gelten.<br />
Ansonsten kann man mit Hilfe einer unter<br />
anderem alleeartig begrünten Straße nicht nur<br />
Nistplätze und Lebensräume schaffen, die Temperatur<br />
und Windgeschwindigkeit in diesem Bereich<br />
senken, sondern auch die Sedimentationsstäube,<br />
kleinere Schwebestäube und Schadgase<br />
in einem geringen Umfang filtern, um neben<br />
den bekannten erfrischenden und belebenden<br />
Effekten auch ökologische Gesichtspunkte zu<br />
nennen. „Vor dem Hintergrund langer Aufenthaltsdauer<br />
des Menschen im Siedlungsraum und<br />
relativ geringer Aufenthaltsqualität erlangen die<br />
ökologischen und psychosozialen Funktionen<br />
von Grünflächen in städtischen Siedlungsräumen<br />
gegenüber den Freiräumen eine [immer]<br />
höhere Wertschätzung.“ Miess führt dazu aus,<br />
dass sich mit Vegetationsflächen klimatisch ungünstige<br />
Bedingungen in der Stadt korrigieren<br />
oder zumindest günstig beeinflussen lassen. Da<br />
neben Pflanzengemeinschaften, z.B. bestehend<br />
aus Gräsern und Kräutern, auch Hecken wichtige<br />
Funktionen als Lebensräume für Pflanzen<br />
und Tiere übernehmen, wird dieser Position<br />
hier gefolgt. „Grün“ in der Stadt ist nach Miess<br />
stadtklimatisch als „eine Mischung aus größeren<br />
55
Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Rasenflächen [bzw. Wiesenflächen], niedrigen<br />
Strauchgruppen und hochstämmigen [heimischen]<br />
Baumgruppen gesehen“28 am wirkungsvollsten.<br />
8. Begrünungen an baulichen Anlagen<br />
Parkanlagen und Baumpflanzungen sind nur ein<br />
Beitrag zur „Grünhaltung“ der Stadt. Denn auch<br />
an baulichen Anlagen sind Begrünungsmaßnahmen<br />
möglich. Dazu gehören insbesondere die<br />
Fassaden- und Dachbegrünung. Diese sollen<br />
nachfolgend erläutert werden.<br />
8.1 Fassadenbegrünungen<br />
Mit Hilfe einer Fassadenbegrünung, z.B. durch<br />
Kletterpflanzen, lassen sich die mikroklimatischen<br />
Verhältnisse an Hauswänden positiv beeinflussen,<br />
wobei diese Wirkungen auf den Luftraum<br />
im Nahbereich der Maßnahme beschränkt<br />
sind. Daher sollte man „diese Entlastungseffekte<br />
(…) aus klimatischer und lufthygienischer Sicht<br />
nicht (…) überschätzen.“29 Doch was kann im<br />
Einzelnen eine solche Fassadenbegrünung bewirken<br />
Köhler und Bartfelder sind dieser Frage<br />
in experimentellen Untersuchungen detailliert<br />
nachgegangen und hielten unter anderem fest,<br />
dass die begrünte Fassade im Vergleich zu einer<br />
unbegrünten noch in einem Abstand von einem<br />
Meter im Sommer eine um ca. 1- 3 °C niedrigere<br />
Lufttemperatur bewirken kann. Wie ist<br />
das möglich Das Blattwerk absorbiert und reflektiert<br />
zu einem großen Teil die direkten kurzwelligen<br />
Strahlen. Dies kann zu einer Dämpfung<br />
der Temperaturamplituden (Temperaturausschlag-<br />
und Schwingungsweite) und Maxima, im<br />
Sommer um bis zu 15 °C und im Winter „zu<br />
einer Reduzierung der Minima um bis zu 6 °C“,<br />
führen.30 Eine solche, wenn auch relativ geringe<br />
Energieeinsparung, in Folge der dämmenden<br />
Wirkung, trägt insgesamt auch zur Verbesserung<br />
des Kleinklimas bei. Das ist möglich, da sich Pflanzen<br />
bzw. Blätter im Tagesverlauf mit der Sonne<br />
„drehen“ (phototropische Ausrichtung) und<br />
sich im Jahresgang einem niedrigen oder hohen<br />
Sonnenstand, anpassen können. Im geringen<br />
Maße besteht auch eine zeitweilige Aufnahme<br />
des Staubniederschlages und somit ein kleiner<br />
Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität. Doch<br />
nur, weil sich die Sedimentationsstäube auf den<br />
Blättern absetzen können, sind diese noch lange<br />
nicht aus der Welt geschafft. Als weiteren<br />
positiven Aspekt bietet eine begrünte Fassade<br />
auch brutbiologisch, z.B. Nistplätze für Freibrüter<br />
und Höhlenbrüter, und nahrungsbiologisch,<br />
z.B. für Bienen, Hummeln, Falter und andere,<br />
gute Lebensbedingungen. Die wahrscheinlich<br />
bekannteste und klassische Art der Fassadenbegrünung<br />
ist die Kletterpflanze. Auffällig bei<br />
dieser Form ist, dass diese Pflanzen nur einen<br />
dünnen Stamm ausbilden, der hauptsächlich die<br />
Versorgungsaufgabe und nicht die `Tragende<br />
Rolle` übernimmt. Das ermöglicht ein schnelles<br />
Höhenwachstum und Vorteile anderen Pflanzen<br />
gegenüber, wie z.B. um Licht und Raum. Ermöglicht<br />
wird das zum Beispiel durch das Entwickeln<br />
von Haftorganen (bzw. Haftwurzeln) bei den<br />
Selbstklimmenden Pflanzen, auch Selbstklimmer<br />
genannt, wie Efeu, Kletterhortensie, Weinreben<br />
aber auch die Kiwi. Gerüstkletterpflanzen wie<br />
Schlingpflanzen umwinden die gestellten Kletterhilfen,<br />
Rankpflanzen bilden Greiforgane bzw.<br />
Ranken aus und Spreizklimmer harken sich bei<br />
den ´Gerüsten´ ein. Jede dieser Pflanzen besitzt<br />
ihre eigenen artspezifischen Eigenarten, und die<br />
daraus entstehenden Anforderungen bezüglich<br />
des Standortes müssen dabei unbedingt berücksichtigt<br />
werden. Neben den allgemeinen<br />
Anforderungen der Pflanzen an Licht, Boden<br />
und das (Klein)Klima sollten bei der Wahl der<br />
Pflanze(n) und der Konstruktion der Kletterhilfe<br />
Punkte wie die mögliche Größe, das Gewicht,<br />
der Triebdurchmesser und die Wuchsorientierung<br />
der Gerüstkletterpflanzen nach der Prüfung<br />
der Fassadenneigung, in Erfahrung gebracht<br />
werden. Da moderne Fassaden häufig nur sehr<br />
begrenzt tragfähige Oberflächen besitzen, sollte<br />
man sich Tipps und Hinweise von Spezialisten<br />
einholen, um auch eine Reduzierung der<br />
Erhaltungspflege (z.B. periodisch erforderliche<br />
Schnittmaßnahmen) durch situationsgerecht angepasste<br />
Kletterhilfen zu ermöglichen. Begrünte<br />
Fassaden tragen also zum einen zur Aufwertung<br />
des Stadtbildes bei, zum anderen können sie<br />
56
sich in der Regel auf dauerbeschatteten und/<br />
oder niederschlagsexponierten Wänden positiv<br />
auswirken. Bei jedoch Sonnenexponierten Fassaden<br />
können sie wiederum auch die Energiebilanz<br />
verschlechtern. Man sollte diese Punkte<br />
bedenken und individuell die Vor- und Nachteile<br />
bei den möglichen Gebäuden abwägen.<br />
8.2 Dachbegrünungen<br />
Neben der Fassadenbegrünung bieten bauliche<br />
Anlagen teilweise noch eine weitere Fläche, die<br />
begrünt werden könnte. Mit der Entdeckung<br />
des Eisenbetons gelang der Durchbruch für die<br />
Errichtung und Begrünung von Flachdächern.32<br />
Doch die Wissenschaftler sind sich über den<br />
Nutzen und die Auswirkungen eines Gründachs<br />
uneins. Stock und Beckröge waren 1985 der<br />
Ansicht, bei „(…) stärker Luftbelasteten Gebieten<br />
auf Dachbegrünung zu verzichten. Durch<br />
die Aufheizung thermisch aktiver Flächen wird<br />
der Luftaustausch belasteter Luftschichten mit<br />
weniger belasteten eher gewährleistet, als wenn<br />
die thermischen Extrembedingungen durch<br />
Dachbegrünung nivelliert würden.“33 Minke<br />
verglich seine Messungen von konventionellen<br />
Dächern mit den Werten, die er bei Gründächern<br />
ermittelte. Flachdächer können sich im<br />
Sommer auf bis zu 60- 80 °C erhitzen wobei<br />
auf grünen Dächern die Temperaturen kaum<br />
über 25 °C liegen. Genauso unterschiedlich sind<br />
auch die Temperaturschwankungen auf ihrer<br />
Oberfläche. Maximal 30 °C Unterschied<br />
herrscht über einem begrünten Dach, während<br />
bei einem unbegrünten bis zu 100 °C möglich<br />
sind.34 Im Einzelnen heißt das Folgendes für<br />
grüne Dächer: In der oberflächennahen Schicht<br />
herrscht eine erhöhte Luftfeuchte. Da die Windgeschwindigkeit<br />
geringer ist, ist die Luftbewegung<br />
stark reduziert und ermöglicht (mit Hilfe<br />
von begrünten Fassaden) eine Filterung der aufgewirbelten<br />
Schmutzpartikel aus der Luft. Ab<br />
einer Fläche von 100 m² auf aufgeheizten konventionellen<br />
Dächern kann laut Minke eine vertikale<br />
Luftbewegung von bis zu 0,5 m/ sec entstehen.35<br />
Diese würde genügen, um die in den<br />
Straßen, Plätzen und Höfen gelagerten 32 Genaueres<br />
hierzu schrieb <strong>Jana</strong> Ahrendt, Historische<br />
Gründächer. Ihr Entwicklungsgang bis zur Erfindung<br />
des Eisenbetons. Dissertation, TU Berlin<br />
2007. 33 R. Schäfer u.a., a.a.O. S. 30, zitiert nach:<br />
P. Stock, W. Beckröge, Klimaanalyse der Stadt Essen,<br />
KVR (Hrsg.), Essen 1985, S. 25. 34 R. Schäfer<br />
u.a., a.a.O. S. 30, zitiert nach: G. Minke, Möglichkeit<br />
und Nutzen Häuser zu begrünen, Deutsche<br />
Bauzeitung, 7/ 1980, S.20. 35 R. Schäfer u.a.,<br />
a.a.O. S. 30, zitiert nach: G. Minke, Möglichkeit<br />
und Nutzen Häuser zu begrünen, Deutsche<br />
Bauzeitung, 7/ 1980, S.20. 23 Staub- und<br />
Schmutzpartikel in die Luft zu befördern, und<br />
somit eine Schmutz- und Dunstglockenbildung<br />
begünstigen. Weitere Nutzen und Vorteile der<br />
Dachbegrünung kann man zum einen für den<br />
Bauherrn und der Gesellschaft, aber auch als<br />
positive Einflüsse auf unsere Umwelt formulieren.<br />
Eine Dachbegrünung mit ihrer positiven<br />
Wirkung auf das Stadtund Landschaftsbild ist<br />
nicht nur als Schutz der Dachabdichtung vor<br />
den Klima- und Umwelteinflüssen zu sehen. Sie<br />
dient zugleich der Lärmminderung, ermöglicht<br />
eine Hitzeabschirmung und sorgt für einen<br />
Feuchtigkeitsausgleich mit kühlender Wirkung<br />
auf das Raumklima im Sommer. Weiterhin senkt<br />
ein grünes Dach die Abwassergebühren und ermöglicht<br />
diverse Nutzungsmöglichkeiten. Der<br />
Dachgarten des Sport- und Wellnesshotels<br />
Stock in Finkenberg im Tiroler Zillertal wurde<br />
zum Beispiel sogar FBB Gründach des Jahres<br />
2007. Dieser von der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung<br />
e.V. (FBB) ausgezeichnete<br />
http://www.ulmer.de/preview/artikel.dllAID=3<br />
58403&MID=50278&TIX=2&UID=C2E8CB<br />
A1D49C2BB52FB735FCA286A9569AECC-<br />
DE5 1300 m² große Dachgarten wurde innerhalb<br />
von nur drei Wochen in mehrschichtiger<br />
Bauweise gefertigt. Dachbegrünungen werden<br />
öffentlich gefördert, allerdings mit regionalen<br />
und örtlichen Unterschieden. Jede Kommune<br />
wendet ihren individuellen Fördermix an. Dies<br />
kann durch Direktzuschüsse, Festsetzungen in<br />
Bebauungsplänen oder indirekt, durch Splittung<br />
der Abwassergebühren, geschehen. Der Inder<br />
Vishwanath Srikantaiah nutzt sein Dach zum<br />
Anbau von Reis. Er sammelt so genanntes Grauwasser,<br />
das bei der Wäsche anfällt, und lässt es<br />
in fünf verschiedenen (in seinem Garten aufgestellten)<br />
Tonnen reinigen. Das so gereinigte<br />
57
Stadtklima<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Wasser nutzt er schließlich zur Bewässerung<br />
seines Dachreisfeldes. Die angebaute Menge<br />
Reis genügt, um seine Familie zu versorgen.36<br />
Mit der Fähigkeit des Regenwasserrückhaltes,<br />
der Sauerstoffproduktion, die von solch einem<br />
Lebensraum ausgeht, und der Bindung von<br />
Staub- und Schadstoffen, wirkt ein begrüntes 36<br />
Darauf bin ich bei der 7. Jahreskonferenz des<br />
Rates für Nachhaltige Entwicklung aufmerksam<br />
geworden, Herr Vishwanath Srikantaiah ist ein<br />
Preisträger des Wettbewerbs „Mission Sustainability“<br />
- Wir nehmen die Herausforderung an,<br />
Berlin 2007. 24 Dach auch positiv auf das Stadtklima<br />
bzw. lokalklimatisch. Man unterscheidet<br />
zwischen extensiver (Dünnschichtaufbau mit<br />
Substrat, trockenheitsverträgliche Vegetation)<br />
und intensiver (vollwertiger Bodenaufbau bis<br />
hin zu Baumbepflanzung möglich) Dachbegrünung.<br />
Extensivbegrünungen sind sehr naturnah,<br />
weitgehend geschlossen und flächig angelegt<br />
und können sich durch angepasste Standortbedingungen<br />
weit gehend selbst erhalten. Zu ihnen<br />
zählen Moose, Sukkulenten37, Kräuter und<br />
Gräser aus dem Mitteleuropäischen Raum. Da<br />
eine solche Art der Begrünung nur einen geringen<br />
Pflegeaufwand mit sich zieht, ohne dass unter<br />
anderem eine zusätzliche Bewässerung notwendig<br />
ist, ist diese Form die kostengünstige<br />
Variante. Dem gegenüber stehen die kostenintensiven<br />
und aufwändigen Intensivbegrünungen,<br />
mit denen von Rasenflächen, Pflanzen, Stauden<br />
bis zu im Einzelfall sogar Bäumen (ob flächig, höhendifferenziert<br />
oder punktuell angelegt) möglich<br />
sein können. Solche Pflanzen brauchen eine<br />
regelmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung,<br />
stellen höhere Ansprüche an den Schichtaufbau<br />
und erfordern eine regelmäßige Pflege. Bei entsprechender<br />
Anpassung sind die Möglichkeiten<br />
der Nutzungs- und Gestaltungsvielfalt mit denen<br />
am Erdboden vorhandenen Freiräumen<br />
vergleichbar. Als Mittelweg bietet sich die einfache<br />
Intensivbegrünung an, welche sich aus bodendeckenden<br />
Begrünungen wie Gräsern, Stauden<br />
und Gehölzen zusammensetzt. Es besteht<br />
zwar eine Einschränkung der Nutzungs- und<br />
Gestaltungsvielfalt im Vergleich zur aufwändigen<br />
Intensivbegrünung, ist aber kostengünstiger als<br />
diese, da die verwendeten Pflanzen geringere<br />
Ansprüche an den Schichtenaufbau sowie an<br />
die Wasser- und Nährstoffversorgung stellen.<br />
Trotzdem sollte eine Bewässerung periodisch<br />
erfolgen. Auch eine Kombination aus begrüntem<br />
Dach und Solaranlagen ist möglich. Da eine<br />
nachträgliche Dachbegrünung meistens einen<br />
höheren finanziellen Aufwand mit sich bringt<br />
und sie auch die architektonische Gestaltung<br />
beeinflusst, sollte man diese frühzeitig in der Planung<br />
berücksichtigen. Bei der Pflanzenwahl sollten<br />
Aspekte wie der Schichtaufbau, die Schichtdicke,<br />
die Niederschlagsmenge, Lichtverhältnisse,<br />
die Wuchshöhe, die Geselligkeitsstufe sowie die<br />
Aggressivität gegenüber der Wurzelschutzschicht<br />
berücksichtigt werden. Damit wäre die<br />
vorletzte Schicht benannt. Der Schichtenaufbau<br />
der Vegetationsflächen oberhalb der Dachdichtung<br />
besteht meist aus folgenden Funktionsschichten:<br />
Vegetation, Vegetationsschicht, Filterschicht,<br />
Dränageschicht und Schutzschicht,<br />
bestehend aus der benannten Wurzelschutzschicht<br />
und der Trennschicht. Dabei kann die<br />
Mächtigkeit dieser, angepasst an die jeweilige<br />
Art der Begrünung, zwischen 2 und 37 Sukkulenten<br />
können selbst bei geringen Wasser- und<br />
Nährstoffmengen überleben, da sie das Wasser<br />
in ihren Blättern speichern können. Sie sind damit<br />
weder auf eine regelmäßige Bewässerung<br />
als auf eine dicke Substratschicht angewiesen.<br />
25 19 cm (und noch mehr) Dicke betragen.<br />
Eine Zusammenfassung der Schichten wäre<br />
möglich, ist aber abhängig von den verwendeten<br />
Baustoffen und Produkten. Die Vegetationsschicht<br />
ist so aufgebaut, dass eine Durchlüftung<br />
und somit eine Wasserdurchlässigkeit möglich<br />
ist. Das ermöglicht neben der Wasserabführung<br />
auch eine Speicherung von Wasser und Nährstoffen<br />
für die Pflanzen. Die Filterschicht verhindert,<br />
dass bei der Wasserversickerung wertvolle<br />
Boden- und Substratteilchen von der Vegetationsschicht<br />
in die Dränageschicht gelangen und<br />
somit die Wasserdurchlässigkeit beeinträchtigen<br />
könnten und stehen somit dem Nährstoffkreislauf<br />
weiter zur Verfügung. „Die Drainageschicht<br />
entlastet die Abdichtung von dem hydrostatischen<br />
Druck des Wassers (horizontal und vertikal).<br />
Sie führt das Überschusswasser von begrünten<br />
Dachflächen ab und verhindert somit<br />
den Aufbau von “Stauender Nässe” “38 (auch<br />
Staunässe genannt). Die Schutzschicht ist ein zu-<br />
58
sätzlicher Schutz für die Wurzelschutzfolie und<br />
der Dachabdichtung. Um eine Schädigung des<br />
Daches dauerhaft zu vermeiden, gibt es die<br />
Wurzelschutzschicht zusammen mit der untersten<br />
und letzten der Trennschicht auf dem<br />
Dach.39 Dachbegrünungsmaßnahmen kosten<br />
nach Internetrecherche je nach Anbieter zwischen<br />
17 und 45 € je m². Entscheidet man sich<br />
für eine Dachbegrünung, ist bei der Auswahl der<br />
Begrünung auf das vorhandene Klima, die Dachkonstruktion<br />
sowie die biologischen Besonderheiten<br />
der einzelnen Vegetationsräume zu achten.<br />
Eine wirkliche „Klimaverbesserung durch<br />
Verdunstung ist letztlich nur von bewässerten<br />
Dachflächen zu erwarten, so dass unter gesamtökologischer<br />
Betrachtung u.a. abzuwägen sein<br />
dürfte zwischen intensiv gepflegtem Dach und<br />
Wasserverbrauch.40“<br />
9. Abschließende Bemerkung<br />
Um Wärmeinseln entgegenzuwirken, sollten<br />
Maßnahmen zur Herabsetzung überhöhter<br />
sommerlicher Strahlungsaufnahme getroffen<br />
und wenn möglich, die jeweils lokal vorkommenden<br />
Windsysteme zur Verbesserung der<br />
Stadtdurchlüftung genutzt werden, um eine Ableitung<br />
der überschüssigen Wärme zu erzielen.<br />
Zu berücksichtigen sind, wenn kein Anschluss<br />
des Plangebietes an ein Fernwärmenetz möglich<br />
ist, ausreichend hohe Rauch- und Abgaskamine,<br />
um einem Eindringen der Schadstoffe in<br />
die Wohnungen und Häuser der Bewohner des<br />
Gebietes entgegenzuwirken. Eine Ost- West<br />
Ausrichtung der Gebäude ist empfehlenswert,<br />
um sowohl morgens als auch abends natürliches<br />
Licht der Sonne und ihre Wärme nutzen<br />
zu können. „Entsiegelung bzw. [die] Freihaltung<br />
von Versiegelung (..) umso bedeutsamer für Boden<br />
und Grundwasser [sei], je Flächenintensiver<br />
diese Maßnahmen sind.“41 Eine Schaffung von<br />
Grünflächen, unter Berücksichtigung der jeweiligen<br />
geologischen Gegebenheiten (z.B. die Art,<br />
Größe und Beschaffenheit des Untergrundes)<br />
mit Erdanschluss (welcher die Versickerungsfunktion<br />
übernimmt) dient der Grundwasseranreicherung<br />
von besiedelten und bebauten<br />
Bereichen, wirkt erholend und beruhigend auf<br />
den Menschen und würde auch den Pflanzen<br />
zu gute kommen. Als stadtklimatisch am „wirkungsvollsten“<br />
wird eine Mischung aus größeren<br />
Rasenflächen, niedrigen Strauchgruppen und<br />
hochstämmigen Baumgruppen gesehen, welche<br />
(bei einer Alleeartigen Anordnung der Bäume)<br />
deutlich geringere Temperaturwerte erzielen<br />
würden. Nicht zu vergessen ist, dass Pflanzengemeinschaften,<br />
z.B. bestehend aus Gräsern<br />
und Kräutern aber auch Hecken auch wichtige<br />
Funktionen als Lebensräume für Pflanzen und<br />
Tiere übernehmen. In Folge der dämmenden<br />
Wirkung trägt Fassadenbegrünung, wenn auch<br />
relativ gering, zur Energieeinsparung bei, bietet<br />
einen Lebensraum für Insekten und Brutplätze<br />
für Vögel. Jede dieser Pflanzen besitzt ihre eigenen<br />
artspezifischen Eigenarten, und die daraus<br />
entstehenden Anforderungen bezüglich<br />
des Standortes müssen dabei unbedingt berücksichtigt<br />
werden. Neben den allgemeinen<br />
Anforderungen der Pflanzen an Licht, Boden<br />
und das (Klein)Klima sollten bei der Wahl der<br />
Pflanze(n) und der Konstruktion der Kletterhilfe<br />
Punkte wie die mögliche Größe, das Gewicht,<br />
der Triebdurchmesser und die Wuchsorientierung<br />
der Gerüstkletterpflanzen nach der Prüfung<br />
der Fassadenneigung, in Erfahrung gebracht<br />
werden. Eine Dachbegrünung mit ihrer positiven<br />
Wirkung auf das Stadt- und Landschaftsbild<br />
ist nicht nur als Schutz der Dachabdichtung vor<br />
den Klima- und Umwelteinflüssen zu sehen. Sie<br />
dient zugleich der Lärmminderung, ermöglicht<br />
eine Hitzeabschirmung und sorgt für einen<br />
Feuchtigkeitsausgleich mit kühlender Wirkung<br />
auf das Raumklima im Sommer und verbessert<br />
die Energiebilanz des Gebäudes nachhaltig.<br />
Ein grünes Dach senkt die Abwassergebühren<br />
und ermöglicht diverse Nutzungsmöglichkeiten.<br />
Wenn die Fähigkeit des Regenwasserrückhaltes<br />
durch fehlenden oder zu geringen Niederschlag<br />
ungenutzt bleibt und man sein eigenes<br />
Grauwasser nicht reinigt (welches man dann<br />
zur Bewässerung nutzen könnte), sollte auf<br />
eine Dachbegrünung verzichten. Es sei denn,<br />
man entscheidet sich für Extensivbegrünungen,<br />
welche sehr naturnah sind und sich durch angepasste<br />
Standortbedingungen weit gehend selbst<br />
erhalten können. Auch eine Kombination aus<br />
begrüntem Dach und Solaranlagen ist möglich.<br />
59
Stadtklima - Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Auch wenn die Verbesserung der klimatischen<br />
Verhältnisse mit Hilfe von Fassaden- und Dachbegrünung<br />
nicht sonderlich groß erscheinen,<br />
einen erholsamen und verschönernden Effekt<br />
haben sie allemal. Wer darauf keinen Einfluss<br />
haben kann, kann neben den erwähnten Maßnahmen<br />
zur Drosselung von schädlichen Emissionen<br />
seinen Beitrag auf eigener Weise leisten.<br />
So hat jeder die Möglichkeit zumindest etwas<br />
für unsere Umwelt beizutragen.<br />
60
Ökologisches Bauen<br />
1. Einleitung<br />
In den Zeiten stetig wachsender Umweltbelastungen<br />
gewinnt ökologisches Bauen immer<br />
mehr an Bedeutung. Ökologisch orientierte<br />
Siedlungen und Modellvorhaben zeigen innovative<br />
und zukunftsfähige Lösungsmöglichkeiten<br />
auf, um die Belastungen für die Umwelt zu minimieren.<br />
Unter diesen Siedlungen finden sich<br />
„best practices“, aber auch weniger gelungene<br />
Realisierungen.<br />
Dieser Erkenntnis folgend, ist es von Bedeutung<br />
sich mit diesem Thema auseinanderzu-setzen.<br />
Ziel ist es, daraus Ideen und Vorschläge für eine<br />
ökologisch vernünftige Stadt-entwicklung ableiten<br />
zu können. Bevor dieser Beitrag auf insgesamt<br />
sechs ausgewählte Beispiele eingeht, sollen<br />
zunächst Grundlagen zum nachhaltigen Bauen<br />
gelegt werden.<br />
Der Grundlagenbereich hat das Ziel, in Form<br />
von vier <strong>Bausteine</strong>n zu den Themen Pla-nungsgrundsätze,<br />
Ökologie, Wirtschaftlichkeit und<br />
soziokulturelle Aspekte einenÜberblick über<br />
den Themenkomplex „Nachhaltiges Bauen“ zu<br />
geben und mit hilfreichen und zugleich wichtigen<br />
Quellen vertraut zu machen. Als wesentliche<br />
Grundlage dient dabei der „Leitfaden zum<br />
Nachhaltigen Bauen“ (2. Auflage), herausgegeben<br />
vom Bundesministerium für Verkehr, Bauund<br />
Wohnungswesen im Jahre 2001, der eine<br />
Vielzahl von Tipps und Hilfestellungen für Architekten,<br />
Planer und andere Berufsfelder bereithält,<br />
die an Planung und Bauen unter nachhaltigen<br />
Gesichtspunkten beteiligt sind. Der Leitfaden ist<br />
unter folgender Adresse http://www.bmvbs.de/<br />
architektur-baukultur/download/lf_nachhbauen.<br />
pdf für Jedermann frei verfügbar.<br />
2. Definition<br />
„Ökologisch orientiertes Bauen strebt in allen<br />
Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden von<br />
der Planung, der Erstellung über die Nutzung<br />
und Erneuerung bis zu ihrer Beseitigung eine<br />
Minimierung des Verbrauchs von Energie und<br />
Rohstoffen sowie eine möglichst geringe Belastung<br />
des Naturhaushalts an. (…)“<br />
Diese Definition über ökologisches Bauen ist<br />
sehr genau und kann zugleich als Maßstab zur<br />
Bewertung von Ökosiedlungen herangezogen<br />
werden. Ökosiedlungen sind meist Wohngebiete,<br />
einzelne Dörfer oder gar Stadtteile, die unter<br />
ökologischen Gesichtspunkten geplant und errichtet<br />
werden.<br />
Ein wichtiger Aspekt, der bei dem Bau von<br />
Ökosiedlungen oder auch nur ökologisch orientierten<br />
Häusern zu beachten ist, ist die Nachhaltigkeit.<br />
Im Vordergrund dabei stehen die Verwendung<br />
natürlicher, langlebiger Baumaterialien,<br />
die größtmögliche Vermeidung von Eingriffen in<br />
die Natur und die Umwelt, eine möglichst gute<br />
Dämmung der Gebäude und die Nutzung einheimischer<br />
und nachwachsender Rohstoffe.<br />
Im Vordergrund der Gebiete stehen neben den<br />
ökologischen Aspekten auch ökonomische und<br />
soziale Komponenten, die meist als Ziele oder<br />
als Kriterien formuliert werden. Diese Kriterien<br />
müssen dann von den Bauherren eingehalten<br />
werden.<br />
Wichtige ökologische Aspekte sind zum Beispiel<br />
der sparsame Umgang mit natürlichen Ressourcen,<br />
die Nutzung erneuerbarer Energien (z.B.:<br />
Solarenergie), die Minimierung der Fläche, Nutzung<br />
natürlicher und regionaler Baustoffe oder<br />
die Nutzung von Regenwasser.Die Liste der<br />
ökologischen Aspekte ist beliebig erweiterbar<br />
und differenzierbar.<br />
3. <strong>Bausteine</strong> zum Nachhaltigem<br />
Bauen<br />
Beim nachhaltigen Bauen spielen vier Aspekte<br />
eine wichtige Rolle:<br />
Planung, Ökologie, Wirtschaftlichkeit und das<br />
Gebiet der soziokulturellen Aspekte. All diese<br />
Bereiche sind bei der Entwicklung eines nachhaltigen<br />
Entwurfes konse-quent zu beachten. Für<br />
diese vier <strong>Bausteine</strong> dient der oben erwähnte<br />
Leitfaden des Bundesministeriums für Verkehr,<br />
Bau- und Wohnungswesen als Grundlage.<br />
61
Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
3.1Baustein „Planung“<br />
Eine nachhaltige Planung setzt die Beachtung<br />
von sechs Maximen voraus:<br />
A Planungsteam auf Nachhaltigkeit anpassen<br />
Dazu ist es notwendig, dass das vorhandene<br />
Planungsteam mit den verschiedenen Fachdisziplinen<br />
bereits zu Beginn der gemeinsamen<br />
Arbeitim Hinblick auf die Nachhaltigkeit zusammenarbeitet.<br />
Dies geschieht am besten durch<br />
die Koordination des verantwortlichen Planers.<br />
Betreiber und späterer Nutzer sollten ebenfalls<br />
bereits in dieser Phase in die Planung miteinbezogen<br />
werden, um ein optimales Ergebnis sicher<br />
zu stellen.<br />
B Qualitätssicherung durch Monitoring<br />
Die Ergebnisse der Baudurchführung sollten<br />
stetig gemessen, dokumentiert und mitden ursprünglichen<br />
Vorgaben abgeglichen werden, um,<br />
falls erforderlich, rechtzeitig eingreifen zu können<br />
und Änderungen zu bewirken.<br />
C Nachhaltigkeitsgrundsätze von Anfang an beachten<br />
Die Möglichkeiten der Einwirkung auf das Baugeschehen<br />
sind zu Beginn einer Maßnahme<br />
am größten. Gleichzeitig werden kostenwirksame<br />
Entscheidungen meist schon in der Programmdefinition<br />
getroffen. Deshalb ist es von<br />
Bedeutung, gerade bei diesen wichtigen Bestimmungen<br />
die Nachhaltigkeitsgrundsätze zu<br />
berücksichtigen.<br />
D Soziokulturelle Aspekte als gleichwertig erachten<br />
Nachhaltiges Planen erfordert zudem das Berücksichtigen<br />
der sozialen undkulturellen Auswirkungen<br />
eines Bauvorhabens. So haben beispielsweise<br />
diefunktionalen, gestalterischen und<br />
denkmalpflegerischen Aspekte ein ebensomaßgebliches<br />
Gewicht.<br />
E Lange Nutzungszeit beachten<br />
Die Lebensdauer von Gebäuden beträgt in der<br />
Regel zwischen 50 und 100 Jahren. Legt man<br />
derart lange Betrachtungszeiträumeals Bewertungsmaßstab<br />
an, werden vielerlei ökologisch<br />
sinnvolle Maßnahmen auch ökonomischvernünftig<br />
und sind zu empfehlen.<br />
F Einzelmaßnahme betrachten<br />
Es gibt leider kein allgemeingültiges Konzept.<br />
Jedes spezifische Vorhaben bedarf auch spezifischer<br />
Konzepte mit individuellen Lösungsansätzen<br />
und entsprechender technischer Ausstattung<br />
und Möblierung, um ein nachhaltiges<br />
Dasein zu fristen.<br />
Aus diesen Grundsätzen ergeben sich folgende<br />
spezifische Empfehlungen:<br />
A Bedarfshinterfragung Neubau<br />
Ist ein Neubau wirklich erforderlich Lässt sich<br />
der Bedarf mit dem vorhandenen Bestand abdecken<br />
Zur Verdeutlichung dient hierbei das<br />
folgende Schema. Es veranschaulicht das Frageschema,<br />
welches zu Beginn eines Planungsprozesses<br />
abgefragt werden sollte, um unnötige<br />
Abrisse zu vermeiden und nicht unnötig unverbrauchtes<br />
Land in Anspruch zu nehmen.<br />
Dieses Schema aus dem Leitfaden für nachhaltiges<br />
Bauen verdeutlicht die einzelnen Verfahrensschritte,<br />
die durchlaufen werden sollten, ehe ein<br />
Neubau auf der „grünen Wiese“ geplant wird.<br />
Das Verfahren versucht durch gezielte Fragestellungen,<br />
die bearbeitet werden müssen, Alternativen<br />
zu einerFlächenneuinanspruchnahme<br />
in Form eines Neubaus auf bisher unbebauter<br />
Fläche aufzuzeigen.<br />
B Optimierung des Raumprogramms<br />
Ist das Raumprogramm auf den tatsächlich notwendigen<br />
Bedarf ausgelegt Unterstützt die vorgesehene<br />
Raumzuordnung den Arbeitsprozess<br />
oder wirkt sie ihm eher entgegen<br />
C Grundstücksbezogene Auswirkungen betrachten<br />
Unterstützt das Grundstück die Anforderungen<br />
an Ökologie und Ökonomie Welche Rolle<br />
spielen Verkehrsströme, kontaminierte Flächen<br />
und mögliche Eingriffs/Aus-gleichsregelungen<br />
D Gebäudeentwurf optimieren<br />
Den Entwurf im Hinblick auf Ökologie, Ökonomie,<br />
Funktionalität und Gestaltung an wichtigen<br />
62
Punkten des Planungsprozesses immer wieder<br />
optimieren.<br />
E Lange Nutzungsdauer beachten<br />
Hiermit ist das Stichwort „Dauerhaftigkeit der<br />
Gebäude“ verbunden. Sind Möglichkeiten zur<br />
Mehrfachnutzungen/ Umnutzungen bei Wegfall<br />
der ursprünglich geplanten Nutzung berücksichtigt<br />
worden<br />
F Dauerhaftigkeit von Baustoffen und Bauteilen<br />
überprüfen<br />
Je länger verwendete Baustoffe haltbar sind,<br />
desto mehr begünstigt dies auch die Lebensdauer<br />
der damit gebauten Gebäude und dient<br />
gleichzeitig der Reduzierung des Unterhaltungsund<br />
Erneuerungsaufwandes.<br />
G Geringe Schadstoffbelastung der Baustoffe/teile<br />
Eine geringe Schadstoffbelastung ist neben den<br />
gesundheitlichen Aspekten für die Bewohner<br />
vor allem von Bedeutung, wenn bestimmte Bauteile<br />
weiter- oder wieder- verwendet werden<br />
sollen. Auch für die Entsorgung von etwaigen<br />
Reststoffen ist dies von Vorteil. Zu guter Letzt<br />
schützen umweltverträgliche Baustoffe den<br />
Boden und das Grundwasser vor schädlichen<br />
Schadstoffeinträgen.<br />
H Kontrollierter Rückbau bei Wegfall jeglicher<br />
Nutzungsmöglichkeiten<br />
Sind alle möglichen Nutzungsoptionen für ein<br />
Gebäude ausgeschöpft, so ist eswichtig, dass<br />
ein kontrollierter und ökologisch verträglicher<br />
Rückbau möglich ist.<br />
3.2 Baustein „Ökologie“<br />
Die Ökologie eines Gebäudes soll nach dem<br />
Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“ einer ökologischen<br />
Bewertung unterzogen werden. Betrachtet<br />
werden soll bei dieser Bewertung der gesamte<br />
Lebenszyklus eines Gebäudes. Also der<br />
Bau, die Lebensdauer und auch der Rückbau.<br />
Die Betrachtung des Lebenszyklus` ist auf etwa<br />
100 Jahre bezogen, was der normalen Lebensdauer<br />
eines Gebäudes entspricht.<br />
Bei der ökologischen Bewertung unterscheidet<br />
man zum einen die qualitative und zum anderen<br />
die quantitative Bewertung voneinander.<br />
Die qualitative Bewertung übernimmt die Aufgabe<br />
der Erstbewertung, danach folgt, durch die<br />
Planrealisierung die quantitative Bewertung.<br />
Die qualitative Bewertung ist einfacher durchzuführen,<br />
jedoch lassen sich die beiden Bewertungen<br />
schwer vergleichen und sollen sich eigentlich<br />
nur ergänzen. Die quantitative Bewertung<br />
ist außerdem mit einem höheren Aufwand verbunden.<br />
Die gesamte ökologische Bewertung verfolgt<br />
drei Ziele: den Schutz der menschlichen Gesundheit,<br />
den Schutz des Ökosystems und den<br />
Schutz der Ressourcen. Diese Ziele sollten bei<br />
der Errichtung neuer und dem Umbau alter<br />
Gebäude beachtet werden.<br />
3.3 Baustein „Wirtschaftlichkeit“<br />
Ein Gebäude wirkt nicht nur während seiner<br />
Bauzeit stark auf die Umwelt ein, sondern auch<br />
während der gesamten Lebenszeit. Aus diesem<br />
Grund stehen die Baukosten und auch die Baunutzungskosten,<br />
also die Betriebskosten, eines<br />
Hauses in einem direkten Zusammenhang mit<br />
Umweltbelastungen und -beeinträchtigungen.<br />
Deshalb sollte die Senkung der Bau- und Betriebskosten<br />
beachtet werden, der ein wichtiger<br />
Aspekt des ökologisch orientierten Bauens ist.<br />
Durch das umweltverträgliche Bauen könnten<br />
gleichzeitig die Umweltbeeinträchtigungen sowie<br />
die Kosten gesenkt werden. Eine Berücksichtigung<br />
in einem frühen Planungsstadium ist<br />
dafür Voraussetzung.<br />
Der Leitfaden für nachhaltiges Bauen spricht<br />
außerdem drei Bereiche an, die bei der Wirtschaftlichkeit<br />
ökologischen Bauens von großer<br />
Bedeutung sind. Dies ist zum einen die<br />
Analyse der Bedarfsforderung hinsichtlich Art<br />
und Umfang eines Gebäudes, die unbedingt<br />
durchgeführt werden sollte. Des Weiteren haben<br />
die Berücksichtigung wirtschaftlicher Gebäudeerstellungs-<br />
und Bauverfahren während<br />
der Planungen und außerdem noch die schon<br />
angesprochene Betriebs- und Nutzungskosten-<br />
63
Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
reduzierung im Leitfaden „Nachhaltiges Bauen“<br />
eine große Bedeutung.Dabei sollte allerdings<br />
mit einer Baukostenerhöhung bei Einzelkomponenten<br />
gerechnet und diese auch in Kauf genommen<br />
werden.<br />
der Gesundheit durch eventuell problematische<br />
Stoffe muss zuverlässig ausgeschlossen werden.<br />
Das Ziel sollte immer sein, in einemökonomisch<br />
akzeptablen Rahmen, die bestmöglichen Bedingungen<br />
für den Aufenthalt zu schaffen.<br />
Der Bereich der Wirtschaftlichkeit wird außerdem<br />
noch durch den §7 der Bundeshaushaltsordnung<br />
(BHO) geregelt. § 7 BHO regelt<br />
die Sparsamkeit und die Kosten- und Leistungsrechnung.<br />
Nach Absatz 1 sind bei der<br />
Aufstellung und Ausführung des Haus-haltsplanes<br />
die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und<br />
Sparsamkeit zu beachten. Diese Grundsätze<br />
verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche<br />
Ausgaben oder öffentlichen Zwecken dienende<br />
wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung<br />
und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt<br />
werden können. In den folgenden zwei Absätzen<br />
des § 7 BHO wird auf die Notwendigkeit<br />
der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, sowie auf<br />
eine mögliche Kosten- und Leistungsrechnung<br />
eingegangen.<br />
3.4 soziokulturelle Aspekte<br />
Gebäude werden in erster Linie für den Menschen<br />
gebaut. Diese soziale Dimension steht<br />
bei der soziokulturellen Betrachtung im Vordergrund.<br />
Bei der Betrachtung der vielen technischen<br />
Kenndaten, die einen „nachhaltigen“ Entwurf<br />
ausmachen, darf dennoch nicht der Faktor<br />
„Mensch“ völlig außer Acht gelassen werden.<br />
Widmet man sich den sog. „soziokulturellen<br />
Aspekten“, dann sind Gesundheit, Behaglichkeit<br />
und Kultur wichtige Merkmale im Rahmen einer<br />
Bewertung. Gebäude, in denen sich Menschen<br />
aufhalten, müssen den Bedürfnissen ihrer<br />
Nutzer entsprechen und sollten ein möglichst<br />
hohes Maß an Wohlbefinden gewährleisten.<br />
Ausschlaggebend für die Wirkung eines Gebäudes<br />
können verschiedenste Aspekte sein.<br />
So können sich sowohl der Umgang mit den<br />
Bürgern als auch die Schaffung von historischen<br />
Schutzgütern in dem Wert eines Gebäudes widerspiegeln.<br />
Zudem sollten Belastungen der Innenraumluft<br />
konsequent vermieden werden. Die Gefährdung<br />
Das Wohlbefinden und damit auch die Leistungsfähigkeit<br />
des Menschen in einem Raum<br />
können durch ganz verschiedene Aspekte beeinflusst<br />
werden:<br />
So zum Beispiel die Architektur eines Gebäudes;<br />
vor allem die Gebäude und Raum-geometrie.<br />
Des Weiteren wirken sich die Gestaltung, die<br />
verwendeten Materialien und die Farbgestaltung<br />
auf das Wohlbefinden aus. Einfluss auf das<br />
Wohlbefinden des Menschen in Räumen haben<br />
in erster Linie die Architektur des Gebäudes,<br />
eine gute Gestaltung, die Materialien und Farbgestaltung<br />
sowie die technische Ausstattung<br />
und Möblierung eines Gebäudes.<br />
4. Zwischenfazit „Nachhaltiges<br />
Bauen“<br />
Für das nachhaltige Bauen ist es also vor allem<br />
wichtig, Lösungen zu finden, die ökolo-gisch<br />
verträglich, ökonomisch akzeptabel sind und<br />
den Menschen einbeziehen. Dabei ist es entscheidend,<br />
bereits von den ersten Überlegungen<br />
an bis hin zum späteren Ende der Nutzung<br />
möglichst interdisziplinär zu planen. Aus ökonomischer<br />
Sicht ist es meist ungünstig, einen<br />
„schlechten“ Entwurf in energetischer, ökologischer<br />
oder brandschutztechnischer Sicht<br />
„nachzubessern“. Dennoch sollte eine spätere<br />
Aufwertung gegen einen Neubau vernünftig<br />
miteinander abgewogen werden und nicht<br />
blind auf der „grünen Wiese“ neu gebaut werden<br />
(siehe Abbildung):<br />
Dabei stehen folgende (Schutz-)Ziele im Vordergrund:<br />
• der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen wie<br />
Boden, Luft und Wasser<br />
• der Schutz der stofflichen und energetischen Ressourcen<br />
64
• möglichst niedrige laufende Betriebs• und Unterhaltungskosten<br />
• der Schutz des Klimas<br />
• die Erhaltung von Kapital<br />
• der Schutz von Natur und Landschaft<br />
• der Schutz der menschlichen Gesundheit<br />
• der Schutz von sozialen und kulturellen Werten<br />
Besonders hilfreich bei der Bewertung eines<br />
Gebäudes auf Nachhaltigkeit sind dabei die<br />
Checkliste für Nachhaltiges Bauen sowie die<br />
Bewertungsmatrix zur Bewertung von Ge-bäuden<br />
und die Vorlage für einen Gebäudepass aus<br />
dem Leitfaden vom Bundesministerium. Diese<br />
drei Hilfsmittel geben dem Planer ein nützliches<br />
Instrument zur Seite, um einen nachhaltigen<br />
Planungsprozess zu begleiten und sich daran zu<br />
orientieren.<br />
Das Grundstück dieser zwei sog. Baumhäuser<br />
(Nord- und Südhaus) befindet sich in zentraler<br />
Lage zum Ortsteil. Die ursprüngliche architektonische<br />
Idee, die den Baumhäusern zugrunde<br />
liegt, ist der Versuch eines mehrge-schossigen,<br />
städtischen Hauses, dessen Kon-struktion das<br />
„Stapeln“ von individuell gestalteten Einfamilienhäusern<br />
zulässt.Daher werden die Gebäude<br />
auch als „Etagenhäuser“ bezeichnet. Erst eine<br />
jeder Etage zugeordnete Gartenfläche macht<br />
die verschiedenen Wohnungen jedenfalls theoretisch<br />
zu einem Haus.<br />
Die ersten Planungen zu diesen Gebäuden<br />
stammen von Frei Otto zu Beginn der 1980er<br />
Jahre. Erst in den Jahren von 1989 bis 1991<br />
wurden die Häuser jedoch schließlich fertig gestellt.<br />
Das Nordhaus wurde durch den sozialen<br />
Wohnungsbau im 3. Förderungsweg finanziert;<br />
5. Modellvorhaben – Ökosiedlungen<br />
Im Folgenden werden sechs verschiedene<br />
Ökosiedlungen bzw. Modellvorhaben vorgestellt,<br />
um einen Eindruck davon zu vermitteln,<br />
wie vielfältig und unterschiedlich ökolo-gische<br />
