freie gewerbe- grund- stücke - Wirtschaftsmagazin econo
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92 Steuern<br />
Eurokrise und Steuern<br />
Seit der Krise müssen Unternehmen ihre Finanzierungen überdenken<br />
– mehr Eigenkapital schaffen, alternative Geldquellen<br />
erschließen, Liquidität vorhalten – und die Steuerlast bedenken.<br />
Als Folge der jüngsten Finanzund<br />
der anschließenden<br />
Staatsschuldenkrise müssen<br />
europäische Banken bis Mitte des<br />
Jahres ihre Eigenkapitalquoten erhöhen.<br />
Das wiederum schränkt die<br />
Kreditvergabe an Unternehmen ein.<br />
Besonders betroffen dürfte der<br />
Mittelstand sein, der sich traditionell<br />
über Banken finanziert und<br />
meist noch zu klein ist für alternative<br />
Finanzierungen an den Geldmärkten.<br />
Vor diesem Hinter<strong>grund</strong><br />
müssen die Unternehmen eigene<br />
Vorsorge treffen. Drei Maßnahmen<br />
– „quasi die goldenen Lehren“ aus<br />
der letzten Krise – sollten sie dabei<br />
beherzigen: Mehr Eigenkapital aufbauen,<br />
alternative Geldquellen erschließen<br />
und ein ausreichendes Liquiditätspolster<br />
vorhalten.<br />
Dass Deutschlands Unternehmen<br />
dabei auf gutem Wege sind, zeigt<br />
die Entwicklung des Eigenkapitals.<br />
So lag die Eigenkapitalquote der im<br />
Dax und MDax vertretenen Unternehmen<br />
im Herbst 2011 um zirka<br />
zwei Prozentpunkte über der Quote<br />
des entsprechenden Stichtags 2008.<br />
Damit sind die Unternehmen<br />
aber noch nicht aus dem Schneider.<br />
Für neue Investitionen oder zur Ablösung<br />
alter Finanzierungen können<br />
sie sich schließlich nicht mehr so<br />
wie früher auf ihre Hausbanken verlassen.<br />
Für die Unternehmen heißt<br />
das: Alternativen entwickeln. Und<br />
wo die Außenfinanzierung schwieriger<br />
und teurer wird, gewinnt die<br />
Innenfinanzierung an Bedeutung.<br />
Das lenkt den Blick direkt auf die<br />
Unternehmensgewinne, die zu zahlenden<br />
Steuern und die Frage: Wie<br />
lässt sich der Anteil für den Fiskus<br />
minimieren? Bei der Antwort spielen<br />
Rechtsform, konzerninterne Finanzierungen<br />
und Verrechnungspreise<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Für Familienunternehmen zum<br />
Beispiel bietet eine besondere Finanzierungsvariante<br />
die Chance,<br />
die steuerlichen Vorzüge einer Personengesellschaft<br />
mit denen einer<br />
Kapitalgesellschaft zu kombinieren.<br />
Bei einer Kapitalgesellschaft kommt<br />
zur Körperschaftsteuerbelastung<br />
von<br />
15 Prozent<br />
noch die<br />
Gewerbesteuer<br />
in<br />
ähnlicher Höhe<br />
hinzu. Eine Anrechnung<br />
der Gewerbesteuer beim Gesellschafter<br />
der Kapitalgesellschaft<br />
kann nicht erfolgen. Anders bei der<br />
Personengesellschaft. Dort kann der<br />
Gesellschafter die Gewerbesteuer<br />
der Personengesellschaft auf seine<br />
Einkommensteuer anrechnen. An<br />
dieser Stelle setzt die Gestaltung an.<br />
Ausgangsstruktur ist eine GmbH &<br />
Co.KG. Normalerweise belassen die<br />
Gesellschafter den Gewinn auf<br />
Rücklagenkonten oder langfristigen<br />
Gesellschafterdarlehenskonten der<br />
operativ tätigen KG im Unternehmen.<br />
Es ist aber auch möglich, eine<br />
GmbH als Thesaurierungseinheit zu<br />
nutzen, indem der Gesellschafter<br />
diese GmbH mit Eigenkapital ausstattet<br />
und die GmbH dieses Kapital<br />
an die operative KG als Darlehen gegen<br />
Zinszahlung weitergibt. Die<br />
Zinseinnahmen unterliegen bei der<br />
GmbH der Körperschaftsteuer und<br />
