18.11.2012 Aufrufe

Mitteilungen 49/2009 - Fachverband Philosophie e.v.

Mitteilungen 49/2009 - Fachverband Philosophie e.v.

Mitteilungen 49/2009 - Fachverband Philosophie e.v.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Formulierung, Begründung und kritische Prüfung von Kriterien, mit deren Hilfe moralisch<br />

verantwortbares Handeln auf philosophische Weise begründet werden kann.<br />

Die philosophische Position des Autors ist durchgängig und deutlich ausgewiesen<br />

an Kants Ethik orientiert. Er betont die Interdisziplinarität der Bioethik und zeigt auf,<br />

welche nicht-moralischen Fragen wissenschaftlicher Art behandelt werden müssen<br />

(technische Machbarkeit, Absehbarkeit der Folgen, mögliche Alternativen …), bevor<br />

man moralisch argumentieren kann. Vorrang haben jedoch Fragen der normativen<br />

Ethik. „Der wissenschaftstheoretische Status der Bioethik lässt sich nur von dem<br />

Status der philosophischen Ethik im Allgemeinen bestimmen, ohne dass die Bioethik<br />

(:::) darauf reduziert werden kann“, (S.22). Deshalb werden Urteile immer<br />

„gemischte Urteile“ sein, die Bedingungen enthalten. Laut Verfasser ist Bioethik<br />

„Oberbegriff von Medizin-, Tier- und Umweltethik“ (S.23).<br />

Die folgenden Überlegungen beziehen sich auf die „Life Sciences“, ein Begriff, den<br />

der Verfasser nicht übersetzt, da eine Übersetzung („Lebenswissenschaften“) zu<br />

eng konnotiert wäre und „Wissenschaften“ im Deutschen nicht nur „Naturwissenschaften“,<br />

sondern auch Sozial- und Geisteswissenschaften meint. Er sieht die Aufgabe<br />

der Bioethik präskriptiv, nämlich darin, „zu beurteilen, inwiefern die durch die<br />

Life Sciences eröffneten Handlungsmöglichkeiten … moralisch vertretbar sind“ (S.<br />

25); er hat also ein eindeutig philosophisches Anliegen.<br />

Einen breiten Raum nimmt die pointierte Darstellung und Kritik von Ethiktheorien<br />

ein, in denen er sich mit deren jeweiligen Hauptvertretern auseinandersetzt –<br />

zugleich ein Wiederholungskurs in Sachen Ethik – und deren teilweise ungeklärte<br />

Grundlagen aufzeigt (z.B. Spielarten des Utilitarismus, Intuitionismus, Care-<br />

Theorien, Kasuistik …). Gegen die philosophisch nicht zu begründende These von<br />

„Heiligkeit des (menschlichen) Lebens“(S.72) setzt er Menschenwürde und Menschenrechte.<br />

Würde basiert nach Kant auf Vernunftfähigkeit und Autonomie, sich<br />

selbst moralische Gesetze geben zu können; daraus resultiert die besondere moralphilosophische<br />

Stellung des Menschen. Würde ist durch Rechte geschützt; möglich<br />

ist ein Verständnis als „Menschenrecht auf Rechte“ (S.78). „Schutz der Menschenwürde“<br />

hat in die meisten bioethischen Stellungnahmen Eingang gefunden.<br />

Mit diesem Begriff argumentiert der Autor weiter und klammert dabei religiöse Begründungen<br />

der Menschenwürde als nicht verallgemeinerungsfähig aus.<br />

Ergebnis seiner intensiven Auseinandersetzung mit Kants Moralprinzip ist Folgendes:<br />

Moralisch gutes Handeln ist nur dadurch gut, dass es „von dem Respekt und<br />

der Achtung von Wesen gekennzeichnet ist, die jene Vermögen (zu moralischer<br />

Selbstbestimmung, Rationalität,M.M.) praktischer Vernunft besitzen“ (S.84); d.h.<br />

Gegenstand einer moralisch geforderten Anerkennung ist die Würde des vernünftigen<br />

Wesens. – Im Unterschied zu allen anderen diskutierten Theorien wird die Kantische<br />

nicht kritisch befragt.<br />

Auf der Grundlage dieses Würdebegriffs beruhen alle folgenden Stellungnahmen<br />

des Autors zu verschiedenen Teilbereichen der Bioethik. Andere Prinzipien wie<br />

„Nicht-Schädigen“, „Wohltun“, „Gerechtigkeit“ zur Bestimmung und Begründung<br />

richtigen Handelns lehnt er ab, da sie moralisch schwach bestimmt sind, in Konflikt<br />

MITTEILUNGEN <strong>49</strong>/<strong>2009</strong><br />

55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!