Anlagen sein können, denen man nicht immer<br />
gleich den ökologischen Wert an-sieht. Denn<br />
oftmals liegen die dafür wichtigen Aspekte mehr<br />
im Verborgenen und sind nur für den Kenner<br />
ersichtlich.<br />
5.1 „Baumhäuser“ in Berlin –<br />
Tiergarten<br />
4.7.1. Baumhaus in Berlin Tiergargen<br />
das Südhaus entstand durch das Eigenkapital<br />
der Eigentümer, gefördert durch das Eigentumsförderungsprogramm<br />
des Landes Berlin und<br />
einer Zusatzförderung des Bundes.Die daraus<br />
entstandenen Miet– und Eigentumswohnungen<br />
bieten den Bewohnern city- und naturnahes<br />
Wohnen.<br />
Die beiden freistehenden und fünfgeschossigen<br />
Baumhäuser vereinen in sich insgesamt 26<br />
Wohneinheiten und eine Gewerbeeinheit. In<br />
diesen Häusern leben etwa 45 Bewohner.<br />
Aus Gründen des ökologischen Bauens wurden<br />
wassersparende Sanitärtechniken verwendet:<br />
Das Regenwasser versickert nicht nur vor Ort<br />
im Boden, sondern es wird zuvor aufgefangen<br />
und als Grauwasser genutzt. Es existieren wohnungsbezogene<br />
Grauwasserkreisläufe sowie<br />
eine getrennte Abfallsammlung und Kompostierung.<br />
Um den vorhandenen Grünbestand nicht<br />
zu gefährden, wurde dieser, so weit es möglich<br />
war, in den Bestand integriert.<br />
65
Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Ebenso wurden Dächer, Fassaden und Terrassen<br />
begrünt. Um energiesparend zu arbei-ten,<br />
wird die Sonnenenergie in verschiedener Form<br />
genutzt: Zum einen durch vorge-lagerte Wintergärten<br />
und Trombenwände und zum anderen<br />
durch Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen.<br />
In dem gesamten Anwesen wurden nur<br />
ökologisch unbedenkliche Baustoffe verwendet,<br />
wie z. B. Lehm.<br />
Vauban im Süden von Freiburg. Vauban war früher<br />
militärisch genutzte Fläche und war somit<br />
60 Jahre der Stadtentwicklung entzogen.Erst<br />
im August 1992 wurde das 41 Hektar große<br />
Gelände schließlich von den Forces Françaises<br />
en Allemagne (FFA) frei gemacht. Ab 1993<br />
entstand dann im Zuge einer städtebaulichen<br />
Entwicklungsmaßnahme ein neuer Stadtteil<br />
mit etwa 2000 Wohneinheiten. Das gesamte<br />
Baukonzept hat eine ökologische Orientierung.<br />
Dies zeigt sich besonders in Projekten, wie zum<br />
Beispiel dem „car sharing“, welches der Reduzierung<br />
des motorisiertenIndividualverkehrs (MIV)<br />
dienen soll, der Nahwärmeversorgung und den<br />
Wohnhäusern in Niedrigenergiebauweise.<br />
66<br />
4.7.2. Baumhaus in Berlin Tiergargen<br />
Anzumerken ist bei diesem durchaus erwähnenswerten<br />
Bauprojekt jedoch, dass für die außergewöhnliche<br />
Stapelkonstruktion eine große<br />
Vielzahl an Wärmebrücken und bau-physikalischen<br />
Anschlusspunkten in Kauf genommen<br />
werden musste. Dadurch wurde dem geplanten<br />
Energiesparprogramm letzt-endlich entgegen<br />
gewirkt. Des Weiteren haben die ursprünglich<br />
als üppige Gartengrundstücke geplanten Grünflächen<br />
auf den einzelnen Etagen in der Umsetzung<br />
deutlich an Größe verlo-ren, so dass sie<br />
eher dem Abstellen von Blumenkästen dienlich<br />
sind, als dem Aufenthalt im Freien und die vermeintliche<br />
Nutzungsvielfalt durchaus in Frage zu<br />
stellen ist.<br />
5.2 „Nullabwasserhaus“ in<br />
Freiburg- Vauban<br />
Dieses Nullabwasserhaus ist Teil des nach ökologischen<br />
Gesichtspunkten geplanten Stadtteils<br />
Das erst 1999 fertig gestellte Nullabwasserhaus<br />
ist Teil dieser ökologischen Bauprojekte.<br />
Es umfasst 20 Wohneinheiten für etwa 40<br />
Bewohner. Die Wohnbelegung reicht vom<br />
Singlehaushalt über Familien bis hin zu Wohngemeinschaften.<br />
Einige Wohneinheiten dienen<br />
Künstlern als Atelier. Das Passivhaus umfasst ein<br />
Biogas-Blockheizkraftwerk und eine eigene Solarstromanlage.<br />
Ökologischer Schwerpunkt dieses<br />
Gebäudes ist das spezielle Sanitärkonzept.<br />
Das feingliedrige Leitungssystem ermöglicht die<br />
Trennung des Abwassers in „Grauwasser“ und<br />
Fäkalien („Schwarzwasser“). Über spezielle Vakuumtoiletten,<br />
die gegenüber herkömmlichen<br />
„Spar-WC´s“ 40% weniger Wasser verbrauchen,<br />
wird das „Schwarzwasser“ der hausinternen<br />
Biogasanlage zugeführt. Dort vergärt es zu Flüssigdünger,<br />
der dann später in der Landwirtschaft<br />
verwendet wird.Das dabei entstehende Biogas<br />
wird zum Kochen verwendet. Das „Grauwasser“<br />
aus Küche und Bad hingegen wird in einem<br />
belüfteten Sandfilter auf dem Grundstück gereinigt.<br />
Danach wird es zum einen Teil für die<br />
Toiletten-Spülung, zum anderen Teil für die Gartenbewässerung<br />
benutzt.<br />
Des Weiteren wurden durchgehend naturverträgliche<br />
Baustoffe wie zum Beispiel Holz und<br />
Naturdämmstoffe verwendet. Ebenfalls wurden<br />
nahezu ausschließlich PVC-freie Baumaterialien<br />
inklusive der elektrischen Installationen benutzt.<br />
Die zusätzlichen Kosten dieses Hauses gegenüber<br />
einem „normalen“ Niedrigenergiehaus be-
5.3 „Solarsiedlung“ in Wiggenhausen<br />
Die „Solarsiedlung“ Wiggenhausen liegt in<br />
Friedrichshafen bei Konstanz. Die Siedlung besteht<br />
aus acht Mehrfamilienhäusern in dichter<br />
Bebauungsstruktur. Insgesamt waren an der<br />
Errichtung vier Wohnungsbaugesellschaften beteiligt.Die<br />
Gebäude entstanden in den Jahren<br />
1995 bis 1996. Die Wohnsiedlung in Friedrichshafen-Wiggenhausen<br />
gehört zu den ersten solaren<br />
Nahwärmenetzen mit Langzeitspeicher in<br />
Deutschland und damit zu den Pilotanlagen in<br />
diesem Fachbereich. In den ersten beiden Bauetappen<br />
wurden fast 600 Wohnungen in Blockrandbebauung<br />
erstellt.<br />
4.7.3. Laubengang des Nullabwasserhauses<br />
tragen 7% (ohne die innovative Entwässerungsanlage).<br />
Gefördert wurde dieses Projekt durch<br />
die „Deutsche BundesstiftungUmwelt „(DBU).<br />
Die Bewohner dieses Hauses wurden an der inneren<br />
Gestaltung der Wohnungen beteiligt und<br />
ihre Wünsche und Vorstellungen berücksichtigt.<br />
Der Gemeinschaftsgedanke hat in vielen Bereichen<br />
zu kreativen Lösungen geführt. So gibt<br />
es zum Beispiel ein hausinternes Intranet und<br />
privat finanzierte Räume wie ein Musikzimmer<br />
oder ein Atelier stehen allen Bewohnern offen.<br />
Alles in allem lässt sich sagen, dass dies ein objektiv<br />
gut geplantes, ökologisches Gebäude ist,<br />
welches zwar den Schwerpunkt in seinem Abwasserkonzept<br />
hat und dennoch darüber hinaus<br />
viele verschiedene ökologische Aspekte in sich<br />
vereint und mit berücksichtigt. Von entscheidender<br />
Bedeutung für die abschließende Bewertung<br />
ist jedoch die Tatsache, dass die hauseigene<br />
Biogasanlage nicht in Betrieb ist und somit ein<br />
entscheidender Tragpfeiler des Konzeptes wegfällt.Ohne<br />
dieses außergewöhnliche Sanitärkonzept<br />
unterscheidet sich dieses Haus nur geringfügig<br />
von anderen ökologischen Bauprojekten<br />
und verliert somit seinen Sonderstatus.<br />
Städtebaulich ist dieser Entwurf eher unauffällig,<br />
es handelt sich durchgehend um eine fünf<br />
bis sechs geschossige Blockrandbebauung. Der<br />
ökologische Schwerpunkt dieser Siedlung liegt<br />
alleinbei der Nutzung erneuerbarer Energien.<br />
Kern der Anlage sind die solaren Nahwärmenetze<br />
mit Langzeitspeicher. Die Heißwassererzeugung<br />
funktioniert durch großmodulige<br />
Solarkollektoren. Das Heizwasser wird einem<br />
12.000 Kubikmeter großen Langzeitspeicher<br />
zur saisonalen Wärmespeicherung aufbewahrt.<br />
Es existiert eine gemeinsame Heizzentrale für<br />
Raumheizung und Warmwasserversorgung.Ein<br />
hausinternes Netzwerk übernimmt die Hausverteilung<br />
der Wärme.<br />
Finanziert wurde das Projekt im Rahmen des<br />
Förderprogramms „Solarthermie 2000“ des<br />
Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit<br />
(BMWA). Bauträger waren das Siedlungs-werk<br />
Stuttgart, die städtische Wohnbaugesellschaft<br />
Friedrichshafen, die Kreisbauge-nossenschaft<br />
Bodenseekreis und die Landesentwicklungsgesellschaft<br />
Baden-Württemberg. Die Gesamtplanung<br />
übernahm hierbei das Steinbeis Transferzentrum<br />
Stuttgart. Die technischen Werke<br />
sind für Betrieb und Instandhaltung der Anlage<br />
zuständig.<br />
Zu bemerken ist jedoch, dass der Bau zwar<br />
ohne gravierende Probleme von statten ging, es<br />
jedoch von Beginn an immer wieder zu technischen<br />
Problemen kam. So liegt heute der ur-<br />
67
Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
sprünglich geplante Anteil an Energie, der durch<br />
die Sonnenkollektoren gewonnen werden sollte,<br />
mit 40% bei weitem unterm dem eigentlich<br />
anvisierten Ziel.<br />
Nachhaltigkeitsdimensionen wie zum Beispiel<br />
Wohlbefinden für den Menschen oder Freiraumplanung<br />
berücksichtigt.<br />
5.4. Potsdamer Platz in Berlin-<br />
Mitte<br />
4.7.4. Lageplan der Solarsiedlung<br />
Erfahrungsberichte aus der letzten Zeit zeigen<br />
allerdings, dass die Solarsiedlung in Wiggenhausen<br />
bei weitem nicht nur mit den technischen<br />
Problemen der Solarthermie-Anlage zu kämpfen<br />
hatte. Neben den oben genannten Problemen<br />
hatte das Quartier zeitweise einen sehr<br />
hohen Migrationsanteil zu verzeichnen.<br />
Durch die Einrichtung eines Sozialbüros und<br />
dem unermüdlichen Einsatz der Sozial-rbeiter<br />
konnten die Wohnbedingungen zu einem<br />
großen Teil verbessert werden, so dass dieser<br />
Stadtteil heute ein durchaus besseres Ansehen<br />
genießt.<br />
Das Bauprojekt ist aufgrund seiner ganz klar<br />
einseitig ausgerichteten ökologischen Zielsetzung<br />
nicht direkt mit anderen ökologischen<br />
Modellprojekten zu vergleichen. Das Ziel dieser<br />
Anlage war es, mit Hilfe des Förderprogramms<br />
„Solarthermie 2000“ das Verfahren in Form der<br />
beschriebenen Pilotanlage in Wiggenhausen zu<br />
etablieren. Das ganze Finanzierungskonzept basierte<br />
darauf. Darüber hinaus ist diese Siedlung<br />
ein anschauliches Beispiel für eindimensionales<br />
ökologisches Planen. Über das Thema „Energiegewinnung“<br />
hinaus wurden keine weiteren<br />
Der Potsdamer Platz ist ein Beispiel für ein Siedlungsgebiet,<br />
bei dem man nicht auf den ersten<br />
Blick erkennt, dass ökologische Gesichtspunkte<br />
eine wichtige Rolle gespielt haben. Dennoch ist<br />
der größte Teil des Potsdamer Platzes, genauer<br />
das Daimler Chrysler Areal, unter ökologischen<br />
Aspekten geplant und gebaut worden. Begonnen<br />
hatten die Planungen zur Umgestaltung der<br />
seit dem 2. Weltkrieg brachliegenden Fläche am<br />
Potsdamer Platz mit der Ausschreibung eines<br />
städtebaulichen Wettbewerbs vom Berliner Senat<br />
im Jahr 1991.Gewonnen hat der Entwurf von<br />
Hillmer und Sattler aus München. Auf Grundlage<br />
dieses städtebaulichen Wettbewerbs wurde<br />
ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, der<br />
von der Planungsgemeinschaft Renzo Piano und<br />
Christoph Kohlbecker gewonnen wurde.Renzo<br />
Piano entwickelte dann aus dem Entwurf den<br />
Masterplan für das damalige debis-Gelände und<br />
das heutige Daimler-Areal, der dann in Zusammenarbeit<br />
mit anderen Teilnehmern des Architekturwettbewerbs<br />
umgesetzt wurde.<br />
Schon zu Beginn der Planungen Anfang der<br />
1990er Jahre stand fest, dass die Ökologie eine<br />
große Rolle bei der Neugestaltung des Potsdamer<br />
Platzes spielen sollte. Deshalb begleiteten<br />
Bauökologen der Dress & Sommer AG den<br />
gesamten Bauprozess und entwi-ckelten mit<br />
den Verantwortlichen ein ökologisches Konzept.<br />
Dieses Konzept war aber nicht nur auf die<br />
Bauzeit beschränkt, sondern richtete sich auch<br />
auf die Betriebszeit der Gebäude. Außerdem<br />
mussten die Architekten bei der Umsetzung<br />
verschiedene Ziele be-achten, zum einen die<br />
Senkung des Schadstoffausstoßes, zum anderen<br />
die Senkung des Energieverbrauches sowie die<br />
Verwendung von umwelt- und gesundheitsgerechten<br />
Baustoffen.<br />
Das Daimler-Areal erstreckt sich auf einer Flä-<br />
68
che von ca. 100.000 m², von denen etwa 70.000<br />
m² überbaut sind. Gerade bei einer Versiegelung<br />
in dieser Größenordnung ist es wichtig auf die<br />
Belange der Umwelt zu achten und ökologisch<br />
zu bauen. Ein Großteil der Dächer der 19 Gebäude<br />
sind begrünt und helfen, das Regenwasser<br />
in Zisternen zu sammeln und damit nicht in die<br />
Kanalisation abzuleiten. Das Regenwasser wird<br />
zum Teil aufbereitet und dient der Versorgung<br />
der Toiletten. Ein anderer Teil wird genutzt, um<br />
die umliegenden Wasserflächen, wie z.B. den<br />
Piano-See, mit Wasser zu versorgen. Die damit<br />
eingesparte Trinkwassermenge beträgt etwa 20<br />
Mio. Liter im Jahr.<br />
Im Sommer werden die Gebäude dagegen<br />
über diese Fernwärmeleitungen gekühlt. Dafür<br />
sorgt eine Kälteanlage.Aus diesem Grund sind<br />
Klimaanlagen in den Gebäuden überflüssig. Zur<br />
Bauzeit des Potsdamer Platzes trat die Wärmeschutzverordnung<br />
(WSchVO) für Gebäude<br />
in Kraft. Diese Verordnung regelt den energiesparenden<br />
Wärmeschutz und die Anforderungen<br />
an den Heizwärmebedarf der Gebäude.<br />
Alle Bauwerke des Areals unterboten die geforderten<br />
Werte der WSchVO, obwohl diese<br />
aufgrund des Baubeginns nicht berücksichtigt<br />
werden mussten. Die Summe aller Maßnahmen<br />
führt zu 70% geringeren CO2-Ausstoß.<br />
Auch die Bauweise mit Doppelfassaden ist ökologisch<br />
wertvoll. Dem Mauerwerk mit Fenstern<br />
ist eine Glasfassade vorgesetzt. Diese 2. Fassade<br />
schützt vor Lärm und Wind, lässt aber gleichzeitig<br />
Licht und Frischluft zu den dahinter liegenden<br />
Fenstern durch. Damit werden etwa 50%<br />
Primärenergie gegenüber einer Klimaanlage<br />
eingespart.<br />
Auch sonst gibt es im Daimler-Areal keine Klimaanlagen.<br />
Außerdem lassen sich alle Fenster<br />
öffnen.Im Übrigen besitzen die Gebäude ein<br />
ausgeklügeltes Lüftungs- und Fassadensystem,<br />
mit denen Temperaturschwankungen optimal<br />
geregelt werden können. Der verwendete<br />
Stahlbeton kann z.B. die Wärme speichern und<br />
gibt sie nur langsam wieder ab. Versorgt wird<br />
das Quartier durch das Heizkraftwerk Mitte,<br />
das mit Gas betrieben wird. Durch moderne<br />
Technik wird aus dem Brennstoff etwa 50%<br />
elektrische Energie gewonnen statt sonst nur<br />
30 – 40%. Die dabei anfallende Abwärme heizt<br />
die Gebäude des Potsdamer Platz während der<br />
kalten Jahreszeit durch Fernwärmeleitungen.<br />
4.7.5. Luftbild Potsdamer Platz<br />
Auch die Baustoffe sind ökologisch, so wurden<br />
für die Schalungsarbeiten Rüben- und Rapsöl<br />
verwendet, statt eines schädlichen Mineralöls.<br />
Weiterhin durften keine Tropenhölzer sondern<br />
nur einheimische Hölzer verwendet werden. Insgesamt<br />
wurden 1,4 Mio. Tonnen Beton und 0,5<br />
Mio. Tonnen Stahl verwendet. Die Anlieferung<br />
der Baustoffe erfolgte über die Bahn statt über<br />
LKWs und der Abtransport des Bodenaushubs<br />
wurde über den Landwehrkanal verschifft. Damit<br />
wurde die Lärm- und Schadstoffbelastung<br />
für die Stadt erheblich gesenkt.<br />
Doch auch die Freiraumplanung und soziokulturelle<br />
Aspekte wurden bei den Planungen beachtet.<br />
Neben dem Piano-See, der nach dem<br />
Architekten Renzo Piano benannt wurde, existieren<br />
im Umfeld des Potsdamer Platzes noch<br />
zwei Parks, der Henriette-Herz-Park und der<br />
Tilla-Durieux-Park. Somit gibt es auch einen ge-<br />
69
Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
4.7.6. Ansicht Hügelsiedlung<br />
wissen Naherholungswert für die Besucher des<br />
Platzes.<br />
Der Potsdamer Platz ist ein gutes Beispiel dafür,<br />
dass auch Großprojekte ökologisch ge-baut<br />
werden können und nicht immer Mitschuldige<br />
von enormen Umweltbelastungen sind. Das<br />
Daimler-Areal nimmt damit eine Vorreiter-<br />
Position für ökologisch geplante und gebaute<br />
Großprojekte ein. Ein besonderer Wert liegt<br />
natürlich auch insbesondere in der zentralen<br />
Lage des Gebietes in der Stadt. Hinzu kommt<br />
der hervorragende Anschluss an den ÖPNV<br />
sowie das Nahverkehrsnetz, so dass ein hohes<br />
KFZ- Verkehrsaufkommen vermieden werden<br />
kann.<br />
5.5 „Erdhügelhäuser“ in Donaueschingen<br />
Eine besondere Ökosiedlung befindet sich im<br />
Süden von Deutschland, genauer in Donaueschingen<br />
im Schwarzwald. Am Rande dieses<br />
Ortes wurde zwischen 1992 und 1993 eine<br />
Ökosiedlung mit dem Namen „Auf der Staig“<br />
gebaut.Es entstanden neben sechs Solar- und<br />
fünf Holzblockhäusern neun so genannte Erdhügelhäuser,<br />
die hier näher betrachtet werden<br />
sollen.<br />
Im Jahr 1992 wurde von der Stadt Donaueschingen<br />
ein Klimakonzept verabschiedet.Aus diesem<br />
Klimakonzept entwickelte sich die Zielsetzung<br />
für die Reihenhaussiedlung „Auf der Staig“. Die<br />
Häuser sollten möglichst wenig Bauland beanspruchen,<br />
sowie die Versiegelung so gering wie<br />
möglich halten. Außerdem sollten gesundheitsund<br />
umweltverträgliche Baustoffe verwendet<br />
und Solarenergie genutzt werden. Als letzte<br />
Zielsetzungen wurden die Minimierung des<br />
Heizenergiebedarfs und des Frischwasserbedarfs<br />
formuliert. Die Projektträger Archi Nova,<br />
die Bauherren und die Ar-chitekten entwickelten<br />
aus diesen Zielsetzungen ein Konzept, das<br />
die Energie- und die Baukosten senkt.<br />
Die neun Erdhügelhäuser wurden auf einer Fläche<br />
von 3.563m² in einer Reihe angelegt und<br />
sollten eine Tonnenform als Dachform erhalten.<br />
Die Tonnenform des Daches ermöglicht viele<br />
Freiheiten bei der Raumaufteilung und gleichzeitig<br />
ein gesundes Raum-klima im gesamten<br />
Bauwerk. Orientiert ist diese Bauweise an<br />
nordischen Vorbildern.Die Dächer der Erdhügelhäuser<br />
haben noch eine weitere besondere<br />
ökologische Funktion. Der Aushub, der beim<br />
Bau der Häuser aufkam, wurde bei der Fertigstellung<br />
der Gebäude wieder auf die Dächer<br />
aufgebracht und gab der Siedlung gleichzeitig<br />
ihren Namen.Dies hat gleich zwei Vorteile, zum<br />
einen die Senkung des Heizenergiebedarfs<br />
durch die isolierende Wirkung der Erde und<br />
zum anderen wird damit die Versiegelung des<br />
Bodens weitestgehend wieder aufgehoben. Die<br />
Erdfläche auf dem Dach ist durch die Tonnenform<br />
maximiert und durch einheimische Pflanzen<br />
vor Wind und Wasser geschützt, welche<br />
die Erdmasse wieder abtragen könnten. Die<br />
Pflanzen dienen ebenso zur Bindung von Luftschadstoffen<br />
und Staubpartikeln.Die Erde hilft<br />
außerdem, das Regenwasser zu sammeln und in<br />
Zisternen zu speichern. So wird das Regenwasser<br />
nicht ungenutzt in die Kanalisation geleitet.<br />
Die Überdeckung der Dächer schwankt von<br />
30cm im Firstbereich und 3m zwischen den<br />
einzelnen Häusern. Außerdem beeinflusst sie<br />
neben der Bauweise des Hauses das Raumklima,<br />
da die Isolation große Temperaturschwankungen<br />
verhindert. Insgesamt sind 3.413m² der<br />
Gesamtfläche begrünt.<br />
70
Beim Bau der Häuser konnte nicht ganz auf<br />
das fossile Heizmittel Gas verzichtet werden,<br />
dennoch wird über 30m² Solarkollektoren auf<br />
einer Garage der Bedarf der Gebäude an Erdgas<br />
gesenkt. Die Warmwasserbereitung wird<br />
über 60% Erdgas und über 40% So-larenergie<br />
erreicht. Die Kosten für Wasser und Gas belaufen<br />
sich pro Monat auf etwa 30€. 20€ für<br />
Heizenergie und 10€ für Wasser. Die Sonnenenergie<br />
wird jedoch nicht nur aktiv durch die<br />
Kollektoren genutzt, sondern auch passiv durch<br />
Wintergärten an der Südseite der Häuser. Die<br />
Wärme kann außerdem durch Öffnungenan<br />
den Oberseiten der Wintergärten in die Obergeschosse<br />
ge-leitet werden, was ebenfalls den<br />
Heizenergiebedarfsenkt.<br />
Die Ausrichtung der Gebäude nach Norden<br />
und Süden ist ein weiterer ökologischer Faktor.<br />
Durch die Wintergärten im Süden wird<br />
die Sonnenenergie, wie schon erwähnt, effektiv<br />
genutzt und die geschlossene Nordfassade<br />
verhindert einen zu großen Wärmeverlust. Die<br />
weniger genutzten Räume wie die Küche und<br />
das Badezimmer sind nach Norden ausgerichtet,<br />
weil sie einen geringeren Heizbedarf haben. Die<br />
aufenthaltsintensiven Räume wie das Wohnzimmer<br />
dagegen sind nach Süden ausgerichtet, da<br />
sie von der Glasfront und damit von der Sonnenenergie<br />
profitieren können.<br />
Auch bei den Baustoffen wurde darauf geachtet,<br />
dass die Herstellung wenig energie-aufwendig<br />
ist. Außerdem sollen die Stoffe regenerierbar,<br />
wieder verwendbar und kompostierbar sein. So<br />
wurde zum Beispiel einheimisches Holz verwendet,<br />
Zellulose als Dämmstoff genommen, PVCfreie<br />
Folie auf dem Dach verlegt und weitere<br />
ökologische Baustoffe, wie zum Beispiel Glas,<br />
verwendet. Diese entsprechen den Vorgaben<br />
der Zielsetzung, die für diese Siedlung getroffen<br />
wurden.<br />
Die Lebenszeit der Häuser ist auf 60 Jahre angesetzt,<br />
jedoch weisen sie nach etwa 14 Jahren<br />
schon einige Mängel auf. Bei der Planung und<br />
dem Bau der Erdhügelhäuser wurde an der<br />
Südseite auf einen Dachüberstand verzichtet.<br />
Damit ist der konstruktive Holzschutz für die<br />
Fassade und die Fenster nicht mehr gegeben.<br />
Allerdings sind noch keine ernsthaften Schäden<br />
zu verzeichnen. Durch die Sonneneinstrahlung<br />
kommt esteilweise in den Wintergärten zu<br />
Kondenswasserbildung, die den gegebenenfalls<br />
gewählten Naturholzboden beeinträchtigen.<br />
Finanziert wurde das Projekt von den Eigentümern<br />
selbst. Die Gesamtkosten belaufen sich<br />
auf etwa 200.000€ pro Wohneinheit, was etwa<br />
einem Quadratmeterpreis von 1.500€ entspricht.<br />
Diese Ökosiedlung ist eine der vielfältigsten in<br />
Deutschland. Vor allem die Schaffung einer individuellen<br />
Nutzung von verschiedenen ökologischen<br />
Aspekten ist dabei gesondert hervorzuheben.<br />
Dabei sind aber alle drei Häuservarianten<br />
zu betrachten. Doch auch die Erdhügelhäuser<br />
bilden eine interessante und extravagante Lösung<br />
die ökologischen Ziele der Planer und der<br />
Stadt umzusetzen. Letztendlich ist die Ökosiedlung<br />
„Auf der Staig“ eine gelungene Ökosiedlung<br />
und macht ihrem Namen alle Ehre.<br />
5.6 „Lehmbausiedlung“ in Schöneiche<br />
Eine weitere Form der Ökosiedlung ist die<br />
Lehmbausiedlung in Schöneiche. Dieser kleine<br />
Ort liegt am östlichen Rand Berlins, in der Nähe<br />
des Bezirks Treptow- Köpenick, gehört aber<br />
schon zum Bundesland Brandenburg. Bei dieser<br />
Ökosiedlung handelt es sich um eine Reihenhaussiedlung,<br />
die als Eigentumsgesellschaft konzipiert<br />
ist und aus Eigeninitiative entstanden ist.<br />
Die Idee für diese Siedlung entstand im Frühjahr<br />
1991 von drei Familien, die sich den Wunschtraum<br />
einer schönen und günstigen Wohnmöglichkeit<br />
durch Selbsthilfe erfüllen wollten. Anlass<br />
für die Entscheidung selbst ein Eigenheim zu<br />
bauen war der Verlust der alten Wohnungen.<br />
Nach und nach begeisterten sich mehr Familien<br />
für eine solche Wohnmöglichkeit und es wohnen<br />
heute 13 Familien mit 39 Kindern in der<br />
Lehmbausiedlung.<br />
Alle Familien gründeten eine Bauherrengemeinschaft,<br />
die Interessengemeinschaft Landhof GbR,<br />
71
Ökologisches Bauen<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
4.7.7. Lehmbausiedlung<br />
und schlossen einen Erbbaurechtsvertrag mit<br />
der Kirchgemeinde Schöneiche ab. Außerdem<br />
wurden alle Behördengänge untereinander<br />
aufgeteilt, die für die Siedlung notwendig waren.<br />
Ansonstenwurden alle anfallenden Aufgaben<br />
gemeinsam bewältigt. Seit dem Sommer<br />
1992 stand den Familien das Architekturbüro<br />
Schmidtmann & Gölling zur Seite, um sie bei<br />
anfallenden Baufragen zu unterstützen. Um diese<br />
Fragen klären zu können, wurde wöchentlich<br />
eine Sitzung mit den Architekten abgehalten.<br />
Dadurch wurde eine ausreichende Mitbestimmung<br />
der Eigentümer gewährleistet.<br />
Wirtschaftlich betreut wurden die Familien<br />
durch „Stadt consult“.Gefördert wurde das<br />
Projekt durch die Bewilligung von Fördermitteln<br />
für den sozialen Wohnungsbau durch das<br />
Land Brandenburg. Insgesamt wurden 1.100€/<br />
m² bezuschusst.Weitere Fördermittel wurden<br />
vom Bundesbauministerium bereitgestellt, da<br />
das Lehmbauprojekt für das „Programm organisierte<br />
Gruppenselbsthilfe im Eigenheimbau“<br />
anerkannt wurde.<br />
Die Familien entschieden sich für ein Öko-<br />
Fertigteilhaus aus Holzständerbau mit einer<br />
Lehminnenschale und einer Zellulosedämmung.<br />
Baubeginn war 1994. Den Familien stand eine<br />
Fläche von 7.780m² zur Verfügung, von denen<br />
sie etwa 1.732m² überbauten. Die Modulbauweise<br />
mit Ständern ermöglichte es den Familien<br />
individuelle Grundrisse zu gestalten und damit<br />
auch auf die einzelnen Bedürfnisse einzugehen.<br />
Die Hölzer für den Ständerbau wurden aus der<br />
näheren Umgebung geliefert, was zum einen<br />
Kosten gespart und die Umweltbelastungen<br />
minimiert hat.<br />
Weitere ökologische Aspekte wurden durch<br />
Grasdächer, eine Trockentoilette und eine Pflanzenkläranlage<br />
umgesetzt. Die Pflanzen für die<br />
Dachbegrünung und der angelegten Fassadenbegrünung<br />
sind einheimisch. Außerdem wurde<br />
bei der Auswahl der Baumate-rialien darauf<br />
geachtet, dass diese natürlich und gesundheitsunbedenklich<br />
sind. So wurden die Wände mit<br />
Zellulose gedämmt, die Lücken zwischen Fenster<br />
und Wand mit Kokos und Jute. Die Lehmbauwände<br />
speichern außerdem die Wärme<br />
sehr gut, was den Heizenergiebedarf senkt. Des<br />
Weiteren sorgen die Lehmwände für ein angenehmes<br />
Raumklima. Jedoch konnte bei der<br />
Wärmeversorgung nicht ganz auf den fossilen<br />
Stoff Gas verzichtet werden. Die Wohneinheiten<br />
sind jeweils mit einer Gastherme ausgestattet,<br />
die jede Familie individuell nutzen kann.<br />
Alle anfallenden Arbeiten wurden weitestgehend<br />
von den Bewohnern selbst durchgeführt.<br />
So wurden im Frühjahr 1995, nach der Fertigstellung<br />
der Häuser, entsprechende Außenanlagen<br />
geschaffen. Es wurden Kinderspielgeräte<br />
gebaut und ein Backofen aufgestellt.Durch diese<br />
Flächen und die nicht abgetrennten Gärten<br />
der Bewohner entstand eine attraktive Gemeinschaftsfläche<br />
für alle.<br />
Ende 1996 konnten die Bauarbeiten abgeschlossen<br />
werden und die Familien endgültig<br />
ihre Häuser beziehen. Ein letzter ökologischer<br />
Aspekt liegt darin, dass die Siedlung nur über<br />
einen Fußweg zu erreichen ist. Die Bewohner<br />
entschieden sich dafür, Stellplätze für ihre Autos<br />
am Rand der Siedlung bereitzustellen.<br />
Insgesamt beliefen sich die Kosten der Lehmbausiedlung<br />
auf 270.000€ pro Wohneinheit, was<br />
einem Quadratmeterpreis von 2.500€ – 2.700€<br />
entspricht.Die Bewilligung der Fördermittel war<br />
für die Familien eine große Hilfe.<br />
72
Eine Lehmbausiedlung, wie man sie in Schöneiche<br />
findet, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie<br />
vielfältig ökologisches Bauen sein kann. Die<br />
Möglichkeiten, die sich den Bauherren bieten,<br />
sind nahezu unbegrenzt, da man viele verschiedene<br />
ökologische Aspekte mitein-ander kombinieren<br />
kann, wie in diesem Fall Lehmbau mit begrünten<br />
Dächern und einer eigenen Kläranlage<br />
für das Grauwasser.<br />
6. Fazit<br />
In einem abschließenden Fazit soll noch einmal<br />
auf die wichtigsten Aspekte zum Thema realisierte<br />
Öko-Vorhaben eingegangen werden und<br />
Empfehlungen hinsichtlich der Projektarbeit gegeben<br />
werden.<br />
6.1 Fazit Ökosiedlungen<br />
Vergleicht man bei den vorgestellten Ökosiedlungen<br />
die ursprünglichen Planungsvor-gaben<br />
mit dem letztendlich realisierten Entwurf, so<br />
wird oftmals deutlich, dass es eine erhebliche<br />
Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit<br />
gibt und der Entwurf in abgeänderter<br />
Form in die Tat umgesetzt wurde. Häufig wurde<br />
eine finanziell weniger kostenintensive Variante<br />
gewählt, die dazu führte, dass nicht alle ökologischen<br />
Möglichkeiten ausgeschöpft werden<br />
konnten. Ebenfalls wird deutlich, dass die Entwicklungskosten<br />
für einen nachhaltigen Entwurf<br />
über denen für „normale“ Gebäude stehen.<br />
Dies liegt in erster Linie daran, dass der sog. Planungsvorlauf<br />
innerhalb eines Planungsprozesses,<br />
der auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, deutlich<br />
länger ist, da bedeutend mehr Aspekte Berücksichtigung<br />
finden müssen. Ökologisches Bauen<br />
bedeutet höhere Kosten, da spezielle, oftmals<br />
aufwendigere Materialien oder Instrumente,<br />
wie z. B. Sonnenkollektoren, benötigt werden.<br />
Vergleicht man diesen finanziellen Mehraufwand<br />
inklusive der Einsparungen aufgrund<br />
dergeringeren Betriebskosten mit denen eines<br />
„normalen“ Gebäudes, fällt auf,dass sich über die<br />
gesamte Lebenszeit eines Baus, die Ausgaben<br />
wieder ausgleichen.<br />
GuteMöglichkeitenKosten zu sparen sind verschiedene<br />
Fördergelder, die man vom Land<br />
oder vom Bund beziehen könnte. Dabei ist<br />
aber ratsam, sich genauestens über die Vergabebedingungen<br />
zu informieren, um sich bei<br />
der Finanzplanung nicht in falscher Sicherheit<br />
zu wähnen und bei Ablehnung an ein Finanzierungsproblem<br />
zu geraten.<br />
Letztendlich ist zu sagen, dass es Ökosiedlungen<br />
gibt, an denen verschiedenste Varianten des<br />
ökologischen Bauens umgesetzt wurden. Oftmals<br />
werden auch unterschiedlichste Bereiche<br />
kombiniert, so zum BeispielSonnenenergie und<br />
Wasser oder regenerierbare Baustoffe mit Sonnenenergie.<br />
Dies zeigt, dass die Möglichkeiten<br />
ökologischen Bauens noch lange nicht ausgeschöpft<br />
sind und die Kombinationsmöglichkeiten<br />
ebenso vielfältig und spannend sind. Jedoch<br />
sollte darauf geachtet werden, dass nicht zu<br />
viele verschiedene Varianten umgesetzt werden,<br />
um kein finanzielles Risiko einzugehen. Ökologisches<br />
Bauen ist ein wichtiges Thema und kann<br />
auch mit wenigen Maßnahmen umgesetzt werden.<br />
6.2 Fazit für Projektarbeit<br />
Für unsere Projektarbeit lässt sich festhalten,<br />
dass es in jedem Fall von Bedeutung ist, möglichst<br />
frühzeitig alle Beteiligten Akteure an einen<br />
Tisch zu bringen, um für den nötigen Austausch<br />
der Disziplinen zu sorgen und gemeinsam in<br />
Sachen Nachhaltigkeit zusammenzuarbeiten.<br />
Ebenfalls wichtig ist ein vernünftiges Abwägen<br />
zwischen dem sog. „ökologischen Nachbessern“<br />
und dem „ökologischen Neubau“, welches<br />
voraussetzt, dass mit dem vorhandenen<br />
Bestand sorgfältig und behutsam umgegangen<br />
wird. Bereits in der Planungsphase sollten die<br />
wirtschaftlichen Auswirkungen aller Maßnahmen<br />
bedacht werden (auch der ökologischen)<br />
und gegebenenfalls bereits zu Beginn der Planung<br />
nach möglichen Finanzierungsoptionen<br />
durch Fördermittel Ausschau gehalten werden.<br />
Das Projekt sollte sich mit dem geschichtlichen<br />
Kontext der Flächen und Gebäude unserer Pla-<br />
73
Ökologisches Bauen - Energie<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
nungsgebiete gründlich auseinandersetzen und<br />
die historische Bedeutung in jedem Fall in die<br />
Abwägung mit einfließen lassen. Darüber hinaus<br />
ist es ratsam im Rahmen eines stetigen Monitorings<br />
den Entwurf immer wieder gemäß den<br />
eigenen Vorgaben auf optimale Funktionalität<br />
und Güte zu überprüfen.<br />
Einleitung<br />
Die gesamte Klimaschutzdebatte ist gekennzeichnet<br />
von verschiedenen Methoden zur<br />
Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen,<br />
insbesondere Kohlenstoffdioxid (CO2). Dieses<br />
entsteht zu einem Großteil durch Verbrennung<br />
von Mineralöl und –gas sowie Kohle mit dem<br />
Ziel der Energiegewinnung. Würde also diese<br />
Energiegewinnung effizienter ablaufen und auch<br />
weniger Energie „verbraucht“ werden, ließe<br />
sich der Schadstoffausstoß weltweit deutlich<br />
reduzieren.<br />
Diese Arbeit soll eine Übersicht über diverse<br />
Zweige der Energiewirtschaft geben, Alternativen<br />
zur Gewinnung aufzeigen und anhand eines<br />
praktischen Beispiels demonstrieren, wie in gewöhnlichen<br />
Haushalten viel Energie eingespart<br />
werden kann.<br />
Zuerst müssen jedoch eine Fachtermini geklärt<br />
und Definitionen vorgenommen werden,<br />
insbesondere sollen der Begriff des „Energieverbrauchs“<br />
geklärt sowie die Unterschiede<br />
zwischen Primär-, Sekundär- und Nutzenergie<br />
deutlich gemacht werden.<br />
Entropiebegriff („Energieverbrauch“)<br />
/ Klima-Auswirkungen<br />
Im Volksmund üblich ist es, von Energieverbrauch<br />
zu sprechen. Physikalisch korrekt kann dies jedoch<br />
keinesfalls sein, zumal nach dem Energieerhaltungssatz<br />
Energie nur umgewandelt, nicht<br />
jedoch erzeugt oder vernichtet werden kann.<br />
Letzendlich wird beispielsweise durch die Verbrennung<br />
von Kohle nur der Umstand genutzt,<br />
dass die ihr innewohnende chemische Energie<br />
in einen Zustand größerer Entropie gebracht<br />
Energie<br />
wird. Dieses Definitionsproblem mag theoretisch<br />
wirken, wenn jedoch in Betracht gezogen<br />
wird, dass bei jedem Prozess ein Großteil der<br />
Energie unerwünscht in Wärme umgewandelt<br />
wird, die nicht direkt nutzbar scheint, gewinnt<br />
diese Tatsache praktische Bedeutung. In der Tat<br />
widmen sich viele moderne Energiesysteme der<br />
nutzung „niederwertiger“ Wärme in Form von<br />
Wasser zwischen 15 und 70°C.<br />
Der Einfachheit halber wird der Begriff „Energieverbrauch“<br />
trotzdem verwendet, schon allein<br />
aufgrund der sprachlichen Sperrigkeit von Konstruktionen<br />
wie „Energieumwandlungsmenge“.<br />
Primärenergie<br />
Wenn von Energienutzung gesprochen wird,<br />
ist oftmals unklar, ob es sich Primär-, Sekundäroder<br />
Nutzenergie handelt. Die Unterschiede<br />
sind jedoch sehr bedeutsam.<br />
Primärenergie ist Energie, die aus natürlich<br />
vorkommenden Resourcen direkt gewonnen<br />
wird. Dies sind im wesentlichen mineralische<br />
Rohstoffe wie Kohle, Öl oder Gas, aber auch<br />
Sonnenenergie in Form elektromagnetischer<br />
Strahlung oder Wasserkraft in Form von Bewegungsenergie.<br />
Sekundärenergie<br />
Als Sekundärenergie wird umgewandelte Primärenergie<br />
bezeichnet, die in ihrem Zustand<br />
„genutzt“ werden kann, beispielsweise Benzin als<br />
Produkt von Rohölraffinierung oder (am deutlichsten)<br />
Strom als Ergebnis diverser Energieumwandlungsprozesse<br />
in Kraftwerken.<br />
74
In dieser Arbeit soll das Hauptaugenmerk auf<br />
für das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
relevanten Energieformen liegen – Industrieprozesse<br />
und insbesondere Mobilität werden<br />
also größtenteils ausgeklammert.<br />
Die folgende Statistik zeigt die Nutzung der Sekunenenergie<br />
in verschiedenen Nutzungsbereichen<br />
in Deutschland:<br />
Nutzenergie<br />
Altkanzler Helmut Kohl fasste 1984 treffend<br />
zusammen: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“.<br />
Dies trifft auch auf die sogenannte<br />
Nutzenergie zu, denn sie ist das, was in Haushalten<br />
und Industrie tatsächlich genutzt wird.<br />
Am deutlichsten ist das Beispiel des Stroms aus<br />
der Steckdose oder des Fernwärmeanschlusses<br />
im Keller.<br />
Wichtig anzumerken ist, dass die Nutzenergie<br />
nur einen Bruchteils dessen beträgt, was produziert<br />
wird, wie die nebenstehende Grafik<br />
deutlich macht. Effiziente Nutzung der Energie<br />
ist also besonders wichtig, da theoretisch das<br />
davon ausgegangen werden kann, dass relativ<br />
das dreifache an Primärenergie benötigt wird.<br />
Besonders elektrische Energie erscheint zwar<br />
oft „umweltfreundlich“, da bei ihrer Nutzung<br />
kein CO2 emittiert wird und der Wirkungsgrad<br />
bei Heizungen 100% beträgt, jedoch ist<br />
der Strom als hochwertigste Energieform in<br />
konventionellen Kraftwerken nur mit hohen<br />
Verlusten zu erzeugen, außerdem ist der Transport<br />
aufwändig und die langfristige Speicherung<br />
nicht möglich.<br />
Weiterhin wird deutlich, dass nicht nur bei der<br />
Bereitstellung und bei der Nutzung der Energie<br />
gespart werden kann, sondern zu einem<br />
großen Teil auch bei der Distribution und beim<br />
Transport. Im folgenden werden deshalb die<br />
verschiedenen Energiekonzepte erklärt.<br />
Konzepte<br />
Prinzipiell wird zwischen zentraler und dezentraler<br />
Energieversorgung unterschieden. Beide<br />
Systeme weisen bedeutende Unterschiede auf,<br />
je nach Betrachungsweise können die Unterschiede<br />
jedoch verschwimmen. Rein praktisch<br />
wird in den meisten Regionen der Welt eine<br />
Art integriertes Konzept genutzt, dass aus einer<br />
Mischung aus beiden Varianten besteht.<br />
zentrale Energieversorgung<br />
In diesem System wird Energie an zentralen<br />
Punkten, meist großen Kraftwerken mit mehreren<br />
hundert oder tausend Megawatt Leistung,<br />
bereitgestellt und über Trägerleitungen zum<br />
Verbraucher transportiert.<br />
Geschichtliche Entwicklung<br />
Das Stromnetz in Deutschland<br />
ist überwiegend historisch<br />
gewachsen. Beispielsweise<br />
wurde 1884 die „AG<br />
Städtische Elektrizitätswerke<br />
in Berlin“ (später BEWAG)<br />
gegründet, die als erstes<br />
einen größeren Raum mit<br />
elektrischer Energie versorgte.<br />
Dies war eine technische<br />
Revolution, die jedoch wie<br />
75
Energie<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
so oft ökonomische begründet ist, denn Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts war es einfacher und billiger,<br />
Energie in größeren Dimensionen zu produzieren.<br />
Weiterhin ist zu bedenken, dass der Energiebedarf<br />
in industrialierten Städten bedeutend größer<br />
war. Daher setzte die Entwicklung primär<br />
in den Städten ein. (Kleine) Stadtwerke spielten<br />
immer eine Rolle, jedoch waren sie „auf dem<br />
Land“ unrentabel.<br />
Auch heute noch sind Kernkraftwerke und andere<br />
moderne Anlagen riesige Investitionen, die<br />
Marktzutrittsbarrieren darstellen. Dazu kommt,<br />
dass Konventionelle Systeme sind selten in<br />
kleinen Dimensionen realierbar („Mini-KKW“)<br />
sind.<br />
Da die Netze erhalten werden müssen und<br />
kostenintensiv sind, müssen für die Durchleitung<br />
Nutzungsentgelte gezahlt werden. Aufgrund<br />
der Quasimonopolstellung von EON, Vattenfall,<br />
enBW und RWE unterliegen diese jedoch keinen<br />
wirklichem Wettbewerb und werden immer<br />
