Nach dem Motto „Schauen können wir ja mal“ bummelten Wolfgang und Irmgard Kronauer eines schönen Urlaubstages über einen Eselmarkt im bayerischen Voralpenland. Und sie schauten und schauten ... einmal zu oft in die großen dunklen Augen eines kuscheligen, grauen Eselfohlens namens Paula. Es war schlicht Schicksal. Oder war es einfach der richtige Zeitpunkt, einen fast vergessenen Wunsch aus der Kinderzeit zu erfüllen? Einen Esel! Kronauers entschieden nach Gefühl. Und setzten ihre Entscheidung prompt und konsequent um: gleich noch ein zweites Eselfohlen dazu. Mit Artgenossen lebt es sich schließlich besser. Nummer 2, Terra, war ebenfalls eine Schönheit. Jedoch anders: schwarz wie die Nacht. Eine seltene Farbe bei deutschen Hauseseln. Früher wäre aus ihr vielleicht ein „Schmuggler-Esel“ geworden. Stattdessen darf Terra heute für Entschleunigung und Entspannung bei Wolfgang und Irmgards Wandergästen sorgen. Mit den beiden Fohlen, Paula und Terra, kamen auch die Mutterstuten nach Bad Gögging zu den Kronauers. Vorüber - gehend. Bis die, bei Eseln relativ späte, Trennung der Jungtiere vorgenommen werden konnte. Warum auch nicht? Die Weiden an der Abens rund um die Ferienpension boten genug Freiraum und Futter für die Tiere, dem Züchter kam die Entlastung entgegen. Die Esel gewöhnten sich schnell ein. Besonders zufrieden auf den satten Wiesen fühlte sich Paulas Mutter, eine Eselin namens Luna. Sie wurde immer runder. Nun, kein Wunder bei dem guten Futter, dachte die Familie. Bis eines Tages Lucas, der jüngste von Irmgard und Wolfgang Kronauers drei Söhnen ins Haus stürzte und rief „Mama, Papa, da ist jetzt noch ein Esel!“ Fohlen Helena kam als blinder Passagier Was gibt es Entzückenderes als ein Eselfohlen? Die Nachricht von Kronauers vierbeinigem Nachwuchs schlug ein wie eine Bombe. Ganz Bad Gögging war auf den Beinen. Der Kindergarten gleich ums Eck hatte sozusagen den Sechser im Esellotto gezogen: Ausflüge zum Eselstreicheln standen quasi auf der Tagesordnung. Und dass Luna mit ihrem Fohlen Helena nun „für immer“ blieb, war auch klar. „Alle in Bad Gögging finden unsere Esel gut“, freut sich Irmgard Kronauer, „wenn wir mit ihnen durch den Ort gehen, bildet 18 <strong>hallertau</strong> <strong>magazin</strong> sich gleich ein Menschenauflauf.“ Am Anfang hatten ja schon einige den Kopf geschüttelt, so nach dem Motto „Jetzt sind sie mit den drei Kindern aus dem Gröbsten raus und dann tun sie sich die Esel an“. Einen Esel anschaffen bedeutet ja doch eine große Verantwortung. 40 Jahre alt kann ein Hausesel werden bei guter Pflege. Um artgerecht gehalten zu werden, braucht er die Gesellschaft eines Artgenossen, eine ausreichend große Weide und einen wetterfesten geräumigen Stall. Nässe vertragen die Esel schlecht, denn sie haben wenig bis kein Hautfett. Das hängt mit ihrer Urheimat zusammen, dem trockenen afrikanischen Kontinent. Steppe, Ödland und schroffe Gebirge haben die Tiere über Jahrtausende geprägt. Würde niemals einen ihrer Esel einfach ausleihen: Irmgard Kronauer, hier mit Eselstute Terra. Die dreifache Mutter ist als freischaffende Künstlerin und als Fastenbegleiterin tätig. « Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. » Antoine de Saint-Exupery in „Der kleine Prinz“ Entsprechend sind die Esel auch darauf spezialisiert, den größten Teil des Tages mit Nahrungssuche auf kargen Weiden zu verbringen. Üppige Wiesen müssen dosiert werden: Zu viel frisches und eiweißhaltiges Grün birgt gesundheitliche Gefahren. Kronauers haben sich informiert über Eselhaltung. Für Paula, Terra, Luna und Helena steht deshalb auch ein grasfreier Auslauf am Stall zur Verfügung. Und damit sich die Eselinnen nicht langweilen, dürfen sie mit Kronauers und ihren Gästen wandern gehen. Auch bei Regen. Dann bekommen sie ihre maß - geschneiderten Regen ponchos um. „Unseren Eseln soll es gut gehen, sie sollen aber auch eine Aufgabe haben wie jedes Mitglied der Familie“, erläutert Irmgard Kronauer ihre Philo sophie. Irmgard selbst hat viele Aufgaben. Und unzählige Ideen. Ihren einmal erlernten Beruf als Telekommunikationssekretärin hat die gebürtige Münchsmünsterin längst aufgegeben. Irgendwie mag man sich die quirlige Frau auch nicht in einem Büroalltag vorstellen. Drei Söhne, Atelier, Pensionsbetrieb, Fastenbegleitung, Gemüsegarten, Marmelade kochen, Malen, Filzen ... Hund, Katze, Hühner ... der Tag ist ausgelastet. Spätestens beim Rundgang durch das Atelier stellt sich beim Anblick von Aquarellen und textilem Kunsthandwerk die Frage: Wie (und wann) macht Irmgard das alles? 16 Betten mit Park Die Pension in Bad Gögging übernahm Wolfgang Kronauer von seinen Eltern. Acht Zimmer und eine Ferienwohnung stehen zur Verfügung. Die Lage ist zentral und trotzdem ruhig: vorne der alte Kurpark, hinten Zier- und Gemüsegarten, das Flüsschen Abens und die Eselweide. Von Beruf ist Wolfgang Sozialpädagoge und als Jugendreferent im Landkreis Eichstätt tätig. Morgens um 5 Uhr beginnt bereits sein Tag. Als Erstes kümmert er sich um die Esel. Die sind nämlich Frühaufsteher. Und wenn sie Hunger haben, können sie lauter schreien als ein Hahn (Weshalb Wolfgang besser nicht verschläft!). Der Gedanke, mit Pensionsgästen und Eseln gemeinsam wandern zu gehen und das auch als touristisches Angebot zu formulieren, ergab sich irgendwie. Das Interesse der Gäste an den Eseln war von Anfang an gegeben. Dann begann sich das Hobby zu entwickeln. Heute kommen Gäste speziell wegen der Esel. Es seien „besondere Menschen“ die da kommen, bemerkt Irmgard. Sie staune oft, wo in der Welt
Esel sind Herdentiere, die gerne in Freundschaften leben. Die Lebenserwartung eines Esels liegt bei 40 Jahren – eine Verantwortung, die vor der Anschaffung gut überlegt sein will. Bei Kronauers in Bad Gögging fühlen sich die Esel sichtlich wohl. Ihre Weide am Flüsschen Abens ist ein kleines Paradies. Manchmal kommt sogar ein Reh vorbeigesprungen. <strong>hallertau</strong> <strong>magazin</strong> 19