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Trainingsmythen … im Fitness- und Gesundheitssport

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<strong>Trainingsmythen</strong><br />

<strong>…</strong> <strong>im</strong> <strong>Fitness</strong>- <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitssport<br />

Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Betriebseinheit Sportwissenschaft<br />

Bergische Universität Wuppertal<br />

Auch die Trainingswissenschaft hat sich entwickelt.<br />

Neue Erkenntnisse verdrängen gewohnte Trainingsabläufe,<br />

eingefleischte Regularien <strong>und</strong> Vorurteile.<br />

Problem: später oder missverständlicher<br />

Transfer in die Praxis<br />

Viele Erkenntnisse sind auch nicht neu, sie müssen nur<br />

differenzierter oder in manchen Fällen komplexer<br />

angewandt werden.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

1


Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

Vorsicht Mythen <strong>…</strong><br />

• falsche Vorstellung<br />

• Volksglaube<br />

• Urglaube<br />

• Götterlehre<br />

Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

Trainingswissenschaftliche<br />

Erkenntnisse<br />

<strong>und</strong><br />

Widersprüche <strong>…</strong><br />

<strong>…</strong> verbreitete Irrtümer <strong>und</strong><br />

ihre Aufklärung<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

2


Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

1. Das Prinzip der Superkompensation<br />

2. Max<strong>im</strong>ale <strong>und</strong> opt<strong>im</strong>ale Herzfrequenzen<br />

3. Fettverbrennung <strong>und</strong> Gewichtsreduktion<br />

4. Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

5. Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

1. Beispiel:<br />

Prinzip der SUPERKOMPENSATION<br />

be<strong>im</strong> sportlichen Training<br />

1. Ursächliche Aussagen<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

3


Prinzip der Superkompensation<br />

1. Ursächliche Aussage:<br />

Nach einer intensiven muskulären Belastung werden energetische Substrate<br />

in der Muskulatur in der nachfolgenden Wiederherstellungsphase über das<br />

Ausgangsniveau hinaus gespeichert (JAKOWLEW 1977)<br />

Beispiel: Glykogen<br />

Prinzip der Superkompensation<br />

1. Ursächliche Aussage:<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Während der Erholung werden die ausgeschöpften Energiereservoire<br />

nicht nur aufgefüllt , sondern durch Überkompensation erfolgt ein<br />

Aufbau von Energiepotentialen über das ursprüngliche Ausgangsniveau<br />

hinaus.<br />

Mit der Überkompensation betreibt der Organismus also eine Art<br />

"Vorratswirtschaft", indem er sich auf ein höheres Leistungsniveau<br />

entwickelt, von dem aus zukünftige Belastungen ökonomischer zu<br />

bewältigen sind.<br />

Auf diese Weise verschiebt sich <strong>im</strong> Verlaufe eines Anpassungsprozesses<br />

das Leistungsniveau <strong>und</strong> damit auch der untere<br />

Schwellenwert <strong>im</strong>mer weiter nach oben.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

4


Trainingsprinzipien<br />

Prinzip der opt<strong>im</strong>alen Relation von Belastung <strong>und</strong> Erholung<br />

Ein opt<strong>im</strong>aler Leistungszuwachs wird nur erreicht, wenn die neue Belastung<br />

(Trainingseinheit) zum Zeitpunkt der höchsten Superkompensation erfolgt.<br />

(nach Blum/Friedmann 1990, 13)<br />

Prinzip der Superkompensation<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

1 2<br />

3 4<br />

5<br />

6<br />

Veränderung<br />

des<br />

Leistungsniveaus<br />

in<br />

Abhängigkeit<br />

von der<br />

Pausenlänge.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

• plausibel als Modellvorstellung<br />

<strong>…</strong> suggeriert eine zeitlich exakte Trainingsplanung<br />

• in Wirklichkeit müssen die komplexen Vorgänge der Trainingsanpassung<br />

berücksichtigt werden<br />

Beachte: unterschiedliche Zeiträume der Wiederherstellung<br />

Dr. Peter Wastl<br />

5


Prinzip der Superkompensation<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