wieder diskutiert. Die Auswirkung der Entgelte<br />
wird anhand der nebenstehenden Grafik,<br />
die Bruttokosten einer Kilowattstunde Strom<br />
zeigen, deutlich.<br />
dezentrale Energieversorgung<br />
Das offensichtliche Gegenteil der zentralen ist<br />
die denzentrale Energieversorgung. Hier wird<br />
die Energie an verschiendenen Orten in kleineren<br />
Dimensionen bereitgestellt.<br />
Organisation in Deutschland<br />
In Deutschland existieren für die Stromversorgung<br />
vier Netze, getrennt nach Spannung:<br />
Höchstspannung, Hochspannung, Mittelspannung<br />
und Niederspannung. Dies ist primär der<br />
physikalischen Gesetzmäßigkeit, dass sich Strom<br />
bei hohen Spannungen besser (das heißt weniger<br />
verlustreich) transportieren lässt, geschuldet.<br />
Insbesondere das Höchst- und Hochspannungsnetz<br />
werden von den vier großen Energieanbietern<br />
kontrolliert. Im wesentlichen bedeutet das,<br />
dass die überörtliche Netze in der Hand der<br />
Großkonzerne sind (siehe Abbildung).<br />
Entwicklungsstand<br />
Anzumerken ist, dass aktuelle(re) Förderprogramme<br />
des Bundes und der Europäischen<br />
Union auf erneuerbare Energien konzentriert<br />
sind, dazu meist in dezentralem Aufbau. Es kann<br />
davon ausgegangen werden, dass von diesem<br />
System in Zukunft mehr erwartet wird als vom<br />
herkömmlichen, zentralen System. Während das<br />
Stromnetz noch recht dezentral aufgebaut ist, ist<br />
Deutschland ist im Wärmesektor eher dezentral<br />
organisiert, denn Fernwärme spielt nur eine<br />
untergeordnete Rolle. Dies ist mit vielen privatrechtlichen<br />
Probleme in der Vergangenheit begründet<br />
– im wesentlichen gab es wiederholt<br />
Streit um das Verlegen der benötigten Rohre.<br />
Vorteile / Nachteile<br />
Zu den Vorteilen der dezentralen Energieversorgung<br />
gehören die geringen Übertragungsverluste,<br />
denn Strom und Wärme müssen nicht<br />
erst über lange Strecken transportiert werden,<br />
sondern können dort erzeugt werden, wo sie<br />
benötigt werden, zumindest theoretisch.<br />
Dazu kommt, dass erneuerbare Energien meist<br />
besser dezentral einsetzbar sind, zumal die<br />
Kraftwerkstypen geringere Dimensionen ha-<br />
76
en als konventionelle Anlagen. Weitere Vorteile<br />
sind die mögliche Vermeidung von Energiemonopolen<br />
(theoretisch) und die Möglichkeit<br />
der Kraft-Wärme-Kopplung. Zu den Nachteilen<br />
gehören der relativ große Flächenbedarf – ein<br />
Blockheizkraftwerk benötigt auch Platz – sowie<br />
der eventuell höhere Verwaltungsaufwand. Generell<br />
lässt sich jedoch sagen, dass die Vorteile<br />
überwiegen, insbesondere aufgrund der Möglichkeit<br />
der Kraft-Wärme-Kopplung, die genauer<br />
erklärt werden soll.<br />
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)<br />
KWK ist ein Prinzip, nach dem die Abwärme<br />
von Stromgeneratoren in Kraftwerken zu Heizzwecken<br />
genutzt werden soll. Mittels KWK wird<br />
die Abwärme in ein Fernwärmenetz eingespeist<br />
oder industriell genutzt. Dadurch ist eine massive<br />
Erhöhung des Wirkungsgrades der Anlagen<br />
möglich, bei Kohle- und GuD-Kraftwerken sind<br />
40% keine Seltenheit.<br />
Zu bedenken ist jedoch, dass die entstehende<br />
Abwärme auch genutzt werden muss – ein<br />
Kernkraftwerk in dünn besiedelten Regionen<br />
hat demzufolge weniger Potenzial als ein Kraftwerk<br />
inmitten einer Stadt, weshalb die KWK<br />
das Grundprinzip für den effizienten Betrieb<br />
von Blockheizkraftwerken darstellt. Trotz der<br />
massiven Vorteile liegt der Anteil der Stromproduktion<br />
mit Kraft-Wärme-Kopllung in Deutschland<br />
bei nur ca. 10%. Dies hat primär mit dem<br />
bestehenden Energienetz zu tun, der B.U.N.D.,<br />
argumentiert jedoch damit,<br />
dass KWK von Energiekonzernen<br />
massiv bekämpft wird,<br />
um die Monopolstellungen zu<br />
behalten.<br />
Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />
Krafwerkstypen. Der Anteil der konventionellen,<br />
festen Brennstoffe spielt in der CO2-Emission<br />
des Energiesektors eine bedeutende Rolle.<br />
Aktuelle konventionelle Systeme<br />
Kohle<br />
Die Strom- und Wärmegewinnung durch Kohle<br />
hat traditionell den größten Anteil an der<br />
Energieumwandlung in Deutschland. Obwohl<br />
Kohlekraftwerke zu den größten Produzenten<br />
von Treibhausgasen gehören, werden sie noch<br />
im großen Stil geplant. Allein für Deutschland<br />
gehen unterschiedliche Quellen von 20 bis 40<br />
neu geplanten Kraftwerken aus. Diese Kraftwerke<br />
werden sich wie die bereits existierenden im<br />
Bereich von 500 bis 1000 MW Leistung bewegen<br />
– dies entspricht einer durchschnittlichen<br />
Verbrennung von 50kg Steinkohle pro Sekunde<br />
pro Kraftwerksblock. Nicht zuletzt aufgrund der<br />
steigenden Energiepreise und des politischen<br />
Drucks wurde die Effizienz der Kohlekraftwerke<br />
bis auf 40-45% gesteigert, mittels KWK sind<br />
sogar 85% problemlos möglich.<br />
Seit einigen Jahren werben Energiekonzerne<br />
mit sogenannten CO2-Freien Kohlekraftwerken.<br />
Diese Bezeichnung ist irreführend, zumal<br />
die geplanten Anlagen genauso viel Kohlendioxid<br />
emittieren wie gewöhnliche Kraftwerke.<br />
Der einzige Unterschied besteht darin, dass<br />
keine Abgase in die Atmosphäre geleitet werden,<br />
sondern mittels aufwändiger und teurer<br />
Bereitstellung<br />
Im Folgenden sollen einige<br />
Formen der Energiegewinnung<br />
erklärt und deren Vorund<br />
Nachteile aufgezeigt werden,<br />
denn es bestehen große<br />
77
Energie<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Verfahren verflüssigt, transportiert und endgelagert<br />
werden.<br />
Das erste Kraftwerk dieser Art, das fertiggestellt<br />
(Stand Dezember 2007) werden wird, ist eine<br />
Testanlage in Spremberg mit einer Leistung von<br />
30 MW. Die Nützlichkeit des Verfahrens wird<br />
jedoch angezweifelt, Umweltschutzverbände<br />
üben harsche Kritik - man könne nicht planen,<br />
ohne die Auswirkungen zu kennen.<br />
Erdöl und –Gas<br />
Sogenannte Gas- und Dampfturbinenkraftwerke<br />
(GuD), die Erdöl oder Erdgas verbrennen,<br />
bilden einen wichtigen Teil der Strom- und<br />
Wärmeversorgung auf der ganzen Welt. Große<br />
GuD-Kraftwerke erzeugen primär Spitzenstrom,<br />
da sie im Gegensatz zu Kohlekraftwerken niedrige<br />
Startzeiten haben. In kleinerer Form sind<br />
sie jedoch typisch für Blockheizkraftwerke und<br />
Heizkraftwerke in Haushalten. Ihr mit Kraft-<br />
Wärme-Kopplung erreichter, hoher Wirkungsgrad<br />
von bis zu 90% gleicht die hohen Energiepreise<br />
teilweise aus.<br />
Kernenergie<br />
Nuklearenergie in Form von Kernspaltungsanlagen<br />
macht – was aufgrund der hohen Medienwirksamkeit<br />
des Themas überraschend sein<br />
mag – ca. 10% der Primärenergieumwandlung<br />
in Deutschland aus. In anderen Ländern liegt<br />
der Anteil teils deutlich darüber und oftmals<br />
sind trotz der bekannten Gefahren und Probleme<br />
größere Neubauten geplant. CO2-„neutral“,<br />
wie von Energiekonzernen angepriesen, ist die<br />
Kernenergie nicht: Uranbergbau, Transport und<br />
Sicherheit müssen gewährleistet und abgewickelt<br />
werden, was nicht ohne großen Energieaufwand<br />
möglich ist. Dennoch liegen die CO2-<br />
Emissionen einige Größenordnungen unter<br />
denen anderer konventioneller Kraftwerkstypen.<br />
Nach dem neuesten Stand der Technik<br />
sind Katastrophen wie in Tchernobyl sind relativ<br />
unwahrscheinlich, können jedoch nicht zuletzt<br />
aufgrund menschlichen Versagens nie ausgeschlossen<br />
werden. Dies ist insbesondere in alten<br />
Kraftwerken, deren Rückbau sehr kostenintensiv<br />
ist, relativ problematisch. Das größere Problem<br />
der Kernenergie ist jedoch die Abhängigkeit<br />
von Uran, das bei momentanem Verbrauch<br />
noch ca. 70-100 Jahre ausreichend vorhanden ist.<br />
Weiterhin zeigen die kürzlich entdeckten Leukämiefälle<br />
- wenn auch statistisch irrelevant - in<br />
KKW-Regione, dass nicht alle Auswirkungen der<br />
Kernenergie erforscht sind. Diese Energieform<br />
ist und bleibt also mit Vorsicht zu behandeln.<br />
Aktuelle erneuerbare Energien<br />
Wasser<br />
Die verbreitetste Form erneuerbarer Energien<br />
in Deutschland ist Wasserkraft, deren Potential<br />
im Land bereits praktisch ausgeschöpft ist, sofern<br />
man von konventionellen Laufwasserkraftwerken<br />
spricht. Vorteile der Wasserkraftwerke<br />
sind die niedrigen Betriebskosten, die Effizienz<br />
und die relative Umweltfreundlichkeit. Obwohl<br />
die Kraftwerke systembedingt emissionsfrei<br />
sind, sollte jedoch angemerkt werden, dass die<br />
landschaftlichen Auswirkungen (insbesondere<br />
bei Großanlagen wie in China oder Panama)<br />
sehr groß sein können. Alternative Formen von<br />
Wasserkraftwerken existieren ebenfalls, insbesondere<br />
Gezeitenkraftwerke werden in einigen<br />
Regionen der Welt genutzt. Aufgrund ihrer<br />
Anforderungen an die umliegende physische<br />
Geographie sind diese Kraftwerke jedoch eher<br />
Spezialisten als eine Lösung für das allgemeine<br />
Energieproblem.<br />
Biomasse<br />
Biomasse nimmt inzwischen einen großteil der<br />
Fläche, die zur regenerativen Energiegewinnung<br />
genutzt wird, ein. Die kleinen, relativ unumstrittenen<br />
Verbrennungsanlagen für Bioabfälle, die<br />
als Blockheizkraftwerke genutzt werden, stehen<br />
einer großen Anzahl von Anbauflächen<br />
gegenüber, deren Ernten zur Raffinierung genutzt<br />
werden. Zwar hat der sogenannte „Biokraftstoff“<br />
bei der Verbrennung gewisse Vorteile<br />
gegenüber Mineralölen, was den CO2-Austoß<br />
78
etrifft, jedoch setzt dies speziell angepasste<br />
Motoren und Turbinen voraus. Der Hauptvorteil<br />
der Biokraftstoffe ist ohnehin nicht in den<br />
Umweltaspekten zu finden, sondern eher in<br />
der (politischen) Unabhängigkeit vom Erdöl.<br />
Aufgrund der nötigen enormen Flächennutzungen,<br />
der intensiven Bodenbewirtschaftung und<br />
ethischer Fragen („Verbrennung von Getreide“)<br />
ist Biokraftstoff jedoch soweit umstritten, dass<br />
über eine Anpassung der Bezeichnung nachgedacht<br />
wird, zumal das „Bio“ im Namen aus Ansicht<br />
einiger EU-Politiker und Umweltverbände<br />
irreführend ist.<br />
Die Photovoltaik oder Solarenergie ist die bekannteste<br />
erneuerbare Energieform. Davon<br />
ausgehend, dass an einem sonnigen Tag in Mitteleuropa<br />
Sonnenenergie mit ca. 1K/m² auf die<br />
Erdoberfläche auftrifft (siehe Grafik), hat die<br />
Gewinnung von Wärme und Strom enormes<br />
Potential. Speziell Anlagen zur direkten Stromgewinnung<br />
sind noch sehr aufwändig zu produzieren,<br />
sodass in vielen Ländern spezielle Förderungsprogramme<br />
geschaffen wurden, um der<br />
noch jungen Solarenergie zu mehr Wirtschaftlichkeit<br />
zu verhelfen. In Deutschland war diese<br />
Förderpolitik lange Zeit erfolgreich. Die Solarenergie<br />
hat noch viel Potential, insbesondere als<br />
integrierte Fassaden oder auf großen Brachflächen<br />
bietet sie sich als saubere Lösung an.<br />
Wind<br />
Windkraftwerke sind ebenfalls als sehr bekannte<br />
und effiziente regenerative Energiegewinnungsform<br />
zu bezeichnen. Aufgrund<br />
ihres technischen Aufbaus<br />
sind sind nur zur Stromgewinnung<br />
geeignet. Da einzelne Anlagen nur<br />
eine relativ geringe Energiemenge<br />
bereit stellen können, werden<br />
vielerorts Windparks errichtet, die<br />
aus einer großen Anzahl Windanlagen<br />
bestehen, für einen großen Teil<br />
der Bevölkerung jedoch eine massive<br />
Störung des Landschaftsbildes<br />
darstellen. Nichtsdestrotz wird der<br />
Windenergie weltweit groß Bedeutung<br />
zugeschrieben. Die Alternative<br />
zu den bekannten „Windrädern“<br />
sind Offshore-Windanlagen, die jedoch<br />
noch in der Entwicklung sind.<br />
Zukunftsperspektiven<br />
Photovoltaik<br />
Neben den etablierten Energiegewinnungsformen<br />
existieren viele<br />
exotische Ideen, von Urangewinnung<br />
von Asteroiden bis hin zu<br />
Photovoltaik im All mit Mikrowellenübertragung<br />
oder Raumlift auf die Erde. Um Klarheit zu<br />
schaffen, sollen im Folgenden drei wirtschaftlich<br />
relevante Forschungsfelder kurz erläutert werden.<br />
Brennstoffzelle<br />
Die sogenannte Brennstoffzelle, die in den<br />
Medien gern als Lösung aller Versorgungspro-<br />
79
Energie<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
bleme dargestellt, ist streng genommen keine<br />
Energiegewinnungsform, sondern eine reine<br />
Transportmöglichkeit für Energie. Strom wird<br />
in Wasserstoffverbindungen konvertiert (oder<br />
direkt Wasserstoff) und „verbrennt“ nachher zu<br />
Wasser und anderen Verbindungen. Dies ist ein<br />
elektrochemischer Prozess, bei dem kein „Ofen“<br />
erforderlich ist. Der Vorteil und die Bedeutung<br />
der Brennstoffzelle liegen darin, dass mit ihr eine<br />
Möglichkeit besteht, Energie in kompakter Form<br />
zu transportieren, denn im Moment gibt es keinen<br />
Energieträger mit einer hohen Energiedichte,<br />
der so gut nutzbar ist wie raffiniertes Mineralöl.<br />
Die Brennstoffzelle würde den Transport<br />
von Energie über große Distanzen ermöglichen,<br />
was neue Regionen für die Energiegewinnung in<br />
greifbare Nähe rückt.<br />
Wellenkraftwerk<br />
Zum Wellenkraftwerk, einer Form der Wasserkraft,<br />
die an Küsten genutzt werden soll, existieren<br />
sehr unterschiedliche<br />
Ansätze. Bei allen Formen<br />
soll die kinetische und potentielle<br />
Energie der Wellenbewegungen<br />
zu elektrischer<br />
Energie umgesetzt werden.<br />
Unterschiedliche Produktionspreise<br />
(ca. 10c/KWh,<br />
manche Anbieter behaupten<br />
3c/KWh) sind schon<br />
jetzt im Umlauf und sollen<br />
zeigen, dass im Vergleich zur<br />
Kohle (4c/KWh) jetzt schon<br />
wirtschaftliche Kraftwerke<br />
möglich sind. Vorteile sollen<br />
die gute Skalierbarkeit und<br />
die Emissionensfreiheit der<br />
Kraftwerke sind, Nachteile<br />
sind die Beschränkung auf<br />
Küstenregionen und der recht große Flächenverbrauch.<br />
Kernfusion<br />
Die seit den 60er Jahren bekannte, Ende des 20.<br />
Jhd erstmals erfolgreich betriebene Kernfusion<br />
ist noch immer ein bedeutendes Forschungsprojekt.<br />
In einem Fusionsreaktor wie im aktuellen<br />
Forschungsreaktor ITER in Frankreich sollen<br />
extrem schnelle Teilchen kollidieren, fusionieren<br />
und Energie freigeben. Die zur Beschleunigung<br />
nötige Temperatur beträgt über 100 000 000<br />
° C, weshalb noch große technische Probleme<br />
existieren. Sollte die Fusionsenergie jedoch tatsächlich<br />
genutzt werden können, wäre sie die<br />
Lösung aller bekannten Energieprobleme. Geringe<br />
Brennstoffmengen –pro 1000MW-Block<br />
werden 250kg Brennstoff (Deuterium/Lithium)<br />
pro Jahr benötigt – die dazu noch überall auf<br />
der Welt verfügbar sind, sowie kompakte Kraftwerke<br />
(relativ) und hohe Sicherheit sprechen für<br />
die Kernfusion. Die enormen Entwicklungskosten<br />
stellen jedoch ein Problem dar, außerdem<br />
wird von Kritikerseiten dahingehend argumentiert,<br />
dass die Fusion zwar die Energieversorgung<br />
der Zukunft sein wird, diese jedoch zu spät<br />
einsetzbar sein wird, um den Klimawandel zu<br />
stoppen.<br />
Kosten / Nutzen<br />
Letztendlich ist es immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit,<br />
welche Energieform genutzt wird.<br />
Die existierende, über Jahrzehnte entwickelte<br />
Infrastruktur für konventionelle Verbrennungskraftwerke<br />
sowie diverse (politisch motivierte)<br />
80
Förderungen haben zu einer Situation geführt,<br />
in der die erneuerbaren Energien erst einmal<br />
schlechter positioniert sind als die konventionellen<br />
Träger. Am Ende sind jedoch die knapper<br />
werdenden Rohstoffe und die Klimaeffekte<br />
zu beachten, die bisjetzt in keiner Bilanz eines<br />
Energiekonzerns deutlich werden.<br />
Wärmebereitstellung /<br />
Wärmedämmung<br />
Herkömmliche Methoden der<br />
zentralen Wärmebereitstellung -<br />
Die Schwerkraftheizung<br />
Die Schwerkraftheizung nutzt den Dichteunterschied<br />
des Wärmeleitmediums (meist Wasser)<br />
in den Steigrohren. Die Dichte des heißen<br />
Wassers im Vorlaufstrang (rot) ist gering und es<br />
steigt nach oben. Im Rücklauf (blau) läuft der<br />
umgekehrte Prozess. Das kühle Wasser hat eine<br />
höhere Dichte und sinkt ab. Beide Prozesse erzeugen<br />
zusammen die Schwerkraftzirkulation.<br />
Eine Schwerkraftheizung benötigt also keine<br />
elektrische Umwälzpumpe. Allerdings benötigt<br />
man für die Erzeugung des Druckunterschiedes<br />
eine große Temperaturdifferenz zwischen Vorund<br />
Rücklauf, sowie große Rohrdurchmesser<br />
und Heizkörper um Strömungswiederstände<br />
zu vermeiden, die die Schwerkraftzirkulation<br />
schnell zusammenbrechen lassen können. Aus<br />
den großen Rohrdurchmessern resultiert ein<br />
erhöhter Wärmeverlust. Die hohe Vorlauftemperatur<br />
behindert auch die dosierte Wärmeabgabe<br />
an den Heizkörpern (Heizkörpertemperatur<br />
liegt bei ca. 80°C). Schwerkraftheizungen<br />
sind ausserdem sehr träge, denn es vergeht viel<br />
Zeit zwischen Wärmeanforderung und dem<br />
erzielen der gewünschten Zimmertemperatur.<br />
Somit kann die Schwerkraftheizung modernen<br />
Komfortbedürfnissen nicht mehr gerecht werden.<br />
Seit Ende der 1960er Jahre wird sie durch<br />
pumpgestützte Systeme ersetzt.<br />
Heizkessel Gas, Öl, Kohle, Koks<br />
Die Feststoff-, Gas-, und Ölkessel der älteren<br />
Bauart sind als Konstanttemperaturkessel ausgeführt.<br />
Sie verbrennen den Energieträger bei<br />
einer konstanten und vergleichsweise hohen<br />
Temperatur. Die hohen Temperaturen sind notwendig<br />
um die „Versottung“ des Kamins und<br />
Schäden am Kessel zu vermeiden. Diese Schäden<br />
entstehen durch Kondensat im Kamin, welches<br />
mit entsprechenden Bestandteilen des Abgases<br />
verschiedene Säuren, Sulfate etc. ausbildet<br />
und Rohre so wie Mauerwerk angreift. Um die<br />
Kondensation von Wasserdampf zu vermeiden<br />
müssen die Abgase also eine entsprechend<br />
hohe Temperatur haben, was zu hohen Wärmeverlusten<br />
führt.<br />
Nachtspeicherheizung<br />
Die Nachtspeicherheizung erzeugt Wärme mit<br />
Hilfe von Elektrizität. Genutzt wird dabei sie<br />
so genannte Schwachlastenergie, also Strom<br />
der nachts wenig Abnehmer findet und daher<br />
kostengünstiger ist. Die erzeugte Wärme wird<br />
in Wassertanks Betonblöcken oder ähnlichem<br />
gespeichert und dann über den Tag verteilt als<br />
Wärmestrahlung oder über ein Gebläse abgegeben.<br />
Zu bemängeln ist vor allem die geringe<br />
energetische Effizienz der Nachtspeicherheizung<br />
(Zunächst wird Hitze produziert, um<br />
Strom zu gewinnen, mit dem dann wiederum<br />
Hitze erzeugt wird).<br />
Fernwärme<br />
Fernwärme wird zentral erzeugt und über ein<br />
Rohrleitungsnetz an die verschiedenen Abnehmer<br />
verteilt. Das System bietet eine Reihe<br />
von Vorteilen: Die Wärme kann mit modernen<br />
Brennern, Filteranlagen und Kraftwärmekopplung<br />
ebenso effizient wie umweltfreundlich<br />
erzeugt werden. Die Bedienung und Wartung<br />
durch qualifiziertes Personal garantiert eine<br />
hohe Betriebssicherheit.<br />
Der Vorteil für den Verbraucher liegt im geringen<br />
Bedienungsaufwand und der Raumersparnis<br />
durch den Entfall einer eigenen Heizungsanlage.<br />
Nachteilig ist die Abhängigkeit der Verbraucher<br />
81
Energie<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
vom Wärmelieferanten und die hohen Anfangsinvestitionen<br />
bei der Errichtung von Kraftwerk<br />
und Rohrleitungsnetz. Der Anschluss eines<br />
Haushaltes an das Fernwärmenetz kann direkt<br />
oder indirekt erfolgen. Ist der Haushalt direkt<br />
angeschlossen druchströmt das Wärmeleitmedium<br />
(meist Wasser oder Wasserdampf) des<br />
Kraftwerks auch die Heizkörper. Bei einem indirekten<br />
Anschluss kann der Verbraucher über<br />
einen Wärmetauscher die gewünschte Wärme<br />
„entnehmen“ und verfügt über einen eigenständigen<br />
Heizkreislauf.<br />
senkt.<br />
Brennwertkessel<br />
Brennwertkessel nutzen die Wärme der Abgase.<br />
Mit Hilfe eines Wärmetauschers wird den<br />
Abgasen Wärme entzogen und der angesaugten<br />
Verbrennungsluft zugeführt was eine beträchtliche<br />
Steigerung des Wir-kungsgrades mit<br />
sich bringt. Gleichzeitig sinkt der Wärmeverlust<br />
durch Abgase erheblich. Durch die saubere<br />
Verbrennung hat das anfallende Kondensat hat<br />
einen niedrigen ph-Wert und kann zusammen<br />
mit den häuslichen Abwässern in die Kanalisation<br />
eingeleitet werden. Allerdings wird ein<br />
Abgasventilator benötigt, um den Abgasstrom<br />
aufrecht zu erhalten.<br />
Wärmepumpe<br />
4.8.6.Wärmepumpen<br />
Neue Methoden zur<br />
Wärmebereitstellung -<br />
Pumpgestützter Heizkreislauf<br />
Wie der Name schon sagt handelt es sich hier<br />
um einen Heizkreislauf in dem die Zirkulation<br />
durch den Einsatz einer elektrischen Pumpe<br />
aufrecht erhalten wird. Im Vergleich zur Schwerkraftheizung<br />
werden deutlich geringere Rohrdurchmesser<br />
benötigt und der Heizkreislauf<br />
ist deutlich weniger anfällig im Bezug auf Strömungswiederstände.<br />
Vor allem kann man durch<br />
die Pumpe mit deutlich geringeren Vorlauftemperaturen<br />
arbeiten, was den Energieverbrauch<br />
Die Wärmepumpe funktioniert im Prinzip wie<br />
eine Kältemaschine. Genutzt wird die Eigenschaft<br />
von Stoffen Energie beim Verdampfen auf<br />
und beim Kondensieren wieder abzugeben. Wie<br />
ein Kühlschrank entzieht die Wärmepumpe also<br />
auf der einen Seite Wärme um sie an anderer<br />
Stelle wieder abzugeben. Wärmequellen können<br />
die Luft, Gewässer, das Grundwasser sowie<br />
das Erdreich sein. Auch die Nutzung von Abluft<br />
und Abwässern (bzw. industrielle Abwässer) ist<br />
möglich. Wärmepumpen werden hauptsächlich<br />
in zwei verschiedenen Ausführungen gebaut:<br />
Bei der Kollektorbauweise wird ein Rohr in<br />
Schlaufen verlegt (ähnlich denen einer Fußbodenheizung).<br />
Das Wärmeleitmittel hat so<br />
auf der langen Strecke genügend Zeit Wärme<br />
aufzunehmen. Alternativ wird die Leitung senkrecht<br />
in mittlere und große Tiefen verlegt um<br />
etwaige warme Quellen oder günstige Grundwasserströmungen<br />
zu erreichen. Der Antrieb<br />
der Pumpe erfolgt elektrisch, in Großen Anlagen<br />
kommen auch Diesel-, Otto- oder Erdgasmotoren<br />
zum Einsatz.Je nach Ausführung<br />
kann eine Wärmepumpe eine Heizungsanlage<br />
unterstützen oder ihre Aufgabe übernehmen.<br />
Abhängig ist dies vor allem vom „angezapften“<br />
82
Medium. Beispielsweise ist Wärme aus der Umgebungsluft<br />
nur bis etwa 3 - 0°C nutzbar. Bei<br />
niedrigeren Temperaturen entsteht ein ungünstiges<br />
Verhältnis von eingesetzter Energie und<br />
erzielter Heizleistung.<br />
Thermische Solarenergienutzung<br />
Eine thermische Solaranlage nutzt die direkte<br />
Wärmestrahlung der Sonne zur Brauchwassererwärmung<br />
oder Raumheizungsunterstützung.<br />
Die wesentlichen Bestandteile sind der Kollektor,<br />
eine Umwälzpumpe und ein Wärmespeicher.<br />
Der Kollektor wird durch die Sonne erhitzt,<br />
ein Wärmeleitmedium nimmt die Wärme auf<br />
und gibt sie im Speicher wieder ab. Die Pumpe<br />
sorgt für die nötige Zirkulation. Je nach Anzahl<br />
der Sonnenstunden lässt sich mit einer solchen<br />
Anlage ein beträchtliches Einsparpotential realisieren.<br />
Pelletheizung<br />
Die Pelletheizung nutzt Holz als Energielieferant.<br />
Pellets werden aus Sägespänen, Sägemehl und<br />
Holzstücken gepreßt. Diese weisen sehr gute<br />
Verbrennungseigenschaften auf und können auf<br />
Grund ihrer Form und Größe in Tanks gepumpt<br />
werden. Das Handling ähnelt also dem einer<br />
Ölheizung. Mit einem modernen Heizkessel<br />
und nachhaltig produzierten Pellets ist eine Pelletheizung<br />
eine ökologische alternative zu Gasund<br />
Ölheizungen.<br />
Wärmerückgewinnung (Raumluft)<br />
4.8.7.Thermische Solarnutzung<br />
Das System der Raum-luftwärmerückgewinnung<br />
nutzt die anfallende Abwärme in einem<br />
Haushalt mehrfach. Der Abluft wird mittels<br />
eines Wärmetauschers Wärme entzogen und<br />
anschließend der Zuluft zugeführt. In Kombination<br />
mit einer effektiven Wärmedämmung<br />
lassen sich so erhebliche Einsparungen realisieren.<br />
Zudem ergibt sich eine Verbesserung des<br />
Raumklimas durch stetige Zufuhr temperierter<br />
Frischluft. Zusätzlich zu der zurückgewonnenen<br />
Heizenergie macht eine Raumluftwärmerückgewinnungsanlage<br />
weitere Wärmequellen<br />
nutzbar. So gibt ein Mensch bei einer Stunde<br />
leichter Körperlicher Arbeit 840 bis 1280kJ pro<br />
Stunde ab. Beim Wäschewaschen können bis zu<br />
10500kJ/h anfallen. Eine Raumluftwärmerückgewinnungsanlage<br />
ist Bestandteil eines zentralen<br />
Lüftungssystems, für die Nachrüstung von Altbauten<br />
werden mittlerweile auch dezentrale<br />
Einzelgeräte angeboten.<br />
Wärmedämmung<br />
Bei der Senkung des Heizenergiebedarfs von<br />
Gebäuden ist die Dämmung von überragender<br />
Bedeutung. Der geringere Wärmeverlust verringert<br />
den Heizbedarf und somit Kosten und<br />
Emissionen.<br />
Zur Dämmung steht eine Vielfalt von Baustoffen<br />
zur Verfügung, die in Klassen nach Wärmeleitfähigkeit<br />
(025 – 090) eingeteilt sind.<br />
Neben der Wärmeleitfähigkeit lassen sich die<br />
Dämmstoffe auch nach Stoffgruppen einteilen.<br />
83
Energie<br />
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
Auf natürlichen Rohstoffen basierende Dämmstoffe<br />
(bspw. Kork und Stroh) haben meist einen<br />
höheren Wärmeleitwert als Dämmstoffe<br />
aus Mineralfasern (Glaswolle, Steinwolle) oder<br />
Schaumkunststoffe (Styropor). Für die unterschiedlichen<br />
baulichen Gegebenheiten sind<br />
Dämmstoffe verfügbar als Plattenware, als gerollte<br />
Matten, als loses Granulat zur Schüttung<br />
oder zum Ausblasen von Hohlräumen, als loses<br />
Stopfmaterial und als Extruderschaum.<br />
Bei der Wandkonstruktion hat sich im Wesentlichen<br />
eine Kombination von statisch belastbaren,<br />
schlecht wärmedämmenden Baustoffen (z.B.:<br />
Beton, Kalksandsteine, Ziegel etc. ) und reinen<br />
Dämmstoffen durchgesetzt. Zur Vermeidung<br />
von Feuchtigkeitsproblemen wird die Wand in<br />
der Regel so konstruiert, dass die Dichte der<br />
jeweiligen Baustoffe von der Innenoberfläche<br />
aus nach Außen abnimmt.<br />
Bei Dämmung von Gebäuden besteht die Gefahr,<br />
dass Kältebrücken entstehen.<br />
Kältebrücken sind Stellen an denen entweder<br />
keine Isolation vorhanden ist, oder an denen die<br />
Dämmung durchbrochen wurde. Kältebrücken<br />
sind vor allem deshalb gefährlich, da es hier besonders<br />
oft und stark zu Kondensation kommt.<br />
Die Feuchtigkeit kann die Bausubstanz schädigen<br />
oder sogar zur Schimmelbildung beitragen<br />
und somit letztlich die Gesundheit der Bewohner<br />
gefährden.<br />
Praktisches Beispiel<br />
Zur Verdeutlichung für die Einsparpotentiale soll<br />
hier kurz die Sanierung eines Einfamilienhauses<br />
(Baujahr 1936) aufgezeigt werden. Zustand<br />
1995:<br />
• Ölheizung Konstanttemperaturkessel ca. 25 bis<br />
30kw (ab 3/1995 Gaskessel 11kw für Heizung und<br />
Warmwasser)<br />
• Warmwasserbereitung per elektrisch betriebenem<br />
200-Liter-Boiler (ca. 21kw)<br />
• Fenster mit Doppelverglasung<br />
• Keine Dämmung<br />
• Gasverbrauch 1996: 3153m³<br />
Umbauarbeiten bis 2000<br />
• Dämmung des Daches mit Holzfaserplatten in<br />
einer Stärke von 12cm<br />
• Dämmung der Fassade mit Kork in einer Stärke<br />
von 10cm<br />
• Einbau neuer hochdämmender Fenster mit größerer<br />
Glasfläche<br />
• Installation einer Solaranlage mit 14m² Kollektorfläche<br />
und 900l Wasserspeicher<br />
• Gasverbrauch nach dem Umbau: 1347m³<br />
Der Gasverbrauch sank durch den Umbau auf<br />
weniger als die Hälfte des Ausgangswertes.<br />
Fazit<br />
Das Energiethema ist so umfangreich, dass sich<br />
die einzelnen Aspekte nur schwer zusammenfassen<br />
lassen. Es ist allerdings auffällig, dass in<br />
allen Bereichen – von der Rohstoffgewinnung<br />
über die Umwandlung bis hin zum Verbrauch<br />
– große Einsparpotenziale existieren, die umzusetzen<br />
nicht nur ökologische, sondern auch sofort<br />
spürbare ökonomiische Effekte hätte.<br />
Weiterhin wird deutlich, dass nicht nur die Industrie<br />
oder der Energiesektor zum Handeln<br />
aufgefordert sind, sondern jeder für sich.<br />
84
Bestandsaufnahme<br />
Ausgangspunkt waren vier Standorte in Treptow-Köpenick,<br />
die im Rahmen der Bestandsaufnahme<br />
im November 2007 untersucht wurden.<br />
Alle potentiellen Plangebiete liegen am Wasser.<br />
• Niederschöneweide, westlich der<br />
Hasselwerder Straße<br />
• Spindlersfeld (Fabrik)<br />
• Wendenschloßstraße 142 – 174<br />
• Friedrichshagener Straße 10 – 12<br />
Alle Flächen sind durch eine industrielle Vornutzung<br />
geprägt, wobei die Fläche an der Wendenschloßstraße<br />
heute noch durch Gewerbebetriebe<br />
genutzt wird – die drei übrigen liegen<br />
brach. Zwei Maßstabsebenen prägten die Bestandsaufnahme:<br />
1. Detaillierte Betrachtung der<br />
Plangebiete:<br />
Dies schloss unter anderem eine Biotoptypenkartierung,<br />
die Auseinandersetzung mit<br />
erhaltenswerter Bausubstanz sowie die Feststellung<br />
des möglichen Maßes der baulichen<br />
Nutzung mit ein.<br />
2. Betrachtung des städtebaulichen<br />
Umfeldes in einem Radius<br />
von ca. 1000 m:<br />
Dazu gehörte unter anderem die Prüfung der<br />
Verkehrssituation und der Anbindung an den<br />
ÖPNV, die Ausstattung des Gebietes mit sozialer<br />
Infrastruktur und eine Untersuchung des<br />
Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Kulturangebots.<br />
Mit Hilfe dieser Informationen konnten wesentliche<br />
und im Sinne der ökologischen Stadtplanung<br />
vorteilhafte Standortbedingungen<br />
für eine zukünftige Bebauung ermittelt werden.<br />
Denn entscheidend sind z. B. die Vermeidung<br />
von Neuversiegelungen und die Minimierung<br />
des motorisierten Individualverkehrs, um so<br />
einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes<br />
durch PKWs zu leisten.<br />
Die Analyse der aufgenommenen Informationen<br />
sollte im nächsten Arbeitsschritt in besonderer<br />
Weise erfolgen. Zu diesem Zweck wurde eine<br />
umfangreiche Bewertungsmatrix entwickelt, die<br />
auf die im nächsten Kapitel eingegangen wird.<br />
87
88<br />
Niederschöneweide - Spindlersfeld<br />
Bestandsaufnahme
90<br />
Friedrichshagener Straße - Wendenschloßstraße<br />
Bestandsaufnahme
Die Bewertungsmatrix<br />
Im Hinblick auf den allgemeinen und globalen<br />
Klimaschutz und einer diesem Anspruch gerecht<br />
werdenden Stadtplanung, sollte ein Instrument<br />
entwickelt werden, mit dem ökologische und<br />
nachhaltige Standortentscheidungen getroffen<br />
werden können. Mit Hilfe dessen, soll ein Bauen<br />
auf der „grünen Wiese“, die Neuinanspruchnahme<br />
von unversiegelten Flächen, vermieden<br />
werden. Stattdessen sollten beispielsweise<br />
brachliegende Industrieflächen oder vorher<br />
andersweitig genutzte Flächen beplant werden,<br />
um entstandene Lücken zu revitalisieren.<br />
Mit Hilfe der Bewertungsmatrix ist ein solches<br />
Instrument gegeben, um bei mehreren in Frage<br />
kommender Standorte als Entscheidungshilfe,<br />
im Sinne einer ökologischen und nachhaltigen<br />
Stadtplanung, zu dienen.<br />
Roter Faden „FNP-Bewertungsmatrix“<br />
Hintergrund<br />
Das Baugesetzbuch ist in größerem Umfang<br />
durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau<br />
(EAG Bau) vom 24. Juni 2004 (BGBl. I. S. 1359)<br />
geändert worden. Seitdem gilt, dass sowohl Flächennutzungs-<br />
als auch Bebauungspläne grundsätzlich<br />
einer Umweltprüfung bedürfen. Im<br />
Rahmen dieser Prüfung sind unter anderem die<br />
einschlägigen Aspekte des derzeitigen Umweltzustands<br />
zu ermitteln und daraus Prognosen<br />
über die Entwicklung des Umweltzustands bei<br />
Durchführung und bei Nichtdurchführung der<br />
Planung abzuleiten.<br />
Als Belange des Umweltschutzes, einschließlich<br />
des Naturschutzes und der Landschaftspflege,<br />
gelten insbesondere die unter § 1 Abs. 6 Nr. 7<br />
BauGB aufgeführten Punkte:<br />
a) die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden,<br />
Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen<br />
ihnen sowie die Landschaft und die biologische<br />
Vielfalt,<br />
b) die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der<br />
Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und<br />
der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des<br />
Bundesnaturschutzgesetzes,<br />
c) umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen<br />
und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung<br />
insgesamt,<br />
d) umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter<br />
und sonstige Sachgüter,<br />
93
Hintergrund<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
e) die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte<br />
Umgang mit Abfällen und Abwässern,<br />
f) die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die<br />
sparsame und effiziente Nutzung von Energie,<br />
g) die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie<br />
von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-,<br />
Abfall- und Immissionsschutzrechts,<br />
h) die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in<br />
Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur<br />
Erfüllung von bindenden Beschlüssen der Europäischen<br />
Gemeinschaften festgelegten Immissionsgrenzwerte<br />
nicht überschritten werden,<br />
i) die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen<br />
Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben<br />
a, c und d.<br />
Nach § 1 Abs. 5 BauGB sollen außerdem Bauleitpläne<br />
eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung,<br />
die die sozialen, wirtschaftlichen und<br />
umweltschützenden Anforderungen auch in<br />
Verantwortung gegenüber künftigen Generationen<br />
miteinander in Einklang bringt, ermöglichen<br />
und darüber hinaus eine dem Wohl der<br />
Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung<br />
gewährleisten.<br />
Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige<br />
Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen<br />
zu schützen und zu entwickeln,<br />
auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz,<br />
sowie die städtebauliche Gestalt und<br />
das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu<br />
erhalten und zu entwickeln.<br />
Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 BauGB bezieht sich die<br />
Umweltprüfung auf das, was nach gegenwärtigem<br />
Wissensstand und allgemein anerkannten<br />
Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad<br />
des Bauleitplans angemessenerweise<br />
verlangt werden kann.<br />
Die Begutachtung verschiedener Umweltberichte,<br />
und zwar sowohl auf der Ebene der<br />
Flächennutzungsplanung als auch auf der Ebene<br />
des B-Plans, hat zu der Erkenntnis geführt,<br />
dass der Aspekt des allgemeinen Klimaschutzes<br />
jedenfalls im Rahmen von Umweltprüfungen<br />
kaum eine Rolle spielt. Zwar werden viele Aspekte<br />
der Kleinklimabeeinflussung beschrieben<br />
und unmittelbare Emissionswirkungen in Folge<br />
der Bauleitplanung werden berechnet, doch die<br />
Verantwortung für den globalen Klimaschutz<br />
bleibt weitgehend ausgeklammert. Dies dürfte<br />
in erster Linie damit zusammenhängen, dass es<br />
bislang keine angemessenen Prüfmethoden zur<br />
Berechnung dieses Aspektes gibt. Im Übrigen gibt<br />
das BauGB Kommunen mit der Bauleitplanung<br />
ein Instrument an die Hand, das Ihnen – wie es<br />
in Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes heißt – das<br />
Recht einräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen<br />
Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in<br />
eigener Verantwortung zu regeln. Dementsprechend<br />
verhalten sich auch die umweltrelevanten<br />
Behörden und sonstigen Träger öffentlicher<br />
Belange im Rahmen von Beteiligungsverfahren<br />
nach dem BauGB – sie konzentrieren sich vornehmlich<br />
auf die Schutzgüter des § 1 Abs. 6 Nr.<br />
7 BauGB. Die zuständigen Immissionsschutzbehörden<br />
hinterfragen Pläne in Bezug auf Lärm<br />
und sonstige Immissionskonflikte, z.B. durch zu<br />
nah aneinanderrückende, sich gegenseitig störende<br />
Nutzungen. Naturschutzbehörden und<br />
–verbände richten den Fokus vor allem auf Flora<br />
und Fauna. Der „allgemeine Klimaschutz“ bleibt<br />
in der Praxis unterbelichtet.<br />
Diesem Gedanken folgend stehen Aspekte gesamtklimatischer<br />
Folgewirkungen von Planung<br />
(noch) nicht im Fokus der Betrachtung der Bauleitplanung.<br />
Das Studienprojekt „stadtplanung in treptowkÖpenick“<br />
hat im Rahmen seiner Projektarbeit<br />
eine Bewertungsmatrix „zur umweltgerechten<br />
Steuerung von Plangebieten mit Wohnfunktionen“<br />
entwickelt, die sich dieser Problematik annimmt.<br />
Im Zuge dieser Bewertungsmatrix, die sich in<br />
erster Linie an Planerinnen und Planer wendet,<br />
sollen neben all den anderen umweltrelevanten<br />
Aspekten gerade auch die Auswirkungen von<br />
Planung auf Treibhaus beeinflussende Klimagase<br />
betrachtet werden.<br />
Warum eine Bewertungsmatrix auf der Ebene<br />
der Flächennutzungsplanung<br />
14 % der weltweit freigesetzten Treibhausgase ent-<br />
94
fallen auf den Transport<br />
18 % auf die Bodennutzung,<br />
24% auf die Energiegewinnung und<br />
8 % auf Gebäude-Heizungen.<br />
All dies sind unmittelbar mit der Planung im Zusammenhang<br />
stehende Aspekte Dies gilt insbesondere<br />
für den Verkehr, denn die Ausweisung<br />
von Bauflächen auf der Ebene der Flächennutzungsplanung<br />
zieht neue Stadtstrukturen und<br />
somit neue Verkehrsströme nach sich. Daher ist<br />
bei der Stadtplanung von entscheidender Bedeutung,<br />
dass gerade die Neuausweisung von<br />
Baugebieten auf ihre verkehrsinduzierende Wirkung<br />
hin überprüft werden muss. Genau diese<br />
Möglichkeit bietet das neu entwickelte Tool der<br />
FNP-Bewertungsmatrix.<br />
Denn im Unterschied zu anderen Matrices dieser<br />
Art wird hierbei neben den gängigen und in<br />
Umweltprüfungen regelmäßig abgearbeiteten<br />
Belangen (Schutzgut Wasser, Boden, Fauna und<br />
Flora, Mensch …) insbesondere der Aspekt des<br />
CO²-Ausstoßes einbezogen,<br />
indem wesentliche Rahmenbedingungen<br />
des Verkehrs<br />
bewertet werden. Mit Hilfe<br />
des Web- basierten Computerprogramms<br />
soll es Planerinnen<br />
und Planern erleichtert<br />
werden, bereits auf der<br />
