"der flugleiter" im PDF-Format - GdF Gewerkschaft der ...
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<strong>der</strong> fl ugleiter 2009/04<br />
Technik<br />
30<br />
Von europäischer Seite wurde schon damals darauf<br />
hingewiesen, dass Verbesserungen in <strong>der</strong> „Reversal<br />
Logic“ von TCAS 7.0 notwendig sind. „Reversal“<br />
bedeutet, dass unter verschiedenen unerwarteten<br />
Umständen, einschließlich dem Nichtbefolgen einer<br />
Resolution Advisory, aber auch bei Mehrfachkonfl<br />
ikten, durch eines <strong>der</strong> beteiligten Luftfahrzeuge<br />
(falls beispielsweise beide beteiligten Luftfahrzeuge<br />
sinken) eine neue, <strong>der</strong> ursprünglichen RA entgegen<br />
gesetzte Ausweichempfehlung generiert wird. Neben<br />
verschiedenen an<strong>der</strong>en Kriterien, wie z.B. einer min<strong>im</strong>alen<br />
Höhendifferenz von 100ft zwischen den Flugzeugen,<br />
wurde <strong>im</strong> Standard für TCAS Version 7.0 als<br />
letztes (weil in jedem Fall unterschiedliches) Kriterium<br />
festgelegt, dass das Luftfahrzeug mit <strong>der</strong> niedrigeren<br />
ICAO 24-bit-Flugzeugadresse, die weltweit eindeutig<br />
ist, einen solche RA-Reversal durchführen kann.<br />
In einem Konfl ikt zweier sinken<strong>der</strong> o<strong>der</strong> steigen<strong>der</strong><br />
Luftfahrzeuge ist, kann diese Implementierung <strong>der</strong><br />
Reversal RA abhängig von <strong>der</strong> Geometrie das Risiko<br />
erhöhen, anstatt es zu senken. Wer be<strong>im</strong> Szenario<br />
„zwei sinkende Luftfahrzeuge“ an Überlingen denkt,<br />
liegt richtig. Hier war diese Reversal-Implementierung<br />
einer <strong>der</strong> vielen Bausteine, die zur Katastrophe beigetragen<br />
haben. Ein Teilnehmer formulierte es auf dem<br />
7. Deutschen Flight Safety Forum in Dresden so: „Es<br />
gibt Konfl ikte, die TCAS 7.0 nicht lösen kann“. Laut<br />
seiner Aussage führt ein Szenario wie in Überlingen<br />
zu einer Unfallwahrscheinlichkeit von „einmal alle<br />
vier Jahre“.<br />
Das zweite Problem von TCAS 7.0 sind die <strong>im</strong> Cockpitjargon<br />
so genannten „negativen RAs“. Damit bezeichnet<br />
Piloten RAs, bei denen sich die Bewegungsrichtung<br />
des Luftfahrzeuges nicht än<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n die<br />
Besatzung aufgefor<strong>der</strong>t wird, die Steig- o<strong>der</strong> Sinkgeschwindigkeit<br />
zu verringern. Solche RAs müssen<br />
seit kurzem <strong>der</strong> Flugsicherung nicht mehr gemeldet<br />
werden, da sie bei korrekter Ausführung durch die<br />
Piloten keine Auswirkung auf die Staffelung <strong>der</strong> Lotsen<br />
haben. Negative RAs werden <strong>im</strong> Cockpit durch die<br />
Worte „Adjust vertical Speed! Adjust!“ angesagt. Aus<br />
dieser Ansage allein kann <strong>der</strong> Pilot jedoch nicht erkennen,<br />
auf welche Rate er die Vertikalgeschwindigkeit<br />
reduzieren soll. Dazu später mehr.<br />
Vermutlich resultiert aus diesen zahlenmäßig relativ<br />
