zuckerrüben journal - Guter Ertragszuwachs und hohe Zuckergehalte
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Z U C K E R T E C H N I K A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T M A R K T P O L I T I K A K T U E L L E S<br />
Zuckermarkt braucht keine<br />
drastischen Reformen<br />
Drei gute Zuckerrübenernten in Folge haben die Stimmung im<br />
Zuckerrübenanbau wieder steigen lassen, nachdem die Reform<br />
der Zuckermarktordnung herbe Einschnitte gefordert hatte.<br />
Die Marktordnung läuft bis Ende 2015 <strong>und</strong> es stellt sich die<br />
Frage, wie es danach weitergeht. Ein Gespräch mit dem Niederländer<br />
Jos van Campen, Präsident der Internationalen Vereinigung<br />
Europäischer Zuckerrübenanbauer (CIBE).<br />
Jos van Campen<br />
Interview mit Jos van Campen<br />
Journal: Als die Reform der Zuckermarktordnung<br />
beschlossen wurde, sahen viele<br />
schlechte Zeiten auf die Rübenanbauer in<br />
Europa zukommen. Aber so schlimm wie<br />
befürchtet, ist es nicht gekommen. Wie<br />
beurteilen Sie die Situation?<br />
Van Campen: Die Veränderungen des Sektors<br />
infolge der geänderten Zuckermarktordnung<br />
waren sehr schmerzlich: 80 Zuckerfabriken<br />
in Europa haben ihre Tore<br />
geschlossen, r<strong>und</strong> 140 000 Landwirte<br />
haben den Rübenanbau eingestellt. Aber<br />
die Landwirte <strong>und</strong> die Fabriken haben<br />
ihre Produktivität gesteigert <strong>und</strong> die Kosten<br />
gesenkt, die steigenden Rübenerträge<br />
haben dazu beigetragen <strong>und</strong> liegen heute<br />
auf dem Niveau von Zuckerrohr. Die Rübenanbauer<br />
in Europa brauchen keine<br />
Angst vor der Zukunft zu haben.<br />
Journal: Wie sieht denn die Zukunft des<br />
Zuckersektors nach dem Ende der Zuckermarktordnung<br />
2015 Ihrer Meinung nach<br />
aus?<br />
Van Campen: Da die Beratungen für die<br />
Gemeinsame Agrarpolitik der EU bald beginnen,<br />
ist es auch Zeit für uns, über unsere<br />
Zukunft nachzudenken. Wir haben<br />
im Oktober <strong>und</strong> November intensive Gespräche<br />
mit unseren Mitgliedern in den<br />
verschiedenen europäischen Ländern geführt.<br />
Die Debatte war sehr lehrreich <strong>und</strong><br />
hat gezeigt, dass keine drastischen Reformen<br />
am bestehenden System nötig sind.<br />
Das Vertragsmodell bei der Zuckerrübe ist<br />
beispielhaft, es bietet über langfristige<br />
Verträge eine sichere Mengenkontrolle<br />
<strong>und</strong> garantiert einen stabilen Markt.<br />
Journal: In Europa gibt es immer wieder<br />
Stimmen, die eine Liberalisierung der<br />
Landwirtschaft fordern, könnte dies auch<br />
für den Zuckermarkt in Frage kommen?<br />
Van Campen: Die Ziele der Reform der Zuckermarktordnung<br />
waren, die Marktordnung<br />
WTO-konform zu machen, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu steigern, die Importe<br />
im Rahmen der Alles-außer-Waffen-Initiative<br />
(EBA) zu ermöglichen <strong>und</strong> den Zuckerpreis<br />
in Europa zu senken. Alle diese<br />
Ziele sind erreicht worden. Wenn man<br />
nun einseitig über Quotenabschaffungen<br />
in das System eingreift, fällt das ganze<br />
System wie ein Kartenhaus zusammen.<br />
Außerdem darf man nicht vergessen,<br />
dass man den ärmsten Ländern der Welt<br />
(LDC) einen Zugang nach Europa versprochen<br />