Ebene der vorbereitenden<br />
Bauleitplanung (Flächennutzungsplanung)<br />
Stadtentwicklungsentscheidungen<br />
zu treffen,<br />
die auch im Hinblick auf<br />
den allgemeinen Klimaschutz<br />
ökologisch vernünftig sind.<br />
Die neu entwickelte Bewertungsmatrix<br />
soll also helfen,<br />
dass zukünftig bei Standortentscheidungen<br />
auf der Ebene<br />
des Flächennutzungsplans<br />
neben den üblichen Schutzgütern<br />
auch Fragen des allgemeinen<br />
Klimaschutzes beachtet<br />
werden.<br />
Sie soll von planenden Kommunen als Entscheidungsgrundlage<br />
genutzt werden.<br />
Das Programm ermöglicht neben der Einspeisung<br />
der erforderlichen Rahmendaten zur<br />
Gebietsbewertung auch eine Protokollführung.<br />
Diese ist wichtig, um klarzustellen, dass bestimmte<br />
Flächen nur unter Berücksichtigung im<br />
Protokoll festzuhaltender Bedingungen für eine<br />
Entwicklung in Frage kommen. Während sich<br />
demzufolge die Notenvergabe am Ist-Zustand<br />
des jeweiligen Plangebietes orientiert, sollen im<br />
Protokoll insbesondere diejenigen Maßnahmen<br />
oder Bedingungen festgehalten werden, die im<br />
Rahmen einer weiterführenden Planung z.B. auf<br />
der Ebene des Bebauungsplans zu beachten<br />
wären. Die Inhalte des Protokolls können daher<br />
in spätere Aufstellungsbeschlüsse zu Bebauungsplänen<br />
einfließen.<br />
Aufbau der Bewertungsmatrix<br />
(www.fnp.bewertungsmatrix.de)<br />
6.1. Das erste Kriterium der Bewertungsmatrix<br />
95
Hintergrund<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Anwendung der<br />
Bewertungsmatrix auf das<br />
Plangebiet<br />
Im Februar 2008 wurden die Ergebnisse der<br />
Bestandsaufnahme zu den vier Untersuchungsgebieten<br />
in Treptow-Köpenick, die für eine städtebauliche<br />
Entwicklung grundsätzlich in Frage<br />
kommen, in das Programm zur FNP-Bewertungsmatrix<br />
eingegeben. Dabei ergab sich folgendes<br />
Bild:<br />
Unabhängig vom Plangebiet bestand stets die<br />
Absicht und der Anspruch des Studienprojektes<br />
darin, die größte Herausforderung zu suchen<br />
und dementsprechend „schwierige“ Gebiete<br />
zu beplanen. Mit dem Blick auf die Bewertungsmatrix,<br />
wäre dies das Gebiet in Spindlersfelde<br />
gewesen, da hier die „schlechteste“ Note erzielt<br />
wurde. Eine große Brachfläche, die vorher<br />
industriell geprägt war und alten Baubestand,<br />
der teilweise abgetragen wurde, aufweist. Da<br />
sich aber durch das teilweise<br />
Abtragen der ehemaligen<br />
Industriebauten und einer<br />
Bodensanierung die Vegetation<br />
stetig erholt, hielten wir<br />
es für ökologisch bedenklich<br />
entsiegelte Fläche zu versiegeln.<br />
Insofern gaben hier die<br />
in der Bewertungsmatrix erzielten<br />
Werte eine deutliche<br />
Entscheidungshilfe zu Gunsten<br />
ökologischer Belange.<br />
6.2. Die Auswertung des Vergleichs der Plangebiete des Projektes<br />
Beschluss des Studienprojektes<br />
für ein Plangebiet von vier möglichen<br />
In den darauf folgenden Sitzungen hat das Studienprojekt<br />
mehrheitlich beschlossen, ein städtebauliches<br />
Konzept, einen B-Planentwurf einschließlich<br />
Umweltprüfung für das Plangebiet an<br />
der Friedrichshagener Straße zu entwickeln.<br />
Des Weiteren hielt die oben<br />
genannte Suche nach der<br />
Herausforderung das Projekt<br />
von einer Beplanung des in<br />
der Bewertungsmatrix am<br />
besten abgeschnittenen Gebietes,<br />
Niederschöneweide,<br />
ab.<br />
Die Planung sollte demnach<br />
auf dem Plangebiet der Wendenschloßstraße<br />
stattfinden.<br />
Hierfür wurden im ersten<br />
Schritt Entwurfsskizzen entwickelt<br />
und eine erneute und<br />
detailliertere Ortsbegehung vorgenommen. Da<br />
kurz darauf bekannt wurde, dass genau auf dem<br />
zu beplanenden Gebiet in Kürze ein Lebensmittelmarkt<br />
errichtet werden soll, wurden die Planung<br />
fallen gelassen und sich dem Gebiet entlang<br />
der Friedrichshagener Straße gewidmet.<br />
Die Planung des Gebiets entlang der Friedrichshagener<br />
Straße wurde letztendlich auch deshalb<br />
vorgenommen, weil hier ein ganzen Bündel an<br />
96
z.B. ökologischen Herausforderung vorzufinden<br />
war.<br />
So weist das ehemals industriell genutzte Plangebiet<br />
mit einen vegetationsreichen Uferstreifen<br />
reichhaltige Biotoptypen, wie geschützten und<br />
seltenen Ulmen auf. Eine weitere Schwierigkeit<br />
bestand darin, dass das Gebiet, durch die Friedrichshagener<br />
Straße und der Salvador- Allende-<br />
Brücke, einer erheblichen Lärmbelastung ausgesetzt<br />
ist und somit lärmmindernde Maßnahmen<br />
getroffen werden mussten. Ferner sollte auf der<br />
relativ kleinen Fläche ein ökologisch vertretbares<br />
und nachhaltiges Energiekonzept mit Hilfe<br />
von u.a. Solarenergie und Geothermie realisiert<br />
werden.<br />
Faith, unser amerikanisches Projektmitglied, hat<br />
sich mit der eben vorgestellten Bewertungsmatrix<br />
näher befasst und die FNP-Bewertungsmatrix<br />
ins Englische übersetzt. Da nicht nur wir<br />
sondern auch weltweit ökologisch geplant werden<br />
soll, sorgen wir neben eingeholter Expertenmeinungen<br />
auch mit der englischen Version,<br />
dass unsere Bewertungsmatrix international genutzt<br />
werden kann und bekannt wird. So stellt<br />
Faith diese im September 2008 in Oslo bei der<br />
Council for European <strong>Urban</strong>ism Konferenz „<strong>Urban</strong><br />
<strong>Design</strong> and Climate Change“, im Rahmen<br />
einer vergleichenden Studie, vor. Einen kurzen<br />
Eindruck ihrer Vorstellung gibt der folgende von<br />
ihr verfasste Bericht. In diesem Text vergleicht<br />
sie die LEED-ND (eine renommierte US-Beispielsstudie)<br />
mit unserer erstellten Bewertungsmatrix.<br />
Der Klimawandel ist ein großes Problem, deshalb<br />
soll man ökologische Gebäude bauen und<br />
ökologische Orte schaffen. Aber was ist ein<br />
ökologischer Ort Jetzt beginnt eine globale<br />
Suche, einen ökologischen Ort zu definieren.<br />
Der größte Versuch ist LEED for Neighborhood<br />
Development (LEED-ND), welches ein<br />
Bewertungssystem aus den USA ist und sich<br />
momentan in der Pilot Projekt Phase befindet.<br />
Dieses System ist vergleichbar mit der<br />
Bewertungsmatrix vom Projekt „stadtplanung<br />
in treptow-kÖpenick“. Allerdings ist LEED-ND<br />
für ein ganzes Projekt konzipiert, von der Standortentscheidung<br />
bis zur Realisierung. Die Stadt<br />
oder der Entwickler kann sich für dieses Programm<br />
anmelden um ein LEED-ND Zertifikat<br />
zu bekommen. Im Gegensatz zu LEED-ND ist<br />
die Bewertungsmatrix ein Instrument für ein<br />
Stadtplanungsamt um bei dem Entscheidungsprozess<br />
zu helfen, welcher Standort für einen<br />
neuen Bebauungsplan ökologisch am sinnvollsten<br />
ist. Dennoch weisen die Kriterien in der<br />
Bewertungsmatrix und LEED-ND Überschneidungen<br />
auf. Eine Vergleichsrechnung zwischen<br />
LEED-ND und die Bewertungsmatrix zeigt,<br />
welche Beurteilungskriterien international sind<br />
und welche Beurteilungskriterien nur für ein<br />
bestimmtes Land geeignet sind.<br />
Die überdeckenden Kriterien sind gängige Lösungen<br />
für eine nachhaltige Stadt. Das bedeutet<br />
ein Standort wird ausgewählt nach der vorhandenen<br />
Bodenbeschaffenheit und Versiegelung,<br />
die Nähe zu einem Orts- oder Stadtteilszentrum,<br />
mit einem guten ÖPNV-Angebot und eine<br />
hohe Fahrradtauglichkeit. Die Bewertungsmatrix<br />
bewertet die Erreichbarkeit des täglichen<br />
Bedarfs, die soziale Infrastruktur und die Freizeitmöglichkeiten.<br />
LEED-ND hat eine ähnliche<br />
Liste mit „vielfältige Nutzungen“, die in der<br />
Nähe sein sollen. Andere Faktoren sind hohe<br />
Dichte, Regenwasserversickerung, Biotopschutz,<br />
geringer Kleinklimaeffekt, erneuerbare Energiemöglichkeiten<br />
und wenig Lichtbelastung.<br />
Im Allgemeinen sind die Kriterien der Bewertungsmatrix<br />
höher, als die der LEED-ND. Zum<br />
Beispiel fordert die Bewertungsmatrix einen<br />
Vergleich zwischen ÖPNV und Autoverkehr,<br />
in einer stärkeren Richtlinie als LEED-ND. Bei<br />
LEED-ND kann der ÖPNV nicht so hoch bewertet<br />
werden, weil nicht jede Stadt einen<br />
ÖPNV hat. Andererseits hat LEED-ND einen<br />
97
Kleine Überschrift<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
breiteren Umfang bei den sozialen Kriterien,<br />
wie z. B. erschwingliche Wohnungen und Barrierefreiheit<br />
für Behinderte, als die Bewertungsmatrix.<br />
Trotz einiger Unterschiede haben die beiden<br />
Systeme den gleichen Blick hinsichtlich einer<br />
ökologischen und nachhaltigen Stadt. Jedes<br />
Bewertungsystem muss den unterschiedlichen<br />
Kontext eines Landes beachten. Aber es ist<br />
möglich internationale Ziele und Kriterien festzustellen.<br />
Wenn diese ökologischen Standortbewertungssysteme<br />
in der Welt weiterentwickelt<br />
werden, können diese Systeme von einander<br />
lernen und Best Practice Wissen weitergeben.<br />
Der nun folgende Text “SUSTAINABLE NEIGH-<br />
BORHOOD RATING SYSTEMS” (Bewertungssysteme<br />
für nachhaltige Wohngegenden)<br />
ist die umfangreiche Ausarbeitung der von Faith<br />
erstellten Studie. Hier werden detailliert alle<br />
wichtigen Unterschiede der beiden LEED-ND<br />
und der FNP-Bewertungsmatrix vorgestellt<br />
und erläutert. So gibt es einen grundlegenden<br />
Unterschied zwischen beiden Systemen: LEED-<br />
ND ist ein in großem Umfang, von bedeutenden<br />
gemeinnützigen Organisationen mit 238<br />
Pilotprojekten, erstelltes Beurteilungs-Klassifizierungs-System.<br />
Dagegen entstand die FNP-Bewwertungsmatrix<br />
in einem kleineren Umfang im<br />
Zuge des Universitätsprojektes „stadtplanung in<br />
treptow-kÖpenick“. Außerdem sind beide Systeme<br />
in ihrem jeweiligen landeseigenen Regeln<br />
und Vorschriften, gesetzlichen Bestimmungen<br />
und nach den üblichen Methoden erarbeitet<br />
worden.<br />
Dennoch, trotz einiger Unterschiede in Umfang<br />
und Inhalt, verfolgen beide Systeme ähnliche<br />
Ziele und bewerten in erster Linie die gleichen<br />
Kriterien bezüglich der Umweltverträglichkeit<br />
Abstract<br />
Sustainable neighborhood rating systems:<br />
An international comparison<br />
I. Introduction<br />
Climate change requires cities to reduce resource<br />
use, vehicle travel and open space loss,<br />
which sustainable neighborhood rating systems<br />
aim to measure. This paper compares two rating<br />
systems, the U.S. LEED for Neighborhood<br />
Development (LEED-ND) and the German<br />
Assessment Matrix. The analysis finds there are<br />
universal goals of sustainable neighborhoods, yet<br />
unique problems due in part to the context of<br />
each country. The relationship between transportation<br />
and land use is particularly insightful;<br />
the concept of “reachability” evaluates the ability<br />
of a person to get to common destinations<br />
using sustainable modes of transport such as<br />
walking, bicycling or taking transit.<br />
Global warming and world resource depletion<br />
have accelerated to worldwide concerns that<br />
must be addressed. However, as the business<br />
adage goes, you cannot manage what you cannot<br />
measure. To measure and certify green buildings<br />
that use less energy and resources, rating<br />
systems have been developed around the world.<br />
Considering buildings are a major contributor<br />
to contribute to greenhouse gas emissions, this<br />
is an important first step. Yet the context of<br />
buildings – the neighborhood – influences the<br />
distance and frequency of transportation, which<br />
is another major contributor to greenhouse gas<br />
emissions. If the goal is to create neighborhoods<br />
that reduce vehicle travel, open space loss and<br />
overall resource use, what are the best metrics<br />
to define a “sustainable neighborhood” The<br />
98
following international comparison of sustainable<br />
neighborhood rating systems reveals universal<br />
goals, similar evaluation metrics and unique<br />
problems.<br />
The Problem<br />
Since the International Panel on Climate<br />
Change reports were released in 2007, global<br />
warming has been in the daily news worldwide.<br />
Buildings contribute to 38 percent of CO2<br />
emissions in the U.S. and 15 percent of global<br />
greenhouse gas emissions. Transportation contributes<br />
another 33 percent to CO2 emissions<br />
in the U.S. and 14 percent of global greenhouse<br />
gas emissions. Most of transportation emissions<br />
are due to auto travel: over 60 percent of the<br />
U.S. CO2 emissions from personal vehicle use.<br />
Land use change and forestry resulted in a net<br />
carbon sequestration representing an offset of<br />
approximately 13 percent of U.S. CO2 emissions;<br />
yet an 18 percent worldwide contribution<br />
to greenhouse gas emissions (EPA, 2006, World<br />
Resource Institute, 2005). Since 2006, this issue<br />
has been presented as a challenge that the building<br />
industry – architects, developers, engineers<br />
and planners – must address together. However,<br />
starting now in 2008, we should no longer need<br />
to restate the problem to each other. We must<br />
move past talking about the problem and start<br />
talking about how to implement the solutions.<br />
Rating Systems<br />
Green building rating systems have proliferated<br />
around the world and international organization<br />
among them is increasing. The World Green<br />
Building Council is coordinating the efforts of<br />
the twelve existing green building councils and<br />
five emerging councils. The best known systems<br />
are LEED (Leadership in Energy and Environmental<br />
<strong>Design</strong>) by the U.S. Green Building<br />
Council and BREEAM (British Building Research<br />
Establishment’s Environmental Assessment<br />
Method) by BRE in the U.K. The International<br />
Council of Shopping Centers launched an initiative<br />
to develop a BREEAM framework across<br />
Europe, with pilot projects to be implemented<br />
later this year. (Godding, 2008) In Germany, the<br />
DGNB (German Sustainable Building Council)<br />
has just introduced the DGNB-Certificate system<br />
with higher standards and more in depth<br />
analysis than other systems. The Sustainable<br />
Building Alliance, begun by a partnership of BRE<br />
in the U.K. and CSTB in France, plans to develop<br />
a common core for green building rating<br />
systems, identifying universal criteria common<br />
to all systems. (Larsson, 2008) As rating systems<br />
compete and collaborate, the trend toward<br />
higher and more widespread standards is clear.<br />
The most prominent effort to rate the sustainability<br />
of a neighborhood is LEED for Neighborhood<br />
Development (LEED-ND) although<br />
other systems are developing. LEED-ND was<br />
developed jointly by the U.S. Green Building<br />
Council (USGBC), the Congress for the New<br />
<strong>Urban</strong>ism (CNU) and the Natural Resources<br />
Defense Council (NRDC), respectively representing<br />
green building, new urbanism and<br />
smart growth interests. The U.K. has BREEAM<br />
for Developments, a lesser known system that<br />
currently under revision. Germany has several<br />
smaller efforts underway. One is the DGNB<br />
committee for People Friendly Environments,<br />
which envisions an extension of the DBNB<br />
certificate system for buildings. Another is the<br />
<strong>Urban</strong> Index by Professor Wolfgang Christ of<br />
the Bauhaus University in Weimar, which will<br />
be presented at the C.E.U. conference in 2008.<br />
Finally, the Assessment Matrix was developed<br />
by Bernhard Weyrauch of the Berlin Technical<br />
University and refined during an urban planning<br />
project class in which the author of this paper<br />
participated. The development of sustainable<br />
neighborhood rating systems is following the<br />
path of building rating systems, with future collaboration<br />
expected to increase.<br />
An International Comparison<br />
To further the international dialogue about sustainable<br />
neighborhood rating systems, this paper<br />
provides a comparison of two systems: the U.S.<br />
LEED-ND and the German Assessment Matrix.<br />
99
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
There are notable differences between the two<br />
systems: from former is a large-scale effort by<br />
three major nonprofit organizations with 238<br />
pilot projects while the latter is a small-scale<br />
university project. The systems were developed<br />
within the context of their respective countries’<br />
rules, regulations and standard practices. Yet despite<br />
the differences in scale and context, both<br />
systems have parallel goals and evaluate similar<br />
criteria focused primarily on environmental sustainability.<br />
The comparison of LEED-ND and the<br />
Assessment Matrix in this paper identifies universal<br />
principles of sustainable neighborhoods,<br />
differing country- or region-specific problems<br />
and best practices for evaluation standards.<br />
Ii. Rating system context and overview<br />
The Assessment Matrix and LEED-ND both<br />
address the city-related climate change issues<br />
– buildings, vehicle travel and land use change –<br />
by trying to lesson sprawl. Yet the differences in<br />
the planning and development context of Germany<br />
and the U.S. results in differing goals and<br />
standards.<br />
The Context<br />
Even though European cities have are considered<br />
more sustainable than their American counterparts,<br />
they also face the challenge of sprawl.<br />
A European Union report, <strong>Urban</strong> Sprawl and<br />
Europe, noted that low density suburban development<br />
in the periphery has become the<br />
norm over the past 20 years in Europe. Sprawl<br />
continues over the available land remaining,<br />
using large amounts of resources for relatively<br />
few people and leading to a loss of biodiversity<br />
(EU, 2006).<br />
In Germany, the character of sprawl may be a<br />
solely residential area near the edge of town<br />
that is located just too far to walk or bicycle to<br />
the town center and with neighborhood commercial<br />
limited to an Aldi at the edge of town.<br />
This picture is still quainter than the image of<br />
the American suburb with large vinyl McMansions<br />
on cul-de-sacs that are located a 20 minute<br />
drive along 8-lane arterials away from a<br />
paradise of big box retail. The former is only<br />
moderately automobile dependant; the latter is<br />
completely automobile dependant and consumes<br />
more land per person.<br />
Planning History<br />
Germany and the U.S. share a history using<br />
zoning; indeed Germans invented the concept<br />
of dividing the city into residential and industrial<br />
zones which influenced American planners.<br />
German planners originally focused more<br />
on the control of noxious industry, relief from<br />
crowding and the protection of countryside;<br />
U.S. planners shared these goals to some extent<br />
but also concentrated on the protection<br />
of single-family housing. The resulting German<br />
regulations mainly considered bulk and density<br />
and the U.S. primarily evaluated land use incompatibility<br />
(Hirt, 2007). Bernhard Weyrauch, the<br />
main author of the Assessment Matrix, described<br />
the current German planning and cultural<br />
attitude as accepting of some conflict. People<br />
are willing to tolerate some noise in exchange<br />
for the benefit of increased proximity to everything<br />
one needs. Mixed-use neighborhoods are<br />
in the norm in Germany.<br />
However, in the U.S., mixed-use is a recent innovation.<br />
As David Godschalk describes, “The<br />
big news in American city planning is that urban<br />
design has replaced lawyerly limit-setting as<br />
the major reason for regulating development…<br />
major new tools for shaping cityscapes [include]<br />
traditional neighborhood development, mixeduse<br />
districts, and form-based zoning.” (Godschalk,<br />
2007) While mixed-use development is<br />
certainly an increasing trend, it still remains a<br />
small part (5-7 percent) of a typical zoning map<br />
(Hirt, 2007).<br />
Zoning Regulations<br />
Germany has a national building law that regulates<br />
the planning and development process.<br />
This national law defines the standards and process<br />
for land use plans, zoning districts and the<br />
100
Bebauungsplan, or “B-plan.” Germany has 10<br />
zoning districts: classified as residential, mixeduse,<br />
commercial and special. In the residential<br />
and mixed-use districts, local commercial is<br />
permitted (either by right or conditional) and<br />
required, respectively. (See Table 1) As a result,<br />
most areas have varying levels of mixed-use.<br />
The “B-plan” is a legally binding local plan that<br />
regulates the specific type and degree of building<br />
and land use. Typically initiated by the local<br />
planning authority, B-plans usually cover an area<br />
from block to several blocks. In locations without<br />
a B-Plan, the use of the property is regulated<br />
by the underlying zoning and must generally<br />
match the surrounding uses in the direct area.<br />
In comparison to American regulations, B-Plans<br />
are most similar to the regulating plans used in<br />
form-based codes and planned unit development<br />
ordinances that also have greater detail at<br />
the block and building level.<br />
The American planning system is characterized<br />
by strong local planning control. The only federal<br />
involvement was the 1921 zoning enabling<br />
act that authorized local governments to divide<br />
territory into districts. As a result, the dominating<br />
land use regulation in the U.S. is the unique<br />
zoning code of each municipality. Despite some<br />
variety between codes, most suburban codes<br />
include strictly separated uses, low permissible<br />
housing densities, large building setbacks and<br />
high minimum parking requirements. Efforts at<br />
increasing mixed-use have include new mixeduse<br />
zones, new form-based code zones (that<br />
allow a rezoning from the old code to the new<br />
code), and occasionally rewrites of entire zoning<br />
codes.<br />
Transportation Planning<br />
Public policy in Germany has supported walking,<br />
bicycling and transit use with increased funding<br />
and infrastructure while restricting automobile<br />
use mainly through high taxes. Metropolitan<br />
wide transit systems are standard, with large<br />
subsidies that enable high-quality service for<br />
low ticket prices. However, German has levels<br />
of automobile ownership only 10 percent lower<br />
than the U.S. and an extensive autobahn<br />
system between cities. Yet transit use has increased<br />
in a case study of three cities, Muenster,<br />
Freiburg and Munich due in part to major improvements<br />
in public transit systems and bicycle<br />
networks. In Munich public transit rose from 19<br />
percent in 1976 to 25 percent in 1995; bicycling<br />
doubled from 6 percent to 14 percent. Freiburg<br />
showed similar results between 1976 and 1994:<br />
transit use rose from 22 percent to 26 percent,<br />
bicycling rose from 18 percent to 28 percent,<br />
and the share of automobile travel fell from 60<br />
percent to 46 percent (TCRP, 1998).<br />
After 50 years of highway building, most U.S.<br />
cities are now car dependant. Transportation<br />
is funded primarily from gas and vehicle taxes<br />
(TCRP, 1998) with 80 percent dedicated to<br />
highways and roads and 17 percent for transit<br />
(Farr, 2008). In the U.S., transit expansion is<br />
in planning stages or underway in most major<br />
metropolitan areas. Federal funds for transit are<br />
limited so transit projects line up and “wait in<br />
line” for several years before receiving funding<br />
in a competitive process. In response to gas prices<br />
rising over 2007, American transit use had<br />
the highest number of rides taken in 50 years.<br />
(APTA, 2008)<br />
The Role of the Rating System<br />
In Germany, the city has a much stronger role<br />
in the development process than in the U.S.,<br />
with the ability to shape development more<br />
closely through the B-Plan process and more<br />
active participation in the buying and selling of<br />
land it wants to have developed. Public-private<br />
partnerships are also much more common in<br />
Germany as governments take an active role<br />
in shaping development. In the U.S., the private<br />
sector tends to take a lead role, with greater<br />
involvement in the planning process and local<br />
infrastrucature layout.<br />
Continuing to create auto-dependant areas will<br />
only increase carbon dioxide emissions; addressing<br />
sprawl is necessary to reduce the emissions<br />
that cause climate change. Yet both Europe and<br />
America need to align government and market<br />
101
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
forces to shift away from this form of development<br />
if they want to reduce the requirement for<br />
vehicle travel in areas were only sprawl exists. A<br />
neighborhood rating system offers a reason to<br />
deviate from the status quo, a marketing tool<br />
that shows “quality” in new development.<br />
About the Rating Systems<br />
The goals of LEED-ND and the Assessment<br />
Matrix have many overlapping goals from the<br />
provision of transit and daily goods to the preservation<br />
of natural habitats. It should be noted:<br />
The Assessment Matrix is best categorized as<br />
a “green” rating system, meaning that it only<br />
focuses on the environmental principles of sustainability.<br />
LEED-ND, although focused primarily<br />
on environmental aspects, does take a broader<br />
view to consider some of the social aspects of<br />
sustainability.<br />
LEED-ND Goals<br />
Currently in its pilot period, LEED-ND is a neighborhood<br />
rating system created to spur market<br />
change. Like LEED rating systems for buildings,<br />
LEED-ND certification offers a third-party verification<br />
that a project achieves high benchmarks<br />
for environmentally sustainable development.<br />
LEED-ND creates a standard of “quality” in the<br />
market, rewarding developers that meet the<br />
standard a seal of approval and giving them an<br />
incentive to stretch beyond conventional site<br />
design practices. Furthermore, LEED-ND encourages<br />
municipalities and other local authorities<br />
to change their regulations that do not permit<br />
the smart growth or new urbanist standards.<br />
Of three potential LEED-ND projects analyzed<br />
(Stapleton, Noisette and Bloomington Central<br />
Station), all projects required new zoning to be<br />
written for the project (Cable, 2007). By setting<br />
standards that go against conventional regulations,<br />
LEED-ND creates an incentive to change<br />
zoning codes so a quality project is permissible.<br />
Assessment Matrix Goals<br />
The Assessment Matrix was created to help city<br />
planners respond to climate change concerns.<br />
Developed by Bernhard Weyrauch of the Berlin<br />
Technical University, the Assessment Matrix<br />
was refined during a planning course in which<br />
the author participated. The Assessment Matrix<br />
rates potential development locations in order<br />
to identify the best places to prepare new local<br />
B-plans. Considering the main tool of the local<br />
planner created by Germany’s national building<br />
law is the B-Plan, the Assessment Matrix targets<br />
one of the main ways to shape growth in<br />
Germany. The rating system is still undergoing<br />
revisions and plans are underway to determine<br />
the best way to integrate the Assessment<br />
Matrix into the German planning process. The<br />
Assessment Matrix is intended to be applicable<br />
throughout Germany for metropolitan areas,<br />
smaller cities and towns.<br />
Rating System Process<br />
LEED-ND can be initiated by developers or<br />
local governments and allows projects to be<br />
certified in a three stage process. Stage One is<br />
an Optional Pre-review for projects before the<br />
entitlement process; Stage Two is the Certification<br />
of an Approved Plan which is available after<br />
the project receives all entitlements and other<br />
approvals needed to build the project; and Stage<br />
Three is the Certification of a Completed<br />
Neighborhood Development that occurs when<br />
construction is complete. Similar to other LEED<br />
green building rating systems, LEED-ND has a<br />
few prerequisites and many credits. LEED-ND<br />
has specific criteria, often requiring GIS-based<br />
calculations and mapping procedures that<br />
produce a precise score. During the pilot phase,<br />
there is no size restriction to the size of a<br />
“neighborhood,” therefore there is no minimum<br />
or maximum project size.<br />
The Assessment Matrix is designed to be an informal<br />
tool primarily for municipal planners. In<br />
its present form, it allows potential locations to<br />
be analyzed quickly and compared on an interactive<br />
website. Some data gathering is necessary<br />
but the process does not require the extensive<br />
102
documentation of LEED-ND.<br />
Points vs. Grades<br />
By using a generalized analysis, the results of the<br />
Assessment Matrix are more subjective whereas<br />
LEED-ND draws a bright line between what<br />
achieves a point and what is not based on a specific<br />
calculation. The Assessment Matrix allows<br />
for more professional judgment in the rating<br />
process however without more specific criteria<br />
in some areas, it would be difficult to implement<br />
in a certification process. The advantage to the<br />
Assessment Matrix approach is that is rates all<br />
criteria, giving poor notes to areas that do not<br />
meet the rating system goals and also allowing<br />
for a gradation between good and bad. LEED-<br />
ND allows areas where rating system goals<br />
were not achieved to go unaddressed, which<br />
become areas where no points are scored. Additionally,<br />
with the bright line drawn in the LEED<br />
rating process there is no reflection of the gradation<br />
between positive and negative attributes<br />
that occurs in reality.<br />
Main Categories<br />
The neighborhood rating systems are organized<br />
quite differently. LEED-ND has opted arrange<br />
its system by a three-part process: choosing<br />
a site, then creating a master plan for the site<br />
and finally designing the building and site details<br />
which reflects the development process of<br />
most projects. This three-part system also corresponds<br />
with three co-authors – NRDC, CNU<br />
and USGBC – and their respective interests:<br />
smart growth, urbanism and green building.<br />
The categories of LEED-ND are:<br />
I. Smart Location & Linkage (30 points)<br />
II. Neighborhood Pattern & <strong>Design</strong> (39<br />
points)<br />
III. Green Construction & Technology (31<br />
points)<br />
IV.<br />
Innovation & <strong>Design</strong> Process (6 points)<br />
In contrast to LEED-ND, the Assessment Matrix<br />
is arranged thematically. Since the Assessment<br />
Matrix focuses on location choice, it is most<br />
closely related to the first category of LEED-<br />
ND however it does address issues raised in<br />
the other categories. The main categories of the<br />
Assessment Matrix are:<br />
1. Mobility/Location/Reachability (30%)<br />
2. Emissions (10%)<br />
3. Microclimate (5%)<br />
4. Ground & Area (new) Utilization (20%)<br />
5. Nature (Flora & Fauna) (15%)<br />
6. Water (10%)<br />
7. Energy (5%)<br />
8. Place & Landscape View (5%)<br />
IIi. Comparison of rating system<br />
criteria<br />
In order to compare two systems which are organized<br />
in completely different ways, new thematic<br />
categories were developed. They are:<br />
1. Location and Previous Use<br />
2. Transportation and Reachability<br />
3. Compact and Walkable <strong>Design</strong><br />
4. Conservation and Restoration of the Environment<br />
5. Social Issues<br />
6. Resource Efficiency<br />
7. Pollution<br />
Due to fundamental differences between rating<br />
systems, the criteria don’t always align solely<br />
within one category. The separation of “diverse<br />
uses” and “mixed-use” is the best example: the<br />
former is included in Transportation and Reachability<br />
to measure the time-distance travel to<br />
these common goals; the latter is included with<br />
Compact and Walkable <strong>Design</strong> since it analyzes<br />
the density of a particular place. Mixed-use development<br />
is created by including diverse uses,<br />
yet it becomes easier to distinguish between<br />
the users’ experience and the planners’ calculation<br />
when travel distances and density are measured<br />
separately.<br />
103
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
In this evaluation, the criteria for earning LEED-<br />
ND points are compared and contrasted with<br />
the criteria that receive the best to worst grade<br />
by the Assessment Matrix. Some heavily weighted<br />
criteria will also be noted for credits over<br />
two points in LEED-ND and above six percent<br />
in the Assessment Matrix. (For a complete comparison<br />
of all credits, see Appendix 1)<br />
1. Location and Previous Use<br />
regarding previous site use is if the site is a<br />
brownfield. Brownfield credits address remediation,<br />
their redevelopment in low-income areas,<br />
and extensive cleanup of brownfield soil. The<br />
Assessment Matrix goes into detail rating the<br />
previous use of the site, using a gradation of<br />
over 20 different site uses. This rating, with a 14<br />
percent weight, gives the best score for using<br />
completely built-up locations with impervious<br />
surface and the worst score to using forests or<br />
protected natural areas.<br />
The Location and Previous Use category focuses<br />
on the where the project is located in relation<br />
to the surrounding area and the degree of<br />
prior development. The goal is to previously developed<br />
sites in relatively central locations with<br />
transit and services nearby. Discouraged is the<br />
use of greenfield sites in remote locations.<br />
Site Location<br />
Both rating systems address project location:<br />
LEED-ND favors urban infill sites with infrastructure<br />
and some services while the Assessment<br />
Matrix prioritizes proximity to a neighborhood<br />
center. In LEED-ND, the minimum requirement<br />
for a greenfield site is either adequate transit<br />
service, some diverse uses nearby or low vehicle<br />
miles traveled. Up to 10 additional points<br />
for site location are based on whether the site<br />
was previously developed, the amount of adjacent<br />
development surrounding the site, and the<br />
“urbanness” of the site as measured by street<br />
centerline density in the mile radius around<br />
the project. In contrast, the Assessment Matrix<br />
considers the plan location to be a mobility issue<br />
and ranks locations by time-distance to a<br />
neighborhood center when traveling by transit<br />
or bicycle, with an overall 9 percent weight for<br />
this criteria.<br />
Previous Site Use<br />
In LEED-ND, aside from categorizing a site<br />
as “previously developed” or “not previously<br />
developed,” the only additional consideration<br />
Infrastructure Provision<br />
Unique to LEED-ND is a prerequisite for locating<br />
a development where water and sewer<br />
infrastructure are located or planned to be located.<br />
This prevents a common practice in lowdensity<br />
areas where individual wells and septic<br />
systems are installed. The use of septic systems<br />
can pose health problems a failure allows sewage<br />
to enter underground water resources.<br />
2. Transportation and Reachability<br />
This category, Transportation and Reachability,<br />
reflects the relationship between transportation<br />
and the access it provides to different destinations.<br />
The first part includes the primary<br />
modes of eco-mobility that are encouraged:<br />
transit and bicycling (walking is considered in<br />
the next category) as well as the reduction of<br />
automobile travel. The second part, the concept<br />
of “reachability,” evaluates the quality of a location<br />
based on the time-distance by eco-mobility<br />
to common destinations such as jobs, shops,<br />
schools or parks. The concept of reachabilty is<br />
central to the Assessment Matrix; however in<br />
LEED-ND only the bicycle network and jobs<br />
and housing balance credits consider the destination<br />
and transportation together.<br />
Common destinations are measured by both<br />
systems; however the Assessment Matrix takes<br />
a more nuanced view toward types of destinations<br />
and their respective locations. LEED-ND<br />
has one category of “diverse uses” to measure<br />
104
all common destinations whereas the Assessment<br />
Matrix differentiates “daily needed goods,”<br />
social infrastructure and cultural offerings. For<br />
higher level goods and services, the Assessment<br />
Matrix evaluates the distance to a neighborhood<br />
center, which implies the presence of multiple<br />
retail and service businesses, good transit<br />
connections to the region and the “urbanness”<br />
that characterizes a city area.<br />
Transit<br />
LEED-ND gives credit for the number of transit<br />
rides provided on a weekday within a quarterto<br />
a half-mile (400-800 meter) walking distance,<br />
depending on the type of transit. To earn the<br />
minimum two points there must be at least 20<br />
rides on a weekday; for the maximum seven<br />
points there must be 500 or more rides. With<br />
a higher weight of 7.5 percent, the Assessment<br />
Matrix grades public transit by its competitiveness<br />
with auto travel and considers the following<br />
factors: type of transit, frequency, proximity to<br />
the station or stop, other stops along the line(s)<br />
and regional connections.<br />
The standard for public transit was one of the<br />
most contentious in the development of the<br />
Assessment Matrix. The original standard was a<br />
high score for a location within 200 meters (1/8<br />
mile) of an S-Bahn or U-Bahn (heavy rail) station,<br />
with lower scores for increased distance or<br />
a lesser form of transit such as a tram, followed<br />
by a bus. The lowest score was given if public<br />