Weiterhin ist zu beachten:<br />

• Unterschied Trainierte / Untrainierte<br />

• individuelle Unterschiede<br />

• Altersdifferenzierung<br />

• geschlechtsspezifische Unterschiede<br />

• keine endlose Fortsetzung<br />

Das Niveau der aktuellen Leistungsfähigkeit ist von einer<br />

Vielzahl leistungsbest<strong>im</strong>mender Faktoren abhängig <strong>und</strong><br />

nicht nur von der Kapazität der Energiespeicher!<br />

Die komplexen Anpassungen <strong>im</strong> zentralnerven- <strong>und</strong><br />

neuromuskulären System werden nicht berücksichtigt!<br />

Prinzip der Superkompensation<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis<br />

Was bleibt vom Superkompensationsmodell übrig?<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Die Feststellung, dass es zur Beschreibung des Verbrauchs <strong>und</strong><br />

der Wiederauffüllung der Glykogenspeicher bzw. der<br />

energiereichen Phosphate genutzt werden kann.<br />

Das Prinzip ist zu einfach, um komplexe Anpassungsvorgänge<br />

erklären zu können.<br />

Bei schematischer Anwendung könnte es zu unsinnigen trainingsmethodischen<br />

Ableitungen für das individuelle Training führen.<br />

Wichtig ist:<br />

Eine gezielte, langfristige Leistungsentwicklung basiert auf einer<br />

mehrfaktoriellen Trainingsmethodik unter Berücksichtigung des<br />

Zusammenhangs Belastung, Beanspruchung, Regeneration <strong>und</strong><br />

Adaptation.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

6


Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

2. Beispiel:<br />

Max<strong>im</strong>ale <strong>und</strong> opt<strong>im</strong>ale Herzfrequenzen<br />

be<strong>im</strong> Ausdauertraining<br />

1. Ursächliche Aussagen<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis<br />

Herzfrequenzen be<strong>im</strong> Training<br />

1. Ursächliche Aussage:<br />

1. Die max<strong>im</strong>ale Herzfrequenz beträgt<br />

220 – Lebensalter<br />

2. Die opt<strong>im</strong>ale Trainingsherzfrequenz beträgt<br />

180 – Lebensalter<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

7


Herzfrequenzen be<strong>im</strong> Training<br />

1. Ursächliche Aussage:<br />

Kontrolle der Belastungsintensität be<strong>im</strong> Ausdauertraining<br />

Herzfrequenz<br />

Max<strong>im</strong>alpuls be<strong>im</strong> Radfahren:<br />

Puls 220 - Lebensalter = 100% = HF max.<br />

Max<strong>im</strong>alpuls be<strong>im</strong> Laufen:<br />

Puls 220 - 1/2 Lebensalter = 100% = HF max.<br />

Pulsbereiche für das Radfahren:<br />

Puls 200 - Lebensalter 85-90% von HF max. 80% VO2 max > 5 mmol/l Laktat<br />

Puls 190 - Lebensalter 80-85% von HF max. > 4 mmol/l Laktat<br />

Puls 180 - Lebensalter 75-80% von HF max. 70% VO2 max 3-4 mmol/l Laktat<br />

Puls 170 - Lebensalter 70-75% von HF max. 2-3 mmol/l Laktat<br />

Puls 160 - Lebensalter 65-70% von HF max. 60% VO2 max < 2 mmol/l Laktat<br />

KARVONEN-Formel:<br />

Trainingspuls = Ruhepuls + (Max<strong>im</strong>alpuls - Ruhepuls) x Intensität +/- 3 Schläge<br />

für das Radfahren: 65 + (180 - 65) x 60% +/- 3 Schläge = 134 +/- 3 Schläge<br />

für das Laufen: 65 + (200 - 65) x 60% +/- 3 Schläge = 146 +/- 3 Schläge<br />

Belastungskontrolle <strong>und</strong> Belastungssteuerung<br />

Ideale Herzfrequenzen für das Ausdauertraining<br />

Herzfrequenz<br />

220<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

Herz-Kreislauf<br />

65% 85% Max<br />

Idealer Trainingsbereich<br />

20 1 25 2 30 3 35 4 40 5 45 6 50 7 55 8 60 9 >60<br />

10<br />

Alter<br />

Fett-Verbrennung<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

8


Herzfrequenzen be<strong>im</strong> Training<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

