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Mitteilungen 49/2009 - Fachverband Philosophie e.v.

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Standpunkt vertritt, aber leider auf seine sehr anschaulichen Analogien verzichtet –<br />

vielleicht weil sie doch sehr naiv erscheinen.)<br />

Nachdem die Schülerinnen und Schüler Searles Position rekonstruiert haben, untersuchen<br />

sie im Rückgriff auf ihre neurobiologischen Kenntnisse seine Tragfähigkeit<br />

in Bezug auf die vier von ihm selbst explizierten Probleme. Ihnen wird dabei<br />

deutlich, dass dieser Ansatz zwar die Probleme der Intentionalität und der mentalen<br />

Verursachung, nicht aber die Probleme des Bewusstseins und der Subjektivität als<br />

Teilaspekte des Körper-Geist-Problems löst. Hinsichtlich des Bewusstseins verweist<br />

selbst Searle auf die empirischen Rätsel, die die künftige Forschung zu lösen<br />

habe. Hinsichtlich der Subjektivität liefert sein Ansatz keine wirkliche Erklärung: Wo<br />

uns in der Natur auch Makroeigenschaften von Dingen begegnen, sind sie, wie die<br />

Mikroeigenschaften auch, eindeutig objektiv, also aus einer Perspektive dritter Person<br />

beschreibbar. Die Flüssigkeit des Wassers kann jeder Mensch beobachten, so<br />

wie jeder Wissenschaftler sie als H2O-Moleküle verstehen kann. Es ist keine Eigenschaft,<br />

die „nur dem Wasser selbst“ zugänglich wäre. Makroeigenschaften des Gehirns<br />

in diesem Sinne sind, dass es eine graue bis weiße glibbrige Masse ist, oder<br />

auch, dass es im EEG messbare globale Aktivitätsmuster hat, nicht aber, dass es<br />

mentale Zustände aufweist. Man kann vielleicht auch hier von „subjektiven Makroeigenschaften“<br />

sprechen, hat damit aber zu einem Verständnis des Körper-Geist-<br />

Problems oder gar zu seiner Lösung nichts gewonnen.<br />

Dualismus<br />

Diesen Kritikansatz, den die Schülerinnen und Schüler oftmals sehr selbstständig<br />

entwickeln können, verdeutlichen wir uns im Rückgang auf zwei klassische Kritikansätze<br />

des Materialismus. Der erste davon ist Thomas Nagels Aufsatz „Wie ist es,<br />

eine Fledermaus zu sein?“ Wir wissen eine ganze Menge über die neuro- und verhaltensbiologischen<br />

Grundlagen der Echoortung von Fledermäusen. Können wir<br />

aber auf Grund dieses Wissens auch nur die mindeste Vorstellung darüber gewinnen,<br />

wie es „für“ eine Fledermaus ist, ihre Welt auf diese Art und Weise wahrzunehmen?<br />

Anders als im Falle einer Fledermaus haben wir eine gewisse Vorstellung<br />

davon, „wie es ist, ein Mensch zu sein“, unsere Welt wahrnehmend, denkend, fühlend<br />

und wollend zu erleben. Vor diesem Erfahrungshintergrund können wir durchaus<br />

die bisherigen und künftigen Ergebnisse neuro- und verhaltenswissenschaftlicher<br />

Forschung als „Korrelationen“ unseres Erlebens interpretieren. Ohne diesen<br />

Erfahrungshintergrund würden wir aber diesen Ergebnissen am Menschen ebenso<br />

hilflos gegenüberstehen wie im Falle der Fledermaus. Die Perspektive des Neurobiologen,<br />

der das Gehirn von Menschen oder Fledermäusen untersucht und die<br />

Perspektive des Menschen und der Fledermaus selbst sind so verschieden, dass<br />

eine Identifikation der neuronalen Aktivität, die der eine beschreibt, und der seelischen<br />

Zustände, die die oder der andere erlebt, mit jenem simplen Wort „ist“<br />

schlichtweg unverständlich ist (M4).<br />

Der andere Ansatz ist ein Gedankenexperiment von Frank Jackson: Stellen wir uns<br />

eine Neurobiologin namens Mary vor. Sie hat ihr ganzes Leben über in einem<br />

MITTEILUNGEN <strong>49</strong>/<strong>2009</strong><br />

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