transport did not exist within 1000 meters<br />
(5/8 mile). This standard is reflective of transit<br />
service in Berlin; however it was modified to accommodate<br />
smaller cities and towns where the<br />
need for public transport is smaller. The resulting<br />
standard is vaguer, but it takes into account<br />
more factors that contribute to transit quality<br />
than the LEED-ND standard.<br />
The transit standard listed above can be substituted<br />
by lower vehicle miles traveled in the project<br />
area. This is based on average vehicle miles<br />
traveled in the metropolitan area, awarding two<br />
to seven points for every 10 percentage points<br />
the project area is lower than the metropolitan<br />
area. Another LEED-ND credit is for creating a<br />
Transportation Demand Management Program,<br />
which may include solutions such as charging<br />
tolls or encouraging alternate work hours. This<br />
credit may also be achieved by providing subsidized<br />
transit passes or by providing transit<br />
service to destinations such as a commuter rail<br />
station or a shopping center.<br />
Bicycles<br />
LEED-ND provides a point for a bicycle network<br />
of at least 3 miles (4800 meters) which<br />
goes to at least four diverse uses and for offering<br />
bicycle parking. In the Assessment Matrix,<br />
a good score is achieved when bicycles are accommodated<br />
with an appropriate ground surface,<br />
connections between neighborhoods, safe<br />
traffic conditions and destinations along the way,<br />
and a poor score as these conditions decline.<br />
Access to Jobs<br />
The Jobs and Housing Balance credit in LEED-<br />
ND provides three points for either locating a<br />
project that includes new housing within a ½<br />
mile (800 meter) walk of existing jobs or locating<br />
new jobs on an infill location within a<br />
½ mile (800 meter) walk of a transit station<br />
and existing housing. Although the intent of<br />
this credit is important, access to the regional<br />
job market via transit in only considered when<br />
creating new jobs. Additionally, the possibility of<br />
creating both new jobs and housing within walking<br />
distance is not considered.<br />
Reduction of Auto Travel<br />
Reduced auto travel is only considered by LEED-<br />
ND, an option created for cities without transit.<br />
Access to Daily Needed Goods<br />
LEED-ND gives credit to projects that offer “diverse<br />
uses” within a ½ mile (800 meter) walk<br />
105
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
for at least half of the residents and businesses,<br />
offering up to four points for 10 diverse uses.<br />
The Assessment Matrix evaluates the access to<br />
“daily needed goods,” giving the highest score to<br />
a place where they are within walking distance<br />
and a mid-level score when they are within a<br />
10 minute bicycle or transit journey. LEED-ND’s<br />
“diverse uses” list has some services which are<br />
also considered “daily needed goods” in the<br />
Assessment Matrix such as a bank, pharmacy,<br />
restaurant and supermarket. (See Table 2 for<br />
a complete comparison.) However, the LEED-<br />
ND “diverse uses” list includes less frequented<br />
services such as a theater, a hardware store and<br />
a police/fire station. In the Assessment Matrix,<br />
the first two are considered appropriate for a<br />
neighborhood center location; the third is not<br />
addressed.<br />
It should be noted: German planning regulations<br />
use the standard of “daily needed goods,”<br />
specifying them as conditional uses in restricted<br />
residential zones and permitted uses in general<br />
residential and mixed-use zones. (See Table<br />
1 for a comparison of residential zoning.) The<br />
small scale retail allowed in general residential or<br />
mixed-use areas has a size limit of 1,200 square<br />
meters (13,000 square feet). However, German<br />
businesses have adapted to this scale of retail,<br />
from national chains to local businesses. While<br />
the determination of a “daily needed good” is at<br />
the discretion of a local planner, the application<br />
of it is not considered problematic – they are<br />
considered to be shops or services that most<br />
Germans frequent at least once per week.<br />
Access to Social Infrastructure<br />
and Cultural Offerings<br />
LEED-ND has a credit for providing a school<br />
within a ½ mile (400 meter) walk for at least<br />
half of the residents and considers day care as a<br />
“diverse use.” In the Assessment Matrix evaluation<br />
of social infrastructure, such as a school, day<br />
care and doctor, the best score is based on the<br />
ease of reachability and competitiveness of transit.<br />
The Assessment Matrix also has a separate<br />
category for cultural offerings such as a theater<br />
or museum, also measured by reachability and<br />
transit competitiveness. Once again, LEED-ND<br />
doesn’t differentiate cultural options but does<br />
include a theater with diverse uses.<br />
Access to Recreational Space<br />
For recreational space, LEED-ND offers credits<br />
for providing parks, squares, sports facilities or<br />
other recreational options within a 1/6-1/2 mile<br />
(130-400 meter), depending on the type of<br />
space. In the Assessment Matrix, the best score<br />
is given if there are at least two recreational<br />
options in close proximity; the score drops somewhat<br />
if recreational options can be reached<br />
within 10 minutes by bicycle or transit.<br />
3. Compact and Walkable <strong>Design</strong><br />
The Compact and Walkable <strong>Design</strong> category<br />
analyzes the density and urban design of a particular<br />
site. While both rating systems share the<br />
same goal of compact design with higher density,<br />
LEED-ND goes further in evaluating walkability.<br />
Density and Mixed-Use<br />
Common metrics are used to evaluate density:<br />
floor area ratio (FAR) and dwelling units (DU)<br />
per acre in LEED-ND an FAR and lot coverage<br />
ratio in the Assessment Matrix. LEED-ND has<br />
a prerequisite density of a 0.50 FAR for commercial<br />
buildings and 7 dwelling units per acre<br />
(2.8 units per hectare) for residential areas. This<br />
residential standard based on the minimum<br />
density to support basic bus service. (Pushkarev<br />
and Zupan 1977) This standard goes up to a<br />
3.5 FAR for commercial buildings or 70 dwelling<br />
unit per acre (2.8 units per hectare). The Assessment<br />
Matrix the best scores to residential<br />
areas with a lot coverage ratio of 60 percent<br />
and 1.8 FAR to mixed-use areas with an 80 percent<br />
lot coverage ratio and 2.4 FAR. The density<br />
standard is higher in LEED-ND, with a FAR of<br />
1.8 given the best rating for residential in the<br />
Assessment Matrix, yet it only scores three out<br />
106
of seven points in LEED-ND.<br />
<strong>Design</strong> and Walkability<br />
LEED-ND criteria for walkable design include<br />
providing building entries on a street, square<br />
or park (not on a parking lot), creating at least<br />
a 1:3 building height-to-street-width ratio and<br />
providing continuous sidewalks. After meeting<br />
the first set of criteria worth four points, an additional<br />
four points can be earned for additional<br />
elements. These elements include: buildings located<br />
near the property line (within 0-25 feet<br />
or 0-8 meters), frequent building entries, limited<br />
blank walls along the street, ground floor retail,<br />
street parking and street trees. Another credit<br />
for is awarded for locating parking alongside or<br />
behind a building and not in front between the<br />
building and the street.<br />
LEED-ND also considers street density and connectivity.<br />
Points are given for the street network<br />
density within the project, as measured by street<br />
centerline miles per square mile. An additional<br />
credit is achieved for building a through-street<br />
every 800 feet (250 meters) along the project<br />
boundary, although exceptions are made for<br />
natural features such as water or streams and<br />
infrastructure such as highways or railroads.<br />
4. Conservation and Restoration<br />
of the Environment<br />
The Conservation and Restoration of the Environment<br />
category addresses impervious surfaces,<br />
stormwater management, groundwater<br />
quality, water bodies and habitat protection. The<br />
main goals are reducing and cleaning stormwater<br />
runoff, protecting habitat areas and limiting<br />
site disturbance.<br />
Water<br />
For impervious surface and stormwater treatment,<br />
LEED-ND calls for all stormwater to be<br />
infiltrated, reused or evapotranspirated for either<br />
90 percent of the average annual rainfall or<br />
1 inch (2.5 cm) of rainfall. Up to five points are<br />
awarded for the percentage of impervious surface<br />
treated in this manner. Rainwater absorption<br />
is given a high weight of 7 percent in the<br />
Assessment Matrix. The best score is given to<br />
projects if the amount of rainwater absorbed<br />
by the ground increases and filters pollutants in<br />
the process; the score declines as the amount of<br />
rainwater absorbed decreases. The Assessment<br />
Matrix measures the amount of impervious surface<br />
change, giving the best scores if there is no<br />
impervious surface change and worse scores if<br />
impervious surfaces increase. This reinforces a<br />
site selection of previously developed locations<br />
which have higher amounts of impervious surface.<br />
An areas with water bodies and wetlands, LEED-<br />
ND requires a minimal impact on the 100<br />
foot (30 meter) buffer around them. Another<br />
LEED-ND prerequisite is to either not build in<br />
a floodplain or if the area is previously developed,<br />
to follow federal recommended standards<br />
for floodplain development. LEED-ND also<br />
provides credits for water body and wetland<br />
conservation, restoration and management;<br />
however these credits can be earned either for<br />
water bodies and wetlands or for habitat (and<br />
are described below with Habitat). For surface<br />
water quality in the Assessment Matrix, the best<br />
score is achieved if water bodies in the area are<br />
improved; poor scores are given if water bodies<br />
become more impaired as a result of the plan.<br />
Habitat<br />
LEED-ND also offers points for the conservation,<br />
restoration and management of either water<br />
or habitat areas. Conservation efforts need<br />
to include all important natural habitats that<br />
can be identified (or alternately, all water bodies,<br />
wetlands and a 100 foot (30 meter) buffer). Restoration<br />
effects of these predevelopment conditions<br />
need to be 10 percent of the development<br />
footprint to achieve the credit. In addition<br />
to creating a management plan, it also needs to<br />
be funded for 10 years to reach the credit. The<br />
107
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Assessment Matrix takes a simpler approach<br />
to habitat, with three areas graded: protected<br />
areas, habitat and flora & fauna. The best scores<br />
are given when there is a positive influence on<br />
these areas, with the score declining if there is<br />
no influence and then by a range of potential<br />
negative influences.<br />
Site Disturbance<br />
Site disturbance is addressed only by LEED-ND.<br />
One credit includes not developing on steep<br />
slopes over 15 percent in undeveloped areas or<br />
limiting development on slopes between 15 to<br />
40 percent in previously developed locations; in<br />
either case slopes over 40 percent cannot be<br />
used. During the construction process, there is<br />
a prerequisite for implementing an Erosion and<br />
Sedimentation Control Plan and credits for minimizing<br />
site disturbance either of total land or<br />
of areas near construction.<br />
5. Social Issues<br />
The Social Issues category, only addressed by<br />
LEED-ND, goes beyond the traditional focus<br />
on the environmental aspect of sustainable development<br />
and broadens the scope to social<br />
and equity concerns as well. Most prominent<br />
are the affordable housing credits, for including<br />
for-rent affordable units and another for<br />
including for-sale affordable units. The credits<br />
follow common housing goals: 10 to 30 percent<br />
affordable units, rental units affordable to<br />
people below the federally defined Area Median<br />
Income and for-sale units affordable at<br />
earning the Area Median Income. The universal<br />
accessibility credit requires at least 20 percent<br />
of all residential units and all common spaces be<br />
handicapped accessible. Finally, a credit for community<br />
outreach is intended to foster greater<br />
dialogue between the developer, the city and<br />
the neighborhood residents in the creation of a<br />
new development.<br />
6. Resource Efficiency<br />
The Resource Efficiency category addresses<br />
primarily common green building criteria, from<br />
reduced water and energy use to recycled materials.<br />
LEED-ND evaluates a range of these<br />
construction issues, offering credits for greening<br />
both buildings (overlapping the LEED building<br />
rating systems) and infrastructure. Due to the<br />
focus of the Assessment Matrix on location<br />
evaluation, only a minority of the issues that arise<br />
in the construction process are considered.<br />
Green & Efficient Buildings<br />
LEED-ND has several credits that mirror the<br />
LEED for buildings criteria, including LEED certified<br />
buildings in a project, with points starting<br />
at 20 percent LEED certified buildings to 40<br />
percent or more. Credits are also given in<br />
LEED-ND for core elements of the LEED for<br />
building systems, including building energy efficiency<br />
and reduced water use. At the site level,<br />
a LEED-ND credit is given for a reduction of at<br />
least 15 percent site level energy consumption<br />
from street lights, water and wastewater pumps<br />
and water and wastewater treatment systems<br />
as well as for using LED traffic light technology.<br />
Finally there are two credits for building reuse,<br />
the first is for reusing at least one buildings and<br />
the second for reusing a historic building and<br />
rehabilitating it to federal standards for rehabilitation.<br />
Microclimate<br />
LEED-ND considers microclimate in terms of<br />
heat island effect, with a credit for installing either<br />
roofs with a high solar reflective index or<br />
green roofs. This credit can also be achieved<br />
by either shading half of the impervious site<br />
landscape or using paving that has a high solar<br />
reflective index or an open grid. In addition,<br />
LEED-ND offers a credit for solar orientation:<br />
either orienting blocks north-south or buildings<br />
east-west. In the Assessment Matrix, microclimate<br />
is focused on fresh air, providing the best<br />
108
scores to locations where a new plan would<br />
have a positive effect on fresh air movement<br />
and lower scores as the movement of fresh air<br />
decreases.<br />
Energy<br />
there are no negative effects and a bad score<br />
corresponding to the increase in any problems.<br />
The Assessment Matrix addresses traffic noise,<br />
giving a higher score if there are no negative<br />
effects and a lower score if traffic noise turns<br />
into a major disturbance.<br />
LEED-ND offers two energy credits, one for<br />
providing on-site energy generation for at least<br />
five percent of the project’s electrical and/or<br />
thermal load, and the other for providing the<br />
same amount of energy using renewable sources<br />
such as solar, wind, geothermal, hydroelectric<br />
and biomass. The Assessment Matrix only considers<br />
renewable energy, providing good scores<br />
to plan areas that are suitable for renewable<br />
energy and poor scores to locations where<br />
renewable energy options are limited or not<br />
possible.<br />
Recycling<br />
LEED-ND also offers credits for recycling and<br />
reusing during the construction process and<br />
the final use. This includes one credit for the<br />
use of recycled content in asphalt and concrete<br />
infrastructure such as roads or parking areas<br />
and another for recycling or salvaging at least 50<br />
percent of construction waste. The credit that<br />
focuses on the end user is given for including<br />
a hazardous waste drop-off site, a recycling or<br />
reuse station and a compost station or locating<br />
in a city that offers those services.<br />
7. Pollution<br />
LEED-ND and the Assessment Matrix consider<br />
pollution problems, although they focus<br />
on different types of issues. LEED-ND offers a<br />
light pollution credit to encourage dark night<br />
skies, which can be met by lighting areas not<br />
exceeding 50 to 80 percent of the ASHRAE<br />
standards (an independent certifying organization).<br />
The Assessment Matrix also considers light<br />
along with other types of pollutants such as<br />
odors or poor air, providing a good score when<br />
Iv. Conclusions<br />
Through this analysis, it is clear that there are<br />
indeed universal goals of sustainable neighborhoods.<br />
Yet there are some issues are different,<br />
mostly problems unique to the U.S. However,<br />
the<br />
Universal Goals<br />
Considering LEED-ND and the Assessment Matrix<br />
were developed separately, the amount of<br />
overlap between both systems is notable. One<br />
area of overlap is related to “Good <strong>Urban</strong>ism”<br />
– based on location, transportation and mixedland<br />
use. Good <strong>Urban</strong>ism criteria include:<br />
• an urban location on previously developed land;<br />
• good transit proximity and connections that go to<br />
common destinations;<br />
• a bicycle network that goes to common destinations;<br />
• a variety of common destinations: daily needs, cultural,<br />
social, recreational;<br />
• density and walkable places enjoyable to users.<br />
The other main area is the “Protection of Nature,”<br />
which considers the impact of human<br />
development on the natural environment. Protection<br />
of Nature criteria include:<br />
• the absorption of rainwater into the ground;<br />
• the protection of water bodies, habitat, flora and<br />
fauna;<br />
• microclimate air quality and temperature;<br />
• green buildings that reduce resource use (during<br />
construction and operation);<br />
• renewable energy.<br />
Together, these goals begin to form the basis<br />
109
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
of international core criteria for sustainable<br />
neighborhoods. While the list can be rearranged<br />
or reordered, the goals are appropriate for<br />
any new neighborhood. What is also important<br />
about this analysis is the opportunity to see how<br />
two rating systems have evaluated the same issue.<br />
Despite the size advantage of LEED-ND, it<br />
can learn from the Assessment Matrix criteria<br />
that tend to have higher but more general criteria.<br />
Similarly, if the Assessment Matrix wants to<br />
move toward a certification model, LEED-ND<br />
has a high level of rigor in their standards. When<br />
sustainable neighborhood rating systems are revised<br />
in the future or if new systems are created,<br />
alternative criteria options are provided in the<br />
detailed comparison (see Appendix 1).<br />
in Germany and therefore makes little sense to<br />
reward the current system. Each country needs<br />
a system that caters to its circumstances. German<br />
transit standards need to be higher than<br />
American standards, otherwise there wouldn’t<br />
be an incentive to improve anything in Germany.<br />
Regional differences within the U.S. and to a<br />
lesser extent within Germany may need to be<br />
considered in a similar manner. Finally, while the<br />
reduced auto use credits may offer flexibility<br />
within the rating system for cities that do not<br />
have transit, it is still not a substitute for offering<br />
other modes of travel.<br />
Best Practice Ideas<br />
Similar Issues, Different Standards<br />
Some issues in this evaluation are similar, but<br />
may be need to be based on national standards<br />
for the purposes of evaluation. These standards<br />
may include energy and water efficiency<br />
or affordable housing, where criteria are best<br />
tailored to national programs or accreditation<br />
organizations.<br />
Unique Problems<br />
There are many problems addressed by LEED-<br />
ND that are unique to the U.S. and would not<br />
be appropriate to evaluate in a German context<br />
since they are not problems worthy of evaluation.<br />
These include the requirement for using<br />
city water and sewer which is standard practice<br />
in Germany. Similarly, Germany does not<br />
have gated communities, so prohibiting them<br />
also is not relevant. Site erosion during construction,<br />
while common to find on an American<br />
construction site, is also rare in Germany. The<br />
reduction of auto travel relative to the metropolitan<br />
area that LEED-ND offers as a substitute<br />
for the transit credit (for municipalities<br />
that do not have transit), also makes little sense<br />
in Germany where all but the smallest towns<br />
have mass transit. Providing bus stop shelters<br />
and route information is also standard practice<br />
One of the strongest concepts to emerge from<br />
this analysis is “Reachability.” This word – a direct<br />
translation from the German “Erreichbarkeit” –<br />
refers to the ability for people to reach their destinations.<br />
While not a common planning term<br />
in <strong>English</strong>, it appropriately expresses the needed<br />
relationship between land use and transportation.<br />
The Assessment Matrix does a better job<br />
analyzing this concept than LEED-ND, considering<br />
eco-mobility options for walking, bicycling<br />
or transit and how it connects people to where<br />
they need to go: work, school, grocery shopping<br />
or a soccer game.<br />
Achieving Climate Change Results<br />
A study at the relationship between LEED-ND<br />
pilot projects and climate change impacts has<br />
been completed. The results show that pilot<br />
projects have increased density, increased transit<br />
commute share and increased walking/bicycling<br />
commute share than average U.S. communities,<br />
which could lead to potential CO2 savings. (Criterion<br />
Planners, 2007) Given these results, encouraging<br />
more development to follow LEED-<br />
ND could reduce CO2 emissions from vehicle<br />
travel. Similarly, as worldwide standards for sustainable<br />
neighborhood rating systems evolve,<br />
they can also provide measureable goals that<br />
will reduce the threat of climate change.<br />
110
LEED-ND<br />
Main Categories Smart Location & Linkage (SLL)<br />
30 points<br />
Assessment Matrix<br />
1. Mobility/Location/Reachability (30%)<br />
2. Emissions (10%)<br />
Neighborhood Pattern & <strong>Design</strong> (NPD)<br />
39 points<br />
Green Construction & Technology (GCT) 31<br />
points<br />
3. Microclimate (5%)<br />
4. Ground & Area (new) Utilization (20%)<br />
5. Nature (Flora & Fauna) (15%)<br />
Innovation & <strong>Design</strong> Process<br />
6 points<br />
6. Water (10%)<br />
7. Energy (5%)<br />
8. Place & Landscape View (5%)<br />
Rating<br />
Prerequisite (PRQ): project must fulfill one of<br />
the listed prerequisite criteria<br />
Credit (CR): one or more points are given<br />
for benchmarks that the project achieves<br />
under each credit.<br />
Grade given for a range of criteria. 1,0 is the best<br />
grade, 6,0 is the worst grade, and a range of<br />
grades exist for the possibilities in between.<br />
The grades are weighted within each category<br />
and then the categories are weighted against<br />
each other.<br />
Percentages listed below reflect the ultimate<br />
weight within the final project grade.<br />
Site Location<br />
Location<br />
• SLL PRQ: Infill site or located near adequate<br />
transit service or near diverse uses<br />
or where VMT is lower than average in the<br />
metro area.<br />
• SLL CR: Credit given for amount of previous<br />
development at the site: a previously<br />
developed infill site (6 points), an adjacent<br />
site that is previously developed (3 points),<br />
an adjacent site not previously developed<br />
(1 point). Additionally, street centerline<br />
density is used a proxy for urbanness: 40<br />
centerline mi/sq mi and greater (4 points),<br />
30-39 (3 points), 20-29 (2 points), 10-19<br />
(1 point).<br />
• Best to worst locations: (1,0) In a neighborhood<br />
center, (2,0) within 15 minutes (by transit or<br />
bicycle) of a neighborhood center, (3,0) within<br />
30 minutes (by transit or bicycle) of a neighborhood<br />
center, or (6,0) distant from a neighborhood<br />
center. Weight: 9.0%<br />
111
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Prior Use of Site<br />
• Note SLL PRQ & CR above: infill site as<br />
option for fulfilling location prerequisite; the<br />
location is partially rated by its prior use.<br />
• SLL PRQ: If not located in a developed<br />
or developing area, do not locate where<br />
prime soil (agricultural) is located.<br />
• SLL CR: Reuse and clean a brownfield site.<br />
(2 points)<br />
• SLL CR: Reuse a brownfield in a federally<br />
designated (low-income) location for redevelopment.<br />
(1 point)<br />
• Prior use of site: (1,0) completely built-up or impervious<br />
surface, contaminated area, garbage<br />
deposit, military area, docks or airport; (1,3)<br />
storage space; (2,0) impervious sports area,<br />
(3,3) unused pervious land with minimal vegetation;<br />
(3,7) pervious sports area, playground;<br />
(4,0) camping place, city field land, garden<br />
area; (5,0) cemetery/church land, park area,<br />
rented garden on public land, unaltered natural<br />
areas; (6,0) unaltered natural areas with old<br />
tree groves, forest, natural legally protected<br />
natural areas. Weight: 14%<br />
Infrastructure<br />
• SLL PRQ: Use existing water & sewer or<br />
where it is planned to be expanded.<br />
Transportation and Reachability<br />
Transit<br />
• SLL CR: Credit given for number of total<br />
transit rides per weekday within a ¼-½<br />
mile (400-800 meters) walk. The scale<br />
goes from 20-59 rides (2 points) up to 500<br />
or more rides (7 points).<br />
• NPD CR: Provide transit shelters, schedules<br />
and route information at every stop<br />
(1 point)<br />
• Note location ranking (same as above): is based<br />
on access by eco-mobility.<br />
• Public transit is scored according to how well it<br />
competes with auto travel, considering the following<br />
factors: type of transit, frequency, proximity<br />
to the station or stop, other stops along<br />
the line(s), and regional and trans-regional<br />
connections. Weight: 7.5%<br />
Bicycling<br />
• SLL CR: A bicycle network must connect<br />
50% of buildings to at least 4 diverse<br />
uses within 3 miles (4800 meters). Bicycle<br />
parking at all multi-family and commercial<br />
buildings should equal 15% of car parking.<br />
(1 point)<br />
• Best to worst bicycling conditions: (1,0) the plan<br />
area accommodates bicycles with appropriate<br />
ground surface, connections between neighborhoods,<br />
safe traffic and goes to destinations<br />
such as a neighborhood center or nature trail;<br />
(2,3) the area has a limited ability to accommodate<br />
bicycles but no potential hazards; (5,0) the<br />
area is inappropriate for bicycles due to high<br />
traffic, lack of bike paths or lanes and bad connections<br />
to destinations. Weight: 4.5%<br />
112
Reduction of<br />
Auto Travel<br />
• SLL CR: (this portion can substitute for tran-•<br />
None<br />
sit rides, above). Credit given for percentage<br />
less that people drive in that Transportation<br />
Analysis Zone: at 80% of average<br />
vehicle miles traveled (2 points) up to 30%<br />
(7 points). Also credit for locating within ½<br />
mile (800 Meters) of a car-sharing program<br />
(1 point).<br />
• NPD CR: Create a transportation demand<br />
management program; or provide subsidized<br />
transit passes; or transit service to<br />
local destinations. (2 points)<br />
Access to Daily<br />
Goods<br />
• NPD CR: Credit given for number of diverse • Supply of daily needed goods: are within walkuses<br />
that are within a ½ mile (800 meter) ing distance (1,0); are reachable by bicycle<br />
walk from 2 diverse uses (1 point) up to or transit in 5 minutes (2,0); are reachable by<br />
10. (4 points)<br />
bicycle or transit in 10 minutes (3,0); are further<br />
away and easier to reach by auto (4,3). Weight:<br />
4.5%<br />
Access to Jobs<br />
• SLL CR: Locate a project with new housing<br />
within a ½ mile (800 meter) walk of existing<br />
jobs. Or locate new jobs on an infill<br />
site within a ½ mile (800 meter) walk of<br />
a transit station and existing housing. (3<br />
points)<br />
• None<br />
Access to Social<br />
Infrastructure<br />
• SLL CR: Locate at least 50 percent of the<br />
residential within a ½ mile (800 meter)<br />
walking distance of a school. (1 point)<br />
Reachability of social infrastructure such as a<br />
•<br />
day care, school or doctor is: quickly and easily<br />
reachable without an auto (1,0); not well<br />
reachable but transit is not inferior time-wise<br />
to driving (3,0); not well reachable but transit<br />
is inferior time-wise to driving (4,0); poor and<br />
easier to reach by auto than by transit (5,0).<br />
Weight: 1.5%<br />
113
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Access to Recreational<br />
Space 1/6 mile (130 meters) walking distance of<br />
• NPD CR: Provide a park or square within<br />
90 percent of buildings. (1 point)<br />
• NPD CR: Provide sports fields or a public<br />
recreation center with active recreational<br />
facilities within a ½ mile (800 meter) walk<br />
or a bicycle trail within a ¼ mile (400 meter)<br />
of 50 percent of buildings. (1 point)<br />
• Proximity of recreational options such as usable<br />
green space, playgrounds, river bank or<br />
sea coast, beach, water sports or other sports:<br />
there are at least two recreational options in the<br />
neighborhood (1,0); there is recreation within<br />
10 minutes by eco-mobility (2,3); recreation can<br />
only by reached by auto (4,7). Weight: 1.5%<br />
• Cultural offerings (theater, museum, etc.) are:<br />
quickly reachable without an auto (1,0); not well<br />
reachable but transit is not inferior time-wise<br />
to driving (3,0); not well reachable but transit<br />
is inferior time-wise to driving (4,0); poor and<br />
easier to reach by auto than by transit (5,0).<br />
Weight: 1.5%<br />
Compact and Walkable <strong>Design</strong><br />
Density and<br />
Mixed-Use<br />
• NPD PRQ: Minimum density of 7 dwelling<br />
units/acre and .50 FAR<br />
• NPD CR: Credit given for increased density<br />
of the project, given in dwelling units per<br />
acre for residential and floor area ratio for<br />
non-residential: 10-20 DU/acre, 0.75 to 1.0<br />
FAR (1 point); 21-30 DU/acre, >1.0 to 1.5<br />
FAR (2 points); 31-40 DU/acre, >1.5 to 2.0<br />
FAR (3 points); 41-50 DU/acre, >2.0 to 2.5<br />
FAR (4 points); 51-60 DU/acre, >2.5 to 3.0<br />
FAR (5 points); 61-70 DU/acre, >3.0 to 3.5<br />
FAR (6 points); 71+ DU/acre, >3.5 FAR (7<br />
points).<br />
• Density for a Residential area:<br />
(2,0): Lot Coverage: 0,6 and FAR: 1,8+<br />
(3,0): Lot Coverage: 0,4 and FAR: 0,4-1,2<br />
(4,0): Lot Coverage: 0,2 and FAR: 0,2-0,4<br />
(5,0): Lot Coverage: 0,1 and FAR: 0,1-0,2<br />
Mixed-use area:<br />
(2,0): Lot Coverage: 0,8 and FAR: 2,4+<br />
(3,0): Lot Coverage: 0,6 and FAR: 1,8+<br />
(4,0): Lot Coverage: 0,5 and FAR: 1,5+<br />
(5,0): Lot Coverage: 0,5 and FAR: 1,5<<br />
Weight: 4.0%<br />
114
Walkable <strong>Design</strong><br />
• NPD PRQ: Dedicate streets to the public<br />
and no gates on the community.<br />
• None<br />
• NPD CR: Do not locate parking in front of<br />
any building, minimize the amount of parking<br />
surface area to less than 20% of the<br />
development footprint and provide bicycle<br />
or carpool parking. (2 points)<br />
• NPD CR: Provide building entries on the<br />
street, square or park, create a minimum<br />
of a 1:3 building-height-to-street-width ratio<br />
for 30% of the project, provide continuous<br />
sidewalks, limit speed to 20 mph for residential<br />
and 25 for mixed-use. (4 points)<br />
Additional points given for building near<br />
the property line, having frequent building<br />
entries, no blank walls, unshuttered<br />
ground level windows, on-street parking,<br />
street trees, ground floor retail and shade<br />
along the sidewalks. (up to 8 total points)<br />
• NPD CR: Build a street network of 20-29 or<br />
over 30 centerline miles per square mile.<br />
(1-2 points)<br />
• NPD CR: Build through-streets every 800<br />
feet (250 meters) along the project boundary.<br />
(1 point).<br />
Conservation and Restoration of the Environment<br />
115
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Water<br />
• SLL PRQ: Locate where there is no wetlands<br />
or water bodies, compensate for<br />
impacts to those if the area is highly developed;<br />
if not highly developed, only minimal<br />
impacts are allowed.<br />
• SLL PRQ: If located in a floodplain, use<br />
only previously developed areas and follow<br />
federal recommended standards for<br />
floodplain development.<br />
• SLL CR: Conserve all water bodies, wetlands<br />
and a buffer around them (may substitute<br />
habitat conservation). (1 point)<br />
• Impervious surface change: there is less imper-<br />
vious surface and major impaired or contaminated<br />
areas would be improved (1,0); there is<br />
no impervious surface change and minor contaminated<br />
areas are improved (2,0); 10-50%<br />
more impervious surface is created (3,0-4,0);<br />
over 50% more impervious surface is created<br />
(5,0-6,0). Weight: 2.0%<br />
• Ground absorption of rainwater: will increase<br />
and be cleaned by a filtering process (1,0);<br />
will increase (2,0); does not change (3,0); will<br />
decrease somewhat (4,0); will greatly decrease<br />
(6,0). Weight: 7.0%.<br />
• SLL CR: Restore predevelopment water<br />
bodies or wetlands, in an area equal to<br />
10% of the development footprint (may<br />
substitute native habitat restoration). (1<br />
point)<br />
The nearby surface waters will be: improved<br />
•<br />
(1,0); not changed (2,0); impaired (4,0); significantly<br />
impaired (6,0). Weight: 3.0%.<br />
• SLL CR: Create a management plan and<br />
funding for habitat sites or wetlands and<br />
water bodies for 10 years (may substitute<br />
native habitat site management). (1 point)<br />
• GCT CR: Stormwater treatment should<br />
infiltrate, reuse or evapotranspirate runoff<br />
from 90% of average annual rainfall or 1<br />
inch rainfall. Points awarded by percent of<br />
impervious surface treated, with the lesser<br />
number for previously developed sites: 15-<br />
20% (1 point); 30-40% (2 points); 45-60%<br />
(3 points); 60-80% (4 points); 75-100% (5<br />
points)<br />
116
Habitat<br />
• SLL PRQ: Comply with an existing Habitat<br />
Conservation Plan or create one if there<br />
is a high likelihood of imperiled species<br />
existing.<br />
• SLL CR: Use native plants for previously<br />
developed sites; or conserve all important<br />
natural habitats (may substitute for water<br />
body conservation). (1 point)<br />
• SLL CR: Restore native habitat in an area<br />
equal to 10% of the development footprint<br />
(may substitute for water body restoration).<br />
(1 point)<br />
• SLL CR: Create a management plan and<br />
funding for habitat sites for 10 years(may<br />
substitute for water body management).<br />
(1 point)<br />
• Protected areas are: positively influenced (1,0);<br />
not affected or protected areas are not existing<br />
(2,0); affected and the protected area’s goals<br />
are not met (3,0); are considerably impaired<br />
(6,0). Weight: 6.0%<br />
• Habitat protection is: positively influenced (1,0);<br />
not affected or habitat is not existing (2,0); only<br />
affected to a small extent (3,0); are greatly<br />
affected (6,0). Weight: 6.0%<br />
• Flora and fauna are: positively influenced (1,0);<br />
not affected (2,0); only affected to a small<br />
extent (3,0); are greatly affected (6,0). Weight:<br />
3.0%<br />
Site Disturbance<br />
• SLL CR: Do not develop on steep slopes<br />
over 15% or limit development to 40-60%<br />
of the site with slopes of 15-40%; no development<br />
of slopes over 40%. (1 point)<br />
• GCT PRQ: Implement an Erosion and Sedimentation<br />
Control Plan for construction<br />
activities.<br />
• GCT CR: Minimize site disturbance by<br />
locating on a previously developed site or<br />
by leaving 10-20% of the site undisturbed.<br />
(1 point)<br />
• GCT CR: Minimize site disturbance during<br />
construction by locating on a previously<br />
developed site; or by limiting disturbance<br />
within 40 feet (12 meters) beyond buildings<br />
and 10-25 feet (3-8 meters) beyond<br />
sidewalks and roads; or by preserving<br />
significant tree species and majority of all<br />
trees. (1 point)<br />
• None<br />
Social Issues<br />
117
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Diversity of<br />
Housing Types<br />
• NPD CR: Provide a variety of housing • None<br />
types, small and large, of detached residential,<br />
townhomes, and a range of multifamily<br />
buildings. Points based on Simpson<br />
Diversity Index. (1-3 points)<br />
Affordable Housing<br />
• NPD CR: Provide affordable rental (15 or<br />
30% of units) depending on level of subsidy.<br />
(1-2 points)<br />
• None<br />
• NPD CR: Provide affordable for-sale housing<br />
(10 or 20% of units) depending on level<br />
of subsidy. (1-2 points)<br />
Universal Accessibility<br />
• NPD CR: Provide 20% of the housing to be<br />
handicap-accessible and apply universal<br />
design to common areas and recreational<br />
facilities. (1 point)<br />
• None<br />
Community Outreach<br />
• NPD CR: Meet with neighbors and local<br />
officials during all phases of project development<br />
and modify project based on<br />
feedback. (1 point)<br />
• None<br />
Local Food Production<br />