bei der KG der Gewerbesteuer, die<br />
wiederum der Gesellschafter bei seiner<br />
Einkommensteuer anrechnen<br />
kann. Letztlich ist dadurch der Gewinn<br />
der GmbH nicht mit Gewerbesteuer<br />
belastet und es kann eine<br />
niedrige Gesamtsteuerbelastung<br />
von beispielsweise etwa 26 Prozent<br />
DIE EXPERTIN<br />
Martina Ortmann-Babel,<br />
Steuerberaterin bei Ernst &<br />
Young und Partner, ist<br />
Expertin in allen steuerlichen<br />
Fragen für den<br />
Mittelstand und<br />
Familienunternehmen.<br />
Bild: zg<br />
erreicht werden. Ein selbst gegenüber<br />
der reinen GmbH unschlagbar<br />
günstiger Steuersatz. Der Gewinn<br />
nach Steuern kann so um mehr als<br />
10 Prozent gesteigert werden!<br />
International tätige Unternehmen<br />
haben ihrerseits globale Spielräume,<br />
um ihre Steuerquote zu managen<br />
und damit mehr Geld im<br />
Konzern zu behalten. Oft geht es<br />
darum, Gewinne in Niedrigsteuerländern<br />
anfallen zu lassen. Das Prinzip<br />
ist einfach – wenngleich es in<br />
der Umsetzung der notwendigen<br />
Sorgfalt bedarf: Werden Forderungen<br />
gegenüber hoch besteuerten<br />
Konzerngesellschaften in eine Finanzierungsgesellschaft<br />
eingelegt,<br />
lassen sich Gewinne über Zinszahlungen<br />
verlagern. Allerdings sind<br />
bei der Einrichtung solcher Gesellschaften<br />
einige Fallstricke des Außensteuergesetzes<br />
zu beachten.<br />
Doch nicht immer muss es „Raus<br />
aus Deutschland!“ heißen. Gerade<br />
in volatilen Zeiten möchten viele<br />
Unternehmen auf Nummer sicher<br />
gehen und sich in der Heimat ein liquides<br />
Sicherheitspolster anlegen.<br />
Dabei lassen sich Tochtergesellschaften<br />
im Ausland anzapfen, wo<br />
sich oft beachtlicheGewinnrücklagenangesammelt<br />
haben.<br />
Allerdings können<br />
die Unternehmen<br />
diese Ausschüttungen nicht<br />
völlig unversteuert vereinnahmen,<br />
auch wenn bei Kapitalgesellschaften<br />
die Dividenden in der<br />
Regel zu 95 Prozent steuerfrei sind.<br />
Gegebenenfalls lösen die Ausschüttungen<br />
im Staat der Tochtergesellschaft<br />
Quellensteuern aus und mindern<br />
die hier ankommende Dividende.<br />
Die Unternehmen müssen deshalb<br />
je nach Land verschiedene<br />
Strategien nutzen, um die Quellensteuerbelastung<br />
zu minimieren.<br />
Fiskus schaut genau hin bei<br />
Verrechnungspreisen<br />
Oder man greift zu Alternativen.<br />
Denkbar ist zum Beispiel: Die ausländische<br />
Tochtergesellschaft einer<br />
deutschen Muttergesellschaft gründet<br />
eine deutsche Enkelgesellschaft<br />
und stattet diese mit Eigenkapital<br />
aus den Gewinnrücklagen aus. Anschließend<br />
stellt die deutsche Enkelgesellschaft<br />
der deutschen Muttergesellschaft<br />
das eingelegte Kapital<br />
als Darlehen zur Verfügung. Im<br />
wirtschaftlichen Ergebnis stehen<br />
der deutschen Mutter die Gewinnrücklagen<br />
der ausländischen Tochter<br />
steuerfrei zur Verfügung.<br />
In allen Fällen aber passt der Fiskus<br />
genau auf – insbesondere, ob es<br />
bei den Verrechnungspreisen mit<br />
rechten Dingen zugeht. Die zunehmende<br />
Regulierungsdichte durch<br />
Dokumentationsvorschriften bildet<br />
denn auch die Schattenseite für alle<br />
Unternehmen, die versuchen, ihre<br />
Finanzierung grenzüberschreitend<br />
im Konzern zu optimieren.<br />
Die Krise entpuppt sich dennoch<br />
für Unternehmen auch als Chance,<br />
neue Wege der Finanzierung zu beschreiten.<br />
So macht sich die Realwirtschaft<br />
ein Stück weit unabhängiger<br />
