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Dieses Magazin ist schwul

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CRUISER Edition Sommer 2011<br />

Musik<br />

Patrick Wolf<br />

Lupercalia<br />

*****<br />

Plattenvertrag.<br />

Der Song «City» versetzt beim<br />

ersten Hören in ratloses Staunen.<br />

Zum einen, weil der<br />

Ohrwurm mit Suchtpotenzial<br />

nicht schlagartig zum Hit<br />

der Saison wurde, zum anderen,<br />

weil er sich so schwer einordnen lässt. Ein<br />

neckisches Schnippen, geschmetterte Akkorde,<br />

eine singende Gitarre, eine tragende Stimme,<br />

die von Liebe berichtet. Ein fröhlicher Sommerhit,<br />

leicht verzerrt. Er könnte aus den Achtzigern<br />

kommen, von eben jetzt oder aus der fernen<br />

Zukunft. Er kommt von Patrick Wolf.<br />

«City» <strong>ist</strong> Teil von «Lupercalia», dem vorläufigen<br />

Höhepunkt einer kompromisslosen Musikerkarriere.<br />

Lupercalia hiess ein altrömisches Fruchtbarkeitsfest.<br />

Sünden wurden vergeben, der<br />

Frühling gefeiert. Für Patrick wird Lupercalia<br />

zum Wendepunkt in den Mainstream, der einsame<br />

Wolf mausert sich endgültig zum Pop-Paradiesvogel.<br />

Mit sechs beschliesst er, Violin<strong>ist</strong> zu<br />

werden, mit elf gibt er auf. Popstar <strong>ist</strong> nun sein<br />

Traumberuf, doch er bleibt der Klassik verbunden,<br />

lernt Cembalo, Harfe, Ukulele und studiert<br />

Komposition. Nach unermüdlichen Sound-Tüfteleien<br />

erntet er endlich Kritikerlob und einen<br />

2007 fährt der Londoner auf dem<br />

knallbunten Cover seiner musikalischen Wundertüte<br />

«Magic Position» Karussell, 2009 erfindet<br />

er sich auf «The Bachelor» neu als Ritter der Dunkelheit<br />

in einer opulent-kitschigen Rüstung.<br />

Heute <strong>ist</strong> Lady Gaga ein bekennender Fan des<br />

Exzentrikers mit dem schüchternen Blick geworden,<br />

das Radio seine Plattform, und Patrick<br />

Wolf geht hart an die Grenze. Die Grenze zum<br />

Retro-Abklatsch von Titelmelodien aus 1980er-<br />

TV-Serien, die Grenze zu den Songs von Robbie<br />

Williams, als dieser fast schon englischen Schlager<br />

machte, während er weiterhin als Rockstar<br />

gefeiert wurde. Noch immer trägt Patrick Wolf<br />

zu dick auf. Inzwischen allerdings einen Aufstrich,<br />

der unwiderstehlich vielschichtig und<br />

leicht verdaulich <strong>ist</strong>.<br />

Als Gesamtes <strong>ist</strong> «Lupercalia» vom innovativen<br />

und experimentellen Werdegang des Sängers so<br />

durchdrungen, dass man sich gar nicht bei jedem<br />

käsigen Refrain zu fragen braucht, ob er nicht<br />

vielleicht doch allzu seicht geraten sein könnte.<br />

Am deutlichsten wird Wolfs aussergewöhnliches<br />

Talent aber nach wie vor in den zurückhaltenden<br />

atmosphärischen Tracks wie «Arm<strong>ist</strong>ice», von denen<br />

man sich mehr gewünscht hätte. (rg)<br />

Heather Nova *****<br />

300 Days at Sea<br />

Heather Nova <strong>ist</strong> eine Tochter des Ozeans. Ihre Kindheit<br />

verbringt sie auf dem Segelboot der Eltern, die um die<br />

Welt reisen und immer wieder vom mysteriösen Bermuda-Dreieck<br />

angezogen werden. Mit ihrem neusten<br />

Album, aufgenommen auf den Bahamas, erinnert sich<br />

die Sängerin mit der sanft durchdringenden Stimme<br />

zurück an die Tage auf hoher See. Als optim<strong>ist</strong>ische Reiseführerin in «Turn<br />

the Compass round», als bezirzende Sirene in «Stay». Mal Kapitänin eines<br />

Synthiesongs mit Anleihen an a-ha, dann wieder einsam Treibende oder<br />

Schiffbrüchige in ihren wunderbar zerbrechlichen Gitarren- und Pianoballaden.<br />

Dazwischen, leider, wird sie auch zur Kreuzfahrtschiff-Chanteuse,<br />

die Sheryl Crow oder Amy Macdonald imitiert, obwohl sie diese in<br />

ihren besseren Momenten mit Leichtigkeit übertrifft. Nicht gerade die<br />

CD, die man als einzige ins Gepäck für die einsame Insel stecken würde,<br />

aber doch ein perfekter Soundtrack für den entspannten Tag auf der Badematte,<br />

wenn das Chlorwasser plätschert und die Träume in Richtung<br />

Weltmeer schweifen. (rg)<br />

Mimi *****<br />

Road to Last Night<br />

Wenn eine junge Sängerin berühmte Eltern hat und<br />

zudem noch bildhübsch <strong>ist</strong>, beschleunigt das zwar<br />

auf dem Weg zum schnellen Ruhm, wird für die ernsthafte<br />

Karriere allerdings rasch zur Hypothek. Wenn<br />

zeitgleich mit dem Debüt auch noch eine erotische<br />

Bildstrecke im Playboy erscheint, hilft eigentlich nur<br />

noch eins: Die Musik muss verdammt gut sein. So geschehen im Fall von<br />

Mimi Marius-Westernhagen. Sie singt über das Ende einer Beziehung,<br />

über durchzechte Nächte, über unbeantwortete Anrufe. In Liedern, die<br />

zärtlich mit kantigem Rock flirten, die sofort in jedes Ohr und Herz gehen<br />

und doch auf einem wilden Roadtrip ihren ganz eigenen Weg einschlagen.<br />

Mit einer ausdrucksstarken Stimme, von der man gar nicht genug kriegen<br />

kann. Dass sie Fleetwood Mac und Tom Waits als Vorbilder nennt, erklärt<br />

einiges und verspricht noch viel. Einen eigenen Namen macht sich Mimi<br />

bereits mit ihrer ersten Single «Once Again», und so fällt es nach ein paar<br />

Takten leicht, über ihre Musik zu reden, auch wenn es haufenweise anderen<br />

Gesprächsstoff gibt. (rg)<br />

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