• NPD CR: Provide a neighborhood far or • None<br />
garden, buy shares in community supported<br />
agriculture or locate near a farmer’s<br />
market. (1 point)<br />
Landscape<br />
Views<br />
• None<br />
• Area and landscape vision: the best score is<br />
given for enhancing the landscape views, a<br />
good score for retaining the existing views and<br />
a poor score that corresponds with any disturbance.<br />
Weight: 5.0%<br />
Resource Efficiency<br />
Green Buildings<br />
• GCT CR: Include 20-40%+ LEED-Certified<br />
Green Buildings. (1-3 points)<br />
• None<br />
118
Energy Efficiency•<br />
GCT CR: Energy Efficiency in Buildings: • None<br />
provide a minimum standard increase of<br />
10-20% based on the baseline ASHRAE<br />
standard or comply with the prescriptive<br />
measures of the ASHRAE Advanced Energy<br />
<strong>Design</strong> Guide; for residential buildings 3<br />
or fewer stories, comply with or exceed the<br />
ENERGY STAR for Homes requirements.<br />
(1-3 points)<br />
• GCT CR: Use street lights, water and<br />
wastewater pumps and treatment systems<br />
to use 15% less energy than the base line.<br />
Use LED technology for traffic lights. (1<br />
point)<br />
Water Efficiency • GCT CR: Reduced Water Use: use 20-<br />
30% less water than the baseline of the<br />
Energy Policy Act; install low-flow fixtures<br />
in residential buildings 3 stories or fewer;<br />
use rainwater or graywater for irrigation or<br />
landscaping that does not require irrigation.<br />
(1-3 points)<br />
• GCT CR: Divert at least 50% of the wastewater<br />
by treating and reusing it to replace<br />
potable water. (1 point)<br />
• None<br />
Building Reuse<br />
• GCT CR: Reuse one or more buildings,<br />
keeping at least 50% of one building<br />
and 20% or more of other buildings. (1-2<br />
points)<br />
• GCT CR: Reuse a Historic Building designed<br />
by a local government or the<br />
National Register of Historic Places and<br />
rehab according to federal “Standards for<br />
Rehabilitation.” (1point)<br />
• None<br />
119
Sustainable neighborhood rating systems: An international comparison<br />
Die Bewertungsmatrix<br />
Heat Island<br />
Effect/ Microclimate<br />
• GCT CR: Heat island reduction achieved<br />
by installing most roofs with a high solar<br />
reflective index or green roofs or by providing<br />
50% of impervious site landscape with<br />
shade, paving with a high solar reflective<br />
index or open grid paving. (1 point)<br />
• Microclimate: the best score is for having a posi-<br />
tive effect, or good score for a no or little effect<br />
on the microclimate. Poor scores are given for<br />
compromising fresh air currents through the<br />
site and surrounding area. Weight: 5.0%<br />
Solar Orientation • Solar orientation achieved by orientating<br />
blocks north-south or by or orientating<br />
buildings east-west. (1 point)<br />
• None<br />
Energy Generation/<br />
Renewable<br />
Energy<br />
• GCT CR: Provide on-site energy generation<br />
for at least 5% of the project’s electrical<br />
and/or thermal load. (1 point)<br />
• GCT CR: Use solar, wind, geothermal,<br />
hydroelectric and biomass for 5% of the<br />
project’s electrical and/or thermal load. (1<br />
point)<br />
• For renewable energy options, better scores are<br />
given when the plan area is more suitable for<br />
renewable energy and poor scores when it is<br />
not possible. Weight: 5.0%<br />
Recycling &<br />
Reusing<br />
• GCT CR: Use recycled content in asphalt • None<br />
and concrete infrastructure, based on layer<br />
and type of material. (1 point)<br />
• GCT CR: Recycle or salvage 50% of construction<br />
waste. (1 point)<br />
• GCT CR: Provide a hazardous waste dropoff<br />
site; a recycling or reuse station or<br />
locate in a city that provides recycling; and<br />
include a compost station or locate in a<br />
city that provides composting. (1 point)<br />
Pollution<br />
Brownfields<br />
• Note SLL CR: Reuse and clean a brownfield<br />
site (located in Prior Use of Site<br />
category)<br />
• GCT CR: Use clean up methods that treat<br />
and remediate (not remove or cap) contaminated<br />
material onsite. (1 point)<br />
• None<br />
120
Light, Noise and<br />
Other Pollution<br />
• GCT CR: Only light areas for safety and<br />
comfort; do not exceed 50-80% of lighting<br />
power densities in ASHRAE. (1 point)<br />
• Traffic noise issues receive a good score<br />
when there are no negative effects; the score<br />
declines as the amount of noise increases.<br />
Weight: 3.5%<br />
• Other potential problems evaluated (odor, light,<br />
poor air) receive a good score when there are<br />
no negative effects; the score declines as the<br />
amount of these problems increase. Weight:<br />
3.5%<br />
The potential for the plan to produce any emis-<br />
•<br />
sions or other polluting effects is also evaluated,<br />
with a good score when there are no<br />
negative effects and a poor score declines as<br />
any emissions increase. Weight: 3.0%<br />
121
Exkursion nach Freiburg<br />
Exkursionseindrücke<br />
Auch bei der Auswahl des Exkursionsziels wurde<br />
das Ö für Ökologie ganz groß geschrieben.<br />
So stand von Anfang an fest, dass wir unsere<br />
Reise nicht mit dem Flugzeug antreten werden.<br />
Nach einem schnellen Entscheidungsprozess<br />
fiel unsere Wahl auf die Stadt Freiburg im Breisgau,<br />
welche gut mit dem Zug zu erreichen ist.<br />
Doch nicht nur wegen der einfachen Fahrt hat<br />
es uns fünf Tage, vom 21. bis zum 25. April 2008,<br />
nach Baden-Württemberg verschlagen.<br />
Freiburg zählt, mit seinen rund 220.000 Einwohnern,<br />
zu der sonnenreichsten Stadt in Deutschland<br />
und kann pro Jahr mit etwa 1800 Sonnenstunden<br />
rechnen. Diese gute Wettergrundlage<br />
nutzen die Freiburger hervorragend aus und<br />
sind Spezialisten in Sachen Solarenergie. Über<br />
die verschiedenen Techniken und die Nutzung<br />
solarer und regenerativer Energien wurden wir<br />
bei unserem ersten offiziellen Termin, der Solartour,<br />
ausführlich informiert.<br />
Konzept der nachhaltigen Stadtplanung in Freiburg.<br />
Mit den bekannten Ökosiedlungen Vauban<br />
und Rieselfeld haben wir uns intensiv vor Ort<br />
beschäftigt und als Anregungen für unsere Planung<br />
an der Friedrichshagener Str. kritisch beleuchtet.<br />
Ein weiterer Termin war der Besuch des Öko-<br />
Instituts, eine unabhängige Forschungs- und Beratungseinrichtung<br />
für nachhaltige Zukunft. Die<br />
Besonderheit ist der Sitz in einem Energieplusgebäude.<br />
Als Abschluss unserer Exkursionsfahrt gab uns<br />
das Planungsbüro Fahle einen interessanten Einblick<br />
in die Berufswelt eines Stadtplaners. Diese<br />
Termine werden in dem folgenden Kapitel genauer<br />
betrachtet. Es wird ein Einblick in unsere<br />
gesammelten Erkenntnisse und Inspirationen,<br />
sowie neu gewonnene Erfahrungen geben.<br />
Ebenso ist Freiburg für seine nachhaltige Stadtentwicklung<br />
und die Ökosiedlungen bekannt.<br />
Das Stadtplanungsamt berichtete uns über das<br />
123
Exkursion nach Freiburg<br />
Stadtführung<br />
Unsere Exkursion in Freiburg begann mit einer<br />
Stadtführung. Von zwei langjährigen Freiburger<br />
Einwohnern wurden wir durch die Altstadt geführt.<br />
Gegründet wurde die Stadt Freiburg im Jahr<br />
1120. Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt<br />
fast vollständig durch Luftangriffe zerstört. Besonders<br />
die Altstadt wurde durch den Krieg<br />
stark beschädigt. Erstaunlicherweise blieben<br />
das Münster und die beiden mittelalterlichen<br />
Stadttore, das Martinstor und das Schwabentor,<br />
nahezu unversehrt.<br />
Das Münster zählt heute noch zu den wichtigsten<br />
Bauwerken der Stadt und ist mit seinem<br />
markanten Turm zum Wahrzeichen von<br />
Freiburg geworden. Der Kathedrale ist geprägt<br />
durch die Kombination des gotischen und romanischen<br />
Stils.<br />
Die Altstadt wurde nach dem Krieg wieder vollständig<br />
aufgebaut und ist geprägt durch die vielen<br />
kleinen und verwinkelten Gassen. Ebenso<br />
charakteristisch für die historische Altstadt sind<br />
die Bächle. Ursprünglich waren die Wasserläufe<br />
als Schmutzwasserkanäle gedacht. Heute werden<br />
sie mit dem Wasser der Dreisam gespeist<br />
und durchziehen immer noch viele Gassen, sorgen<br />
für ein gutes Klima und dienen als Spielwiese<br />
für Groß und Klein.<br />
Schwabentor<br />
Solartour<br />
Die Demonstration gegen Atomkraftwerke von<br />
1972-1975 prägen die Einwohner Freiburgs bis<br />
heute. Seit 1976 veranstalten sie jährlich Energiemessen<br />
und im freiburger Frauenhofer-Institut<br />
für solare Energien beschäftigen sich ca. 600<br />
Mitarbeiter mit dem Thema Solarenergie.<br />
Allein von 2004-2006 stiegen die Arbeitsplätze<br />
im Bereich erneuerbare Energien um 47%.<br />
Der Anteil regenerativer Energien beträgt in<br />
Freiburg 3-4%. Dabei sind die Solaranlagen Eigentum<br />
von Bürgern und die Stadt stellt allenfalls<br />
Dächer zur Verfügung.<br />
Bei der Solartour haben wir verschiedenste<br />
Möglichkeiten regenerativer Energiequellen<br />
kennen gelernt:<br />
124
Photovoltaik:<br />
• man braucht dafür keine Sonne, nur Licht<br />
• Strom wird ins Netz eingespeist<br />
• verkauft nach dem erneuerbaren Energiegesetz<br />
(EEG), man bekommt einen 20-jährigen Vertrag:<br />
der Energieversorger muss den Strom abnehmen<br />
Warmwasser durch Solaranlagen:<br />
• Pro Jahr spart man je nach Warmwasserverbrauch<br />
ca. 300l Öl ein, dies rechnet sich vor allem<br />
durch die steigenden Ölpreise.<br />
Wasserrad:<br />
• 9 Anlagen 400.000kWh/Jahr<br />
• Rad Durchmesser 6,5m<br />
• Kapazität 12,5kW<br />
• Energieerzeugung für 30 Normalhaushalte oder<br />
60 Energiesparhaushalte<br />
Windenergie:<br />
• 2 Millionen € / Windrad<br />
• 6 Millionen kWh/Jahr<br />
• Kapitalrückfluss 350%<br />
• 35%-45% des Windes wird „abgeerntet“<br />
• jede Windturbine hat eine Leistung von 1800kW<br />
= 900Haushalte<br />
• bei einem Orkan werden sie aus dem Wind gedreht<br />
Holzhackschnitzel:<br />
Interessantes:<br />
In großen Städten wird für Hochhäuser genauso<br />
viel Energie für die sommerliche Kühlung<br />
wie für die winterliche Beheizung benötigt. Dafür<br />
würden sich vor allem Fassadenkollektoren<br />
eignen.<br />
Eine Solar- oder Photovoltaikfläche in der Sahara<br />
von 700x700km würde bei einem Wirkungsgrad<br />
von 10% den Weltenergiebedarf decken.<br />
Jedoch bevorzugt man eher eine dezentrale<br />
Lösung.<br />
Allein alle Dachflächen in Deutschland und einige<br />
Hofflächen für Photovoltaik würden mehr<br />
Energie erzeugen, als benötigt würde.<br />
Eine richtige Gebäudeausrichtung bringt 20%<br />
mehr Leistung. Daher sollten alle Gebäude<br />
möglichst ein Dach nach Süden mit einer Dachneigung<br />
von mindestens 30° besitzen.<br />
Abfallholz besteht aus Kronen und Äste, 1m³ ca.<br />
15€<br />
Biogasanalage:<br />
Methan wird aus Mais gewonnen, benötigt<br />
800ha, 15mill kWh/Jahr kann eine Kleinstadt mit<br />
20.000 Einwohnern versorgen<br />
„Mover“:<br />
• 54m² lassen sich je nach Sonnenstand ausrichten<br />
• 30% mehr Wirkungsgrad als ein normales Dach<br />
• 34.000 €<br />
• 12.000kWh/Jahr<br />
Möglichkeit für Zwischennutzung auf<br />
Brachflächen<br />
125
Exkursion nach Freiburg<br />
Rieselfeld<br />
Der Freiburger Stadtteil Rieselfeld liegt im<br />
westlichen Teil Freiburgs, etwa 8km vom Zentrum<br />
entfernt. Er grenzt unmittelbar an ein Naturschutzgebiet.<br />
Bis 2010 sollen hier zehn- bis<br />
zwölftausend Menschen auf einer Gesamtfläche<br />
von 78 ha leben.<br />
Über 100 Jahre lang, bis 1985, wurden auf dem<br />
Rieselfeld die Abwässer der Stadt Freiburg verrieselt.<br />
1992 wurde dann der städtebauliche<br />
Wettbewerb ausgeschrieben, so dass schon<br />
zwischen 1993 und 1996 die ersten Wohnungen<br />
bezogen werden konnten. 1997 wurde<br />
6000 in einem nahen Gewerbegebiet, um möglichst<br />
vielen Anwohnern in unmittelbarer Nähe<br />
einen Arbeitsplatz bieten zu können. Damit sind<br />
auch alle Einrichtungen des täglichen Bedarfs in<br />
unmittelbarer Nähe.<br />
Weitere Leitbilder sind barrierefreies Wohnen,<br />
eine gute soziale Infrastruktur, Kleinparzellierung<br />
zur Vermeidung von großen Wohnblöcken<br />
(„Kultur der Parzelle“), die Orientierung<br />
an ökologischen Zielsetzungen, wie Niedrigenergiebauweise,<br />
Fernwärmeversorgung aus<br />
Kraft-Wärme-Kopplung, Einbindung von Solarenergienutzung,<br />
Regenwassernutzungskonzept<br />
und der Vorrang der Stadtbahn gegenüber den<br />
Autoverkehr. Sowie die Aufwertung des benachbarten<br />
Gebietes zum Naturschutzgebiet<br />
(Ausgleichsflächen) mit Naturerlebnispfad und<br />
Besucherlenkung.<br />
Es sollte keine neue Schlafsiedlung am Rande<br />
Freiburgs geschaffen werden, sondern ein lebendiger,<br />
attraktiver Stadtteil.<br />
Blick durch das Rieselfeld<br />
das Gymnasium, die Sporthalle und die Grundschule<br />
eröffnet, die mittlerweile die größte in<br />
ganz Baden-Württemberg ist. Im gleichen Jahr<br />
erfolgte der Anschluss an die Freiburger Stadtbahn.<br />
2004 wurde die im Vorjahr fertig gestellte<br />
Kirche geweiht und der Stadtteiltreff eröffnet.<br />
Auf Grund des erhöhten Bedarfs wurde 2006<br />
der Grundstein für eine Erweiterung des Gymnasiums<br />
gelegt.<br />
Ziel des Projektes war es, eine gute Wohnqualität<br />
bei hoher Dichte zu erlangen und eine gute<br />
Mischung von Wohnen und Arbeiten zu schaffen.<br />
Auf dem Gebiet selber sollen 1000 Arbeitsplätze<br />
geschaffen werden, dazu noch etwa<br />
Städtebaulich zeichnet sich das Rieselfeld durch<br />
eine Mischung von Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern,<br />
Miet- und Eigentumswohnungen aus.<br />
Um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen,<br />
wurden sowohl Geschossbauten (mit max. 5<br />
Geschossen) als auch Stadthäuser, Reihen- und<br />
Doppelhäuser errichtet. Dennoch wurde der<br />
Großteil der Bebauung als Blockrandbebauung<br />
verwirklicht, um so eine hohe Dichte zu<br />
erreichen. Die vielen Innenhöfe bieten Platz für<br />
Spielplätze und nachbarschaftliche Treffpunkte.<br />
Durch die abwechslungsreichen Wohnquartiere<br />
führen Fußwege quer durch den Stadtteil.<br />
Die uneinheitliche Gestaltung der Bebauung<br />
war für uns aber einer der Hauptkritikpunkte<br />
am Rieselfeld. Man hat nicht den Eindruck, dass<br />
hier eine städtebauliche Gesamtidee verfolgt<br />
wurde. Vereinzelte Gebäude haben zudem eine<br />
sehr ausgefallene Architektur, die keineswegs in<br />
den lokalen und regionalen Kontext passt und<br />
sich nicht in das Gesamtbild des Stadtteils einfügt.<br />
Des Weiteren ist unserer Meinung nach der<br />
breite, asphaltierte Straßenraum, trotz Tempo-<br />
126
30-Zone, zu autofreundlich gestaltet und trägt<br />
somit nicht zu einem positiven Bild bei, wie z.B.<br />
im autofreien Stadtteil Vauban.<br />
Dennoch haben wir einige Ideen für unsere<br />
weitere Projektarbeit mitgenommen, so z.B. die<br />
Idee der sozialen Durchmischung wie sie im<br />
Rieselfeld vorhanden ist, die Notwendigkeit von<br />
zentraler öffentlicher und sozialer Infrastruktur<br />
in einem Viertel, besonders die Idee einer<br />
ökumenischen Kirche in zeitgenössischer Architektur<br />
und der zentrale Stadtteiltreffpunkt, mit<br />
einer Bibliothek und einem Café.<br />
lernenden Planung erfolgte, um auf eventuelle<br />
aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.<br />
Auch wenn die Ausprägung im Rieselfeld nicht<br />
optimal gelungen ist, haben wir doch gesehen,<br />
dass Blockrandbebauung immer noch aktuell<br />
ist und ein gutes städtebauliches Mittel ist, um<br />
hohe Dichte, bei maximaler Lebensqualität, zu<br />
erreichen.<br />
Positiv ist ebenfalls, dass das Gebiet in vier Teilbebauungspläne<br />
mit je zweijährigem Abstand<br />
erstellt wurde und somit nach dem Prinzip der<br />
Stadtplanungsamt<br />
Bei unserem nächsten Termin im Stadtplanungsamt<br />
stellte uns der Dipl. Ing. Götz Kemnitz<br />
neben allgemeinen wissenswerten Fakten, vor<br />
allem die Nachhaltige Stadtentwicklung am Beispiel<br />
Freiburg vor. Außerdem gab er uns noch<br />
Hinweise zur Bewertungsmatrix und gute Anregungen<br />
für unser Plangebiet.<br />
Die uns vorgestellte Liste zur Nachhaltigen<br />
Stadtentwicklung, in Verbindung mit dem Versuch<br />
eine möglichst hohe urbane Qualität zu<br />
schaffen, umfasst folgende sechs Kriterien:<br />
1. Nachhaltige Stadtplanung:<br />
Beginnt schon auf der Ebene der Flächennutzungsplanung<br />
mit Leitzielen und dem zentralen<br />
Thema der Innenentwicklung.<br />
2. Energie und Klimaschutz:<br />
Energieoptimierte Objektplanung des Bestands<br />
mit Gutachten. Ein Umwelt- und Energiekonzept<br />
mit Ausgleichsmaßnahmen, geringe Flächenversiegelung<br />
und die Errichtung von Blockheizkraftwerken.<br />
Zur Nachhaltigen Umweltplanung zählen u.a.<br />
die Aufstellung eines Landschaftsplans (LSP), Klimagutachten,<br />
Biotopkartierung und die Bestimmung<br />
des Biotopflächenfaktors.<br />
3. Gesamtverkehrskonzept:<br />
Gut ausgebaute überregionale ÖPNV-Vernetzung,<br />
Definierung von Hauptverkehrsachsen<br />
und sonst Tempo-30-Zonen und Spielstraßen,<br />
sowie Förderung des Fahrradverkehrs.<br />
4. Gesamtstädtische Steuerung des Einzelhandels:<br />
Verzicht auf „Einkaufstempel“, sowie eine funktionierende<br />
Altstadt und ein attraktiv gestalteter<br />
öffentlicher Raum.<br />
5. Nachhaltige Baukultur:<br />
Für die Identität und Qualität einer Stadt ist<br />
eine angemessene Vielfalt von Gebäudeformen<br />
und eine Mischung von funktionalen und sozialen<br />
Aspekten wichtig.<br />
6. Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung:<br />
Bei offenen Veranstaltungen, in Arbeitsgruppen<br />
und per Internet können die Bürger zu geplanten<br />
Szenarien Stellung nehmen. Dieses stärkere<br />
einbinden fördert das Gefühl der Zusammengehörigkeit.<br />
127
Exkursion nach Freiburg<br />
Infobox mit weiteren wichtigen Punkten:<br />
• Bedürfnisse alter, behinderter Menschen einbeziehen<br />
und auch bei niedrigen Geschossbauten<br />
Fahrstühle planen<br />
• Mehrfachnutzungen bei „Multifunktionalen<br />
Häusern“ mit verschiebbaren Wänden möglich-<br />
Kindergarten, Elterntreff und später für ältere<br />
Bewohner nutzbar<br />
• gute Stellplatzsituationen schaffen- um ein<br />
mitnutzen der Stellflächen in den Nachbargemeinden<br />
möglichst zu verhindern<br />
• erst ab einer Hausbreite von 32m bieten sich<br />
rentable Tiefgaragen<br />
das Zentrum extra planen und gestalten - nach<br />
dem „lernenden Prinzip“<br />
• Dachterrassen – ergeben zwar 25 % weniger<br />
Wohnfläche als die Wohnungen in den anderen<br />
Etagen – allerdings wirken so die Gebäudehöhen<br />
niedriger<br />
• auf die Größe der Blockinnenhöfe achten<br />
(evtl. Innenhof mit Kinderspielplatz!) auch in<br />
Bezug auf die Belüftung<br />
• ein gut entwickelter Bebauungsplan kann architektonisch<br />
ganz anders umgesetzt werden als<br />
vorgesehen<br />
• große Gebiete am besten unterteilen in Teilgebiete<br />
– Vermeidung gleicher Strukturen und<br />
Ökoinstitut e.V.<br />
Das Öko-Institut e.V. – Institut für angewandte<br />
Ökologie - wurde im Jahre 1977 am Rande<br />
einer wissenschaftlichen Tagung durch eine<br />
Gruppe von 27 engagierten Bürgern gegründet,<br />
die sich ursprünglich dem Widerstand gegen<br />
das Kernkraftwerk Wyhl verschrieben hatten.<br />
Ziel war der Einsatz für den Erhalt einer immer<br />
rücksichtsloser ausgebeuteten Umwelt und der<br />
Schutz der menschlichen Lebensgrundlagen.<br />
Was zunächst als kleine Wissenschaftsschmiede<br />
verbündeter Ingenieure startete, etablierte sich<br />
durch die handfesten Ergebnisse zusehends in<br />
der Öffentlichkeit.<br />
Heute ist das Ökoinstitut e.V. eine der europaweit<br />
führenden, unabhängigen Forschungs- und<br />
Beratungseinrichtungen für eine nachhaltige<br />
Zukunft und besitzt neben der Niederlassung<br />
in Freiburg auch Firmensitze in Berlin und<br />
Darmstadt. Das Institut beherbergt 100 MitarbeiterInnen,<br />
darunter 70 WissenschaftlerInnen<br />
verschiedenster Disziplinen. Das Ökoinstitut<br />
betreibt sowohl Grundlagenforschung als auch<br />
Konzeptionsentwicklung sowie deren spätere<br />
Umsetzung in die Praxis.<br />
Die vier Institutsbereiche Energie und Klimaschutz,<br />
Infrastruktur und Unternehmen, Nukleartechnik<br />
und Anlagensicherheit, Produkte<br />
und Stoffströme sowie Umweltrecht und Governance<br />
stellen zugleich die inhaltlichen Säulen<br />
des Instituts dar.<br />
Seit Juli 2005 hat die Freiburger Geschäftsstelle<br />
des Ökoinstituts in der Merzhauser Straße<br />
173 im Stadtteil Vauban seinen Sitz – im sog.<br />
„Solarschiff“. Die ökologischen Büroräume befinden<br />
sich im Kopfbau des hochenergieeffizienten<br />
Gewerbebaus in Plusenergie-Bauweise,<br />
welches nach Plänen des Solararchitekten Rolf<br />
Disch entstanden ist. Eine Geschäftsstelle in einem<br />
derart ökologisch orientierten Gewerbe<br />
und Wohnhaus verdeutlicht nicht nur die Philosophie<br />
des Öko-Insituts e.V., sondern war seinerzeit<br />
auch das erste Dienstleistungszentrum<br />
im Plusenergiehausstandard. Das Sonnenschiff<br />
zeichnet sich demnach durch einen besonders<br />
niedrigen Energiebedarf aus. Den verbleibenden<br />
geringen Energiebedarf für die Heizung bezieht<br />
das Öko-Institut ausschließlich aus regenerativen<br />
Energiequellen: Es nutzt nur Holzabfälle aus<br />
dem Schwarzwald mit dem Anschluss an ein<br />
128
Holzschnitzel-Blockheizkraftwerk.<br />
Eine der drei Hauptkomponenten des Energiekonzeptes<br />
des Öko-Instituts ist die Passivhausbauweise,<br />
die durch eine Vakuumdämmung,<br />
einer Spezialverglasung und ein System<br />
zur Wärmerückgewinnung erreicht wird. Eine<br />
weitere Komponente ist die natürliche Klimatisierung<br />
mit Nachtkühlung, diese erfolgt durch<br />
Lüftungsklappen, die einbruchsicher und schallgeschützt<br />
sind. Durch die Schatten spendenden<br />
Fluchtbalkone, die automatisch gesteuerten<br />
Außenjalousinen, sowie eine hocheffiziente<br />
Außendämmung wird ebenfalls eine natürliche<br />
Kühlung erreicht. Die dritte Komponente ist die<br />
900 m² große Fotovoltaikanlage auf dem Dach<br />
des Gebäudes. Die Anlage produziert jährlich<br />
etwa 112.000 kWh Strom.<br />
Diese drei Elemente zusammen bilden die Plusenergiebauweise,<br />
d. h., dass das Gebäude mehr<br />
Primärenergie produziert als die Bewohner für<br />
Blick vom Ökoinstitut in die Solarsiedlung<br />
die Heizung verbrauchen. Der nicht benötigte<br />
Strom wird gegen Vergütung ins öffentliche<br />
Stromnetz eingespeist.<br />
Vauban<br />
Vauban ist ein neu entwickelter Stadtteil am<br />
Rande von Freiburg, der mit einer Fläche von<br />
ca. 38 Hektar auf einem Konversionsgebiet gegründet<br />
wurde. Das Gelände war bis zum Abzug<br />
der Alliierten eine rein militärisch genutzte<br />
Fläche. Nach dem Rückzug der Truppen Mitte<br />
der 1990er Jahre sahen erste Planungen eine<br />
Umnutzung für ein städtisches Wohnquartier<br />
vor. Der neu errichtete Freiburger Stadtteil bietet<br />
bis zum heutigen Zeitpunkt Platz für 5000<br />
Menschen in derzeit 826 Wohneinheiten.<br />
Überwiegend junge Familien, die sich in Baugruppen<br />
organisierten, bauten sich dort Eigenheime<br />
auf. Das Quartier wurde in drei Bauabschnitten<br />
Schritt für Schritt fertig gestellt. Noch<br />
bevor die ersten Gebäude bezugsfertig wurden,<br />
war die Freiburger Straßenbahnlinie soweit ausgebaut,<br />
dass die Bewohner innerhalb von 10<br />
Minuten ins Zentrum von Freiburg gelangen<br />
können. Der somit von Beginn an sichergestellte<br />
Anschluss an das ÖPNV-Netz ist einer der<br />
wichtigsten <strong>Bausteine</strong> im ökologischen Konzept,<br />
das in dieser Siedlung verwirklicht wurde.<br />
Nachhaltigkeit ist ein Begriff der sich durch die<br />
gesamte Siedlung zieht. Schon zu Beginn der-<br />
Planungen stand fest, dass auf diesem Gelände<br />
ökologische und soziale Belange beispielhaft<br />
umgesetzt werden sollten.<br />
Die ganze Siedlung ist autofrei. Zwei große<br />
Parkhäuser an den Rändern der Siedlung stellen<br />
sicher, dass genügend Stellplätze für die Bewohner<br />
verfügbar sind. Gleichzeitig ist mit dem Bau<br />
einer Eigentumswohnung in Vauban auch der<br />
Kauf eines Stellplatzes oder zumindest der Erwerb<br />
einer Stellplatz-Vorhaltefläche verbunden.<br />
Zudem sind alle Bauten in der Siedlung in Niedrigenergiebauweise<br />
errichtet und der Baustoff<br />
Holz dominiert augenscheinlich. Um jedoch<br />
einer unansehnlichen Einheitlichkeit vorzubeugen,<br />
wurde in Vauban die „Kultur der Parzelle“<br />
hochgehalten. Dadurch konnte ein ausgeglichenes<br />
Maß an Vielfältigkeit und Harmonie erreicht<br />
werden.<br />
129
Exkursion nach Freiburg<br />
Was müssen wir uns für unser Projekt behalten<br />
Positiv:<br />
• sehr niedriges Durchschnittsalter im Vergleich zu<br />
anderen Stadtteilen Freiburgs<br />
• alter Baumbestand hoch gewachsener Bäume<br />
lässt das Gefühl entstehen, dass das Gebiet nicht<br />
erst neu entwickelt wurde, sondern gibt ein Gefühl<br />
von Etabliertheit<br />
• die „Kultur der Parzelle“ sorgt für eine Vielfalt innerhalb<br />
der Bebauung<br />
• der frühzeitige Straßenbahnanschluss ans Zentrum<br />
sorgt für ein Gefühl der Zugehörigkeit und<br />
erleichtert den Verzicht auf das Auto<br />
• alle Gebäude sind in Niedrigenergieweise gebaut<br />
• Verpflichtung Autostellplatz zu kaufen; falls man<br />
kein Auto besitzt, muss eine Vorhaltefläche für einen<br />
Stellplatz gekauft werden<br />
• gute Freiraumkultur – viele gepflegte Vorgärten<br />
und Terrassen, aber auch Spielplätze und kleine<br />
Parks, die in der Siedlung das Gefühl der Zusammengehörigkeit<br />
vermitteln<br />
• Autofrei - An den Rändern der Siedlung sind zwei<br />
große Parkhäuser gebaut. Innerhalb der Siedlung ist<br />
nur An- und Zulieferverkehr erlaubt.<br />
• alle Straßen sind Spielstraßen<br />
• Nutzen von „Car-sharing“-Angeboten<br />
• Das Grundwasser ist wegen der ehemaligen Militärnutzung<br />
verseucht, eine Anlage vor Ort reinigt<br />
das Grundwasser kontinuierlich, so dass es in ca. 20<br />
Jahren wieder einwandfrei ist.<br />
• durch den Berg und einen Bach ist die Siedlung<br />
gut eingefasst<br />
• die Wohnungen sind größtenteils Eigentum der<br />
Bewohner, die dort meist in Baugruppen organisiert,<br />
ihr Eigenheim verwirklicht haben<br />
• durch örtlichen Einzelhandel ist in dem Gebiet<br />
die Nahversorgung gesichert<br />
• der historische Gebäudebestand (Kasernen) ist<br />
teilweise in Form von Studentenwohnheimen erhalten<br />
geblieben<br />
• intensive Bürgerbeteiligung<br />
Negativ:<br />
• überwiegend von jungen Familien bewohnt -<br />
Freizeitangebote entsprechend darauf abgestimmt<br />
-> was passiert, wenn die Kinder zu Jugendlichen<br />
werden<br />
• kaum Durchmischung der Bevölkerungsstruktur<br />
(überwiegend gehobene Schicht)<br />
• Gefühl einer „gated community“<br />
130
Stadtplanungsbüro Fahle<br />
Der letzte Termin führte das Projekt zu dem<br />
freien Stadtplanungsbüro Fahle. Dies war gleichzeitig<br />
der letzte offizielle Termin dieser Exkursion<br />
nach Freiburg.<br />
Der Inhaber Bernd Fahle nahm sich einen<br />
Nachmittag ausreichend Zeit um seine Person,<br />
sein Büro und seine Arbeitsweise vorzustellen<br />
und unsere Fragen zu beantworten. Er berichtete<br />
uns von den verschiedenen Arbeitsfeldern,<br />
in denen das Büro tätig ist. diese Bereiche beziehen<br />
sich nicht nur auf die für Stadtplaner<br />
typischen Bereiche, wie zum Beispiel Bauleitplanung<br />
oder das Erarbeiten städtebaulicher<br />
Entwürfe. Nach Aussagen von Herrn Fahle hat<br />
sich das Tätigkeitsfeld des Planers in den letzten<br />
Jahren enorm erweitert. Das Büro wirkt,<br />
neben den genannten Arbeitsfeldern, auch in<br />
der Prozesssteuerung und Projektleitung mit.<br />
Die Tätigkeiten in diesen Bereichen reichen<br />
von Moderation/Mediation, Organisation/Koordination<br />
über so genannte Plausibilitätsprüfungen.<br />
Die Ausweitung der Arbeitsbereiche zeigt,<br />
dass der Beruf des Stadtplaners sehr vielfältig<br />
und abwechslungsreich ist. weiterhin berichtete<br />
Herr Fahle über die verschiedensten Projekte<br />
an denen sein Büro mitgewirkt hatte und führte<br />
uns zum Abschluss durch die Büroräume.<br />
im Bebauungsplan festsetzen, daher diese durch<br />
einen städtebaulichen Entwurf regeln<br />
• Nutzung von Sonnenenergie, Biomasse und Erdwärme<br />
sind erstrebenswert<br />
• soziale Fragen sollten schon in der Planungsphase<br />
berücksichtigt werden<br />
• Blockheizkraftwerke, Tiefgaragen und Dachbegrünung<br />
über textliche Festsetzungen regeln<br />
Aspekte für unser Projekt:<br />
• ökologische Maßnahmen lassen sich meist nicht<br />
Freiburg<br />
131
Grundlagen für einen<br />
ökologischen Städtebau<br />
Im Hinblick auf das wachsende Bewusstsein<br />
im Städtebau für die Belange der Umwelt und<br />
der ökologischen Nachhaltigkeit, sollen folgende<br />
Handreichungen einen kurzen Einblick in<br />
die Möglichkeiten der Umweltmaßnahmen im<br />
Städtebau geben. Neben den Aspekten wie<br />
nachhaltige Architektur, Energiekonzept und u.a.<br />
Nachhaltigkeitsaspekte in ihrer Auswirkungen<br />
auf die Ökologie, werden auch Anregungen für<br />
ökologische Festsetzungen im Bebauungsplan<br />
behandelt. Abschließend wird der Biotopflächenfaktor<br />
als Instrument für die Feststellung<br />
der ökologischen Qualität eines Untersuchungsgebiets<br />
vorgestellt.<br />
Im Folgenden sollen zu verschiedenen Bereichen<br />
konkrete Umweltmaßnahmen im Städtebau<br />
aufgezeigt werden.<br />
Planung<br />
• Für das bauliche Vorhaben ist ein ökologisches<br />
Gesamtkonzept als Bestandteil der Vorplanungsunterlagen<br />
(VPU) durchzuführen, die Aussagen zur<br />
Umsetzung der ökologischen Ziele umfasst.<br />
• Nachhaltigkeitsgrundsätze von Anfang an beachten<br />
– kostenwirksame Entscheidungen müssen<br />
rechtzeitig berücksichtigt werden<br />
• Planungsteam auf Nachhaltigkeit anpassen – Zusammenbringen<br />
unterschiedlicher Fachdisziplinen<br />
• Qualitätssicherung durch stetiges Monitoring<br />
• aktive Partizipation späterer Nutzer<br />
Umweltmaßnahmen im Städtebau<br />
• soziokulturelle Auswirkungen des Bauvorhabens<br />
als gleichwertig den Ökologischen erachten<br />
• lange Nutzungszeit und Rentabilität gewährleisten<br />
• Neubaubedarf hinterfragen<br />
• Optimierung des Raumprogramms an den tatsächlichen<br />
Bedarf<br />
• Grundstücksbezogene Auswirkungen betrachten<br />
– mögliche Eingriffsausgleichsregelungen<br />
(In den weiteren Planungsschritten sind die einzelnen<br />
Bereiche nach diversen nutzerbezogenen<br />
Kriterien (ergeben sich aus der Bürgerbeteiligung)<br />
zu gestalten, womit den bestimmten Orten eine<br />
eigene Identität verliehen wird.)<br />
Erschließung<br />
• externe Erschließung (bestehende Straßen, An-<br />
133
Grundlagen für einen ökologischen Städtebau<br />
bindung an ÖPNV, Rad-/Fußwege) voll ausnutzen<br />
• alternative Mobilitätsangebote wie Car-Sharing<br />
• Iinnerhalb vom Gebiet nur ein untergeordnetes<br />
System von Sammel- und Anliegerstraßen, wo viele<br />
verkehrsberuhigte und autofreie Bereiche vorzufinden<br />
sind.<br />
• Eine Vermeidung erhöhten Verkehrsaufkommens<br />
gebietsintern kann mit einem Parkhaus erreicht<br />
werden.<br />
• Bei dem Erzielen niedrigerer Autoinhaberquoten<br />
kann eine intensivere Straßenraumbegrünung mit<br />
Bäumen erfolgen.<br />
• Versiegelte Flächen: Je höher der Anteil an Oberflächen<br />
wie Asphalt und Beton ist, desto größer ist<br />
das Wärmespeicherungspotential der Stadt und<br />
damit gleichzeitig die Temperatur in der Stadt.<br />
• Das hohe Maß der Versiegelung, die fehlende Vegetation<br />
und das sofortige Ableiten des Regenwassers<br />
in die Kanalisation tragen dazu bei, dass Stadtluft<br />
im Allgemeinen trockener ist als die Landluft.<br />
• Ferner wird der Wind durch die horizontale und<br />
vertikale (Rauhigkeit/ Profil) Struktur der Stadt<br />
verändert. So wird der Wind durch Gebäudefronten<br />
und Straßenschluchten in seiner Richtung<br />
gebremst, geändert und kann auch kanalisiert und<br />
dementsprechend verstärkt werden.<br />
• dichte Bebauung<br />
•Parkplätze mit reduziertem Platzverbrauch<br />
planen<br />
• Verkehrsfreie Zonen<br />
• klare Grenzen zwischen privaten und öffentlichen<br />
Räumen<br />
Freiräume und Ökologie<br />
• Berücksichtigung des städtebaulichen Umfelds<br />
und des Landschaftsraums, der vorhandenen Vegetationen,<br />
Biotope, Landschaftselemente, der Immissionssituation,<br />
der Situation des Grundwassers und<br />
vorhandener Oberflächengewässer, Bedingungen<br />
der Belichtung und Besonnung, der Topographie<br />
• Naturnahe Gestaltung der Frei- und Grünräume<br />
(Verwendung ökologischer Materialien bei der Außenraumgestaltung<br />
wie z. B. Vegetationsstrukturen<br />
= Hecken statt Mauern, wenig versiegelte Fläche,<br />
Funktion der Regenwasserretention und -versickerung,<br />
u.v.m.)<br />
• Heimische Gehölze und Stauden sind im Rahmen<br />
der Pflanzenverwendung nicht nur als Gestaltungsmittel,<br />
sondern auch unter ökologischen Aspekten<br />
als Vogelnährgehölz und Bienenweide auszuwählen.<br />
In der Stadt lebenden Wildtierarten sind durch geeignete<br />
Maßnahmen zu schützen.<br />
• Verwendung von Gehölzarten, die sich durch eine<br />
hohe Effektivität an O2 Produktion und hohem<br />
Verdunstungsvermögen auszeichnen (sog. Pumpende<br />
Gehölzarten) = effektiver Beitrag zur Stadtklimaverbesserung.<br />
• vielfältige, zusammenhängende Vegetationsflächen<br />
• möglichst geringer Pflegeaufwand<br />
• Regenwassernutzung in der Freiraumgestaltung<br />
• Wassersparende Sanitärtechniken<br />
• Trinkwasserleitungen: Ziel ökologischen Bauens ist<br />
ein reduzierter Trinkwasserverbrauch. Dazu dient<br />
die Installation wassersparender Armaturen und<br />
Haushaltsgeräte.<br />
• Mülltrennung und Kompostierung<br />
• Berücksichtigung klimatischer Aspekte im Freiraumkonzept:<br />
von Bebauung und Großgrün freigestellte<br />
Grünstreifen sorgen für eine ausreichende<br />
Luftventilation im Gebiet<br />
• Schonender Umgang mit Boden: nur in den ehemaligen<br />
versiegelten Bereichen, wo ein vorbelasteter<br />
Boden vorzufinden ist, ist ein hoher Versiegelungsgrad<br />
der Freiräume zulässig.<br />
• Entsiegelung soweit wie möglich und eine Schaffung<br />
von Grünflächen, unter Berücksichtigung der<br />
jeweiligen geologischen Gegebenheiten (gern<br />
auch wenn möglich eine Art Wildwiese) – dabei<br />
ist aus stadtklimatischer Sicht eine Mischung aus<br />
größeren Rasenflächen, niedrigen Strauchgruppen<br />
und hochstämmigen Baumgruppen am wirkungsvollsten<br />
• Nistmöglichkeiten für Tiere an den Gebäuden<br />
• (Die Übergänge zwischen den öffentlichen bis hin<br />
zu privaten Grün- und Freiräumen, die nicht nur<br />
in süd-nördlicher sondern auch in ost-westlicher<br />
Richtung vorkommen, sind von großer Bedeutung.<br />
Somit wird ein abwechslungsreiches Angebot an<br />
unterschiedlich nutzbaren und zugänglichen, jedoch<br />
aber wohnungsnahen Freiraumtypologien<br />
134
geschaffen und demzufolge wird der Wert des<br />
Wohngebietes erhöht.)<br />
• Pflanzenkläranlage<br />
• Feuchtbiotope bzw. Teiche werden zur Sammlung<br />
von Oberflächenwasser und als Rückstaubecken<br />
empfohlen.<br />
• Geschlossene Grünflächen können schon bei 50<br />
m im Querschnitt, und durch Mauern abgeschlossene<br />
Gartenhöfe würden bei weniger als 10 m<br />
Durchmesser, eigene Klimaverhältnisse entwickeln.<br />
• Dach- und Fassadenbegrünung<br />
Architektur<br />
„Ökologisch orientiertes Bauen strebt in allen<br />
Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden von der<br />
Planung, der Erstellung über die Nutzung und Erneuerung<br />
bis zu ihrer Beseitigung eine Minimierung<br />
des Verbrauchs von Energie und Rohstoffen sowie<br />
eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushalts<br />
an. (…)“<br />
• Offene Bauweise für bessere Durchlüftung des<br />
Gebietes (Die offene Bauweise bildet einen bedeutsamen<br />
Aspekt bei der Luftventilation im Gebiet,<br />
da bei solcher die Luft in die Siedlung besser<br />
eindringen kann.)<br />
• Alle Gebäude sind im (Niedrigenergie-, Passivhaus-<br />
oder) Plusenergiehausstandard zu errichten,<br />
Energieeinsparung durch Gebäudekonzeption<br />
(Wärmeschutz)<br />
• Optimierung der Gebäudegeometrie (Kompaktheit,<br />
günstiges Verhältnis Bruttogrundfläche zu<br />
Nutzfläche, wirtschaftliche Raumhöhen, bedarfsgerechte<br />
Begrenzung der Größe der technischen<br />
Funktionsflächen)<br />
• Stellung und Gestaltung der Baukörper im Hinblick<br />
auf Windeinwirkung und einen möglichst bedarfsgerechten<br />
passiven Solargewinn bei Vermeidung<br />
sommerlicher Überhitzungen durch wirksamen<br />
Sonnenschutz,<br />
• Vermeidung von Tiefgeschossen, soweit es die<br />
Nutzung des Gebäudes und die technischen Erfordernisse<br />
erlauben,<br />
• Lärmschutz nach innen und außen<br />
• freie, jedoch kontrollierte Lüftung, Kühlung der<br />
Gewerbeanlagen und Büros; Wärmerückgewinnung<br />
• Tageslichtnutzung, lichtlenkende Maßnahmen, optimierter<br />
Sonnenschutz<br />
• Bei der Architekturplanung sind die möglichen<br />
solaren Gewinne durch Einbeziehung folgender<br />
Aspekte zu prüfen: Gebäudeausrichtung, Fensterflächenanteil,<br />
Planung von Doppelfassaden, entsprechender<br />
Gebäudeabstand und Verschattung<br />
durch Bepflanzung<br />
• Stahlbeton als Kühlung & Wärmespeicher gleichzeitig<br />
• Steigerung der Energieeffizienz (Messbare Kriterien<br />
zur Energieeffizienz liefert die Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV)<br />
• wenige (oder sogar auch ”Verzicht auf“) Raumbereiche<br />
mit Klimatisierung, Beleuchtung<br />
• Baustoffe: Recycling, nachhaltige Baustoffe, Zertifizierung,<br />
Verwendung von dauerhaftem, natürlichem<br />
und regionalem Baumaterial<br />
• Schadstoffbelastung der Baustoffe minimalisieren,<br />
bzw. ökologisch unbedenkliche Baustoffe verwenden<br />
• Baubiologie: Toxizität, Innenraumluft, Behaglichkeit…<br />
• Rückbaufähigkeit, Problemstoffe (PVC, Verbundstoffe)<br />
• Um die mikroklimatischen Verhältnisse im Baugebiet<br />
positiv zu bewirken, wird eine Flachdachtypologie<br />
bzw. geringe Dachneigung angestrebt – dies<br />
ermöglicht extensive Dachbegrünung (Verringerung<br />
des Regenwasserabflusses; wichtig vor allem<br />
in Bereichen mit größerem Anteil an versiegelter<br />