Untersuchungen zeigen, dass statistisch nur ein schwacher<br />

Zusammenhang zwischen dem Lebensalter <strong>und</strong> der HFmax<br />

besteht.<br />

Die Abweichung zur Beziehung „220 – Lebensalter“ beträgt<br />

<strong>im</strong> Altersbereich von 20 bis 60 Jahren über 20 Schläge pro<br />

Minute<br />

Ausdauertraining erfolgt in unterschiedlichen energetischen<br />

Belastungs- <strong>und</strong> Herzfrequenzbereichen <strong>und</strong> nicht bei einem<br />

festgelegten Herzfrequenzwert.<br />

Herzfrequenzen be<strong>im</strong> Training<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

<strong>…</strong> bei eine 20-Jährigen kann ein Ausdauertraining mit einer<br />

Herzfrequenz von 160 Schlägen/min<br />

• <strong>im</strong> aeroben Bereich<br />

• <strong>im</strong> aerob-anaeroben Bereich<br />

• oder gar deutlich über der anaeroben Schwelle liegen<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

9


Herzfrequenzen be<strong>im</strong> Training<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis:<br />

1. Die Intensitätsfeststellung für das Ausdauertraining sollte nur<br />

unter Berücksichtigung der real ermittelten individuellen<br />

max<strong>im</strong>alen Herzfrequenz erfolgen.<br />

2. Um den Herzfrequenzbereich für ein gezieltes Ausdauertraining<br />

exakt best<strong>im</strong>men zu können, muss in der Regel auf<br />

verschiedene Labortests zurückgegriffen werden<br />

Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

3. Beispiel:<br />

FETTVERBRENNUNG <strong>und</strong> GEWICHTSREDUKTION<br />

durch sportliches Training<br />

1. Ursächliche Aussagen<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

10


Widerspruch: Fettverbrennung<br />

1. Ursächliche Aussage:<br />

These 1: „Die Fettverbrennung beginnt erst nach 30 min“<br />

Energiebereitstellung (KJ/min)<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Energiebereitstellung bei sofortiger Max<strong>im</strong>albelastung<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

5 20 40 60 sec .... 2 3 10 20 min .................. 1 2 Std<br />

Belastungsdauer<br />

Widerspruch: Fettverbrennung<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

(modifiziert nach Dickhut 2000)<br />

ATP/KP<br />

anaerobe Glykolyse<br />

aerobe Glykolyse + Fettabbau<br />

Gesamtenergieabgabe<br />

These 1: „Die Fettverbrennung beginnt erst nach 30 min“<br />

Energiebereitstellung (KJ/min)<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Energiebereitstellung bei allmählich ansteigender Belastung<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

Belastungsintensität<br />

ATP/KP<br />

anaerobe Glykolyse<br />

Dr. Peter Wastl<br />

(modifiziert nach Dickhut 2000)<br />

aerobe Glykolyse + Fettabbau<br />

Gesamtenergieabgabe<br />

Dr. Peter Wastl<br />

11


Widerspruch: Fettverbrennung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis:<br />

„Die Fettverbrennung<br />

beginnt bereits in der<br />

ersten Minute“<br />

<strong>…</strong> es geht lediglich um den Anteil<br />

der Fettverbrennung am Gesamtenergieumsatz<br />

Widerspruch: Fettverbrennung<br />

1. Ursächliche Aussagen:<br />

<strong>…</strong> daraus ergibt sich eine 2. These<br />

These 2: „Nur wenn man <strong>im</strong> Fettverbrennungsbereich trainiert,<br />

reduziert man das Körperfett“<br />

Nur wenn man bei einem niedrigen Puls trainiert,<br />

reduziert sich das Körperfett.<br />

Wer bei einem höheren Puls trainiert,<br />

verliert kein Fett.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

12


Widerspruch: Fettverbrennung<br />

1. Ursächliche Aussagen:<br />

Problem:<br />

es wird nicht zwischen dem absoluten <strong>und</strong><br />

relativen Fettverbrauch unterschieden<br />

Widerspruch: Fettverbrennung<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

