Was ist noch interessant? - Bund der Heimatvertriebenen ev ...
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gen <strong>der</strong> großen Zahl <strong>der</strong> Ausreisenden nur <strong>noch</strong><br />
eine Farce. Bedenkt man jedoch zum Beispiel die<br />
vielen deutschsprachigen-kulturellen Aktivitäten<br />
des Kreises, das vorbildliche Le<strong>ist</strong>ungsniveau während<br />
verschiedener Festivals, so bleibt die Hoffnung<br />
für die Weiterex<strong>ist</strong>enz <strong>der</strong> „Insel <strong>der</strong> Hoffnung“ bestehen.<br />
Trotzdem <strong>ist</strong> die Frage <strong>noch</strong> unbeantwortet:<br />
„Ist <strong>der</strong> Modellversuch geglückt?“<br />
Auf einer <strong>der</strong> letzten Tagungen <strong>der</strong> deutsch-russischen<br />
Regierungskommission wurde trotz positiver<br />
Gesamteinschätzung die Schwerpunktsetzung<br />
aber deutlich mehr auf die unbedingt notwendige<br />
stärkere För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> deutschen Sprache, <strong>der</strong> Kultur,<br />
<strong>der</strong> Traditionen gelegt.<br />
Diese Entscheidung <strong>der</strong> Kommission erscheint uns<br />
sehr plausibel. Wir haben 1994 selbst Dörfer dieses<br />
Landkreises besucht. Beson<strong>der</strong>s beeindruckend<br />
war für uns <strong>der</strong> Ort Alexandrowka, zu dessen Einwohnern<br />
zwei Jahre vorher <strong>noch</strong> 98 % Deutsche<br />
gehört haben sollen.<br />
Wir bewun<strong>der</strong>ten damals die breiten Straßen, die<br />
gepflegten Vorgärten, die sauberen Häuser <strong>der</strong><br />
Einheimischen. Während unseres unangekündigten<br />
Besuches an einem Sonntag konnten wir die<br />
hervorragende Gastfreundschaft <strong>der</strong> Dorfbewohner<br />
erleben. Wir mussten aber auch mit ansehen,<br />
wie gerade an diesem Tag wie<strong>der</strong> eine mehrköpfige<br />
Familie Koffer und Bündel auf ein Lastauto lud,<br />
um damit zum Flugplatz nach Omsk zu fahren und<br />
von dort aus für immer aus dem schönen Ort nach<br />
Deutschland in eine ungewisse Zukunft auszureisen.<br />
Laut Internetangaben sollen 2002 im gesamten<br />
Kreis Asowo nur <strong>noch</strong> 30% (zehn Jahre vorher <strong>noch</strong><br />
60 %) <strong>der</strong> Einwohner Angehörige <strong>der</strong> deutschen<br />
Wolga, Weimar, Weizenfeld<br />
Min<strong>der</strong>heit gewesen sein. Diese, me<strong>ist</strong> aus Kasachstan<br />
übergesiedelt, beherrschen kaum <strong>noch</strong> die<br />
deutsche Sprache und haben deutsche Traditionen<br />
selten o<strong>der</strong> gar nicht mehr kennen gelernt.<br />
Eine uns persönlich bekannte, inzwischen in Moskau<br />
lebende Angehörige dieser Volksgruppe, konnte<br />
ihre traurigen Eindrücke über einen kürzlich<br />
durchgeführten Besuch in ihrem Heimatort Alexandrowka<br />
nicht verhehlen, was den <strong>der</strong>zeitigen Zustand<br />
<strong>der</strong> Straßen, <strong>der</strong> Gartenzäune und vor allem<br />
<strong>der</strong> Schule betrifft (vgl. 106).<br />
Doch die Hoffnung, das so genannte „Deutschtum“<br />
in den entsprechenden Siedlungen als „Inseln“ zu<br />
erhalten, das wirtschaftlich-kulturelle Leben weiter<br />
zu entwickeln, gibt den Verantwortlichen und engagierten<br />
Einwohnern die Kraft, Schwierigkeiten<br />
zu überwinden. Dafür wurde beispielsweise <strong>der</strong><br />
Landrat Professor Dr. Bruno Reiter, von Anfang an<br />
bis 2010 an <strong>der</strong> Spitze des Rayons Asowo stehend,<br />
2008 in Berlin mit dem <strong>Bund</strong>esverdienstkreuz 1.<br />
Klasse <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esrepublik Deutschland ausgezeichnet<br />
(vgl. Abschnitt 2.19).<br />
„Hoffnung“ für die dortigen Deutschen lässt sich<br />
aus Folgendem ableiten:<br />
Ende August 2007 wurde auf Initiative des IVDK (vgl.<br />
Abschnitt 2.8) von <strong>der</strong> russischen Regierung ein<br />
neues „Fö<strong>der</strong>ales Zielprogramm für die Unterstützung<br />
<strong>der</strong> Kompaktsiedlungen“ <strong>der</strong> Deutschen, z. B.<br />
in Asowo, in Halbstadt, aber auch in so genannten<br />
Dorfadmin<strong>ist</strong>rationen an <strong>der</strong> Wolga, für die Jahre<br />
2008 bis 2012 unterzeichnet.<br />
Aber weshalb sollten diese „Inseln“ zugleich auch<br />
ein „Trost“ für die Deutschen in Russland sein, wie in<br />
<strong>der</strong> Überschrift formuliert wurde? Wollen wir eine<br />
Antwort im folgenden Abschnitt 2.6 versuchen.<br />
2.6 <strong>Was</strong> wurde und wird nun aus <strong>der</strong> ehemaligen Wolgarepublik <strong>der</strong> Deutschen?<br />
(Autonomiebestrebungen <strong>der</strong> Deutschen in Russland)<br />
Autonomie bedeutet im politischen Sinne soviel<br />
wie Selbständigkeit, Selbstverwaltung, z. B. für ein<br />
bestimmtes Gebiet, eine bestimmte Volksgruppe<br />
innerhalb eines Staates.<br />
Außer den vielen früheren und den jetzigen zwei<br />
deutschen Landkreisen in Russland ex<strong>ist</strong>ierte von<br />
1924 (in Vorstufen ab 1918) bis 1941 die Autonome<br />
Sozial<strong>ist</strong>ische Sowjetrepublik <strong>der</strong> Wolgadeutschen<br />
mit ihrer Hauptstadt Engels und einer eigenen Verfassung.<br />
„Die Wolgadeutsche Republik erstreckte sich zwischen<br />
dem 49. und 52. Grad nördlicher Breite und dem 44.<br />
und 49. Grad östlicher Länge nach Greenwich. Sie hatte<br />
keine natürlichen Grenzen. Das gesamte Territorium,<br />
das von <strong>der</strong> Wolga in zwei ungleiche Teile zerlegt<br />
wurde – <strong>der</strong> östliche Teil, die Wiesenseite war 3,5mal<br />
größer als <strong>der</strong> westliche Teil, die Bergseite, – umfasste<br />
28212 Quadratkilometer. … Das Wolgadeutsche<br />
Gebiet grenzte im Nordwesten, Norden un d Osten an<br />
das Gebiet Saratow, im Südwesten und Süden an das<br />
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