Fläche) und gleichzeitig auch Platzieren von Solaranlagen.<br />
• Wohnungsbezogene Grauwasserkreisläufe<br />
• Anwohnergerechte Materialverwendung und<br />
Farbgestaltung<br />
• Wintergärten (effektive Nutzung der Sonnenenergie),<br />
geschlossene Nordfassade<br />
• Fassadenbegrünung (die eigenen artspezifischen<br />
Eigenarten der jeweiligen Pflanze unbedingt berücksichtigen)<br />
• Wenn ein grünes Dach dann vorzugsweise eines<br />
mit Extensivbegrünungen, welche sehr naturnah<br />
135
Grundlagen für einen ökologischen Städtebau<br />
sind und sich durch angepasste Standortbedingungen<br />
weitgehend selbst erhalten können – dabei ist<br />
auch eine Kombination aus begrüntem Dach und<br />
Solaranlagen möglich<br />
Energiekonzept<br />
• energieeffizientes Bauen und Nutzung nachhaltiger<br />
Energiequellen<br />
• Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer<br />
Energien: Ein hocheffizientes Blockheizkraftwerk<br />
(möglicher Errichtungsstandort östlich<br />
des Planungsgebietes) und Solaranlagen (Photovoltaik)<br />
zur direkten Stromgewinnung können auf<br />
umweltfreundliche Weise die benötigte Wärmeenergie<br />
sowie einen großen Anteil der Elektrizität<br />
liefern. Erdwärmetauscher, Integration von Solaranlagen<br />
• (thermische Solaranlage)<br />
• Windkraftanlagen<br />
• Methoden der zentralen Wärmebereitstellung<br />
(Schwerkraftheizung) <br />
• Pelletheizung<br />
• Wärmerückgewinnung (Raumluft)<br />
• Wärmedämmung<br />
• optimal gebrauch von Sonnenlicht in Planung<br />
• Festlegung der Dachform zur Errichtung von Solarzellen<br />
Soziale Aspekte in ihrer Auswirkungen<br />
auf Ökologie:<br />
• Nahversorgung: Bildung, Einkaufen, Cafés, Arbeitsplätze<br />
(--> Vermeidung des Wegfahrens)<br />
• Gesundheit und Behaglichkeit der Innenräume<br />
(bsp. Meidung der Innenraumluftbelastung) und<br />
der Umgebung sichern<br />
• Nutzergerechte Planung<br />
• soziale Integration (gemischte Milieustruktur) (--><br />
Vermeidung des Wegfahrens)<br />
• gemischte Altersstruktur / Kinderfreundlichkeit<br />
• Berücksichtigung von Genderaspekten (Reproduktion)<br />
• gemeinsame Nutzung, z.B. Wohnhof, Gemeinschaftshaus,<br />
Werkstatt (--> Vermeidung des Wegfahrens)<br />
• Barrierefreiheit (Wohnungen, Freiraumgestaltung)<br />
• Möglichkeit dauerhaft konfliktfreier Nutzung und<br />
Offenheit für sich wandelnde Nutzungsgewohnheiten,<br />
• Möglichkeiten ruhiger Erholung bzw. die Trennung<br />
von ruhiger Erholung und Zonen für Spiel und Bewegung,<br />
• eine hohe Spiel- und Aufenthaltsqualität (z. B. geschützte<br />
und besonnte Teilflächen),<br />
Ökonomische Nachhaltigkeitsaspekte<br />
in ihrer Auswirkungen auf<br />
Ökologie:<br />
• Herstellung lokaler wirtschaftlichen Strukturen im<br />
(Klein-)Gewerbe und Dienstleistungssektor<br />
• Lebensdauer der Baumassen (gute bautechnische<br />
Details, Pflegeaufwand)<br />
• flexible Grundrisse (z.B. versetzbare Wände) –<br />
Vermeidung des Abriss- und Neubaubedarfs in der<br />
Zukunft und damit verbundene mögliche Umnutzbarkeit<br />
(z.B. Wohn- in Gewerbenutzung)<br />
• Betriebskostenreduzierung<br />
Sonstiges<br />
• Planung von Kanalisationen und Abfallbeseitigung,<br />
-vermeidung, -recycling<br />
• Berücksichtigung der historischen Bedeutung des<br />
Planungsgebietes<br />
136
Ökologische Festsetzungen im Bebauungsplan<br />
Der Bebauungsplan bietet mit Hilfe seiner textlichen<br />
und zeichnerischen Festsetzungen, die<br />
Möglichkeit nachhaltig orientierte Vorschriften<br />
zu formulieren. Die Grundlagen dafür finden<br />
sich im BauGB, der BauNVO sowie in den BIm-<br />
SchG. Im Folgenden werden festsetzungswürdige<br />
Aspekte und die dazugehörigen rechtlichen<br />
Grundlagen innerhalb der oben genannten Gesetzestexte<br />
aufgezeigt.<br />
Tabelle festsetzungswürdige Aspekte<br />
137
Grundlagen für einen ökologischen Städtebau<br />
Der Biotopflächenfaktor<br />
Der Biotopflächenfaktor (BFF) stellt eine<br />
schnelle und einfache Möglichkeit dar, die ökologische<br />
Qualität eines Untersuchungsgebiets<br />
festzustellen und es mit anderen Gebieten zu<br />
vergleichen, bzw. den Zustand vor und nach<br />
einem bestimmten Eingriff zu ermitteln. Besonders<br />
im städtischen Bereich liegt das Potenzial<br />
des BFFs in der Qualifizierung von Flächen und<br />
deren Statthaftigkeit gegenüber verschiedenen<br />
Nutzungsformen.<br />
Zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen<br />
im Land Berlin werden folgende Aspekte berücksichtigt:<br />
• der hohe Grad der Bodenversiegelung,<br />
• die unzureichende Anreicherung des Grundwassers,<br />
bedingt durch den schnellen Abfluss der Niederschläge<br />
in die Kanalisation<br />
• die mangelnde Luftfeuchte und Überwärmung,<br />
• der immer kleiner werdenden Lebensraum für<br />
Pflanzen und Tiere wegen unzureichender Grünflächen<br />
Eine wesentliche Zielsetzung der Berliner Stadtentwicklung<br />
ist die Verbesserung der Funktionsfähigkeit<br />
des Naturhaushaltes sowie die Förderung<br />
der Biotopentwicklung unter Beibehaltung<br />
der aktuellen Flächennutzung. Um Defizite im<br />
Freiraum in den hoch verdichteten Stadtteilen<br />
zu kompensieren und damit Umweltbelastungen<br />
abbauen zu können, wurde der Biotopflächenfaktor<br />
eingeführt. Ähnlich den städtebaulichen<br />
Kennwerten in der Bauleitplanung wie<br />
Bruttogeschossfläche (BGF), Grundflächenzahl<br />
(GRZ) und Geschossflächenzahl (GFZ), die das<br />
Maß der baulichen Nutzung regeln, benennt<br />
der BFF den Flächenanteil eines Grundstückes,<br />
der als Pflanzenstandort dient bzw. sonstige<br />
Funktionen für den Naturhaushalt übernimmt.<br />
Für ausgewählte, gleichartig strukturierte Stadtgebiete<br />
kann der BFF in einem Landschaftsplan<br />
verbindlich festgelegt werden.<br />
Der BFF trägt damit zur Standardisierung und<br />
Konkretisierung der folgenden Umweltqualitätsziele<br />
bei:<br />
• Sicherung und Verbesserung des Kleinklimas und<br />
der Lufthygiene,<br />
• Sicherung und Entwicklung von Bodenfunktion<br />
und Wasserhaushalt,<br />
• Schaffung und Aufwertung von Lebensraum für<br />
Tiere und Pflanzen,<br />
• Verbesserung des Wohnumfeldes.<br />
Anwendungsbereiche<br />
Der BFF umfasst die städtischen Nutzungsformen<br />
Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur und<br />
formuliert ökologische Mindeststandards für<br />
bauliche Änderungen und Neubebauung. Dabei<br />
werden sämtliche Begrünungspotentiale wie<br />
Höfe, Dächer, Mauern und Brandwände einbezogen.<br />
Für die unterschiedlichen Bebauungs- und Nutzungsstrukturen<br />
gelten die in der Tabelle aufgeführten<br />
BFF-Werte.<br />
Tabelle Biotopflächenfaktor<br />
138
BFF-Berechnung<br />
Der BFF benennt das Verhältnis naturhaushaltwirksamer<br />
Flächen zur gesamten Grundstücksfläche.<br />
Dabei werden den einzelnen Teilflächen eines<br />
Grundstückes je nach ihrer „ökologischen Wertigkeit“<br />
Anrechnungsfaktoren zugeordnet.<br />
Rechtliche Grundlage<br />
In Berlin kann der BFF als ökologischer Planungskennwert<br />
in erster Linie in Landschaftsplänen<br />
festgesetzt werden. Die dazu festgelegten<br />
Festsetzungen sind dem Handbuch der Berliner<br />
Landschaftspläne zu entnehmen. Der BFF<br />
kann jedoch auch in allen bebauten Gebieten<br />
als Richtschnur für ökologische Maßnahmen<br />
Anwendung finden. Somit sind grundstücksbezogene<br />
Vorgaben in bebauten Gebieten bei<br />
Bauvorhaben zur Verwirklichung der Ziele des<br />
Naturschutzes und der Landschaftspflege umzusetzen.<br />
139
Entwurfsphase<br />
Zu Beginn machten sich mehrere Projektmitglieder<br />
ihre eigenen Gedanken zu einem möglichen<br />
Entwurf für das Plangebiet und visualisierten<br />
diese in einfachen Skizzen und Graphiken.<br />
So kamen in der ersten Entwurfsphase viele<br />
unterschiedliche Ideen und Konzeptvorschläge<br />
zusammen<br />
Benjamin<br />
Die wesentlichen Merkmale des städtebaulichen<br />
Entwurfs sind die Erhaltung von Altbaubeständen,<br />
die Ausrichtung der Neubauten zum<br />
Wasser, die Erhaltung des Grünstreifens entlang<br />
des Ufers sowie die Schaffung eines Uferweges<br />
mit Verbindungen in die benachbarten Wohnqaurtiere.<br />
Erste Entwürfe<br />
Bei diesem Entwurf werden die Werkshallen<br />
nicht erhalten. Sie befinden sich in einem nicht<br />
erhaltenswerten Zustand und würden zudem<br />
die Flexibilität im Bereich Städtebau zu sehr<br />
einschränken. Die weiteren Altbaubestände<br />
werden überwiegend zu gewerblichen Zwecken<br />
genutzt. Durch ihre Erhaltung bleibt der industrielle<br />
Charakter bestehen. Die Neubauten<br />
hingegen sollen durch Wohnnutzungen geprägt<br />
sein.<br />
Des Weiteren ergibt sich durch die Straßenund<br />
Wegegestaltung im mittleren Bereich des<br />
Plangebietes ein zentraler Platz. Dieser soll in<br />
Entwurf<br />
Zukunft als Aufenthaltsort mit gastronomischen<br />
Einrichtungen und kleinen Läden von den Bewohnern<br />
genutzt werden.<br />
Die vorhanden Probleme durch hohe Lärme-<br />
141
Entwurfsphase<br />
missionen, ausgehend vom Verkehrsaufkommen<br />
auf der Friedrichshagener Straße und der<br />
Salvador-Allende-Brücke, werden durch die Erhaltung<br />
der alten Ziegelsteinmauer entlang der<br />
Friedrichshagener Straße und einem Parkhaus<br />
und Blockheizkraftwerk entlang der Salvador-<br />
Allende Brücke gemindert.<br />
Gosia<br />
befinden sich auch zwei Parkplätze auf dem<br />
Gelände.<br />
Bei dem zweiten Entwurf gibt es nur einen<br />
Unterschied, die Gebäude sind zu Spree ausgerichtet.<br />
Sonst gibt es wie im ersten Entwurf<br />
Fußwege, öffentliche Plätze und Parkplätze für<br />
das autofreie Gebiet.<br />
Henrike<br />
Das Plangebiet an der Friedrichshagener Straße<br />
soll weiterhin einen Teil seines prägenden<br />
industriellen Charakters behalten. Die beiden<br />
hohen Verwaltungskomplexe sollen daher erhalten<br />
bleiben. Außerdem sollen die Elemente<br />
der ehemaligen Fabrikdächer aufgegriffen werden,<br />
um einen nachbarschaftlichen Treffpunkt zu<br />
schaffen. In Anlehnung an einer Arkade könnte<br />
dort ebenfalls ein kleines Gebietszentrum mit<br />
Einkaufsmöglichkeiten und Aufenthaltsplätzen<br />
entstehen.<br />
Entwurf 1<br />
Des Weiteren soll das Gebiet autofrei sein. Die<br />
Straßen sind nur für den Anlieferverkehr frei.<br />
Die beiden Parkhäuser mit Fassadenbegrünung<br />
dienen zur Unterstellung der Autos und gleichzeitig<br />
als Lärmschutz.<br />
Es soll ein Blockheizkraftwerk auf dem Plangebiet<br />
entstehen, welches die Strom- und Wärmeversorgung<br />
regelt. Ein weiterer ökologischer<br />
Aspekt ist die Nutzung von Sonnenenergie in<br />
Form von Solarzellen.<br />
Entwurf 2<br />
Der vorhandene Grünsteifen entlang der Spree<br />
soll erhalten bleiben. Innerhalb der Bebauung<br />
sollen mehrere, kleine halböffentliche Grünflächen<br />
und Plätze entstehen.<br />
In diesem Entwurf befinden sich die Gebäude<br />
senkrecht zur Spree.<br />
Zwischen den Gebäuden befinden sich Fußwege<br />
und öffentliche Räume für Einwohner<br />
und Besucher. In diesem Endwurf gibt es eine<br />
Promenade von der Friedrichshagener Straße<br />
bis zur Spree. Das Gebiet ist autofrei und es<br />
Die Bebauung ist hauptsächlich geprägt durch<br />
Zeilenbebauung, aber auch durch kleinere<br />
Mehrfamilienhäuser. Bei der Ausrichtung der<br />
Gebäude wurde auf die Blickbeziehung zum<br />
Wasser geachtet. Im gesamten Gebiet soll eine<br />
ausgewogene Mischung aus Wohnen und Einzelhandel<br />
entstehen, ebenso wie eine vielfältige<br />
soziale Mischung.<br />
142
Stichstraßen werden als Spielstraßen ausgewiesen.<br />
Somit wird eine Einfahrt zum Einladen und<br />
Ausladen ermöglicht, das Auto sollte jedoch im<br />
dafür vorgesehenen Parkhaus im Osten des<br />
Gebietes geparkt werden.<br />
Entwurf<br />
Lenka<br />
Das Plangebiet am alten Kabelwerk im Köpenick<br />
wird heute durch die zwei hohen denkmalgeschützten<br />
Backsteingebäude stark geprägt.<br />
Des Weiteren sind es die zwei Hallen und der<br />
breite Grünstreifen am Spreeufer, die das Areal<br />
charakterisieren. Ein Ziel des vorliegenden Entwurfes<br />
ist es, die jetzige Atmosphäre so weit<br />
wie möglich zu erhalten. So bleiben die beiden<br />
Riegel und der Grünstreifen als Wahrzeichen<br />
der Fläche unangefasst bestehen, die Geschlossenheit<br />
und Kompaktheit der Hallen findet sich<br />
in der geschlossenen Bauweise wieder.<br />
Im Vordergrund der Neuplanung steht eine<br />
klare Definierung von privaten, halböffentlichen<br />
und öffentlichen Räumen. Der Block als<br />
eine traditionelle Bebauungsart bringt dafür alle<br />
notwendigen Vorraussetzungen mit. Einzelne<br />
Häuser sind im Stil der Town Houses, teilweise<br />
auch als Geschosswohnungsbau zwischen 3-4<br />
Geschossen angedacht. Ein hoher Anteil an südorientierten<br />
Dächern ermöglicht eine effiziente<br />
Nutzung der Sonnenenergie.<br />
Das Freiflächenkonzept behandelt das Areal<br />
als eine Gesamtheit. Die schmalen Öffnungen<br />
der Blöcke regen die Spannung und Neugier an.<br />
Einzelnen Innenhöfen werden unterschiedliche<br />
Funktionen zugewiesen, so dass für eine Vielfalt<br />
im Freiraumangebot, gleichzeitig aber auch für<br />
eine soziale Mischung gesorgt wird.<br />
Die ganze Siedlung ist autofrei zu halten, die<br />
Entwurf<br />
Marduk<br />
In meinem Entwurf lege ich Wert darauf, ein<br />
neues Gebiet zu schaffen, das ein konfliktfreies<br />
nebeneinander von Wohn- und Gewerbenutzung<br />
mit geringem Verkehrsaufkommen und<br />
hoher Energieeffizienz ermöglicht. Dabei werden<br />
auch die Flächen des heutigen Mellowparks<br />
genutzt, welcher beispielsweise auf das Dach<br />
des Baumarktes, auf der gegenüberliegenden<br />
Seite der Friedrichshagener Straße, umgesetzt<br />
werden könnte.<br />
Die Bebauungsstruktur greift andeutungsweise<br />
die Uferlinie der Spree auf und ist ansonsten auf<br />
gute Belichtungsverhältnisse abgestimmt (Ost-/<br />
Westausrichtung). In den langen Gebäuden an<br />
der Friedrichshagener Straße ist Misch- und im<br />
verbleibenden, südlichen Gebiet Wohnnutzung<br />
angedacht. Alle Gebäude sollten dabei eine<br />
Höhe von vier Geschossen nicht übersteigen.<br />
Um den Lärmpegel im Gebiet zu senken dienen<br />
die bereits bestehende Mauer und die lang-<br />
143
gezogenen Gebäude an der Friedrichshagener<br />
Straße als Schallschutz. Zusätzlich soll die Friedrichshagener<br />
Straße ein Tempolimit von 30km/h<br />
erhalten.<br />
Alle Straßen im Gebiet sind als Spielstraßen deklariert.<br />
Parken ist nur zum be- und entladen<br />
erlaubt. PKWs werden in den beiden Parkhäusern<br />
(gelb dargestellt) untergebracht. Dadurch<br />
soll der Straßenraum für Anwohner nutzbarer<br />
gemacht werden, da mehr Platz entsteht und<br />
Gefahren verringert werden.<br />
Ein Entwurf zeigt, wie sich die gegenüberliegende<br />
Seite der Friedrichshagener Straße entwickeln<br />
könnte. Zur Zeit ist gegenüber dem<br />
Plangebiet ein Gewerbegebiet mit einer großen<br />
Halle angesiedelt. Dieser Zustand bietet keinen<br />
schönen Anblick und könnte daher durch städtbauliche<br />
Maßnahmen aufgewertet werden, was<br />
aber für uns momentan nicht Gegenstand der<br />
Planung ist.<br />
Entwurf 1<br />
Entwurf<br />
Faith<br />
In den Entwürfen wird Wert darauf gelegt,<br />
dass die meisten Gebäude zum Wasser ausgerichtet<br />
sind. Außerdem verlaufen ebenfalls<br />
die Erschließungsstraßen in Blickrichtung zur<br />
Spree. Dadurch soll auch von der Friedrichshagener<br />
Straße die Spree zu sehen sein und der<br />
Grünstreifen für die Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht werden. Außerdem soll eine ausgewogene<br />
Mischung aus Wohnen und Gewerbe in<br />
dem Gebiet entstehen. Die alten Fabrikhallen<br />
werden abgerissen. Es bleiben die ehemaligen<br />
Verwaltungskomplexe erhalten, die dem Gebiet<br />
einen historischen Charakter verleihen.<br />
Entwurf 2
Entwurf „Spreequartier am<br />
alten Kabelwerk“<br />
Diese vielfältigen Konzeptideen bildeten eine<br />
erste Grundlage. Innerhalb des Projektes wurden<br />
alle Ideen intensiv diskutiert und die markantesten<br />
Merkmale herausgefiltert. Daraus<br />
entwickelte sich ein erstes Bild, welches grundlegende<br />
Aspekte, wie die Ausrichtung der Gebäude<br />
und die Art der Erhaltung des industriellen<br />
Charakters, beinhaltete. Nun setzte sich ein Teil<br />
1. Bisherige Entwicklung – Ausgangssituation<br />
Das zu entwickelnde Gelände liegt im Bezirk<br />
Treptow-Köpenick der Bundeshauptstadt Berlin.<br />
Es wird im Süden von der Spree, im Westen<br />
durch die östlichen Grenzen der Flustücke 174<br />
und 192 des Flurs 454, im Norden von der<br />
„Friedrichshagener Straße“ und im Osten von<br />
„Salvador-Allende-Brücke“ begrenzt. Das gesamte<br />
Areal umfasst eine Fläche von rund sieben<br />
Hektar.<br />
Derzeit befinden sich auf dem Gelände Altbaubestände<br />
des ehemaligen „Kabelwerks Köpenick“.<br />
Dieses wurde 1993 stillgelegt und an die<br />
Treuhand-Nachfolgerin TLG Immobilien übergeben.<br />
Seitdem rotten die einstigen Werkshallen<br />
und -gebäude vor sich hin.<br />
Die TLG möchte zusammen mit Investoren und<br />
Städtebauliches Konzept<br />
der Entwerfer und Entwerferinnen zusammen<br />
und ließen diese in ein neues Gesamtkonzept<br />
einfließen. In einem langen Prozess, mit vielen<br />
Abstimmungen im Plenum, ergaben sich immer<br />
wieder Veränderungen, die dann im endgültigen<br />
Entwurf mündeten.<br />
dem Bezirk Treptow-Köpenick das Gelände<br />
weiterentwickeln. Angestrebt wird dabei eine<br />
überwiegende Wohnnutzung. Erste Schritte<br />
wurden bereits im Jahr 2007 mit einer Flächennutzungsplanänderung<br />
eingeleitet. In der Begründung<br />
dieser Änderung wird erläutert, dass<br />
dadurch „Entwicklungsperspektiven für hochwertige<br />
Nutzungen in wasserbezogener Lage“<br />
ermöglicht werden sollen.<br />
Im westlichen Teil des Geländes befindet sich<br />
derzeit noch eine Freizeitanlage für Skater und<br />
BMX-Fahrer, der Mellowpark Köpenick, der vor<br />
einigen Jahren als Zwischennutzung zugelassen<br />
wurde. Noch in diesem Jahr soll die Fläche innerhalb<br />
des Bezirkes umgesiedelt werden.<br />
Des Weiteren wurden im Zuge der - bis vor<br />
zwei Jahren festgelegten - Industrieflächensicherung<br />
die bestehenden Gebäude als denkmalgeschützter<br />
Bereich ausgewiesen. Dies setzt mit<br />
145
Städtebauliches Konzept<br />
Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />
Hilfe von rechtlichen Anordnungen, Verfügungen,<br />
Genehmigungen und Auflagen voraus, dass<br />
durch geistige, technische, handwerkliche und<br />
künstlerische Maßnahmen zur Er- und Unterhaltung<br />
des Kulturdenkmals beigetragen wird.<br />
2. Städtebauliche Konzeption –<br />
Beschreibung des Vorhabens<br />
2.1. Nutzungskonzept<br />
Aufgrund unseres Projektschwerpunktes und<br />
den Vorstellungen des Bezirks Treptow-Köpenick<br />
streben wir eine (ökologisch) nachhaltige<br />
Siedlungsstruktur mit Wohn- und Mischnutzung<br />
an.<br />
Das Vorhaben umfasst die Errichtung von rund<br />
400 Wohneinheiten in Form von Reihen- und<br />
Mehrfamilienhäusern, sowie Modernisierungsmaßnahmen<br />
der Bestandsgebäude. Insgesamt<br />
entstehen bei diesem Konzept Wohnraum für<br />
ca. 1000 Menschen, sowie Büro- und sonstige<br />
gewerbliche Nutzungsflächen für ca. 300 Arbeitsplätze.<br />
den Altbaubeständen positioniert. Im Zuge der<br />
Altbausanierung wird zudem bedacht, dass die<br />
Gebäude je nach Bedarf und Situation auch zu<br />
Wohnzwecken umfunktioniert werden können.<br />
Hoher Wert wird auch auf die sozialen Nachhaltigkeitsaspekte<br />
gelegt. Es werden Angebote<br />
für alle Alterskategorien geschaffen. Zu ihnen<br />
gehört eine KiTa, ein Jugendtreff, ein Begegnungsstätte<br />
für ältere Menschen und Mehrzweckräume,<br />
die für Vereine und Veranstaltungen<br />
bereitgestellt werden.<br />
Da die Neubauten und größtenteils auch die<br />
Altbaubestände nicht unterkellert sind werden<br />
im nord-westlichen Teil des Plangebietes werden<br />
entlang der Friedrichshagener Straße Abstellräume<br />
integriert. Hier finden die Bewohner<br />
die Möglichkeit zusätzlichen Abstellplatz anzumieten.<br />
Eines der sich in Straßennähe befindlichen Gebäude<br />
verfügt über PKW-Stellplätze im Erdgeschoss,<br />
da diese Flächen durch Lärmemissionen<br />
und Verschattung geprägt sind.<br />
Das Konzept zielt auf eine ausgewogene städtebauliche<br />
Gesamtstruktur, eine ökologisch effektive<br />
Nutzung der bereits vorbelasteten Flächen<br />
und eine räumliche und funktionale Integration<br />
des Quartiers in die Umgebung. Dadurch ergibt<br />
sich eine hohe städtebauliche Dichte sowie<br />
auch Anpassung der Bebauungstypen, teilweise<br />
auch Baufluchten, an die umliegenden Strukturen,<br />
wobei die Neubauten über eine maximale<br />
Geschosszahl von vier Vollgeschossen verfügen.<br />
Lediglich die bestehenden Gebäuderiegel im<br />
mittleren Bereich des Areals weisen fünf Geschosse<br />
und aufgrund der großzügigeren Geschosshöhen<br />
eine deutlich größere Gesamthöhe<br />
auf.<br />
Neben der überwiegenden Wohnnutzung wird,<br />
wie in allgemeinen Wohngebieten zulässig, Raum<br />
für nicht störendes Gewerbe geschaffen. Dies<br />
kann beispielsweise Büro- und Dienstleistungsunternehmen,<br />
Kunstwerkstätten und –atelliers,<br />
kleine Geschäfte/Läden mit Produkten für den<br />
täglichen Bedarf und gastronomische Einrichtungen<br />
beinhalten. Diese Nutzungen werden in<br />
2.2. Bebauungs- und Gestaltungskonzept<br />
Das Bebauungskonzept sieht bei den Neubauten<br />
eine (energieoptimierte) Reihen- und<br />
Mehrfamilienhausstruktur vor, die auf die Traufhöhen<br />
und Dachform reduzierten städtebaulichen<br />
Vorgaben gewährleisten dem Gebiet eine<br />
hohe architektonische Vielfalt, Abwechselung<br />
und Anpassung an die Nutzerwünsche. Die Gebäude<br />
sollen überwiegend mit viergeschossig<br />
ausgeführt werden. Durch die teils sehr großen<br />
Gebäudekomplexe ergibt sich stellenweise eine<br />
geschlossene Bausweise. Die vorhandenen Altbaubestände<br />
sollen in ihrem äußeren Erscheinungsbild<br />
erhalten und energieeffizient saniert<br />
werden. Dies verleiht dem Gebiet weiterhin<br />
den ursprünglichen industriellen Charakter. Die<br />
Altbaubestände, die überwiegend gewerbliche<br />
Nutzungen aufnehmen, verfügen über zwei bis<br />
drei Geschosse, wobei die markanten Gebäuderiegel<br />
im mittleren Bereich des Plangebietes<br />
mit ihren fünf Geschossen eine Ausnahme bil-<br />
146
den und prägen mit ihrem industriellen Charakter<br />
das Ortsbild.<br />
Die bestehenden sowie auch neu geplante<br />
Gebäude entlang der Friedrichshagener Straße<br />
und Salvador-Allende-Brücke und auch die in<br />
Teilen erhaltene alte historische Ziegelsteinmauer<br />
entlang der Friedrichshagener Straße dienen<br />
als Lärmschutz für das restliche Gebiet.<br />
Der städtebauliche Entwurf sieht vor, dass die<br />
Bebauung zur Spree - im Süden des Plangebietes<br />
- ausgerichtet ist. Die Kubaturen der Neubauten<br />
sind bewusst dem westlich benachbarten<br />
und bereits fertig gestellten Neubaugebiet<br />
„Am Krusenick“ angepasst.<br />
Aus dem Konzept ergeben sich rechnerisch eine<br />
durchschnittliche Grundflächenzahl von 0,3 und<br />
eine durchschnittliche Geschossflächenzahl von<br />
0,9.<br />
Die Gestaltungskonzeption sieht für die Neubauten<br />
Pultdächer mit einer maximalen Neigung<br />
von 15 Grad vor, um sie begrünen und als<br />
Dachterrassen nutzen zu können.<br />
Da Garagen und Nebenanlagen im Vergleich<br />
zu den Hauptbaukörpern weniger stark in Erscheinung<br />
treten sollen, werden diese in den<br />
Erdgeschossen mancher Bauten untergebracht.<br />
Bei diesen Erdgeschossen handelt es sich um<br />
Räumlichkeiten, die ohnehin durch Verschattung<br />
und Emissionen beeinflusst werden.<br />
Damit in dem neuen Wohngebiet individuell<br />
und kostengünstig Wohneigentum realisiert<br />
werden kann, wird die Bildung von Baugruppen<br />
zugelassen. Unter dem Begriff „Baugruppe“ fallen<br />
unterschiedliche Formen der Betreuung, Finanzierung<br />
und Durchführung von Bauvorhaben.<br />
Anwendung findet dieses Verfahren bei Neubauten,<br />
aber auch bei Umbaumaßnahmen von<br />
Altbauten. Darüber hinaus können auch besondere<br />
Zielvorstellungen wie neue Wohnformen<br />
(Alt und Jung, etc.), oder Nutzungsmischungen<br />
(Wohnen und Kindertagesstätte) als Grundlagen<br />
zur Bildung einer Baugruppe dienen.<br />
Für den Bau und die Restaurierung der Gebäude<br />
sollen umweltfreundliche Materialen<br />
verwendet werden, um einen möglichst hohen<br />
Nachhaltigkeitsgrad zu erlangen.<br />
2.3. Freiraumkonzept<br />
Bei dem Freiraumkonzept wurde darauf geachtet,<br />
dass sich verschiedene Raumtypen bilden.<br />
Es wurde dabei differenziert zwischen privaten,<br />
halböffentlichen und öffentlichen Freiräumen.<br />
Die privaten Freiräume wurden in Form von<br />
Klein- und Vorgärten für die Bewohner geplant.<br />
Sie schließen unmittelbar an die Gebäude an<br />
und sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.<br />
Diese Gärten dienen ausschließlich den Bewohnern<br />
als Erholungs- und Freizeitraum.<br />
Für die halböffentlichen Freiräume sieht das<br />
Konzept Pocket-Parks vor. Sie dienen als Erholungs-<br />
und Freizeitraum sowie als Begegnungsstätte<br />
für die Bewohner und werden durch<br />
Fußgänger- und Radfahrwege erschlossen. Die<br />
Parks werden von Landschaftsarchitekten und<br />
bildenden Künstlern gestaltet.<br />
Die öffentlichen Räume wurden in Form von<br />
Plätzen und dem Ufergrünstreifen umgesetzt.<br />
Der größte Platz ergibt sich im mittleren Bereich<br />
des Plangebietes zwischen den beiden<br />
großen Gebäuderiegeln. Er dient als Treffpunkt,<br />
Veranstaltungsort und zentraler Platz für das<br />
gesamte Gebiet. Durch die Ansiedelung von<br />
gastronomischen Einrichtungen soll dem Platz<br />
ein städtischer Charakter verliehen werden.<br />
Des Weiteren wurden im Plangebiet Plätze eingeplant,<br />
die Sitzgelegenheiten und Spielgeräte<br />
beinhalten.<br />
Im südwestlichen Bereich des Plangebietes wurde<br />
eine bereits bestehende Sandfläche erhalten.<br />
Diese soll in Zukunft als Strand mit einem Beachvolleyballfeld<br />
und einem Café genutzt werden.<br />
Die Positionierung wurde für diesen Standort<br />
ausgewählt, da sich am dort verlaufenden<br />
Uferwanderweg eine Eingangssituation ergibt.<br />
Der Weg führt aus dem benachbarten Wohngebiet<br />
„Am Krusenick“, von dem aus wiederum<br />
eine Verbindung bis zur Köpenicker Altstadt besteht,<br />
durch das Plangebiet, bis hin zur östlich<br />
147
Städtebauliches Konzept<br />
Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />
benachbarten Wohnsiedlung „Hirschgarten“.<br />
werden kann.<br />
Besonders Wert wurde bei diesem Konzept<br />
ebenfalls auf den Grünstreifen gelegt. Dieser<br />
ist bereits im Flächennutzungsplan als solcher<br />
dargestellt. Mit der Stilllegung des ehemaligen<br />
Kabelwerks wurde diese Fläche nicht weiter als<br />
Außenlager genutzt. Resultierend daraus entwickelte<br />
sich eine ruderal geprägte Wiese, die<br />
heute aufgrund ihrer ungestörten sukzessiven<br />
Entwicklung viele schützenswerte Pflanzenarten<br />
beheimatet. Aus diesem Grund sieht das<br />
Konzept die weitgehende Erhaltung des grünstreifens<br />
in seiner heutigen Form vor. Lediglich<br />
ein paar unbefestigte Fußgängerwege sollen den<br />
Bewohnern und Besuchern den Weg zu einigen<br />
Plateaus an der Wasserkante ermöglichen.<br />
Bei der Planung wurde ebenfalls darauf geachtet,<br />
dass die Bewohner kein Gefühl von Enge<br />
verspüren. Von fast jeder Wohneinheit ist die<br />
Spree einzusehen. Auf der gegenüberliegenden<br />
Uferseite herrscht eine geringe Bebauungsdichte<br />
mit viel Grünanteil. In Blickrichtung<br />
Friedrichshagener Straße sieht man derzeit auf<br />
eine große Werkshalle. Diese Fassade sollte<br />
mit Kletterpflanzen, wie beispielsweise Glyzinie<br />
oder Wilder Wein begrünt werden, damit sich<br />
die Qualität der Blickbeziehungen erhöht.<br />
Des Weiteren wird die Strecke der ehemaligen<br />
Werksbahn in das Konzept aufgenommen und<br />
soll zu einem Weg umgestaltet werden. Dieser<br />
Weg erstreckt sich vom Spielplatz im westlichen<br />
Bereich des Gebietes, vorbei an dem zentralen<br />
Platz, bis hin zur Salvador-Allende-Brücke<br />
im östlichen Bereich. Durch ihn bildet sich ein<br />
Uferweg, der an die benachbarten Wohngebiete<br />
und somit auch an die Köpenicker Altstadt<br />
anschließt. In Verbindung mit der Erhaltung der<br />
Werksbahnstrecke werden ebenfalls zwei historische<br />
Bahndrehkreuze wieder aufgenommen.<br />
Sie dienten ehemals zur Drehung von einzelnen<br />
Wagen und führten direkt in die Werkshallen.<br />
Durch die Nachstellung der Drehkreuze soll an<br />
die ehemalige Funktion des Gebietes erinnert<br />
werden. Zudem besteht durch den Erhalt der<br />
Gleise die Möglichkeit eine Draisinenstrecke im<br />
Gebiet zu integrieren, die als Fortbewegungsmittel<br />
von Bewohnern und Besuchern genutzt<br />
Dank der Topographie ohne Geländesprünge<br />
und einer gezielten landschaftsplanerischen<br />
Gestaltung wird im gesamten Gebiet ein hohes<br />
Maß an Barrierefreiheit ermöglicht. Der Befestigungsgrad<br />
und die Gestaltungsform der Wege<br />
sollen so gewählt werden, dass Rollstühle und<br />
Fahrräder diese uneingeschränkt nutzen können.<br />
2.4. Ökologiekonzept<br />
Das ökologische Konzept sieht eine großflächige<br />
Entsiegelung des Plangebietes vor. Durch den<br />
Wegfall der ehemaligen Werkshallen und aus<br />
der daraus resultierenden Entsiegelung entsteht<br />
viel naturhaushaltwirksame Fläche innerhalb<br />
des Gebietes. Dieser neue Freiraum wird zum<br />
einen für die Schaffung von neuem Wohnraum,<br />
aber auch zur Anlage von Grün- und Freiflächen<br />
genutzt. Die Neubauten werden in Form<br />
von Dach- und Fassadenbegrünung ebenfalls<br />
über einen hohen Grünanteil verfügen. Energiegewinnung<br />
durch direkte und indirekte Sonneneinstrahlung<br />
ist eine weitere Nutzungsform<br />
auf den Dächern und an den Fassaden. Zur<br />
weiteren Energieversorgung wurde ein Blockheizkraftwerk<br />
in das Parkhaus entlang der Salvador-Allende-Brücke<br />
integriert. Dieses gewährt<br />
durch Kraft-Wärme-Kopplung eine Sicherheit<br />
bei Engpässen. Für den Fall, dass sehr große Engpässe<br />
auftreten sollten, besteht zusätzlich ein<br />
Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Dieser<br />
soll jedoch vorzugsweise zur Einspeisung überschüssiger<br />
gewonnener Energie in das Berliner<br />
Stromnetz genutzt werden. Zur Minderung des<br />
Strom- und Wärmebedarfs werden im Gebiet<br />
nur Passiv- und Niedrigenergiehäuser errichtet.<br />
Die Altbauten werden ebenfalls auf diesen<br />
Standard angepasst. Wünschenswert ist die Realisierung<br />
von Plusenergiehäusern.<br />
In der Freiraumplanung wurde darauf geachtet,<br />
den Fußgängern und Fahrradfahrern eine übergeordnete<br />
Rolle einzuräumen.Geplant sind weiterhin<br />
ein Carsharing-Service und ein verbesserter<br />
Zugang zum ÖPNV-Netz (insbesondere<br />
zur Straßenbahn) sowie verbesserte Taktzeiten.<br />
148
Flankierende verkehrsregulierende Maßnahmen<br />
sollen helfe, den motorisierten Individualverkehr<br />
zu senken und auf diese Weise einen<br />
Beitrag zur Minderung des CO2-Ausstosses zu<br />
leisten. Bei Straßen und Wegen sollen – soweit<br />
möglich - wasser- und luftdurchlässige Oberflächen<br />
verwendet werden, die das Regenwasser<br />
versickern lassen. Zur Nutzung des durch äußere<br />
Einflüsse (z.B. Straßenverkehr) verunreinigten<br />
Regenwassers wurde unter dem Parkhaus entlang<br />
der Salvador-Allende-Brücke ein Rückhaltebecken<br />
platziert. Dieses Becken verfügt über<br />
eine semi-dezentrale Membrananlage, welche in<br />
der Lage ist, das Wasser soweit zu reinigen, dass<br />
es unter Einhaltung der Qualitätsmerkmale der<br />
europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)<br />
in „gutem Zustand und somit ohne Bedenken<br />
in Spree abgegeben werden kann.<br />
Ein weiterer Aspekt des ökologischen Konzeptes<br />
ist die schon angesprochene Erhaltung<br />
des bestehenden Uferstreifens. Die Grünfläche<br />
dient mittlerweile vielen verschiedenen<br />
Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Viele<br />
schützenswerte Ulmen haben sich dort und<br />
vereinzelt auch in anderen Bereichen des Gebietes<br />
ausgebreitet. Sie gilt es zu erhalten und<br />
zu pflegen. Zudem soll der naturnahe Raum<br />
dazu dienen, Kindern im frühen Alter die Natur<br />
näher zu bringen und ihnen ein Gefühl für<br />
den Umgang mit ihr zu vermitteln. Aus diesen<br />
Gründen wird kaum Eingriff in den Uferstreifen<br />
vorgenommen.<br />
2.5. Energiekonzept<br />
In Anbetracht schnell steigender Energiepreise,<br />
zunehmender Ressourcenverknappung und um<br />
einen aktiven Beitrag zur Minderung der CO2-<br />
Werte zu leisten, ist es das Ziel eine maximale<br />
Effizienz hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs<br />
für das Gebiet zu erzielen.<br />
Daher sind die Neubauten, aber auch die Altbauten<br />
mindestens nach dem Passiv- oder Nullenergiehausstandard<br />
zu errichten, beziehungsweise<br />
zu modernisieren. Wünschenswert sind<br />
Plusenergiehäuser.<br />
Bei der Ausrichtung der Gebäude wurde darauf<br />
geachtet, dass die Dachflächen über eine günstige<br />
Südausrichtung verfügen, um Energie mit<br />
Hilfe von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen<br />
zu erzeugen. Alle Gebäude sollen einen<br />
möglichst hohen Anteil ihres Stromverbrauches<br />
selbst produzieren. Um Engpässe zu vermeiden<br />
wurde ein Blockheizkraftwerk in dem Parkhaus<br />
entlang der Salvador-Allende-Brücke integriert.<br />
Dieses gewährleistet zusätzlich die Versorgung<br />
mit Strom und Wärme. Darüber hinaus besteht<br />
ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz, um<br />
ebenfalls Engpässen vorzusorgen und andererseits<br />
überschüssige Energie in einzuspeisen.<br />
2.6. Verkehrskonzept<br />
Das städtebauliche Konzept sieht eine untergeordnete<br />
Rolle für den motorisierten Individualverkehr<br />
vor. Die Siedlung soll nicht durch<br />
fließenden und ruhenden Verkehr bestimmt<br />
werden. Die Gestaltung der Fahrbahnen wurde<br />
so gewählt, dass Fußgänger und Fahrradfahrer<br />
bevorzugt werden. Das komplette Gebiet wird<br />
nach der StVO VZ 235/326 als „Verkehrsberuhigter<br />
Bereich“ gestaltet. Dies zielt darauf<br />
ab, dass Fußgänger die Straße in ganzer Breite<br />
nutzen können, Kfzs Schrittgeschwindigkeit fahren<br />
und Parken nur auf ausgewiesenen Flächen<br />
stattfindet. Alle Straßen dienen als Rettungs-,<br />
sowie Ver- und Entsorgungswege.<br />
Der Straßenquerschnitt wurde auf 5,00 m bis<br />
6,00 m, je nach Straßenfunktion, festgelegt. Des<br />
Weiteren sieht das Konzept vor, eine komplette<br />
Versiegelung im Straßenbereich zu vermeiden<br />
und somit wasser- und luftdurchlässige Oberflächen<br />
einzubringen. Demzufolge wird nur die<br />
Fahrbahn versiegelt. Die Fußwege, die von der<br />
Fahrbahn nicht durch Bordsteine abgegrenzt<br />
werden, erhalten nur eine wassergebundene<br />
Decke als Oberfläche. Dadurch ist Regenwasserversickerung<br />
und –ableitung in Regenwassermulden<br />
möglich.<br />
Fließender Verkehr<br />
149
Städtebauliches Konzept<br />
Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />
Das geplante Baugebiet wird über die bestehende<br />
Straße „Friedrichhagener Straße“ erschlossen.<br />
Insgesamt werden fünf Zufahrten<br />
geschaffen. Die mittlere Zufahrt ist ausschließlich<br />
für den Lieferverkehr und für die Ausfahrt<br />
der Autos aus der im Bestandgebäude untergebrachter<br />
Garage vorgesehen. Die weiteren<br />
Zufahrten im westlichen und östlichen Bereich<br />
des Plangebietes wurden zur Erschließung der<br />
Wohngebiete konzipiert. Diese Straßen erschließen<br />
das Gebiet in Form von Ring- und<br />
Stichstraßen. Unterschieden wird bei den Straßen<br />
zwischen Sammel- und Anliegerstraße. Die<br />
Anliegerstraßen führen zu einzelnen Gebäuden<br />
und ermöglichen der Bewohnerschaft ihr<br />
Kfz vor der Haustür zu be- und entladen. Die<br />
Sammelstraßen erschließen die Anliegerstraßen<br />
und bieten Raum für Kfz-Stellplätze.<br />
Ruhender Verkehr<br />
Um das Gebiet vom ruhenden Verkehr möglichst<br />
freizuhalten, konzentrieren sich die Parkmöglichkeiten<br />
auf den Norden des Plangebietes.<br />
Öffentliche Kfz-Stellplätze wurden entlang der<br />
Bestandsgebäude geplant. Zudem befindet sich<br />
entlang der Salvador-Allende-Brücke ein Parkhaus,<br />
welches den Bewohnern zur Verfügung<br />
steht. Als zusätzlicher Service wird „Car-sharing“<br />
angeboten. Die Anliegerstraßen verfügen<br />
nicht über Parkmöglichkeiten, sondern können<br />
lediglich zum Be- und Entladen genutzt werden.<br />
ÖPNV-Konzept<br />
zentralen Lage eine Anlaufstelle für das gesamte<br />
Gebiet. In Zusammenarbeit mit den Berliner<br />
Verkehrsbetrieben (BVG) soll die Buslinie 269<br />
hinsichtlich ihrer Taktzeit ausgebaut werden, um<br />
eine einfache und schnelle Verbindung zum S-<br />
Bahnhof Köpenick und der Köpenicker Altstadt<br />
zu bieten. Des Weiteren steht den Bewohnern<br />
die Tram-Station Bellevuestraße zur Verfügung.<br />
Diese ist in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen<br />
und bietet mit den Tramlinie 60 und 61<br />
einen Anschluss an den Ortsteil und S-Bahnhof<br />
Friedrichshagen, die Altstadt Köpenick und den<br />
S-Bahnhof und Technologiestandort Adlershof.<br />
Fahrradkonzept<br />
Die geplante Erschließung ermöglicht die Ausgestaltung<br />
eines durchgehenden Fuß- und Radwegesystems<br />
im Plangebiet mit Anschluss an<br />
die „Friedrichshagener Straße“, die „Salvador-<br />
Allende-Brücke“, das westlich angrenzende<br />
Wohngebiet „Am Krusenick“ und das östlich<br />
angrenzende Wohngebiet „Hirschgarten“. Innerhalb<br />
des Plangebietes wird kein Durchgangsverkehr,<br />
sondern lediglich Anwohnerverkehr zu<br />
erwarten sein. Eine umfangreiche Erschließung<br />
der Fahrrad- und Fußgängerwege soll die Bewohner<br />
des Plangebietes und die Bewohner<br />
umliegender Wohngebiete dazu motivieren,<br />
das Auto stehen zu lassen und das Fahrrad zu<br />
benutzen. Zum Abstellen von Fahrrädern werden<br />
im ganzen Gebiet klassische Fahrradbügel,<br />
sowie auch künstlerisch gestaltete Abstellmöglichkeiten<br />
in die Freiräume integriert.<br />
Das ÖPNV-Konzept sieht eine Förderung des<br />
bestehenden ÖPNV-Netzes an den Grenzen<br />
