moments - Das Magazin für die schönsten Augenblicke
Ausgabe April 2015
Ausgabe April 2015
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PEOPLE & BUSINESS<br />
FOTOS: NICOLE WAGENEDER / MOMENTS<br />
ich begann, wurde ich in der Fachdidaktik<br />
der Fremdsprachen <strong>für</strong> verrückt<br />
gehalten. Aber meine Studenten,<br />
<strong>die</strong> wussten, um wie viel besser es<br />
funktioniert, haben mich immer auf der<br />
Suche nach Erklärungen unterstützt<br />
und mir Kraft gegeben.<br />
Was hat der Erfolg<br />
persönlich bewirkt?<br />
Die wissenschaftliche Bestätigung,<br />
dass meine Intuition richtig war, hat<br />
in mir einen zusätzlichen Motivationsschub<br />
bewirkt, weiter daran zu arbeiten<br />
und neue Aspekte zu untersuchen.<br />
Ich habe noch viel vor!<br />
Neben Ihrer Tätigkeit an der JKU<br />
bringen Sie in Vorträgen den aktuellen<br />
Wissenstand aus der Gehirnforschung<br />
auch Laien näher. <strong>Das</strong><br />
machen nur wenige Ihrer Berufskollegen.<br />
Was hat Sie dazu bewogen?<br />
Ich bin vom Gehirn fasziniert: Je mehr<br />
ich weiß, umso mehr möchte ich wissen.<br />
Man versteht Seiten des Lebens<br />
viel besser, wenn man weiß, was sich<br />
im Gehirn abspielt. Diese Begeisterung<br />
löst in mir das Bedürfnis aus, mein<br />
Wissen mit Menschen zu teilen, <strong>die</strong><br />
beruflich etwas anderes tun und sich<br />
nicht so intensiv wie ich damit auseinandersetzen<br />
können. Letztendlich<br />
sehe ich mein Wissen als ein Geschenk<br />
des Lebens und in Dankbarkeit zum<br />
Leben gebe ich es weiter.<br />
Was ist <strong>für</strong> Sie persönlich als Wissenschaftlerin<br />
in Ihrem Beruf besonders<br />
erfüllend?<br />
Wenn man Experimente durchführt,<br />
stellt man Hypothesen auf, <strong>die</strong><br />
man mit Zahlen und Fakten zu belegen<br />
hat. <strong>Das</strong> Schönste ist, wenn <strong>die</strong><br />
Statistikprogramme am Ende einer<br />
langen Kette von Berechnungen <strong>die</strong><br />
magische Zahl „< 0,05“ liefern: <strong>Das</strong><br />
heißt, dass <strong>die</strong> Hypothese bestätigt ist<br />
und dass der Zufall keine Rolle spielt.<br />
Besondere Freude bereitet mir auch<br />
<strong>die</strong> Interaktion mit meinen Stu<strong>die</strong>renden:<br />
In all <strong>die</strong>sen Jahren sind sie sehr<br />
wichtige Wegbegleiter. Ohne sie, ohne<br />
ihre Bereitschaft mit mir gemeinsam<br />
zu experimentieren, wäre ich heute<br />
inhaltlich und forschungsmäßig niemals<br />
so weit. Und es ist wunderschön,<br />
wenn man junge Menschen auf dem<br />
Weg zu ihrer Entwicklung ein Stückchen<br />
des Weges begleiten darf.<br />
Woher kommt eigentlich<br />
Ihr Interesse <strong>für</strong> Linguistik?<br />
Ich stamme aus dem Aostatal, einem<br />
mehrsprachigen Gebiet in Norditalien.<br />
Mit 18 Jahren sprach ich fünf Sprachen<br />
und beobachtete aber, dass andere<br />
Menschen mit der Mehrsprachigkeit<br />
Probleme haben. Ich wollte wissen,<br />
warum das so ist. Ich wollte wissen,<br />
wie Sprache im Gehirn funktioniert.<br />
Deswegen habe ich Linguistik stu<strong>die</strong>rt.<br />