hat, das lässt sich nicht so einfach<br />
rückgängig machen. Ich denke, das sind<br />
alles gute Argumente für eine Beibehaltung<br />
der Quotenregelung.<br />
Journal: Die Importe in die EU aus den<br />
ärmsten Ländern der Welt, den LCD-Staaten,<br />
<strong>und</strong> den Ländern aus Afrika, der Karibik<br />
<strong>und</strong> dem Pazifik, den AKP-Staaten,<br />
sind vielen ein Dorn im Auge, weil sie dazu<br />
geführt haben, dass die Produktion in<br />
Europa reduziert wurde. Wie beurteilen<br />
Sie diese Importe?<br />
Van Campen: Wichtig ist, dass die Importe<br />
nicht über die vereinbarten Grenzwerte<br />
hinausgehen <strong>und</strong> dies auch kontrolliert<br />
wird. Aber wir dürfen auch nicht vergessen,<br />
dass diese Länder die gleichen Interessen<br />
haben wie wir: Ein ausgeglichener<br />
Markt in Europa ist genauso im<br />
Interesse der importierenden Staaten,<br />
denn nur so kann das Marktgleichgewicht<br />
gehalten werden <strong>und</strong> Marktschwankungen,<br />
die zerstörerisch sind,<br />
können verhindert werden. Zurzeit sind<br />
wir durch einen <strong>hohe</strong>n Weltmarktpreis<br />
geschützt, aber wenn der Weltmarktpreis<br />
sinkt, ist es wieder attraktiver, nach<br />
Europa zu liefern. Im Moment ist der<br />
Zur Person:<br />
Jos van Campen<br />
Jos van Campen, seit 2007 Präsident<br />
der Internationalen Vereinigung der<br />
Europäischen Zuckerrübenanbauer<br />
(CIBE), ist Landwirt aus Ens, einem Dorf<br />
im Noordoostpolder, mitten in den<br />
Niederlanden. Er bewirtschaftet den<br />
Betrieb zusammen mit seiner Frau <strong>und</strong><br />
einem seiner drei Söhne. Der Bauernhof<br />
liegt auf einem der neuen niederländischen<br />
Polder. Der Lehmboden ist<br />
für viele Feldfrüchte geeignet, angebaut<br />
werden Pflanzkartoffeln,<br />
Zuckerrüben, Weizen, Möhren <strong>und</strong><br />
Zwiebeln. Seit 2003 ist Jos van Campen,<br />
Jahrgang 1950, Vorsitzender der<br />
Koninklijke Coöperatie Cosun U. A.<br />
(Royal Cosun), einer Genossenschaft<br />
mit 10 000 Zuckerrübenanbauern,<br />
<strong>und</strong> seit 1992 Mitglied in deren Vorstand.<br />
Davor war er seit 1979 Mitglied<br />
<strong>und</strong> Vorsitzender eines regionalen<br />
Ausschusses der Cosun.<br />
Cosun wurde 1899 gegründet <strong>und</strong> ist<br />
als Zuiker Unie Eigentümer der beiden<br />
niederländischen Zuckerfabriken.<br />
Außerdem gehört der Kartoffelverarbeiter<br />
Aviko zu Cosun, ebenso wie<br />
Royal Nedalco: Die Firma stellt Ethanol<br />
aus Zuckerrübenmelasse, Zuckerrohrmelasse<br />
<strong>und</strong> Getreide her. Weitere<br />
Firmen sind der Tiefkühlgemüse<strong>und</strong><br />
Obstverarbeiter SVZ, der Inulin-<br />
Produzent Sensus <strong>und</strong> die Unifine<br />
Food & Bake Ingredients GmbH, die<br />
Lebensmittelzusätze erzeugt. Cosun<br />
hat r<strong>und</strong> 4 000 Mitarbeiter <strong>und</strong> einen<br />
Jahresumsatz von 1,7 Mrd. €.<br />
Früher war Jos van Campen auch aktiv<br />
als Mitglied im Vorstand des<br />
Pflanzkartoffelunternehmens ZPC,<br />
jetzt HZPC, der Genossenschaftsbank<br />
Rabobank <strong>und</strong> dem Weltzuchtverband<br />
für Sportpferde World Breeding<br />
Federation for Sport Horses (WBSH).<br />
LZ 8 · 2010 Z U C K E R R Ü B E N J O U R N A L | 3<br />
Foto: Natascha Kreuzer