0<br />

10<br />

90<br />

Fette KH aerob KH anaerob<br />

5<br />

15<br />

80<br />

10<br />

40<br />

50<br />

Ruhe < 2 mmol < 3 mmol < 4 mmol < 7 mmol > 7 mmol<br />

„sehr gering“ „gering“ „mäßig“ „mittel“ „submax<strong>im</strong>al“ „max<strong>im</strong>al“<br />

Belastungsintensität<br />

20<br />

50<br />

30<br />

70<br />

20<br />

10<br />

80<br />

20<br />

0<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Relativer Fettverbrauch<br />

Prozentualer Anteil der energieliefernden Prozesse bei unterschiedlichen<br />

Belastungsintensitäten (nach STEMPER 1993, in Anlehnung an NEUMANN 1991 u. Worm 1993)<br />

Dr. Peter Wastl<br />

13


Widerspruch: Fettverbrennung<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung: Absoluter Fettverbrauch<br />

Rechenbeispiel: Anteil der Fettverbrennung bei Belastung<br />

Intensität 1<br />

„gering“<br />

60% Hfmax < 2 mmol Laktat<br />

30 min<br />

3 mal 30 min / Woche<br />

Anteil Fettverbrennung = 80%<br />

Widerspruch: Fettverbrennung<br />

7 kcal / min<br />

210 kcal<br />

630 kcal<br />

504 kcal<br />

Dr. Peter Wastl<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung: Absoluter Fettverbrauch<br />

Rechenbeispiel: Anteil der Fettverbrennung bei Belastung<br />

Intensität 1<br />

„gering“<br />

Intensität 2<br />

„mäßig / mittel“<br />

60% Hfmax < 2 mmol Laktat<br />

30 min<br />

3 mal 30 min / Woche<br />

Anteil Fettverbrennung = 80%<br />

75% Hfmax < 3 mmol Laktat<br />

30 min<br />

3 mal 30 min / Woche<br />

Anteil Fettverbrennung = 50%<br />

7 kcal / min<br />

210 kcal<br />

630 kcal<br />

504 kcal<br />

14 kcal / min<br />

420 kcal<br />

1.260 kcal<br />

630 kcal<br />

Dr. Peter Wastl<br />

14


Widerspruch: Fettverbrennung<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung: Absoluter Fettverbrauch<br />

Rechenbeispiel: Anteil der Fettverbrennung bei Belastung<br />

Intensität 1<br />

„gering“<br />

Intensität 2<br />

„mäßig / mittel“<br />

Intensität 3<br />

„anstrengend /<br />

„submax<strong>im</strong>al“<br />

60% Hfmax < 2 mmol Laktat<br />

30 min<br />

3 mal 30 min / Woche<br />

Anteil Fettverbrennung = 80%<br />

75% Hfmax < 3 mmol Laktat<br />

30 min<br />

3 mal 30 min / Woche<br />

Anteil Fettverbrennung = 50%<br />

90% Hfmax < 6 mmol Laktat<br />

30 min<br />

3 mal 30 min / Woche<br />

Anteil Fettverbrennung = 25%<br />

Widerspruch: Fettverbrennung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis:<br />