häufi g vorkommenden „Negativen RAs“ (laut Eurocontrol<br />
etwa 75% aller RAs) die schon erwähnte recht<br />
reißerische Pressemeldung <strong>der</strong> TU Braunschweig.<br />
Dabei zeigen die von <strong>der</strong> TU Braunschweig in verschiedenen<br />
Vorträgen gezeigten Beispiele deutlich,<br />
dass entwe<strong>der</strong> ausreichende vertikale o<strong>der</strong> horizontale<br />
Staffelung bestand. In vielen Fällen ist einfach<br />
die hohe Vertikalgeschwindigkeit <strong>der</strong> Auslöser einer<br />
RA, obwohl das vertikal manövrierende Flugzeug z.B.<br />
noch deutlich mehr als 1000ft von einem an<strong>der</strong>en <strong>im</strong><br />
Levelfl ug separiert ist. Deshalb folgen inzwischen<br />
einige Luftfahrtgesellschaften dem ICAO-Vorschlag,<br />
auf den letzten 1000ft vor Erreichen des zugewiesenen<br />
Levels die Vertikalgeschwindigkeit auf unter 1500ft/<br />
min zu begrenzen. Bei Vertikalgeschwindigkeiten von<br />
3000ft/min o<strong>der</strong> mehr hat TCAS dann aber schon den<br />
Alarm generiert.<br />
Die „Lösung aller Probleme“ soll <strong>der</strong> neue Standard<br />
7.1 darstellen. Ziel ist vor allem die Opt<strong>im</strong>ierung <strong>der</strong><br />
Mensch-Maschine-Schnittstelle. Wie<strong>der</strong>um ein Zitat<br />
vom Deutschen Flight Safety Forum: „TCAS als System<br />
funktioniert <strong>im</strong> Grund technisch einwandfrei, aber<br />
die Mensch-Maschine-Schnittstelle versagt häufi g.“<br />
Damit ist nicht – wie in Überlingen – gemeint, dass die<br />
Besatzung bewusst gegen die TCAS-Ausweichempfehlung<br />
handelt (weil sie beispielsweise stattdessen<br />
einer Anweisung <strong>der</strong> Flugsicherung folgt). Vielmehr ist<br />
damit gemeint, dass ein Pilot anhand <strong>der</strong> akustischen<br />
Warnung „Adjust Vertical Speed! Adjust!“ allein nicht<br />
erkennen kann, was genau das System von ihm verlangt.<br />
Das war natürlich auch denjenigen klar, die<br />
die akustische Warnung seinerzeit festgelegt hatten.<br />
Daher wurde ebenfalls festgelegt, dass ein grüner<br />
Bereich <strong>im</strong> Variometer (englisch: Vertical Speed Indicator<br />
– VSI) <strong>im</strong> Cockpit signalisiert, welche Rate aktuell<br />
empfohlen wird.<br />
Ein Beispiel: Aktuelle Steigrate ist 3300 ft, <strong>der</strong> Zeiger<br />
steht also bei 3300 ft/min, <strong>der</strong> grüne TCAS-Bereich<br />
liegt bei 1000 ft/min. Durch Drücken (Verringern <strong>der</strong><br />
Steigrate) wird <strong>der</strong> Pilot also den Zeiger von 3300 ft/<br />
min nach 1000 ft/min „bewegen“. So weit, so einleuchtend.<br />
Der Teufel liegt jedoch <strong>im</strong> Detail.<br />
Beispiel für eine neu initierte<br />
“Adjust Vertical Speed” RA<br />
In den unten angeführten Anzeigebeispielen steigt<br />
das Luftfahrzeug mit einer Rate von 3300 ft/min und<br />
die ausgelöste RA verlangt eine Reduzierung <strong>der</strong><br />
Steigrate auf 1000 ft/min.<br />
✈ Traditioneller<br />
Vertical Speed<br />
Indicator (VSI)<br />
✈ EADI<br />
✈ Vertical<br />
Speed Tape