Anfang der 1980er habe ich eine Interrail-Reise<br />
nach Österreich gemacht.<br />
Mir hat es so gut gefallen, dass ich<br />
zum Stu<strong>die</strong>ren nach Salzburg gegangen<br />
bin. Germanistik nahm ich im Diplomstudium<br />
dazu, weil mich <strong>die</strong> deutsche<br />
Sprache fasziniert hat.<br />
Wie erleben Sie <strong>die</strong> Mentalitäts-Kluft<br />
zwischen Österreich und Italien?<br />
Ich bin gegen den Willen meiner Eltern<br />
nach Österreich gegangen, weil mir<br />
das Land gefiel. In all <strong>die</strong>sen Jahren<br />
hat sich nichts geändert: Österreich ist<br />
und bleibt meine Wahlheimat. In der<br />
Zeit, als ich in Leipzig am Max-Planck-<br />
Institut war, habe ich Österreich sehr<br />
vermisst und habe viele Tausende von<br />
Kilometern zurückgelegt, um zumindest<br />
am Wochenende zu Hause zu<br />
sein. Im Herzen bin ich eine Österreicherin,<br />
am Pass eine Italienerin und im<br />
Geist eine Europäerin!<br />
Sie sprechen sieben (!) Sprachen,<br />
vier davon akzentfrei. In welcher<br />
Sprache denken und träumen Sie?<br />
Diese Frage wird mir erstaunlich oft<br />
gestellt: Die Sprache richtet sich<br />
nach der Situation, in der ich mich<br />
im Traum befinde. Ich weiß, dass<br />
in Träumen, in denen meine Familie<br />
vorkommt, <strong>die</strong> Sprache Italienisch<br />
ist. Wenn ich von meiner österreichischen<br />
Welt träume, ist es dann<br />
Deutsch. Ich erinnere mich manchmal<br />
an Ausdrücke und Worte, <strong>die</strong> im<br />
Traum gefallen sind.<br />
In Ihren öffentlichen Vorträgen erklären<br />
Sie, dass das Gehirn neben der<br />
richtigen Ernährung vor allem Bewegung<br />
braucht, um leistungsfähig zu<br />
bleiben. Wie „trainieren“ Sie?<br />
Ich laufe ganzjährig drei bis vier Mal<br />
pro Woche ca. 10 km in etwa einer<br />
Stunde. Im Sommer gehe ich mountainbiken<br />
und im Winter, sooft es<br />
geht, Ski fahren. Diesen Rhythmus<br />
kann ich aus beruflichen Gründen<br />
leider nicht jede Woche halten, aber<br />
ich bin sehr bemüht und verzichte<br />
da<strong>für</strong> auf andere Hobbys. Leider kann<br />
man nicht alles haben, ich entscheide<br />
mich <strong>für</strong> den Sport. ●<br />
Biografisches<br />
Persönliches:<br />
Geboren im Aostatal,<br />
wohnhaft in<br />
Wels; spricht italienisch,<br />
deutsch,<br />
englisch, französisch, holländisch,<br />
schwedisch und spanisch.<br />
Berufliches: Studium der Linguistik<br />
und Kognitivpsychologie in<br />
Salzburg; Dissertation bei Professor<br />
Wolfgang Klimesch;<br />
mehrjährige Forschung am Max-<br />
Planck-Institut <strong>für</strong> Neurowissenschaften<br />
in Leipzig bei Prof.<br />
Angela Friederici. Seit 2012<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
an der JKU Linz. „Nebenbei“<br />
stu<strong>die</strong>rte sie Kunst bei Prof.<br />
Gsöllpointner und absolvierte<br />
u. a. <strong>die</strong> Ausbildung zur staatlich<br />
zertifizierten Dolmetscherin und<br />
zur staatlich geprüften Fremdenführerin<br />
<strong>für</strong> Österreich.<br />
<strong>moments</strong> 4/2015 127