7 kcal / min<br />

210 kcal<br />

630 kcal<br />

504 kcal<br />

14 kcal / min<br />

420 kcal<br />

1.260 kcal<br />

630 kcal<br />

18 kcal / min<br />

540 kcal<br />

1.620 kcal<br />

„Ideales<br />

Fettverbrennungstraining<br />

erfolgt bei mäßig bis<br />

mittelintensiven<br />

Belastungen“<br />

Beachte: Nachverbrennungseffekt<br />

405 kcal<br />

Beachte: Krafttraining, zur Erhöhung des Gr<strong>und</strong>umsatzes<br />

+ 20% Nachverbr.<br />

+ 20% Nachverbr.<br />

+ 20% Nachverbr.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

15


Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

4. Beispiel:<br />

Mehr Energieumsatz durch Nordic Walking<br />

1. Ursächliche Aussagen<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis<br />

Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

1. Ursächliche Aussagen:<br />

These : „Nordic Walking hat einen höheren Energieaufwand<br />

<strong>und</strong> damit einen höheren Energieumsatz (21-23%)<br />

durch den zusätzlichen Muskeleinsatz der Arme“<br />

Daraus lässt sich auch ein höherer<br />

Fettverbrennungsanteil schließen <strong>…</strong><br />

höherer ges<strong>und</strong>heitlicher Nutzen <strong>…</strong><br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

16


Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

Vergleichende Untersuchung von Walking <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

Walking-Stufentest auf dem Laufband<br />

3 min Stufendauer, Geschw. Konstant 5 km/h<br />

Steigerungsstufen: 0%, 1%, 2%, 3%, 4%, 5%, 7%, 9%<br />

Gemessen wurde: - Sauerstoffaufnahme (VO 2 )<br />

- Herzfrequenz (HF)<br />

- Laktat<br />

- subjektives Belastungsempfinden (RPE)<br />

Ergebnisse der Studie <strong>…</strong><br />

(nach Höltke, V. u. a. 2005)<br />

Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

1. Die gemessene Sauerstoffaufnahme (VO 2 ) ist be<strong>im</strong> Nordic<br />

Walking <strong>im</strong> Mittel um 4,3% höher als be<strong>im</strong> Walking.<br />

(statistisch jedoch nicht in allen Stufen signifikant)<br />

(nach Höltke, V. u. a. 2005)<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

17


Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

2. Die gemessenen Herzfrequenzen sind auf insgesamt<br />

niedrigem Niveau. Be<strong>im</strong> Nordic Walking geringfügig (<strong>im</strong><br />

Mittel 2,4 s/min) höher als be<strong>im</strong> Walken.<br />

(statistisch jedoch nicht signifikant)<br />

(nach Höltke, V. u. a. 2005)<br />

Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

3. Die gemessenen Laktatspiegel unterscheiden sich nicht<br />

signifikant. Nur in den höheren Belastungsstufen sind die<br />

gemessenen Mittelwerte tendenziell bei Nordic Walking<br />

niedriger. (statistisch jedoch nicht signifikant)<br />

(nach Höltke, V. u. a. 2005)<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

18


Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

4. Das Belastungsempfinden ist be<strong>im</strong> Nordic Walking bei den<br />

intensiveren Belastungsstufen signifikant niedriger als<br />

be<strong>im</strong> Walking.<br />

(nach Höltke, V. u. a. 2005)<br />

Widerspruch: Energieumsatz <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis:<br />

Bisherige Angaben zum unterschiedlichen Energieumsatz von<br />

Walking <strong>und</strong> Nordic Walking (20-25 % mehr) erscheinen zu<br />

„opt<strong>im</strong>istisch“.<br />

Dennoch gilt:<br />

Nordic Walking ermöglicht bei gleichem Anstrengungsgrad<br />

durch die höhere Sauerstoffaufnahme einen höheren<br />

Energieumsatz (ca. 5 %) <strong>und</strong> bietet damit einen höheren Nutzen<br />

für ein Ges<strong>und</strong>heitstraining als das Walking.<br />

Beachte: Belastungsempfinden!<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

