Dieses Magazin ist schwul

CRUISER Edition Sommer 2011
Prominent
Wetten, dass..?
Mit 30 ist «Wetten, dass..?» ein lebendes Fossil
unter den Samstagabend-Kisten und inzwischen
fast die letzte Überlebende ihrer Art. In
der ersten Sendung wurde eine Wärmeflasche
durch Aufblasen zum Platzen gebracht, ein gutes
Jahrzehnt später waren es drei Kondome
in zwei Minuten, aufgeblasen durch die Nase.
10 Leute passen auf ein Passfoto, 50 Telefonbücher
lassen sich in zweieinhalb Minuten zerreissen
und mit Baggern kann man klettern
oder Tennis spielen. Die skurrilen, zunehmend
einfallslosen Wetten sind jedoch längst ein Nebenschauplatz.
Regelmässig wurde Gottschalks
Wettcouch zum World Showbusiness Forum,
zu einem G8 der A-Prominenz. Wie es so ist an
Gipfeltreffen: Es wurde stets viel geplaudert
und wenig gesagt. Dabeisein ist alles, und tatsächlich
waren in zweihundert Ausgaben alle
dabei. ALLE. Von Madonna bis Michael Jackson,
von Cher bis Paris Hilton, von Becker bis
Schumacher, Pitt bis Bieber, Turner bis Houston.
Nach hunderten von Star-Küsschen und
dem tragischen Unfall letzten Dezember tritt
Thomas Gottschalk ab, eine Ära geht zu Ende.
Er hat «Wetten, dass..?» geprägt mit seinen lockeren
Sprüchen, den formstabilen blonden
Locken, den abenteuerlichen knallbunten Anzügen,
die stets den Eindruck erweckten, hier
hätte jemand eine Wette verloren. In der grossen
Sommershow aus Mallorca zog er nochmals
alle Register: Jennifer Lopez erwies ihm
die Ehre, Cameron Diaz, Heidi Klum. Der noch
unbekannte Nachfolger wird in den grossen
Fussstapfen von Gottschalks Cowboystiefeln einen
schweren Stand haben. Zuerst aber gibt’s im
Herbst noch drei rückblickende Abschiedssendungen,
und ganz egal, ob danach Kerkeling,
Pilawa, Hunziker oder Kachelmann moderiert:
Das Spannendste werden weiterhin die Promi-
Gäste sein. Top, die Wette gilt. (rg)
Barney Stinson
Die Desperate Housewives sind dann mal in den
Sommerferien, der Serienabend wird zugunsten
der Strandbar gestrichen. Was auch im Sommerprogramm
zu jeder Tages- und Nachtzeit
über irgendeinen Sender flimmert, ist «How I
Met Your Mother». Der enorme Erfolg der Serie
ist grösstenteils einer der fünf Hauptfiguren zuzuschreiben:
Barney Stinson. Barney ist Banker
und trägt auch in der Freizeit nur Massanzüge.
Sein Frauenverschleiss ist immens, seine Aufriss-Strategien
sind legendär. Für jede Lebenslage
hat er die passende Theorie parat: «Wie man
einen Marathon läuft? Schritt eins: Du rennst
los. Einen zweiten Schritt gibt es nicht.» Oder zu
seiner Kernkompetenz, den One-Night-Stands:
«Es gibt nur zwei Gründe, mit einem Mädchen
auszugehen, mit dem man schon mal ausgegangen
ist: Brustimplantate.» Kurz: Barney ist eine
liebenswerte Gentleman-Version von Charlie
Sheen. Während es bei Charlie zwischen Rolle
und Realität kaum Unterschiede gibt, könnten
diese bei Barney nicht grösser sein. Sein Darsteller
heisst Neil Patrick Harris und lebt seit vielen
Jahren in einer Beziehung mit einem Mann. Im
vergangenen Herbst haben die Zwillinge Harper
Grace und Gideon Scott das Familienglück
vervollständigt. «Wir sind alle glücklich, gesund,
müde und etwas vollgekotzt», twitterte
der stolze Papa. Ein Spruch, der von Barney so
schnell wohl nicht zu erwarten ist... Apropos:
Wenn die Tage wieder kürzer werden und die
Fernbedienung die Grillzange ersetzt, gehen
die TV-Serien in eine neue Saison. Was es da
Vielversprechendes zu erwarten gibt, zeigt ein
Blick ins Programm der US-Stationen: In «Once
Upon a Time» geht’s um eine Parallelwelt mit
Märchenfiguren, «Alcatraz» ist der spannende
«Lost»-Nachfolger und «Pan Am» mit Christina
Ricci wird mit einer geballten Ladung Sixties,
Glamour und Stewardessen auf der Mattscheibe
landen. (rg)
Anthony Weiner
Wie man es in Rekordzeit vom unscheinbaren
Politiker zur internationalen Prominenz
schafft, hat Anthony Weiner gezeigt. Es braucht
lediglich ein Foto auf einem Twitter-Account,
das eine eng anliegende Unterhose mit eindeutiger
Ausbeulung zeigt. Die Erek tion ging um die
Welt, denn versehentlich verschickte der demokratische
Abgeordnete den pikanten Link all seinen
56000 Followern. Weiner wollte sich nicht
dazu äussern, ob das Foto tatsächlich von ihm
war, sprach ausweichend von einem Hacker-
Angriff. Doch die Medien begannen zu recherchieren
und bald deckte die «New York Post» auf,
dass ein Grossteil seiner Twitter-Freunde Models
oder Pornodarstellerinnen sind. Schliesslich
musste Weiner bei einer spektakulären
Pressekonferenz unter Tränen eingestehen, es
habe tatsächlich Cybersex-Kontakte gegeben
und er werde von seinem Amt zurücktreten.
Was für ein Skandal! Und weil seine schwangere
Frau eine hochrangige Mitarbeiterin von
Hillary Clinton ist, konnte auch gleich nochmal
die Clinton-Affäre mit aufgewärmt werden.
Weiner hat nun ein Job-Angebot von «Hustler»-
Herausgeber Larry Flint bekommen, mit 20 Prozent
mehr Lohn als im Repräsentantenhaus. Ob
das ein echter Trost ist für jemanden, der 2013
Bürgermeister von New York werden wollte?
Wer also plant, in die US-Politik einzusteigen
(eigentlich kann das jedem passieren, siehe Arnold
Schwarzenegger, aber das ist eine ganz
andere und doch ganz ähnliche Geschichte),
der sollte vorher dringend die gesellschaftlichen
Moralvorstellungen überarbeiten. Oder
sein Gayromeo-Profil. (rg)
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