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Phönix und die Shinto Geister<br />
Manchmal werden Träume war und längst<br />
totgeglaubte Legenden erheben sich aufs<br />
Neue. Wer hätte gedacht, dass sich eine der<br />
großartigsten Gothic-Bands der frühen 90er<br />
wieder zurückmelden würde. Faith and the<br />
Muse schrieben musikalische Geschichte, denn<br />
ihre Alben und Songs verbanden archaische<br />
Urheilung mit gothischer Eleganz und produktionstechnischer<br />
Perfektion. <strong>Die</strong> beiden Protagonisten,<br />
Monica Richards und William Faith<br />
verbindet seit Anbeginn nicht nur eine gemeinsame<br />
künstlerische Wurzel, sondern auch eine<br />
bis heute innige Beziehung, die sie in allen Lebensbereichen<br />
schöpferisch tätig werden lässt.<br />
Dass die beiden bereits Ende der 80er<br />
in unzähligen stilbildenden Projekten<br />
wie Christian Death, Mephisto Walz<br />
oder Strange Boutique Szeneboden<br />
bereiteten, ist bestimmt nicht jedem<br />
bekannt – Der musikalischen Relevanz<br />
des Schaffens dieser Ikone verleiht es<br />
jedoch Nachdruck und wer die ersten<br />
Töne des Albums vernimmt, fragt<br />
sich, warum nicht schon früher?<br />
Monica: Das liegt sicher an den vielen anderen<br />
Projekten, die unsere Zeit ausfüllen,<br />
sei es das Erarbeiten der Permakultur, die<br />
Aufnahmen zu „Infra Warrior“ und die<br />
Arbeiten an „Anima Mundi“. Unser Leben<br />
hat noch so viele andere Aspekte.<br />
Euer neues Album „:ankoku butoh:“<br />
hat sicher mit dem japanischen Butoh<br />
Ausdruckstanz zu tun.<br />
William: „:ankoku butoh:“ bedeutet Tanz der reinen<br />
Verzweiflung. Butoh ist sehr expressiv, düster und<br />
einzigartig und fand bisher viele tänzerische Anhänger<br />
in unseren Breiten. Wir finden in Butoh dieses<br />
Gleichnis mit der Gegenwart, die Verzweiflung die<br />
unserer Welt, Gesellschaft und Ökologie anhaftet,<br />
wollen damit aber auch einen Ausweg finden.<br />
Taiko Drums sind nur ein klangliches Stilmittel<br />
einer kulturell sehr reichen Formensprache der<br />
asiatischen Welt. Was fasziniert euch hier besonders?<br />
Monica: Viele Aussagen des Albums reflektieren<br />
den Shinto Glauben. Das japanische Glaubensmodell<br />
lebt aus dem Respekt und der Beziehung von<br />
Natur und Heiligkeit. Nachdem ich bereits viele<br />
Weltkulturen studiert hatte, erschien mir Shinto so<br />
vertraut und universell, denn es gibt viele Parallelen<br />
zur keltischen und auch indianischen Glaubenswelt.<br />
Das breite Interesse am J-Horror und seinen typisch<br />
japanischen Geistern hat viel mit den eigenen kulturellen<br />
Urquellen zu tun.<br />
Seit den Anfängen hat Gothic eine so weite<br />
Entwicklung hinter sich. Gibt es diese ewige<br />
Flamme, dieses Urgefühl auch noch heute?<br />
Monica: Vor kurzem hatte uns ein Fan nach einer<br />
Show im Rahmen der Dagon Con zum neuen Lineup<br />
geschrieben: „Total gestresst in der Schlange, dann<br />
auf dem Weg zum Bühnenrand schwitzend und die<br />
Kamera auf Zehenspitzen im Anschlag, schloss ich<br />
für einen Moment meine Augen und da tat sich<br />
VÖ „:ankoku butoh:“: 30.10.09<br />
plötzlich dieses Gefühl auf, dieses Vertraute alte, fast<br />
vergessene. Das hat so gut getan.“ Zurück Anfang<br />
der 90er gab es dieses Gefühl, diese Vertrautheit<br />
in der Szene. Man fühlte sich verbunden und die<br />
Außenwelt schien zu verschwinden. Wir möchten<br />
dieses Gefühl zurück auf die Bühne bringen und junge<br />
als auch alte Szenegänger vereinen.<br />
Monica beschäftigt sich schon sehr lange mit<br />
matriarchalischen Wertesystemen. Inwieweit<br />
hat dich das als Mann beeinflusst?<br />
William: Ich glaube, dass das weibliche Prinzip sich<br />
weit mehr an die weltliche und natürliche Ordnung<br />
hält, gerade die männlichen Werte haben<br />
nur Vernichtung und Eroberung gebracht. Ich persönlich<br />
habe mir die weibliche Sichtweise auch<br />
stark angeeignet, auch wenn manchmal meine<br />
eher kriegerische Seite in einigen Songs zum<br />
Vorschein kommt. Unsere Gesellschaft braucht<br />
stärkeren weiblichen Einfluss, um sich aus den<br />
aktuellen Konflikten befreien zu können.<br />
Sind es dann die patriarchalischen Einflüsse,<br />
unter denen die Welt leidet oder liegt<br />
es einfach an der Menschheit?<br />
Monica: Lebensformen in Harmonie entwickeln<br />
sich weiter – sobald aber Dominanz und Zerstörung<br />
einkehrt, entsteht auch Krankheit. Das<br />
Patriarchat dominiert immer in Richtung Dominanz,<br />
während das Matriarchat eher Respekt<br />
und Gleichheit in den Vordergrund stellt.<br />
www.mercyground.com<br />
GERt DRExl<br />
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