von der traditionellen Unternehmensfinanzierung<br />
über Bankkredite.<br />
Neue Chancen in der Krise<br />
Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), das seit<br />
März in Kraft ist, wurde die Insolvenzordnung ergänzt. So will der Gesetzgeber insolvenzbedrohte<br />
Unternehmen motivieren, früher Insolvenz zu beantragen, um Sanierungschancen zu erhöhen.<br />
In der Praxis wird in vielen Fällen<br />
eine Wertevernichtung durch die<br />
Insolvenz, wo immer dies möglich<br />
ist, durch eine „übertragende<br />
Sanierung“ vermieden.<br />
Um Werte zu erhalten, werden<br />
diese auf einen neuen Rechtsträger<br />
übertragen. Die sogenannte Auffanggesellschaft<br />
erwirbt vom Insolvenzverwalter<br />
nicht das Unternehmen,<br />
sondern losgelöst davon den<br />
Betrieb oder einzelne Betriebsteile<br />
wie Maschinen, Werkzeuge, Personal<br />
oder die Kundenkartei. Juristisch<br />
startet diese Gesellschaft neu<br />
und nutzt dabei die erworbenen<br />
Vermögenswerte (Assets) sowie die<br />
Geschäftsverbindungen und das<br />
Know-how der Mitarbeiter. Die Alt-<br />
Gesellschaft wird abgewickelt, deren<br />
Vermögenswerte also versilbert.<br />
Auch der Kaufpreis aus dem Asset-<br />
Deal anlässlich der übertragenden<br />
Sanierung steht für deren Gläubiger<br />
zur Verteilung zur Verfügung. Das<br />
Unternehmen wird liquidiert und<br />
scheidet aus dem Markt aus.<br />
Mit der Insolvenzrechtsreform<br />
will der Gesetzgeber frühzeitig und<br />
zügig eine Sanierung des Unternehmensträgers,<br />
also der in der Krise<br />
befindlichen GmbH oder AG, selbst<br />
ermöglichen. Eine Übertragung der<br />
Assets auf einen neuen Rechtsträger<br />
wäre damit nicht mehr notwendig.<br />
Die mangelnde Berechenbarkeit<br />
des Insolvenzverfahrens hielt bisher<br />
sanierungsfähige Unternehmen davon<br />
ab, frühzeitig einen Insolvenzantrag<br />
zu stellen. Stattdessen wurden<br />
vielfach durch außergerichtliche<br />
Sanierungsversuche die letzten<br />
Reserven verbraucht, so dass danach<br />
nur noch die Liquidation des<br />
Unternehmens möglich war. Durch<br />
die Reform soll die Insolvenz für das<br />
Schuldnerunternehmen, aber auch<br />
für die Gläubiger, berechenbarer<br />
und beherrschbarer werden.<br />
Die Stärkung der Gläubigerrechte<br />
erfolgt bereits zu Verfahrensbeginn.<br />
Konnte bisher ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />
durch das Gericht<br />
erst nach Insolvenzeröffnung eingesetzt<br />
werden, so ist dies nunmehr<br />
DER EXPERTE<br />
Peter Depré (61) ist Senior der<br />
Depré RECHTSANWALTS AG, die<br />
17 Rechtsanwälte und insgesamt<br />
mehr als 60 Mitarbeiter beschäftigt.<br />
Der Fachanwalt für Insolvenz-,<br />
Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
ist Wirtschaftsmediator<br />
(cvm) und steht unter u. a. dem<br />
Insolvenzverwalterarbeitskreis<br />
Sanierung und Insolvenz Rhein-<br />
Neckar-Pfalz vor. (www.depre.de)<br />
unmittelbar nach Eingang des Eröffnungsantrages<br />
beim Insolvenzgericht<br />
möglich. Zwingend ist der vorläufige<br />
Gläubigerausschuss, wenn<br />
mindestens zwei der maßgeblichen<br />
Kriterien – eine Bilanzsumme ab<br />
4,84 Millionen Euro, Umsatzerlöse<br />
ab 9,68 Millionen Euro oder mindestens<br />
durchschnittlich 50 Arbeitnehmer<br />
– erreicht sind. Unterhalb<br />
dieser Schwellenwerte kann auf Antrag<br />
ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />
gebildet werden. Spricht sich<br />
der Ausschuss einstimmig für einen<br />
Verwalter aus, ist die Entscheidung<br />