des Gebietes vor. Die bereits bestehende Bushaltestelle<br />
„Friedrichshagener Straße-Kabelwerk“<br />
bleibt erhalten und bietet aufgrund der<br />
Denkmalpflegerisches Konzept<br />
Das denkmalpflegerische Konzept sieht vor,<br />
dass die Altbaubestände weitgehend erhalten<br />
und energieeffizient modernisiert werden. Die<br />
150
Fassaden sind dabei baulich nicht zu verändern.<br />
Die ehemaligen Werkshallen werden auf Grund<br />
des schlechten baulichen Zustandes nicht erhalten,<br />
da eine Instandsetzung aus ökonomischer<br />
Sichtweise nicht vertretbar ist. Auch weitere<br />
Gründe sprechen gegen die im FNP vorgesehene<br />
Umnutzung: Durch die Erhaltung der Form<br />
der gegenwärtigen Hallen würde sich eine maximale<br />
Geschosshöhe von zwei Vollgeschossen<br />
ergeben sowie ein hoher Grad an Verschattung<br />
eintreten. Es werden aber als „historisierende“<br />
Reminiszenz viele der Pfeiler der Hallenkonstruktion<br />
erhalten und zu Beleuchtungszwecken<br />
genutzt. Sie befinden sich in den Freiräumen,<br />
die sich zwischen den Baukörpern bilden und<br />
verstärken den industriellen Charakter des Gebietes.<br />
Die weiteren Altbaubestände bleiben größtenteils<br />
erhalten und werden überwiegend für gewerbliche,<br />
allgemeinnützige und soziale Zwecke<br />
genutzt. Bei der Sanierung der Gebäude wird<br />
darauf geachtet, dass sie in Zukunft - je nach<br />
Bedarf – auch zu Wohnzwecken genutzt werden<br />
können.<br />
Ebenfalls bleibt die historische Mauer entlang<br />
der Friedrichshagener Straße erhalten. Sie dient<br />
dem Gebiet als Lärmschutz.<br />
151
Das „Spreequartier am alten Kabelwerk
153
Entwurf „Spreequartier am alten Kabelwerk“<br />
Entwurf in Ecotect<br />
Um dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht<br />
zu werden, überprüften wir unsere Entwürfe<br />
mit dem Programm Ecotect auf Potentiale und<br />
Schwachstellen hinsichtlich der Belichtung und<br />
Solarenergienutzung. Dadurch konnten Anpassungen<br />
in der Gebäudeausrichtung und -höhe<br />
vorgenommen werden.<br />
Belichtungsanalyse<br />
weißen (unbeschatteten) Dachflächen das<br />
enorme Solarpotential.<br />
Im Winter verschärft sich die Verschattungssituation<br />
durch die Querriegel noch einmal. Durch<br />
die niedrigere Sonnenbahn wird der ohnehin<br />
schon breite Schattenwurf auch in nördliche<br />
Richtung gelenkt, wodurch die nördlichsten Gebäude<br />
an der Friedrichshagener Straße kaum<br />
nennenswerte direkte Sonneneinstrahlung<br />
erhalten. Der Großteil der Dachflächen bleibt<br />
jedoch auch im Winter Schattenfrei.<br />
Die Darstellung zeigt den Verschattungsumfang<br />
der im Entwurf angedachten Gebäude im<br />
Hochsommer. Blaue Flächen stellen dabei die<br />
Verschattung am Vormittag, die roten Flächen<br />
die Verschattung am Nachmittag dar. Die Sättigung<br />
der Farbe zeigt die Verschattungsdauer an.<br />
Sichtbar wird die eher ungünstige Anordnung<br />
der denkmalgeschützten Querriegel, welche die<br />
östlich und westlich angrenzenden Gebäude<br />
über längere Zeit beschatten.<br />
An den übrigen Gebäuden zeigt sich an den<br />
154
155
Bebauungsplanung<br />
Während sich der städtebauliche Entwurf für<br />
das „Spreequartier am alten Kabelwerk“ dem<br />
Ende entgegen neigte, formierte sich aus einigen<br />
Projektmitgliedern eine „Expertengruppe“<br />
für die Entwicklung des dazugehörigen Bebauungsplans.<br />
So entstand der „Öko-Plus-Bebauungsplanentwurf“<br />
für das „Spreequartier am<br />
alten Kabelwerk“ in Form von zeichnerischen<br />
und schriftlichen Festsetzungen, sowie einer<br />
Begründung. Dabei wurden verschiede umweltgerechte<br />
und klimafreundliche Maßnahmen, wie<br />
z.B. der Einsatz von Anlagen zur Nutzung der<br />
Solarenergie, verfolgt.<br />
A) Allgemeines<br />
1. Veranlassung und Erforderlichkeit der ersten<br />
Änderung des Bebauungsplans<br />
1.1 Anlass der Planung, Ziel und<br />
Zweck<br />
Der Bezirk Treptow-Köpenick strebt die städtebauliche<br />
Entwicklung von Gebieten in Wasserlagen<br />
an Spree und Dahme an. Dabei soll bereits<br />
auf der Plangebietsauswahl den Anforderungen<br />
an eine umwelt- und klimagerechte Planung<br />
entsprochen werden. Mit Hilfe der FNP-Bewertungsmatrix<br />
wurde das Plangebiet zwischen<br />
Friedrichshagener Straße, Salvador-Allende-<br />
Brücke, der Spree und den Flurstücken 174 und<br />
192 der Flur 454 ausgewählt. Hier befindet sich<br />
die seit vielen Jahren leer stehende Anlage eines<br />
Kabelwerkes mit zum Teil denkmalgeschützter<br />
Bausubstanz. Ziel und Zweck der Pla-nung ist<br />
es, die erhaltenswerten Teile der Bausubstanz<br />
durch Umnutzung wieder in Be-trieb zu nehmen,<br />
instand zu setzen und somit vor weiterem<br />
Verfall zu bewahren. Ge-mäß den Darstellungen<br />
des Flächennutzungsplans kommt hier eine<br />
Nutzung zu Wohnzwecken in Betracht.<br />
1.2 Erforderlichkeit<br />
Die Aufstellung des Bebauungsplans ist erforderlich,<br />
um die planungsrechtlichen Vor-aussetzungen<br />
für die städtebauliche Umnutzung zu<br />
Wohnzwecken sowie zur Nutzung von Gebietsteilen<br />
als Mischgebiet zu schaffen und um die<br />
erforderliche gebietesinnere Erschließung zu<br />
sichern. Der Zeitpunkt der B-Planaufstellung<br />
ist auf zunehmendes Entwicklungsinteresse von<br />
Seiten des Eigentümers der Fläche (der TLG<br />
Immobilien) sowie von Seiten weiterer Vorhabenträger<br />
zurückzuführen.<br />
2. Geltungsbereich / Aktueller<br />
Zustand des Plangebietes<br />
Der 10,87 ha große Geltungsbereich des Be-<br />
157
Bebauungsplanung<br />
bauungsplans liegt nördlich der Altstadt von Köpenick<br />
direkt an der Spree.<br />
Das Werksgelände in der Friedrichshagener<br />
Straße wurde sehr funktional konstruiert. Den<br />
Mittelpunkt des Gebäudekomplexes bilden die<br />
beiden fünfgeschossigen ortsbild-prägenden<br />
Verwaltungs-/Bürogebäude. Diesen beiden<br />
Gebäuden schließen sich öst-lich und westlich<br />
jeweils große Produktionshallen an. Rund um<br />
die Hallen wurden klei-ne Werkstätten, Laderampen<br />
und Sozialräume gebaut. Im Norden<br />
des Werksgeländes – an der Friedrichshagener<br />
Straße – wurde auf der kompletten Länge des<br />
Grundstü-ckes eine Mauer mit ca. 2,5 Meter<br />
Höhe errichtet. Sie diente als Lärm- und Sichtschutz.<br />
Im östlichen, westlichen und mittleren<br />
Bereich des Geländes gibt es Zufahrten.<br />
3. Raumordnung und Landesplanung<br />
Die erste Änderung des Bebauungsplans ist an<br />
die Ziele der Raumordnung angepasst. Für die<br />
Raumordnung und Landesplanung relevante<br />
Belange werden von der Aufstel-lung des Bebauungsplans<br />
nicht berührt.<br />
4. Darstellungen des Flächennutzungsplanes<br />
Der Flächennutzungsplan stellt die Flächen<br />
des Plangebiets als Wohnbauflächen so-wie<br />
als einen Uferstreifen dar. Im Bebauungsplan<br />
sollen überwiegend allgemeine Wohngebiete<br />
sowie zentral und im Osten des Gebietes<br />
Mischgebiete ausgewiesen werden. Auch die<br />
Mischgebiete sind wegen ihrer geringen Größe<br />
von weniger als 2,0 ha und aufgrund des<br />
Grundsatzes Nr. 1 für die Entwicklung von Bebauungsplänen<br />
(Entwicklungsgrundsatz zur sog.<br />
3 ha-Regelung) aus den Darstellungen des F-<br />
Plans gemäß § 8 Abs. 2 BauGB zu entwickeln.<br />
5. Fachplanungen und andere informelle<br />
Planwerke<br />
Nach Informationen des Bezirksamtes gibt es<br />
keinerlei Fachplanungen, die für die Pla-nung<br />
relevant sind. Die Ziele des Bebauungsplans<br />
decken sich mit den Inhalten und Zielen des<br />
Planwerks Südostraum.<br />
6. Städtebauliche Zielvorstellungen<br />
Der Bebauungsplan strebt die Entwicklung eines<br />
autoreduzierten allgemeinen Wohn-gebietes an<br />
der Spree einschließlich einiger Angebote des<br />
Einzelhandels und des Ar-beitens an. Städtebaulich<br />
sollen neben den zu erhaltenden denkmalgeschützten<br />
Ge-bäuden neue Stadthäuser das<br />
Ortsbild prägen. Die neuen Wohngebäude sollen<br />
so er-richtet werden, dass eine räumlich und<br />
funktional logische Anbindung an das westlich<br />
gelegene Gebiet, das ebenfalls zu Wohnzwecken<br />
umfunktioniert werden soll, gelingt.<br />
Ein wesentliches Ziel besteht in der Festsetzung<br />
von umweltgerechten und klima-freundlichen<br />
Maßnahmen wie z.B. dem Einsatz von Anlagen<br />
zur Nutzung der Solar-energie.<br />
B) Umweltbericht<br />
Vorversion des Berichtes! Der<br />
Umweltbericht liegt separat aus.<br />
C) Planungsinhalte / Festsetzungen<br />
1. Städtebauliches Konzept / Art und Maß der<br />
baulichen Nutzung<br />
Das Vorhaben umfasst die Errichtung von rund<br />
400 Wohneinheiten in Form von Rei-hen- und<br />
Mehrfamilienhäusern sowie Modernisierungsmaßnahmen<br />
der Bestandsge-bäude. Insgesamt<br />
entstehen bei diesem Konzept Wohnraum für<br />
158
etwa 1.000 Menschen sowie Büro- und sonstige<br />
gewerbliche Nutzungsflächen für rechnerisch<br />
gut 300 Ar-beitsplätze.<br />
alte historische Ziegelsteinmauer entlang der<br />
Friedrichshagener Straße über-nehmen lärmschützende<br />
Funktionen.<br />
Um eine ausgewogene städtebauliche Gesamtstruktur<br />
und eine Integration in die Um-gebung<br />
zu gewährleisten, wurden die Bebauungstypen,<br />
teilweise auch Baufluchten sowie die Bebauungsdichte<br />
der umliegenden Struktur angepasst.<br />
Die Neubauten sol-len über eine maximale Geschosszahl<br />
von vier Vollgeschossen verfügen. Lediglich<br />
die bestehenden Gebäuderiegel im mittleren<br />
Bereich des Areals weisen fünf Geschosse<br />
und aufgrund der großzügigeren Geschosshöhen<br />
eine deutlich größere Gesamthöhe auf.<br />
Neben der überwiegenden Wohnnutzung sollen<br />
nicht störende gewerbliche Nutzun-gen, insbesondere<br />
Büro- und Dienstleistungsangebote,<br />
Kunstwerkstätten sowie Kunst-ateliers, kleinere<br />
Geschäfte/Läden mit Angeboten des täglichen<br />
Bedarfs und gastro-nomische Einrichtungen, angeordnet<br />
werden.<br />
Hoher Wert wird auch auf die sozialen Nachhaltigkeitsaspekte<br />
gelegt. Es werden An-gebote<br />
für alle Alterskategorien geschaffen. Zu ihnen<br />
gehört eine KiTa, ein Jugendtreff, ein Begegnungsstätte<br />
für ältere Menschen und Mehrzweckräume,<br />
die für Vereine und Veranstaltungen<br />
bereitgestellt werden.<br />
Die Gebäude sollen überwiegend viergeschossig,<br />
teilweise in offener, überwiegend aber in geschlossener<br />
Bauweise, ausgeführt werden. Die<br />
vorhandenen Altbaubestände sollen in ihrem<br />
äußeren Erscheinungsbild erhalten und (energieeffizient)<br />
saniert wer-den. Damit soll der<br />
ursprüngliche industrielle Charakter gewahrt<br />
bleiben und zur Identi-tät des Gebiets beitragen.<br />
Die beiden denkmalgeschützten Gebäuderiegel<br />
im mittleren Bereich des Plangebietes sollen<br />
das Gebiet mit ihrer Gesamthöhe von insgesamt<br />
25 m überragen und prägen. Alle anderen<br />
Neubauten sollen sich dem unterordnen und<br />
so-mit auch einem ausreichenden Umgebungsschutz<br />
des Ensembles Rechnung tragen.<br />
Die Gebäude entlang der Friedrichshagener<br />
Straße und Salvador-Allende-Brücke so-wie die<br />
Der städtebauliche Entwurf sieht vor, dass die<br />
Bebauung zur Spree - im Süden des Plangebietes<br />
- ausgerichtet ist. Die Kubaturen der Neubauten<br />
sind bewusst dem west-lich benachbarten<br />
und bereits fertig gestellten Neubaugebiet<br />
„Am Krusenick“ ange-passt. Der B-Plan setzt<br />
überwiegend eine Grundflächenzahl von 0,3<br />
und eine durch-schnittliche Geschossflächenzahl<br />
von 0,9 fest.<br />
Als Dächer sind nur Flach- oder Pultdächer mit<br />
einer maximalen Neigung von 15 Grad zulässig.<br />
Die Dächer sind zu begrünen und mit Anlagen<br />
zur Nutzung der Solarenergie auszustatten.<br />
2. Überbaubare Grundstücksflächen<br />
und Bauweise<br />
Die überbaubaren Grundstücksflächen werden<br />
in Form von Baugrenzen, teilweise als erweiterte<br />
Baukörper, festgesetzt. Der Plan genügt<br />
hinsichtlich der Festlegung der ü-berbaubaren<br />
Grundstücksfläche dem Gebot der planerischen<br />
Zurückhaltung und lässt neben den im Entwurf<br />
verfolgten Gebäudeformen auch andere zu.<br />
Im Plangebiet wird eine geschlossene Bauweise<br />
festgesetzt. Die Gebäude sollen so angeordnet<br />
werden, dass sich grüne Höfe ausbilden lassen.<br />
3. Verkehr<br />
Das Verkehrskonzept verfolgt das Prinzip des<br />
autoarmen Stadtquartiers. Sämtliche Verkehrsflächen<br />
im Plangebiet sollen als Spielstraßen in<br />
Form von Mischverkehrsflä-chen ausgebildet<br />
werden, in denen nur Schrittgeschwindigkeit<br />
gefahren werden darf.<br />
Die Zufahrt zum Plangebiet erfolgt über die<br />
Friedrichshagener Straße. Diese Straßen erschließen<br />
das Gebiet in Form von Ring- und<br />
Stichstraßen. Die Verkehrsflächen sol-len nur<br />
zum Zwecke des Be- und Entladens genutzt<br />
159
<strong>Bausteine</strong> - <strong>Referate</strong><br />
werden. Im übrigen sollen Autos an zwei zentralen<br />
Orten im Plangebietseingangsbereich abgestellt<br />
werden. Eine ganz bedeutende Doppel-<br />
Funktion zur Beruhigung übernimmt dabei das<br />
lang gezogene Parkhaus entlang der Salvador-<br />
Allende-Brücke, weil es nicht nur den Parksuchverkehr<br />
aus dem Gebiet heraushält, sondern<br />
zugleich die wichtige Funktion der Lärmabschirmung<br />
gegenüber dem starken Verkehr auf der<br />
Brücke übernimmt. Als zusätzlicher Service soll<br />
im Parkhaus „Carsharing“ angeboten werden.<br />
Grundsätzlich ist das Gebiet schon heute gut an<br />
das ÖPNV-Netz angebunden. Unmit-telbar am<br />
Plangebiet gelegen, befinden sich zwei Bushaltestellen<br />
der Linie 269, welche u. a. den S-Bahnhof<br />
Köpenick und den U-Bahnhof Elsterwerdaerplatz<br />
ansteuern. Die Tramhaltestelle Bellevuestraße<br />
im Norden des Gebietes mit den Linien<br />
60 und 61 er-möglichen eine Verbindung mit<br />
den S-Bahnhöfen Friedrichshagen, Spindlersfeld<br />
und Adlershof. In enger Abstimmung mit den<br />
Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) sollen nach<br />
Gebietsbelebung die Taktzeiten dieser Linien<br />
dem neuen Bedarf angepasst werden.<br />
Das Konzept sieht die Ausgestaltung eines<br />
durchgehenden Fuß- und Radwegesys-tems im<br />
Plangebiet mit Anschluss an die „Friedrichshagener<br />
Straße“, der „Salvador-Allende-Brücke“,<br />
dem westlich angrenzendem Wohngebiet „Am<br />
Krusenick“ und dem östlich angrenzendem<br />
Wohngebiet „Hirschgarten“ vor. Innerhalb des<br />
Plangebietes wird kein Durchgangsverkehr, sondern<br />
ausschließlich „Be- und Entladeverkehr“<br />
durch An-wohner und übrige Gebietsnutzer zu<br />
erwarten sein – außerdem natürlich Fußgänger<br />
und Radfahrer. Eine Anbindung an das vorhandene<br />
umliegende Fahrrad- und Fußwe-genetz<br />
soll die Bewohnerinnen und Bewohner dazu<br />
animieren, auf das Auto zu ver-zichten. Zum Abstellen<br />
der Fahrräder werden geeignete Fahrradbügelparker<br />
vorgese-hen.<br />
4. Freiraumkonzept<br />
Bei dem Freiraumkonzept wurde darauf geachtet,<br />
dass sich verschiedene Raumarten bilden.<br />
Es wurde dabei differenziert zwischen privaten,<br />
halböffentlichen und öffentli-chen Freiräumen.<br />
Für die private Nutzung sind Klein- und Vorgärten<br />
geplant. Sie schließen unmittelbar an die<br />
Gebäude an. Für die halböffentlichen Freiräume<br />
sieht das Konzept „Pocket-Parks“ vor. Diese<br />
Parks sind kleine, gärtnerisch gestaltete Flächen.<br />
Öffentliche Räume sollen in Form von Plätzen<br />
und im Bereich der weiten Uferzone entstehen.<br />
Der größte Platz ergibt sich im mittleren<br />
Bereich des Plangebietes zwischen den beiden<br />
großen Gebäuderiegeln. Er dient als Treffpunkt,<br />
Veranstaltungsort und zentraler Platz für das gesamte<br />
Gebiet. Außerdem sind Spiel- und Bolzplätze<br />
vorgese-hen.<br />
Vorhandene Sandfelder im Südwesten sollen<br />
als Strand mit Beachvolleyballfeldern ge-nutzt<br />
werden. Hier ist auch ein Café angedacht. Die<br />
Schienen der ehemaligen Werks-bahnstrecke<br />
sollen erhalten und als durchgängige Achse<br />
stilprägend in das Freiraum-konzept integriert<br />
werden. Der grüne Uferrandstreifen mit seinem<br />
teilweise sehr wert-vollen Vegetationsbestand<br />
soll weitgehend erhalten und vor menschlicher<br />
Inanspruch-nahme geschützt werden.<br />
Insgesamt sieht das Konzept ein weit über das<br />
erforderliche Ausgleichskonzept hi-nausgehendes<br />
Maßnahmenbündel zur ökologischen Gebietsaufwertung<br />
vor. Dazu ge-hören umfangreiche<br />
Entsiegelungsmaßnahmen zur Herstellung<br />
grüner Plätze und Gär-ten sowie die Pflicht zu<br />
Dach- und Fassadenbegrünungsmaßnahmen.<br />
Bei allen Maßnahmen der Freiraumgestaltung<br />
soll auf Barrierefreiheit geachtet werden.<br />
5. Ver- und Entsorgung / Energie<br />
In Anbetracht schnell steigender Energiepreise,<br />
zunehmender Ressourcenverknap-pung und<br />
um einen aktiven Beitrag zur Minderung der<br />
CO2-Werte zu leisten, ist es das Ziel, eine maximale<br />
Effizienz hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs<br />
für das Gebiet zu erzielen.<br />
Daher sind die Neubauten, aber auch die Altbauten<br />
mindestens nach dem Passiv- oder Nullenergiehausstandard<br />
zu errichten, beziehungs-<br />
160
weise zu modernisieren. Wün-schenswert sind<br />
Plusenergiehäuser.<br />
Bei der Ausrichtung der Gebäude wurde darauf<br />
geachtet, dass die Dachflächen über eine günstige<br />
Südausrichtung verfügen, um Energie mit<br />
Hilfe von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen<br />
zu erzeugen. Alle Gebäude sollen einen<br />
möglichst hohen An-teil ihres Stromverbrauches<br />
selbst produzieren. Um Engpässe zu vermeiden<br />
wurde ein Blockheizkraftwerk in dem Parkhaus<br />
entlang der Salvador-Allende-Brücke integriert.<br />
Dieses gewährleistet zusätzlich die Versorgung<br />
mit Strom und Wärme. Darüber hinaus besteht<br />
ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz, um<br />
ebenfalls Engpässen vorzu-sorgen und andererseits<br />
überschüssige Energie einzuspeisen.<br />
Das Abwasser soll der vorhandenen, ausreichend<br />
dimensionierten Trennkanalisation zugeführt<br />
werden. Zum Schutze des Oberflächengewässers<br />
der Spree soll – auch in der Umgebung<br />
anfallendes – Regenwasser in einem Regenrückhaltebecken<br />
unterhalb des an der Salvador-<br />
Allende-Brücke liegenden Mischgebietes MI 2<br />
gesammelt werden. Das Regenwasser wird hier<br />
mit Hilfe einer sog. semi-dezentralen Membrankläranlage<br />
gereinigt (dies ist eine Kläranlage, die<br />
auf kleinem Raum in der Lage ist, Wasser so zu<br />
reinigen, dass es nach Reinigung den Anforderungen<br />
an Wasser mit „gutem Zustand“ im Sinne<br />
der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates zur Schaffung eines<br />
Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft<br />
im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie<br />
– WRRL) vom 20.12.2000)<br />
und danach in die Spree abgegeben. Außerdem<br />
soll das auf den Dächern und auf den sonstigen<br />
versie-gelten Flächen des Plangebietes anfallende<br />
Regenwasser auf den unversiegelten Tei-len<br />
der Baugrundstücke sowie in der Grünfläche<br />
am Ufer versickert werden.<br />
6. Denkmalschutz<br />
Der vorhandene Altbaubestand soll weitgehend<br />
erhalten und energieeffizient moderni-siert<br />
werden. Dies gilt jedoch nicht für die ehemaligen<br />
Werkshallen, da sie einer Wohn-nutzung im<br />
Sinne der Darstellungen des Flächennutzungsplans<br />
widersprechen. Inner-halb der Hallen wären<br />
denktheoretisch nur bis zu zweigeschossige<br />
Gebäude, die o-bendrein stark verschattet<br />
wären, möglich. Der Aufwand wäre enorm und<br />
auch hier wä-re eine starke Überformung und<br />
Änderung des Erscheinungsbildes der Hallen in<br />
ihrem Ursprungszustand nicht zu verhindern.<br />
Allerdings sollen die Stützpfeiler der Anlagen –<br />
wenn möglich – in den neuen städtebaulichen<br />
Kontext eingebunden und z.B. zu Be-leuchtungszwecken<br />
neu genutzt werden.<br />
7. Altlasten / Immissionsschutz<br />
Vgl. Umweltbericht.<br />
9. Textliche Festsetzungen<br />
Siehe B-Planurkunde.<br />
D) Realisierung der Planung<br />
1. Durchführung der Erschließung<br />
Zur inneren Erschließung des Plangebiets sollen<br />
entsprechende Erschließungsstraßen gebaut<br />
werden. Hierunter sind alle erforderlichen Leitungen<br />
zu verlegen.<br />
2. Bodenordnende Maßnahmen<br />
Bodenordnende Maßnahmen sind nicht erforderlich.<br />
3. Kosten / Finanzierung<br />
Die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen hat<br />
der Eigentümer der Fläche überwiegend zu<br />
tragen. Für umweltschützende Maßnahmen, die<br />
über das nach dem BauGB erfor-derliche Maß<br />
hinausgehen, soll es eine Anschubfinanzierung<br />
aus Bezirksmitteln (Öko-konto) geben.<br />
161
Bebauungsplan Spreequartier<br />
Tabelle Ver- und Entsiegelung
163
Empfehlungen für eine<br />
BauGB-Novellierung<br />
Bei der intensiven Auseinandersetzung mit dem<br />
Baugesetzbuch über die Möglichkeiten klimaschützende<br />
Maßnahmen festzusetzen, sind wir<br />
die an die Grenzen des Baugesetzbuches gestoßen.<br />
So beschränken sich die Festsetzungsmöglichkeiten<br />
nur auf Empfehlungen die von den<br />
Kommunen abgeben werden können. In unserem<br />
Novellierungsvorschlag wollen wir durch<br />
eine neue Formulierung (§9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe<br />
b, BauGB) die Nutzung von Solarenergie<br />
in Bebauungsplänen vorschreiben.<br />
Außerdem wird durch den Bodenbezug nur auf<br />
das regionale und örtliche Klima, nicht aber auf<br />
das globale Klima, eingegangen. Eine Vorschrift<br />
zur Rechtfertigung weltklimawirksamer Maßnahmen<br />
im Städtebau enthält die Klimaschutzklausel<br />
(§ 1a Abs. 5 BauGB Novelle), die ebenfalls<br />
zur BauGB Novellierung zählt.<br />
165
Empfehlungen für eine BauGB-Novellierung<br />
Der Wandel des Weltklimas erfordert auf der<br />
Ebene des örtlichen Bau- und Planungsrechts<br />
die konsequente Anwendung bestehender<br />
rechtlicher Mög-lichkeiten und die Schaffung<br />
neuer Voraussetzungen dafür, die klimaschützenden<br />
Vorkehrungen auch zwingend festsetzen<br />
zu können.<br />
Schon heute bietet das Baugesetzbuch (i.d.F. der<br />
Bekanntm. v. 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt<br />
geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom<br />
21.12.2006 (BGBl. I S. 3316)) Kommunen die<br />
Möglichkeit innerhalb der Bauleitplanung klimaschützende<br />
Maßnahmen festzusetzen (§ 9 Abs.<br />
1 BauGB). Interessant ist vor allem § 9 Abs. 1<br />
Nr. 23b BauGB, der als Festsetzungsmöglichkeit<br />
in Bebauungsplänen Gebiete vorsieht, in denen<br />
„bei der Errichtung von Gebäu-den bestimmte<br />
bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer<br />
Energien wie insbesondere Solarenergie<br />
getroffen werden müssen“. Allerdings kommt<br />
diese noch viel zu selten zur Anwendung. Das<br />
hat drei wesentliche Gründe:<br />
1. Unsicherheit über die Herleitung des bodenrechtlichen<br />
Bezugs: Alle Fest-setzungen nach<br />
dem in § 9 Abs. 1 BauGB genannten Katalog<br />
können nur auf-grund „städtebaulicher Gründe“<br />
erfolgen. Diese ergeben sich aus objektiven Gegebenheiten<br />
und vorhandenen Problemlagen<br />
am Ort, was nach verbreite-ter Interpretation<br />
eine „Beschränkung der Bauleitplanung auf den<br />
örtlichen Wirkungskreis“ impliziert. Da sich das<br />
Städtebaurecht auf den Kompetenztitel des „Bodenrechts“<br />
stützt, wonach es um die „bauliche<br />
und sonstige Nutzung der Grundstücke in der<br />
Gemeinde“ geht (§ 1 Abs. 1 BauGB), „wurde<br />
in der Rechtsprechung daraus stets abgeleitet,<br />
dass der Fokus des § 9 Abs. 1 BauGB zwingend<br />
auf die lokale bzw. regionale Situation begrenzt<br />
bleiben müsse, mit der Folge, dass es im Bereich<br />
des Klimaschutzes nur um das re-gionale und<br />
lokale Klima mit seinen siedlungsklimatischen<br />
Aspekten wie Frisch- und Kaltluftentstehungsgebieten<br />
und -bahnen gehen dürfe“. Die Gegenüberstellung<br />
von örtlicher Bauleitplanung<br />
und globalem Klimaschutz er-scheint in diesem<br />
Zusammenhang fragwürdig.<br />
2. Unklarheit über die Formulierung des § 9 Abs.<br />
1 Nr. 23b BauGB: Der Para-graph berechtigt bei<br />
der Errichtung von Gebäuden zur Vorschrift<br />
„baulicher Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer<br />
Energien wie insbesondere Solar-energie“.<br />
Strittig ist, wie weit die Formulierung der<br />
„baulichen Maßnahmen“ greift und ob sie sich<br />
lediglich auf die Schaffung der Voraussetzungen<br />
für den Einsatz regenerativer Energien, wie zum<br />
Beispiel die Stellung der Gebäude, Dachneigung<br />
und -form sowie Leitungsschächte, bezieht.<br />
Der Einbau ent-sprechender Anlagen und die<br />
tatsächliche Nutzung wären nach diesem Verständnis<br />
nicht durch das BauGB gedeckt.<br />
3. Freiwilligkeit der Kommunen zur Anwendung:<br />
Bisher fehlt im Baugesetz-buch jeder Hinweis<br />
zur Verpflichtung der Kommunen klimawirksame<br />
Maß-nahmen auch tatsächlich festzusetzen.<br />
Zwar heißt es in § 1 Abs. 5 BauGB: „1Die Bauleitpläne<br />
sollen eine nachhaltige städtebauliche<br />
Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen<br />
und umweltschützenden Anforderungen auch<br />
in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen<br />
miteinander in Einklang bringt, und eine<br />
dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte<br />
Boden-nutzung gewährleisten. 2Sie<br />
sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige<br />
Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen<br />
zu schützen und zu entwickeln, auch<br />
in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz,<br />
sowie die städtebauliche Gestalt und<br />
das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu<br />
erhalten und zu entwickeln.“ Entscheidend ist<br />
der Passus „auch in Verantwor-tung für den allgemeinen<br />
Klimaschutz“, dem der Großteil der<br />
Experten jedoch nur „deklaratorischen Charakter“<br />
zusprechen. Die Möglichkeit klimaschützende<br />
Maßnahmen festzusetzen, fällt damit oft<br />
der Abwägung anheim.<br />
Die Interpretation der genannten Paragraphen<br />
ist auch unter Experten strittig. Ein Symposium<br />
zum Thema, das am 14. April 2008 in der Berliner<br />
Landesver-tretung Baden-Württembergs stattfand,<br />
konnte keine klare Antwort finden. Und<br />
da noch immer eine aktuelle höchstrichterliche<br />
Rechtsprechung zum Thema fehlt, wünschte<br />
sich das Deutsche Institut für <strong>Urban</strong>istik (difu)<br />
166
gar ein Gemeinde, die mit der Festsetzung klimawirksamer<br />
Maßnahmen vorprescht. Als erste<br />
deutsche Stadt hat das Stadtparlament in<br />
Marbug (Hessen) am 20. Juni 2008 eine Satzung<br />
verabschiedet, die eine solare Baupflicht bei der<br />
Neuerrichtung und dem Umbau von Gebäuden<br />
vorsieht. Kritiker sprechen von einer „Öko-Diktatur“<br />
- insofern bleibt abzuwarten, ob in naher<br />
Zukunft zum Fall der Marburger Solarsatzung<br />
eine richtungsweisende Rechtspre-chung folgt.<br />
Zumindest geben Juristen schon heute Hinweise<br />
darauf, dass bei einer teleo-logischen Auslegung<br />
der eingangs erwähnten Paragraphen (§ 1 Abs.<br />
5, § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB) die Festsetzung<br />
klimawirksamer Maßnahmen in der Bebauungsplanung<br />
durchaus möglich ist. Die Gründe, aus<br />
denen Kommunen oft auf die Festsetzung klimawirksamer<br />
Maßnahmen verzichten, widerlegen<br />
sie folgendermaßen:<br />
1. Herleitung des bodenrechtlichen Bezugs:<br />
Gleich mehrere Experten bezwei-feln, „ob das<br />
Erfordernis städtebaulicher Gründe die Annahme<br />
rechtfertigt, es müsse sich stets um Gründe<br />
handeln, die sich auf eine besondere örtliche Situation<br />
[...] zurückführen lassen“ und „dass sich<br />
die städtebauliche Ordnung auf das zu beplanende<br />
(Gemeinde-) Gebiet beschränkt.“ Vielmehr<br />
ergebe sich vor allem aus § 1 Abs. 5 BauGB der<br />
„der eindeutige Wille des Gesetzge-bers“ , dass<br />
die Bauleitplanung einen Beitrag für den allgemeinen<br />
Klima-schutz leistet. Deshalb sei das Ziel<br />
einer Gemeinde, das Instrument des B-Plans<br />
mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB, insbesondere<br />
Nr. 23, zu nutzen, um einen Beitrag<br />
zur Luftverbesserung und allgemein zum Klimaschutz<br />
zu leisten, ein städtebaulicher Grund im<br />
Sinne des Eingangssatzes von § 9 Abs. 1 BauGB.<br />
Nach diesem Verständnis begründet sich der<br />
boden-rechtliche Bezug schon allein durch die<br />
Zulassung einer grundsätzlich klima- und energierelevanten<br />
Bebauung, für die grundsätzlich<br />
auch das Ziel des all-gemeinen Klimaschutzes<br />
und der Energieeinsparung reicht. Voraussetzung<br />
sei jedoch eine fehlerfreie Abwägung, „die<br />
im Regefall ein gemeindeweites Klimakonzept<br />
mit örtlicher Differenzierung und zeitlicher Staffelung<br />
voraus-setzt.“ Schmidt-Eichstaedt gießt<br />
es in die Formel: „Was im Rahmen einer örtlich<br />
gerechtfertigten Bodennutzung für den Klimaschutz<br />
getan werden kann, ist zulässig.“<br />
2. Formulierung des § 9 Abs.1 Nr. 23b BauGB:<br />
Die Annahme, die Formulie-rung „baulicher<br />
Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer<br />
Energien“ beinhalte lediglich die Stellung der<br />
Gebäude, Dachneigung und -form sowie Leitungs-schächte,<br />
nicht aber den Einbau von Anlagen<br />
zur Nutzung regenerativer E-nergien, wird<br />
dadurch entkräftet, dass diese Festsetzungen<br />
ohnehin schon möglich waren, bevor der Gesetzgeber<br />
im Jahr 2004 die Nr. 23b in den § 9<br />
Abs. 1 BauGB aufgenommen hatte. Schon vor<br />
2004 konnte etwa die Stel-lung der baulichen<br />
Anlagen mit dem § 9 Abs. 1 Nr. 2 festgesetzt<br />
werden und die Dachgestaltung mit dem § 9<br />
Abs. 4 i.V.m. der jeweiligen LBauO. „Die blo-ße<br />
Festsetzung einer solchen Ausgestaltung der<br />
Gebäude würde wohl kaum die Schaffung von<br />
Einrichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energien<br />
beför-dern, wie es der Gesetzgeber offenbar<br />
beabsichtigt hat.“ Des Weiteren sei-en Solarenergieanlagen<br />
auf Dächern, die zugleich die<br />
Funktion der Gebäude-abdeckung (z.B. anstelle<br />
von Ziegeln oder liegenden Dachfenstern) haben,<br />
nicht nur technische Anlagen, sondern Teile<br />
des Gebäudes und als solche beim Einbau als<br />
„bauliche Maßnahme“ zu verstehen. Dennoch<br />
halten auch Juristen die Nr. 23b für nicht eindeutig<br />
genug formuliert und empfehlen eine<br />
Konkretisierung.<br />
3. Freiwilligkeit der Kommunen zur Anwendung:<br />
Da im Baugesetzbuch bisher ein Hinweis zur<br />
Verpflichtung der Kommunen fehlt, die bestehenden<br />
gesetzli-chen Möglichkeiten zur Festsetzung<br />
klimawirksamer Maßnahmen zu nutzen,<br />
reagieren Experten mit der Forderung nach<br />
einer Klimaschutzklausel im Bau-gesetzbuch. Bei<br />
der Einführung einer Klimaschutzklausel in § 1a<br />
BauGB nach dem Vorbild der Bodenschutzklausel<br />
sei aber auf eine Ergänzung durch strik-te<br />
Kriterien zu achten, „um sie nicht der Wirkungslosigkeit<br />
Preis zu geben.“<br />
167
Empfehlungen für eine BauGB-Novellierung<br />
Um eine Eindeutigkeit der bestehenden städtebaurechtlichen<br />
Möglichkeiten zur Festsetzung<br />
klimawirksamer Maßnahmen hinsichtlich ihrer<br />
Formulierung zu schaffen und die Kommunen<br />
mit dem Einfügen einer Klimaschutzklausel in das<br />
Baugesetzbuch zu ihrer tatsächlichen Anwendung<br />
zu verpflichten, empfiehlt die Studienprojektgruppe<br />
„stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
auf-grund des studentischen „Gesetzes über<br />
weltklimawirksame Maßnahmen im Städtebau“<br />
folgende Novellierung des Baugesetzbuches:<br />
§ 1 Abs. 5 BauGB<br />
Entsprechend den obigen Ausführungen muss<br />
klargestellt werden, dass Bau-leitpläne – soweit<br />
dies möglich ist - auch Fragen des globalen Klimaschutzes<br />
zu beachten haben:<br />
k.A.<br />
§9 Inhalt des Bebauungsplans<br />
Um eine Eindeutigkeit hinsichtlich der Formulierung<br />
des § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB zu schaffen,<br />
empfehlen wir eine Konkretisierung:<br />
K.A.<br />
k.A.<br />
§1a Klimaschutzklausel<br />
Wir empfehlen, in Anlehnung an die so genannte<br />
Bodenschutzklausel (§1a Abs. 2), die Aufnahme<br />
einer Klimaschutzklausel in den Vorschriftenkatalog<br />
des §1a des Baugesetzbuches und die<br />
Ergänzung der Festsetzungsliste nach § 9 Abs.<br />
1 BauGB um die Möglichkeit, beim Neu- oder<br />
Umbau von baulichen Anlagen die Nutzung<br />
von erneuerbaren Energien wie insbesondere<br />
Sonnen-energie zwingend festzusetzen, um somit<br />
„die Möglichkeiten der Bauleitpla-nung für<br />
Klimaschutzmaßnahmen weiter zu stärken“.<br />
168
Anlagen zum BauGB<br />
Anlage 2 (zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2)<br />
Weiterhin ist es erforderlich, den Anforderungskatalog<br />
an den Umweltbericht und an<br />
die Vorprüfung des Einzelfalls bei B-Plänen der<br />
Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr.<br />
2 BauGB zu erweitern, um sicherzustellen, dass<br />
entsprechende Untersuchungen zu den Auswirkungen<br />
städtebaulicher Pla-nung auf den<br />
Ausstoß klimawirksamer Gase (insbesondere<br />
CO2 – dies betrifft insbesondere auch die verkehrsinduzierende<br />
Wirkung von städtebaulicher<br />
Planung) durchgeführt werden.<br />
Anlage 1 (zu § 2 Abs. 4 , §§ 2a und 4c)<br />
Anlage 2 (zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2)<br />
Anlage 1 (zu § 2 Abs. 4 , §§ 2a und 4c)<br />
169
Fazit<br />
Das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
blickt auf zwei arbeitsintensive und ereignisreiche<br />
Semester zurück. Und das Ergebnis kann<br />
sich sehen lassen.<br />
Entstanden ist ein städtebaulicher Entwurf für<br />
das „Spreequartier am alten Kabelwerk“ mit<br />
einem ausgearbeiteten „Öko-Plus-Bebauungsplanentwurf“,<br />
in dem in der Fachwelt durchaus<br />
kontrovers diskutierte ökologische Festsetzungen<br />
getroffen wurden. Der verbindlichen Bauleitplanung<br />
ging eine intensive Auseinandersetzung<br />
mit dem Baugesetzbuch voraus, bei der<br />
wir eine eigens entwickelte Liste von im Städtebau<br />
sinnvollen ökologischen Maßnahmen auf<br />
ihre planungsrechtliche Sicherung im formellen<br />
Planwerk hin überprüft haben. Dabei sind wir<br />
an die Grenzen des Baugesetzbuches gestoßen.<br />
Aus diesem Grunde empfehlen wir eine BauGB-<br />
Novellierung, die verstärkt auch klimawirksame<br />
Festsetzungen ohne unmittelbaren Bodenbezug<br />
ohne jeden Zweifel erlauben würde – derzeit<br />
zweifeln z.B. viele Rechtsexperten die Zulässigkeit<br />
der zwingenden Festsetzbarkeit von Photovoltaikanlagen<br />
auf Neubauten stark an, obwohl<br />
der Bundesgesetzgeber genau dieses mit dem<br />
EAG Bau erreichen wollte. Nach unseren Erkenntnissen<br />
gibt es daher bislang keine einzige<br />
Kommune, die entsprechende Festsetzungen in<br />
ihre B-Pläne aufgenommen hat. In unserem Vorschlag<br />
zur Novellierung des BauGB haben wir<br />
u.a. § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b neu formuliert,<br />
um die Nutzung der Solarenergie in B-Plänen<br />
vorschreiben zu können.<br />
Unser Ziel war es, die Planung auch auf einen<br />
globalen Klimaschutz ausrichten zu können, so<br />
entstand im Zuge der BauGB Novellierung die<br />
Klimaschutzklausel (§ 1a Abs. 5 unseres Vorschlags<br />
zur BauGB-Novelle), eine Vorschrift zur<br />
Rechtfertigung weltklimawirksamer Maßnahmen<br />
im Städtebau.<br />
Auch bei der Standortwahl für unser Plangebiet<br />
spielte der allgemeine Klimaschutz eine wichtige<br />
Rolle. Im Laufe des ersten Semesters hat das<br />
Projekt die Bewertungsmatrix, als Hilfestellung<br />
zur umweltgerechten Standortentscheidung,<br />
entwickelt. So wurde bei dieser Matrix besonderer<br />
Wert auf das Thema Verkehr gelegt. Die<br />
Bewertungsmatrix wurde stets weiterentwickelt<br />
und verbessert. Ein öffentlich zugänglicher<br />
und leicht bedienbarer Internetauftritt (auf der<br />
Seite www.fnp-bewertungsmatrix.de) war ein<br />
weiterer wichtiger Schritt der Bewertungsmatrix.<br />
Mittlerweile hat sie schon große Kreise geschlagen<br />
und ist durch die Bewertung mehrerer<br />
Experten an die Öffentlichkeit gegangen und<br />
wurde durch fachkundige Ratschläge verfeinert.<br />
Der Geschäftsführer des SRL, Dipl. Ing. Reinhard<br />
Bohne, hat sich angeboten über die Nutzung<br />
der Matrix als Entscheidungsgrundlage mit<br />
uns zu diskutieren. Unsere Matrix wird bei der<br />
Council for European <strong>Urban</strong>ism Koferenz „Ur-<br />
171
Fazit<br />
ban <strong>Design</strong> and Climate Change“ im September<br />
2008 in Oslo die internationale Bühne betreten,<br />
bei der diese im Rahmen einer vergleichenden<br />
Studie unseres amerikanischen Projektmitglieds<br />
Faith mit der renommierten amerikanischen<br />
LEED-ND Matrix verglichen wird.<br />
Während der zweisemestrigen Projektarbeit<br />
haben sich die Projektmitglieder durch intensive<br />
Arbeit ein Wissen und Bewusstsein für<br />
die ökologische Stadtplanung angeeignet. Die<br />
Bildung von so genannten „Expertengruppen“<br />
innerhalb des Projektes ermöglichte eine tiefe<br />
Einarbeitung und Auseinandersetzung mit vielen<br />
relevanten Themen eines Planungsprozesses,<br />
bis hin zur Entwicklung des Bebauungsplanes.<br />
Durch die Kommunikation mit Fachexperten<br />
wurde das Wissen vertieft und fundiert.<br />
Das Projekt „stadtplanung in treptow-kÖpenick“<br />
in eine bestimmte nachhaltige Richtung geplant.<br />
Unsere Planung folgt der Maxime der Eingriffsvermeidung,<br />
der Nutzung und Wiederinwertsetzung<br />
bereits vorhandener Ressourcen, der<br />
Minimierung von Planungsauswirkungen (z.B.<br />
durch die Planung autoarmer Quartierskonzepte)<br />
sowie des Einsatzes regenerativer Energiequellen.<br />
Auf diesem Wege wird eine umweltund<br />
klimagerechte Planung möglich, die dazu<br />
beitragen kann, die Klimaerwärmung auf ein<br />
gerade noch verträgliches Maß zu beschränken.<br />
Bei einer Fortsetzung des Studienprojektes<br />
könnten und sollten auch Anpassungsstrategien<br />
stärker erarbeitet und entwickelt werden. Diese<br />
konnten im Rahmen des Projektes „stadtplanung<br />
in treptow-kÖpenick“ nur am Rande<br />
behandelt werden. Im Vordergrund standen<br />
Möglichkeiten der Vermeidung. Es wäre zu untersuchen,<br />
welche Elemente in Zukunft bei der<br />
Planung beachtet werden müssen, um sich dem<br />
Klimawandel anzupassen.<br />
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