Mitteilungen 49/2009 - Fachverband Philosophie e.v.
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Einleitend befassen sich Nissing und Müller mit Kriterien und Grenzen ethischer<br />
Typologie. So erfährt man z.B., dass die heute gängige Grundunterscheidung zwischen<br />
deontologischer und teleologischer Ethik auf C. D. Broad (1930) zurückgeht<br />
und vor allem durch das Aufgreifen bei William K. Frankena und John Rawls<br />
populär geworden ist.<br />
Die Einzeldarstellungen beginnt Jörn Müller, der unter dem Titel „Glück als Vollendung<br />
der menschlichen Natur“ eine Einführung in die eudaimonistischen Tugendethik<br />
des Aristoteles gibt. Gregor Nissing stellt Thomas von Aquin als Vertreter des<br />
christlichen Eudaimonismus dar. Es folgen Ausführungen über die Pflichtethik<br />
Immanuel Kants (Jörg Splett) und das Prinzip des größten Glücks, den Utilitarismus<br />
John Stuart Mills (von keinem geringeren als Maximilian Forschner). Berthold Wald<br />
befasst sich mit der materialen Wertethik Max Schelers und Markus Stepanius mit<br />
der Theorie der Gerechtigkeit von John Rawls. Den Schluss bildet ein Beitrag von<br />
Petra Kolmer über die Diskursethik von Jürgen Habermas.<br />
Die einzelnen Darstellungen sind so aufgebaut, dass zunächst die Biographie des<br />
jeweiligen Denkers, sein geisteswissenschaftlicher Kontext und der Anknüpfungspunkt<br />
seines ethischen Entwurfs skizziert werden. Die folgende inhaltliche Darstellung<br />
führt in die Grundbegriffe des Entwurfs ein und macht seine Argumentationsstruktur<br />
transparent. Im dritten Abschnitt jedes Kapitels wird jeweils die Relevanz<br />
der Grundposition für das ethische Nachdenken erörtert sowie ein Ausblick auf die<br />
Rezeptionsgeschichte gegeben. Den Schluss bildet dann Literaturangaben mit<br />
Hinweisen auf die Quellentexte und auf wichtige Sekundärliteratur.<br />
Die Publikation von Nissing und Müller ist ein sinnvoll aufgebautes, gut lesbares<br />
Werk, das sich gut zur Einarbeitung in die Grundpositionen der philosophischen Ethik<br />
eignet. Seine Stärke liegt vor allem in der Einordnung der Positionen, der Erörterung<br />
der Relevanz für die gegenwärtige Ethikdiskussion. Insofern dient es nicht<br />
nur der Einführung, sondern liefert auch denen, die mit den jeweiligen Positionen<br />
schon bekannt sind, noch wertvolle Hinweise. Die Beiträge sind für die Schulpraxis<br />
allerdings nicht alle von gleichem Wert. Während etwa die Erläuterungen zu Aristoteles,<br />
Rawls u.a. für die unterrichtspraktische Anwendung sehr hilfreich sind, fällt<br />
die Darstellung der Ethik Kants eher überblickartig aus und geht nicht konkret genug<br />
auf die Schwierigkeiten ein, die Kants Texte in der Schule bieten. (BR)<br />
Wolfgang Erich Müller: Hans Jonas. Philosoph der Verantwortung. Primus<br />
Verlag, Darmstadt 2008, 256 S.<br />
Eine Position, die in dem zuvor besprochen Sammelband ausgespart wurde, die<br />
dennoch von eminenter Bedeutung für den Schulunterricht ist, ist die Verantwortungsethik<br />
von Hans Jonas. Ihr widmet sich Wolfgang Erich Müller, Professor für<br />
Systematische Theologie an der Universität Hamburg, in dieser Publikation.<br />
Vor dem Jahr des Erscheinens von Das Prinzip Verantwortung, galt Hans Jonas in<br />
akademischen Kreisen vor allem als bedeutender Erforscher der antiken Religionsströmung<br />
der Gnosis. Um so größer war das Erstaunen, als er 1979 mit einem<br />
Werk zur Umweltproblematik an die Öffentlichkeit trat und zum Philosophen der ökologischen<br />
Wende wurde. Den Denkweg vom Gnosisforscher zur Verantwortungsethik<br />
aufzuzeigen, hat sich der Müller zur Aufgabe gesetzt.<br />
MITTEILUNGEN <strong>49</strong>/<strong>2009</strong><br />
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