für das Insolvenzgericht bindend.<br />
Bereits die bisherige Insolvenzordnung<br />
kannte das Institut der „Eigenverwaltung“.<br />
Allerdings standen<br />
Gläubiger wie Insolvenzgerichte<br />
dieser eher skeptisch gegenüber.<br />
Man wollte in der Vergangenheit<br />
nicht denjenigen die<br />
Krisenbewältigung<br />
überlassen, die<br />
an ihrer<br />
Ent-<br />
stehung beteiligt waren. Nun sollen<br />
die Kenntnisse und Erfahrungen der<br />
Geschäftsleitung, die die Eigenverwaltung<br />
wahrnimmt, in Abstimmung<br />
mit den Gläubigern zum maximalen<br />
Nutzen eingesetzt werden<br />
und eine zeit- und kostenintensive<br />
Einarbeitung des Insolvenzverwalters<br />
vermeiden. Ist die Eigenverwaltung<br />
beantragt, so muss sich der<br />
vorläufige Gläubigerausschuss dazu<br />
äußern dürfen. Unterstützt dieser<br />
den Schuldnerantrag auf Eigenverwaltung<br />
einstimmig, darf das Gericht<br />
den Antrag nicht ablehnen.<br />
Neu wurde mit der Reform das<br />
Schutzschirmverfahren aufgenommen,<br />
um dem Schuldnerunternehmen<br />
zwischen Eröffnungsantrag<br />
und Verfahrenseröffnung ein eigenständiges<br />
Sanierungsverfahren zur<br />
Verfügung zu stellen. Auf Antrag<br />
erhält das Schuldnerunternehmen<br />
bei<br />
dieser<br />
speziellen Art der vorläufigen Eigenverwaltung<br />
per Gerichtsbeschluss<br />
bis zu 3 Monate Zeit, um unter Aufsicht<br />
eines vorläufigen Sachwalters<br />
einen Sanierungsplan zu erstellen,<br />
der im eröffneten Verfahren als Insolvenzplan<br />
genutzt werden kann.<br />
Für das Schutzschirmverfahren<br />
muss dem Schuldner bescheinigt<br />
werden, dass drohende Zahlungsunfähigkeit<br />
oder Überschuldung,<br />
aber keine Zahlungsunfähigkeit,<br />
vorliegt und eine Sanierung nicht offensichtlich<br />
aussichtslos ist. Während<br />
des Verfahrens steht das Unternehmen<br />
unter Aufsicht eines vorläufigen<br />
Sachwalters, bereits vor Insolvenzeröffnung<br />
können Masseverbindlichkeiten<br />
begründet werden,<br />
die nach der Eröffnung vorrangig zu<br />
befriedigen sind. Vollstreckungsmaßnahmen<br />
gegen den Schuldner<br />
sind in dieser Phase unzulässig.<br />
Neu ist, dass im umgestalteten Insolvenzplanverfahren<br />
in Rechte der<br />
Anteilseigner bzw. Gesellschafter<br />
eingegriffen werden kann. So ist<br />
nun die Umwandlung von Gläubigerforderungen<br />
in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte<br />
zulässig (Dept-<br />
Equity-Swap). Die Möglichkeiten,<br />
einen Insolvenzplan zu verhindern,<br />
wurden indes eingeschränkt. Bisher<br />
konnten einzelne Gläubiger per<br />
Rechtsmittel das Zustandekommen<br />
des Plans verzögern oder ganz verhindern,<br />
weil sie durch ihn schlechter<br />
gestellt wurden. Nun können im<br />
Plan für diese Gläubiger Mittel vorgesehen<br />
werden, um eine mögliche<br />
Benachteiligung auszugleichen.<br />
Das ESUG erweitert für sanierungsfähige<br />
Unternehmen in Abstimmung<br />
mit den Gläubigern die<br />
Möglichkeiten, das Unternehmen<br />
zu erhalten. Führt die Reform dazu,<br />
dass für Gläubiger und Schuldner eine<br />
Win-win-Situation geschaffen<br />
wird, kann sich eine neue Insolvenzkultur<br />
entwickeln. Einem einmal<br />
in Schieflage geratenen sanierungsfähigen<br />
Unternehmen wird so<br />
eine „zweite Chance“ geboten, sich<br />
weiterhin am Marktgeschehen zu<br />
beteiligen.<br />
<strong>econo</strong> 2/2012 • 11. Mai 2012 2/2012 <strong>econo</strong><br />
• 11. Mai 2012<br />
De Jure<br />
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