19


Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

5. Beispiel:<br />

Gelenkschonung durch Nordic Walking<br />

<strong>…</strong> nach Angaben des Deutschen Nordic Walking Verbands betreiben<br />

derzeit ca. 2 Mio. Menschen die Sportart Nordic Walking!<br />

1. Ursächliche Aussagen<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung<br />

3. Konsequenz für die Trainingspraxis<br />

Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

1. Ursächliche Aussage:<br />

These: „Nordic Walking hat einen besonderen<br />

gelenkschonenden Effekt“<br />

Bodenreaktionskäfte<br />

Weit verbreitet ist die Meinung, dass sich be<strong>im</strong> Nordic Walking<br />

durch den Einsatz von Stöcken eine 30%-ige Entlastung der<br />

unteren Extremitäten ermöglichen lässt (Geyer, 2005; SAZ<br />

College, 2002).<br />

<strong>…</strong> teilweise finden sich Angaben bis zu 50%-iger Entlastung!<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

20


Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

Untersuchungen (mobile Messtechnik: Einlegesohlen zur<br />

Best<strong>im</strong>mung der vertikalen Bodenreaktionskräfte) zum Nordic<br />

Walking <strong>und</strong> zur propagierten Gelenkentlastung.<br />

Durch Nordic Walking konnte z. B. gegenüber Walking keine<br />

Entlastung der Gelenke der unteren Extremitäten festgestellt<br />

werden, weder <strong>im</strong> Labor noch <strong>im</strong> Feld.<br />

(Hennig u.a., 2006; Kleindienst u.a., 2006; Rist<br />

u.a., 2004; Streich u.a., 2005; Thorwesten u.a.,<br />

2005; Thorwesten u.a., 2006; Wilson u.a., 2001)<br />

(Hartmann u.a., 2006; Grüneberg u.a., 2006;<br />

Jöllenbeck u.a., 2006; Schlömmer, 2005).<br />

Lediglich Schwameder (1999) konnte be<strong>im</strong> Berabgehen mit steilem<br />

Gefälle von 25°be<strong>im</strong> Doppelstockeinsatz mit Wanderst öcken eine<br />

Reduzierung der Vertikalkräfte unter dem Fuß von 8-15% aufzeigen.<br />

Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

Allen Studien gemein ist:<br />

Erstes vertikales Kraftmax<strong>im</strong>um<br />

Fußaufsatz oder Fersenkontakt<br />

Zweites vertikale Kraftmax<strong>im</strong>um<br />

Fußabdruck<br />

• gleich<br />

• etwas höher (3%)<br />

(Hennig u.a., 2006; Streich u.a., 2005);<br />

(Grüneberg u.a., 2006; Jöllenbeck u.a., 2006); Thorwesten u.a., 2005; Hartmann u.a., 2006,<br />

Kleindienst u.a., 2006, Rist u.a., 2004, Schlömmer, 2005)<br />

Dr. Peter Wastl<br />

<strong>…</strong>als be<strong>im</strong> Walking<br />

• höhere Kräfte <strong>im</strong><br />

Vorfußbereich<br />

• keine Unterschiede<br />

• etwas geringere Kräfte<br />

<strong>…</strong> als be<strong>im</strong> Walking<br />

Dr. Peter Wastl<br />

21


Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

Vertikale Bodenreaktionskräfte<br />

Betragen 140 – 170% Körpergewicht<br />

Nordic Walking vs. Walking –<br />

Vertikale Bodenreaktionskräfte <strong>und</strong><br />

Stockkräfte <strong>im</strong> Vergleich.<br />

- 1. Kraftmax<strong>im</strong>um (Max 1),<br />

- Kraftmin<strong>im</strong>um (Min),<br />

- 2. Kraftmax<strong>im</strong>um (Max 2)<br />

- Kraft längs der Stockachse (Stock)<br />

(nach Jöllenbeck 2006)<br />

Fußaufsatz mittl. Fußabdruck<br />

Standphase<br />

<strong>…</strong> keine besondere Gelenkschonung <strong>im</strong> Vergleich zum Walking<br />

Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

Das für die Gelenkentlastung unbedeutende<br />

Kraftmin<strong>im</strong>um ist be<strong>im</strong> Nordic Walking in allen<br />

Studien geringer als be<strong>im</strong> Walking.<br />

Die höheren Bodenreaktionskräfte be<strong>im</strong><br />

Fußaufsatz werden mit dem steileren<br />

Aufsatzwinkel bedingt durch die etwas größere<br />

Schrittlänge be<strong>im</strong> Nordic Walking begründet<br />

(Hennig u.a., 2006; Kleindienst u.a., 2006; Rist u.a., 2004).<br />

Höhere Bewegungsdynamik<br />

Damit verb<strong>und</strong>en sind eine stärkere Pronation <strong>und</strong><br />

Pronationsgeschwindigkeit be<strong>im</strong> Fußaufsatz, die<br />

insgesamt auf eine höhere Belastung des<br />

Bewegungsapparates hindeuten.<br />

(Hennig u.a., 2006).<br />

Fußaufsatz mittl. Fußabdruck<br />

Standphase<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

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Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

2. Überprüfung <strong>und</strong> Klärung:<br />

• Auch die oftmals von Nordic Walking Verbänden geäußerte<br />

Vermutung, die falsche Technik der Probanden wäre<br />

ausschlaggebend für die nicht vorhandene Gelenkentlastung,<br />

konnte bisher nicht bestätigt werden.<br />

• Bei einem Vergleich zwischen 6 Nordic Walking Instruktoren<br />

<strong>und</strong> 14 erfahrenen Nordic Walkern konnte kein entscheidender<br />

signifikanter Unterschied festgestellt werden, weder bei den<br />

vertikalen Bodenreaktionskräften be<strong>im</strong> Fußaufsatz oder<br />

Fußabdruck, noch bei den Stockkräften oder bei den Impulsen.<br />

(Grüneberg u.a., 2006, Jöllenbeck u.a., 2006).<br />

Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

4. Konsequenz für die Trainingspraxis:<br />

Vorsicht!<br />

• Von einer generellen Empfehlung von Nordic Walking als einer<br />

gelenkschonenden Bewegung muss also gewarnt werden.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Bei Fortgeschrittenen <strong>und</strong> sehr guten Sportlern ist Nordic Walking<br />

schneller <strong>und</strong> dynamischer als Spazierengehen <strong>und</strong> damit ebenso wie<br />

Walking mit höheren Gelenkbelastungen verb<strong>und</strong>en.<br />

• insbesondere die Kniegelenksbelastung ist höher als be<strong>im</strong> Walking.<br />

• auch die Stockkräfte bedürfen hinsichtlich der Dosierung <strong>und</strong> der<br />

Technik einer besonderen Beachtung, damit Beschwerden <strong>und</strong><br />

Folgeschäden in Schulter- <strong>und</strong> Armgelenken vermieden werden.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

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Widerspruch: Gelenkschonung <strong>und</strong> Nordic Walking<br />

4. Konsequenz für die Trainingspraxis:<br />

Belastungen des passiven Bewegungsapparats:<br />

Joggen = 4 mal Körpergewicht (z. B. 80 kg ���� 320kg)<br />

Walking = 1-2 mal Körpergewicht (z. B. 80 kg ����120 kg)<br />

Nordic Walking = 1-2 mal Körpergewicht (z. B. 80 kg ����120 kg)<br />

����<br />

keine besondere Gelenkschonung <strong>im</strong> Vergleich zum Walking<br />

����<br />

Auch wenn die propagierte Gelenkentlastung gegenüber dem<br />

Walking nicht gegeben ist, so bietet Nordic Walking doch für<br />

Jogger mit Belastungsproblemen eine vergleichsweise gelenkschonende<br />

Alternative <strong>im</strong> gewohnten Bewegungsumfeld.<br />

Widersprüche zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />

Fazit<br />

Es lohnt sich also <strong>im</strong>mer, ein wenig<br />

kritisch auf eingefahrene Trainingsmeinungen<br />

zu schauen, damit man<br />

nicht einem Mythos aufsitzt.<br />

Dr. Peter Wastl<br />

Dr. Peter Wastl<br />

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